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Die Geschichte der Isländischen Republik ist die Geschichte von Flüchtlingen, Abenteurern und Freigeistern, die sich einem aufstrebenden Alleinherrscher entziehen und auf jener entfernten Insel aus Feuer und Eis einen eigenen Staat aufbauen. Schon im Jahr 930 hatte sich das neue Staatswesen so weit entwickelt, dass das Althing als Nationalversammlung aller wahlberechtigten Isländer gegründet wurde. Es besteht durch alle Wirrungen der Zeit bis heute. Die Geschichte der Isländischen Republik ist aber auch eine Geschichte des Scheiterns. Aristoteles soll gesagt haben, dass "Demokratie entsteht, wenn man nach Freiheit und Gleichheit aller Bürger strebt und die Zahl der Bürger, nicht aber Ihre Eigenart berücksichtigt." Diese Eigenarten wie Eitelkeit, Machtgier und die Konzentration von Vermögen aufgrund rücksichtlosen und eigennützigen Verhaltens führten dazu, dass diese fortschrittliche und vorbildliche Gesellschaftsordnung der Wikinger zerfiel und dem Untergang geweiht war. Lachender Dritter war der Norwegische König, unter dessen Herrschaft die Republik schließlich kam. Und genau das macht den Untergang der Isländischen Republik auch heute noch hochaktuell. Wenn Einzelne sich ein System zum eigenen Vorteil zunutze machen, dann wird es für alle gefährlich.
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Seitenzahl: 80
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Verständnis - Toleranz - Erkenntnis
Vorwort
Über die Isländische Republik und ihren Untergang
Angabe der Quellen
Trolle's Glossarium
Als ”Janne” Keyser im Jahr 1848 seine Abhandlung, wie er sie selbst nannte, über die Isländische Republik und ihren Untergang schrieb, wogte in den Deutschen Kleinstaaten eine Revolution, um überhaupt erst das zu erreichen, was die Isländer schon im Jahr 930 erlangt hatten, nämlich eine gesamtstaatliche Nationalversammlung.
Aber Keyser beschreibt eben auch, wie solche Privilegien, dass ein Volk (zeitgemäß damals nur die wehrfähigen Männer) selbst über seine Geschicke entscheiden kann, wieder verspielt werden.
Es ging um Eitelkeit, Machtgier und Konzentration von Vermögen. Wenn jeder Einzelne nur eigennützig und selbstsüchtig an sich denkt, dann zerfällt auch die fortschrittlichste Gesellschaftsordnung. Und das macht den Untergang der Isländischen Republik auch heute noch hochaktuell. Wenn Einzelne sich ein System zum eigenen Vorteil zunutze machen, dann wird es für alle gefährlich...
”Demokratie entsteht, wenn man nach Freiheit und Gleichheit aller Bürger strebt und die Zahl der Bürger, nicht aber Ihre Eigenart berücksichtigt.”
Aristoteles (384 bis 322 v. Chr.), griechischer Universalgelehrter
Bei der Übersetzung habe ich versucht, mich möglichst eng am Originaltext zu orientieren und wortgetreu zu übersetzen, um die Sprache sowie ihren Charakter und dadurch die Gedankengänge der damaligen Zeit weitestgehend zu erhalten.
Zum besseren Verständnis und weil uns das ein oder andere Wort und die alten Begebenheiten nicht so präsent sind, habe ich ein umfangreiches Glossarium angefügt.
Die Arbeit sei meiner Familie gewidmet und vor allem meiner Frau für ihre unendliche Geduld und ihr Verständnis.
