Vertrieb geht heute anders - Andreas Buhr - E-Book

Vertrieb geht heute anders E-Book

Andreas Buhr

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Beschreibung

Ein neues Zeitalter ist angebrochen. Vorbei ist die Zeit, in der Kunden sich gedulden mussten oder Kompromisse eingegangen sind, wenn sie ein Produkt oder eine Dienstleistung in Anspruch nehmen wollten. Abseits klassischer Zielgruppendefinitionen hat sich ein neuer Kundentyp entwickelt: der smarte Kunde. Er ist informiert und involviert. Er ist Mitentwickler und Mitgestalter. Er will Produkte und Dienstleistungen, die seinen Werten entsprechen – und das sofort, immer verfügbar, 24/7! Der smarte Kunde ist oft selbst der Experte. Und damit ändert sich alles: das Ende des Verkaufens ist da. Hinzu kommen rasante technologische, politische und gesellschaftliche Entwicklungen, die die Vertriebsarbeit revolutionieren: digitale Vermarktungs- und Kommunikationswege, neue Global Player und Marktaufteilungen, Kundenwünsche und -profile, Customer-Relationship-Management- und Payment-Systeme, Präsentations- und Procurement-Systeme, Datenschutz und legislative Grundlagen sowie Bots, Robotik, künstliche Intelligenz und Deep Learning – alles, was heute schon anders ist, wird morgen schon wieder anders anders sein. Veränderung geschieht immer schneller und den Unternehmen bleibt immer weniger Gewissheit, Stabilität, Ruhe zum Nachdenken und Zeit für die Umsetzung. Das erfordert ein neues Denken und Handeln in den Unternehmen und Vertriebsabteilungen. Andreas Buhr zeigt auf Basis einer Vielzahl aktueller Studien, welche Werte, Ideen und Strategien den Vertrieb heute und morgen erfolgreich machen. Denn eines bleibt auch im Zeitalter der Digitalisierung bestehen: Menschen machen Geschäfte für Menschen. Und Menschen kaufen noch immer am liebsten von Menschen. Wie sich der Vertrieb von heute die Möglichkeiten und Chancen, die durch die Digitalisierung entstehen, am besten zunutze macht und dabei gleichzeitig den persönlichen Service optimiert, das zeigt Andreas Buhr praxisnah. Für die Neuauflage des Buches wurden sämtliche Kapitel aktualisiert und zum großen Teil neu geschrieben. Neben neuen Abschnitten, wie z.B. über die Frage nach der (Über-)Macht der künstlichen Intelligenz, wird das Ganze durch ein zusätzliches Kapitel über Vertriebsführung ergänzt. Buhr bietet damit ein topaktuelles umfassendes Buch für eine zeitgemäße Vertriebsorganisation – digital, adaptiv und dabei immer kundenzentriert. Denn das Ende des Verkaufens ist nicht das Ende des Kaufens. Gekauft wird immer. Die Frage ist nur: Wer kauft wann und was beim wem? Sorgen Sie heute schon dafür, dass Ihre Kunden auch morgen noch bei Ihnen kaufen!

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Andreas Buhr

Vertrieb geht heute anders

Das Ende des Verkaufens

Externe Links wurden bis zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches geprüft.

Auf etwaige Änderungen zu einem späteren Zeitpunkt hat der Verlag keinen Einfluss.Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Informationen sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN Buchausgabe: 978-3-86936-937-2ISBN epub: 978-3-95623-879-6

8., vollständig überarbeitete Neuauflage des unter der ISBN 978-3-86936-230-4 erschienenen Titels „Vertrieb geht heute anders. Wie Sie den Kunden 3.0 begeistern“.

Lektorat: Anna Ueltgesforth, Amorbach

Redaktionelle Unterstützung: text-ur agentur Dr. Gierke, Köln | www.text-ur.com

Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen | www.martinzech.de

Autorenfoto: Sales Leaders

Satz und Layout: Das Herstellungsbüro, Hamburg | www.buch-herstellungsbuero.de

© 2019 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.

Das E-Book basiert auf dem 2019 erschienenen Buchtitel “Vertrieb geht heute anders” von Andreas Buhr, ©2019 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

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Inhalt

Einleitung: Warum du gerade kein neues Buch in Händen hältst … … und es doch ganz anders ist

Vertrieb geht heute radikal und digital anders

Eigene Forschung: Studien

Was du von diesem Buch erwarten darfst

1.Vertrieb geht heute anders … … weil die digitale Revolution auch den Vertrieb transformiert

Klassische Unternehmen versus Start-ups?

Digital Economy gleich »Social Economy«? Schneller, globaler, erbarmungsloser

Digitale Transformation nach außen und innen

Die Plattform-Ökonomie: Der eigentliche Markt-Disruptor

Aggregatoren: Relevanz schaffen

Plattformen: Die Schnittstellen zum Kunden

Lösungsansätze für die digitale Transformation nach innen

Forderung an den Vertrieb: Mehrwert schaffen

Soziopolitische Megatrends verändern die lokalen Märkte

Human to Human: Der smarte Kunde will’s persönlich

2.Vertrieb geht heute anders … … auch, weil Algorithmen, KI, Bots und Robot(ic)s übernehmen

Künstliche Intelligenz holt auf im Verkauf

Voice Commerce: Sag mir, was du haben willst

IoT, Blockchain und der ganze Rest

Die Währung »Daten«: Geschäftsmodelle im Vertrieb

B2B-Marktplätze im Internet: Was stellen wir Amazon Business entgegen?

