Überschneidung zweier untersschiedlicher Welten - Werner Röschl - E-Book

Überschneidung zweier untersschiedlicher Welten E-Book

Werner Röschl

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Beschreibung

Wenn du nach getaner Arbeit nachhause kommst und dein Zimmer nicht mehr so aussieht, wie du es gewohnt bist, sondern mit einem dir fremden Raum verschmolzen ist, dann denkst du zuerst dass du träumst. Aber wenn es dann doch kein Traumgebilde ist, und auch nicht verschwindet, wenn du blinzelst, dann bist du vorerst ratlos. Wenn dann noch jemand Fremder in diesem erweiterten Raum auftaucht, der genauso erschrocken ist, wie du, dann, ja dann ... ?

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Inhaltsverzeichnis

Fata Morgana

Erschütterungen

Neugierde

Annäherung

Erste Versuche

Begegnungen

Ein Königreich für eine gute Idee

Wie musikalisch ist Sprache?

Versuch und Irrtum

Interessensgebiete

Familienbande

Enttäuschung?

Erwartungen

Erkundigungen

Erweiterungen

Erfahrungen

Unannehmlichkeiten

Verdachtsmomente

Überraschungen

Unglaubliches

Verbundenheit

Alle Protagonisten

Fata Morgana

Siana war nicht bereit, sich ihre Gartendekoration für den Futuros Wettbewerb nochmals klauen zu lassen. Diesmal würde sie genau Acht geben, wer ihre Wohnung betrat! Und vor allem zu welchem hinterlistigen Zweck! Die Arbeit eines ganzen Triniums beim Teufel, nur weil sie so blauäugig war und diesen Schmeichler Korant zu sich eingeladen hatte!

Sie war immer noch auf sich selbst zornig, wenn sie an das Desaster bei der Vorstellung der eingereichten Arbeiten dachte. Warum hatte sie nicht bemerkt, dass dieser Schuft nur hinter ihrem Entwurf her war? Jedem und jeder anderen wären seine charmant vorgebrachten Komplimente nur verdächtig gewesen.

Ihr natürlich nicht! Blindlings war sie in ihr Verderben gelaufen. Auch wenn sie den Wettbewerb nicht gewonnen hätte, womit sie sowieso nicht wirklich ernsthaft gerechnet hatte, so wäre sie bestimmt unter die ersten drei gereiht worden.

Und das hätte ihr zweifellos einerseits eine nicht zu verachtende Prämie, sowie andererseits ein beachtliches Renommee eingebracht. Und nicht eine so sehr peinliche Niederlage, wonach sie mit Spott und Hohn verlacht worden war!

Korant, dieser miese Angeber, der unfähig war, selbst irgendwelche vernünftige Arbeiten zu entwerfen, hatte sogar gewonnen! Schande über ihn und seine Machenschaften!

Ihr neuer Entwurf, welcher ihr so unglaublich viel Mut abverlangt hatte. Dass sie nach dem Ausschluss überhaupt nochmals eine Einreichung in Erwägung gezogen hatte, daran durfte sie gar nicht erst denken. Aber sie hatte diese Entscheidung nun einmal getroffen. Sie besah sich ihn kurz und schob das fahrbare Transporttischchen, auf welchem sie ihn aufgebaut hatte, in das kaum benutzte kleine Zimmer neben ihrem Schlafzimmer.

Eigentlich war dieses Zimmer ursprünglich als ihre Garderobe gedacht gewesen, aber sie hatte sich zu guter Letzt dafür entschieden, ihre Kleidung in einem Schrank ihres Schlafzimmers zu verwahren. Wozu ein ganzes Zimmer für einige wenige Kleidungsstücke vergeuden? Dieses Zimmer, eigentlich war es ja nur ein Zimmerchen, konnte sicherlich besser genutzt werden. Aber im Augenblick war es für ihren neuen Entwurf gerade richtig, da es ausschließlich durch ihr Schlafzimmer betreten werden konnte und auch kein eigenes Fenster besaß!

