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Als Lauranne damals ihren Mann in Marinas Armen sah, brach die Welt für sie zusammen. Ohne sich jemals mit ihm auszusprechen, trennte sie sich von Alexander. Und jetzt, Jahre später, erliegt sie erneut seiner Faszination. Doch auch diesmal scheint ihre Liebe nicht von Dauer zu sein…
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Seitenzahl: 201
IMPRESSUM
Versöhnung unter Palmen erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2004 by Sarah Morgan Originaltitel: „The Greek’s Blackmailed Wife“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANABand 1592 - 2005 by CORA Verlag GmbH, Hamburg Übersetzung: Sabine Buchheim
Umschlagsmotive: Wavebreakmedia Ltd / dreamstime, De Visu / Shutterstock
Veröffentlicht im ePub Format in 07/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733779085
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY
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Die Atmosphäre im Konferenzraum schien vor Spannung zu knistern. Die Blicke aller Anwesenden waren auf den Mann an der Stirnseite des Tisches gerichtet.
Alexander Volakis, griechischer Milliardär und Objekt der Begierde Tausender Frauen, lehnte sich lässig in seinem Stuhl zurück. Das kalte Glitzern seiner Augen war das einzige Anzeichen dafür, dass er die erbitterte Diskussion, die soeben entbrannt war, überhaupt verfolgt hatte.
Er war breitschultrig und geradezu unverschämt attraktiv, auf seinem markanten Kinn zeigte sich ein dunkler Bartschatten, der von den endlosen Stunden zeugte, die Alexander für diesen Vertragsabschluss gearbeitet hatte.
Während sie auf sein Urteil warteten, beobachteten ihn die Männer mit Respekt, aber auch Neid, die beiden Frauen im Aufsichtsrat hingegen durchlebten völlig andere Emotionen.
Nach einer kleinen Ewigkeit, wie es den anderen erschien, atmete er schließlich tief durch.
„Ich will diese Insel“, verkündete er trügerisch sanft und ließ den Blick seiner dunklen Augen über die entsetzten Mienen der Frauen und Männer rings um den Tisch gleiten. „Wir suchen also nach einer neuen Lösung.“
„Es gibt keine Lösung“, bemerkte jemand tapfer. „Seit sechsundzwanzig Jahren versuchen alle möglichen Leute, Theo Kouropoulos diese Insel abzukaufen. Der Mann wird nicht verkaufen.“
Alexander senkte die auffallend dicht bewimperten Lider. „Er wird verkaufen.“
Die Aufsichtsratsmitglieder wechselten Blicke der Verzweiflung und fragten sich, wie dieses Wunder zu bewerkstelligen sei.
Am Ende meldete der Anwalt sich zu Wort. „Er würde vielleicht verkaufen …“, nervös ordnete er die Papiere vor sich auf dem Tisch, „… wenn wir Ihr Image ändern könnten.“
Die Spannung am Tisch wuchs.
Alexander betrachtete den Mann eindringlich. Der Anflug eines Lächelns umspielte seine Lippen. „Mein Image?“
Der Anwalt fühlte sich offensichtlich immer unbehaglicher. „Vergessen Sie nicht, mit wem Sie es zu tun haben. Theo Kouropoulos ist seit fünfzig Jahren mit der gleichen Frau verheiratet. Sie haben sechs Kinder und vierzehn Enkel. Er besitzt einen ausgesprochenen Sinn für die Familie, und Blue Cove Island ist ein Paradies für Familien. So, wie die Dinge liegen, hält er Sie nicht für den richtigen Käufer.“ Er atmete tief durch und straffte die Schultern. „Sie sind – ich zitiere wörtlich – ‚ein eiskalter, skrupelloser Geschäftsmann, ein notorischer Frauenheld und besitzen nicht den geringsten Familiensinn‘.“
Alexander zog lediglich eine Braue hoch, um anzudeuten, dass ihm sein Ruf völlig gleichgültig sei.