Augmented Reality und Location Based Services

Soziale Netzwerke sind Heimat für Marken und Kunden

Online recherchieren – offline unter Druck setzen

3.Vertrieb geht heute anders … … weil die Customer Journey eine ganzheitliche Reise ist

Die Customer Journey beginnt heute beim (guten) Ruf eines Unternehmens

Kunden beeinflussen das Verhalten von Unternehmen

Die richtigen Werte bringen: Wertschöpfung

Schnelle Abkehr von falschen Freunden

Losgröße 1: Wenn der Kunde zum Produktgestalter wird

Der neue Kunde: Ein Taktgeber

Vom Konsumenten zum Produzenten – und retour

4.Vertrieb geht heute anders … … weil Menschen trotz allem noch am liebsten mit Menschen verhandeln

B2C, B2B? H2H! Am Anfang und am Ende steht ein Mensch

Je digitaler, desto Mensch

Was einen guten Vertriebsmitarbeiter ausmacht: Die Perspektive des Kunden

Persönlichkeitstypologien als unterstützendes Instrument nutzen

Menschen »lesen« und typgerecht beraten lernen

Sich selbst besser verstehen: Welcher Persönlichkeitstyp bist du?

Sprache: Zielorientierte Brücke zu Emotionen

Multisensorik: Mit allen Sinnen verkaufen

Wie der Mensch entscheidet: Emotion vor Ratio

Emotionen: Mehr Hirn als Herz und Bauch

Das Ende des Verkaufens heißt nicht das Ende des Kaufens: Kaufen lassen ist das neue Verkaufen

5.Vertrieb geht heute anders … … weil Fans und Influencer das Geschäft »machen«

Bezahltes Fantum: Influencer

Blogging: Content-Marketing von Fans

Kunden und Mitarbeiter zu Fans machen

Clean Leader machen Mitarbeiter zu Fans

Vertriebsintelligent planen und handeln

Vertrieb: Soft Skills plus viel Know-how

6.Vertrieb geht heute anders … … weil du als Vertriebsführungskraft Digital Leadership vorleben musst

Deine Aufgaben als Digital Leader

Führung geht heute anders

Vertriebsführung im digitalen Zeitalter: situations- und personenbezogen

Eigenes Führungscontrolling

Digital Leadership im Vertrieb

Social Intranet: Ein Tool der Digital Leadership

7.Vertrieb geht heute anders … … weil VUCA gekommen ist, um zu bleiben: kurzer Ausblick

Vertrieb und Verkauf sind immer und überall – und ständig mehr

Technologische Retro- und menschliche Werte-Bewegung

Keine Zukunft ohne Nutzwert

Gesichtserkennung plus KI: Die Entwickler warnen

Dank

Verzeichnis der verwendeten und weiterführenden Literatur

Der Autor

Stimmen zum Buch

Einleitung

Warum dugerade keinneues Buchin Händenhältst …

… und esdoch ganz

ANDERS

ist

Sonntags abends habe ich oft eine Verabredung. Eine Verabredung mit meiner Familie zu einem gemeinsamen Abendessen. Aus der Perspektive meiner Söhne Niko und Tom ein Treffen mit »analogem Migrationshintergrund«. Denn Eltern sind alt. Klar! Auch Niko und Tom sind sechs Jahre auseinander. »Nur«, denkt man. Doch zwischen 25 und 19 klaffen heute Welten. Es gilt sonntags die unausgesprochene Regel, dass wir uns schlicht unterhalten wollen: »Die Smartphones bitte ausschalten oder wenigstens auf lautlos!«. Eines Sonntags fragt Niko spontan: »Kannst du dir vorstellen, Tom, dass Mama und Papa Abi gemacht haben ohne Wikipedia? Ohne Wiki hätte ich mich schwergetan«, so der Große zum Kleinen. »Wikipedia?! Das ist doch was für alte Leute«, retourniert der Kleine seelenruhig, »ich checke Mathe mit Daniel Jung bei ›The Simple Club‹. YouTube das mal!« Bumm! Das saß! Natürlich habe ich die nächste Möglichkeit genutzt, das gleich mal selbst zu prüfen. Google fragen, App runterladen. Check! Man will ja nicht abgehängt werden …

Tja, so schnell ist heute alles anders. In der digitalen Welt braucht es keine Generation mehr; innerhalb kürzester Zeit ändert sich alles. Von Wikipedia zum Simple Club, vom Hardselling zum Ende des Verkaufens, vom Krawattenzwang in den Unternehmen zum Herrendutt, vom Sie zum Du. Und so bitte ich um Erlaubnis, dich, liebe Leserin, lieber Leser, in diesem Buch duzen zu dürfen. Ist das okay? Ich hoffe es … und entscheide mich, sage: Gut, danke schön. Auch hier sind wir in fast allen Bereichen anders geworden. Willkommen an Bord!

Vertrieb geht heute radikal und digital anders

Du hältst gerade ein Buch mit einem zeitlosen Titel in den Händen: »Vertrieb geht heute anders«. Bereits vor mehr als zehn Jahren haben mein Team und ich uns Gedanken darüber gemacht, »was« anders geht und »wie« es anders geht. Welchen Einfluss das Internet auf das Verhalten von Menschen in diesem Kontext hat. Was ihr als Leserinnen und Leser also in euren Unternehmen, in eurem Vertrieb ändern solltet, vorauf ihr euch einstellen könnt, welche neuen Herausforderungen die Märkte mit sich bringen und wie ihr am besten reagieren – ja, besser noch: offensiv und proaktiv agieren – könnt. Das hat euch einige Impulse gegeben und das Buch ist im Laufe dieser Zeit in die achte Auflage gegangen – dafür und für eurer reges Interesse an der Diskussion mit mir, an meinen Vorträgen und Trainingskonzepten zum Thema »Vertrieb geht heute anders« will ich mich herzlich bedanken! Das Buch wird als Standardlektüre an den Unis empfohlen, und einige internationale Experten im Markt stellen sich immer wieder inhaltlich darauf ab. Meinem Team wird hier Thought Leadership unterstellt. Das ist vielleicht etwas hoch gegriffen, wenngleich mich das natürlich ein bisschen stolz macht. Nun aber stellt die digitale Revolution das »anders« noch mal vom Kopf auf die Füße: Digitale Vermarktungs- und Kommunikationswege, neue Global Player und Marktaufteilungen, Kundenwünsche und -profile, Customer Relation Management und Payment-Systeme, Präsentations- und Procurement-Systeme, Datenschutz- und legislative Grundlagen, Bots und Robots, KI und Deep Learning – alles, was heute schon »anders« ist, ist morgen schon wieder »anders anders«. Veränderung geschieht mit immer höherer Geschwindigkeit, und uns in den Unternehmen bleibt immer weniger. Weniger Gewissheit. Weniger Stabilität. Weniger sicheres Wissen. Weniger Ruhe zum Nachdenken. Weniger Zeit für die Umsetzung. Daher habe ich mich entschlossen, diese, die nächste Auflage von »Vertrieb geht heute anders« zu überarbeiten, bevor sie in den Druck geht. Denn die anhaltende Nachfrage nach dem Titel beweist, dass es noch viele Fragen dazu gibt, wie Vertrieb denn heute anders geht – und das wollen wir jetzt noch einmal gemeinsam beleuchten, um Rüstzeug für den ständigen Wandel auch im Vertrieb, um Rüstzeug für die (nahe) Zukunft zu haben. Und klar ist auch: Das Ende des Verkaufens bedeutet ja nicht, dass das Kaufen zu Ende ist. Zumindest ist auch klar: Gekauft wird immer!