*~ *~ *

Falls es irgendjemanden interessiert: Heute mache ich blau! Es reicht mir, jeden Tag wiederum nur die gedankenlosen Fehler meiner Schüler auszubessern! Okay, es war nicht jeden Tag und es waren auch nicht ausschließlich gedankenlose Fehler. Obwohl: So kurz vor dem Schluss der laufenden Ausbildung hatten sie wohl alle ganz anderes im Kopf!

Eigentlich war ich heute von vorne herein missgelaunt zur Schule gegangen. Zudem hatte es gar nichts mit den Schülern zu tun, sondern mit der langjährigen Sekretärin der Direktorin. Diese hatte plötzlich und ohne eine erklärende Vorankündigung ganz plötzlich die Schule verlassen!

Gut, es war abzusehen gewesen, dass sie demnächst heiraten würde und ihren Lebensmittelpunkt selbstverständlich an den Wohnort ihres Mannes, ihres zukünftigen Mannes, verlegen würde. Aber musste das jetzt, genau in der Zeit der Hochsaison für Sommerfestspiele sein?

Die Direktorin, Rotha, die ohnehin völlig genervt von den Vorbereitungen zu den in Kürze startenden Festspielen war, hatte sie händeringend um Hilfe gebeten. Viel konnte sie jedoch kaum tun, erstens war das meiste schon seit geraumer Zeit initiiert und zweitens hatte die Gute den größten Teil der ausständigen Tätigkeiten bereits an andere Stellen weiter gegeben, sodass für mich eigentlich nur noch Kontrolltätigkeiten blieben. Daher ging ich gleich wieder nachhause und beschäftigte mich mit der Gartendekoration.

*~ *~ *

Als er nach Hause kam, warf er zuerst sein Sakko auf den nächsten in der Nähe stehenden Sessel. Dann ging er zurück in die Küche, nahm sich ein Flasche Bier aus dem Kühlschrank und setzte sich damit in den kleinen Wintergarten, der an das Wohnzimmer anschloss. Er nahm einen Schluck gleich aus der Flasche, sah dann die Flasche in seiner Hand an und dachte, dass das durchaus nicht seiner Gewohnheit entsprach. Er stellte die Flasche auf den Gartentisch aus Weidengeflecht und drehte sich um, um sich ein Glas aus der Küchenzeile zu holen.

Abrupt verhielt er den Schritt. „Leon, du brauchst Urlaub, wenn du schon am helllichten Tag Gespenster siehst!“ Was er gesehen hatte, waren jedoch keine Gespenster, sondern ein fahrbares Tischchen, auf welchem auf einer Art Podest ein wunderschönes Gartenarrangement aufgebaut war. In der Art wie Architekten ihre Bauwerke präsentierten. Nur dass hier keine Bauwerke, sondern lediglich mit Bäumen, Sträuchern und Blumenbeeten bepflanzte Geländeformationen zu sehen waren.

Leon blinzelte einige Male, in der Hoffnung, dass diese Fata Morgana sich in Luft auflösen würde. Diese tat ihm den Gefallen jedoch nicht und blieb hartnäckig an ihrem Platz. Also ging er näher heran um sie besser in Augenschein nehmen zu können. Das Arrangement gefiel ihm ganz außerordentlich. Er versuchte um dieses Tischchen links herum zu gehen, um es auch von der anderen Seite betrachten zu können. Doch zu seiner großen Verblüffung misslang dieses Vorhaben. Und zwar aus dem einfachen Grund, weil er, sobald er die Seitenlinie überschritt, das gesamte Objekt ganz einfach verschwand!

Sofort ging er den letzten Schritt zurück. Und siehe da: Das Objekt stand in voller Größe wieder vor ihm! Nach kurzer Überlegung versuchte er jetzt das Objekt rechts herum zu umgehen. Der Erfolg war der gleiche wie links herum. Da es sich um ein fahrbares Tischchen handelte, versuchte er das Tischchen samt dem darauf befindlichen Arrangement näher zu sich her zu ziehen. Aber wohin er auch griff, er griff ins Leere. Aus lauter Sorge, er könnte etwas davon zerstören, unterließ er den Versuch ‚hindurch zu gehen’ und holte sich stattdessen ein Glas für sein Bier.

