Unglaubliche Zahlen - Ian Stewart - E-Book

Unglaubliche Zahlen E-Book

Ian Stewart

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Beschreibung

In diesem Buch nimmt der britische Mathe-Guru seine Leser mit auf eine Reise durch das Reich der Zahlen – reelle, rationale, irrationale, komplexe; ganz, ganz kleine und unendlich große, Fraktale, Logarithmen, Hochzahlen, Primzahlen, Kusszahlen und viele mehr. Jedes Kapitel konzentriert sich auf eine Zahl oder Zahlengruppe und erläutert, warum sie so interessant ist. «Jede Zahl hat ihre eigene Geschichte zu erzählen», heißt es im Vorwort. Stewart erzählt sie mit Begeisterung und versteht es geschickt, diese Geschichten miteinander zu verweben, ob es um die Zahl Pi geht oder zum Schluss auch um Geheimcodes, den Rubikwürfel und Sudoku. Darüber hinaus erfährt man viel über die Geschichte der Mathematik und die Rolle, die sie für unsere Entwicklung spielt. Schließlich waren es die Zahlen, so der Autor, «die es der Menschheit ermöglicht haben, sich aus dem Schlamm zu ziehen und nach den Sternen zu greifen».

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Seitenzahl: 406

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Ian Stewart

Unglaubliche Zahlen

Aus dem Englischen von Monika Niehaus und Bernd Schuh

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

In diesem Buch nimmt der britische Mathe-Guru seine Leser mit auf eine Reise durch das Reich der Zahlen – reelle, rationale, irrationale, komplexe; ganz, ganz kleine und unendlich große, Fraktale, Logarithmen, Hochzahlen, Primzahlen, Kusszahlen und viele mehr. Jedes Kapitel konzentriert sich auf eine Zahl oder Zahlengruppe und erläutert, warum sie so interessant ist. «Jede Zahl hat ihre eigene Geschichte zu erzählen», heißt es im Vorwort. Stewart erzählt sie mit Begeisterung und versteht es geschickt, diese Geschichten miteinander zu verweben, ob es um die Zahl Pi geht oder zum Schluss auch um Geheimcodes, den Rubikwürfel und Sudoku.

Über Ian Stewart

Inhaltsübersicht

INHALTVorwortZahlenKLEINE ZAHLENDie unteilbare EinheitUngerade und geradeKubische GleichungenQuadratzahlenDie Hypotenuse des PythagorasKusszahlenDie vierte PrimzahlFibonacci-PotenzenMagische QuadrateDas DezimalsystemNULL UND NEGATIVE ZAHLENIst nichts eine Zahl?Weniger als nichtsKOMPLEXE ZAHLENImaginäre ZahlenRATIONALE ZAHLENDas Unteilbare teilenNäherungen für πDie Türme von HanoiIRRATIONALE ZAHLENDie erste bekannte irrationale ZahlDen Kreis vermessenDer Goldene SchnittNatürliche LogarithmenFraktaleKugelpackungenDie TonleiterDie Apéry-KonstanteDie Euler-KonstanteSPEZIELLE KLEINE ZAHLENDie StringtheoriePentominosVielecke und TapetenmusterDas GeburtstagsparadoxGeheime BotschaftenDie Wurst-VermutungEndliche GeometrieGROSSE ZAHLENFakultätenDer Rubik-WürfelSudokuDie größte bekannte PrimzahlUNENDLICHE ZAHLENAleph-null: Die kleinste UnendlichkeitMächtiges KontinuumDAS LEBEN, DAS UNIVERSUM UND …Kein bisschen langweiligWeiterführende LiteraturOnline-QuellenAbbildungsnachweis

INHALT

Vorwort 7

Zahlen 11

 

KLEINE ZAHLEN 29

1  Die unteilbare Einheit 31

2  Ungerade und gerade 36

3  Kubische Gleichungen 63

4  Quadratzahlen 74

5  Die Hypotenuse des Pythagoras 95

6  Kusszahlen 109

7  Die vierte Primzahl 116

8  Fibonacci-Potenzen 130

9  Magische Quadrate 138

10  Das Dezimalsystem 145

 

