Verrückte Geschichte - Mirko Drotschmann - E-Book

Verrückte Geschichte E-Book

Mirko Drotschmann

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Beschreibung

"MrWissen2go" Mirko Drotschmann, bekannt als Fernsehmoderator und Wissens-YouTuber mit über 350000 Abonnenten, liebt interessante und ungewöhnliche Fakten. Für sein erstes Buch hat er sich von dem Twitteraccount "Verrückte Geschichte" inspirieren lassen. Er begibt sich auf Spurensuche in den Geschichtsbüchern – und fördert dabei Erstaunliches zutage. Denn neben Jahreszahlen und toten Königen finden sich in den Annalen der Geschichte auch jede Menge herrlicher Absurditäten, an der Fans von unnützem Wissen ihre helle Freude haben werden. So galten Briefkästen einmal als unmoralisch, weil sie jungen Frauen freie Korrespondenz ermöglichten. In England durften Männer bis ins 20. Jahrhundert ihre Ehefrauen verkaufen. Andorra befand sich bis Ende der Fünfzigerjahre noch im Ersten Weltkrieg. Das Saarland trat einmal mit einer eigenen Olympiamannschaft zum sportlichen Großspektakel an. Und im Kesselkrieg wurde nur ein Schuss abgefeuert – er traf einen Kessel! Wer einmal anfängt, in der Geschichte zu wühlen, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus – ein Fest für alle Freunde des Absurden!

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Seitenzahl: 229

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MIRKO DROTSCHMANN

VERRÜCKTE GESCHICHTE

MIRKO DROTSCHMANN

VERRÜCKTE GESCHICHTE

ABSURDES, LUSTIGES UND UNGLAUBLICHES AUS DER VERGANGENHEIT

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

Originalausgabe

3. Auflage 2023

© 2016 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,

Türkenstraße 89

D-80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Wichtiger Hinweis

Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wurde auf eine genderspezifische Schreibweise sowie eine Mehrfachbezeichnung verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen sind somit geschlechtsneutral zu verstehen.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion: Julia Jochim, München

Umschlaggestaltung: David Weber, unter Verwendung von Motiven von Pixabay,

Web Gallery of Art, Wikimedia Commons

Satz: Helmut Schaffer Grafik + Satz, Hofheim a. Ts.

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-86883-669-1

ISBN E-Book (PDF) 978-3-86413-827-0

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86413-828-7

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter:

www.rivaverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Imprints unter www.m-vg.de.

INHALT

#vorwort

Mörderschweine und Kesselkrieg

#einfallsreichtum

Wie die Bild Barbie erfunden hat

Bratwurst und Sauerkraut im Sarg

Fast Food à la Sozialismus

500 000 Mark für ein Taa-taa, ta ta ta taaa

Das Plagiat des »Dr.« Martin Luther King

Camouflage Village

Golf I - Alles nur geklaut?

#wtf?!

Antike Toilettengemeinschaft

Der längste Krieg des Jahrhunderts

Die (wahrscheinlich) gekaufte Hauptstadt Bonn

Das Paris von Baden-Württemberg

Das nächste Eigentor gewinnt

Beim Barte des Philosophen

Hipster 1.0

Die Freuden der Nacht

15 Minuten Ruhm für das Saarland

Der Brad Pitt des 18. Jahrhunderts

#sex&crime

Vibratoren für »hysterische« Frauen

Ein Briefkasten zum Fremdgehen

Hängt das Schwein auf!

Die Sex-Beamtinnen des Mittelalters

Nazi-Pornos in Israel

»Ein Akt großer Unanständigkeit«

#dumm_gelaufen

Die Zigarette des Todes

Manuskript in Flammen

McDonald’s frisst McDonald’s

Nationalhymne für einen Tag

Literatur(auswahl)

Bildnachweis

#VORWORT

MÖRDERSCHWEINE UND KESSELKRIEG

Die Tat ist brutal und grausam zugleich: Drei wild gewordene Säue stürmen auf den ahnungslosen Sohn eines Schweinehirten zu und werfen ihn zu Boden. Dann trampeln sie auf ihm herum, rammen ihre Hufe in seinen Körper und töten ihn schließlich mit einigen gezielten Bissen in Brustkorb und Gesicht. Der Vater kann nur tatenlos aus der Ferne zusehen. Als er nach einigem Zögern doch eingreift, ist es zu spät. Sein Junge ist tot.

