Validation - Naomi Feil - E-Book

Validation E-Book

Naomi Feil

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Beschreibung

Naomi Feil hat für den Umgang mit desorientierten alten Menschen die Methode der Validation entwickelt. Validation akzeptiert den Menschen so, wie er ist. Die Gefühle und die innere Erlebniswelt des verwirrten Menschen werden respektiert. Diese Menschen in ihrer eigenen Welt zu erreichen - das ist die Kunst der Validation. Das Buch ist ein unverzichtbarer Leitfaden für alle, die mit der Behandlung und Pflege desorientierter Menschen betraut sind.

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Reinhardts Gerontologische ReiheBand 16

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

„Validation – The Feil Method. How to help Disoriented Old-Old“

© 1982, 1992, 2003 by Naomi Feil

© 2015 and all further English revisions by Naomi Feil and Vicki de Klerk-Rubin

5. dt. Auflage 1999: Ins Deutsche übertragen von Andrea Marenzeller

6. dt. Auflage 2000: Auf der Grundlage der 5. Auflage

bearbeitet von Vicki de Klerk-Rubin

7. dt. Auflage 2002: Auf der Grundlage der 6. Auflage

bearbeitet von Vicki de Klerk-Rubin

8. dt. Auflage 2005: Auf der Grundlage der 7. Auflage

überarbeitet und erweitert durch die Autorinnen

9. dt. Auflage 2010: Auf der Grundlage der 8. Auflage

überarbeitet und erweitert von Vicki de Klerk-Rubin

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten

sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

ISBN: 978-3-497-03203-7 (Print)

ISBN: 978-3-497-61748-7 (PDF-E-Book)

ISBN: 978-3-497-61749-4 (EPUB)

ISSN: 0939-558X

12., aktualisierte Auflage

© 2023 by Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, Verlag, München

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der Ernst Reinhardt GmbH & Co KG, München, unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen in andere Sprachen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Verlag Ernst Reinhardt GmbH & Co KG behält sich eine Nutzung seiner Inhalte für Text- und Data-Mining i. S. v. § 44b UrhG ausdrücklich vor.

Printed in EU

Cover unter Verwendung eines Fotos von © istock.com / FredFroese

Satz: Katharina Ehle

Ernst Reinhardt Verlag, Kemnatenstr. 46, D-80639 München

Net: www.reinhardt-verlag.de Mail: [email protected]

Für ein Altern in Weisheit

Dieses Buch ist für alle geschrieben, die für desorientierte, sehr alte Menschen sorgen und sich für ihre Probleme interessieren. Validation unterstützt BetreuerInnen beim Umgang mit dem sehr alten, desorientierten Menschen, der seinen Gefühlen freien Lauf lässt. Validation akzeptiert die Menschen so, wie sie sind. Validation hilft uns, die Ursachen von bestimmtem Verhalten zu verstehen. Validation unterstützt den sehr alten Menschen, seine Ziele – nicht unsere – zu erreichen.

Dieses Buch ist Ed Feil gewidmet, dessen Filme mehr sagen als alle Worte.

Vicki de Klerk-Rubin und Piet de Klerk haben wesentlich zur Verständlichkeit und Lesbarkeit beigetragen.

Naomi Feil

Gezeichnet von Frau Jappe, 86 Jahre alt, am 23. Juli 1975, Phase II, sie lebt in ihrer persönlichen Realität.

Inhalt

Über die Autorinnen

Vorwort zur 12. Auflage

I.Was ist Validation?

Der Beginn

Grundprinzipien

Prinzipien

Theorien

VA-Aktion (Validations-AnwenderIn)

Maslows Pyramide der menschlichen Bedürfnisse

Eriksons Theorie der Lebensstadien und Aufgaben

Letztes Stadium nach Feil: Aufarbeiten oder Rückzug – das Stadium jenseits der Integrität

Gründe für Desorientierung: Leugnen von körperlichen und sozialen Verlusten

Die Weisheit in der Desorientierung

Wer sind die desorientierten, sehr alten Menschen?

Diagnose und Begriffe

Demenz

Alzheimer’sche Krankheit

Begrifflichkeit in der Validation

Die ValidationsanwenderInnen

Burn-out und das Gefühl des Versagens

Was Validation erreichen kann

Forschungsergebnisse

Wie geht man mit seinem eigenen Alterungsprozess um?

Zusammenfassung

II.Die vier Phasen im Stadium der Aufarbeitung

Symbole – Fahrkarten in die Vergangenheit

Universelle Symbole und ihre möglichen Bedeutungen

Phase I: Personen kommunizieren gut und sind überwiegend orientiert

Phase II: Personen kommunizieren noch und leben überwiegend in ihrer persönlichen Realität

Phase III: noch kommunizierend, größtenteils verinnerlichte Bedürfnisse und Gefühle

Phase IV: Die Menschen nutzen kaum wahrnehmbare Kommunikation und sind sehr zurückgezogen.