NULL UND NEGATIVE ZAHLEN 161

0  Ist nichts eine Zahl? 163

–1  Weniger als nichts 176

 

KOMPLEXE ZAHLEN 185

i  Imaginäre Zahlen 187

 

RATIONALE ZAHLEN 195

 Das Unteilbare teilen 197

 Eine Näherung für π 205

 Die Türme von Hanoi 208

 

IRRATIONALE ZAHLEN 219

 Die erste bekannte irrationale Zahl 221

π ~ 3,141592  Den Kreis vermessen 229

φ ~ 1,618034  Der Goldene Schnitt 246

e ~ 2,718281  Natürliche Logarithmen 257

 Fraktale 273

 Kugelpackungen 285

 Die Tonleiter 294

ζ(3) ~ 1,202056  Die Apéry-Konstante 309

γ ~ 0,577215  Die Euler-Konstante 313

 

SPEZIELLE KLEINE ZAHLEN 315

11  Die Stringtheorie 317

12  Pentominos 327

17  Vielecke und Tapetenmuster 335

23  Das Geburtstagsparadox 349

26  Geheime Botschaften 358

56  Die Wurst-Vermutung 373

168  Endliche Geometrie 377

 

GROSSE ZAHLEN 395

43252003274489856000  Der Rubik-Würfel 403

6670903752021072936960  Sudoku 409

257885161 – 1  Die größte bekannte Primzahl (hat 17425170 Ziffern) 413

 

UNENDLICHE ZAHLEN 419

 Aleph-null: Die kleinste Unendlichkeit 421

 Mächtiges Kontinuum 431

 

DAS LEBEN, DAS UNIVERSUM UND … 437

42  Kein bisschen langweilig 439

 

WEITERFÜHRENDE LITERATUR 446

 

ABBILDUNGSNACHWEIS 449

Vorwort

Zahlen haben mich schon immer fasziniert. Schon lange vor Schulbeginn brachte mir meine Mutter Lesen und Rechnen bei. Als ich schließlich nach meinem ersten Schultag nach Hause kam, soll ich mich angeblich beklagt haben, dass wir «gar nicht gelernt» hätten! Ich hege den Verdacht, dass meine Eltern mich auf diesen schwierigen Tag vorbereitet hatten, indem sie mir erzählten, dass ich in der Schule eine Menge interessanter Dinge lernen würde, und ich hatte mir ihre Propaganda ein wenig zu sehr zu Herzen genommen. Aber bald erfuhr ich vieles über Planeten und Dinosaurier und den Bau von Gipstieren. Und mehr über Zahlen.

Zahlen üben noch immer einen Zauber auf mich aus, und noch immer lerne ich mehr über sie. Nun weise ich stets darauf hin, dass es in der Mathematik um vieles geht, nicht nur um Zahlen; beispielsweise geht es auch um Formen, Muster und Wahrscheinlichkeiten – aber Zahlen ziehen sich wie ein roter Faden durch das ganze Thema. Und jede Zahl ist einzigartig, ein Individuum. Einige spezielle Zahlen ragen aus der Menge der übrigen hervor und spielen offenbar in verschiedenen Gebieten der Mathematik eine zentrale Rolle. Die bekannteste dieser Superzahlen ist wohl π (Pi), auf die wir zunächst im Zusammenhang mit Kreisen stoßen, doch sie zeigt eine bemerkenswerte Tendenz, plötzlich bei Problemen aufzutauchen, die offenbar überhaupt nichts mit Kreisen zu tun haben.

Die meisten Zahlen können keine derartige Prominenz für sich beanspruchen, doch selbst bei der bescheidensten Zahl lässt sich in der Regel irgendein ungewöhnliches Merkmal finden. In Per Anhalter durch die Galaxis ist die Zahl 42 die Antwort auf die große Frage «nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest». Douglas Adams erklärte, er habe diese Zahl gewählt, weil eine kurze Umfrage unter seinen Freunden erbracht habe, dass sie total langweilig ist. Tatsächlich stimmt das nicht, wie wir im letzten Kapitel noch sehen werden.

