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Das Buch bereitet das Unterhaltsrecht für die Soziale Arbeit verständlich auf und arbeitet dabei die Besonderheiten der jeweiligen Handlungsfelder heraus. Auf diese Weise können Studierende und Fachkräfte der Sozialen Arbeit das jeweils geltende Unterhaltsrecht passgenau erfassen und dieses Wissen in Prüfungen abrufen bzw. direkt in der Praxis umsetzen. Zudem werden die relevanten Schnittstellen mit dem Sozialrecht (z. B. beim gesetzlichen Übergang von Unterhaltsansprüchen), dem Strafrecht (z. B. die strafrechtlich relevante Verletzung der Unterhaltspflicht) und die zwangsweise Durchsetzung unterhaltsrechtlicher Ansprüche für die sozialarbeiterische Praxis erklärt.
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Seitenzahl: 129
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Cover
Titelei - Soziale Arbeit – kompakt & direkt
Vorwort der Reihenherausgeber*innen
Zu diesem Buch
1 Unterhaltsberechtigte und Unterhaltsverpflichtete
1.1 Ehegattenunterhalt, Unterhalt gegenüber Lebenspartner*innen
1.1.1 Familienunterhalt
1.1.2 Trennungsunterhalt
1.1.3 Nachehelicher Unterhalt
1.2 Kindesunterhalt
1.2.1 Minderjährige Kinder
1.2.2 Volljährige Kinder
1.3 Sonstige Konstellationen
1.3.1 Elternunterhalt
1.3.2 Enkelunterhalt
1.3.3 Betreuungsunterhalt Unverheirateter
2 Ermittlung, Berechnung und Dauer des Unterhaltsanspruchs
2.1 Ermittlung des Unterhaltsanspruchs
2.1.1 Auskunft und Vorlage von Belegen
2.1.2 Anspruchsgrundlagen
2.1.3 Bedarf und Bedürftigkeit des*der Berechtigten
2.1.4 Leistungsfähigkeit des Verpflichteten, Selbstbehalte, Bedarfskontrollbetrag
2.1.5 Unterhaltsrechtliche Rangverhältnisse gemäß § 1609 BGB
2.2 Berechnung des Unterhaltsanspruchs
2.2.1 Bereinigtes bzw. unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen
2.2.2 Prüfschema: Berechnung eines Unterhaltsanspruchs
2.2.3 Praxisbeispiele
2.3 Dauer des Unterhaltsanspruchs
2.3.1 Beginn und Ende der Unterhaltspflicht
2.3.2 Verjährung
2.3.3 Verwirkung von Unterhaltsansprüchen
3 Festsetzung unterhaltsrechtlicher Ansprüche
3.1 Erstmalige Festsetzung des Unterhalts
3.2 Unterhaltsabänderung
3.3 Beratungshilfe und Verfahrenskostenhilfe
3.3.1 Beratungshilfe
3.3.2 Verfahrenskostenhilfe
4 Durchsetzung unterhaltsrechtlicher Ansprüche
4.1 Zwangsweise Durchsetzung unterhaltsrechtlicher Ansprüche
4.2 Überschuldete Unterhaltsverpflichtete
4.3 Strafrechtlich relevanter Entzug der Unterhaltspflicht
5 Unterhalt und Sozialleistungsbezug
5.1 Unterhalt und SGB II und XII
5.2 Unterhalt und Unterhaltsvorschuss
Abkürzungsverzeichnis
Literatur
Soziale Arbeit – kompakt & direkt
Herausgegeben von Rudolf Bieker und Heike Niemeyer
Eine Übersicht aller lieferbaren und im Buchhandel angekündigten Bände der Reihe finden Sie unter:
https://shop.kohlhammer.de/soziale-arbeit-kompakt-direkt
Die Autorin
Gabriele Janlewing ist Professorin für Recht in der Sozialen Arbeit mit den Forschungs- und Lehrschwerpunkten Familienrecht, Sozialrecht und Schuldnerberatung. Vor ihrer Berufung war Janlewing über zehn Jahre lang Rechtsanwältin (Fachanwältin für Familienrecht und Insolvenzrecht). 2014 erfolgte ihre Promotion an der Universität Göttingen (Titel der Dissertationsschrift: »Familienrechtliche Ansprüche gegen den Selbständigen in der Insolvenz«). Janlewing ist Autorin zahlreiche Publikationen zu unterhaltsrechtlichen Themen, insbesondere im Zusammenspiel mit dem Insolvenz- und Sozialrecht (insbesondere »Insolvenzrecht für die familienrechtliche Praxis«). Darüber hinaus trägt Janlewing regelmäßig zu den genannten Themen vor und ist juristische Fachberaterin von Schuldnerberatungsstellen.
