Verwaltungsrecht – leicht gemacht. - Claus Murken - E-Book

Verwaltungsrecht – leicht gemacht. E-Book

Claus Murken

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Beschreibung

Ein erstaunlich umfassendes Taschenbuch. Hier wird das Allgemeine und Besondere Verwaltungsrecht von einem erfahrenen Rechtsanwalt anschaulich vermittelt.

Das Buch beinhaltet das Allgemeine Verwaltungsrecht:

– Verwaltungsorganisation
– Verwaltungsakt
– Verwaltungsverfahren
– Amtshaftung

Aus dem Besonderen Verwaltungsrecht:

– Baurecht
– Gewerbe- und Gaststättenrecht
– Polizei- und Ordnungsrecht

Das Erfolgslehrbuch überzeugt durch klare Sprache und zweckmäßige Strukturierung. Zahlreiche Beispielfälle erleichtern Verständnis und Umsetzung. Eine unerlässliche Hilfe für die verwaltungsrechtliche Klausur.

Ihr Plus: 11 Prüfschemata und 22 Übersichten.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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leicht gemacht® ... Fachwissen aus Taschenbüchern

Die Gelbe Serie: Recht

Die Blaue Serie: Steuer und Rechnungswesen

[1]

GELBE SERIE leicht gemacht®

Herausgeber: Professor Dr. Hans-Dieter Schwind Richter Dr. Peter-Helge Hauptmann

Verwaltungsrecht

leicht gemacht

Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht: Erfolg in Basiswissen und Klausur

5. überarbeitete Auflage

von

Claus Murken

Rechtsanwalt

  Ewald von Kleist Verlag, Berlin

[2]

Besuchen Sie uns im Internet:www.leicht-gemacht.de

Autoren und Verlag freuen sich über Anregungen

Umwelthinweis: Dieses Buchwurde auf chlorfrei gebleichtem Papier gedrucktGestaltung: M. Haas, www.haas-satz.berlin; J. RammingerDruck & Verarbeitung: Druckerei Siepmann GmbH, Hamburgleicht gemacht® ist ein eingetragenes Warenzeichen

© 2019 Ewald v. Kleist Verlag, Berlin

[3]

Inhalt

I.Verwaltung und Verwaltungsrecht

Lektion 1: Verwaltungsrecht als Teil des öffentlichen Rechts

Lektion 2: Verwaltungsorganisation

Lektion 3: Gesetzmäßigkeit der Verwaltung

II.Der Verwaltungsakt

Lektion 4: Handlungsformen der Verwaltung

Lektion 5: Begriff und Arten des Verwaltungsakts

Lektion 6: Wirksamkeit eines Verwaltungsakts

Lektion 7: Rechtmäßigkeit von Verwaltungsakten

Lektion 8: Aufhebung von Verwaltungsakten

III.Verwaltungsverfahren und -Vollstreckung

Lektion 9: Verwaltungsverfahren

Lektion 10: Verwaltungsvollstreckung

IV.Die Haftung des Staates

Lektion 11: Amtshaftung

Lektion 12: Entschädigungsansprüche

Lektion 13: Folgenbeseitigungsanspruch

V.Besonderes Verwaltungsrecht

Lektion 14: Baurecht

Lektion 15: Gewerbe- und Gaststättenrecht

Lektion 16: Polizei- und Ordnungsrecht

Sachregister

[4]