Weltweite Megatrends beeinflussen unsere Zukunft auch im Vertrieb

Der Wunsch, in die Zukunft zu schauen, ist wohl so alt wie die Menschheit. Wahrsager und Orakel waren an Königshöfen gern gesehen. Horoskope erfreuen sich seit Jahrzehnten größter Beliebtheit. Und Wirtschaftsweise versuchen Jahr für Jahr vorauszusagen, wohin sich die deutsche Wirtschaft entwickeln wird. Dieser Wunsch nach Wissen, nach Sicherheit verstärkt sich durch die Globalisierung, durch die immer kürzer werdenden Entwicklungszeiten bei Produkten und Technologien sowie durch die zunehmende Angst vor Arbeitslosigkeit und Armut. Natürlich wollen auch Unternehmen verstärkt wissen, wohin die Reise geht. Wo die neuen Kernmärkte liegen, welche Produkte und Dienstleistungen morgen und übermorgen nachgefragt und wie die Menschen sich darüber informieren und kommunizieren werden. Zukunftsforscher beschäftigen sich daher mit den sogenannten Megatrends, mit denen sie global gültige Entwicklungen und Erwartungen zusammenfassen. Dementsprechend groß ist das Interesse an Megatrends. Das Beratungsunternehmen Z_punkt GmbH The Foresight Company hat im Jahre 2008 20 dieser Megatrends als die wichtigsten für die folgenden Jahre benannt – und weil es interessant ist, sich diese noch einmal anzuschauen (weil wir uns im Anschluss noch einen aktuellen Vergleich aus 2018 ansehen werden), fasse ich sie auf den Punkt gebracht zusammen:

Zusammenfassung: Megatrends

1.Demografischer Wandel: Die Menschen in Europa werden älter, die Bevölkerungszahl nimmt ab; parallel gibt es in anderen Ländern einen Geburtenboom. Es kommt zu anwachsenden Migrationsströmen und demografischen Verwerfungen.

2.Neue Stufe der Individualisierung: Der Individualismus wird zum globalen Phänomen; damit einher geht ein verändertes Beziehungsgeflecht: Zwischen den Menschen gibt es nur noch wenige starke, dafür viele lose Bindungen; die Wirtschaft entwickelt sich vom Massenmarkt zum Mikromarkt. Selbstversorgung und Mitmach-Ökonomie gewinnen an Bedeutung.

3.Boomende Gesundheit: Das Gesundheitsbewusstsein der Menschen steigt. Ebenso wie die Bereitschaft, für das eigene Wohlbefinden Verantwortung zu übernehmen. Neben dem Markt für die Versorgung der Kranken entsteht ein neuer Markt, in dem Lifestyle, Schönheit und Gesundheit verschmelzen.

4.Frauen auf dem Vormarsch: Frauen prägen zunehmend Produkt- und Serviceanforderungen. Ihre »Soft Skills« sind aus der Wirtschaft nicht mehr wegzudenken. Work-Life-Balance gewinnt noch mehr an Bedeutung. Hersteller entwickeln immer mehr Marken, die Männer und Frauen emotional, kommunikativ, innovativ und involvierend ansprechen.

5.Kulturelle Vielfalt: Es entwickeln sich zusehends plurale Lebensformen zwischen Moderne und Tradition. Wertesysteme konkurrieren global miteinander, es entstehen hybride Kulturen.

6.Neue Mobilitätsmuster: Die Mobilität steigt global an. Es kommt immer häufiger zu Mobilitätsbarrieren. Verkehrsinfrastrukturen werden weiter ausgebaut, neue Fahrzeugkonzepte und Antriebstechnologien entwickelt.

7.Digitales Leben: Das Web 2.0 erobert den Alltag und lässt die Grenzen zwischen realer und virtueller Welt verschwimmen. Neue Business-Welten entstehen.

8.Lernen von der Natur: Die neue Leitwissenschaft heißt Biologie. Damit einher gehen die Renaissance der Bionik und die Entdeckung der Schwarmintelligenz, die sich in neuen sozialen Organisationsformen äußert.

9.Ubiquitäre Intelligenz: Die IT-Revolution schreitet voran. Technische Geräte werden miteinander verknüpft, um das Leben zu erleichtern. Neurowissenschaften, Künstliche Intelligenz und Robotik gewinnen an Bedeutung. Die Gesellschaft wird immer transparenter, Überwachung und Kontrolle nehmen zu.

10.Konvergenz von Technologien: Informations- und Nanotechnologie werden zu Konvergenztreibern. Sie finden in zahlreichen Bereichen Anwendungen – in der Medizin ebenso wie im Energiesektor oder bei der Entwicklung neuer Materialien.