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1. Auflage 2023
Alle Rechte vorbehalten© W. Kohlhammer GmbH, StuttgartGesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:ISBN 978-3-17-042833-1
E-Book-Formate:pdf:ISBN 978-3-17-042834-8epub:ISBN 978-3-17-042835-5
Ergänzend zu klassischen Lehrbüchern geht es in der neuen Reihe »Soziale Arbeit – kompakt & direkt« um die vertiefende Bearbeitung spezieller Themen- und Fragestellungen aus der Sozialen Arbeit und ihren Bezugsdisziplinen, z. B. theoretische Konzepte, spezifische Methoden, Arbeitsfelder oder soziale Probleme. Kompakt und direkt heißt die neue Reihe, weil sie in der Präsentation der Inhalte auf das konzentriert ist, was Lernende über das ausgewählte Thema wissen und für Studienleistungen und Prüfungen zielgenau aufbereiten können sollten.
Zielgruppen der Reihe sind jedoch nicht nur Studierende im Bachelor- oder Masterstudium, sondern auch Berufseinsteiger*innen und Praktiker*innen, die autodidaktisch oder in Fortbildungen Anschluss an den aktuellen wissenschaftlichen Diskurs halten wollen.
Der fokussierte Zuschnitt der Bände spiegelt sich in einem innovativen Buchformat, das Leser*innen Überschaubarkeit im Umfang und eine gut strukturierte Textpräsentation bietet. Zentrale Sachverhalte werden anhand von Praxisbeispielen und Abbildungen veranschaulicht. Didaktische Elemente wie Begriffserläuterungen, Textcontainer, Reminder, Essentials, kurze Zusammenfassungen, Piktogramme etc. erleichtern das Erfassen, Speichern und Wiederaufrufen der Inhalte.
Die Autor*innen der Bände sind durch ihre wissenschaftliche Expertise ausgewiesen, schreiberfahren und stehen in der Regel mit Studierenden und Praxisfeldern in engem Kontakt.
Rudolf Bieker und Heike Niemeyer, Köln
Unterhaltsrecht ist ein Teilbereich des Familienrechts, was wiederum einen elementaren Bestandteil der Ausbildung Studierender im Studienfach »Soziale Arbeit« darstellt. Beim Unterhaltsrecht geht es um die Frage, wer für welche Person(en), in welcher Höhe und wie lange finanziell aufzukommen hat. Letztlich geht es um die wirtschaftlichen Folgen, die familiäre Bande darstellen, und die Frage, welcher finanzielle Beitrag Angehörigen zugemutet werden kann. Daher stellt das Unterhaltsrecht auch eine gesellschaftliche Abbildung von geforderten und einklagbaren Solidaritäten im Familienverbund dar.
Das Thema ist in fast jedem Handlungsfeld der Sozialen Arbeit relevant. Das Unterhaltsrecht minderjähriger und (junger) volljähriger Kinder spielt nicht nur in der Kinder- und Jugendhilfe eine Rolle. Es ist auch in der Sozialen Arbeit mit Menschen in finanziellen Problemlagen, in der Schuldner*innenberatung, in der Sozialen Arbeit mit Menschen mit Behinderung oder in der justiznahen Sozialen Arbeit relevant, ebenso wie Unterhaltsansprüche nach Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft. Der Elternunterhalt kann bei der Sozialen Arbeit mit kranken und pflegebedürftigen Menschen Relevanz haben.