Ein tragischer Fall, der aus dem Jahr 1379 überliefert ist und zeigt, wie gefährlich das Zusammenleben zwischen Menschen und Tieren im Mittelalter oft sein konnte. Schweine, Rinder oder Hunde werden deshalb zwischen dem 8. und dem 19. Jahrhundert nicht anders behandelt als ihre Halter, wenn es um die Konsequenzen ihres Handelns geht. In alten Gerichtsakten, Gemeindeprotokollen und verschriftlichten Erzählungen sind zahlreiche Fälle aufgeführt, in denen Tiere nach einer »Straftat« vor Gericht gestellt und anschließend hingerichtet werden. Die drei Mörderschweine von 1379 zum Beispiel müssen zuerst eine entbehrungsreiche Haft über sich ergehen lassen und werden später so lange gefoltert, bis sie tot zu Boden sinken. Auge um Auge, Zahn um Zahn.

Erzählungen wie diese findet man kaum in Geschichtsbüchern. Auch im Unterricht oder an Universitäten wird selten darüber gesprochen. Vielleicht, weil solche Darstellungen nicht relevant genug sind. Vielleicht aber auch, weil kaum jemand von ihnen weiß. Woher denn auch? Große Herrschergeschichten und Schicksale von Völkern sind doch auf den ersten Blick für ein breites Publikum deutlich interessanter.

Doch zum Glück gibt es Menschen wie @drguidoknapp. Guido Knapp – natürlich ein Pseudonym – ist Historiker und Journalist und hatte vor einiger Zeit die grandiose Idee, all die verrückten Dinge zu sammeln, die ihm während seiner Recherchen zu verschiedenen historischen Themen auffallen. Der österreich-niederländische »Kesselkrieg« von 1784 bis 1785 zum Beispiel, in dem genau ein Schuss abgefeuert wurde – ein Schuss, der einen Kessel traf. Oder das Missgeschick des sowjetischen Ruderers Iwanow, dem bei der olympischen Siegerehrung 1956 seine Goldmedaille ins Wasser fiel; sie wurde nie gefunden. Mal sind es kleine Anekdoten, mal größere Hämmer, die @drguidoknapp aufspürt und auf seinem Twitter-Account »Verrückte Geschichte« in 140 Zeichen teilt. »Ein früherer Kollege und ich haben uns eine Zeit lang immer bei der Arbeit über solche Dinge ausgetauscht«, sagt er über die Motivation dahinter. »Als der Kollege später den Job wechselte, habe ich mir gedacht: ›Warum stelle ich die Sachen nicht einfach ins Netz?‹«

Eine sehr gute Idee, auf die ich im Frühjahr 2015 eher zufällig gestoßen bin. Wie und warum, weiß ich gar nicht mehr so genau, aber plötzlich war ich bei »Verrückte Geschichte« und konnte mit dem Lesen gar nicht mehr aufhören. Das Saarland hat tatsächlich mal an den Olympischen Spielen teilgenommen? Martin Luther King soll bei seiner Doktorarbeit abgeschrieben haben? Da war eine Geschichte spannender als die andere, und ich wollte sofort mehr wissen. Ich habe gegoogelt, Bücher gewälzt, mich in Archiven herumgetrieben – und bei ganz besonders haarsträubenden Fällen auch mal eine Fachfrau oder einen Fachmann angerufen. Nicht selten hat sich dabei noch eine neue verrückte Geschichte ergeben, der ich ebenfalls auf die Spur kommen wollte. Ein bisschen wie bei Youtube, wenn dem Zuschauer neben dem Video, das man sich gerade anschaut, weitere Videos empfohlen werden.

YouTube ist auch das richtige Stichwort. Dort bin ich mit meinem Kanal Wissen2go unterwegs und hatte @drguidoknapp gefragt, ob er nicht Lust auf eine Zusammenarbeit habe. Er hatte, und so entstanden einige »Verrückte Geschichte«-Videos, deren Vorbereitung so viel Spaß gemacht hat, dass es auf der Hand lag, die Recherchen auch als Buch umzusetzen.

Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass Frauen bis ins 20. Jahrhundert hinein von Ärzten behandelt wurden, weil sie sich »hysterisch« verhalten haben – in Wahrheit aber wohl nur sexuell unbefriedigt gewesen sind? Oder dass Bonn vermutlich nur deshalb Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland wurde, weil vor der entscheidenden Abstimmung rund 100 Abgeordnete bestochen worden sind? Ganz zu schweigen von den alten Römern, die sich gerne auf öffentlichen Toiletten erleichterten, in denen sie Hintern an Hintern mit bis zu 90 anderen Klogängern saßen, und das ohne Türen und ohne Wände. Aus dieser Zeit soll der Ausdruck »Sein Geschäft machen« stammen – einfach deshalb, weil nicht selten wichtige Verträge auf dem Pott sitzend beschlossen wurden.