11.Globalisierung 2.0: Es entsteht eine globale Mittelklasse; Finanzen strömen schon länger global, Unternehmen entwickeln globale Strategien, die bei Bedarf regional oder lokal angepasst und damit auch umgesetzt werden. Asien übernimmt eine neue Rolle – ebenso wie der Westen.

12.Wissensbasierte Ökonomie: Innovation wird zum zentralen Wettbewerbstreiber. Damit werden Wissen und Lernen zum Fundament der Gesellschaften und der Individuen. Es bildet sich eine neue globale Wissenselite.

13.Business-Ökosysteme: Die Wirtschaft wird von Wissen und Innovation getrieben. Kundenintegration und Kooperationswettbewerb bilden neue Wertschöpfungsketten. Die Grenzen von Branchen, Märkten und Unternehmen verschwimmen. An den Schnittstellen entstehen neue Märkte.

14.Wandel der Arbeitswelt: Die Automatisierung in der Produktion, der Service- und Wissenssektor nehmen weiter zu. Flexible, interaktive Arbeitsstrukturen verstärken die zunehmende Dynamisierung der orts- und zeitungebundenen Arbeit.

15.Neue Konsummuster: Wohlstand erreicht alle. Der Luxus erobert China, Indien und Russland. Moralischer Konsum und Produkte, die in Farben und Materialien von der Umwelt inspiriert sind, gewinnen im Westen an Bedeutung.

16.Umsteuern bei Energie und Ressourcen: Fossile Brennstoffe werden ebenso knapp wie Frischwasser, Metalle oder Mineralstoffe. Damit gewinnt die Nutzung von alternativen, nachhaltigen Energiequellen und nachwachsenden Rohstoffen an Bedeutung. Es kommt zu einer Energieeffizienz-Revolution. Dezentrale Energieversorgung setzt sich durch.

17.Klimawandel und Umweltbelastung: Die Erderwärmung schreitet voran. Schwellen- und Entwicklungsländer haben zunehmend mit Umweltproblemen zu kämpfen. Die Nachfrage nach sauberen Technologien wächst. Unternehmen sind immer mehr bereit, Verantwortung für die ökologischen Folgen ihres ökonomischen Handelns zu übernehmen.

18.Urbanisierung: Neue Wohn-, Lebens- und Partizipationsformen entwickeln sich. Die Infrastruktur wird daran angepasst – etwa an die Megacitys, die an Bedeutung gewinnen.

19.Neue politische Weltordnung: In westlichen Demokratien steigt die Krisengefahr, während Indien und China die Chance haben, zu Weltmächten aufzusteigen. Russland erlebt eine Renaissance und Afrika kann einen wirtschaftlichen und politischen Aufbruch erleben.

20.Wachsende globale Sicherheitsbedrohungen: Schwelende kulturelle Konflikte und gescheiterte Staaten, globaler Terrorismus und die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen lassen uns zu einer großen Weltrisikogesellschaft werden.

Quelle: Z_punkt GmbH The Foresight Company: Megatrends, www.z-punkt.de

Interessant ist diese Zusammenfassung – man verzeihe mir, dass sie so knapp und sicher an vielen Stellen verkürzend geworden ist – aus zwei weiteren Gründen: Erstens gibt es für mindestens einige Prognosen durchaus abweichende Interpretationen der den genannten Megatrends zugrundeliegenden Datenbasis. Also müssen wir unser Auge dafür schärfen, was wirklich durch beweisbare Statistiken und Analysen gerechtfertigt ist, und dürfen uns nicht zu sehr auf das »Denken anderer« verlassen. (Ich will in diesem Zusammenhang nur kurz auf das Buch »Factfulness« von Hans Rosling [2018] verweisen, das uns eine Reihe von Strategien an die Hand gibt, Daten und [scheinbare] Trends zu evaluieren.) Denn aus den Daten und Trends leiten wir als Führungskräfte in den Unternehmen Produktentwicklungen und Prozesse, Marktanalysen und Risikobewertungen ab. Und zweitens stellt die genannte Z_punkt selbst Ende 2018 ein »Megatrend-Update« auf ihre Website, das anders gebündelt ist: Dort finden sich jetzt die folgenden 12 Megatrends:

1.Demografischer Wandel

2.Anthropogene Umweltbelastung

3.Gesellschaftliche Ungleichheiten

4.Neue politische Welt(un)ordnung

5.Urbanisierung

6.Digitale Transformation

7.Globale Machtverschiebungen

8.Biotechnische Transformation

9.Ausdifferenzierte Lebenswelten

10.Veränderte Arbeitswelten

11.Volatile Ökonomie

12.Business Ökosysteme

Schauen wir uns die »Trendaspekte« in einem dieser Metatrends – beispielsweise »Business Ökosysteme« – an, stellen wir fest, dass zum selben Zeitpunkt andere Analysten wie z. B. die des manager magazins zu dem Ergebnis kommen, dass diese nicht oder nicht so eingetreten sind oder eintreten. Es soll auch Leute geben, die sagen, der eigentliche Metatrend sei das Anthropozän, das »Menschen-Zeitalter«, das sich aller Dinge und Wesen auf dem Planeten Erde bemächtigt und sie grundlegend verändert (was andere definitorisch bestreiten), während wiederum andere den einzig zugrundeliegenden Megatrend in der digitalen Revolution erkennen und auf den in naher Zukunft liegenden Punkt der (technischen) Singularität verweisen, an dem sich Systeme der Künstlichen Intelligenz selbst verbessern und fortentwickeln, sodass sie sich von der menschlichen Entwicklung entkoppeln und mithin alle anderen Trends – und das Zeitalter des Anthropozäns – hinfällig werden lassen oder massiv ändern. (In diesem Zusammenhang habe ich kürzlich das Buch »Singularity Leadership« des Beraters Jan Brecke gelesen, der sich mit der Frage auseinandersetzt, wie wir heute menschliche Führung in Unternehmen, die an der Schwelle zur technischen Singularität stehen, etablieren und sichern können.)