Alec schaute Hilfe suchend zum kaufmännischen Direktor hinüber. „Kurz – er will Ihnen sein Familienparadies nicht verkaufen. Sie sind anerkannt führend auf dem Gebiet, Ferienkomplexe für Singles und Paare zu schaffen. Sie wissen, was die Gäste von einem traumhaften Urlaub erwarten. Blue Cove Island ist anders als alles, was Sie zuvor in Angriff genommen haben.“
„Sie tragen seinen Aspekt sehr überzeugend vor.“ Alexander spielte versonnen mit einem Kugelschreiber. „Für wen arbeiten Sie eigentlich … für ihn oder für mich?“
Der gefährliche Unterton blieb dem Anwalt natürlich nicht verborgen. Er räusperte sich und fuhr errötend fort: „Wenn Sie diese Insel unbedingt wollen, müssen Sie Ihr Image wechseln. Oder Sie sollten sich eine Ehefrau zulegen.“
Eine Stille, die verriet, dass die Anwesenden sowohl schockiert als auch fasziniert waren, breitete sich in dem großen Raum mit den hohen Fenstern aus, die einen atemberaubenden Blick auf die von der Sonne durchglühten, verstopften Straßen Athens boten. Keiner der Personen achtete jedoch auf die Aussicht.
Alle hatten nur Augen für Alexander. Mit angehaltenem Atem warteten sie auf seine Reaktion.
„Ich werde mir keine Ehefrau zulegen“, verkündete er nun seelenruhig.
Nervöses Lachen folgte dieser Aussage, und Alec räusperte sich erneut.
„In diesem Fall schlage ich ein Treffen mit dieser Firma vor, die ich ausfindig gemacht habe.“ Er blätterte die Unterlagen auf dem Tisch durch. „Sie hat ihren Sitz in London, aber da Sie morgen ohnehin geschäftlich dorthin fliegen, können wir mühelos einen Termin arrangieren. Die Agentur ist spezialisiert darauf, Persönlichkeiten oder Unternehmen ins rechte Licht zu rücken und der Öffentlichkeit den gewünschten Eindruck zu vermitteln. Ich finde, Sie sollten zumindest mit den Leuten reden.“
Alexander betrachtete ihn schweigend und kämpfte gegen die ebenso unwillkommenen wie heftigen Emotionen an, die die bloße Erwähnung des Ehestandes ausgelöst hatten. Er hatte diese Gefühle in die hintersten Winkel seiner Seele verbannt, und ihr plötzliches Erwachen schockierte ihn zutiefst.
Eine Ehefrau kam für sein gegenwärtiges Problem keinesfalls in Betracht. Und damit blieb nur die Alternative eines Imagewechsels.
Er presste die Lippen zusammen. Der Gedanke erfüllte ihn mit Widerwillen. Er hatte sich nie für die Meinungen anderer Leute interessiert. Bis jetzt. Nun stellte sein Ruf den Kauf von Blue Cove Island infrage.
Alexander verriet mit keiner Miene, wie wichtig ihm dieser Vertrag war.
Ich will diese Insel.
Er wollte sie seit sechsundzwanzig Jahren, aber er hatte sich geduldet und auf den richtigen Moment gewartet. Und das war jetzt.
„Na gut.“ Er stand auf. Seine Bewegungen waren erstaunlich geschmeidig für einen Mann von seiner athletischen Gestalt. „Ändern wir mein Image.“
„Wir wissen also gar nichts über sie? Nicht einmal den Namen der Firma?“ Lauranne O’Neill blickte auf den Computermonitor und überprüfte noch einmal ihre Präsentation.