Albert George Viktorsson Trolle,
Iarnwith im Oktober 2021
So wie Ingiald IllrådaA durch den Brand in Uppsala die Absicht hatte, die Macht der Fylkeskönige zu brechen und sich selbst und seine Nachfolger zu alleinherrschenden Königen über das gesamte Reich der Svear zu machen, so arbeitete auch Harald HårfagerB etwa ein Jahrhundert später an der Verwirklichung seiner Alleinherrschaft in Norwegen und brach schließlich durch den Sieg am Hafursfjord die Herrschaft der Kleinkönige vollständig. Dass die Veränderung der Verhältnisse, die unter solchen Umständen eintreten sollte, vielen missfiel, und besonders denen, die sich dadurch gedemütigt sahen, sollte nicht verwunderlich erscheinen. Sowohl diejenigen, die in dem König den übermächtigen Sieger hassten, als auch diejenigen, die in ihm den eigenmächtigen Alleinherrscher sahen, ergriffen unverzüglich jede Gelegenheit, sich seinem unterdrückenden Zepter zu entziehen. Eine solche Gelegenheit bot sich auch durch die kürzlich erfolgte Entdeckung Islands. Diese Insel sollte nun die Zuflucht derer sein, die zu Hause ihrer Freiheit und ihrer Rechte beraubt worden waren. Um 860 von Gardar SvafarssonC entdeckt, wurde sie später während einer Vorbeifahrt von Naddod und schließlich (868) von Floke besucht, der sich gezielt auf diese Reise begeben hatte. Da er sich dort jedoch angesichts des rauen Klimas (weswegen er die Insel auch Island nannte) nicht wohlfühlte, kehrte er nach einiger Zeit nach Norwegen zurück. Die Existenz Islands war nun, nach so vielen Besuchen dort, über jeden Zweifel erhaben; aber dauerhafte Bewohner bekam es erst im Jahr 874, als zwei Norweger, Ingolf und LeifD, ihre zweite Reise dorthin machten und sich dort niederließen.
Der Grund für ihre Reise und ihren Umzug war auf individuelle Umstände zurückzuführen. Sie waren Enkel von Mördern, hatten selbst Totschlag begangen und sahen sich als Geächtete gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Dass Geächtete auch bei dem großen Exodus zwischen den Jahren 874 - 934 nicht fehlten, dessen Ausmaß Are FrodeE bezeugt, wenn er erzählt, dass die Weisen sagten, dass Island nach 60 Wintern voll war, so wie es seither nicht mehr gewesen war1, ist durchaus wahrscheinlich. Man begeht jedoch einen großen Fehler anzunehmen, dass die Mehrheit dieser Auswanderer Abenteurer und Geächtete waren, denn es ist sicher, dass sie aus den vornehmsten Familien Norwegens stammten und solche waren, die genug Vermögen besaßen, um sich für eine so lange Reise auszurüsten, um Frieden, Komfort und Unabhängigkeit im fernen Island zu suchen.
--- Dies wird auch von GeijerF bestätigt, wenn er sagt: "Verschiedene Umstände machten Island zu einem begehrten Zufluchtsort." Er fügte hinzu: "Viele gaben lieber ihr Vaterland auf als sich seinem (Harald Hårfagers) Joch zu unterwerfen, und aus Norwegen fanden große Auswanderungen statt" 2. Auch in dieser Hinsicht stimmt der ausgezeichnete dänische Historiker Peterson überein, wenn er schreibt:
"Die unmittelbare Ursache der Auswanderung war durch die Eroberungszüge Harald Haarfagers in Norwegen gegeben; er zwang die ehrbarsten Männer, sich zu unterwerfen oder ins Exil zu gehen, bemächtigte sich des gesamten Grundbesitzes, sogar der Seen und Wälder, und machte alle Bauern zu seinen Lehnsleuten." "Das war für viele reiche und mächtige Nordmänner unerhört; sie zogen sich auf die Färöer, die Schären und andere Inseln in der Westsee zurück, plünderten von dort aus im Sommer an den Küsten Norwegens und zogen sich für gewöhnlich nach Island zurück" 3.
Über die Beschaffenheit dieser Insel, die zu einer skandinavischen Neusiedlung wurde, denn auch Schweden und Dänen machten sich auf den Weg zu diesen abgelegenen Ufern 4, haben ihre ersten Besucher, wie bereits erwähnt, recht unterschiedliche Beschreibungen abgegeben.
Von diesen war die mit der Wahrheit übereinstimmende, welche Island als ein Land beschrieb, dessen Oberfläche zum größten Teil mit Schnee und Eis bedeckt war, in dessen Inneren aber ein heftiges vulkanisches Feuer wütete, welches von Zeit zu Zeit die Eis- und Schneedecke durchbrach und die umliegenden Bezirke mit Gestein und Wasser überflutete --- wie als ein Land, in dem es Täler gab, in denen, durch große Wälder vor der Kälte des Meeres geschützt, Gras wachsen und Getreide (wenn auch nicht ausreichend für die Bedürfnisse des Landes) angebaut und geerntet werden konnte --- als ein Land schließlich, das für Vieh und Fischerei sicherlich geeignet war, da das Vieh in der Lage war, sich im Winter selbst zu ernähren, die Gewässer reich an Lachs und allen Arten von Fischen und die Küsten günstig für den Walfang waren.
Dies in aller Kürze über die Natur Islands, als die skandinavischen Auswanderer es in Besitz nahmen.