Unstreitig ist, dass diese Trends Auswirkungen auf die drei Spielmacher im Vertrieb haben: die Hard-Faktoren (Maschinen, Technik), die »Soft-Faktoren« (Software, Menschen und deren Interaktion) sowie die Information und deren Management.

Nichts ist sicher, nicht mal Zukunftsforscher

Klar machen möchte ich mit diesem Exkurs dreierlei; drei Erkenntnisse, die sich auch auf den Umgang mit diesem Buch beziehen:

•Erstens: Verabschiede dich von dem Gedanken sicherer Planung und voraussagbarer Ergebnisse, denn nichts ist sicher – nicht mal Zukunftsforscher. Stelle dich darauf ein, dass Ambiguität – Mehrdeutigkeit – künftig das bestimmende Paradigma deines Wissens und Handelns sein wird.

•Zweitens: Wir müssen nicht auf jeden Trend aufspringen, nicht jedem Alarmismus folgen, der medienwirksam durch die Wirtschaftslandschaft getrieben wird. Aber du musst die Megatrends sehr genau im Auge behalten, denn sonst wirst du in die Falle laufen »Vertrieb schafft sich selbst ab«.

•Drittens: Das bedeutet, dass wir uns bei aller Ambiguität und Wachsamkeit mit den faktisch erkennbaren Auswirkungen dieser Entwicklungen sehr genau auseinandersetzen müssen. Denn diese Auswirkungen sind da und spürbar und wir müssen sie abklopfen und hinterfragen. Abklopfen hinsichtlich Datenbasis und Wahrheitsgehalt und hinterfragen hinsichtlich der Konsequenzen, die sie auf unser Schaffen, auf unsere Unternehmensstrategien, heruntergebrochen auf Führung und Management, auf Produktentwicklung und Marketing, auf Kundenwerbung und -kommunikation, auf Vertrieb und Verkauf haben.

Das habe ich übrigens in den letzten Jahren ausführlich getan: in den Büchern »Revolution? Ja, bitte!« mit meinem Co-Autor Prof. Dr. Florian Feltes 2018, in »Vertriebsführung«, 2017 als DAS umfassende Grundlagenwerk bei GABAL erschienen, und im selben Jahr auf Englisch unter »Sales Leadership« auf dem US-Markt, sowie unter »Führungsprinzipien« (GABAL) mit Fokus auf Führungskräfte in Unternehmen schon 2016, jetzt in der 3. Auflage.

Eigene Forschung: Studien

Wichtig war und ist mir dabei, mit eigener Forschung zur Entwicklung der Erkenntnis beizutragen. Daher haben wir von Buhr & Team in der Vergangenheit gemeinsam mit der ESB Business School Reutlingen das Forschungsprojekt VertriebsIntelligenz® durchgeführt, das ich in den früheren Ausgaben von »Vertrieb geht heute anders« ausführlich vorgestellt habe und daher in dieser aktualisierten Auflage nur noch kursorisch erwähnen werde. Mit VertriebsIntelligenz® ist ein ganzheitliches, wertebewusstes Kompetenzmodell für Unternehmen bezeichnet, das die vier Kompetenzfelder Marktstrategie, Clean Sales, Clean Leading und Gestalterkraft umfasst. Hinter jedem der vier Felder verbirgt sich eine Kompetenzmatrix mit einem aufgeschlüsselten Set an Einzelkompetenzen. (Ein E-Paper zu der Studie kannst du übrigens kostenfrei bei uns erhalten – sende mir einfach eine E-Mail an [email protected]). Im Wesentlichen haben wir in dieser Studie hinterfragt, wie sich diese Kompetenzfelder und die damit verbundenen Einzelkompetenzen auf den Unternehmenserfolg auswirken, wie Verkauf und Vertrieb mit dem neuen, smarten Kundentypus umgehen soll und welche Auswirkungen das auf die Vertriebsorganisation hat.

Ergänzt habe ich diese Erkenntnisse dann 2016 durch die Perspektive der Führung, und zwar der Führung durch die Generation der digital-versierten Millenials, auch Generation Y genannt. Denn diese Generation übernimmt nun auch die Führungspositionen in Verkauf und Vertrieb – daher habe ich mich gemeinsam mit Prof. Dr. Florian Feltes in einer großen Studie ausführlich mit der Frage beschäftigt, was passiert, wenn New-Work-Leadership auf Old-School-Führung trifft: am Ende auch eine Machtfrage. Wobei wir wieder beim Thema der (Markt-)Macht wären.

Wer ist der neue Mächtige in Zeiten der digitalen Transformation?

Daher werden wir in dieser aktualisierten 8. Auflage von »Vertrieb geht heute anders« auch fragen, wohin sich die Macht gerade verlagert: Wird Künstliche Intelligenz stärker als menschliche in Verkauf und Vertrieb? Stärker als Kundenintelligenz, stärker als VertriebsIntelligenz? Oder anders: KI vs. VI?

Im Kern geht es hier um eine Machtfrage! Denn im letzten Jahrzehnt hat sich die Macht auf den Märkten massiv weg von den Anbietern bewegt: Zuerst fand eine Bewegung hin zu den Plattformen und Vermittlern, den digitalen, weltweit erreichbaren Schnittstellen, Devices und Handelsportalen statt.