III.Die Anwendung individueller Validation

Drei Schritte

Schritt 1: Sammeln Sie Informationen

Schritt 2: Bestimmen Sie die Phase der Aufarbeitung

Schritt 3: Besuchen Sie die Person regelmäßig und wenden Sie Validationstechniken an

Techniken für Menschen in Phase I (gute Kommunikation, überwiegend orientiert)

Beispiel für Validation mit einer Person in Phase I

Techniken für Menschen in Phase II (Kommunikation, Leben überwiegend in der persönlichen Realität)

Beispiel für Validation mit einer Person in Phase II

Techniken für Menschen in Phase III (Personen kommunizieren noch, überwiegendes Internalisieren von Bedürfnissen und Gefühlen)

Beispiel einer Validation mit einer Person in Phase III

Techniken für Menschen in Phase IV (kaum wahrnehmbare Kommunikation, zurückgezogen)

Beispiel für Validation mit einer Person in Phase IV

Typische Fehler und Reaktionen

IV.Validationsgruppen

Sieben Schritte

Schritt 1: Kennenlernen

Schritt 2: Auswahl der Mitglieder

Schritt 3: Finden Sie für jedes Mitglied eine Rolle

Schritt 4: Beziehen Sie das gesamte Personal mit ein

Schritt 5: Musik, Gespräch, Bewegung, Essen

Schritt 6: Vorbereiten des Treffens

Schritt 7: Das Treffen

Beispiel für das Treffen einer Validationsgruppe

Abschluss – Wenn ein Validationsanwender die Gruppe verlässt oder ein Mitglied stirbt

Zusammenarbeit mit Co-Gruppenleitenden oder Mitarbeitenden

V.Andere Methoden

Anhang: Tabellen, Arbeitsblätter, Tests

 1.Validation in Institutionen – ein 5-Schritte-Programm

 2.Unterschiede im Verhalten von Personen mit früh einsetzender versus spät einsetzendem Alzheimer

 3.Beurteilung des wahrnehmbaren Verhaltens

 4.Feils Stadium „Aufarbeiten versus Rückzug“: Die vier Phasen

 5.Lebensgeschichte und grundlegendes Verhalten

 6.Zusammenfassung einer individuellen Validationssitzung

 7.Evaluationsbogen für den Fortschritt von Einzelvalidation

 8.Auswahl der Mitglieder einer Validationsgruppe

 9.Formular für die Zusammenfassung einer Validations-gruppensitzung

10.Beispiel für die Zusammenfassung einer Validations-gruppensitzung

11.Auswertung des Fortschritts einer Gruppenvalidation

12.Beurteilung der eigenen Validationsfähigkeiten

13.Validationshausaufgaben

Anmerkungen

Antworten zu den Fragen zur Beurteilung der eigenen Validationsfähigkeiten

Literatur

Validationsorganisationen

Register

Über die Autorinnen

Naomi Feil ist Gründerin des Validations Trainings Instituts. Sie entwickelte die Validationsmethode, die gegenwärtig als eine auf den neuesten Erkenntnissen beruhende Methode zur Kommunikation mit älteren Menschen mit Alzheimer, Demenz oder verwandten Krankheiten anerkannt ist. Ihre frühe Arbeit auf diesem Gebiet führte zu einer Veränderung in der Ausgestaltung der gerontopsychiatrischen Pflege. Sie kann als die „Taufpatin“ der personzentrierten Pflege bezeichnet werden.

Naomi Feil wurde 1932 in München geboren und zog in jungen Jahren in die USA. Sie wuchs im Montefiori-Altersheim in Cleveland, Ohio, auf, wo ihre Eltern Pionierarbeit im Feld der Altenpflege leisteten. Sie erwarb ihren Master für Sozialarbeit an der Columbia Universität und studierte an der New School for Social Research, der Case Western Reserve Universität und der Universität von Michigan. Die traditionellen Therapien für Menschen mit kognitiven Verlusten schienen ihr nicht zufriedenstellend und daher begann sie 1963 ihre eigene Methode zu entwickeln, um älteren Menschen bei ihrer Desorientierung, die häufig mit dem Alterungsprozess einher geht, zu helfen.

Neben ihrem zweiten Buch „Validation in Anwendung und Beispielen“ (8. Auflage 2020) hat Naomi Feil auch zahlreiche Artikel in Zeitschriften veröffentlicht und neun Filme produziert, die alle mit einem Preis ausgezeichnet wurden. Naomi Feil findet internationale Anerkennung für ihre Arbeit mit älteren Menschen. Sie schreibt häufig Fach-Kolumnen für den Newsletter des Validation Training Institute.

Über 30.000 Einrichtungen arbeiten mit Validation und etwa 500.000 professionelle Pflegekräfte und pflegende Familienangehörige haben ihre Workshops besucht.