Was diese Inbesitznahme selbst und die dabei beobachteten Vorgänge betrifft, so halten wir es für das Beste, auf Petersen und Geijer5 zu verweisen. Was als nächstes folgte, war die Entstehung des HäradG. Dieses entstand um den Anführer herum, der, nachdem er unter seinen Gefährten den zuvor geweihten Boden aufgeteilt hatte, weiterhin wie während der Reise, so auch jetzt an Land, der erste Mann unter den Seinen war. Als solcher war er Hohepriester und Richter auf dem Thing und wurde daher Godordman genannt, oder Redner im Namen der Götter, und die älteste Bezeichnung für einen solchen Bereich war GodordH. Als solcher machte er auch Gesetze gemeinsam mit seinem Kreis [aus Gefolgsleuten], der insgesamt als ein kleines Ganzes für sich von anderen Kreisen verschieden und getrennt war.
--- Auf diese Weise entstand eine Reihe von kleinen Gemeinwesen, die voneinander isoliert waren und keinen Zusammenhang miteinander hatten6. Es war natürlich, dass unter solchen Bedingungen Situationen entstanden, in denen Fragen von öffentlichem Interesse aufgeworfen wurden, durch die die Notwendigkeit eines Bindegliedes, das all diese einzelnen Glieder zu einer zusammenhängenden Kette vereinte, erkannt und ein solches Glied vermisst wurde. Nicht minder natürlich war es, dass zwischen den Häuptlingen selbst, als den Verteidigern ihrer eigenen Kreise [ / Gefolgschaften, Anm. d. Hrsg.], Streit entstand aus dem Wunsch des einen, in die Rechte des Nachbarn einzugreifen oder sie zu beeinträchtigen, oder auch aus dem Umstand, dass man sich selbst durch die Rechte des anderen im Nachteil sah.
Zudem gab es, da es kein gemeinsames Recht gab, kein Hindernis dafür, dass sich diese Höflinge jedes beliebige Unrecht gegeneinander erlaubten. All dies, das eine mit dem anderen, machte, dass man die Notwendigkeit und den Nutzen davon einsah, auf Anregung des alten und weisen UlfliotI, eine für alle Godords des Landes gemeinsame Generalversammlung und ein oberstes Gericht einzurichten, das jährlich abgehalten werden sollte, und das AlthingJ genannt wurde. --- Dieses geschah im Jahr 928. --- Dieses Althing sollte die oberste Instanz sein, an die Fälle aus Gerichtsstätten der Godords zur endgültigen Entscheidung verwiesen werden sollten; und in dieser Hinsicht war es ein Obergericht [Berufungsgericht]. Außerdem sollten dort allgemeine Angelegenheiten besprochen und entschieden werden, und Gesetze für das ganze Land sollten dort mit Zustimmung des ganzen Volkes verabschiedet und öffentlich verkündet werden; und in dieser Hinsicht war das Althing eine gemeinsame Generalversammlung. --- Vorsitzender war der "Lagman"K. Er war der höchste weltliche Beamte auf der Insel, und sein Amt dauerte anfangs so lange wie seine Lebenszeit. Später wurde das Amt auf eine "behagliche" Zeit reduziert, d.h. sie dauerte so lange, wie die Häuptlinge und das Volk mit ihm zufrieden waren. Drei Jahre scheinen jedoch die übliche Amtszeit gewesen zu sein7. --- So waren die einzelnen Teile Islands zu einem Ganzen vereint worden; aber die ergriffenen Maßnahmen und Schritte reichten nicht aus, um die von ihnen beabsichtigten Wirkungen vollständig zu erzielen. Noch verblieben die vielen Häuptlinge mit gleicher Würde, aber mit unterschiedlicher Stärke und Geisteshaltung, jetzt nicht mehr an das Gesetz gebunden als vorher. Nichts war also natürlicher, als dass alle Streitigkeiten untereinander weitergehen sollten, solange die Rechte des Schwächeren nicht gegen die Übergriffe des Stärkeren gesichert waren.
Auszug aus: Keulen, Johannes van, „De Zee Custen van Noorwegen, Finmarcken, Laplant, Ruslant, Spitzbergen en Yslandt“, Amsterdam 1681; Det Kgl. Bibliotek, kbk_2_45_01_028, 2021-10-12
Auf das so von inneren Uneinigkeiten und Konflikten zerrissene Island richtete Norwegen inzwischen unablässig seinen lüsternen Blick. Auch Einigungsversuche wurden nicht außer Acht gelassen, wenn auch mit unterschiedlichem Erfolg. Auch aus diesem Grund griff Olof TryggvasonL