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Mit 32 erfährt Millay Hyatt, dass sie keine Kinder bekommen kann. Der Wunsch aber ist intensiv. So intensiv, dass er zu einer Gewalt heranwächst, die sie und ihren Mann zu Ärzten, Heilpraktikern und in Adoptionsseminare führt. Sie geben die Hoffnung nicht auf.
Millionen Menschen in Deutschland teilen dieses Schicksal - ob aufgrund von Unfruchtbarkeit, eines fehlenden oder unwilligen Partners oder von Homosexualität. Viele von ihnen gehen über körperliche, seelische und finanzielle Grenzen hinaus, um ihre Sehnsucht nach einem Kind zu stillen. Während die Reproduktionsmedizin voranschreitet, bleibt die Verzweiflung der Betroffenen unsichtbar. Was treibt diese Menschen an? Wie werden sie mit der Belastung fertig? Welche Rolle spielen dabei Familie, Freunde, die Gesellschaft?
Millay Hyatt befragt sich selbst und zahlreiche Gesprächspartner, und sie analysiert das System, das dahintersteckt. Ein aufrüttelnder, einfühlsamer Wegbegleiter!
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Seitenzahl: 341
Millay Hyatt
Ch. Links Verlag, Berlin
Editorische NotizDort, wo es sich angeboten hat, habe ich geschlechtsneutral formuliert. Sonst habe ich mehrheitlich die weibliche Form benutzt.Damit sind selbstverständlich durchweg beide Geschlechter gemeint.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
1. Auflage, Oktober 2012 (entspricht der 1. Druck-Auflage von Juni 2012) © Christoph Links Verlag GmbH Schönhauser Allee 36, 10435 Berlin, Tel. (030) 44 02 32-0 www.christoph-links-verlag.de [email protected]
Titelgestaltung und Titelillustration: Burkhard Neie, www.blackpen.xix-berlin.de
ISBN: 978-3-86284-195-0
Wir sind viele
Die natürlichste Sache der Welt
Wie ein Kinderwunsch entsteht
Jemand ist gestorben
Warum wollen wir überhaupt Kinder?
Meine Wut und meine Trauer
Zwischen Wahn und Euphorie
Macht ein unerfüllter Kinderwunsch hysterisch?
Kinder. Wunsch. Behandlung.
Das Gesetz im Widerstreit mit den technischen Möglichkeiten
In der Maschinerie der Reproduktionsmedizin
Mehr Beratung, mehr Sensibilität in den Kinderwunschkliniken
Letzte Station Eizellspende
Zwischen Kinderwunsch und Kindeswohl
Vom Umgang mit Enttäuschungen
Allein geht es nicht
Kinderwunsch ohne Partner
Partner ohne Kinderwunsch
Wie gemeinsam ist der gemeinsame Wunsch nach einem Kind?
Wenn die Lust abhanden kommt
Homosexuelle mit Kinderwunsch
Mit dünner Haut auf Mitgefühl hoffen
Alles andere als eine Privatsache
Warum adoptiert ihr nicht einfach?
Vom Kinderwunsch zum Adoptivkinderwunsch
Abenteuer Auslandsadoption
Weil wir uns einen Menschen wünschen
Anhang
Literaturverzeichnis
Hilfreiche Internetseiten
Zur Autorin
Für J. und für meine Familie
Andrea und Thomas sind ein Paar, seitdem sie19ist und er23. Sie kommt aus einer großen Familie und hat schon immer gewusst, dass sie einmal Kinder haben möchte. Thomas entdeckteseinen Kinderwunsch, als er sich in seine Frau verliebt hat. Nachnur zwei Jahren nimmt das Paar es mit der Verhütungnicht mehr so genau, fünf Jahre später, nach der Hochzeit, wird sie ganz weg gelassen. Langsam rückt das Thema aus den Hinterköpfen in den Vordergrund, dann geht es gezielt darum, schwanger zu werden. Und irgendwann überwiegt die Sorge, dass noch immer nichts geschehen ist.
Anja ging lange mit aller Selbstverständlichkeit davon aus, dass sie spätestens mit Anfang30Mutter sein würde. In ihrenZwanzigern mit Ausbildung, Reisen und Kunst beschäftigt, erhält der Wunsch tatsächlich mit ihrem30. Geburtstag eine akuteBedeutung. Doch bisher hat sich in ihrem Leben keine Beziehung ergeben, die Kinder tragen könnte. Mit den verstreichenden Jahren wächst die Dringlichkeit.
Frieda, Mitte40, und Tom, Mitte50, sind glücklich mit ihremSohn. Aber die Familie ist noch nicht komplett. Das zweite Kindlässt auf sich warten, und es ist klar, dass es ohne Nachhilfe nicht kommen wird. Das Paar nimmt die vorhandenen Angebote anund begibt sich damit auf einen verschlungenen Weg, der sie vorHerausforderungen stellt, auf die sie kaum vorbereitet sind.
Ich bin jetzt39Jahre alt. Seit fast einem Jahrzehnt weiß ich,dass ich ein Kind haben will. Mein Mann ist45und trägt diesenWunsch schon in sich, seitdem er ein kleiner Junge ist. WieAndrea, Thomas, Anja, Frieda und Tom können auch wir unsereKinderlosigkeit nicht einfach hinnehmen. Im Gegenteil: In denvergangenen Jahren haben wir alles Erdenkliche unternommen,um ein Kind in unser Leben zu bringen. Bis heute ist das nicht geschehen. Dass die Umsetzung unseres Kinderwunsches inzwischen zu einer Lebensaufgabe geworden ist, erstaunt uns immer wieder. Dieser unerfüllte Wunsch hat uns auseinander genommen, uns mit uns selbst konfrontiert wie sonst nichts.
Wir unfreiwillig Kinderlosen haben keine Plattform, um überunseren Wunsch zu sprechen und unseren Verlust zu betrauern.Auch privat treffen wir oft auf Unverständnis. Viele unsererFreundinnen – die, die Kinder haben, und die, die keine wollen –halten uns für übergeschnappt, wenn sie sehen, wie sehr uns unserWunsch beschäftigt und wie weit wir gehen, um ihn zu erfüllen: Wie wir uns Kinderwunschbehandlung nach Kinderwunschbehandlung antun, uns für eine Auslandsadoption verschulden, uns den nächstbesten, zeugungsfähigen Partner vorknöpfen … Wenn diese Freundinnen es überhaupt mitbekommen.Denn viele von uns reden nur in einem sehr kleinen Kreis überunsere Sehnsucht und unsere Strategien, und manches verheimlichen wir vor allen: die psychischen Krisen, die gepfuschten Papierebeim Leihmuttergeschäft im Ausland, das Loch im Kondom. Auch wenn es die meisten nicht bis zur Leihmutter oder zum vorsätzlich geschädigten Präservativ bringen – mit solchen oder ähnlichen Gedanken haben viele von uns schongespielt. Aber es braucht nicht einmal eine tatsächliche Überschreitungdes Gesetzes oder der eigenen moralischen Vorstellungen, damitwir die Vehemenz unseres eigenen Wunsches für uns behalten.