Die Hoffnung, dass nach seiner Rückkehr aus der Küche der ganze Spuk vorbei wäre, erfüllte sich genau so wenig, wie die Vorfreude auf das Bier. Die Flasche war nämlich leer. Er hatte sie offenbar während seiner Beobachtung gedankenverloren ausgetrunken.

*~ *~ *

Als Siana nach der Schule nach Hause kam – sie hatte den ganzen Tag an nichts anderes denken können, als an ihr fertiges Arrangement – hatte sie ein schlechtes Gewissen, da sie ihre Aufmerksamkeit nur sehr schlecht auf ihre schulischen Aufgaben konzentrieren konnte.

Sie beschloss, vorsichtshalber, morgen schon früher zur Schule zu gehen, um vielleicht noch vor ihrem Dienstbeginn Ihre Aufmerksamkeit den bevorstehenden Schulstunden zu widmen und nicht wieder völlig verloren vor ihren Schülern zu agieren. Heute wollte sie jedoch ihren neuesten Entwurf nochmals überprüfen, ob auch wirklich jedes Detail genau so aussah, wie sie es sich vorgestellt hatte. Und natürlich auch, ob die Aufteilung der verschiedenen Elemente ein gefälliges Bild ergaben.

Zuvor wollte sie jedoch noch rasch etwas essen, wusste sie doch, dass sie mit leerem Magen keine guten Einfälle hatte. Also richtete sie zwei Scheiben getrockneten Fisch und einige Stückchen Käse auf einen Teller und begab sich in das kleine Zimmer.

Als sie jedoch sah, was sie dort erblickte, stockte ihr den Atem: Rund um ihr Tischchen standen eine ganze Reihe Sträucher mit riesigen roten, orangen und gelben Blüten! Die waren, als sie das Zimmer zuletzt betreten hatte, ganz sicher noch nicht hier gewesen!

Vorsichtig, man konnte ja nie wissen, näherte sie sich diesen bunten Sträuchern. Als sie jedoch an ihrem Tischchen vorbei war verschwanden die Sträucher auf geheimnisvolle Weise. Sie erschrak erneut und sprang einige Schritte zurück. Augenblicklich waren diese seltsamen und ihr gänzlich fremden Pflanzen wieder um sie herum!

Also, genau genommen nicht um sie herum, sondern nur vor ihr. Jetzt besah sie sich diese Umgebung genauer. Das Zimmer war viel größer als es ihrer Erinnerung nach hätte sein dürfen. Und erst der hintere Teil: Da stand ein kleiner Tisch und ein Sessel, beide aus geflochtenen und lackierten Zweigen. Sie versuchte sich dem Sessel von rückwärts zu nähern. Aber sobald sie näher als zwei Ellen kam verschwand die ganze seltsame Landschaft.

Nun erst betrachtete sie den Hintergrund dieses Zimmers, oder was immer es war, zu welchem diese fremden Gegenstände offenbar gehörten. Da war so etwas wie eine Wand. Sie war durchsichtig und schien keinerlei Stützen zu benötigen. War das etwa Glas? Sie hatte nicht gewusst, dass es möglich war derart große Glasflächen zu erzeugen! Natürlich hatte sie in ihren Fenstern ebenfalls Glas, aber deren Größe war mit zwei Quadragrin schon größer als die der meisten ihrer Freunde.

Die Gegend hinter dieser Glasfront – falls es sich überhaupt um Glas handelte! – schien relativ normal. Da waren zuerst einmal zwei oder drei Bäume, dahinter eine Wiese, oder wenigstens eine freie Fläche. Danach schien es weitere Bauten zu geben. Jedenfalls waren sie zu ebenmäßig um natürlichen Ursprungs zu sein. Sie waren jedoch schon zu weit entfernt, als dass sie sie genauer gesehen hätte, vielleicht so um die vierzig oder auch fünfzig Ellen.