Übersichten * Prüfschemata

Übersicht 1 Aufbau des Öffentlichen Rechts in Deutschland

Übersicht 2 Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht

Übersicht 3 Handlungsformen der Verwaltung

Prüfschema 1 Verwaltungsakt

Übersicht 4 Arten von Rechtsfolgen

Übersicht 5 Regelungsinhalt eines Verwaltungsakts

Übersicht 6 Abgrenzung des Verwaltungsakts

Prüfschema 2 Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts

Übersicht 7 Ermessensfehler

Prüfschema 3 Verhältnismäßigkeit

Übersicht 8 Arten von Verwaltungsverfahren

Übersicht 9 Voraussetzungen einer Vollstreckungsanordnung

Übersicht 10 Zwangsmittel

Prüfschema 4 Amtshaftung

Übersicht 11 Arten von Entschädigungsansprüchen

Prüfschema 5 Enteignung

Prüfschema 6 Enteignungsgleicher Eingriff

Prüfschema 7 Enteignender Eingriff

Prüfschema 8 Aufopferungsanspruch

Prüfschema 9 Folgenbeseitigungsanspruch

Übersicht 12 Ansprüche im Staatshaftungsrecht

Übersicht 13 Regelungsbereiche des Besonderen Verwaltungsrechts

Übersicht 14 Bauplanungs- und Bauordnungsrecht

Prüfschema10 Qualifizierter Bebauungsplan

Übersicht 15 Bauordnungsverfügungen

Prüfschema 11 Gewerbebegriff

Übersicht 16 Regelungsbereiche der Gewerbeordnung

Übersicht 17 Behördliche Instrumentarien

Übersicht 18 Begriff des Gaststättengewerbes

Übersicht 19 Aufbau und Organisation der Polizei

Übersicht 20 Öffentliche Sicherheit

Übersicht 21 Der Begriff der Gefahr

Übersicht 22 Polizeipflicht

[5]

I.Verwaltung und Verwaltungsrecht

Lektion 1: Verwaltungsrecht als Teil des öffentlichen Rechts

Was ist eigentlich Verwaltung? Wo und wie wird sie tätig? Eine Vorstel-lung davon hat wohl jeder und typische Beispiele zu nennen, fällt nicht schwer: Klassische Fälle sind etwa die Bauaufsicht, die Gewerbekontrolle, das Erheben von Abgaben, Steuern und Gebühren, die Schulverwaltung oder die Bewilligung von Sozialleistungen. Aber auch der Polizist, der den Verkehr regelt, wird verwaltend tätig. Und selbst der Kinderspielplatz ist ein Ergebnis von Verwaltungsaktivität: Seine Bereitstellung gehört – ebenso wie die Gewährleistung von Stromversorgung oder Nahverkehr – zu einer besonders vornehmen Aufgabe der Verwaltung, der Daseinsvorsorge für die Bürger.

Verwaltung reicht mittlerweile in viele, ja nahezu alle Lebensbereiche hinein. Gerade auch deshalb ist es wichtig, dass sie nicht willkürlich geschieht. So darf der Beamte in der Versammlungsbehörde nicht etwa nach Tageslaune darüber befinden, ob er eine geplante Demonstration verbietet oder nicht. Die Verwaltung muss sich vielmehr an Vorgaben halten. Wo aber sind solche Spielregeln zu finden, d.h. welches Recht gilt für die Verwaltung?

Die deutsche Rechtsordnung kennt zwei große Rechtsgebiete: Privatrecht und öffentliches Recht. Für die Verwaltung gelten in aller Regel – Sie werden es bereits geahnt haben – die Vorschriften des öffentlichen Rechts.

Hinweis für die Klausur:Ohne die in diesem Band angegebenen Paragrafen nachzulesen, macht die Vorbereitung wenig Freude (und ergibt noch weniger Sinn). Auch wenn der tiefe Griff in die Tasche Überwindung kostet, besorgen Sie sich die zentrale Gesetzessammlung „Sartorius Dessen Nummerierung ist nach den im Text neu auftauchenden Gesetzen jeweils angegeben. Des Weiteren sollten Sie feststellen, welche verwaltungsrechtliche Gesetzessammlung in der Klausur benutzt werden darf. Sollte dies nicht der Sartorius sein, so müssen Sie ihre Vorbereitung entsprechend umstellen.

[6]

Für die Verwaltung gelten wie gesagt grundsätzlich die Regelungen des öffentlichen Rechts. Wann jedoch liegt öffentliches Recht in Abgrenzung zum Privatrecht vor? Dazu der erste Beispielsfall:

Fall 1

Die Gewerbeaufsichtsbehörde untersagt dem Bierproduzenten B gemäß § 35 I GewO (Sartorius Nr. 800) die Fortführung seines Betriebs, da er wiederholt zu tief ins Glas geschaut habe. Er sei daher als unzuverlässig anzusehen. B ist darüber so erzürnt, dass er sich sofort in den nächsten Supermarkt begibt. Dort kauft er gemäß § 433 BGB einen Kasten des eigenen Gebräus, mit dem er sein Mütchen zu kühlen sucht. Welche der beiden genannten Vorschriften ist öffentlich-rechtlich, welche privat-rechtlich?

Die Differenzierung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht ist nicht ganz unproblematisch. Gleich zu Beginn dieses Buchs Theoretisches auszubreiten, ist daher leider unvermeidbar (soll in diesem Ausmaß aber nicht wieder vorkommen, versprochen!).