„Nichts. Sie sind sehr vorsichtig.“ Mary, ihre persönliche Assistentin, warf ihr einen bedauernden Blick zu und sah sich dann im Konferenzraum um. „Sonderbar, nicht wahr? Der Typ, mit dem ich gesprochen habe, sagte nur, dass sie mit uns reden wollen und alles höchst vertraulich sei.“
Lauranne lächelte spöttisch. „So vertraulich, dass sie uns nicht mal den Firmennamen verraten?“
„Mir ist es egal, wie sie heißen, solange sie gutes Geld bezahlen.“ Ihr Partner Tom kam mit einem Stapel Werbebroschüren unter dem Arm herein. „Sie sind auf dem Weg nach oben. Amanda holt sie vom Empfang ab.“
Amüsiert blickte Lauranne ihn an. „Denkst du eigentlich je an etwas anderes als an die Bilanz, Tom?“
„Nein.“ Er legte die Prospekte auf den Tisch. „Und deshalb ist dieses Unternehmen auch so gesund. Du bist das Gewissen, und ich bin die Registrierkasse.“
Lauranne lachte noch immer, als Amanda, eine ihrer jüngeren Angestellten, mit strahlendem Gesicht hereinkam.
Nach Amandas Reaktion zu urteilen, ist der Kunde berühmt und sehr reich, überlegte Lauranne, während sie ihren engen Rock glättete und sich ein höfliches Lächeln abrang, das sofort verschwand, als sie den Besucher erblickte und schockiert feststellte:
Alexander Volakis!
Atemberaubend attraktiv und voller Selbstvertrauen schlenderte er in den Raum, als würde er ihm gehören, gefolgt von mehreren Männern, die respektvollen Abstand hielten.
Lauranne war sekundenlang wie betäubt, doch dann holte die Vergangenheit sie mit Macht ein, und der Schmerz drohte sie zu überwältigen. Brennender, dunkler Schmerz, der mit der Zeit eigentlich hätte schwächer werden müssen, statt zuzunehmen. Schmerz, der die Schutzwälle durchbrach, die sie zwischen sich und der Welt errichtet hatte. Schmerz, der fünf lange Jahre unterdrückt worden war.
Sie betrachtete seine markanten Züge und kämpfte gegen die aufsteigende Übelkeit an.
Er hat sich überhaupt nicht verändert.
Er sah noch immer unverschämt gut aus und war durch und durch Grieche. Glänzendes schwarzes Haar, sonnengebräunter Teint, eine aristokratische Nase, ein energisches Kinn, auf dem sich fast immer ein feiner dunkler Bartschatten abzeichnete, und eine beeindruckende Figur, die Frauen den Atem raubte.
Sein Blick aus dunklen Augen erwiderte ihren herausfordernd. Ein Schauer durchrann Lauranne.
Alexander der Jäger.
Er verfolgte sein Opfer mit der gleichen rücksichtslosen Zielstrebigkeit, mit der er seine Konkurrenten auszubooten pflegte. Er war ein Mann, der noch nie eine Niederlage erlitten hatte. Ein Mann, der Millionen riskierte und noch mehr verdiente.
Ein Mann, der die Bedeutung des Wortes „Nein“ nicht kennt.
Aber er wird es lernen müssen, tröstete sie sich. Um keinen Preis der Welt würde sie zu diesem Mann je wieder Ja sagen. Und auf gar keinen Fall wollte sie ihm die Genugtuung verschaffen zu sehen, wie sehr diese Begegnung sie aufwühlte.
Trotzig hob sie das Kinn. „Fahr zur Hölle, Alexander.“
Seine Begleiter schnappten erschrocken nach Luft, doch Alexander zuckte mit keiner Wimper. „Willst du eine persönliche Sache daraus machen?“
„Darauf kannst du wetten. Wie könnte es nicht persönlich sein?“ Nach allem, was zwischen uns vorgefallen ist. „Du hast das Einfühlungsvermögen einer Atombombe.“ Ihre Blicke begegneten sich erneut. Weder Lauranne noch Alexander achtete auf das Publikum.
Mary stieß einen leisen Schreckenslaut aus und sah zu Tom hinüber, der mit aschfahlem Gesicht in einer Ecke stand.