Mit dem Unterhaltsrecht beschäftige ich mich schon sehr lange: Als Rechtsanwältin (Fachanwältin für Familienrecht) habe ich mich vor allem der Beratung und Vertretung überschuldeter Familien gewidmet. Nachdem ich als Rechtsanwältin einige Jahre Praxiserfahrungen sammeln konnte, habe ich begonnen, mich auch wissenschaftlich mit dem Thema zu befassen. Als Professorin für das Lehrgebiet »Recht in der Sozialen Arbeit« ist es mir ein Anliegen, den angehenden Sozialarbeiter*innen das zur Bewältigung ihrer Praxisaufgaben notwendige rechtliche Wissen zu vermitteln. Dies gilt ebenso für die Berufseinsteiger*innen, die oft (erst) in der Praxis feststellen, welche Bedeutung das Unterhaltsrecht in der täglichen Arbeit hat. Das Thema wurde, entsprechend dem Leitgedanken der Reihe, »Soziale Arbeit – kompakt & direkt« behandelt. Dies bedeutet, dass die praxisrelevanten Themen hauptsächlich anhand konkreter Beispielfälle erläutert und Hintergründe in »Begriffsbestimmungen« und »Exkursen« nachgeschlagen werden können. Darüber hinaus sollen »Praxishinweise« konkrete Hilfestellungen in der täglichen Arbeit geben. Mein Dank gilt den beiden Herausgebenden des Buches, Herrn Prof. Dr. Bieker und Frau Prof. Dr. Heike Niemeyer, die mich zur Veröffentlichung des Werkes angeregt und auch bei der Erstellung großartig unterstützt haben. Für weitere Anregungen zu diesem Buch bin ich sehr dankbar und würde mich über Zuschriften freuen ([email protected]).
Koblenz, im Januar 2023Gabriele Janlewing
T Überblick
In diesem Kapitel geht es um die Frage, wer von wem Unterhalt verlangen kann, und somit um typische Unterhaltskonstellationen.
Unterhaltsberechtigte/Unterhaltsverpflichtete
Unterhaltsberechtigte sind gemäß § 1602 BGB Personen, die außerstande sind, sich selbst zu unterhalten. Wer nicht dazu in der Lage ist, ihren*seinen Bedarf (▸ Kap. 2.1.3) aus eigenen Mitteln zu finanzieren, ist demnach unterhaltsbedürftig.
Eine Unterhaltsverpflichtung entsteht durch die Entscheidung des Gesetzgebers, bestimmte Angehörige zum Unterhalt zu verpflichten. So sind gemäß § 1601 BGB (ausschließlich) Verwandte in gerader Linie einander zum Unterhalt verpflichtet. Auch die Tatsache, dass mit einer anderen Person eine Ehe bzw. Lebenspartnerschaft geschlossen wurde, führt zu einer Unterhaltsverpflichtung (§§ 1360, 1360a, 1361, 1559 ff. BGB). Darüber hinaus kann auch (allein) das Vorhandensein eines gemeinsamen Kindes (ohne Trauschein der Eltern) dem Kindesvater bzw. der Kindesmutter, neben der Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt, eine Unterhaltspflicht für den anderen Elternteil auferlegen, § 1615 l BGB.
Die durch die Ehe bzw. Lebenspartnerschaft (s. u. »Ehe und Lebenspartnerschaft«) begründete Unterhaltspflicht resultiert aus der ehelichen Solidarität zwischen Ehegatten bzw. Lebenspartner*innen. Da diese mit zunehmender Entfremdung der Ehegatten bzw. Lebenspartner*innen schwindet, wird zwischen drei Zeitabschnitten unterschieden:
·
Unterhalt während intakter Ehe (= Familienunterhalt, §§ 1360, 1360a BGB),
·
Unterhalt nach Trennung und vor rechtskräftiger Scheidung (= Trennungsunterhalt, § 1361 BGB) sowie
·
Unterhalt ab Rechtskraft der Scheidung (= nachehelicher Unterhalt, 1569 ff. BGB).