Denn worin der Unterschied eigentlich besteht, darüber streiten sich die Gelehrten, und das bereits seit langem. Schon der römische Jurist Ulpian hat sich im 2. Jahrhundert nach Christus Gedanken gemacht: Dem öf-fentlichen Recht zugehörig sind seiner Meinung – und der heute noch vertretenen „Interessentheorie‟ nach – alle Vorschriften, die öffentlichen Interessen dienen. Zum Privatrecht hingegen gehören die Regelungen, die Privatinteressen dienen.

Noch anschaulicher kommt die sog. „Subordinationstheorie‟ daher: Danach liegt öffentliches Recht immer dann vor, wenn die Beteiligten in einem Über-/Unterordnungsverhältnis stehen (der Staat also über dem Bürger). Privatrecht sei demgegenüber durch ein Verhältnis der Gleich-ordnung (Bürger – Bürger) gekennzeichnet.

Die „Zuordnungstheorie‟ schließlich stellt das Zuordnungssubjekt der jeweiligen Vorschrift in den Mittelpunkt: Werde ausschließlich der Staat durch die Vorschrift berechtigt oder verpflichtet, so liege öffentliches Recht vor. Die für jedermann geltenden Regelungen seien dagegen dem Privatrecht zuzurechnen.

[7]

Durchsetzen konnte sich bislang keine der verschiedenen Lehrmeinun- gen. Für den Einzelfall sind sie je nach Eignung auch nebeneinander anwendbar. Meist ist die Unterscheidung ohnehin leicht zu treffen, und auch die Theorien gelangen größtenteils zum selben Ergebnis.

So auch in Fall 1: § 35 GewO ist – unschwer zu erkennen – eine Vorschrift des öffentlichen Rechts. Sie dient nämlich öffentlichen Interessen (dem Schutz vor Gefahren durch die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden). Die Behörde, die die Untersagung ausspricht, ist dem G zudem rechtlich übergeordnet. Schließlich berechtigt § 35 GewO ausschließlich staatliche Stellen dazu, eine Gewerbeuntersagung zu verfügen. Allen drei Theorien zufolge ist § 35 GewO damit dem öffentlichen Recht zuzuordnen.

Auch im Hinblick auf § 433 BGB herrscht Übereinstimmung: Die Rege-lung dient privaten Interessen (nämlich denen der am Kauf Beteiligten). Käufer und Verkäufer sind einander gleichgeordnet. Darüber hinaus kann jedermann Kaufverträge abschließen, nicht etwa nur Hoheitsträger. Einstimmiges Ergebnis zu § 433 BGB also: Privatrecht!

Leitsatz 1

Öffentliches Recht

Das öffentliche Recht ist vom Privatrecht abzugrenzen.

Dem öffentlichen Recht gehören diejenigen Vorschriften an, die

– öffentlichen Interessen dienen (Interessentheorie)

– den Staat dem Bürger überordnen (Subordinationstheorie) bzw.

– einseitig den Staat berechtigen oder verpflichten (Zuordnungstheorie).

Die Leitsätze fassen die wesentlichen Punkte einer Lektion nochmals zusammen. Sie sind dazu gedacht, das Ganze merkfähig zu machen. Mit ihrer Hilfe können Sie sich das Gelernte noch einmal leicht ins Gedächt-nis zurückrufen; prägen Sie sich die Leitsätze gut ein.

So, der Begriff des öffentlichen Rechts wäre soweit möglich geklärt. Öffentliches Recht aber ist ein weites Feld; welche Vorschriften gelten [8] denn nun speziell für die Verwaltung? Das öffentliche Recht umfasst das Verfassungsrecht, Völker- und Europarecht, Strafrecht und – da haben wir’s – Verwaltungsrecht. Dazu die Übersicht 1:

Das Verwaltungsrecht wird von den Vorschriften innerhalb des öffent-lichen Rechts gebildet, die eigens für die Verwaltung, insbesondere ihre Tätigkeit und Organisation, gelten. Das Verwaltungsrecht regelt darüber hinaus die Beziehungen zwischen Bürger und Verwaltung, vor allem die Rechte und Pflichten, die dem Bürger gegenüber der Verwaltung zukommen.