Unsere Ahnen waren auch nur Menschen, und wo Menschen sich bewegen, passieren verrückte, absurde und unglaubliche Dinge. Klar denken wir bei den antiken Griechen meistens an eine besonders prächtig entwickelte Hochkultur und das, was in den Schlössern der Renaissance passiert ist, füllt Märchen und unzählige schnulzige Filme in dritten Fernsehprogrammen. Aber hinter der offiziellen Historie lauern immer auch Kuriositäten, bei denen es sich lohnt, genauer hinzuschauen. Und genau denen sind wir in diesem Buch auf der Spur.

Die folgenden verrückten Geschichten stellen keinen Anspruch darauf, Früchte neuester Forschung oder bahnbrechende wissenschaftliche Erkenntnisse zu sein. Es geht auch nicht darum, der deutschen Geschichtswissenschaft einen Stempel aufzudrücken. Vielmehr möchte ich Sie und Euch, liebe Leserinnen und Leser, gut unterhalten und zeigen, dass Geschichte ganz schön spannend sein kann – auch abseits von Jahreszahlen, biografischen Daten und politischen Protokollen.

»Inhaltlich ganz okay, aber vom Stil her viel zu journalistisch geschrieben«, urteilte vor einigen Jahren ein Universitätsdozent über meine allererste Hausarbeit in Geschichte. Er hatte vermutlich Recht, aber in Falle dieses Buches ist der journalistische Stil durchaus Absicht. Im Sinne der besseren Lesbarkeit habe ich mich dafür entschieden, auf Fußnoten zu verzichten, von einem zu akademischen Duktus Abstand zu nehmen und die Sprache einfach und knapp zu halten – ganz nach der französischen Schriftstellerin Nathalie Sarraute, die der Meinung war, »unsinnige Wörter« würden dem »Möblieren des Schweigens« dienen. Damit hatte sie vermutlich auch Recht. Der akademisch geprägte Teil der Leserschaft möge mir das bitte nachsehen.

Nichtsdestotrotz (übrigens eines der schönsten Wörter, das die deutsche Sprache hergibt) finden Interessierte im hinteren Teil des Buchs eine Auswahl der von mir verwendeten Quellen und Hinweise zu den gezeigten Bildern, Fotos und Grafiken. Schrecken Sie auch nicht davor zurück, sich persönlich bei mir zu melden, wenn Sie eine Frage oder eine Anmerkung zu einer der Geschichten haben. So wie @drguidoknapp bin auch ich bei Twitter zu erreichen, @mrwissen2go heiße ich dort.

Zum Schluss noch der obligatorische Dank: Natürlich an den oben erwähnten »Guido Knapp« für die vielen spannenden Fakten, die ich vertiefend aufbereiten durfte, für seine Unterstützung bei der Umsetzung dieses Projekts und die vielen verrückten Tweets, die wir über einzelne Seiten verstreut haben, und auch für die Zustimmung dafür, sein »Baby« für diesen Zweck »ausleihen« zu dürfen. Außerdem gilt großes Lob und tausendfacher Dank meiner Frau Anna, die als Testperson für die Tauglichkeit der Geschichten herhalten musste und in den vergangenen Monaten derart viele historische Fakten aus meinem Mund ertragen hat, als hätte sie ein tägliches 24-Stunden-Proseminar in Geschichte belegt. Zu guter Letzt danke ich auch meiner Familie und grüße dabei meine Mutter Anja und meinen Vater Michael, die sich schon immer gewünscht haben, mal an einer solchen Stelle genannt zu werden.

Jetzt aber genug der salbungsvollen Worte – es geht los. Danke für das Interesse (okay, das klingt wie bei einer Verkaufsveranstaltung für Staubsaugertüten, aber egal!) und viel Spaß beim Lesen!

Mirko Drotschmann

#einfallsreichtum

WIE DIE BILD BARBIE ERFUNDEN HAT

@drguidoknapp

Das Vorbild für #Barbie war Lilli – das Maskottchen der @bild-Zeitung in den 1950er-Jahren.

Sie ist der Traum so ziemlich jeder Männerphantasie: sinnlicher Blick, die blonden Haare zu einem frechen Pferdeschwanz nach hinten gebunden – und weibliche Rundungen, die selbst Marilyn Monroe und Rihanna alt aussehen lassen. Keine Frage, Lilli ist heiß. Und Lilli weiß, was sie will. »Ich will gar keine große Dame sein«, vertraut sie einer Freundin an, »das heißt doch nur, dass ich all das nicht tun darf, was mir Spaß macht«.

