Verzaubertes Leben - Mary McCarthy - E-Book

Verzaubertes Leben E-Book

Mary McCarthy

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

In das neuenglische Küstendorf, wo neben vernünftigen, sturen Alteinwohnern allerlei Künstler und Intellektuelle leben, kehrt Martha mit ihrem neuen, jüngeren Mann zurück, um ein Theaterstück zu schreiben, während ihr mächtiger Ex-Gatte, ebenfalls neugesellt, in den Kulissen lauert – ein Fressen, ein herrlicher Loyalitätskonflikt für die übrigen klatschsüchtigen Bekannten mit ihren höchst verschiedenen Vorstellungen von Anstand und Glück.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 536

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



rowohlt repertoire macht Bücher wieder zugänglich, die bislang vergriffen waren.

 

Freuen Sie sich auf besondere Entdeckungen und das Wiedersehen mit Lieblingsbüchern. Rechtschreibung und Redaktionsstand dieses E-Books entsprechen einer früher lieferbaren Ausgabe.

 

Alle rowohlt repertoire Titel finden Sie auf www.rowohlt.de/repertoire

Mary McCarthy

Verzaubertes Leben

Aus dem Englischen von Maria Carlsson

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

In das neuenglische Küstendorf, wo neben vernünftigen, sturen Alteinwohnern allerlei Künstler und Intellektuelle leben, kehrt Martha mit ihrem neuen, jüngeren Mann zurück, um ein Theaterstück zu schreiben, während ihr mächtiger Ex-Gatte, ebenfalls neugesellt, in den Kulissen lauert – ein Fressen, ein herrlicher Loyalitätskonflikt für die übrigen klatschsüchtigen Bekannten mit ihren höchst verschiedenen Vorstellungen von Anstand und Glück.

Über Mary McCarthy

Aus einer Kette halb unerwünschter Begegnungen und Gespräche destilliert Mary McCarthy (1912–1989), eine Klassikerin der modernen amerikanischen Literatur, eine Gesellschaftskomödie, wie sie sich heute nicht turbulenter und geistreicher erleben oder schreiben ließe.

Inhaltsübersicht

1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel11. Kapitel12. Kapitel13. Kapitel

1

John Sinnott schnitt sich in die Hand, als er versuchte, im unteren Badezimmer ein verklemmtes Fenster hochzuschieben. Sie wohnten seit einem Monat wieder in ihrem neuerworbenen Haus, und John war immer noch mit geringfügigen Reparaturen beschäftigt. Der Sommermieter hatte etliche Zigarettenbrandstellen auf dem Kaminsims im oberen Badezimmer hinterlassen, außerdem einen großen Fettfleck auf dem Teppich im Eßzimmer (eine Platte mit Steaks war ihm da aus der Hand gerutscht), eine zerbrochene Fensterscheibe und auf Martha Sinnotts weißem Schreibtisch einen Tintenfleck, der, wie sie es ausdrückte, eines Martin Luther würdig gewesen wäre. Der Mieter war ein unverheirateter Rechtsanwalt aus New York, dessen Klientel hauptsächlich aus Theaterleuten bestand, und er hatte eine sehr gute Miete gezahlt, wie Martha ihrem Mann John ins Gedächtnis rief, der manchmal vor Wut zerspringen wollte und sich ausgenutzt fühlte. Man müsse damit rechnen, daß etwas in die Brüche gehe, sagte Martha tapfer. Auch sie hätten einiges zerbrochen zu ihrer Zeit, hielt sie ihm vor, und dann zählte sie ihm all die Sünden auf, die sie als Mieter begangen hatten. Aber für John war das nicht das gleiche. Er lehnte es ab, mit einem Mieter verglichen zu werden, der seinen Freunden erlaubte, mit ihren Autos kreuz und quer über den Rasen zu karriolen und auf Flaschen zu schießen, die sie zuvor geleert hatten, und in Marthas Kräuterfrühbeet zu stolpern, das sie in diesem Frühling mit soviel Eifer angelegt hatte, als sie hergekommen waren, um das Haus instand zu setzen. John fand nicht, daß die diversen Alkoholika, die der Mieter in der Vitrine zurückgelassen hatte, den Schaden wettmachten. Auch fand er nicht, daß der Eßzimmerteppich der geeignete Platz war, ein Steak zu tranchieren, selbst dann nicht, wenn, wie Martha ihm vorhielt, der Tisch wackelte.

Er war wütend, und im Lauf des Septembers wurde er immer wütender, denn er stieß ständig auf neue Schrammen und Narben. Er erwähnte sie Martha gegenüber schon gar nicht mehr, denn es bekümmerte sie so sehr, von des Mieters Missetaten zu hören, teils um des Mieters selber willen, teils um Johns willen – sie fürchtete, daß dieser aus dem seelischen Gleichgewicht geraten werde. Seit dem Labor Day, dem Tag, an dem der Mieter das Haus geräumt hatte, stand es nicht zum besten zwischen ihnen. Martha, so schien es, hatte sich zum Fürsprecher für den Mieter ernannt, suchte Entschuldigungen für ihn, bemäntelte und beschönigte, bat um Nachsicht, und das alles mit großen, besorgten, braunen Augen, wie eine richtige kleine Portia. Und um den Mieter zu exkulpieren, wies sie unablässig sanft auf die Mängel des Hauses hin: auf den wackeligen Tisch, den unberechenbaren Herd, darauf, daß sie es noch nicht dazu gebracht habe, Gardinen fürs Schlafzimmer zu nähen. In Johns Augen war das unverzeihlich. Er war ein junger Mann mit leidenschaftlichem Loyalitätsempfinden, und er wollte kein Wort gegen das Haus dulden, ebensowenig, wie er sich Unglimpfliches über Martha anhören würde. Er haßte ihren Hang zur Selbstkritik; er wünschte, daß sie und das Ihre unanfechtbar seien.

Am meisten haßte er es, wenn sie recht hatte oder wenigstens teilweise recht, wie jetzt, was den Mieter betraf. Aber sie sah nicht ein, wie zu Fleiß nicht, daß sein Zorn auf den Anwalt notwendig für ihn war und daß es ihm dabei hauptsächlich um sie ging: er konnte nicht ertragen, daß ihr Haus geringschätzig behandelt wurde. Denn Martha war in einer heiklen Situation. Sie hätte nie hierher zurückkehren dürfen – und sie beide, John und auch Martha, wußten das –, hierher, in das Dorf New Leeds, das sie vor sieben Jahren verlassen hatte, als sie mit John durchgebrannt war.

Die Sinnotts waren ein romantisches Paar. Fremde drehten sich auf der Straße noch immer nach ihnen um, wo sie auch gingen; Kellner lächelten; Metzger strahlten. Als ob sie in morganatischer Ehe lebten, sagte Martha, der die Situation allmählich lächerlich vorkam. Zum Teil lag es an ihrer beider Erscheinung. Martha war ein seltsames, poetisch aussehendes Geschöpf mit sehr hellem, glattem, zu einem kleinen Knoten geschlungenen Haar, einem altmodischen ovalen Gesicht, sehr dunklen, weit auseinanderliegenden Augen und einer kleinen, schmalen Figur; sie kam vom Theater. Auch John sah bemerkenswert aus: groß und schmalknochig, mit lebhaft geröteten, deutlich geprägten Zügen und dunkelbraunem, drahtig sich lockendem Haar; er stammte aus einer Soldatenfamilie und wurde oft für einen Engländer gehalten. Marthas Herkunft zu erraten getraute sich niemand; sie war die Tochter eines schwedischen Ingenieurs und einer italienischen Musiklehrerin, die sie in Juneau, Alaska, zur Welt gebracht hatte.

Am Nachmittag von Johns Mißgeschick trugen sie zueinander passende weiße Wollsweater. Martha saß im Wohnzimmer auf dem Sofa, mit vielen Metern schweren weißen Leinens im Schoß; sie schneiderte Gardinen fürs Schlafzimmer. Neben ihr stand ein Kasten mit Messingringen. Die Szenerie war genauso, wie sie es sich erträumt hatten, als sie das Haus kauften: Kohlenfeuer im Kamin, weiße Holztäfelung aus dem achtzehnten Jahrhundert, tiefe Fensterleibungen, ein altes schwarzes Roßhaarsofa und Martha, die friedlich nähte, wie die Frau eines protestantischen Pfarrers in einer alten Erzählung, den goldenen Fingerhut ihrer Mutter am Finger. Und wie die nähende Frau im Märchen wünschte Martha sich ein Kind. Sie wollte einen Mittelpunkt für ihrer beider Leben haben, etwas, wie sie es inbrünstig ausdrückte, für das zu leben sich lohne. Martha war eine zweckbewußte junge Frau; sie suchte einen Sinn in allem. Ihr war noch nicht klar, warum sie nach New Leeds zurückgekehrt waren, und sie wartete gespannt auf die Antwort. Sie könne es sich nicht im Haus behaglich machen, sagte sie zu ihrem Mann, solange sie nicht wisse, warum sie hier waren.