Die Gliederung des Buches richtet sich nach den Zahlen selbst, wenn auch nicht immer in numerischer Reihenfolge. Ebenso wie die Kapitel [1], [2], [3] und so weiter gibt es ein Kapitel [0], ein Kapitel [42], ein Kapitel [–1] und ein Kapitel [], ein Kapitel [π], ein Kapitel [43252003274489856000] und ein Kapitel []. Ganz klar schaffte eine ganze Menge potenzieller Kapitel nicht den Sprung vom Zahlenstrahl ins Buch. Jedes Kapitel beginnt mit einer kurzen Zusammenfassung der Hauptthemen, die darin behandelt werden. Machen Sie sich keine Sorgen, wenn Ihnen die Zusammenfassung gelegentlich kryptisch erscheint oder wenn darin pauschale Behauptungen ohne jeden Beweis aufgestellt werden: All das wird sich klären, wenn Sie weiterlesen.

Der Aufbau ist einfach: Jedes Kapitel konzentriert sich auf eine interessante Zahl und erklärt, warum sie interessant ist. So ist 2 beispielsweise interessant, weil sich die Unterscheidung zwischen gerade und ungerade durch die ganze Mathematik und Naturwissenschaft zieht, 43252003274489856000 ist interessant, weil es genau so viele Möglichkeiten gibt, Rubiks Würfel neu anzuordnen.

Da 42 ein eigenes Kapitel hat, muss sie ebenfalls interessant sein. Nun, zumindest ein bisschen.

An dieser Stelle muss ich Arlo Guthries Song Alice’s RestaurantMassacree erwähnen, eine skurrile musikalische Geschichte, die ausführlich, mit vielen Wiederholungen und in voller Länge von illegaler Müllentsorgung am Straßenrand erzählt. Nach zehn Minuten unterbricht Guthrie sein Lied plötzlich und erklärt: «Aber darüber wollte ich eigentlich gar nicht mit euch sprechen.» Schließlich stellt sich heraus, dass er eben doch genau darüber sprechen wollte, der Müll jedoch Teil einer größeren Geschichte ist. Es ist Zeit für meinen Arlo-Guthrie-Moment: In Wirklichkeit geht es in diesem Buch gar nicht um Zahlen.

Die Zahlen dienen als Einstieg, ein Tor, durch das wir in die erstaunliche Welt der Mathematik eintauchen können, die mit ihnen verknüpft ist. Jede Zahl ist etwas Besonderes. Wenn man sie als Individuen schätzen lernt, sind sie wie alte Freunde. Jede hat ihre eigene Geschichte zu erzählen. Oft führt diese Geschichte zu einer Menge anderer Zahlen, doch was wirklich zählt, ist die Mathematik, die sie miteinander verknüpft. Die Zahlen sind die Schauspieler in einem Schauspiel, und das eigentlich Wichtige dabei ist das Schauspiel selbst. Aber es gibt kein Drama ohne Schauspieler.

Um dem Buch eine gewisse Struktur zu geben, habe ich es je nach Art der behandelten Zahlen in Abschnitte unterteilt: kleine ganze Zahlen, Brüche, reelle Zahlen, komplexe Zahlen, Unendlichkeit … Von einigen unvermeidlichen Ausnahmen abgesehen, folgt die Entwicklung des Stoffes einer logischen Reihenfolge, sodass frühere Kapitel die Grundlage für spätere bilden, selbst wenn es um ein völlig anderes Thema geht. Dieser Aufbau beeinflusst die Reihenfolge, in der die Zahlen abgehandelt werden, und erfordert ein paar Kompromisse. Das gilt in besonderem Maße für die komplexen Zahlen. Sie kommen sehr früh ins Spiel, weil ich sie brauche, um einige Eigenschaften besser vertrauter Zahlen zu diskutieren. Desgleichen taucht gelegentlich irgendwo Mathematik für Fortgeschrittene auf, weil es die einzig vernünftige Stelle ist, um ein solches Thema zu erwähnen. Wenn Sie auf eine dieser Stellen stoßen und sie schwierig finden, überspringen Sie sie und lesen Sie einfach weiter; Sie können später darauf zurückkommen.