Einer der Männer aus Alexanders Gruppe trat vor und musterte sie kurz. „Miss O’Neill? Ich bin Alec Trevelyan. Ich bin Anwalt.“ Er lächelte zögernd. „Ich arbeite für Volakis Industries.“
„Hoffentlich ist Ihr Lebenslauf immer aktuell“, konterte Lauranne, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. „Die Tätigkeit für Volakis Industries ist nämlich eine höchst unsichere Art, seinen Lebensunterhalt zu verdienen.“
Verwirrt und sprachlos zugleich sah der Anwalt seinen Chef an, als könnte ihm dieser die rätselhafte Äußerung erklären. Vergeblich. Alexander blickte weiterhin die Frau ihm gegenüber an und verriet mit keiner Miene seine Gedanken.
Der Anwalt wandte sich erneut Lauranne zu. Offenbar war ihm noch nie zuvor ein solcher Empfang zuteil geworden. Er räusperte sich verlegen. „Ist Ihnen klar, wer …?“ Er deutete respektvoll, beinahe unterwürfig auf Alexander. „Ich meine … Alexander ist …“
„Ich weiß genau, wer er ist“, unterbrach sie ihn nachdrücklich. „Er ist das Scheusal, das versucht hat, mein Leben zu ruinieren.“ Sie atmete tief durch. „Und außerdem ist er mein Ehemann.“
Ein stechender Schmerz durchzuckte sie, als sie das fassungslose Raunen im Hintergrund hörte. Die Erkenntnis, dass er es ihnen nicht erzählt und seine Ehe mit ihr nicht einmal beiläufig erwähnt hatte, tat unbeschreiblich weh. Am liebsten hätte sie sich irgendwo verkrochen wie ein verwundetes Tier.
Eigentlich hatte sie in den vergangenen fünf Jahren nichts anderes getan.
Sie hatte sich versteckt. Vor der Vergangenheit. Vor ihrer Ehe. Vor ihren Gefühlen.
„Hast du vergessen, das zu erwähnen?“, erkundigte sie sich spöttisch. „Wie nachlässig von dir. Falls du es geheim halten wolltest, hast du dir die falsche Frau ausgesucht. Ich bin nicht bereit, für irgendjemanden das dunkle Geheimnis zu spielen.“
In seinen dunklen Augen flammte ein sonderbarer Ausdruck auf. Für den Bruchteil einer Sekunde meinte sie, so etwas wie Bewunderung darin zu lesen, doch dann rief sie sich im Stillen zur Ordnung. Alexander bewunderte keine Frauen wie sie. Er bevorzugte scheue, fügsame Geschöpfe, die sich an die Regeln hielten, und das hatte sie nie getan.
Sie war nicht scheu und fügsam schon gar nicht.
Alec lockerte nervös seine Krawatte. Feine Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn. „Nun ja … Offenbar ist … Ich meine, wir … Miss O’Neill … Ich meine, Mrs. Volakis …“ Er verstummte hilflos und blickte verzweifelt zu seinem Boss hinüber.
Aber Alexander sagte kein Wort.
Er beobachtete Lauranne und benutzte das Schweigen als wirkungsvolle Waffe.
Bis alle um ihn her in Angstschweiß ausbrechen, dachte sie wütend.
Lauranne presste die Lippen zusammen und erwiderte seinen Blick. Sie kannte seine Tricks. Wusste, wie geschickt er seinen Gegner manipulieren konnte. Falls er sich einbildete, er könnte sie demütigen, hatte er sich gründlich in ihr getäuscht. Und er hatte sich schon oft in ihr getäuscht.
„Warum bist du hier?“ Sie straffte die Schultern.