An diesem besonderen Nachmittag jedoch hatte sie entschieden, daß sie hier waren, weil sie ein Kind haben würden, höchstwahrscheinlich, und ihre Seele tat einen tiefen, erleichterten Atemzug. John wollte kein Baby, das sagte er zwar ohne Umschweife, aber er hatte sie nie veranlaßt, sich dagegen zu schützen; er würde seine Meinung ändern, tröstete Martha sich, wenn sie wirklich schwanger werden würde. Diese Gedanken gingen ihr im Kopf um, und zufrieden handhabte sie die Nadel, als sie plötzlich einen sonderbaren Laut hörte, etwas Ähnliches wie ein ersticktes Jaulen, so daß sie dachte, ein wildes Tier sei in den hinteren Teil des Hauses geraten. Diese absurde Vermutung gestattete ihr, weiter geruhsam zu nähen, wie eine Schlafende, die eine Erklärung träumt für ein alarmierendes Geräusch. Sie hatte fast einen halben Saum fertig, als ihr dämmerte, daß der sonderbare Laut von ihrem Mann kam, von John aus der Küche. «Was ist los?» rief sie laut mit zorniger Stimme, unwillkürlich sich gegen die Ahnung sträubend, daß ihm etwas Schlimmes zugestoßen sein müsse. Sie legte den Stoff beiseite und pikte die Nadel hinein mit der resignierten, gereizten Langmut eines Menschen, der an sinnlose Störungen gewöhnt ist. Ein dumpfes Stöhnen antwortete ihr: «Hab mich … [Keuchen] … verletzt.» Da stürzte sie in die Küche.

Es war eine ziemlich tiefe, halbmondförmige Schnittwunde an der Hand, im Daumenballen. Das Blut sprudelte nur so unterm Kaltwasserstrahl ins Waschbecken. Die geräuschvolle alte Pumpe im Keller stampfte und hämmerte, als liege sie in den letzten Zügen. Martha widerstand dem Impuls, das Wasser abzudrehen. «Laß mich sehn», bat sie, aber John stieß sie ruppig mit dem Ellbogen weg, als sie sich neben ihm auf die Zehenspitzen reckte, um einen zweiten Blick auf die Wunde zu werfen. Er hielt die Hand noch eine Weile unter das kalte Wasser, dann leckte er sich die Wunde wie ein Hund: er klammerte sich an den Glauben, daß die menschliche Zunge antiseptisch sei. «Verbandzeug», keuchte er und scheuchte sie mit einem Blick voll grimmigen Hasses davon. Sie gehorchte; sie holte Gazetupfer, Heftpflaster und eine Schere aus dem oberen Badezimmer und ließ sich Zeit dabei, wenn es ihr auch so vorkam, als haste sie sich ab. Sie taugte nicht viel zur Ersten Hilfe, und geringfügige Verletzungen machten sie nur nervös. Sie hielt sie für überflüssig.

«Armer John», beteuerte sie sich und versuchte, ein bißchen Besorgnis zu empfinden, als sie wieder die Treppe hinunterging. «Armer John.» Aber sobald sie ihn sah, wie er mit düster gefurchter Stirn auf dem Küchentisch hockte und an seiner Hand sog, stieg Ärger in ihr hoch. Sein Gestöhne und Hinundhergeschwanke, während sie die Heftpflasterstreifen zurechtschnitt, machte sie rasend. Als sie ihm den Verband anlegen wollte, stellte sie fest, daß die Streifen zu kurz geraten waren. «Um Gottes willen, laß mich das machen!» rief ihr Mann aus. Marthas Herz erbebte. Ihre sanften braunen Augen öffneten sich weit, und in jedem sammelte sich eine Träne. Als sie sich schweigend daranmachte, neue Streifen zurechtzuschneiden, tropften die beiden Tränen, wie zarte Vorwürfe, auf den Kirschholztisch.

John Sinnott betrachtete sie verdrossen. Er war sich klar darüber, daß er sie vorsätzlich gekränkt hatte, und er fühlte keine Reue. Zu anderer Zeit hätten Marthas Ehrlichkeit und Untüchtigkeit ihn gerührt; sie konnte nicht so tun, als habe sie Verständnis für etwas, das ihr in Wahrheit als unziemliche Schaustellung erschien. Er wußte das durchaus zu würdigen – gerade diese Aufrichtigkeit war’s ja, die er an ihr so bewunderte –, trotzdem war er wütend. Die Wunde pochte; ihm wurde flau im Magen. Und er gab ihr die Schuld. Ja, das war das Unlogische: er gab ihr die Schuld, nicht nur, weil sie sich so kindisch ungeschickt mit dem Verband anstellte (sie war behend genug mit den Händen, wenn es ums Kochen und Nähen ging, und sie konnte einem das entzückendste Tablett zurechtmachen, wenn man krank im Bett lag und der Arzt kam), nein, er gab ihr die Schuld an der Verletzung selbst. Im Moment, als seine Hand durchs Fenster gefahren war, hatte wilder Zorn ihn gepackt. Er hatte versucht, ihn auf jemand anderen zu lenken – auf den Mieter, auf den früheren Besitzer, auf den betrunkenen, verantwortungslosen Handwerker. Aber Marthas Zahnbürste war es, Marthas Lippenstift und blasse Schildpattkämme, die auf dem Fensterbrett lagen: sie trugen ihr den Schuldspruch ein. Zornestränen waren ihm in die Augen gestiegen. Seine eigene Zahnbürste und Haarbürste und Zahnpasta lagen auch auf dem Fensterbrett. Aber er sah sie nicht, alles, was er sah, war Martha – ihr Lippenstift, der auf den Boden rollte, ihr Handwerker, ihr Mieter, ihr Fenster. Und alles, was er hören konnte, war Marthas Stimme, ganz deutlich murmelte sie ihm ins Gedächtnis, daß sie Borde und ein Medizinschränkchen im unteren Badezimmer haben müßten. Er stampfte plötzlich mit dem Fuß auf den Boden und riß ihr das Verbandzeug weg.

So stand es um sie von dem Tag an, da sie zurückgekehrt waren nach New Leeds, um ein besseres Leben zu führen. Die geringste Kleinigkeit, die fehlschlug, hing für ihn mit Martha zusammen, wenn er es auch nicht aussprach. «Ich habe nicht im entferntesten an dich gedacht», pflegte er sich zu wehren, wenn sie dagegen protestierte, die Verantwortung aufgehalst zu bekommen; in Wahrheit aber war sie ihm immer im Sinn, versteckt in einem plötzlich losbrechenden Unwetter, einer kahlen Stelle im Rasen, einem zerbrochenen Glas, einer defekten Batterie. Er hauste in einer anthropomorphen Welt, die bevölkert war von ihren spontanen Irrtümern. Aber für den Kardinalirrtum, nämlich daß sie überhaupt hierher zurückgekehrt waren, für den hielt er sich ganz allein verantwortlich. Martha haßte New Leeds – den gesellschaftlichen Aspekt. Dieser Haß, so hatte John für sich entschieden, war ihr Schutz. Sie hatten hierher zurückkehren können, weil der Ort keinerlei Versuchungen für sie bereithielt; Martha hatte nicht den Wunsch, wieder ein Bestandteil von ihm zu werden. Sie waren hierhergekommen, gab er bekannt, um allein zu sein und damit Martha das Stück schreiben könne, das, wie er glaubte, ihr gelingen werde, wenn sie nur die richtigen Bedingungen dazu habe.

Und was war daran falsch, wollte er voll Zorn wissen. Er setzte ein unbeugsames Vertrauen in Martha. Er hatte sie während dreier Jahre beobachtet, als sie am Broadway spielte und nebenher für ihren Ph.D. in Philosophie arbeitete, und dann während dreier weiterer Jahre, als sie Gelegenheitsarbeiten verrichtete – Theaterkritiken schrieb, für die Blinden Romane auf Platten sprach, die Wildente neu übersetzte für eine Off-Broadway-Produktion –, und ein Jahr lang hatte er mit angesehen, wie sie die Zeit vergeudete mit falschen Ansätzen zu ihrem Stück. Er war es gewöhnt, Entschlüsse zu fassen und Opfer zu bringen, die ihr zugute kommen sollten. Er hatte einen stumpfsinnigen Job bei der Historical Society angenommen, sechs Tage pro Woche, damit Martha frei sei und nicht fürs Radio oder Fernsehen zu arbeiten brauche. Er hatte das freiwillig getan und gegen ihren Protest – es war ihr ganz und gar nicht lieb, wenn man Hoffnungen in sie setzte. Sie waren aufs Land gezogen, weil John verfügt hatte, daß es für sie beide Zeit werde, sich zu sammeln, und das war in der Stadt unmöglich, wo den ganzen Tag das Telefon läutete.