Zahlen sind wirklich unglaublich – nicht in dem Sinne, dass man nichts von dem glauben könnte, was man über sie erfährt, sondern im positiven Sinne: Sie haben definitiv einen Wow-Faktor. Und den kann man erleben, ohne zu rechnen. Man kann verstehen, wie sich Zahlen historisch entwickelt haben, die Schönheit ihrer Muster würdigen, herausfinden, wie sie benutzt werden und über Überraschungen staunen: «Ich hätte nie gedacht, dass 56 so interessant ist!» Aber das ist sie. Wirklich!

Und das gilt auch für all die anderen. Einschließlich 42.

Zahlen

1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, … Was könnte einfacher sein als das? Und doch sind es Zahlen, die der Menschheit vielleicht mehr als alles andere geholfen haben, von den Bäumen herabzusteigen und nach den Sternen zu greifen.

Individuelle Zahlen weisen ihre eigenen typischen Merkmale auf und eröffnen uns den Zugang zu einer Vielzahl mathematischer Themengebiete. Bevor wir sie jedoch eine nach der unteren genauer unter die Lupe nehmen, lohnt sich ein rascher Blick auf drei große Fragen: Wie sind Zahlen entstanden? Wie hat sich das Zahlenkonzept entwickelt? Und was sind Zahlen eigentlich?

Was ist eigentlich eine Zahl?

Das klingt nach einer einfachen Frage, und das ist sie auch. Aber die Antwort ist nicht so einfach.

Wir alle wissen, wie man Zahlen gebraucht. Wir alle wissen, wie sieben Kühe oder sieben Schafe oder sieben Stühle aussehen. Wir alle können bis sieben zählen. Aber was ist sieben?

Es ist nicht das Symbol 7. Das ist willkürlich gewählt und sieht je nach Kultur anders aus. Im Arabischen sieht die Sieben so aus: , im Chinesischen hingegen so: oder in formeller Schreibweise so: .

Es ist auch nicht das deutsche Wort «sieben». Im Französischen heißt es sept, im Englischen seven.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts erkannten ein paar logisch denkende Mathematiker, dass zwar alle Welt seit Jahrtausenden unbekümmert mit Zahlen hantiert, aber niemand wusste, um was es sich dabei eigentlich handelt. Daher sprachen sie die Frage aus, die niemals hätte gestellt werden dürfen: Was ist eine Zahl?

Die Frage ist schwieriger zu beantworten, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Eine Zahl ist kein Ding, das man jemand anderem in der realen Welt zeigen kann. Es ist eine Abstraktion, ein geistiges Konzept, das sich von der Realität ableitet, aber nicht wirklich real ist.

Das klingt vielleicht verwirrend, gilt aber nicht nur für Zahlen. Ein vertrautes Beispiel ist «Geld». Wir alle wissen, wie man etwas bezahlt und Wechselgeld zurückbekommt, und wir tun dies – das nehmen wir zumindest an –, indem wir Geld austauschen. Daher stellen wir uns Geld als die Münzen und Geldscheine in unserer Brieftasche oder unserem Portemonnaie vor. Aber so einfach ist die Sache nicht. Wenn wir eine Kreditkarte benutzen, wechseln weder Münzen noch Scheine von einer Hand in die andere. Vielmehr wandern elektronische Signale durch das Telefonsystem zur Kreditkartengesellschaft und weiter zu unserer Bank, und die Zahlen auf mehreren Bankkonten – unserem, dem des Geschäfts, des Kreditkartenunternehmens – verändern sich. Eine britische 5-Pfund-Note trug früher die Aufschrift «Ich verspreche, dem Besitzer bei Vorlage die Summe von fünf Pfund zu zahlen». Es handelt sich also nicht um Geld, sondern um ein Versprechen, Geld zu zahlen. Vor langer Zeit konnten Sie mit einer solchen Banknote zur Bank gehen und sie gegen Gold eintauschen, was als echtes Geld angesehen wurde. Heutzutage tut die Bank nicht mehr, als sie gegen eine andere 5-Pfund-Note einzutauschen. Aber auch Gold war eigentlich kein richtiges Geld, sondern lediglich dessen physische Manifestation. Das wird schon dadurch bewiesen, dass der Goldpreis schwankt.