Vicki de Klerk-Rubin ist Executive Director des Validation Training Institutes, sie ist anerkannte Validationsmaster und Autorin von „Demenz in der Familie. Validation für Angehörige“ und „Validation für Einsatzkräfte“. Sie hat zahlreiche Artikel über Validation veröffentlicht und war maßgeblich an der Erstellung des Lehrplans der Validationskurse beteiligt. Vicki de Klerk-Rubin hat einen Bachelor of Fine Arts, einen Master für Business Administration der Universität von Fordham und hat in den Niederlanden eine Ausbildung zur Krankenschwester abgeschlossen. Sie leitet Validationsworkshops, Ausbildungsprogramme und hält weltweit Vorträge.

Vorwort zur 12. Auflage

Mit dieser aktualisierten Auflage werden die neuen Begrifflichkeiten der „Vier Phasen der Aufarbeitung“ eingeführt. Die Begriffe „Mangelhafte Orientierung“, „Zeitverwirrtheit“, „Sich wiederholende Bewegungen“ und „Vegetieren“ wurden als etikettierend und negativ wertend wahrgenommen. Der Bildungsausschuss des Validation Training Institutes beschloss, die Bezeichnungen durch Beschreibungen des Verhaltens und der Kommunikationsfähigkeit zu ersetzen. Die Beschreibungen der Phasen helfen Personen, die Validation nutzen, Erwartungen zu setzen, den am besten geeigneten Ansatz zu wählen und verbale oder non-verbale Techniken zu verwenden, welche den Fähigkeiten der älteren Person zu diesem Zeitpunkt entsprechen. Wir möchten betonen, dass ältere Erwachsene oft von Phase zu Phase wechseln, manchmal innerhalb einer Stunde und manchmal über ein Jahr. Manche Menschen bleiben bis zum Ende ihres Lebens in einer Phase.

Die neuen Beschreibungen sind:

Phase I: Person kommuniziert gut, ist überwiegend orientiert

Verleugnen, konfabulieren, energisch und ängstlich an dem festhalten, was man noch nicht verloren hat.

Phase II: Person kommuniziert, lebt überwiegend in der eigenen Realität. Bedürfnisse und Gefühle werden mit wenigen Filtern verbal ausgedrückt.

Phase III: Person kommuniziert noch, größtenteils verinnerlichte Bedürfnisse und Gefühle. Bedürfnisse und Gefühle werden durch Bewegungen und Laute ausgedrückt.

Phase IV: kaum wahrnehmbare Kommunikation, zurückgezogen. Verinnerlichung der Bedürfnisse und Gefühle.

Zusätzlich haben wir uns dazu entschieden, die Bezeichnungen „desorientierte alte Menschen“ und „ältere Erwachsene mit kognitiven Verlusten“ im gesamten Text austauschbar zu verwenden, um die Klientel zu beschreiben. Anstelle von „Aufarbeitung versus Vegetation“ wählten wir „Aufarbeitung versus Rückzug“.

Die letzte Änderung in dieser Auflage war die Aktualisierung des Abschnitts zur Validationsforschung. Seit der letzten Auflage gab es viele weitere Studien und wissenschaftliche Arbeiten. Jede Studie oder wissenschaftliche Arbeit, die an das Validation Training Institute geschickt wird, wird auf unserer Website hochgeladen. Siehe: https://vfvalidation.org/research

Der Bildungsausschuss setzt sich aus allen Validationsmaster-Ausbildenden weltweit zusammen. 17 Männer und Frauen, die momentan auf Englisch, Französisch, Deutsch und Italienisch arbeiten, bemühen sich, die Methode mit der aktuellen Forschung und den Entwicklungen auf diesem Gebiet in Einklang zu bringen. Alle Änderungen in Theorie und Praxis der Validation werden von dieser ExpertInnengruppe genehmigt.

Ich möchte Maria Hedman, einer schwedischen Lehrerin für Validation, für ihre Hilfe bei der Überarbeitung dieser Auflage danken. Wir gingen viele Stunden lang über Skype den Text Zeile für Zeile durch. Ich bin dankbar, dass sie ihre Expertise teilt und dass sie mit wachsamem Blick alle Änderungen erkannt hat.

Sollten Sie, liebe Lesende, Fehler finden, senden Sie diese bitte an [email protected]

Den Haag, Dezember 2022

Vicki de Klerk-Rubin

I.Was ist Validation?