Fall 2

A errichtet in seinem Vorgarten ohne Genehmigung einen Whirlpool. Die Bauaufsichtsbehörde möchte einen Stopp der Bauarbeiten anordnen. Zur gleichen Zeit stellt die örtliche Umweltbehörde fest, dass die Fabrik des Unternehmers B zu viele Schadstoffe ausstößt. Sie will ihm daher aufgeben, einen Schadstofffilter in den Schornstein einzubauen. Beide Behörden fragen sich, ob sie die genannten Verfügungen ohne Weiteres erlassen können. Oder müssen sie A und B zuvor Gelegenheit zur Stel-lungnahme geben?

Innerhalb des Verwaltungsrechts ist zu unterscheiden zwischen Beson-derem und Allgemeinem Verwaltungsrecht. Besonderes Verwaltungsrecht ist das Recht der einzelnen Tätigkeitsbereiche der Verwaltung, also z.B. Baurecht, Gewerberecht, Straßenrecht, Polizei- und Ordnungsrecht, [9] Sozial-, Schul-, Abgaben- oder Dienstrecht. Das besondere Verwaltungs-recht ist in speziellen Gesetzen geregelt. Das Baurecht etwa hat seinen Platz im Bundesbaugesetzbuch und den Landesbauordnungen gefunden, das Gewerberecht in der Gewerbeordnung und im Gaststättengesetz, das Umweltrecht im Bundes-Immissionsschutzgesetz usw.

Das Allgemeine Verwaltungsrecht dagegen umfasst diejenigen Rege-lungen, Prinzipien und Begriffe, die grundsätzlich für alle Bereiche des Verwaltungsrechts gelten. Es beschäftigt sich etwa mit der Organisation der Verwaltung und enthält grundlegende Regeln über deren Handlungs-möglichkeiten, das Verfahren, die Vollstreckung sowie die Staatshaftung. Geregelt ist das allgemeine Verwaltungsrecht im Wesentlichen im Ver-waltungsverfahrensgesetz (VwVfG – Sartorius Nr. 100). Ein VwVfG gibt es dabei im Bund und in den einzelnen Ländern: Handelt eine Bundes-behörde, so gilt das VwVfG des Bundes. Wird eine Landesbehörde tätig, gelangt das VwVfG des Landes zur Anwendung. Im Buch angegeben werden jeweils die Paragrafen des Bundes-VwVfG. Die meisten Verwal-tungsverfahrensgesetze der Länder verweisen auf dieses oder stimmen mit ihm überein. Allein in Schleswig-Holstein ist die Nummerierung der Vorschriften eine andere, inhaltlich ergeben sich jedoch (zumindest be-züglich der für uns relevanten Normen) keine Unterschiede.

Übrigens: Hinsichtlich der Differenzierung zwischen Allgemeinem und Besonderem Verwaltungsrecht besteht eine deutliche Parallele zum Pri-vatrecht. Vielleicht sind Sie schon einmal mit dem Bürgerlichen Gesetz-buch (BGB) in Berührung gekommen. Dort ist als erstes der sogenannte Allgemeine Teil geregelt. Dieser enthält Grundsätze, die für alle Bücher des BGB gelten, z.B. wichtige Definitionen oder allgemeine Regelungen, wann ein Vertrag zustande kommt. Die Methode, Grundregeln „vor die Klammer zu ziehen‟, erleichtert dem Gesetzgeber die Arbeit ungemein, ist er doch so nicht zu ständigen Wiederholungen gezwungen. Ähnlich ist er also im Verwaltungsrecht verfahren.

In Fall 2 geht es um verschiedene Bereiche des Besonderen Verwal-tungsrechts, nämlich um Baurecht und Umweltrecht. Die Anordnung gegenüber A, die Bauarbeiten am Pool zu stoppen, richtet sich nach der Landesbauordnung. Für die Anweisung an B, einen Schadstofffilter in seinen Schornstein einzubauen, sind die Vorschriften des Bundesimmis-sionsschutzgesetzes maßgeblich. Die Frage aber, ob A und B angehört werden müssen, richtet sich in beiden Fällen nach Allgemeinem Ver [10] waltungsrecht: § 28 I VwVfG regelt, dass vor Erlass einer belastenden Verfügung den Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist. Die Vorschrift gilt für alle belastenden Verfügungen, egal aus welchem Gebiet des Besonderen Verwaltungsrechts sie stammen. A und B dürfen sich vor Erlass der Anordnungen also zur Sachlage äußern.