Und von dort hat sich die Marktmacht dann weiter zu den Kunden verlagert, um deren Wünsche die Welt sich mittlerweile dreht. In den früheren Ausgaben dieses Buches haben wir sie die »Kunden 3.0« genannt, um den Übergang in die 4. industrielle Periode zu kennzeichnen. Mittlerweile – so auch in dieser Ausgabe – nennen wir diese Kunden, die jederzeit von jedem Ort aus Zugriff auf Informationen über Produkte und Preise, über Verkaufsmengen und Staffeln, über Vertriebswege und Kaufmöglichkeiten haben, einfach die »neuen Kunden«, die »smarten Kunden« oder die »digitalen Kunden«. Denn die Märkte und Möglichkeiten, Vertrieb und Kunden ändern sich einfach so schnell, dass ich der Ansicht bin, dass »Versionsnummerei« nichts bringt, wir alle müssen ständig und jederzeit beobachten und lernen, uns anpassen und wandeln und – soweit möglich – in Führung gehen, das heißt, den Wandel (Change) aktiv und adaptiv, schnell und vielleicht auch austestend (»agil«) gestalten. Diese Trends haben wir von Buhr & Team und ich als Autor vor rund zehn Jahren erkannt, als ich mich hingesetzt habe, um unter dem Titel »Vertrieb geht heute anders« eine Zusammenfassung meiner Erkenntnisse zu Papier zu bringen. Viele Tausend Leser haben das goutiert und diesem Titel zu zwischenzeitlich acht Auflagen verholfen – im Bereich der Vertriebsbücher eine selten erreichte Zahl. Und dafür danke ich meinen Leserinnen und Lesern sehr.

Algorithmen bestimmen zunehmend den Handel

Und wieder habe ich das Gefühl, dass die Zeiten sich drehen. Dass die Marktmacht sich abermals verlagern wird – und zwar auf die Seite des Algorithmus. Algorithmen und selbstlernende Systeme (Deep Learning, Künstliche Intelligenz) stecken hinter den Schlagworten wie IoT – das Internet der Dinge –, hinter automatisiertem Verkauf und automatisiertem Procurement, hinter Voice Commerce, hinter Chatbots, hinter Shopping-Apps im Auto, hinter Microservices, hinter Dynamic Pricing und Repricern, hinter Data Mining, hinter Predictions (Predictive Analysis), hinter Bild- und Mustererkennung für Retargeting und Remarketing, hinter Digital Signage, hinter Electronic Shelf Labels, hinter elektronischen Smart Shops, hinter intelligenten Wallets, hinter Mobile Payment – so viele neue Entwicklungen wälzen den Vertrieb und Verkauf gerade auf allen Ebenen um. Es wird dazu sicher auch ein neues Buch von mir geben – aber mir war angesichts dieser obigen kurzen Aufzählung, die keineswegs nur ein klingendes »Buzzword-Bingo« ist, sondern die neue Lebenswirklichkeit von uns im Vertrieb stichwortartig zusammenfasst, wichtig, dass wir in dieser neuen Auflage von »Vertrieb geht heute anders« schon diskutieren, wohin die Reise geht. Dass wir thematisieren, wer die Marktmacht künftig in Händen – oder vielmehr in Apps und Algorithmen – halten wird. Momentan sieht es so aus, als ob es nicht der Kunde ist, denn er wird gerade all seiner Daten entkleidet, er wird Data-Mining-Material, Algorithmenfutter, er entmächtigt sich in Teilen selbst.

Hintergrund: Etwas digitales Vokabular

Digital Signage: Unter dieser »digitalen Beschilderung« werden (interaktive) Werbe- und Informationssysteme verstanden, die (z. B. im Groß- und Einzelhandel) Kunden direkt mit Medieninhalten und Werbung – meist cloudbasiert – adressieren und zum Kauf animieren.

Electronic Shelf Sabels: Diese »elektronischen Regaletiketten« finden sich im Einzelhandel und liefern dem Kunden direkt am Produkt Zusatz- und Preisinformationen. Im Zusammenspiel mit Repricern – siehe nächstes Kapitel – können auf diese Weise Preise ähnlich wie im Online-Handel auch sekundengenau an Nachfrage und Lagermenge angepasst und ausgespielt werden.

Procurement: Procurement oder Purchasing ist der englische Ausdruck für Beschaffung, also die Abteilung in (Kunden-)Unternehmen, die sich mit dem professionellen Einkauf und der Beschaffungslogistik von Rohmaterial, Zulieferung oder Handelsware beschäftigt. In diesem Buch geht es meist um Digital Procurement, also die Automatisierung solcher Beschaffungsprozesse unter Einsatz vieler der hier genannten Technologien, was neue Herausforderungen für Akquise und Vertrieb aufwirft.

Und doch dürfen wir nie vergessen, dass es immer nur der Kunde ist, der Geld in unser Unternehmen bringt. Damit setzen wir ihn ins Zentrum dieses Buches, ins Zentrum aller Ideen und Strukturen im Vertrieb. Deshalb sprechen wir auch von Customer Centricity! Unsere gemeinsame Herausforderung: souverän bleiben und uns unterscheiden, Gestalter statt Opfer sein.

Was du von diesem Buch erwarten darfst

Die Frage der Macht- und Einflussverschiebungen in der Marktökonomie können wir in der vorliegenden Ausgabe noch nicht komplett beantworten, dafür verändern sich gerade zum jetzigen Zeitpunkt die genannten Systeme zu schnell. Wir befinden uns gewissermaßen gerade unter dem Türsturz zwischen zwei Räumen, zwei Paradigmen, und werden in den nächsten Jahren den großen Schritt nach vorne wagen (müssen). Die Tür wird aufgestoßen oder auffliegen, und es ist die Tür zu einem Raum, in dem es momentan brodelt. In dem wahre Alchemie passiert: die Transition des Handels und des Vertriebs in ein digital-gestütztes hochkomplexes Konstrukt, in dem immer mehr Vorgänge gemäß schnelllernender Systeme und ständig verfeinerter Algorithmen automatisiert ausgeführt werden. In dem die Grenzen von Verkauf (B2C) und Vertrieb (B2B), von Produktentwicklung und -entstehung, von Marketing und After Sales, von Service und nachhaltiger Weiter- oder Wiederverwendung miteinander verschmelzen. Vertrieb bedeutet dann schon längst nicht mehr nur, Waren an den Mann oder die Frau zu bringen. Sondern er reicht über den ganzen Prozess von der Produktentwicklung und der Markenführung über die Marktvorbereitung, den Verkauf, After-Sales bis hin zum nächsten Zyklus. Und auf der anderen Seite, der Kundenseite, reicht die Customer Journey genauso weit: Der Kunde verlässt uns nie mehr – oder besser: Wir verlassen den Kunden nie mehr. Wir dürfen es schlicht nicht.