Da von dieser seltsamen Umgebung keine Gefahr auszugehen schien, beschloss sie, diese fremde und unwirkliche Umgebung ganz einfach zu ignorieren und nicht zur Kenntnis nehmen. Das war jedoch leichter gesagt als getan. Denn plötzlich kam da ein Wesen in diese äußerst ungewohnte und seltsame Pflanzenumgebung, ging zum Tisch und setzte sich in den Korbsessel. Sofort zog sie sich etwas zurück um die Szenerie aus der Deckung heraus beobachten zu können.

Das wäre an sich nicht weiter bemerkenswert gewesen, hätte es sich um einen normalen Menschen gehandelt, dieses Geschöpf sah hingegen so aus, als wäre es eine Karikatur eines Menschen. Zwar ging es aufrecht auf zwei Beinen, hatte auch zwei Arme und einen Kopf, aber der Torso schien seltsam steif. Als es sich setzte knickte es zwar ein wenig ein, es bereitete ihm jedoch offenbar Probleme, sich bequem hinzusetzen.

Außerdem – und das war zweifellos das ungewöhnlichste! – hatte es nur am oberen Ende des Kopfes ein Fell, der gesamte Rest des Körpers, – jedenfalls soweit sie es sehen konnte – war unbehaart! In was für eine Welt hatte sie da Ausblick? Sie war durchaus aufgeschlossen fremden Rassen gegenüber und hatte keine Vorurteile gegen sie, aber dieses Geschöpf war doch etwas merkwürdig!

*~ *~ *

Nachdem er sich eine neue Flasche Bier aus der Küche geholt hatte, nahm er sich noch ein Buch aus dem Regal, das er sich erst kürzlich gekauft hatte und ging zurück in den Wintergarten. Er legte das Buch auf den Tisch, goss sich ein Glas Bier ein und sah noch einmal zu dem seltsamen Objekt, welches da von irgendwoher in seinen Wintergarten ragte. Denn dass es nur hereinragte schien ihm die zutreffendste Feststellung zu sein.

Irgendetwas war anders als zuvor. Da war ein Schatten. Er betrachtete den Hintergrund dieses Objektes genauer. Da war jemand ... Ja, ganz an der Grenze des Bereiches den er einsehen konnte. Es war nicht viel mehr als ein verschwommener Fleck. Der kam dadurch zustande, dass er den oder diejenige, welche dort stand nicht direkt sehen konnte, sondern nur den Schatten, den diese Person an die Wand warf.

Er stand auf und ging zur anderen Seite des Tisches, in der Hoffnung von dort aus die Gestalt besser sehen zu können. Und er sah sie ... Oh Gott! Was war denn das? Obwohl es oberflächlich betrachtet eigentlich sehr menschlich wirkte, stellten sich bei genauerer Betrachtung doch etliche Unterschiede heraus.

Beispielsweise schien das Geschöpf – jedenfalls soweit sichtbar – am ganzen Körper behaart zu sein. Das ging ja gerade noch, was jedoch viel seltsamer erschien, war der Kopf. Er musste unwillkürlich an den Kopf einer Raubkatze denken!

Erschütterungen

Siana trat einige Schritte nach vor, jedoch bereit sich augenblicklich einem Kampf zu stellen. Diese Vorsicht war jedoch unbegründet, da dieses Wesen sich offensichtlich ihr nicht weiter nähern wollte. Ob das seinerseits der Vorsicht geschuldet war, oder ob es sie als ungefährlich betrachtete war nicht zu erkennen.

Sie ging näher an ihren Entwurf, den Fremdling immer misstrauisch im Auge behaltend. Sie nahm all ihren Mut zusammen und sagte „Asam Krus“.

Ihr Gegenüber schien jedoch nicht zu verstehen, was sie sagte, denn er reagierte insofern seltsam, als er zwar den Mund bewegte, jedoch dabei keinen Laut von sich gab. Immer unter der Voraussetzung, dass sich diese Öffnung in der unteren Kopfhälfte tatsächlich ein zum Sprechen geeigneter Mund war.