Für eingetragene Lebenspartnerschaften gelten die Vorschriften durch eine Verweisungsnorm des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG) ebenfalls. So bestimmt § 5 LPartG, dass die Vorschriften des Familienunterhalts gemäß §§ 1360, 1360a BGB gelten sollen. Gemäß § 12 LPartG sollen die Regelungen zum Trennungsunterhalt nach § 1361 BGB Anwendung finden und gemäß § 16 LPartG finden zum nachpartnerschaftlichen Unterhalt die Bestimmungen der §§ 1570 ff. BGB Anwendung.
Exkurs: Ehe und Lebenspartnerschaft
Die Ehe wird durch beiderseitige Erklärung des Eheschließungswillens vor dem*der Standesbeamt*in geschlossen. Sie setzt zu ihrer Wirksamkeit folgendes voraus:
·Ehefähigkeit der Eheleute, § 1304 BGB (= Geschäftsfähigkeit): Ausländer*innen benötigen in bestimmten Fällen ein Ehefähigkeitszeugnis, § 1309 BGB.
·Ehemündigkeit
-Grundsätzlich ab Volljährigkeit oder
-Ausnahmegenehmigung durch das Familiengericht, wenn ein*e Partner*in mindestens 16 Jahre alt ist, § 1303 BGB.
·Kein Eheverbot
-Bestehende Ehe oder (eingetragene) Lebenspartnerschaft, § 1306 BGB,
-Verwandtschaft, § 1307 BGB (gerade Linie und Geschwister, auch bei Adoption).
Seit dem 1. 10. 2017 gilt die »Ehe für alle«: Durch die Angleichung von § 1353 BGB setzt die Ehe keine Verschiedengeschlechtlichkeit mehr voraus. Es können seitdem auch gleichgeschlechtliche Partner*innen die Ehe miteinander eingehen. Das gilt auch für transsexuelle und intersexuelle Partner*innen. Mit Inkrafttreten der »Ehe für alle« ist die Begründung einer (neuen) Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz nicht mehr möglich. Hierbei handelte es sich um eine rechtliche Regelung (Geltung: 1. 8. 2001 – 1. 10. 2017), um Personen gleichen Geschlechts einen »eheähnlichen Rahmen« zu geben. Die Wirkungen einer begründeten »Lebenspartnerschaft« (z. B. beim Unterhalt) wurden denen der Ehe nachgebildet. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der »Ehe für alle« bestehende eingetragene Lebenspartnerschaften können in eine Ehe umgewandelt werden, oder die Partner*innen leben weiter in einer »eingetragenen Lebenspartnerschaft« (vgl. Löhning 2017).
Rechtsgrundlagen: §§ 1360, 1360a BGB bzw. § 5 LPartG i. V. m. §§ 1360, 1360a BGB
Die Verpflichtung beider Ehegatten bzw. Lebenspartner*innen, sich gegenseitig zu unterstützen, folgt aus der ehelichen Beistandspflicht gemäß § 1353 BGB bzw. § 2 LPartG. Die eheliche Solidarität wird während des Zusammenlebens von Ehegatten bzw. Lebenspartner*innen als besonders stark angesehen. Dies spiegelt die unterhaltsrechtliche Verantwortung während der intakten Ehe bzw. Lebenspartnerschaft wider. Voraussetzung eines Anspruchs auf Familienunterhalt ist zunächst eine wirksam geschlossene Ehe bzw. Lebenspartnerschaft sowie eine bestehende Lebensgemeinschaft der Ehegatten bzw. Lebenspartner*innen. Auch wenn die Ehegatten bzw. Lebenspartner*innen aus besonderem Anlass häuslich voneinander getrennt leben, z. B. bei einem Krankenhausaufenthalt, der Unterbringung in einem Pflegeheim oder einem Gefängnisaufenthalt, besteht die Lebensgemeinschaft weiter fort, wenn die Partner*innen an der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft weiter festhalten und ihren Vorstellungen entsprechend leben. Haben die Ehegatten bzw. Lebenspartner*innen jedoch zu keiner Zeit in häuslicher Gemeinschaft gelebt oder haben sie den ursprünglich gefassten Plan einer häuslichen Gemeinschaft nicht realisiert, so scheidet ein Familienunterhalt aus.