Und wenn man’s genau nahm, konnte John keinen Grund sehen, warum sie nicht hätten New Leeds wählen sollen; sie hatten nicht die Absicht, sich unters Volk zu mischen. Aber seit dem Labor Day, seit dem Augenblick, da sie über die Schwelle des Hauses geschritten waren, wußten sie beide, daß sie einen Fehler gemacht hatten, und jeder von ihnen wußte, daß der andere das auch wußte. Aber John mit seiner soldatischen Denkungsart würde nie einen Irrtum zugeben, wenn die Truppen erst einmal in Marsch gesetzt waren. Es erboste ihn, wenn er Martha munter von «unserm» Fehler reden hörte, wie sie es ausdrückte. Sie wußte genausogut wie er, daß jeder Rückzug ausgeschlossen war. Er hatte seinen Job aufgegeben, um hierherziehen zu können. Ihr kleines Vermögen – die Summe zweier Erbschaften – steckte im Haus. Und jeder Tag brachte neue, unvorhergesehene Ausgaben: gestern die Pumpe, die Martha in einen untauglichen Zustand gebracht hatte, indem sie einen Wasserhahn hatte laufen lassen, heute die Fensterscheibe, die sicher einen Dollar kosten würde, auch wenn er sie selbst einsetzte. Er hatte keinen Cent verdient, seit sie hier waren, und Martha auch nicht. Sie lehnte es ab, sich über Geld Gedanken zu machen, und redete unaufhörlich von Neuerungen und Verbesserungen. Nach knapp einem Monat war ihm wund und weh ums Herz, und er fürchtete sich. Es kam ihm wie bare Ironie vor, wenn er daran dachte, daß sie im November ihren siebten Hochzeitstag feiern würden. Die ersten sieben Jahre, darin hatten sie einst übereingestimmt, waren die Bewährungsfrist für Liebe. Nachts schlief Martha noch immer zärtlich in seine Arme geschmiegt, am hellen Tag aber gewann er mehr und mehr das Gefühl, daß sie gegen ihn konspiriere.

Martha hingegen war erschreckt, weil ihr Interesse immer mehr nachließ. Mehrmals hatte sie sich dabei ertappt, daß sie Johns Vorhandensein vergessen hatte, wenn er mal für ein paar Stunden ins Dorf gegangen war. Sie stritten sich nicht einmal mehr so wie früher. Jetzt zum Beispiel, als der Verband endlich zustande gekommen war, hegten sie keinerlei Groll mehr gegeneinander, obwohl sie einander mehr als genug provoziert hatten. Er trug eine finstere Miene zur Schau, und sie sah traurig aus, aber untergründig, das wußte sie, fühlten sie beide gar nichts. Martha wäre gern ins Wohnzimmer zurückgegangen und hätte sich wieder an ihre Näharbeit gemacht oder ein Buch zur Hand genommen, aber es kam ihr unhöflich vor, das zu tun, solange John Schmerzen hatte. John, das sah sie, wollte sich gern hinlegen, ihrem beharrlichen Blick entkommen. Aber sie konnte ihn nicht in Ruhe lassen, weil sie einst ineinander verliebt gewesen waren. «Leg dich jetzt hin», drängte sie halbherzig, «ich räume deine Sachen auf.» Aber er witterte sofort einen Vorwurf in ihrem Angebot. «Ich mach das schon», vergalt er es ihr, «geh nur und laß mich in Ruhe.» Martha warf einen Blick aus dem Fenster. Die Sonne ging schon unter, und es mußte noch Holz für den Kamin im Eßzimmer hereingeholt werden, bevor es dunkel wurde; wenn seine Werkzeuge nicht eingesammelt werden würden, müßten sie rosten im Tau. Sie wußte sehr gut, daß er eine geraume Zeit lang nicht wieder hervorkäme, wenn er jetzt ins Schlafzimmer ginge, und es erbitterte sie, daß er diese simple Wahrheit über sich selbst nicht zur Kenntnis nehmen wollte.

Es machte ihr nicht das mindeste aus, Holz hereinzuholen, warum auch. Aber sein Selbstbetrug, der machte ihr etwas aus. Ein anständiger, ehrlicher Mensch hätte danke gesagt an seiner Stelle und es dabei belassen. Sie wollte den Mund auftun, hielt sich dann aber zurück und rechnete es sich als Verdienst an, daß sie nicht aussprach, was ihr auf der Zunge lag, aber ihr Blick aus dem Fenster hatte alles gesagt. «Ich werd’s schon machen!» rief er und sprang auf. Er zog sich ins Schlafzimmer zurück und knallte theatralisch die Tür hinter sich zu.

 

Martha zuckte die Achseln. Er hatte sie in eine verzwickte Lage gebracht. Was immer sie jetzt tat, er würde es als Kritik auslegen. Wenn sie aber die Werkzeuge dem Rost überließ, würden sie eine dauerhaftere Kritik üben. Darum verließ Martha entschlossen auf Zehenspitzen das Haus, klaubte Hammer, Schraubenzieher und Spachtelmesser zusammen, schloß die Werkstatt ab, belud einen Schubkarren mit Robinienholz und schob ihn vor die Eßzimmertür. Die Schönheit des Abends, nach der Verletzung und dem Streit, gab ihr ein Gefühl, als sei sie abgesondert, fern von allem. Die einzelne goldene Quitte im Gesträuch neben der Küchentür, das grünglänzende Gras im kleinen Robiniengehölz, der südwärts fliegende Vogelschwarm, all das hatte ein schreckliches Pathos für sie, es war, als seien sie und John verwaist im großen Weltenraum. Lange Zeit stand sie in der Tür und empfand Mitleid mit allem, was die Natur um sie beide gestellt hatte. Und als wollte sie die Gelegenheit nutzen und den Zustand der Trostlosigkeit vollends ausschöpfen, hatte sie auch Mitleid mit sich und ihrem Mann, ganz unpersönlich, als seien sie beide zwei blasse Flecken, nicht größer als die Vögel am grünlichgoldenen Himmel.

Seufzend schloß sie die Tür und machte Feuer im Eßzimmer. Wie jeden Tag wurde es unmittelbar nach Sonnenuntergang kalt und zugig im Haus. Sie schürte das Feuer im Wohnzimmer, schüttete ein wenig Kohle nach und gab sich alle Mühe, gelassen zu lesen. Aber bald brach das Ticken der unpolierten Empire-Uhr auf dem Kaminsims in ihr Bewußtsein. Sie sah auf ihre Armbanduhr, die zwanzig Minuten am Tag verlor, seit sie gleich in der ersten Woche mit ihr schwimmen gegangen war in der Bucht; dann sah sie auf die Kaminuhr, die zehn Minuten vorging, und versuchte, mit Hilfe von Kopfalgebra die richtige Zeit zu errechnen. Sie würden wahrscheinlich den Aperitif überspringen müssen, wenn John nicht aufstand. Eine Welle der Angst stieg in ihr auf. Alles in ihrem Leben war auf Stetigkeit und Präzision gegründet. Als sie sich zu dem Wagnis New Leeds entschlossen, hatten sie sich gesagt, daß sie beständig und gewissenhaft sein müßten; sonst würden sie kaputtgehen wie alle andern, die hierhergekommen waren.

Es war eine «Künstler»-Kolonie außerhalb des New Yorker Einzugsbereichs, und Martha kannte ihre Fährnisse vielleicht besser als jeder andere; sie war dem Ganzen entkommen und konnte die Geschichte erzählen. Sie erzählte sie nun jahrelang schon, unter fröhlichem, schwebendem Lachen, ungläubigen Außenstehenden; alle dachten, sie übertreibe, wenn sie die wahrhaft schaurigen Mißgeschicke wiedergab, von denen die mannigfaltigen «Freischaffenden» und ihre Frauen heimgesucht wurden, die hierhergekommen waren, um allmählich zu verstauben und zwei kleine Einkommen plus den Ertrag alljährlicher Hausvermietung während des Augusts zu verbrauchen. Die Leute sagten, daß Martha entweder übertreibe oder aber «sehr geistreich» sei, was auf dasselbe hinauslief. Aber Martha sprach nichts als die reine Wahrheit, John konnte das bezeugen; das war ihre Spezialität.