Tom räusperte sich und trat einen Schritt vor. „Es handelt sich vermutlich um einen Irrtum. Wir sollten das Treffen beenden und …“
Beim Klang von Toms Stimme änderte sich Alexanders Haltung schlagartig. Blanker Zorn spiegelte sich auf seinen Zügen, und er spannte die Muskeln an. Lauranne spürte, wie seine Ablehnung sich in unverhohlenen Hass verwandelte. Es war, als würde man kurz vor der Eruption in den Krater eines Vulkans blicken.
Er richtete seine Aufmerksamkeit auf Tom. Seine Augen funkelten gefährlich.
Lauranne fühlte sich plötzlich fünf Jahre zurückversetzt.
In seinem exklusiven Designeranzug und mit der Rolex ums Handgelenk mochte Alexander wie der Inbegriff eines kultivierten Geschäftsmannes wirken, aber sie wusste, dass er nicht im Mindesten kultiviert war. Hinter den Statussymbolen, die er mit solcher Nonchalance zur Schau trug, verbarg sich ein Mann mit so altmodischen Ansichten, dass ein Lendenschutz eigentlich das passendere Kleidungsstück für ihn gewesen wäre.
„Alexander, nein …!“ Auf einmal war sie diejenige, die die Wogen glätten wollte. Instinktiv stellte sie sich vor Tom.
„Schützt du ihn noch immer, Lauranne?“ Wut schwang in Alexanders Stimme mit, als er sich zu seinen ahnungslosen Angestellten umdrehte. „Verschwindet. Alle.“
Sein Team starrte ihn schockiert an. Die Leute waren fasziniert und entsetzt zugleich über diesen Temperamentsausbruch eines Mannes, der für seine Selbstbeherrschung berühmt war.
Alec fasste sich als Erster. „Alexander, vielleicht sollten wir …“
„Ich will mit meiner Frau reden.“ Er wandte sich wieder Lauranne zu. „Schick Farrer raus.“
Seine eigenen Mitarbeiter ergriffen so schnell die Flucht, dass sie laut gelacht hätte, wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre. Mit klopfendem Herzen sah sie Tom an und versuchte, die Atmosphäre zu entspannen.
„Geh“, drängte sie ihn und klammerte sich Halt suchend an eine Stuhllehne. Ihr zitterten die Knie, und ihre Handflächen waren feucht. „Geh einfach! Und Sie auch, Amanda.“
Tom zögerte, den Blick unverwandt auf Alexander gerichtet. „Ich werde dich nicht mit ihm allein lassen.“
Sie sah, dass Alexander die Hände zu Fäusten ballte, sah seine unverhohlene Eifersucht und noch etwas – etwas wesentlich Tieferes, Gefährlicheres.
„Tom …“
Offenbar spürte Tom jetzt die Gefahr selbst und eilte zur Tür, um Alexanders verblüfften Mitarbeitern zu folgen. Auf der Schwelle blieb er stehen und betrachtete seinen Widersacher, als wäre dieser ein Raubtier, das jeden Moment zum tödlichen Sprung ansetzen könnte. „Vergiss nicht, was er getan hat, Lauranne.“
„Sie sind erstaunlich tapfer mit einer Hand auf dem Türknauf, Farrer.“ Alexanders Tonfall war trügerisch sanft, aber seine kaum verhohlene Drohung ließ Tom erblassen.
Die Spannung im Raum hatte inzwischen ein kritisches Stadium erreicht. Voller Panik erinnerte Lauranne sich an den letzten Streit zwischen diesen beiden Männern. Sie war der Anlass für die Auseinandersetzung gewesen. Es war ihre Schuld, dass Alexander Tom hasste. Sie allein war dafür verantwortlich und hatte seither mit dieser Bürde gelebt …
„Hört auf!“, befahl sie mit bebender Stimme. „Alle beide!“ Sie blickte zuerst zu Alexander und dann zu Tom. „Geh! Um Himmels willen, geh! Begreifst du denn nicht, dass du alles nur noch schlimmer machst?“
Mürrisch verließ Tom das Zimmer, und plötzlich waren sie allein.