Spaß – das ist für Lilli alles, was irgendwie mit reichen Männern und schicken Klamotten zu tun hat. Klingelt bei einem ihrer Liebhaber das Telefon, nimmt sie vor ihm den Hörer ab, meldet sich artig und fragt dann, auf seinem Schoß sitzend, mit der Hand auf der Sprechmuschel: »Es ist für dich – soll ich sagen, du seist gerade mit schwerwiegenden Problemen beschäftigt?« Überhaupt, für kluge Sprüche ist Lilli immer zu haben. Als sie die schicke Limousine eines Lovers gegen die Wand setzt, stellt sie mit unschuldigem Hundeblick fest: »Du hattest Recht – der Bremsweg ist tatsächlich länger, als ich vorher dachte.«

Vieles von dem, was Lilli sagt und tut, ist politisch nicht ganz korrekt und aus heutiger Sicht sogar ziemlich frauenfeindlich. Aber das interessiert in den 1950er-Jahren kaum jemanden. Im Gegenteil: Lilli ist ein Star. Hunderttausende Menschen begleiten jeden Schritt ihres Lebens, hängen an ihren tiefrot geschminkten Lippen und warten jeden Tag gespannt darauf, Neues von ihr zu erfahren. Und sie werden nicht enttäuscht – immer wieder liefert eine ganz bestimmte Zeitung zuverlässig Einblicke in das Privatleben der vermutlich begehrtesten unverheirateten Frau ihrer Zeit.

Dabei gibt es Lilli eigentlich gar nicht. Sie ist eine Comicfigur. Allerdings eine, die später ordentlich Karriere machen wird und am Ende unter dem Namen »Barbie« in Millionen von Kinderzimmern landet. Lilli Superstar.

Aber beginnen wir ganz von vorne, im Jahr 1952. Für die meisten Deutschen kehrt nach den Entbehrungen des Krieges langsam wieder der Alltag ein. Das sagenumwobene Wirtschaftswunder steht im Westen in den Startlöchern, insgesamt kann man sagen: Läuft im Land. Das empfindet auch ein junger Verleger aus Hamburg so und nutzt die Gunst der Stunde, um etwas zu wagen, an dem er schon lange herumgebastelt hat: Am 24. Juni 1952 erscheint die erste Ausgabe einer Boulevardzeitung, die Deutschland von da an wie kaum ein anderes Medium prägen wird – sowohl positiv als auch negativ. »Grenze bei Helmstedt wird gesichert!«, ist die Schlagzeile der ersten Bild-Zeitung der Geschichte. Ihrem Namen macht sie direkt alle Ehre. Allein auf der ersten Seite sind sechs Bilder im Großformat abgedruckt.

Aber es sind nicht unbedingt die Aufnahmen der Berühmten und Mächtigen, die für Begeisterung an den Kiosken im Land sorgen. Es ist vor allem eine Zeichnung, über die man am Bahnhof, in der Werkshalle und teilweise auch auf dem Schulhof spricht: die Comicfigur Lilli. Im eleganten schwarzen Kleid steht sie da und füllt mehr als gekonnt die Lücke zwischen zwei Artikeln. Für mehr ist sie eigentlich auch gar nicht vorgesehen. Ihr Zeichner Reinhard Beuthien hatte mit Lilli nur den Auftrag ausgeführt, ungenutzten Platz zu kaschieren. Und nachdem sein erster Entwurf eines Babys mit Engelsgesicht in der Redaktion nicht wirklich gut ankam – Zitat: »Leser wollen keine Bilder von Babys sehen« –, versuchte Beuthien es eben mit einem Engel im Körper einer üppig bestückten Frau, womit er beim zuständigen Redakteur direkt einen Volltreffer landete. Der Name? Ein Zufallsprodukt. »Der ist mir direkt in den Sinn gekommen, als ich Lilli gezeichnet habe«, sagt Beuthien später.

Allerdings soll Lilli zunächst nur eine Eintagsfliege sein. Bei den Verantwortlichen der Bild besteht wenig Interesse daran, regelmäßig mit ihr die Seiten zu schmücken. Zu ordinär, lautet das Urteil aus der Chefredaktion. Doch das ändert sich schnell. Nachdem Lilli-Schöpfer Beuthien noch am Tag des Erscheinens der ersten Bild-Ausgabe mit Lobesbriefen geradezu bombardiert wird, entschließt man sich doch dazu, weiterzumachen – vermutlich eine der besten Entscheidungen, die man je bei Bild getroffen hat.