Ist Geld also eine Zahl? Ja, aber innerhalb eines ganz bestimmten juristischen Kontextes. Wenn Sie 1000000 Euro auf ein Stück Papier schreiben, werden Sie dadurch noch lange nicht zum Millionär. Was Geld zu Geld macht, ist eine Reihe von gesellschaftlichen Übereinkünften, was Zahlen auf Zahlungsmitteln bedeuten und wie wir sie gegen Güter oder andere Zahlungsmittel eintauschen. Wichtig ist, was wir mit Zahlungsmitteln tun, nicht, was sie sind. Geld ist eine Abstraktion.

Dasselbe gilt für Zahlen. Aber das reicht als Antwort nicht aus, denn die gesamte Mathematik besteht aus Abstraktionen. Daher fragten sich ein paar Mathematiker, welche Art von Abstraktion den Begriff «Zahl» definieren könne. Im Jahr 1884 veröffentlichte der deutsche Mathematiker Gottlob Frege sein Buch Grundlagen der Arithmetik. Eine logisch-mathematische Untersuchung über den Begriff der Zahl, in dem er die fundamentalen Prinzipien formulierte, auf denen Zahlen basieren. Zehn Jahre später ging er einen Schritt weiter und versuchte, diese Prinzipien aus noch grundlegenderen Gesetzen der Logik abzuleiten. Sein Werk Grundgesetze der Arithmetik wurde in zwei Bänden veröffentlicht, der erste 1893 und der zweite 1903.

Frege begann mit dem Zählprozess und konzentrierte sich nicht auf die Zahlen, die wir gebrauchen, sondern auf die Dinge, die wir zählen. Wenn ich sieben Tassen auf einen Tisch stelle und sie «1, 2, 3, 4, 5, 6, 7» abzähle, sieht es so aus, als seien die wichtigen Objekte die Zahlen. Frege war anderer Meinung: Er konzentrierte sich auf die Tassen. Zählen funktioniert, weil wir eine Sammlung von Tassen haben, die wir zählen wollen. Bei einer anderen Sammlung könnten wir zu einem anderen Ergebnis kommen. Frege nannte diese Sammlungen Klassen. Wenn wir zählen, wie viele Tassen diese bestimmte Klasse enthält, stellen wir eine Übereinstimmung, eine Korrespondenz zwischen der Klasse der Tassen und den Zahlensymbolen 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 7 her.

Abbildung 5: Korrespondenz zwischen Tassen und Zahlensymbol.

Das Gleiche gilt für eine Klasse von Untertassen: Auch dort können wir eine entsprechende Übereinstimmung herstellen:

Abbildung 6: Korrespondenz zwischen Untertassen und Zahlensymbol.

Wenn das der Fall ist, können wir daraus den Schluss ziehen, dass die Klasse der Untertassen dieselbe Anzahl von Untertassen enthält, wie die Klasse der Tassen Tassen enthält. Wir wissen sogar, wie viele: sieben.

Das mag so offensichtlich erscheinen, dass es schon ans Banale grenzt, doch Frege erkannte, dass uns dies etwas durchaus Tiefgründiges und Wichtiges sagt: Auf diese Weise können wir nämlich zeigen, dass die Klasse der Untertassen dieselbe Anzahl Untertassen enthält, wie die Klasse der Tassen Tassen enthält, ohne die Symbole 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 7 zu verwenden und ohne zu wissen, um wie viele Tassen oder Untertassen es sich handelt. Es genügt, eine Korrespondenz zwischen der Klasse der Tassen und der Klasse der Untertassen herzustellen:

Abbildung 7: Eine Korrespondenz zwischen Tassen und Untertassen benötigt keine Zahlensymbole.

Fachsprachlich wird eine derartige Korrespondenz als eineindeutige Zuordnung bezeichnet: Auf jede Tasse kommt genau eine Untertasse, auf jede Untertasse genau eine Tasse. Zählen funktioniert nicht, wenn man Tassen übersieht oder dieselbe Tasse mehrmals zählt. Nennen wir es einfach eine Korrespondenz, während wir diese technische Bedingung im Hinterkopf behalten.