Alexander ging sofort zum Angriff über und schoss den ersten Pfeil ab. „Du hast eine Firma mit ihm gegründet? Mit Farrer?“
Sie war froh, dass sie durch einen Tisch getrennt waren. Er hinderte sie daran, sich auf Alexander zu stürzen und ihn zu ohrfeigen.
„Ja.“ Da Tom nicht mehr im Raum war, wollte sie ihren Triumph auskosten. Wollte den Tiger reizen und abwarten, wie lange es dauerte, bis er vor Wut außer sich geriet. Es war ein riskantes Spiel, aber sie konnte nicht anders. Er hatte kein Recht, sie einem Kreuzverhör zu unterziehen oder sie mit solch offener Verachtung zu mustern. „Ja, das habe ich. Tom war nett zu mir.“
„Ich weiß ziemlich genau, wie nett er zu dir war, Lauranne“, erwiderte er grimmig. „Ich war nämlich dabei.“
Ihr Herz klopfte, als wollte es zerspringen. „Fang nicht wieder damit an, Alexander. Es ist fünf Jahre her. Wenn du darüber hättest reden wollen, hätten wir es damals tun sollen, aber du hast mich hinausgeworfen. Ich weigere mich, dieses Thema jetzt mit dir zu erörtern.“
„Es gab darüber nichts zu reden“, entgegnete er kalt. „Wenn ein Grieche seine Frau mit einem anderen im Bett überrascht, ist jedes Wort überflüssig.“ Er fluchte in seiner Muttersprache und ging zum Fenster.
Lauranne beobachtete ihn fasziniert. Sie hatte nie verstanden, warum Alexander Volakis den Ruf hatte, eiskalt zu sein. In ihrer Gegenwart war er stets so unberechenbar und heißblütig gewesen, dass man ihn sogar für die Klimaänderung hätte verantwortlich machen können.
„Was willst du hier?“ Ohne den Schutz des Tisches zwischen ihnen betrachtete sie ihn mit Vorsicht, all ihre Sinne waren auf Flucht ausgerichtet. „Warum bist du hergekommen? Es ist fünf Jahre her, dass …“
Fünf Jahre, in denen sie versucht hatte, ihre ebenso kurze wie katastrophale Ehe zu verarbeiten. Fünf Jahre, in denen sie sich bemüht hatte, die Trümmer ihres Lebens zu kitten und zu hoffen, dass der Kleber halten möge.
Alexander wandte ihr den Rücken zu. Ihr Blick fiel auf seinen Nacken und das dunkle Haar, das seinen Kragen berührte. Sein Haar hatte ihr schon immer gefallen. Es war das einzig Weiche an ihm, und sie erinnerte sich genau, wie es sich anfühlte. Seidig. Verführerisch. Wie oft hatte sie ihm die Finger ins Haar geschoben und seinen Kopf umfasst, während sie unter seinen Küssen dahingeschmolzen war?
Energisch verdrängte sie jeden Gedanken an Alexanders beachtliche Fähigkeiten auf diesem Gebiet und konzentrierte sich auf die Gegenwart. „Warum hast du ausgerechnet unsere Firma ausgesucht?“
Endlich drehte er sich um. „Das habe ich nicht.“
Sie lachte bitter. „Du wusstest nicht, dass ich damit zu tun habe, oder? Einer deiner bedauernswerten, ahnungslosen Untergebenen hat meine Agentur empfohlen, und du wusstest nicht, dass ich dahinter stecke.“
„Ich hätte es mir anhand des Namens zusammenreimen müssen.“ Er lächelte ironisch. „Phoenix PR. Hast du dich aus der Asche erhoben, Lauranne?“
Sie errötete. „Und du hast diese Asche geschaffen, Alexander“, erinnerte sie ihn rau. „Du hast mich gefeuert und dafür gesorgt, dass ich keinen neuen Job bekam. Du hast meinen Ruf ruiniert.“
Und er hatte obendrein auf ihrem Herzen herumgetrampelt, doch sie war zu stolz, um ihm das zu erzählen. Er hatte bewiesen, dass er sich nichts aus ihr machte, und sie würde den Teufel tun, auch nur anzudeuten, wie sehr sie ihn geliebt hatte. Er war ein herzloses Monster, und sie hätte sich überhaupt nicht mit ihm einlassen dürfen.