Der Beginn

Nachdem ich mich sieben Jahre lang in verschiedenen Gemeinschaftszentren mit orientierten, gesunden älteren Menschen beschäftigt hatte, begann ich 1963 im Montefiore-Altersheim in Cleveland, Ohio, mit desorientierten, sehr alten Menschen – sie waren 80 Jahre und älter – zu arbeiten (Feil 1967). Ursprünglich wollte ich diesen desorientier-ten Menschen helfen, der Realität ins Auge zu sehen und ihnen im Rahmen einer Gruppe Kontaktmöglichkeiten schaffen. Im Verlauf von drei Jahren erkannte ich die Aussichtslosigkeit meines Unterfangens: Jede Person war in ihrer eigenen inneren Erlebniswelt gefangen (vgl. Film „The Tuesday Group“ 1972). Sie reagierte auf die ande-ren Gruppenmitglieder nur dann, wenn Gefühle sondiert und in Erinnerung gebracht wurden; Musik stimulierte den Gruppenzusammenhang und das Wohlbehagen. Ich gab das Ziel der Orientierung auf die Realität auf, als ich bemerkte, dass die Gruppenmitglieder sich immer dann zurückzogen oder zunehmend feindselig wurden, wenn ich sie mit der unerträglichen Realität der Gegenwart zu konfrontieren versuchte.

So sang z. B. eine sehr alte, desorientierte Frau häufig: „Daisy, Daisy, I’m half crazy …“, und erklärte mir dann den Grund ihrer Demenz: „Es ist leichter, wenn du verrückt bist. Dann kannst du tun, was du willst.“

Ein anderes Mitglied der Gruppe stand auf und erklärte beim Hinausgehen: „Ich muss nach Hause, das Essen für meine Kinder machen.“ Ich sagte: „Frau Kessler, Sie können nicht nach Hause. Ihre Kinder sind nicht dort. Sie leben jetzt hier, im Montefiore-Altersheim.“ Darauf antwortete sie: „Das weiß ich. Seien Sie nicht so dumm! Deshalb muss ich jetzt sofort weg. Ich muss nach Hause, das Essen für meine Kinder herrichten!“ Kein einziger Hinweis auf die Realität konnte Frau Kessler überzeugen. Sie fühlte sich im Heim unnütz, verlangte nach ihrem Zuhause und nach ihrer früheren Rolle als Mutter dreier Kinder. Vor sich hinmurmelnd wandte sie sich von mir ab: „Was weiß die (sie zeigte auf mich) schon davon. Was glaubt sie, wer sie ist!“

Oder Herr Rose, der den Verwalter des Montefiore-Heims beschuldigte, ihn auf dem Dachboden zu „kastrieren“: Fünf Jahre lang versuchte ich, Herrn Rose an der Realität zu orientieren. Als der Verwalter pensioniert wurde, sagte Herr Rose zu mir: „Sie haben recht. Er hat mich nicht gequält. Ich tauge nichts und habe nie etwas getaugt.“

Das waren seine letzten Worte an mich. Er ließ seinen Stock fal-len und ging keinen Schritt mehr. Mit seinen Fingern wanderte er auf der Stange des Rollstuhls hin und her und murmelte immer wieder vor sich hin: „Buckeye und 105. Straße. Buckeye und 105. Straße.“ Das war die Straße, in der er früher als Anwalt gearbeitet hatte. Im-mer wieder schlug er sich auf das von der Paget’schen Krank-heit schmerzende linke Knie: „Verfluchter Richter … verfluchter Richter.“ Vor Jahren hatte sein Vater zu ihm gesagt, dass aus ihm nichts werden würde, dass er ein Nichtsnutz sei. Seine Schwester erzählte mir, er habe es nicht weit gebracht. Wie ein braves Kind hatte er seine Wut, seinen Schmerz und seine Schuldgefühle herun-tergeschluckt. Er hatte auf seinen Vater gehört, sein Vater hatte ihn mit Worten kastriert. Der Verwalter wurde zum Symbol für seinen Vater.

Jetzt, als sehr alter Mann, allein in seinem Rollstuhl, kämpfte er damit, seine Wut und seine Schuldgefühle aufzuarbeiten. Er befand sich im letzten Lebensstadium der Aufarbeitung. Ich hörte nie zu, wenn er irgendwelche Vaterfiguren beschuldigte, ihn zu quälen. Es war klar, er wollte, dass ich seine Wut akzeptierte. Er beschuldigte den Richter, den Verwalter, die Ärzte, Gott – in seinen Augen alles Vaterfiguren –, sein Leben ruiniert zu haben. Sein Vater hatte ihn einst auf dem Dachboden bestraft. Nun wollte er in die Vergangenheit zurückkehren, um seinem Vater zu sagen, wie er sich fühlte; seines Vaters Liebe wiedergewinnen; sein Leben in dieser Welt rechtfertigen. Niemand validierte ihn, er kämpfte allein. Seine Bewegungen wurden schwächer, allmählich verlor er sein Lebensziel und vegetierte bis zu seinem Tode vor sich hin. Er wanderte von Phase I, gute Kommunikation und überwiegend orientiert, zu Phase IV, kaum wahrnehmbare Kommunikation und zurückgezogen – nicht validiert (Feil 1963ff).