In der vorliegenden Auflage können wir gemeinsam nur einen kurzen Blick hinter diese Tür werfen. Wir im Vertrieb stehen an der Türschwelle, mit einem Fuß noch im analogen Raum der klassischen Unternehmen, mit der Hand erst am Türgriff, und fragen: »Wenn alles anders wird, was können wir dann noch wissen und umsetzen?« Denn das »Ende des Verkaufens« ist ja nicht das »Ende des Kaufens«. Gekauft wird immer. Die Frage ist nur, wer kauft wann und was bei wem? Und wie?« Sprechen wir drüber? Prima!

Ganz herzlich, dein

[email protected]

1. Kapitel

VERTRIEB

gehtheute

ANDERS …

… weil die

DIGITALEREVOLUTION

auch denVertriebtransformiert

Vor Kurzem war ich bei einem dieser neuen, coolen Start-up-Unternehmen eingeladen, um einen Impulsvortrag zu halten und eine Vorstandsrunde zu moderieren. Das läuft ja ganz gut, sage ich zu mir. Coole Zuhörer, gelöste Stimmung, witziges, loftiges Ambiente. Für das Ende der Veranstaltung habe ich noch ein paar Handouts für die Teilnehmer vorbereitet. Eine Routine bei uns. Das Interesse dafür ist zwar da, jedoch höre ich den Chef des Unternehmens sagen: »Andreas, mail doch die Key Points bitte durch, Papier können wir nicht mehr annehmen. Wir sind komplett digital. Papierkörbe gibt es schon seit Weihnachten nicht mehr bei uns«. Ein Grinsen! Bämm! Was kam ich mir oldschool vor. Tatsächlich hatten sie an Weihnachten gemeinsam die Papierkörbe verbrannt. Demonstrativ! Kein Papier mehr. Konsequenter Weg!

Klassische Unternehmen versus Start-ups?

Hast du auch das Gefühl, dass sich die klassischen Unternehmen immer mehr in die Rente des Vergessens verabschieden und wir es täglich mit neuen agilen Start-ups zu tun haben? Dass viele bekannte Unternehmen und Marken mit dem Rücken zur Wand kämpfen und gleichzeitig technologiegetriebene Neugründungen mit Investorengeldern in Milliardenhöhe ausgestattet werden? Eine neue Blase? So einfach ist es nicht. Aber es gibt auch keine andere einfache Antwort. Warum verschwinden die Dinosaurier der Wirtschaft vom Markt?

Dank zahlreicher technischer Möglichkeiten, dank eines veränderten Verbraucherbewusstseins leben wir heute in einer Digital Economy, die wir bisher vielleicht noch liebevoll als »Social Economy« bezeichnet haben, weil für viele von uns »gefühlt« die soziale Interaktion mit anderen Menschen, Plattformnutzern, Kunden, Kollegen im Zentrum stand. (Daher nutzen wir hier auch kurz den Begriff »Social Economy«, obwohl dieser sich im eigentlichen Sinne mit der »sozialen Wirtschaft«, also dem 3. Sektor und dem Non-Profit-Bereich beschäftigt.) Doch müssen wir feststellen, dass der digitale Transformations-prozess eigentlich sehr viel stärker ist als der soziale Prozess, der auf dieser Plattform stattfindet. Lass es mich mal so sagen: Die Digitalisierung ist die eigentliche Disruption, auf dieser »Trägerfrequenz« läuft der soziale Kommunikationsprozess mit. Unbenommen: Darin nimmt der Kunde einen aktiven Part ein. Er beteiligt sich am Serviceprozess oder am Produktgestaltungsprozess, ermöglicht höhere Effektivität und damit Effizienz. Der Kunde als wichtiger Bestandteil des Innovationsprozesses – das war früher undenkbar. Heute fordert er als solcher mehr Aufmerksamkeit, mehr Wertschätzung.

Digital Economy gleich »Social Economy«? Schneller, globaler, erbarmungsloser

Mit der Digital und Social Economy hat eine neue Ära begonnen. Vorbei ist die Zeit, in der Kunden sich gedulden mussten, Wochen, manchmal Monate darauf gewartet haben, dass ihr Pkw, ihre Küche, ihr Sofa lieferbar ist. In der sie Kompromisse eingegangen sind, weil bestimmte Produkte eben nur in dieser Form oder dieser Farbe erhältlich waren. In der sie sich – beinahe brav – danach richteten, wann der Verkäufer für sie Zeit hatte. Der Kunde als König? Naja, regiert haben lange eher Produktentwicklung und Vertrieb. Doch abseits jeder klassischen Zielgruppendefinition, die sich in Grenzen von Alter, Einkommen oder Bildungsniveau bewegt, hat sich ein neuer Kundentyp entwickelt, selbstbewusst und präsent: Der digitale Kunde geduldet sich nicht. Er fordert. Er reagiert nicht. Er agiert. Der Kunde wird selbst zum Experten. Und wenn der Vertrieb nicht aufpasst, hechelt er dem Kunden in naher Zukunft hinterher. Der Kunde wird nicht auf ihn, wird nicht auf uns warten.

Hintergrund

Social Economy: Oft wird damit der Dritte Sektor bzw. Non-Profit-Sektor bezeichnet. Im Kontext dieses Buches ist damit aber gemeint, dass sich alle Wirtschaftsteilnehmer über die digitalen Plattformen und Kanäle gesellschaftlich austauschen, dass diese Art der sozialen Interaktion und Kommunikation prägend für die Fortentwicklung des wirtschaftlichen Geschehens ist.