Übersicht 2 fasst das Verhältnis von Besonderem und Allgemeinem Ver-waltungsrecht noch einmal zusammen:

Das Allgemeine Verwaltungsrecht behandelt also die Fragen, die für alle speziellen Verwaltungszweige gelten. Ihm wollen wir uns im Folgenden widmen. In den Lektionen 14 – 16 werden dann die ausbildungs- und praxisrelevantesten Bereiche des Besonderen Verwaltungsrechts konkret dargestellt: Baurecht, Gewerbe- und Gaststättenrecht, Polizei- und Ordnungsrecht.

[11]

Lektion 2: Verwaltungsorganisation

Fall 3

K möchte sich mit einer Ein-Euro-Ladenkette selbstständig machen. Aus dem Internet erfährt er, dass der Bund Fördermöglichkeiten für Existenz-gründer bereitstellt. Wenden müsse man sich dazu an das Bundeswirt-schaftsministerium. K stellt einen Förderantrag, der wenige Tage später auf dem Tisch des Sachbearbeiters S im Wirtschaftsministerium liegt. Der Bund, das Bundesministerium für Wirtschaft und der sachbearbeitende Beamte S sind verschiedene Glieder innerhalb der Verwaltungsorganisation. Wie heißen sie?

Für die Verwaltungstätigkeit werden sowohl Personen, die sie ausführen, wie auch sachliche Hilfsmittel (Gebäude, Büromaterial etc.) benötigt. Be-reitgestellt werden diese Voraussetzungen für die Verwaltungstätigkeit jeweils von einer Organisation, dem sog. „Verwaltungsträger‟. Verwal-tungsträger sind Organisationen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Dies sind die juristischen Personen des öffentlichen Rechts, also insbe-sondere der Bund, die Länder und Gemeinden, Landkreise sowie sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (was sich hinter letzteren drei Begriffen im Einzelnen verbirgt, werden wir gleich noch sehen).

Als juristische Personen sind die Verwaltungsträger zwar rechtsfähig, aber nicht handlungsfähig. Zum Handeln bedienen sie sich vielmehr ihrer „Organe‟. Organe sind also Einrichtungen eines Verwaltungsträgers, die für diesen nach außen tätig werden. Organe können aus Einzelpersonen oder Gremien bestehen. So hat beispielsweise die Gemeinde die Organe Bürgermeister und Gemeindevertretung. Organe des Bundes sind etwa Bundeskanzler, Bundesregierung und Bundesministerien.

Da es sich auch bei den Organen lediglich um rechtliche Gebilde handelt, benötigen sie Menschen, die für sie tätig werden: Diese natürlichen Per-sonen, die die den Organen zugewiesenen Aufgaben konkret ausführen, heißen „Organwalter‟; Beispiele: das einzelne Mitglied der Gemeinde-vertretung oder der dem Bürgermeister unterstehende Sachbearbeiter.

Zu Fall 3: Der Bund ist als rechtsfähige juristische Person des öffentlichen Rechts „Verwaltungsträger‟. Das Bundesministerium für Wirtschaft ist [12] für den Bund handelndes „Organ‟, der Sachbearbeiter S aus dem Wirtschaftsministerium „Organwalter‟.

Unmittelbare und mittelbare Staatsverwaltung

Im Hinblick auf den Verwaltungsaufbau in der Bundesrepublik Deutsch-land ist zwischen unmittelbarer und mittelbarer Staatsverwaltung zu unterscheiden.

Leitsatz 2

Arten von Staatsverwaltung

Sowohl dem Bund wie auch den Ländern kommt Staatsqualität zu. Als Inhaber ursprünglicher, nicht abgeleiteter Herrschaftsgewalt sind sie originäre Verwaltungsträger. Werden sie durch eigene Behörden verwaltend tätig, so bezeichnet man dies als „unmittelbare‟ Staatsverwaltung. Bund und Länder können ihre Verwaltungsaufgaben aber auch durch rechtlich verselbstständigte Verwaltungsträger wahrnehmen, die im Auftrag und unter der Aufsicht von Bund bzw. Ländern tätig werden – sog. „mittelbare‟ Staatsverwaltung.

Wie die mittelbare Staatsverwaltung ausgestaltet ist, sehen wir uns nachher im Einzelnen an. Jetzt erst einmal zur unmittelbaren Staats-verwaltung: Sie kann sowohl auf Bundes- wie auch auf Landesebene stattfinden.