Ähnlich wie ihre große Schwester Jane, die schon seit einiger Zeit die Seiten des britischen Boulevardblatts The Mirror schmückt, wird Lilli zum Publikumsliebling. Männer sehen in ihr das Idealbild der modernen Frau, die Damen der Republik posieren heimlich zu Hause vor dem Spiegel, um zumindest ein bisschen die Eleganz ihres gezeichneten Vorbilds imitieren zu können. Schon nach wenigen Wochen ist Lilli aus Bild nicht mehr wegzudenken. In kurzen Comic-Episoden gibt sie Einblick in ihr Beuteschema (»Hans sagt immer, Geld macht nicht glücklich – aber er hat nicht einmal das!«), lässt Männerherzen höher schlagen (an einen Polizisten gerichtet, der sie dafür kritisiert, dass sie verbotenerweise einen zweiteiligen Bikini trägt: »Welches der beiden Teile soll ich denn ausziehen?«), oder philosophiert über Politik (»Natürlich interessiere ich mich für Politik – niemand sollte ignorieren, wie sich einige Politiker kleiden.«). Für viele ist Lilli im prüden, verknöcherten Nachkriegsdeutschland ein Lichtblick, mit dem sie sich gerne identifizieren.

Das stellt auch ihr Vater Rainhard Beuthien immer wieder fest. Berauscht vom Erfolg seiner »Tochter« beschließt er, eine Lilli zum Mitnehmen zu erschaffen: eine Puppe, die gleichermaßen Kinder und Erwachsene begeistert. So massenkompatibel wie die gezeichnete Lilli soll auch die echte Figur werden. Doch schnell muss Beuthien feststellen, dass das gar nicht so einfach ist. Geschlagene zwölf Mal wird er von Fabrikanten enttäuscht, die es einfach nicht hinbekommen, seine Vorstellungen in die Tat umzusetzen. Erst dann hat er Erfolg. Über einen Tipp gelangt Beuthien an den renommierten Spielzeughersteller Rolf Hausser aus dem bayerischen Neustadt. Dessen Unternehmen O & M Hausser hat unter anderem das beliebte Kartenspiel »Elfer raus!« erfunden und im »Dritten Reich« mit besonders liebevoll gestalteten Figuren von Adolf Hitler auf sich aufmerksam gemacht. Letzteres wird in der Firmenchronik zwar gerne verschwiegen, ist aber einer der Hauptgründe, warum O & M Hausser seit Mitte der 1930er-Jahre enorm wachsen konnte.

Für Rainhard Beuthien ist das nicht so wichtig. Für ihn zählt, was Rolf Hausser und sein Team ihm zu bieten haben. Im Auftrag seines Chefs entwirft der O & M-Modelleur Max Weißbrodt den Prototypen der Lilli-Puppe – und wird direkt auf eine besonders harte Probe gestellt. Zur Präsentation von Lilli bringt Zeichner Beuthien nämlich seine beiden Kinder mit, denen er vorher eine Überraschung versprochen hat. Und die zündet: Beuthiens Kinder stürzen sich auf die Puppe, rufen »Das ist unsere Lilli!« und wollen sie gar nicht mehr aus den Händen geben. Damit ist alles gesagt. O & M bekommt die Rechte an der Produktion, und ab dem 12. Oktober 1955 sind die ersten »Bild-Lillis« im Handel zu haben.

Verkauft werden die Puppen in zwei Größen: Eine Version mit 19 Zentimetern für 7 Mark 50 und eine mit 30 Zentimetern für 12 Mark – natürlich immer mit einer maßstabsgetreuen Bild-Zeitung in der Verpackung. Hergestellt wird Lilli in den Anfangsjahren aus dem stabilen Stoff Elastolin. Dazu gibt es eine Fülle von Wechselkleidung, mit der Lilli gepimpt werden kann. Cocktailkleider, Blusen und – lange vor deren Siegeszug in der Modewelt – Miniröcke sind in allen möglichen und unmöglichen Farben und Formen zu haben. Auf Wunsch liefert die von Rolf Haussers Schwiegermutter geleitete Puppenbekleidungsfirma MMM (noch kürzer: 3M) auch Sonderanfertigungen. Als zum Beispiel einmal eine Dame aus reichem Hause eine Lilli im Nerzmantel ordert, bekommt sie selbstverständlich auch eine. Für das entsprechende Kleingeld, versteht sich.

Innerhalb weniger Jahre verkauft sich Lilli mehr als 130 000 Mal. Hauptsächlich in Deutschland, aber auch in England und den Niederlanden kommt sie so gut an, dass geschäftstüchtige Unternehmer sie eifrig nachbauen lassen, allerdings nur mit vergleichsweise mäßigem Erfolg. Lilli ist anders. Anders als gewöhnliche Puppen, ist sie kein Kind mehr, sondern eine ausgewachsene Frau. Außerdem lassen sich ihre Beine flexibel bewegen, was einer kleinen Revolution im Puppenbusiness gleichkommt – und nebenbei auch dazu führt, dass spätpubertäre Bastler Lilli teilweise zur Porno-Puppe umfunktionieren, um sie zu später Stunde bei Geburtstagsfeiern und Junggesellenabschieden für perverse Spielchen aus der Tasche zu ziehen.