Und das Wesen von New Leeds war in sich eine Übertreibung. Alles vervielfachte sich hier, wie die Quallen im Hafen. Es gab drei grinsende Dorftrottel auf dem Postamt; der durchschnittliche Dauereinwohner war dreimal verheiratet gewesen; es gab acht junge bärtige Nichtseßhafte, die auf ihren Pick-ups herumlümmelten, und einundzwanzig ortsansässige Trunkenbolde. Und wenn es ums Prügeln von Ehefrauen und Vernachlässigen von Kindern, um Scheidungsaffären, Autounfälle, Fehltritte aller Art und Selbstmord ging, schlug das Städtchen, statistisch gesehen, über sämtliche Stränge, wie die Highways an einem Ferienwochenende. Nichts passierte in New Leeds nur einmal. Als Marthas Haus bis auf die Grundmauern niederbrannte – es geschah während ihrer ersten Ehe –, war es bereits das dritte Haus in jenem Jahr, das in Flammen aufging. Defekte Leitungen, versicherten die alteingesessenen Dauerbewohner und kauten im Zeitungsladen den Braten wieder und wieder durch. Und obwohl sie glaubte, die Gründe besser zu kennen als der Dorfchor, entsetzte dieses Element der Wiederholung sie immer noch, wenn sie an das Feuer dachte. Es war, als habe sie damals das Recht auf Individualität verloren und sei nur noch eine Nummer in einer Serie gewesen.

Jeden Nachmittag, wenn sie und John zum Weiher fuhren, um zu schwimmen, kamen sie am Fundament des abgebrannten Hauses vorbei, das noch immer stand und umwuchert war von Fliederbüschen. John fuhr so schnell vorbei, wie er nur konnte, aber Martha drehte sich immer um und geriet dann regelmäßig in einen Zustand tiefer Niedergeschlagenheit. Die Bestimmungen zur Verhütung von Feuergefahr waren mißachtet worden, das war der simple, armselige Grund des Brandes gewesen, ihrer Meinung nach. Als die Elektriker im Eßzimmer die häßliche alte Deckenbeleuchtung abmontierten, hatte sie zugelassen, daß sie die Drähte in den Plafond schoben und die Stelle einfach verputzten. Sie wußte, daß sie damit einem Brand Vorschub leistete, aber sie hatte es getan, um Geld zu sparen, ihr erster Mann hatte sie dazu angehalten. Und er hatte verhindert, daß sie dem Mann von der Versicherung angab, von wo das Feuer seinen Ausgang genommen hatte. Es sei allgemein üblich, behauptete er, eine Versicherungsgesellschaft übers Ohr zu hauen, sie erwarteten es geradezu. Das sei ja auch der Grund, weshalb sie so hohe Prämien verlangten. Es sei die neurotische Gier, ihn vollständig zu ruinieren, die sie dazu treibe, die Wahrheit zu sagen, behauptete er. Martha glaubte das nicht, aber man konnte sich bei so was ja nie sicher sein. (Motive zählen nicht, darin waren John und Martha sich einig gewesen, gleich am ersten Tag, vor sieben Jahren, als sie sich am Strand kennenlernten. Man soll sich nie von einer guten Tat durch den Verdacht abhalten lassen, daß das Motiv dazu schlecht ist.) Gleichviel, es peinigte Martha zu denken, daß sie das Haus oder wenigstens die Kleider und die Bücher und Bilder hätte retten können, wenn sie ihren schnarchenden Bettgenossen geweckt hätte, sowie sie das erste Brandaroma aus der Speisezimmerrichtung in die Nase bekam, anstatt liegenzubleiben und sich einzureden, alles sei nur Einbildung. Sie hatten an jenem Abend eine Party gegeben, und sie war zwar nicht gerade beduselt gewesen, aber immerhin hatte sie fünf Gläser geleert, Aperitifs mitgerechnet, und ihr erster Mann war noch sturzbetrunken, als die Feuerwehr kam, und hieb auf die Büsche ein wie ein toll gewordener Büffel.

Trinken war ohne Frage eine der Hauptgefahren am Ort. Martha sagte, die Leute kämen her, weil sie Alkoholiker werden wollten und nach einem Platz suchten, wo sie unter Gleichgesinnten nach dieser Fasson selig werden könnten. In allen Künstlerkolonien stelle sich dieses Problem, gab sie zu, aber New Leeds sei schlimmer als andere, weil es eine ungewöhnlich hohe Anzahl bekehrter und bekehrender Alkoholiker verzeichne, die den Trinkern finsteren Trost gewährten. Vierhundert Seelen zählte das Dorf, und die Ortsgruppe der W.C.T.U. [*]war recht stattlich; sie sorgte freilich nur für die Einheimischen, für die «Zugereisten» war eine Zweigstelle der A.A. zuständig, die jeden Mittwoch Versammlungen abhielt, sogar außerhalb der Saison. Alkohol gehörte zu den Dingen, vor denen man sich hüten mußte, darin hatten John und Martha innig übereingestimmt, als sie im vergangenen Frühling zum erstenmal hierherkamen, um das Haus für den Mieter bereitzumachen. Konsequent ließen sie es abends um sechs mit einem Cocktail gut sein, wenn sie allein waren. Tatsächlich tranken sie oft zwei, aber wenn sie sich den zweiten eingossen, wandten sie sich beschämt voneinander ab, als wollte einer nicht des anderen Zeuge sein, wie er aus dem Stand der Gnade fiel. Die Freude am Trinken war dahin. Das schlanke, bis zum Rand gefüllte Glas hatte einen verhängnisvollen Aspekt bekommen, sie sahen durch den blassen Martini hindurch in die mögliche Zukunft, die sich wie ein dunkler Bodensatz auf dem Grund niederschlug.

Und das war typisch für New Leeds, daß man keinen Drink nehmen konnte, ohne sich zu fragen, ob man wohl als Alkoholiker enden werde. Alles hier warf einen drohenden Schatten voraus, den Schatten zukünftigen Verderbens. Es lag etwas Unheilvolles darin, stimmte John zu, daß man nichts repariert bekommen konnte. Niemanden gab es, der die Uhr in Ordnung bringen konnte; der Mann, der die Rasenmäher wieder scharf machte, war im letzten Sommer gestorben, und einen Nachfolger hatte er nicht; die Reinigung vermochte es nicht, einen Anzug zu reinigen, ohne ihn zu zerreißen und zu entfärben. Das einzige, was der Mann in der Kfz-Werkstatt konnte, war, sich den Kopf zu kratzen. Alles in diesem Dorf war in einem unaufhaltsamen Niedergang begriffen, verkrümmte und verwuchs sich und setzte Mehltau an, die Menschen eingeschlossen. Oder wenigstens kam es Martha plötzlich so vor, die wie eine Epilogsprecherin erschienen war, von den Veränderungen zu künden, die nach und nach über die Einwohner gekommen waren: der Leiter der Abteilung für Straßenbau führte inzwischen den Titel des obersten Dorftrunkenboldes und war mit seinem ausgeblichenen blauen Hemd und dem sich blähenden Overall nicht mehr zu unterscheiden von seinem Vorgänger; die hübschen jungen Mädchen aus der Eisbar starrten sie jetzt hilflos aus Wurstpellen von Fett an; die lebenslustigen, einst so schicken Ehefrauen kreuzten scheckig und aufgedonnert auf, phantastisch behängt mit Schals und bäuerlichen Armreifen (zwei von ihnen an der Kasse des First National, sagte John, und es gehe zu wie auf einem Wahrsagerinnenkongreß). Wenn John auf die kahlen Stellen im Rasen sah oder Martha auf ihre Armbanduhr, dann fühlten beide, wie ein Grauen sich in ihnen regte. Vor allem die Armbanduhr erschreckte Martha, denn nie zuvor in ihrem Leben war sie mit der Uhr am Arm ins Wasser gegangen, und sie konnte sich nicht erklären, wie sie’s fertiggebracht hatte, denn ihr Handgelenk, wie sie John zu wiederholten Malen beteuerte, hatte sich leer angefühlt. Auch er, das wußte sie, war durch den Vorfall mit der Uhr beunruhigt, genauso, wie sie heute aufgestört und irritiert war durch seine Schnittverletzung, die wahrhaftig nur allzu New Leedsisch war, um ermunternd zu wirken. Sie hatten angefangen, einander mißtrauisch zu überwachen. Jeder fürchtete, daß, wenn der andere auch nur einen Augenblick lang die Zügel schleifen ließe, die Konstruktion ihres Lebens zerkrümeln würde wie ausgetrockneter Zuckerguß.