„Offenbar nicht.“ Er schaute sich spöttisch in dem eleganten Konferenzraum um. „Du hast es doch geschafft.“
Es war typisch für Alexander, einen Menschen nach seinem geschäftlichen Erfolg zu beurteilen. Beruflich hatte sie sich zweifellos gefangen, aber in anderen Bereichen ihres Lebens …
Sie fragte sich, was er wohl sagen würde, wenn er wüsste, dass sie sich seit fünf Jahren nicht mehr mit einem Mann verabredet hatte. Dass sie jeden Abend so lange arbeitete, bis sie völlig erschöpft war und dann nach Hause ging, um ins Bett zu sinken. Dass sie Angst hatte, sich zu entspannen, weil sie sonst womöglich von ihren Emotionen überwältigt werden würde. Dass sie nur existieren konnte, solange sie gefühlsmäßig erstarrt und körperlich total ausgelaugt war.
Alexander interessierte sich jedoch nicht für Gefühle. Er hatte gar keine. Er hatte ihre kurze Ehe mit der gleichen Gründlichkeit aus seinem Gedächtnis gelöscht, wie er den Rest seines Lebens organisierte.
Lauranne presste die Lippen zusammen. Durch ihn hatte sie gelernt, ebenfalls keine Empfindungen zu zeigen. Wenn er übers Geschäft reden wollte, würden sie es tun. „Die Firma verdankt ihren Erfolg allein Tom. Er hat sie mit seinen Ersparnissen finanziert und mich eingestellt, als kein anderes Unternehmen mich haben wollte“, erklärte sie. „Ohne ihn hätte ich keine Chance gehabt, meinen Lebensunterhalt zu verdienen.“
„Erwähne seinen Namen nie in meiner Gegenwart“, warnte er sie.
„Nenn mir einen guten Grund dafür.“
„Du hast mir gehört.“ Seine Augen funkelten bedrohlich. „Mir. Und Farrer hat getan, was kein anderer Mann gewagt hätte. Dazu kann ihn nur pure Dummheit bewogen haben.“
„Er hatte keine Ahnung, was für ein Mann du bist.“
„Ich bin Grieche“, verkündete er lässig. „Und griechische Männer wissen, wie sie ihre Frauen behandeln müssen.“
Sie musste nicht erst an seine Herkunft erinnert werden. Seine Abstammung war ein Teil von ihm und zeigte sich in allem, was er tat oder sagte. „Deine Einstellung zu Frauen stammt aus der Steinzeit. Würde Versace Lendenschurze produzieren, würdest du einen tragen.“
„Mir ist nicht aufgefallen, dass du dich beschwert hättest, wenn du nackt unter mir gelegen hast.“ Seine Stimme war tief und sinnlich und schlich sich direkt in Laurannes verwundetes Herz. Die Szene, die er heraufbeschworen hatte, stand allzu deutlich vor ihrem inneren Auge und löste ein höchst unwillkommenes Verlangen in ihr aus.
Die Erkenntnis, dass ein Teil von ihr sich noch immer nach ihm sehnte, erschreckte sie.
„Ich möchte, dass du sofort gehst.“
„Weil du dir selbst noch immer nicht traust, solange ich in der Nähe bin?“
„Weil ich Angst habe, dich zu verletzen, solange du in Reichweite bist“, konterte sie so würdevoll wie möglich. „Miteinander kämpfen konnten wir beide von jeher am besten.“
Spöttisch zog er eine Braue hoch. „Das habe ich anders im Gedächtnis, agape mou. Wir konnten auch viele andere Dinge außerordentlich gut.“
Ihre Blicke begegneten sich, und Lauranne stockte der Atem. Ja, sie erinnerte sich, fühlte …
Verdammt, sie wollte nichts fühlen!