Lilli – hauptsächlich blond, aber auch brünett und rothaarig zu haben – wird zum perfekten Werbeträger für die Bild-Zeitung, die auf der Welle des Hypes gerne mitschwimmt. Als 1957 eine Produktionsfirma anbietet, Lillis Leben zu verfilmen, greift man im Axel-Springer-Haus gerne zu. »Lilli – ein Mädchen aus der Großstadt« wird am 6. März 1958 zum ersten Mal präsentiert, fällt bei den meisten Kritikern allerdings bitter durch. Das Lexikon des internationalen Films spricht von einem Werk, das »einfältig konstruiert und zu unbeholfen inszeniert« sei. An den Erfolg der Comics und der Puppen kommt der Film nicht heran. Der Beliebtheit von Lilli schadet das Debakel nicht. Zwar taucht sie am 5. Januar 1961 zum letzten Mal in einem Comic in der Bild auf, aber ihr erfolgreiches Jetset-Leben geht weiter – wenn auch mit neuer Staatsbürgerschaft.

Winter 1956: Ruth Handler, Frau des Wirtschaftsbosses Elliot Handler, der mit Mattel eines der größten Spielwarenunternehmen der USA führt, bummelt mit ihren beiden Kindern Barbara und Ken – diese Namen bitte merken! – durch das schweizerische Luzern. Es ist kalt und ungemütlich. Da erblickt Familie Handler plötzlich in einem Schaufenster etwas, das sie das Wetter vergessen lässt und sofort elektrisiert: »Bild-Lillie«, als Skifahrerin gekleidet, sitzend auf einer Gondel. Was für ein Anblick! Ruth Handler stürmt in den Laden, kauft drei der Puppen, schenkt eine davon ihrer Tochter Barbara und hält die anderen beiden triumphierend ihrem Mann unter die Nase: »Das ist es!«, sagt sie, »danach habe ich schon ewig gesucht.« Ruth Handler ist sicher: Der amerikanische Markt braucht diese Art von Puppen wie kaum etwas anderes.

Elliot Handler lässt sich überzeugen und beauftragt seine Entwickler damit, einen Lilli-Klon zu erschaffen. Am 9. März 1959 kommt schließlich Mattels Version des Bild-Maskottchens auf den Markt, benannt nach der Tochter ihrer Entdeckerin: Barbie. Zwei Jahre später erhält Barbie bestens frisierte männliche Gesellschaft – Ken ist »geboren«. Eine ganz besondere Form der Geschwisterliebe, über die man lieber nicht so genau nachdenken möchte.

Aber wie auch immer: Mattel schafft es, Lilli ordentlich Konkurrenz zu machen. So sehr, dass Rolf Hausser schließlich das macht, was er im Nachhinein als den größten Fehler seines Lebens bezeichnet: Er überträgt 1964 sämtliche Rechte an der Puppe an die mächtige Konkurrenz aus Übersee. »Ich hatte keine andere Wahl, als das Patent zu verkaufen«, erzählt er später. »Auch damals schon war Mattel ein Multimillionen-Dollar-Unternehmen, im Vergleich dazu war ich gar nichts.« Eine Klage dagegen, dass Mattel Lilli kopiert, wäre laut Hausser vor jedem Gericht der Welt gescheitert. Deutsche hätten zu dieser Zeit juristisch nirgendwo eine Chance gehabt. Deshalb, so denkt Hausser damals, ist es besser, zumindest ein bisschen Profit aus der Sache zu schlagen.

Ob der Geprellte es sich mit dieser Stilisierung zum Opfer der Nazivergangenheit Deutschlands schlicht ein bisschen zu einfach macht, sei einmal dahingestellt. Fakt ist, dass Mattel Rolf Hausser knallhart reinlegt, ihn sogar anlügt. Barbie, erzählen ihm windige Abgesandte des Unternehmens, sei in den USA noch völlig unbekannt. Eine Serienproduktion des Lilli-Ablegers wäre ein großes finanzielles Wagnis, weshalb man für die Lizenzen nicht wirklich viel Geld bezahlen könne. 69 500 D-Mark, mehr sei nicht drin. Was Hausser mangels entsprechender Informationsmöglichkeiten nicht weiß: Zu diesem Zeitpunkt sind in den Staaten schon weit mehr als 350 000 Barbies über den Ladentisch gegangen. Nach einigem Zögern und auf Anraten seines Bruders Kurt stimmt Rolf Hausser dem Angebot schließlich zu und verliert damit die Rechte, Lilli selbst weiter herzustellen und zu verkaufen.

Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt: Durch den Wegfall des großen Verkaufsschlagers gerät O & M in Schwierigkeiten. Mitarbeiter müssen entlassen werden, und nur wenige Monate nach dem Deal mit Mattel geht das Traditionsunternehmen vollständig pleite. Rolf Hausser muss mit ansehen, wie Barbie auch in Deutschland ihren Siegeszug beginnt – ohne dass er in irgendeiner Form daran beteiligt wird. Heute besitzt allein in Deutschland jedes Mädchen im Schnitt sieben Barbies, statistisch gesehen werden pro Sekunde weltweit drei Barbies verkauft; Geld, das mit entsprechendem Vorwissen und geschickter Verhandlungstaktik auch ins beschauliche Neustadt in Bayern hätte fließen können.

Was bleibt, ist am Ende einmal mehr eine Gewissheit: Amerikanische Unternehmen waren auch vor 50 Jahren schon gnadenlos, wenn es um die Durchsetzung ihrer Geschäftsinteressen ging. Und: Wir können so sehr über die Bild schimpfen, wie wir wollen – unser Leben prägt sie meistens doch. Und wenn es nur eine Puppe ist, die bei uns selbst oder bei unseren Schwestern, Töchtern und Enkelkindern im Kinderzimmer liegt.

BRATWURST UND SAUERKRAUT IM SARG

@drguidoknapp

Im 19. Jhdt. wurden manchmal Menschen lebendig begraben. Erfinder entwickelten deshalb einen »Sicherheitssarg« – mit Klingel und Fenster.

Die Frau ist tot. Daran besteht für die Ärzte kein Zweifel. Nachdem sie kurz, aber heftig an einer unheilbaren Krankheit gelitten hat, scheint der Tod wie eine Erlösung über die Gattin eines Kongressabgeordneten aus dem US-amerikanischen Baltimore gekommen zu sein. Ihr Gesicht wirkt eingefallen und blass, die Lippen sind zu einem schmalen Strich zusammengepresst. Der Körper der Frau wird von Stunde zu Stunde kühler und sämtliche Versuche, ihren Puls zu messen, schlagen fehl. »Drei Tage lang wurde der Leichnam aufbewahrt, ohne ihn zu vergraben. Man konnte beobachten, wie er immer steifer und fester wurde«, notiert der Chronist – der weltberühmte Schriftsteller Edgar Allan Poe – im Jahr 1844. So weit nichts Ungewöhnliches. Auch dass die Frau nach den drei Tagen bestattet und im reichlich verzierten Familiengrab beigesetzt wird, lässt den Leser erst einmal ziemlich unaufgeregt zurück. Doch dann passiert etwas Unglaubliches.

Drei Jahre nach der Beerdigung wird das Grab erneut geöffnet. Auf Wunsch des Ehemanns soll der Sarg der Verstorbenen ausgetauscht und durch einen neuen ersetzt werden, schließlich will man es auch im Tod bequem haben. Der Mann höchstpersönlich wuchtet die schwere Eisentür der Gruft auf – und bekommt den Schock seines Lebens: »Als die Türflügel sich öffneten, fiel ein weißgekleidetes Etwas rasselnd in seine Arme«, schreibt Poe – und man kann sich vorstellen, wie er den nächsten Satz mit tiefer Grabesstimme nachspricht: »Es war das Skelett seiner Frau, gekleidet in ihrem Leichenhemd.«

Aber damit nicht genug, es wird noch gruseliger. Sofort eingeleitete Nachforschungen ergeben, dass die Frau nur zwei Tage nach ihrer Beisetzung zu den Lebenden zurückgekehrt sein muss. Grund dafür war ganz offensichtlich eine Fehldiagnose der Ärzte. Weil die Totgeglaubte von innen gegen den Deckel des Sarges drückte, fiel dieser von einer Empore, zerbrach in Stücke und erlaubte es der Scheintoten, sich zu befreien. Dann allerdings ging es nicht weiter. Trotz hartnäckiger Versuche, die Tür in die Freiheit aufzubrechen, schaffte es die Frau nicht, zu entkommen. Letztendlich muss sie in Ohnmacht gefallen sein, wobei sich ihr Leichengewand mit dem Rahmen der Tür verhakte. »So verblieb sie und so verrottete sie – aufrecht stehend vor der Tür«, schließt Edgar Allan Poe seine Gruselgeschichte.