Herr Rose und zahlreiche Menschen mit den gleichen Schwierigkeiten lehrten mich, den Versuch, ernsthaft desorientierte Personen auf die Realität zu orientieren, aufzugeben. Ich lernte die Methode der Validation von den Menschen, mit denen ich arbeitete. Ich lernte, es als Ausdruck von Weisheit zu sehen, wenn alte Menschen durch die Rückkehr in die Vergangenheit zu überleben versuchen.

Grundprinzipien

Jemanden zu validieren bedeutet, seine Gefühle anzuerkennen, ihm zu sagen, dass seine Gefühle wahr sind. Das Ablehnen von Gefühlen verunsichert den anderen. In der Methode der Validation verwendet man Einfühlungsvermögen, um in die innere Erlebniswelt der alten, desorientierten Person vorzudringen. Einfühlungsvermögen – „in den Schuhen des anderen gehen“ – schafft Vertrauen. Vertrauen schafft Sicherheit, Sicherheit schafft Stärke – Stärke stellt das Selbstwertgefühl wieder her, Selbstwertgefühl verringert Stress. ValidationsanwenderInnen haben die Signale des älteren Menschen aufzufangen und in Worte zu kleiden. So validieren sie ihn und geben ihm seine Würde zurück.

Manche desorientierte Menschen ziehen sich nicht mehr in die Vergangenheit zurück, wenn sie sich in der Gegenwart als stark, geliebt und nützlich erfahren. Andere bleiben lieber in der Vergangenheit. Es gibt keine Universalformel, aber alle fühlen sich glücklicher, wenn sie anerkannt werden (Feil 1972).

Validation ist eine Kombination aus:

■einer grundlegenden, einfühlsamen Einstellung,

■einer Entwicklungstheorie für ältere Personen mit kognitiven Verlusten, die uns hilft, ihr Verhalten zu verstehen, und

■einer spezifischen Technik, die diesen Menschen hilft, ihre Würde wiederzugewinnen.

Langzeitziele der Validation sind:

■Dazu beitragen, dass ältere Personen möglichst lange in ihren eigenen Wohnungen bleiben können

■Wiederherstellen des Selbstwertgefühls

■Reduktion von Stress

■Rechtfertigung des gelebten Lebens

■Lösen der unausgetragenen Konflikte aus der Vergangenheit

■Reduktion chemischer und physischer Zwangsmittel

■Verbesserung der verbalen und nonverbalen Kommunikation

■Verhindern eines inneren Rückzugs

■Verbesserung des Gehvermögens und des körperlichen Wohlbefindens

■Pflegekräften Freude und neue Energie schenken

■Familien helfen, mit ihren desorientierten Angehörigen zu kommunizieren

Prinzipien

Diese beziehen sich auf desorientierte, sehr alte Menschen. Sie helfen uns in unseren Handlungen und sind die Grundlage für die Haltung bei der Anwendung von Validation.

Theorien

■wurden von anderen Theoretikern entwickelt

■beziehen sich auf die allgemeine Bevölkerung (nicht speziell auf desorientierte alte Menschen)

■sind nützlich zur Unterstützung der Validationsprinzipien

VA-Aktion (Validations-AnwenderIn)

■ergibt sich aus den Prinzipien

■unterstützt die Validationstechniken

1.Alle sehr alten Menschen sind wertvoll und einzigartig.

Beispiel: Eine 90-jährige Dame lebt in einem Pflegeheim. Die Pflegeperson spricht sie mit „Süße“, „Mama“ oder „Oma“ an.

Validation: Die Pflegepersonen sprechen sie mit „Frau Schmidt“ an.

VA-Aktion: Wir behandeln alte Menschen mit Achtung. Wir behandeln jede Person individuell.

Theorie: Basiert auf der humanistischen Psychologie (Maslow, Rogers, May etc.): „Betrachte deinen Klienten als eine besondere Persönlichkeit.“

2.Desorientierte alte Menschen sollten akzeptiert werden, wie sie sind: Wir versuchen nicht, sie zu verändern.

Beispiel: Eine 90-jährige Dame verlangt ihr Frühstück, nachdem sie bereits gegessen hat. Die Pflegeperson sagt nicht: „Liebling, es ist schon 8 Uhr. Du hast gerade dein Frühstück beendet. Du kannst gar nicht mehr hungrig sein.“

Eine Pflegeperson, die Validation anwendet, weiß, dass diese Frau vielleicht unter psychologischem Hunger nach ihrer Familie und / oder nach Liebe leidet. Wir fragen: „Was würde Sie satt machen?“

VA-Aktion: Wir versuchen nicht, das Verhalten der Person zu verändern. Wir akzeptieren es und versuchen die individuellen Bedürfnisse, die mit dem Verhalten ausgedrückt werden, zu erfüllen.