 

Am Anfang hatte Martha erklärt, daß es ein zu großes Risiko sei zurückzukehren, obgleich ihr früherer Mann überhaupt nicht mehr im Dorf lebte, sondern fünfzehn Meilen entfernt, in einem neuen Haus, mit einer neuen Frau, einem höheren Einkommen als sonst und einem Baby. Sie und John, sagte sie, brächten genau die richtigen ominösen Voraussetzungen mit, um einen Hausstand in New Leeds zu gründen: zwei winzige Einkommen, einen obskuren kleinen Ruhm (Marthas), ein freiberufliches Spezialgebiet (Johns) und den Plan, etwas Originelles auf die Beine zu stellen. Warum sollte es ihnen anders ergehen als den andern, die hier abgelegt waren wie vergilbte Ausschnitte in einem Zeitungsarchiv: der ehemalige Rechtsanwalt, der eine Entenfarm betrieb, der Austernzüchter, der in Harvard gewesen war, der französische Vicomte, der sommers mit Antiquitäten handelte und winters im Spirituosenladen die Bücher führte, der Klempner mit dem Diplom in Schönen Künsten, der Illustrator, der einst mit einem Filmstar verheiratet gewesen war, die ehemalige Hostess aus Washington, die jetzt Paying Guests aufnahm? Viele New Leedser hatten einmal Talent oder Fähigkeiten besessen; man konnte die verschütteten Spuren finden, wenn man nach ihnen suchte, so wie man indianische Feuersteine und steinerne Pfeilspitzen im Geröll auf Long Hill finden kann. Der typische New Leedser, wie er auf dem Postamt geführt wurde, hatte einen Namen, der irgendwo, weit, weit weg, eine Glocke anschlug; man hatte das Gefühl, daß man von ihm schon einmal hätte hören sollen, auch wenn man gar nichts von ihm wußte.

Warum aber waren sie denn hierhergekommen, fragten Marthas Freunde, wenn der Ort so verhängnisvoll war, wie sie behauptete? Die Antwort war, daß sie es nicht wußte. Weder sie noch John hatten es je beabsichtigt. Es war durch einen Zufall passiert. John war von der Historical Society ausgesandt worden, ein Haus weiter unten an der Küste zu fotografieren; und sie selber hatten auch für sich etwas am Meer gesucht. Es war vor nicht ganz einem Jahr an einem Wochenende, in das der Columbus Day fiel. Das Gasthaus, in dem sie übernachten wollten, war zu; sie hatten noch Freunde in New Leeds, und einem spontanen Einfall folgend, hatten sie sie angerufen und dann die Fähre genommen – zum erstenmal nach sechs Jahren. Martha hatte vergessen, wie schön New Leeds außerhalb der Saison war, mit seinen stahlblauen Süßwasserteichen und Kiefernwäldern und Pilzen und weißen Klippen, die auf einen merkwürdig kieseligen Strand niederfielen. «Es gibt hier ein Haus zu kaufen», sagte ihre Gastgeberin und warf den beiden, die Seite an Seite auf dem Sofa saßen, einen verschmitzten Blick zu. «O nein!» sagte Martha schnell. Aber sie hatte dann nachgegeben, und alle zusammen waren sie losgezogen, es zu besichtigen, einfach so zum Spaß.

Es war dann leider das Haus, an das sie sich gut erinnern konnte, ihr Lieblingshaus in New Leeds: ein blaßgelbes Landhaus aus dem achtzehnten Jahrhundert mit zwei roten Backsteinflanken, und es lag in einem grünen Robinienwäldchen und hatte eine kleine Pappelallee. Sie pflückte eine einzelne silbrigrosige Kletterrose vom Spalier – Mrs . van Fleet, dachte Martha – und gab sie John für sein Knopfloch. Irgendwo hinten im Wald sei eine Quelle, sagte der Makler, und ein verlassenes Baugelände mit Flieder und altmodischen weißen, gefüllten Narzissen – fünfunddreißig Morgen alles in allem und spottbillig. Der Makler, erinnerte Martha sich, war sehr galant und höflich und ließ sich nicht anmerken, daß er John bereits kannte, der allerdings nur zwei Wochen in jenem folgenschweren Sommer damals hier verbracht hatte. Es war bei weitem das hübscheste Haus und das billigste obendrein, das sie weit und breit gesehen hatten: frühes achtzehntes Jahrhundert, entschied John, nachdem er die Türen und Kamine gründlich geprüft hatte. Es war ein bißchen verwahrlost, aber ihnen gefiel das. Es gab ein außerhalb des Hauses gelegenes Studio für John und eine Werkstatt mit einem alten Rauchfang, es gab Äpfel, Birnen, Trauben, Rosen, Buchsbaum; sie konnten das Anwesen während der Sommermonate vermieten, wenn sie wollten, und sehr gute Einnahmen erzielen. Eine Heizung fehlte, aber sie konnten eine Ölfeuerung installieren oder sich im ersten Jahr mit Kerosinöfen behelfen. Im Wald gab es Holz in Hülle und Fülle, und in jedem Zimmer war ein Kamin; bis zum Thanksgiving Day wären sie immer durchgekommen. Strom war da und anderthalb Badezimmer auch und ein paar Möbel.

Martha hatte es sich schrecklich schwer gemacht mit der Entscheidung; sie mußte sie fällen, und jeder sah voll Mitleid, wie sie litt. Dreimal innerhalb von zwei Tagen ließ sie den Immobilienmakler wissen, daß sie das Haus nicht nehmen könnten, und zweimal kam sie wieder, um den Schlüssel zu holen. Alle sammelten sie Steinpilze im Wald, und John fand die Quelle; sie veranstalteten ein Picknick und schwammen in der Bucht. Ihre Gastgeber setzten ihnen zu und brachten Argumente. New Leeds habe sich gewaltig verändert, sagten sie zu John. Marthas erster Mann komme so gut wie nie mehr hierher; es seien ein paar nette jüngere Leute zugezogen, die Kammermusik machten und Theaterstücke und Gedichte vorläsen. In der vergangenen Woche hätten sie den Tartuffe gegeben, auf französisch, mit dem Vicomte. Wenn Martha und John sich hier niederließen, könnten sie ein kleines Liebhabertheater gründen. Martha fühlte, wie sie schwach wurde. Warum nicht? Und wie ihre Gastgeber, die Coes, sagten: die Halbinsel gehörte schließlich nicht ihrem ersten Mann. Sie und John müßten überhaupt nicht mit dem alten Kreis zusammenkommen und nicht auf Parties gehen. «Nenn mir einen Grund, der dagegen spricht», drang Warren Coe in sie, und Martha konnte nur antworten, daß es ihr geschmacklos vorkomme. Aber sogar John fand das ziemlich töricht. Viele Frauen und auch Männer kämen mit neuen Angetrauten zurück, versicherten die Coes ihm, und niemand denke sich etwas dabei. Martha nickte zweifelnd. In der letzten Nacht, die sie im Bett im Atelier der Coes verbrachten, hatte sie John aufgeweckt und ihn angefleht, er möge verhindern, daß sie das Haus kauften; er hatte sie auf die tränennasse Wange geküßt und es ihr feierlich versprochen. Zwei Monate später, an Johns Geburtstag, hatten sie das Maklerbüro angerufen und zugesagt, daß sie die Anzahlung überweisen würden.

Es war Schicksal, zu diesem Ergebnis kamen sie. Zum Guten oder zum Bösen, auf jeden Fall war es ihnen so bestimmt. Die Konventionellen unter ihren Freunden sagten: «Ihr habt aber Mut!» Und damit spielten sie auf die Vergangenheit an, in der es einen beträchtlichen Skandal gegeben hatte, und auf den Umstand, daß das Haus, wie sich herausstellte, nur deshalb so billig zu haben gewesen war, weil der frühere Besitzer in der Werkstatt Selbstmord begangen hatte. John und Martha hatten nur gelacht und mit den Schultern gezuckt. Es gefiel ihnen, mutig zu sein; wenn sie Unerschrockenheit zeigen konnten, fühlten sie sich in ihrem Element. Marthas Zittern verlieh ihren gemeinsamen Taten Glanz. Sie hatten das Haus gekauft, weil, wie Martha etlichen verdutzten Zuhörern erklärte, sie Angst davor hatten, Angst zu haben, es zu kaufen. Sie stellten sich der Herausforderung. Martha war jetzt dreiunddreißig, und John war zweiunddreißig, aber sie gingen nie einem Risiko aus dem Weg. Und sie hatten ganz genau gewußt, allen Versicherungen der Coes zum Trotz, daß sie es mit der Neugier des Dorfes aufzunehmen hätten.

Marthas Geschichte war berühmt, und nicht nur aufgrund ihrer eigenen Darstellung. Sie hatte ihres ersten Mannes zweites Haus mitten in der Nacht verlassen, im Nachthemd war sie mit seiner Plymouth-Limousine auf und davon gefahren, der Tank war plötzlich leer, sie strandete an der Straße, die zu Johns Hütte führte, mußte aussteigen und zu Fuß weitergehen, bis der Milchmann sie auflas: tränenüberströmt, mit flatterndem Haar und zerrissenen Pantoffeln. Er «lieferte sie dem Typ zusammen mit der Milch ab» und gab die Geschichte auf seiner Tour weiter, wo immer eine Hausfrau schon auf den Beinen war. Es stimmte nicht, daß sie sich auf Nimmerwiedersehen im Nachthemd davongemacht hatte, wie in New Leeds das Gerücht ging; sie war am nächsten Morgen zurückgegangen, in Johns Hemd und aufgekrempelten Seersucker-Hosen, das Haar zu einem Zopf geflochten, und hatte ihre Sachen gepackt, derweil ihr Mann im Dorftaxi die Gegend nach ihr absuchte. Und das Nachthemd war auch nicht durchsichtig. Und sie hatte bis zu dieser Nacht weder mit John geschlafen noch während der zwölf Nachmittage, die sie am Strand mit ihm verplaudert hatte, auch nur ein Wort gegen ihren Mann gesagt.