Sharing Economy: Der Begriff Sharing Economy, seltener auch Share Economy oder Shareconomy, ist ein Sammelbegriff für Firmen, Geschäftsmodelle, Plattformen, Online- und Offline-Communitys und Praktiken, die eine geteilte Nutzung von ganz oder teilweise ungenutzten Ressourcen ermöglichen, z. B. Autos / Autonutzungen, Nutzungen von Flugzeugkapazitäten in der privaten Luftfahrt, Maschinen, Werkzeuge, Spielzeug, Wohnungen etc.

Platform Economy: Aus dem Englischen übersetzt: Die Plattform-Ökonomie oder Plattformwirtschaft bezeichnet die Summe wirtschaftlichen und sozialen Handelns, das durch (Internet-)Plattformen ermöglicht wird. Typischerweise bringen diese Plattformen Nachfrage und Angebote aller Art (Käufe, Verkäufe, Menschen etc.) zusammen (Stichwort: Online-Matchmaker) oder sie bilden Technologie-Frameworks. Bei Weitem die gebräuchlichste Art sind »Transaktionsplattformen«, »digital Matchmakers« (basierend auf: Wikipedia [Englisch])

Mehr als nur neue Vertriebswege

Daher ist die Verunsicherung in vielen Firmen so groß wie zuletzt während der Großen Depression, resümiert der Economic Policy Uncertainty Index. Kaum jemand in den Unternehmen weiß ob der Entwicklungen auf den Märkten und entlang der soziopolitischen Verwerfungen so recht, wo die Reise hingeht. Und das wirkt sich direkt auf den Vertrieb aus.

Denn hinzu kommen die Herausforderungen der neuen Arbeitswelt, der Digitalisierung und Automatisierung der internen Fertigungs-, Abwicklungs- und externen Kommunikationsprozesse, der Künstlichen Intelligenz (KI). Der veränderten Ansprüche der neuen Generationen von Mitarbeitern – der Generationen Y und Z –, die die Unternehmen als Mitarbeiter, als die neuen Führungskräfte und als Kunden bestimmen. Der globalen Trends, wie Virtualisierung, Disruption, Flexibilisierung und Automatisierung. Das ist alles nicht neu. Was neu ist, ist die Geschwindigkeit, mit der diese Trends das Marktumfeld der Unternehmen und die Unternehmen selbst aufmischen.

Acht Prognosen für 2030

Acht Voraussagen für das Jahr 2030 hat das renommierte World Economic Forum (WEF) getroffen, die unsere Volkswirtschaften, also auch dich als Mensch, Unternehmer, Vertriebsleiter, radikal betreffen werden. Hier eine kurze Zusammenfassung der globalen Vorschau des WEF, quasi auf Punktformel gebracht:

•Es gibt keine Produkte mehr, nur noch Dienstleistungen (Services).

•Der Ausstoß von Kohlendioxid kostet weltweit einen (hohen) Preis.

•Es gibt eine Handvoll an Weltmächten – die bisherige Dominanz der USA wird Geschichte sein.

•Medizinische Versorgung verlagert sich vom allgemeinen Gesundheitswesen auf das private Umfeld.

•Fleisch zu essen und die Fleisch-Industrie sind out.

•Die heutigen Flüchtlinge sind die CEOs von morgen.

•Die vielzitierten westlichen Werte werden bis zu den Grenzen ihrer Belastbarkeit ausgetestet.

•Die Menschheit sucht neue Entwicklungsmöglichkeiten außerhalb ihres geliebten, aber unverantwortlich ausgebeuteten Planeten – geht es in Richtung Weltraum?

Aber noch sind die Besiedlung ferner Planeten und der Weltraumhandel wahrlich nicht unser drängendstes Problem. Angesichts neuen Protektionismus und Nationalismus, Mauern und Zollstreit, Brexit und Rohstoff-Ausverkauf, angesichts globaler Verwerfungen, die die Märkte und Volkswirtschaften auch gegenwärtig schon weltweit spüren, greifen in vielen Firmen, kleinen wie großen, Gefühle der Unberechenbarkeit und der Ohnmacht um sich. Wenig bis nichts scheint noch kalkulierbar; mit letzter Sicherheit lässt sich nur sagen, dass die digitale Transformation uns alle in den Unternehmen massiv betrifft – auch den Vertrieb. Nur darf diese »Sicherheit der ständigen Unsicherheit« eines nicht: Zögerlichkeit bei euch auslösen. Denn Zögern ist in den heutigen Märkten gleichbedeutend mit Rückschritt. Das ist ein Tod auf Raten.

Digitale Transformation nach außen und innen

Für viele Unternehmen kommt das Aus zurzeit noch schneller, als sie »Agilität« sagen können, nämlich für diejenigen, die die digitale Transformation zu lange verschlafen haben und sich an modifizierte Technologien und Geschäftsmodelle auf ihren Märkten nicht anpassen konnten. Die neue disruptive Businessmodelle in ihrer Branche entweder ignorieren oder zu spät wahrnehmen und denken, die digitale Transformation beträfe in ihrem Unternehmen nur den Bereich Forschung und Entwicklung und nicht etwa auch Marketing und Vertrieb. Dabei liegt gerade an der Schnittstelle zum Kunden, also in der »digitalen Transformation nach außen«, das größte und wichtigste Anwendungsfeld der Digitalisierung, wie die Abbildungen auf der folgenden Seite zusammenfassen.

Wenn du also wissen willst, wie »Vertrieb heute anders geht«, kommst du nicht umhin, dich mit der Bedeutung der Digitalisierung für deine Branche, deinen Vertrieb und für deine Führungsrolle auseinanderzusetzen.

Die Schnellen fressen die Langsamen und jetzt sogar die Großen