Theorie: Basiert auf der humanistischen Psychologie (Maslow, Rogers, May etc.): „Akzeptiere deinen Klienten, ohne zu urteilen.“ Zusätzlich erwähnte Sigmund Freud, dass TherapeutInnen keinen Einblick und keine Verhaltensänderung erzielen können, wenn die Klientin oder der Klient nicht zu einer Veränderung bereit ist oder nicht die kognitive Kapazität zur Einsicht hat.

3.Zuhören mit Empathie baut Vertrauen auf, reduziert Angst und gibt die Würde zurück.

Beispiel: Eine 88-jährige Frau erklärt entrüstet, dass die Pflegeperson eine Schüssel Wasser über ihre Kleider geschüttet hätte und sie nun ganz nass sei. Die vertraute und bekannte Pflegeperson fragt: „Passiert das jeden Morgen?“ Antwort der Klientin: „Ja, jeden Morgen!“ Frage der validierenden Pflegeperson: „Gibt es einen Morgen, an dem das nicht passiert?“ Antwort der Klientin: „Nun, nur wenn die nette junge Dame nachts zu mir ins Zimmer schaut und mich fragt, ob ich zur Toilette müsse. Sie sehen, ich werde jetzt alt und habe manchmal Probleme mit Pipi.“

VA-Aktion: Wir teilen die Gefühle der älteren Menschen, ohne uns über die Wahrheit der Tatsachen zu sorgen. Wir verstehen, dass diese Frau sich wegen ihrer Inkontinenz schämt und nehmen empathisch Anteil an ihren Gefühlen. Wir konzentrieren uns nicht auf die Fakten.

Theorie: Basiert auf der humanistischen Psychologie, hier ganz besonders C. Rogers, der sich auf eine personzentrierte Annäherung konzentriert, indem er Empathie benutzt.

4.Schmerzhafte Gefühle, ausgedrückt, akzeptiert und validiert durch einen vertrauensvollen Zuhörer, werden schwächer. Schmerzhafte Gefühle, die ignoriert und unterdrückt werden, werden stärker.

Beispiel: Eine alte Dame steht jeden Nachmittag um 15:30 Uhr auf, um zu ihren Kindern nach Hause zu gehen. Wenn die Pflegeperson sagt: „Alles ist gut, setzen Sie sich hin“, reagiert die alte Dame mit mehr Nervosität und Aufregung. Fragt die Pflegeperson aber nach den Kindern, benutzt die Kinderberührung im Nacken und singt ein Kinderlied, wird die Frau sich mehr und mehr entspannen.

VA-Aktion: Wir sind für alle Gefühle offen, die von alten Menschen ausgedrückt werden. Durch Empathie teilen wir die Gefühle und ermutigen die alten Menschen, sie auszudrücken. Wir akzeptieren, dass die desorientierten alten Menschen ihre Gefühle frei ausdrücken können, um sich selbst zu heilen.

Theorie: Aus der psychoanalytischen Psychologie (Freud, Jung etc.): „Eine ignorierte Katze wird zum Tiger.“

5.Es gibt einen Grund hinter dem Verhalten von alten Menschen mit kognitiven Verlusten.

Beispiel 1: Eine alte Dame beschuldigt den Koch, das Essen vergiftet zu haben. Die Pflegeperson sagt nicht: „Wir haben den besten Koch von ganz Paris.“ Die Pflegeperson kann sich vorstellen, dass die alte Dame vielleicht von ihrer Mutter, statt geliebt zu werden, mit Essen überfüttert wurde und nun ihre Wut an dem Koch auslässt.

Beispiel 2: Die alte Dame lehnt es ab, Suppe zu essen und erbricht sich jedes Mal, wenn sie dazu gezwungen wird. Als jüdische Frau hat sie zu Hause ihren Judenpass während einer SS-Kontrolle im Zweiten Weltkrieg in einer Suppenterrine versteckt.

VA-Aktion: Obwohl wir nicht immer wissen, warum die Person sich so verhält, helfen wir ihr, ihre Gefühle auszudrücken, um ungelöste Probleme zu bewältigen.

Theorie: Das Gehirn ist nicht der einzige Regulator für auffälliges Verhalten im hohen Alter. Verhalten ist eine Kombination aus körperlichen, sozialen und intrapsychischen Veränderungen, die während einer Lebensspanne geschehen. (Adrian Verwoerdt ist die ursprüngliche Quelle dieser Idee, die heute von den meisten Geriatern akzeptiert wird.)