Erst viel später kam ihr die Idee, dass er sie möglicherweise nicht gehört hatte. Oder womöglich gar nicht hören konnte.

*~ *~ *

Leon blieb stehen, wo er stand und wartete. Als das Wesen näher kam, konnte er seine Geschmeidigkeit bewundern. Wieder musste er ganz unwillkürlich an eine Raubkatze – allerdings eine Raubkatze auf zwei Beinen – denken. Nach einem Augenblick des Abschätzens öffnete es den Mund, in welchem sehr deutlich Reißzähne sichtbar waren. Es schien, als wollte es etwas sagen, aber entweder konnte er es nicht hören oder es hatte gar keine Laute produziert.

Er überlegte, was er tun konnte. Er wollte dieses Wesen keinesfalls erschrecken. Wieso eigentlich erschrecken? Es hatte sich durchaus nicht so verhalten, als ob es erschrocken wäre. Verblüfft ja, aber wahrscheinlich nur in derselben Art wie er selbst. Also: Eine freundliche Geste.

Dass er nicht hören hatte können, was es offensichtlich gesagt hatte – es hatte doch sicherlich etwas gesagt? Anders waren die Mundbewegungen nicht zu interpretieren! – dachte er, dass es umgekehrt wohl genauso wäre. Trotzdem wollte er es versuchen.

„Ich wünsche ihnen einen schönen Tag!“ sagte er mit, wie er hoffte, freundlichem Lächeln. Ihm fiel ein, dass Tiere das Zeigen des Gebisses als Bedrohung empfanden und sofort schloss er wieder den Mund und ließ nur einen unbestimmt freundlichen Ausdruck auf seinem Gesicht.

Wie nicht anders zu erwarten, konnte es seine Äußerung offensichtlich nicht hören, denn so etwas wie eine Geste der Enttäuschung machte sich an ihrem Äußeren breit. Jedenfalls dachte er, dass es wohl etwas in dieser Richtung sein könnte, denn das Geschöpf drehte sich ein wenig zur Seite und seine ganze Gestalt ließ eine unbestimmte Entspannung erkennen.

*~ *~ *

Wie sie erwartet hatte, war eine Verständigung über diese unbekannte Grenze hinweg nicht möglich. Es war doch offensichtlich eine Grenze, eine unüberwindliche noch dazu, oder? Jedenfalls nicht mit Lauten. Oder diese hätten eventuell sehr viel lauter sein müssen. Aber wie laut war in diesem Falle laut genug? Wenn sie Schreien würde, würde vielleicht ihre Nachbarin, Frau Grisea aufmerksam werden.

Sie würde herüber kommen und natürlich wissen wollen, was passiert war. Das wollte sie jedoch auf jeden Fall vermeiden! Jemandem Fremden zu erklären, was sie da gerade absurdes tat, oder zu tun gedachte, wäre völlig unmöglich. Überhaupt konnte sie sich nicht vorstellen mit jemandem, mit irgendjemandem, darüber zu reden.

Und was sollte sie diesem ‚Jemand’ auch schon sagen? „Stell dir vor, in meiner Wohnung ist ein Fremder ...“? Die Antworten darauf konnte sie sich äußerst lebhaft vorstellen! Andererseits: Was sollte sie überhaupt von der ganzen Angelegenheit halten? Wie sah es in einer Stunde aus? Oder auch morgen? Sie hatte nicht nur nicht die allergeringste Ahnung wie oder was überhaupt hier geschah. Und schon gar nicht ob es überhaupt real war!

Sie hatte auch keine Vorstellung davon ob und wie sie reagieren sollte. Sicher, im Moment sah alles recht harmlos und friedlich aus. Aber ob es auch so blieb? Also entschied sie sich dafür, die Sache zu ignorieren. Sie ging vorsichtig zum anderen Zimmer und beobachtete dabei, von wo aus diese fremdartige Szene nicht mehr zu sehen war.