Und sie hatte auch nicht, wie sie jetzt zähneknirschend zu sich selber sagte, den elenden Plymouth gestohlen, wenn die Parteigänger ihres Mannes gütigst erlaubten. Vielmehr hatte die Finanzierungsgesellschaft ihn wieder in Besitz genommen, als ihr Mann, der von der Katastrophe ganz zermürbt war, die monatlichen Ratenzahlungen einstellte. Und um vollends alles klarzustellen, sie hatte auch kein Kind zurückgelassen, zumindest kein eigenes; es war seines, ein sechsjähriger Junge, den sie – es sollte endlich einmal ausgesprochen werden – aus dem Feuer rettete, als sein eigener Vater ihn vergessen hatte. Sie trug keine Verantwortung, als das Kind dann im Jahr darauf starb: aus natürlichen Gründen, nicht weil sein Vater es vernachlässigt hatte, wie die Sage ging; sie hatte diesem Gerede nie Beachtung geschenkt, obzwar es für alle, die den Vater kannten, eine gewisse Wahrscheinlichkeit hatte.

Martha warf einen Blick auf die Uhr. Ihr kam der Gedanke, daß John (lieber John, murmelte sie vor sich hin und dachte mit Grausen an ihren ersten Mann) eingeschlafen sein könnte. Aus Dankbarkeit für ihn, ihren Befreier, wie sie sich eben ins Gedächtnis zurückgeholt hatte, zwang sie den Impuls nieder, zu ihm zu gehen und zu fragen, ob er jetzt seinen Cocktail haben wolle. Er hat einen Schock erlitten, sagte sie sich zärtlich; er braucht Ruhe; wenn er sich besser fühlt, wird er von allein hervorkommen. Aber ihr selbst zum Trotz peinigte ein nervöser kleiner Teufel in ihrem Herzen sie unablässig mit der Frage, ob er wohl wisse, wie spät es war. Solange er da abgeschieden im Schlafzimmer lag, konnte sie nicht lesen, ja nicht einmal das Abendessen vorbereiten, denn diese Beschäftigungen kamen ihr ungebührlich vor angesichts seiner Verletzung. Unter diesen Umständen schien das einzig Angemessene für sie zu grübeln. Sie zündete sich eine Zigarette an, fühlte sich auch dabei herzlos und warf das Streichholz ins Feuer.

In der Stille hörte sie vernehmlich die Stimmen ihrer Kritiker. Von Anfang an, seit sie und John zusammen wieder hier waren, fühlte sie sich eingezingelt von Kritik: zum Beispiel immer, wenn sie einen Laden betrat, mit hocherhobenem Kopf, den Arm unter den ihres Mannes geschoben, demonstrativ nicht darauf aus, erkannt zu werden. Sie wußte, daß es unsinnig war; sie war immer beliebt gewesen im Dorf. Aber wenn ein Geschäftsbesitzer sich die Hände an der Schürze abwischte und über den Ladentisch hinweg ihr entgegenschmetterte: «Wie schön, daß Sie wieder da sind, Missus!», dann empfand sie eine lächerliche Dankbarkeit. Einige der Einheimischen jedoch schienen sie allzu eingehend zu kennen. «So, Sie sind also zurück», sagte der Fischhändler süß und nahm einen Barsch in seinem stinkigen Laden aus. «Haben uns ja lange nicht gesehen.» Sie erinnere sich nicht einmal an ihn, wehrte sie sich innerlich, und doch nannte er sie «Martha», mit einer Stimme, die ihr den Magen umdrehte. Wenn sie nicht John gehabt hätte, sagte sie, wäre ihr verwirrtes Gemüt über all die Dinge gestolpert, die offenbar über sie geredet worden waren, über sie beide, hier in New Leeds, und die anscheinend immer noch geredet wurden, wenn man den Anspielungen der Coes glauben konnte. Fast war sie schon davon überzeugt, daß sie träume und daß die fürchterlichen Geschichten wahr seien, anstatt daß sie sich ans Gegenteil hielt: nämlich daß die Leute sie zu Fleiß erfanden. Zum Beispiel führten sie immer noch das tote Stiefkind ins Feld. John war wütend auf Jane Coe gewesen, daß sie es Martha erzählt hatte; er wußte, wie sehr so etwas Martha erschütterte. Sie war entsetzt darüber, daß das Dorf immer noch in der Vergangenheit stocherte, daß ganz ohne persönlichen Bezug die alte schmutzige Wäsche um und um geschleudert wurde wie in einer der Waschmaschinen im neuen Waschsalon. Diesen Aspekt ihrer Rückkehr hatte keiner von ihnen vorausgesehen: daß Martha um sieben Jahre zurückgeworfen werden würde, in ihre eigene überholte Geschichte, und all die alten Schlachten wieder schlagen müßte – in Verteidigungsstellung, als seien sie niemals gewonnen worden.

Loyal, wie sie war, versuchte sie jetzt, nicht mehr an das tote Stiefkind zu denken, denn sie wußte, John würde es mißbilligen. Aber sie konnte nicht aufhören, sich vor sich selbst zu rechtfertigen. Sie hatte ehrlich, wirklich ehrlich, ihr Bestes an dem Jungen getan. Der Beweis dafür war, daß so viele Leute geglaubt hatten, er sei ihr eigenes Kind. Als sie weglief, war es ganz grauenvoll für sie gewesen, ihn zu verlassen; John konnte das bezeugen. An jenem letzten Morgen, als sie zurückkam, hatte sie sogar die verrückte Absicht gehabt, das Kind mitzunehmen; das war natürlich ganz unmöglich, es sei denn, sie und John wären willens gewesen, als Kidnapper zu gelten und sich für den Rest ihres Lebens zu verstecken. Niemand, sagte sie sich, hatte das Recht, das von ihr zu erwarten, und gab es irgend jemanden, der zu behaupten wagte, sie hätte sich opfern müssen und bei ihrem Mann ausharren um des Kindes willen? Niemand außer diesem hassenswerten Mann selber, der es tatsächlich als Argument benutzte, als er ihr nach New York schrieb und begründete, warum er nicht in eine Scheidung einwilligen werde. Ein sonderbares Argument, fürwahr, wenn man bedachte, wie eifersüchtig er auf ihre Zuneigung zu dem Jungen gewesen war; er hatte immer von ihrer «unheiligen Allianz» gesprochen. Und es wäre wirklich ungesund für das Kind gewesen, wenn Martha ihm ihr Leben geopfert hätte. Der arme Kleine wäre vergiftet worden von den Dünsten des Verzichts … Es gab gar keinen wie auch immer gearteten Grund, warum sie nicht hätte tun sollen, was sie getan hatte.

Und doch war Martha in diesem Augenblick gegen jede Vernunft von dem Gedanken gepeinigt, daß Barrett noch am Leben sein könnte, wenn sie geblieben wäre. Selbstbeweihräucherung, ohne jeden Zweifel, sagte sie sich mit einem schiefen kleinen Achselzucken und drückte ihre Zigarette aus. Sie wußte überdies ganz genau, daß sie nicht lange gezögert hatte, ihn zu verlassen. Sie war nicht sentimental: während sie sich noch voll Trauer in Erinnerung rief, wie sehr Barretts Tod sie geschmerzt hatte, tippte ihr Gedächtnis sie energisch an, wie das Lineal eines Lehrers, und hielt ihr vor Augen, daß sie während all der Monate, in denen Barrett krank gewesen sein mußte vor Sehnsucht nach ihr, nicht einen Gedanken an ihn verschwendet hatte; sie hatte ihn vollständig vergessen, bis zu dem Tag, da sie erfuhr, daß er tot war.

Diese klare Selbsteinschätzung wurde mit den Jahren immer beschwerlicher für Martha. Es ermüdete sie, die Wahrheit zu kennen und zu wissen, daß sie immer mehr Raum einnahm und für Hoffnung und Illusionen immer weniger Platz ließ. Mit John, dachte sie, war es dasselbe. Auch er fing an, die Dinge in diesem klaren, scharfen Licht zu sehen. Sie «liebten» einander noch, aber diese Liebe war heute weniger ein Versprechen denn eine Lebensgegebenheit. Wenn sie noch einmal vor die Wahl gestellt wären, entschiede sich keiner von ihnen anders. Keiner von ihnen wüßte jemanden, den er dem andern vorgezogen hätte. Keiner konnte sich einen idealeren Partner vorstellen als den, den er hatte. Von ihrem Standpunkt aus gesehen und für ihre Zwecke konnten die Dinge nicht besser sein, als sie waren. Das gerade war das Trostlose: für sie beide, so wie sie konstituiert waren, in alle Ewigkeit, war dies das Optimum, darüber hinaus gab es nichts.