6.Das Verhalten von desorientierten, sehr alten Menschen kann in einem oder mehreren der folgenden menschlichen Grundbedürfnisse begründet sein:

■Aufarbeitung von unerledigten Aufgaben, um in Frieden sterben zu können

■In Frieden zu leben

■Bedürfnis, das Gleichgewicht wieder herzustellen, wenn das Augenlicht, das Gehör, die Mobilität und das Gedächtnis schwinden

■Bedürfnis, der unerträglichen Realität Sinn zu geben, einen Platz zu finden, wo man sich wohlfühlt und wo Beziehungen familiär sind

■Bedürfnis nach Anerkennung, Status, Identität und Selbstwert

■Bedürfnis, gebraucht zu werden und produktiv zu sein

■Bedürfnis, gehört zu werden und respektiert zu sein

■Bedürfnis, Gefühle auszudrücken und damit angehört zu werden

■Bedürfnis, sich geliebt und geborgen zu fühlen: Sehnsucht nach menschlichem Kontakt

■Bedürfnis, umsorgt zu werden, sich sicher und geborgen zu fühlen und nicht unbeweglich und festgehalten zu sein

■Bedürfnis nach sensorischer Stimulation, taktilen, visuellen, auditiven, olfaktorischen, gustatorischen und auch sexuellen Ausdrucksmöglichkeiten

■Bedürfnis, Schmerzen und Unannehmlichkeiten zu reduzieren

Die betroffenen Personen ziehen sich aus der undeutlich werdenden Gegenwart in die Vergangenheit zurück, um ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Sie sind mit Rückzug, Aufarbeitung, Linderung, Wiedererleben und Selbstausdruck beschäftigt.

Beispiel 1: Eine äußerst desorientierte Dame küsst ihre eigene Hand. Diese Hand ist ein Symbol für ihr Baby. Die Dame hat eine Abtreibung hinter sich und ihr Schuldgefühl macht sich bemerkbar. Indem sie ihre Hand gebraucht, sieht sie ihr Baby mit dem inneren Auge. Das hilft ihr, ihre Schuld aufzuarbeiten und ihre Identität als gute Mutter wiederherzustellen.

Beispiel 2: Eine alte Dame bewegt ihre Finger wie früher an der Schreibmaschine, um ihre Würde und Identität als Sekretärin wiederzuerleben. Sie kann es nicht ertragen, ohne Arbeit alt zu werden. Um ihr Gleichgewicht wiederherzustellen, arbeitet sie.

VA-Aktion: Wir akzeptieren, dass alte Menschen im letzten Lebensstadium sind: Aufarbeiten. Wir begleiten sie in ihrem Prozess. Wir akzeptieren, dass sie in ihrer persönlichen Realität leben und sehen dies als eine weise und heilende Antwort auf eine unerträgliche Wirklichkeit.

Theorie: Mehrere Theorien bestätigen dieses Prinzip:

■Maslows Bedürfnispyramide

■Eriksons Theorie der Lebensaufgaben

■Die humanistische Psychologie, besonders nach Rogers: Menschen kämpfen um die innere Ausgeglichenheit (Homöostase) und sind motiviert, sich selbst zu heilen.

7.Früherlerntes Verhalten kehrt zurück, wenn die verbalen Fähigkeiten und das Kurzzeitgedächtnis versagen.

Beispiel 1: Bewegungen von Lippen und Zähnen als auch Zungenbewegungen formen neue Wortkombinationen. Diese Bewegungen sind Ausdruck menschlicher Grundbedürfnisse. Eine alte Frau saugt an ihren Fingern, um das Gefühl für Sicherheit und Genuss (wie sie sich als Baby gefühlt hat) wieder zu erleben. Sie stimuliert sich selbst, sie lebt. Früh erlernte Bewegungen können die Sprache ersetzen, wenn verbale Fähigkeiten zurücktreten.

Beispiel 2: Eine alte Dame stöhnt: „HEILMMIL.“ Sie erzählt der Pflegeperson, dass sie Hilfe vom Himmel braucht. Ihre Mutter ist im Himmel. Sie verbindet Bilder und Töne, um das Wort „HEILMMIL“ zu formen.

VA-Aktion: Wir kalibrieren die Atmung, die Bewegungen, die Gestik, die Körperspannung. Wir spiegeln die Bewegungen und Klänge. Das erlaubt uns, auf die gleiche Wellenlänge mit dem älteren Menschen zu kommen und ihn dort abzuholen, wo er im Moment ist, selbst wenn wir sein Verhalten nicht logisch erklären können.

Theorie: Jean Piagets Theorie der kognitiven Entwicklung: In der menschlichen kognitiven Entwicklung kommt die Bewegung vor der Sprache.

8.Persönliche Symbole, die von desorientierten älteren Menschen benutzt werden, sind in der Gegenwart vorhandene Menschen oder Gegenstände, die mit Emotionen beladene Menschen, Gegenstände oder Konzepte aus der Vergangenheit repräsentieren.

Beispiele:

Person – Ein alter Herr, der früher von seinem Vater bevormundet wurde, beschuldigt den Leiter des Pflegeheimes, dass er ihn nachts festbindet. Eine Puppe wird zu einem Baby.

Konzept – Ein Ehering kann Liebe repräsentieren; eine Handtasche Identität.