„Geh, Alexander. Geh einfach.“
Aber er ging nicht. Stattdessen kam er auf sie zu.
Sie zwang sich, seinen herausfordernden Blick zu erwidern. Zwang sich, stehen zu bleiben und nicht die Flucht zu ergreifen.
„Du hast mich immer an ein Feuerwerk erinnert“, flüsterte er. „Strahlend, voller Feuer und schön genug, um einem Mann den Atem zu rauben. Und gefährlich im Umgang.“
„Komm näher, und du wirst merken, wie gefährlich. Und hör auf, so zu tun, als hätten wir eine Beziehung gehabt, die dir irgendetwas bedeutet hätte. Für dich war es bloß Sex. Du warst nur an mir interessiert, weil ich dich zurückgewiesen habe.“
„Das stimmt nicht. Ich war an dir interessiert, weil du mich herausgefordert hast. Mit jedem Funkeln deiner blauen Augen und jedem Heben deines zarten Kinns hast du mich herausgefordert.“ Er blieb unmittelbar vor ihr lächelnd stehen. „Es ist allerdings richtig, dass noch keine Frau zuvor je vor mir davongelaufen ist. Das war neu.“
„Du bist unglaublich arrogant.“ Lauranne seufzte resigniert.
Sein Lächeln vertiefte sich. „Ich bin ehrlich. Wir beide wissen doch, dass du dein Spiel mit mir getrieben hast. Du hast mir gehört von dem Moment an, als ich dich auf dem Barhocker gesehen habe. Dein Minirock hat jeden Zentimeter deiner traumhaften Beine entblößt, und das seidige lange Haar fiel dir wie flüssiges Gold über den Rücken.“
Ihr Puls raste, als sie heftig den Kopf schüttelte. „Ich hätte nie mit dir gesprochen, wenn ich gewusst hätte, wer du bist.“
Alexander strich ihr leicht übers Haar. „Du konntest gar nicht anders, Lauranne. Genauso wenig wie ich. Es war stärker als wir beide …“
Und es ist noch immer stärker als wir beide.
Sie war sich seiner Nähe überdeutlich bewusst. Sein unverwechselbarer Duft stieg ihr in die Nase, und seine erotische Ausstrahlung drohte sie zu überwältigen. Er ist so verdammt attraktiv, dachte sie verzweifelt und erinnerte sich, wie er ihr griechische Koseworte zugeraunt hatte, während sie eng umschlungen im warmen Sand gelegen hatten.
Rasch verdrängte sie diesen Gedanken und fragte sich, warum ihr Kopf stets die schönen Momente heraufbeschwor, obwohl er auch unter so vielen hässlichen hätte wählen können.
„Hätte ich geahnt, wer du bist, hätte ich gewusst, dass du Ärger bedeutest. Dein Ruf hätte mich in die Flucht geschlagen.“
Gütiger Himmel, wie konnte sie bloß so empfinden? Nach allem, was er ihr angetan hatte, verspürte sie brennendes Verlangen, und das Blut rann schneller und heißer durch ihre Adern. Es war, als wäre ihr Körper nach fünfjährigem Winterschlaf zu neuem Leben erwacht.
Nur Alexander war das je bei ihr gelungen.
Nur Alexander hatte sie in solche Ekstase versetzt, dass ihr Verstand ausgeschaltet war.
Und dabei hatte er sie noch nicht einmal berührt …
Er war gefährlicher als jede Droge.
„Du warst faszinierend – schüchtern und temperamentvoll. Du fühltest dich in meiner Nähe unbehaglich, aber gleichzeitig warst du aufgeregt und neugierig.“
„Das Unbehagen war berechtigt. Ich hätte weglaufen sollen.“
„Stattdessen hast du mich geheiratet.“