Ihr Schlafzimmer schien sie vor den Blicken dieses seltsamen Fremden zu verbergen. Baste sei Dank! Wenigstens ein Lichtblick in dieser makabren Situation! Sie ging nochmals zurück zu ihrem Entwurf und zog das Tischchen vorsichtig zurück in ihr Schlafzimmer. Nach dieser gelungenen Aktion setzte sie sich in einen Sessel und dachte über das eben Erlebte nach.

*~ *~ *

Schade! Leon hatte gehofft, dieses interessante fremde Wesen länger beobachten zu können. Na, dann eben nicht. Dennoch: Der nun verlassene Platz wirkte plötzlich einsam und trostlos! Wenn er doch nur eine Ahnung hätte, wie er zu dieser Person – Es war doch hoffentlich eine Person und kein Geist!? – Kontakt herstellen könnte!

Nachdem eine lautmäßige Verbindung offensichtlich nicht möglich war, musste er sich etwas anderes überlegen. Immer vorausgesetzt, dieser Spuk war nicht in einer Stunde wieder vorüber! Oder morgen. Er sah sich den nun verlassenen Raum genauer an.

Er war eher schmucklos und ohne Besonderheiten. So als ob es für ein gänzlich anderes Ambiente geplant gewesen wäre, dann jedoch als nutzlos quasi ad acta gelegt worden wäre. Es war offenbar einem puren Zufall zu verdanken, dass es gerade jetzt – wenigstens kurzfristig – genutzt worden war, um dieses hübsche Gartenprojekt zu präsentieren.

Dass es sich um ein Projekt handelte war offensichtlich. Hätte dieses Geschöpf es ansonsten so rasch aus seinem Blickfeld entfernt? Wohl kaum! Im Geiste wünschte er ihm viel Erfolg mit diesem Entwurf. Zwar hatte er nicht die leiseste Ahnung, worauf es bei diesem Gartenentwurf ankam, aber wenn er es hübsch fand, würden es andere sicherlich auch hübsch finden!

Er sah sich diesen nun völlig leeren Raum nochmals genauer an. Ganz leer war er ja nicht. Die Leere bezog sich lediglich auf die Einrichtung, aber es gab durchaus andere Gegenstände. Nicht dass er gewusst hätte, wofür sie dienen mochten, einigen davon war jedoch ihre lange Vergangenheit gut anzusehen. Im Großen und Ganzen also so etwas wie eine gelegentlich benutzte Abstellkammer für Gegenstände welche zwar nicht mehr benutzt wurden, die man andererseits jedoch auch nicht, oder zumindest noch nicht, entsorgen wollte.

Leon beschloss den restlichen Tag im Schwimmbad zu verbringen. Unter Umständen kamen ihm beim Sonnenbad ein paar nützliche Gedanken darüber, wie er einen Kontakt herstellen konnte. Die ganze Situation war viel zu aufregend um sie nicht so lange als möglich zu genießen!

Neugierde

Leon hatte sich überlegt, dass es wohl am freundlichsten war, wenn er ein diesem Wesen möglichst ähnliches Geschöpf fand, das sich möglichst ungezwungen und frei präsentierte. Seine Idee mit der Raubkatze brachte ihn natürlich sofort auf den Gedanken ein Jaguar in freier Wildbahn würde diese Idee bestens reflektieren.

Also suchte er sich ein entsprechendes Bild aus dem Internet, druckte es in A4 aus, suchte sich einen passenden Rahmen und stellte es auf den Wintergartentisch. Dann überlegte er sich, dass es dort wohl seinen Zweck verfehlen würde. Also schob er den Tisch so nahe wie möglich an diese ominöse unsichtbare Barriere. Sodann stellte er noch den Korbsessel dazu, um sich bequem dazusetzten zu können.

Da er keine Vorstellung davon hatte, wie in dieser fremden Welt die Zeit ablief, verwarf er den Gedanken daran, selbst dort zu warten. Anstatt sich stundenlang auf die Lauer zu legen, kaufte er sich einen kleinen Bewegungsmelder und schloss eine Klingel daran an. So konnte er in Ruhe seinen üblichen Tätigkeiten im Haus nachgehen, ohne alle Augenblicke voll Hoffnung in den Wintergarten zu eilen.