Nun muss man wissen, dass Poe schon damals eine Art Popstar ist. Die Werke des Schriftstellers werden verschlungen und weltweit verbreitet. Auch das Schicksal der scheintoten Frau, nacherzählt in The Premature Burial, bringt es zu viralem Erfolg und sorgt in allen Schichten der Gesellschaft für Gesprächsstoff. Das Thema ist einfach sehr spannend. Wirklich verwundern kann das nicht – schließlich spricht Poe etwas an, das seit jeher als menschliche Urangst gilt: lebendig begraben zu werden. In einem Sarg zwei Meter unter der Erde liegend aufzuwachen und festzustellen, dass da jemand einen ganz großen Fehler gemacht hat. Einen Fehler, der sich nicht mehr beheben lässt. Beklemmende Stille, Dunkelheit, der modrige Geruch feuchter Erde, das lange Warten auf den Tod – es ist der blanke Horror, der bei dieser Vorstellung in einem aufsteigt.

Während es heute aufgrund des medizinischen Fortschritts und verschiedener Kontrollinstanzen nahezu unmöglich ist, dass so etwas tatsächlich passiert, ist das zur Zeit unserer Vorfahren noch völlig anders. Mangels EKG und anderer Messgeräte scheitern die Ärzte oft daran, den Tod einer Person eindeutig festzustellen. Was ihnen bleibt, sind archaische Methoden, die nicht selten zu fatalen Fehldiagnosen führen. So wird Totgeglaubten in der Antike zum Beispiel eine Feder auf den Mund gelegt. Bleibt sie liegen, gilt das als Zeichen, dass die Personen wirklich gestorben sind. Die Ärzte im Mittelalter gehen sogar noch weiter: Wissen sie nicht, ob ein Mensch noch lebt, werden ihm Gliedmaßen oder sogar der Kopf abgetrennt, um zu prüfen, ob eine Reaktion erfolgt. Pech für diejenigen, die bis dahin noch am Leben waren … Eindeutigen Zeichen wie Totenflecken oder Leichenstarre messen die Mediziner jahrhundertelang kaum Bedeutung bei.

In seiner Abhandlung von der Ungewissheit der Kennzeichen des Todes und dem Missbrauche, der mit übereilten Beerdigungen und Einbalsamierungen vorgeht beschreibt der französische Arzt Jean Jacques Bruhier D’Ablaincourt 1754 das Dilemma, in dem seine Kollegen und er beim Messen der Herzaktivität stecken: »Da das Leben des menschlichen Körpers […] oft so schwach wird, dass man den Grad ihrer Schwäche […] weder abmessen, noch auch gewiss wahrnehmen kann, so kann man dieselbe auch bis zu ihrem wirklichen Aufhören nicht verfolgen.« Den Augenblick des Todes könne man deshalb »unmöglich bestimmen«, woraus der Doktor folgert, dass man »noch einige Stunden oder Tage warten« müsse, bis man den Patienten endgültig für tot erklärt.

In der Theorie eine gute Sache, in der Praxis aber kaum umsetzbar. Als 1849 in einer nordamerikanischen Kleinstadt die Cholera um sich greift, sehen die Ärzte nur eine Chance, um Ansteckungen zu vermeiden: Die für tot erklärten Opfer der Krankheit müssen sofort in Särge eingeschlossen und vergraben werden. Eine Augenzeugin erinnert sich später: »Wir haben gehört, wie die Menschen gegen die Sargdeckel getreten haben. Aber wir haben sie niemals rausgelassen, da wir wussten, dass sie sterben müssen.«

Wo Krankheiten und Seuchen um sich greifen, gibt es besonders viele Scheintote. Aber auch unter normalen Umständen attestieren Ärzte bis ins 20. Jahrhundert hinein immer wieder fälschlicherweise den Tod ihrer Patienten – zum Beispiel weil diese in eine Art Koma verfallen sind oder unter vorübergehender Muskelstarre leiden. Dass sich die Fehldiagnosen herumsprechen, ist auch das Werk von Männern wie dem besagten französischen Arzt Bruhier und von Schriftstellern wie Edgar Allan Poe. Sie verbreiten die Angst ab dem frühen 18. Jahrhundert unter der Bevölkerung in Europa und den USA und stecken damit auch Prominente an. »Begrabt mich anständig, aber bitte frühestens zwei Tage, nachdem ich gestorben bin«, lässt zum Beispiel US-Präsident George Washington in seinem Nachlass ausrichten. Und der Komponist Frédéric Chopin wird in seinen letzten Worten mit der Forderung zitiert, man möge schwören, seinen Sarg aufzuschneiden, »damit ich nicht lebendig begraben werde«.