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Ein kleiner Ratgeber zur Kunst des mündlichen Erzählens. Mit elementaren Übungen (Spazierengehen in Geschichten, Perspektivenkarussel, Robo-Ben) und dem Handlungsgerüst (Geschichtenknochen) einiger gut erzählbarer Geschichten aus der mündlichen Tradition, um die Übungen anwenden und gleich loslegen zu können. Die gedruckte Fassung hat außerdem Platz für eigene Geschichtenknochen.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2016
Ein Vademekum (vade mecum, lateinisch: Geh mit mir!) ist ein schönes, altes Wort, das einen kleinen, leicht transportablen Leitfaden und Ratgeber bezeichnet. Und nichts anderes soll dieses Büchlein sein: ein Leitfaden für alle, die sich mit der wunderbaren Kunst des Geschichtenerzählens beschäftigen wollen.
Über den Zauber einer mündlichen Erzählung sollen hier nicht viele Worte verloren werden: am besten erlebt man ihn mit eigenen Ohren.
In diesem e-Book finden sich einige grundsätzliche Gedanken zum Erzählen von Geschichten, gefolgt von drei elementaren Übungen und einigen erzählenswerten Geschichten in Knochenform.
Du wirst feststellen, dass im Folgenden immer wieder vom Unterwegs-Sein, vom Spazierengehen, von Wegen und Bewegung die Rede ist.
Das ist kein Zufall. Geschichten erzählen heißt, auf Reisen zu gehen, und beim Luftholen sagst Du den anderen: Vade mecum, geh mit mir!
Wer eine Geschichte erzählt, führt andere durch eine ihnen zumeist unbekannte Gegend (ein Haus, eine Stadt, einen Dschungel, einen anderen Planeten). Als Reiseleiter*in solltest Du diese Gegend so gut kennen, dass Du jederzeit weißt, wo Du entlang gehen willst.
Andererseits solltest Du fähig sein, das, was Du über die Gegend sagen willst, an die Bedürfnisse Deiner Reisegruppe anzupassen. Es ist wichtig darauf zu achten, dass niemand unterwegs verloren geht, und gut zu wissen, wo es Abkürzungen gibt, wenn die Gruppe erkennbar müde wird.
Als Erzählender hältst Du also zwei Fäden in der Hand: einen (roten), der durch die Geschichte führt, und einen (orangenen?), der Dich mit Deinem Publikum verbindet.
Wenn der Faden zum Publikum reißt, hat das meist einen von zwei Gründen: die einen hören sich am liebsten selber reden und vernachlässigen dabei die, um derentwillen sie eigentlich erzählen. Weitaus die Mehrheit hat aber schlicht Angst, dass ihnen eigentlich keiner zuhören will.
Je nach Typ versuchen dann manche, so schnell wie möglich fertig zu werden, oder aber sie tragen extra dick auf und versuchen, sich mit Mitteln interessant zu machen, mit denen sie sich eigentlich gar nicht wohl fühlen.
Das geschieht, weil wir uns beim Erzählen, bei der freien Rede als Person von gleich zu gleich, viel weniger geschützt fühlen als bei jeder anderen Form der öffentlichen Selbstäußerung - es gibt keinen vorgegebenen Text, kein Kostüm, keine Uniform, keine Requisiten, keine Maske.