Gegenstand – Der Gang im Pflegeheim wird zur Straße; der Rollstuhl wird zum Auto. Ein alter Herr, der von Beruf Automechaniker war, arbeitet jeden Tag unter seinem Bett, um sein Auto zu reparieren.

VA-Aktion: Wir akzeptieren, dass Bedürfnisse und Gefühle mit Symbolen ausgedrückt werden können, und reagieren mit Empathie.

Theorie: S. Freud und C. G. Jung schrieben ausführlich über Symbole und ihre repräsentative Funktion.

9.Desorientierte ältere Menschen leben auf verschiedenen Bewusstseinsebenen, oftmals zur gleichen Zeit.

Beispiel: Eine alte Dame rennt aus dem Pflegeheim und ruft: „Mama!“ Sie muss ihre Mutter finden. Wenn die Pflegeperson die alte Dame fragt: „Wo ist Ihre Mutter?“, sagt die alte Dame: „Meine Mutter ist beim lieben Gott.“

VA-Aktion: Wir lügen alte Menschen nie an, weil sie auf einer gewissen Bewusstseinsebene die Wahrheit wissen.

Theorie: S. Freud: Vorbewusstsein, Bewusstsein, Unterbewusstsein.

10.Wenn die fünf Sinne schwinden, stimulieren sich desorientierte ältere Menschen selbst und benutzen ihre „inneren Sinne“. Sie sehen mit ihrem inneren Auge und hören Klänge aus der Vergangenheit.

Beispiele: Eine Mutter hört, wie ihre Kinder nach ihr rufen. Sie möchte ihren Kindern eine gute Mutter sein.

Eine Mutter hört ihre Tochter im Zimmer nebenan weinen. Sie weint jede Nacht. Ihre Tochter starb mit 17 Jahren. Die Mutter hatte nie genug Zeit, um zu trauern. Sie muss nun ihre Schuldgefühle äußern.

Eine alte Frau sieht ihren Ehemann jede Nacht. Er kommt und besucht sie.

VA-Aktion: Wenn alte Menschen etwas oder jemanden hören oder sehen, das oder den wir nicht hören oder sehen, akzeptieren wir dies als einen Teil ihrer persönlichen Realität.

Theorie: „Menschen können ihr Gehirn stimulieren, um lebhafte visuelle, auditive und kinästhetische Erinnerungen zurückzuholen.“ (Wilder Penfield)

11.Ereignisse, Emotionen, Farben, Klänge, Gerüche, Geschmacksrichtungen und Bilder im Hier und Jetzt wecken Emotionen, die dann ähnliche Emotionen aus der Vergangenheit auslösen.

Beispiel: Eine Dame versteckt sich, zu Tode erschrocken, jedes Mal hinter dem Sofa, wenn der Speisewagen vorbeirattert. Sie fühlt dieselbe Angst, die sie als Vierjährige empfand, als Panzer durch die Straßen ihrer Heimatstadt ratterten.

VA-Aktion: Wir akzeptieren und erkennen an, dass Erfahrungen aus der Vergangenheit ausgelöst werden können. Wir erkunden die Gefühle wertfrei und mit Empathie.

Theorie: Frühe, gefestigte Erinnerungen überleben bis ins hohe Alter (Shettler und Boyd). Die biologischen Aspekte emotionaler Erinnerungen werden zurzeit weiter erforscht (vgl. z. B. Lehrer 2007).

Maslows Pyramide der menschlichen Bedürfnisse

Das 6. Prinzip bezieht sich auf Maslows Bedürfnispyramide.1 Der Psychologe Abraham Maslow (1908 – 1970) entwickelte eine Theorie über die menschlichen Bedürfnisse. Er behauptet, dass Menschen zuerst ihre physiologischen Bedürfnisse (wie Hunger, Durst usw.) erfüllen müssen, dann ihre Sicherheitsbedürfnisse (um sich sicher und gut aufgehoben zu fühlen) und dann erst streben sie danach, ihre psychischen und sozialen Bedürfnisse zu erfüllen. Maslow entwickelte eine Pyramide der Bedürfnisse, die offensichtlich nicht nur auf orientierte, gesunde Menschen anwendbar ist, sondern auch – zu einem gewissen Grad – auf desorientierte ältere Menschen. Maslows Pyramide der menschlichen Bedürfnisse trifft nicht hundertprozentig auf alte, desorientierte Menschen zu, aber vieles davon macht Sinn und hilft uns, diese Menschen besser zu verstehen. Validationsprinzip Nr. 6 bezieht sich auf dieses Modell.

Die meisten unserer Handlungen sind – genauso wie die Handlungen desorientierter Menschen – durch irgendein Bedürfnis motiviert. Es gibt einen Grund für das Verhalten der verwirrten, alten Menschen. Fast jede Art von Verhalten kann einem der oben genannten Bedürfnisse zugeschrieben werden.