Und wenn das, dachte Martha schneidend, «Reife» war, dann konnte sie ihr gestohlen bleiben; dann wollte sie beinah lieber tot sein. Mehr als einmal war ihr in den Sinn gekommen, rein als Spekulation, daß sie vielleicht tatsächlich tot war. So hätte sie wahrscheinlich geurteilt, wenn sie sich selbst als Kommentator beigegeben wäre und gesehen hätte, wie sie hierher zurückgekrochen war. Aber sie war ja kein Kommentator und hatte noch Hoffnung. Sie war das genaue Gegenteil von John: sie wollte nicht zugeben, daß sie noch Hoffnung hatte, indes er nicht zugeben wollte, daß er verzweifelte. Sie hatte Angst davor, es zuzugeben. Sie fürchtete, daß diese Hoffnung eine Illusion sein könnte, die sie mit jedem Wrack und Treibgut gemein hatte, das hier an den Strand gespült worden war. Vielleicht steckte nichts anderes dahinter als der altbekannte «freie Wille» der Philosophen, der ein Teil des Bewußtseinsapparates war und so oder so nichts über die Wirklichkeit besagte.

Der Gedanke, daß so eine Hoffnung noch immer lebendig war in den einundzwanzig chronischen Dorftrunkenbolden, in dem Barbitalsüchtigen und den drei Idioten und ganz sicher auch in all den hier gestrandeten Bankrotteuren und mittelmäßigen Talenten der zwanziger und dreißiger Jahre, war absurd, so von außen betrachtet – Martha konnte sie dessen versichern –, aber niemand kann sich von außen betrachten, selbst Martha in ihrem objektivsten Augenblick konnte es nicht, wenn sie sich weit aus dem Fenster ihrer Natur lehnte und nach John und sich selbst Ausschau hielt.

Martha seufzte tief. Sie gähnte vor Hunger. Je mehr man wußte, desto weniger konnte man voraussagen, so schien es. Im menschlichen Leben ebenso wie in der Chiromantie hatte kein Zeichen eine feste Bedeutung. Letzte Woche hatten sie in der Werkstatt ein altes Buch über die Handlesekunst gefunden, von der Martha nach eingehendem Studium behauptete, sie sei gerade so zuverlässig wie die Psychoanalyse; man könne die Chiromantie ebenso bequem dem eigenen Leben anpassen wie die Freudschen Theorien, vorausgesetzt, man glaube zu wissen, wie es ums eigene Leben bestellt sei. Johns rechte Hand zum Beispiel – seine «ausgebildete» Hand – hatte keine Schicksalslinie, was bedeuten konnte, daß er sein Schicksal Martha anheimgegeben hatte; es war ihnen beiden sofort aufgefallen, im Augenblick, da er ihr seine Handfläche hinstreckte, und sie hatten ein wenig schief gelächelt. Den armen Barrett hatten sie auch gefunden, in ihrer beiderHänden, umgeben von dem Zeichen für Unglück, was Martha veranlaßte zu sagen – und halb glaubte sie es auch –, daß Barrett der Grund dafür sei, weshalb sie kein Kind bekamen, obwohl der Arzt nichts Hinderliches festgestellt hatte. Das war die Strafe, die ihr auferlegt war. Wenn sie beschlossen hätte, daß Barrett gekidnappt werden sollte, dann hätte John es getan, das wußte sie; er hatte Vertrauen zur Lauterkeit all ihrer Absichten.

Sie seufzte noch tiefer. Dann reckte sie sich steif hoch auf dem Sofa. Sie hatte gehört, daß sich im Schlafzimmer etwas regte. Ein lautes Gähnen drang zu ihr, ein Quietschen der Bettfedern, dann ein langsamer, schleifender Schritt. Ihr Herz machte einen Sprung. Sie beschloß, nicht verletzt zu sein, weil er die Tür zugeschlagen hatte. Sie hatte es sogar fast vergessen, auf diese Weise endeten jetzt all ihre Streitereien. Auch das ein Zeichen – aber wie sollte man es deuten? Sie eilte in die Küche, um vor ihm da zu sein. Als er aus der Schlafzimmertür trat, war sein Haar zerzaust und sein Gesicht knautschig, aber die frische, knabenhafte Farbe war in seine Wangen zurückgekehrt. Offensichtlich hatte er geschlafen. Das erleichterte sie, und zugleich ärgerte sie sich ein wenig darüber. Sie sah auf seine Hand; das Blut hatte den Verband durchweicht, aber es hatte aufgehört zu fließen. «Es geht dir besser», sagte sie fröhlich.

«Es tut noch weh», protestierte er. «Aber es geht dir besser», wiederholte sie. «Du hast schrecklich ausgesehen vorhin. Du hast geglänzt wie ein schwitzender alter Käse.» Sie lächelte, versuchte, ihm um den Bart zu gehen, so zu tun, als sei der John von vor einer Stunde ein mühsamer Gast, den sie endlich losgeworden waren und nun durchhecheln wollten. Er krümmte die Hand und machte ein klägliches Gesicht. Martha sah ihn voll Unruhe an. «Tut es wirklich weh?» rief sie, und ihre Stimme bebte vor Mitleid. Und auf einmal war sie überflutet von Reue. «Glaubst du, daß du eine Sehne durchschnitten hast?» fragte sie ängstlich. Aber John schien ihre Gedanken zu lesen, die Tod und göttlichem Gericht entgegenstürmten. «Sei keine Gans», sagte er ruhig. «Warum machst du uns keinen Drink?»

Martha sah auf ihre Uhr. Sie dachte darüber nach, wann der Arzt wohl Sprechstunde abhielt, ganz sicher noch zur gleichen Zeit wie immer: von sieben bis neun am Abend. Ihr gefiel der Gedanke nicht, daß John im Wartezimmer sitzen (vorausgesetzt, sie konnte ihn dazu bewegen) und nach Alkohol riechen würde. Die Geschichte würde die Runde machen, daß er sich im Rausch verletzt habe, wie all die andern Bewohner von New Leeds, die sich dauernd verbrannten, in offene Brunnen oder tiefliegende Gärten fielen, auf Treppen ausrutschten oder sich in ihren Autos zuschanden fuhren. Gleichzeitig aber war Martha erpicht auf die Festlichkeit der Cocktailstunde, und John hatte ohne Zweifel einen Drink nötig. Plötzlich kam ihr der Gedanke, daß, wenn sie sich beeilte und sich den Arzt aus dem Kopf schlug, sie beinah pünktlich zu Abend essen und trotzdem vorher noch einen Cocktail trinken konnten; der Tag würde am Ende fast noch ein normaler Tag sein, so als hätten die Verletzung und der Streit nie stattgefunden. «Gut», sagte sie, «einen Old-Fashioned?» Er nickte beifällig. Marthas Old-Fashioneds waren köstlich. Sie bereitete sie mit Bourbon, ohne Früchte, und mit einem halben Stückchen Zucker, in ihren besten Gläsern, rieb die Ränder mit Orangen- und Zitronenschalen ab und steckte einen silbernen Cocktaillöffel hinein. Als sie John sein Glas hinstellte, ein Hühnchen aus dem Eisschrank holte und eine Zwiebel aus der Gemüsekiste, war sie wieder glücklich. Ihr war gerade eingefallen, daß der gegenwärtig praktizierende Arzt ein Penicillin-Fanatiker war, und ihr Gewissen gab Ruhe: John sagte, man könne keinem Arzt vertrauen, der auf Penicillin eingeschworen sei.

«Unterhalt dich mit mir», befahl er und wies auf den Stuhl ihm gegenüber. «Ich müßte eigentlich mit dem Abendessen anfangen», sagte Martha und zeigte auf das aufgeschlitzte Hühnchen. «Laß es mich nur schnell aufsetzen», bat sie. Sie goß Olivenöl in die Bratpfanne, drehte die Flamme höher und legte einen Augenblick später das Hühnchen hinein. «Entschuldige einen Moment», murmelte sie und eilte mit der Taschenlampe zur Tür hinaus. Sie kam mit einem Strauß Thymian und Petersilie zurück, legte das Hackbrett und die Zwiebel bereit und setzte sich mit ihrem Glas John gegenüber. «Ich liebe dich», verkündete sie.