Unmittelbare Bundesverwaltung

Fall 4

Bundesligakeeper K liebt die Geschwindigkeit und seinen Porsche. Ab-seits des Fussballplatzes macht er sich einen Sport daraus, Polo-Fahrer zu jagen. Einen besonders greisen Polo am Horizont im Visier, übersieht er bei Tempo 250 großzügig das Geschwindigkeitsbegrenzungsschild „120‟ sowie auch das dahinter aufgebaute Blitzgerät. K findet sich in einem warmen Punkteregen aus Flensburg wieder. Welche Art von Behörde ist das Flensburger Kraftfahrt-Bundesamt?

[13]

Unmittelbare Staatsverwaltung durch den Bund als Verwaltungsträger – die sog. „unmittelbare Bundesverwaltung‟ – liegt, wie gerade erwähnt, vor, wenn der Bund die Gesetze durch eigene Behörden vollzieht.

Zu unterscheiden sind dabei insbesondere zwei Arten von Behörden: die obersten Bundesbehörden und die Bundesoberbehörden. Gemeinsam ist ihnen, dass sie räumlich jeweils für das gesamte Bundesgebiet zuständig sind. Den obersten Bundesbehörden kommt Verfassungsrang zu, sie sind im Grundgesetz genannt, z.B. Bundesregierung, Bundeskanzler und Bundesminister (Art. 62, 65 GG). Bundesoberbehörden sind den ver-schiedenen Bundesministerien nachgeordnete Behörden, die sachlich für spezielle Verwaltungsaufgaben zuständig sind. Dem Innenministerium nachgeordnet ist etwa das Bundeskriminalamt, dem Wirtschaftsministe-rium das Bundeskartellamt.

Das Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg aus Fall 4, mit dem K sich ange-legt hat, ist eine dem Verkehrsministerium nachgeordnete Behörde und damit Bundesoberbehörde.

Unmittelbare Landesverwaltung

Fall 5

Im Bundesland L ist oberste Abfallwirtschaftsbehörde der Umweltmi-nister, obere Abfallwirtschaftsbehörde der Regierungspräsident, untere Abfallwirtschaftsbehörde der Kreis. Sachbearbeiter S des Landkreises K ist erbost, dass das Regierungspräsidium ständig Weisungen zur Geneh-migung von Mülldeponien in K erlässt. Muss S diese befolgen und die Deponien genehmigen?

Die Verwaltungstätigkeit obliegt gemäß Art. 30, 83 GG grundsätzlich den Ländern: Diese vollziehen nämlich neben den eigenen Gesetzen in der Regel auch die Bundesgesetze (Art. 83 GG). Anders als auf Bundesebene findet sich aufgrund des größeren Aufgabenumfangs in den Ländern daher regelmäßig auch ein mehrstufiger Verwaltungsaufbau: Oberstufe, Mittelstufe und Unterstufe.

Behörden der Oberstufe sind für das gesamte Landesgebiet zuständig. Oberste Landesbehörden sind solche, denen aufgrund der jeweiligen Landesverfassung Verfassungsrang zukommt, bspw. die Landesregierung, [14] der Ministerpräsident und die Landesministerien. Die sogenannten Landesoberbehörden sind, wie auf Bundesebene die Bundesoberbehörden, den einzelnen Ministerien nachgeordnet; sie nehmen sachlich spezielle Verwaltungsaufgaben wahr. So ist etwa das Landeskriminalamt dem Innenministerium des Landes nachgeordnet.

Die Mittelstufe in der Verwaltungsorganisation der Länder bilden die – je nach Land unterschiedlich bezeichneten – „Regierungspräsidien‟, „Re-gierungen‟ oder „Bezirksregierungen‟. Sachlich nehmen sie sämtliche Formen von Verwaltungsaufgaben wahr. Sie sind jedoch örtlich jeweils nur für einen bestimmten Bezirk des Landes zuständig.

Auf der Unterstufe nehmen die Landkreise die allgemeinen Verwaltungs-aufgaben wahr, soweit nicht für einzelne Aufgabenbereiche Sonderver-waltungsbehörden (z.B. Forstämter, Eichämter, Finanzämter) gebildet wurden.

Nachgeordnete Behörden unterliegen dabei der Fachaufsicht der über-geordneten Behörden, d.h. ihr Handeln kann auf Recht- und Zweckmä-ßigkeit hin kontrolliert werden. Außerdem können den nachgeordneten Behörden Vorgaben gemacht werden.