Frege kam zu dem Schluss, die Zuordnung von Klassen mit Hilfe einer Korrespondenz bilde den Kern dessen, was wir mit «Zahl» meinen. Indem man zählt, wie viele Objekte eine Klasse enthält, ordnet man diese Klasse einer Standardklasse zu, deren Vertreter durch konventionelle Symbole wie 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 und so weiter symbolisiert werden, je nachdem, welcher Kultur Sie angehören. Frege war jedoch der Meinung, das Zahlenkonzept sollte unabhängig von der Kultur sein, daher entwickelte er einen Weg, der ihm erlaubte, ganz auf willkürliche Symbole zu verzichten. Genauer gesagt erfand er ein universelles Supersymbol, das für jede Kultur identisch war. Dabei handelte es sich jedoch nicht um etwas, das sich niederschreiben ließ: Es war rein gedanklich.

Er begann mit dem Hinweis, dass die Mitglieder einer Klasse selbst Klassen sein können. Sie müssen es nicht sein, aber es gibt nichts, was sie davon abhält. Ein Karton mit Dosen voller gebackener Bohnen ist ein alltägliches Beispiel: Die Mitglieder des Kartons sind Dosen, und die Mitglieder der Dosen sind Bohnen. Daher hat es seine Richtigkeit, wenn man Klassen als Mitglieder anderer Klassen verwendet.

Die Zahl «sieben» ist durch Korrespondenz mit jeder beliebigen Klasse verknüpft, die sich unserer Klasse von Tassen oder den korrespondierenden Untertassen oder der Klasse zuordnen lässt, die aus den Symbolen 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 7 besteht. Eine bestimmte Klasse darunter auszuwählen und das eine Zahl zu nennen, ist eine willkürliche Entscheidung, der es an Eleganz mangelt und die unbefriedigend erscheint. Warum also nicht aufs Ganze gehen und all diese Klassen verwenden? Dann kann «sieben» als die Klasse aller Klassen definiert werden, die mit einer beliebigen (und somit mit allen) dieser gerade erwähnten Klassen korrespondieren. Wenn wir das getan haben, können wir sagen, ob eine bestimmte Klasse sieben Mitglieder hat, indem wir nachprüfen, ob sie ein Mitglied dieser Klasse von Klassen ist. Aus Gründen der Zweckdienlichkeit verpassen wir dieser Klasse von Klassen das Etikett «sieben», aber die Klasse selbst ergibt auch dann Sinn, wenn wir darauf verzichten. So gelang es Frege, eine Zahl von einem willkürlich verliehenen Namen (oder Symbol) für eben diese Zahl abzugrenzen.

Anschließend konnte er definieren, was eine Zahl ist: Es ist die Klasse aller Klassen, die mit einer gegebenen Klasse korrespondieren (und daher auch miteinander). Diese Art von Klasse meine ich, wenn ich von einem «Supersymbol» spreche. Wenn man sich einmal auf diese Denkweise eingelassen hat, ist es eine brillante Idee. Das Ganze läuft auf Folgendes hinaus: Statt einen Namen für die Zahl zu wählen, werfen wir vom Konzept her pauschal alle möglichen Namen zusammen, bilden daraus ein einziges Objekt und benutzten stattdessen dieses Objekt.

Hat es funktioniert? Das können Sie später (in Kapitel []) herausfinden.

KLEINE ZAHLEN

Die uns am besten vertrauten Zahlen sind die ganzen Zahlen von 1 bis 10.

 

Jede dieser Zahlen ist ein Individuum mit ungewöhnlichen Merkmalen, die sie als etwas Besonderes auszeichnen.

 

Wenn man lernt, diese besonderen Merkmale zu schätzen, werden Zahlen bald um ihrer selbst willen zu Vertrauten, zu Freunden und zu interessanten Partnern.

 

Schon bald werden Sie ein Mathematiker sein.

Die unteilbare Einheit

Die kleinste positive ganze Zahl ist 1. Sie ist die unteilbare Einheit der Arithmetik: die einzige positive Zahl, die sich nicht durch Addieren zweier kleinerer positiver Zahlen erzeugen lässt.