Familienunterhalt wird grundsätzlich nicht in Form einer Geldzahlung (= Barunterhalt) geleistet, sondern durch Beiträge wie Erwerbstätigkeit, Kinderbetreuung, Haushaltsführung, Wohnraumgewährung (= Naturalunterhalt). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bildet der Taschengeldanspruch. Jeder Ehegatte hat einen Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Taschengeldes, über das er*sie frei nach seinen Vorstellungen verfügen kann (BGH FamRZ 2004, 1784). Das Taschengeld beträgt i. d. R. 5 % vom bereinigten (▸ Kap. 2.2.1) Familieneinkommen (BGH NJW 2014, 3514).
Exkurs: Aufgabenverteilung in der Ehe
Die Entscheidung, wie die Aufgabenverteilung in ihrer Ehe zu erfolgen hat, treffen die Ehegatten gemeinsam nach ihren individuellen Vorstellungen. Bis heute unterscheidet man zwischen verschiedenen Eheleitbildern, auch wenn dies zunehmend überholt erscheint (vgl. Wendl, & Dose 2019, § 3 Rn. 14 – 19).
·HaushaltsführungseheEin Ehegatte geht einer Erwerbstätigkeit nach und versorgt die Familie finanziell, während der andere Ehegatte den Haushalt und ggf. die Kinder versorgt. Die Haushaltsführung wird hierbei als gleichwertig betrachtet, d. h., von dem haushaltführenden Ehegatten wird keine Berufstätigkeit erwartet, auch wenn keine Kinder versorgt werden müssen.
·DoppelverdienereheBeide Ehegatten finanzieren die wirtschaftliche Basis ihrer Ehe durch eine Vollzeittätigkeit. Die Haushaltsführung wird gleichmäßig aufgeteilt, auch wenn ein Ehegatte mehr verdient als der andere.
·ZuverdiensteheEin Ehegatte geht einer Vollzeittätigkeit nach, während der andere Ehegatte grundsätzlich die Haushaltführung übernommen hat und zudem einer Nebentätigkeit nachgeht. Der Vollzeittätige hat den anderen Ehegatten bei der Haushaltführung angemessen zu entlasten.
·NichterwerbstätigeneheGehen beide Ehegatten keiner Erwerbstätigkeit nach, führen beide Ehegatten gemeinsam den Haushalt. Wird etwas erwirtschaftet, z. B. durch einen Nebenverdienst, muss dies zum Familienunterhalt beigesteuert werden.
Praxisbeispiel
Max und Eva leben in intakter Ehe zusammen. Sie haben eine gemeinsame Tochter (Chiara, 2 Jahre alt). Max verdient als Mechatroniker 2.300 € netto, Eva befindet sich im Erziehungsurlaub und hat keine Einkünfte. Sie führt den Haushalt und betreut Chiara. Max kommt seiner unterhaltsrechtlichen Verpflichtung durch seine Erwerbstätigkeit nach, Eva durch die Haushaltsführung und die Kindesbetreuung. Beide Ehegatten haben einen Anspruch auf Taschengeld i. H. v. ca. 5 % des Monatsnettoverdienstes (115 €).
Rechtsgrundlagen: § 1361 BGB bzw. § 12 LPartG i. V. m. § 1361 BGB
Der Trennungsunterhalt entsteht nach Trennung der Eheleute bzw. Lebenspartner*innen bis zur rechtskräftigen Scheidung. Anders als der Anspruch auf Familienunterhalt, der grundsätzlich als Naturalunterhalt geschuldet wird, handelt es sich beim Anspruch auf Trennungsunterhalt um einen Barunterhalt. Das Getrenntleben verändert die ehelichen Verantwortlichkeiten, es hebt sie aber nicht auf. Da noch unklar ist, ob sich die Ehegatten bzw. Lebenspartner*innen wieder versöhnen oder die Trennung endgültig ist, steht insbesondere das erste Trennungsjahr unter dem Schutz der andauernden ehelichen Solidarität. Je länger die Trennung dauert, umso mehr werden die unterhaltsrechtlichen Verpflichtungen des Barunterhaltszahlenden herabgesetzt. Als Faustregel gilt, dass ein*e bis zur Trennung nicht erwerbstätige*r Ehegatte bzw. Lebenspartner*in im ersten Trennungsjahr nicht zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet ist, d. h. ihn*sie trifft keine Erwerbsobliegenheit (▸ Kap. 1.1.3). In diesem Zusammenhang ist damit gemeint, dass dem*der Unterhaltsberechtigten im ersten Trennungsjahr nicht zugemutet werden kann, seinen*ihren Bedarf durch eine (eigene) Berufstätigkeit zu finanzieren (vgl. Scholz, Stein & Kleffmann 2022, Teil H Rn. 21).