Falls dieses Geschöpf auftauchen würde, während er außer Haus war, dann klingelte es eben umsonst. Auch keine Sache, dieses fremde Wesen konnte die Klingel nach seinen bisherigen Überlegungen sowieso nicht hören! Und für die Nachbarn würde es nur wie das Telefon klingen.

*~ *~ *

Als Siana am nächsten Morgen erwachte, dachte sie zuerst gar nicht mehr an das gestrige Erlebnis, sondern nur noch daran, so früh als möglich in der Schule zu sein und endlich ihre Gedanken wieder zu 0rdnen und ihre Aufmerksamkeit wieder den Dingen zu widmen, für welche sie bezahlt wurde.

Sie hatte aufs Frühstück verzichtet und nur rasch ihr Fell gebürstet, nur gerade so, dass sie nicht wie frisch aus dem Bett gekrochen aussah. Dennoch machte sie einen raschen Blick in das ‚Garderobenzimmer’. Nicht nur, dass der fremde Garten noch immer ‚da’ war, sie konnte auch sehen, dass dort noch tiefe Nacht herrschte, wohingegen bei ihr bereits die Sonne schien!

Während sie auf dem Weg zur Schule war, dachte sie darüber nach, dass es in ihrer Welt ebenfalls Gegenden gab, in denen es noch Nacht war. Als sie die Schule erreichte, hatte sie trotzdem bereits so gut wie alles, was sie an Vorbereitungen unterbringen wollte, im Kopf.

Als sie die Schule betrat, kam ihr schon die Direktorin entgegen und war völlig außer sich, da immer noch verschiedene Utensilien für die Festspiele, wie beispielsweise bestimmte Dekorationselemente, fehlten. Doch Siana war bereits wieder so guter Dinge, dass sie Direktorin Rotha mit ihren Klagen nicht mehr erschüttern konnte. Danach ging sie zu ihrer ersten Unterrichtsstunde in die Klasse der Überspringer.

Fünf Stunden später ging sie, immer noch in bester Laune, nach Hause. Unterwegs besorgte sie sich noch rasch eine Keule vom Toskiplamm um sich abends eine kleines Festmahl zu bereiten. Dass sie die Keule kaufte und nicht selbst auf Jagd ging war der Annahme geschuldet, dass sie trotz ihres gestrigen Missmutes wieder zuversichtlich in die Zukunft blickte. Sie überlegte sich noch, ob sie ihr Festmahl eventuell mit einem Seprie krönen sollte, entschied sich jedoch dagegen.

Zu Hause angekommen, schob sie die Keule in den Gefrierschrank und sah sich zufrieden ihren Entwurf an. Noch während sie überlegte, ob es nicht vielleicht doch besser wäre, den kleinen Teich etwas interessanter zu gestalten, fiel ihr ein, dass sie noch rasch nach ihrem neuen ‚Mitbewohner’ sehen wollte.

Sie ging rasch in ihr ‚Garderobenzimmer’, welches sie in Gedanken nun schon ‚Fremdenzimmer’ nannte, um nachzusehen, ob sich etwas verändert hatte. Und es hatte sich etwas verändert! Der geflochtene Tisch mitsamt dem dazugehörigen Stuhl war nahe an jenen Bereich gerückt, wo gestern noch ihr Entwurfstischchen gestanden hatte.

Aber das war nicht alles. Auf dem Tisch stand ein Bild. Und darauf war ein Geschöpf abgebildet, welches ihr in gewisser Weise ähnlich sah. Zwar war es offensichtlich unbekleidet, andererseits jedoch lag es bequem auf einem sonnigen Wiesenstück und schien sich dort sichtlich wohl zu fühlen!

Siana trat näher heran um sich das Bild genauer zu betrachten. Es war zweifelsohne eine verwandte Kreatur! Zwar offenbar wild und ungezähmt, jedoch bereits mit einer gewissen Intelligenz ausgestattet. Über seine oder ihre kulturelle Entwicklung ließ sich jedoch nicht viel sagen.