So könnte etwa das Umweltministerium aus Fall 5 allgemein bestimmen, wie mit Genehmigungsanträgen für Mülldeponien im Einzelnen zu verfahren ist. Auch die Weisungen des Regierungspräsidiums, die Mülldeponien im Landkreis K zu genehmigen, müssen von der unteren Abfallwirtschaftsbehörde befolgt werden. Sachbearbeiter S muss die Ge-nehmigungen demnach schweren Herzens erteilen.

Mittelbare Staatsverwaltung

Fall 6

Rechtsanwalt R hat sich auf Rentenrecht spezialisiert. Da seine Wohnzim-merkanzlei sich jedoch im fünften Stock eines fahrstuhllosen Gebäudes befindet, hält sich der Mandantenzuspruch bislang in Grenzen. Den Jahresbeitrag seiner Rechtsanwaltskammer, den R ohnehin für unan-gemessen hält, möchte er gerne einsparen, indem er diese verlässt. Um was für eine Einrichtung handelt es sich bei der Rechtsanwaltskammer? Kann R aus ihr austreten?

[15]

Bund und Länder können Verwaltungsaufgaben nicht nur durch eigene Behörden (unmittelbare Staatsverwaltung), sondern auch durch rechtlich verselbstständigte Verwaltungsträger wahrnehmen, die im Auftrag und unter der Aufsicht des Bundes bzw. Landes tätig werden: sogenannte mittelbare Staatsverwaltung. Diese rechtlich verselbstständigten Verwal-tungsträger sind Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffent-lichen Rechts.

Körperschaften des öffentlichen Rechts sind durch staatlichen Hoheitsakt (z.B. Gesetz) geschaffene Organisationen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Sie bestehen aus Mitgliedern, wobei der Bestand der Körperschaft vom Wechsel der Mitglieder unabhängig ist. Nach ihren Mitgliedern lassen sich verschiedene Arten von Körperschaften diffe-renzieren: So ergibt sich die Mitgliedschaft bei einer Gebietskörperschaft aus dem Wohnsitz in einem bestimmten Gebiet. Jeder Einwohner einer bestimmten Gemeinde ist daher Mitglied der Gebietskörperschaft Ge-meinde. Bei Personalkörperschaften folgt die Mitgliedschaft dagegen aus einer speziellen Eigenschaft einer Person, z.B. dem Beruf. Personalkör-perschaften haben diese Personen in der Regel als Zwangsmitglieder. Die Rechtsanwaltskammer aus Fall 6 ist eine derartige Personalkörperschaft. Alle Rechtsanwälte in ihrem Bezirk sind Zwangsmitglieder, R kann den Kammerbeitrag daher nicht ohne Weiteres durch Austritt einsparen.

Mittelbare Staatsverwaltung kann daneben auch über Anstalten des öf-fentlichen Rechts erfolgen. Anstalten sind organisatorisch verselbststän-digte Zusammenfassungen von Personal- und Sachmitteln zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe. Sie werden ihren Benutzern zur Verfügung gestellt. Klassisches Beispiel sind etwa die öffentlichen Rundfunkanstal-ten.

Stiftungen des öffentlichen Rechts schließlich sind durch staatlichen Hoheitsakt gegründete Organisationen zur Erfüllung öffentlicher Aufga-ben mit Hilfe von Vermögenswerten, die ihnen von einem Stifter über-geben worden sind. Im Unterschied zu Körperschaften, die durch ihre mitgliedschaftliche Struktur geprägt werden, und zu Anstalten, die Be-nutzer haben, sind Stiftungen durch ihr Vermögen charakterisiert. Mehr oder weniger bekanntes Beispiel ist die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die die ehemals preußischen Kulturgüter wie Gebäude, Kunstsammlun-gen und Bibliotheken verwaltet.

[16]

Leitsatz 3

Mittelbare Staatsverwaltung

Die mittelbare Staatsverwaltung erfolgt durch Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts:

1. Körperschaften: aus Mitgliedern bestehende Personenvereinigungen, die öffentlichen Zwecken dienen, z.B. Gemeinde, Rechtsanwaltskammer, Universität

2. Anstalten: mit Personal und Sachmitteln ausgestattete Organisationen zur Erfüllung eines öffentlichen Zwecks für Benutzer, z.B. Rundfunkanstalten

3. Stiftungen: rechtlich verselbstständigte Vermögen zur Förderung eines öffentlichen Zwecks, z.B. Stiftung Preußischer Kulturbesitz

[17]