Praxisbeispiel
Tara hat sich nach einer 10-jährigen, kinderlosen Ehe von ihrem Mann Felix getrennt. Felix war während der Ehe der Alleinverdiener. Im ersten Trennungsjahr muss Felix Tara noch finanziell unterstützen. Tara muss das Trennungsjahr dazu nutzen, sich beruflich neu zu positionieren, damit sie nach Ablauf des Trennungsjahres und endgültigem Scheitern der Ehe auf eigenen Füßen stehen kann.
Exkurs: Trennung und Scheidung
Mit der Scheidungsrechtsreform 1977 wurde das »Schuldprinzip« bei der Scheidung aufgehoben, seitdem gilt das »Zerrüttungsprinzip«: Eine Scheidung setzt nunmehr das »Scheitern der Ehe« voraus, ohne dass es auf die Frage ankommt, wer dieses zu verantworten hat, § 1565 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen, § 1565 Abs. 1 Satz 2 BGB. Das Scheitern wird vermutet nach
·einjähriger Trennung, wenn beide Ehegatten die Scheidung wollen, § 1566 Abs. 1 BGB (Regelfall),
·nach dreijähriger Trennung, wenn nur ein Ehegatte die Scheidung beantragt, § 1566 Abs. 2 BGB.
Eine Scheidung kann auch bei unterjähriger Trennung erfolgen, wenn ein weiteres Festhalten an der Ehe für die antragstellende Person eine »unzumutbare Härte« darstellen würde, § 1565 Abs. 2 BGB. Da es sich um eine Ausnahmevorschrift handelt, muss es sich hierbei auch um eine Ausnahmesituation handeln (z. B. in Fällen der Verletzung der körperlichen Unversehrtheit). Eingetragene Lebenspartnerschaften werden durch »Aufhebung der Lebenspartnerschaften« gelöst; die Regelungen entsprechen jedoch denen der Scheidung von Ehen, § 15 LPartG.
Rechtsgrundlagen: §§ 1570 ff. BGB bzw. § 16 LPartG i. V. m. § 1570 ff. BGB
Nach der Scheidung/Aufhebung der Lebenspartnerschaft muss jede*r Ehegatte bzw. Lebenspartner*in grundsätzlich selbst für seinen*ihren Unterhalt sorgen, § 1569 Satz 1 BGB. Ihn*sie trifft die sog. Erwerbsobliegenheit, die ihn*sie dazu verpflichtet, seine*ihre Bedürftigkeit durch die Aufnahme einer eigenen Erwerbstätigkeit zu beseitigen.
Erwerbsobliegenheit
Bei der Erwerbsobliegenheit handelt es sich um die unterhaltsrechtliche Verpflichtung, seine Arbeitskraft einzusetzen (BGH NJW 2005, 61). Sie trifft beim Ehegattenunterhalt grundsätzlich beide Beteiligten des Unterhaltsrechtverhältnisses (sowohl die Unterhaltsberechtigten als auch die Unterhaltsverpflichteten). Sie folgt aus dem Grundsatz der Eigenverantwortung (§ 1569 Satz 1 BGB), der durch die Unterhaltsrechtsrechtsreform im Jahr 2008 noch einmal betont wurde: Nach der Scheidung muss jede*r Ehegatte bzw. Lebenspartner*in grundsätzlich selbst für seinen*ihren Unterhalt sorgen. Dieser durch die Unterhaltsrechtsreform betonte Grundsatz der nachehelichen Eigenverantwortung