Das kleine Einmaleins mit der Eins

Niemand hat sich jemals darüber beschwert, das kleine Einmaleins mit der Eins lernen zu müssen. «Einmal eins ist eins, einmal zwei ist zwei, einmal drei ist drei …» Wird eine Zahl mit 1 multipliziert oder durch 1 dividiert, so bleibt sie unverändert:

Es ist die einzige Zahl, die sich so verhält.

Infolgedessen ist 1 gleich ihrem Quadrat, ihrem Kubus und allen höheren Potenzen:

und so weiter. Die einzige andere Zahl mit dieser Eigenschaft ist 0.

Aus diesem Grund wird die Zahl 1 in der Algebra gewöhnlich weggelassen, wenn sie als Koeffizient in einer Formel auftaucht. So schreiben wir zum Beispiel statt 1x2 + 3x + 4 lediglich x2 + 3x + 4. Die einzige andere Zahl, die ebenso behandelt wird, ist 0, wo etwas noch Drastischeres passiert: statt 0x2 + 3x + 4 schreiben wir lediglich 3x + 4 und lassen den Term 0x2 vollständig weg.

Ungerade und gerade

Binäre Arithmetik, wie sie in Computern benutzt wird, basiert auf Zweier- statt auf Zehnerpotenzen. Quadratische Gleichungen, bei denen es um die zweite Potenz der unbekannten Zahl geht, lassen sich mit Hilfe von Quadratwurzeln lösen.

Die Unterscheidung zwischen ungerade und gerade erstreckt sich sogar auf Permutationen – Möglichkeiten, eine Menge von Objekten in einer bestimmten Reihenfolge anzuordnen. Die eine Hälfte der Permutationen ist gerade, die andere Hälfte ungerade. Ich werde Ihnen eine hübsche Anwendung zeigen, einen einfachen Beweis, dass sich ein berühmtes Rätsel nicht lösen lässt.

Kleinste und einzige gerade Primzahl

Die Liste der Primzahlen beginnt mit 2, daher ist 2 die kleinste Primzahl. Es ist zudem die einzige gerade Primzahl, denn definitionsgemäß sind alle geraden Zahlen durch 2 teilbar. Wenn die Zahl, um die es geht, 4 oder größer ist, so lässt sie sich als Produkt zweier kleinerer Zahlen ausdrücken, daher handelt es sich um eine zusammengesetzte Zahl. Diese Eigenschaften, so einfach und offensichtlich sie auch erscheinen mögen, verleihen 2 eine einzigartige Stellung im Zahlengefüge.

Das binäre System

Unser traditionelles Zahlensystem wird als «Dezimalsystem» bezeichnet, weil es auf der Zahl 10 basiert und 10 auf Latein decem heißt. Daher gibt es zehn Ziffern von 0 bis 9, und der Wert einer Ziffer steigt bei jedem Schritt von rechts nach links um einen Faktor 10. Daher bedeutet 10 zehn, 100 hundert, 1000 tausend und so weiter (siehe Kapitel [10]).

Ähnliche Notationssysteme lassen sich auf jeder beliebigen anderen Zahlenbasis aufbauen. Das wichtigste dieser alternativen Notationssysteme benutzt 2 als Basis und wird dementsprechend als binäres System oder kurz Binärsystem (auch Dualsystem) bezeichnet. In diesem Fall gibt es nur zwei Ziffern, 0 und 1, und der Wert einer Ziffer verdoppelt sich bei jedem Schritt von rechts nach links. Im Binärsystem steht 10 für 2 (in unserer üblichen Dezimalschreibweise), 100 bedeutet 4, 1000 bedeutet 8, 10000 bedeutet 16 und so weiter.

Um Zahlen zu erhalten, die keine Potenz von 2 sind, addieren wir bestimmte Potenzen von 2. Beispielsweise entspricht 23 in Dezimalschreibweise

dabei wird eine 16, keine 8, eine 4, eine 2 und eine 1 benutzt. Daher wird 23 in Binärschreibweise zu

Die ersten Binärzahlen und ihre dezimalen Äquivalente sind:

dezimal

binär

dezimal