Aber er war in schwarzes Grübeln versunken. «Ich frage mich, ob du das wirklich tust», sagte er, runzelte die Stirn und zerrte an dem Verband, der steif war von getrocknetem Blut. «Manchmal, Martha», fuhr er fort und hob den Blick, «denke ich, daß du immer nur Worte machst.» Marthas Augen weiteten sich. «Das hat Er immer gesagt!» rief sie; so sprachen sie gewöhnlich von Marthas erstem Mann: ein großgeschriebenes Pronomen. «Also hast du auch Ihm gesagt, daß du ihn liebst», konstatierte John. Martha schüttelte den Kopf. «Nein», sagte sie ernst. «Niemals?» hakte John nach. «So gut wie nie», räumte Martha ein. Die Wahrheit war: sie konnte sich nicht erinnern, es jemals gesagt zu haben, aber sie vermutete, daß sie es dann und wann doch getan haben mußte, aus Höflichkeit, wenn sie danach gefragt worden war. «Was hat er dann gemeint», verlangte John zu wissen, «wenn er sagte, daß du nur Worte machst?» «Ich weiß es nicht», sagte Martha schwer. «Vielleicht hat er dann von Barrett gesprochen.»

Ein gequältes Schweigen entstand. Seit sie ins Dorf zurückgekehrt waren, stieß Martha fortwährend auf solche Ungereimtheiten. Ein Satz oder eine Begebenheit aus ihrer ersten Ehe sprang plötzlich vor ihr auf, und ihr war, als sei ein Teil aus der falschen Schachtel ins Puzzle geraten. In der letzten Zeit war ihr mehr als einmal der grauenvolle Gedanke gekommen, daß zwischen ihren beiden Ehen eine Ähnlichkeit bestehen, daß es ein gemeinsames Element geben könnte. Immer wieder rief sie sich die Vergangenheit ins Gedächtnis, um sich zu beruhigen und den Unterschieden auf die Spur zu kommen.

«Habe ich dir je erzählt», sagte sie jetzt leise, «daß ich Ihm einmal ein Highball-Glas über den Kopf geschlagen habe?» John runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. «O doch», sagte sie lustig, «der Arzt mußte nähen.» Sie beobachtete ihn nervös, welchen Eindruck diese Enthüllung wohl auf ihn mache. Er war schockiert. «Natürlich hat er mich provoziert», fügte sie hinzu. «Aber kannst du dir vorstellen, daß ich so etwas getan habe?» «Nein», sagte er mit flacher Stimme und warf einen fast argwöhnischen Blick auf ihre fragile Gestalt und ihr klares, unschuldiges Gesicht. «So bin ich damals gewesen», erklärte sie seufzend. «Du kannst dir keinen Begriff davon machen, John.»

«Ich glaube es nicht», sagte er störrisch, und seine Miene wurde sehr pedantisch und bestimmt. «Als ich dich kennenlernte, warst du genauso wie jetzt.» Martha schüttelte den Kopf. «Das lag an dir», erklärte sie, «du hast mich nett gemacht. Und nun werde ich rückfällig.» Sie sah auf seine Hand. «Da, sieh!» rief sie. «Es blutet wieder!» Und tatsächlich, während sie die Old-Fashioneds getrunken hatten, war ein wenig frisches Blut durch den Verband gesickert.

«Das hat nichts zu bedeuten», sagte John. «Ich habe die Hand bewegt, das ist alles.»

Martha wurde blaß. «Siehst du», sagte sie, «das ist typisch. Bis zu dieser Minute ist mir nicht der Gedanke gekommen, darauf zu achten, welche Hand es ist.» Es war natürlich die rechte. «Und der Verband ist auch nicht steril», fuhr sie in einem erregten, selbstbezichtigenden Ton fort. «Ich habe ihn auf den Küchentisch gelegt.»

John lachte. «Nichts ist steril», sagte er.

«Wir müssen dich zum Arzt bringen!» ereiferte sie sich. «Ich traue mir nicht zu, daß ich richtig achtgebe auf dich. Ich weiß nicht einmal mehr, ob ich dich liebe oder nicht. Ich trau mir überhaupt nicht mehr, in gar nichts.»

Er lächelte. «Du liebst mich», sagte er, «mach jetzt das Abendessen fertig.» «Wirklich?» fragte Martha und sah ihn begierig und hoffnungsvoll an. Er nickte. Plötzlich fing sie an zu lachen. «Was für eine alberne Frage!» sagte sie mit ihrer normalen, leichten, klaren Stimme. «Wie absurd. Ich rede, als wäre ich vollkommen verrückt. Bin ich das?» «Trink noch was», gab John zurück. «Ich glaube, wir sollten lieber nicht», sagte Martha und fing an, die Zwiebel zu zerschneiden. Er goß sich das Glas noch einmal voll. «Also gut, halb», sagte sie, als er die Flasche über ihr Glas hielt.

Sie sprang auf, um das Huhn in der Pfanne zu wenden, kehrte zu ihrem Stuhl zurück und machte sich mit Entschiedenheit daran, die Zwiebel und die Kräuter zu hacken, entschlossen, sachlich und gut gelaunt zu sein, so wie John sie sich wünschte. «Hab ich dir eigentlich je von den Parties erzählt, die die Youngs immer zu Mariä Himmelfahrt geben?» fing sie an und lächelte matt. «Das ist der Höhepunkt der gesellschaftlichen Saison. Sämtliche Irreguläre von New Leeds kommen dahin, mit ihren Dienstalterstreifen und Verwundetenabzeichen. Es ist wie ein Veteranentreffen. Es findet jedes Jahr statt, und jedes Jahr, von Mitternacht bis zum Morgengrauen, ist der Arzt mit dem Schienen und Bandagieren gebrochener und sonstwie verletzter Gliedmaßen beschäftigt. Die Apotheke legt sich einen Extravorrat an Medikamenten parat. Der Ambulanzwagenfahrer sagte immer, an diesem Abend ginge er mit den Kleidern am Leibe zu Bett. Sogar die Tiere bekommen was ab. Sandy Gray hat einmal ein Messer nach Ellen geworfen und den französischen Pudel getroffen. Es gab einen Riesenskandal im Ort, weil der neue Arzt die Hundewunde nicht nähen wollte. Die Grays waren wütend, der alte Arzt hatte nämlich immer die Hunde mitbehandelt.» «Ist der Hund gestorben?» warf John scharf dazwischen. «Nein», sagte Martha, «natürlich nicht. Sterben tut niemand. Kaum jemand. Das ist es ja gerade: sie verkrüppeln einfach.» «Mir scheint», bemerkte John, «daß du gründlich im Irrtum bist mit deiner Theorie vom Untergang, auf der du ständig herumreitest. Nach deiner eigenen Beschreibung kommt es mir so vor, als seien die Leute hier gefeit, durch irgendeinen Zauber.» Er legte die Lippen ein wenig pedantisch aufeinander, als habe er einen durchschlagenden Punkt errungen. Martha überhörte die Bissigkeit des Ausdrucks «herumreiten». «Es könnte sein», sagte sie grübelnd und sah ihn mit verwunderten Augen an. «Ja, natürlich, das könnte sein. Aber man kann es auch andersherum lesen. Sie könnten schon tot sein. Ein Gespenst kann man nicht mehr töten, weißt du.» Sie versank in Gedanken. «Genauso komme ich mir vor», gestand sie, erfreut über die Entdeckung. «Eine revenante. Jemand, der wiederkommt. » Um das zu bekräftigen, ließ sie das Messer mit Schwung auf die Zwiebel niedersausen, die aber rutschte ihr aus dem Griff; ihr linker Zeigefinger begann langsam zu bluten.

Sie starrten einander ungläubig an. «Wir sind genau wie die andern», flüsterte Martha. Sie fingen beide zu lachen an, laut und hallend. Das ganze Haus schien zu lachen; die Töpfe und Pfannen schepperten an den Küchenwänden. «Sch!» sagte Martha. «Es könnte uns jemand hören.» Obwohl es weit und breit keinen dritten gab, dämpfte John seine Heiterkeit. «Wer denn?» flüsterte er. «Na, die Parzen», sagte Martha in wildem Übermut. «Sie können hören, daß wir über sie lachen.» «Ich dachte», sagte John, «daß wir über uns selbst lachen.» «Das kommt aufs gleiche raus», erklärte Martha ihm. «Man soll nicht über Streiche lachen, die das Leben einem spielt.»

Sie hielt klagend ihren tropfenden Finger hoch, wie ein Mahnzeichen. «Wir sind genau wie die andern», wiederholte sie. «‹Er stößt den Gewaltigen vom Stuhl.›» John nickte. Zum erstenmal unterwarf er sich Marthas sibyllinischer Weisheit. Sie hatte recht, sagte er düster zu sich selbst; sie hätten nie hierher zurückkommen sollen. Und unverzüglich empfand er Mitleid mit ihr wie mit jedem verurteilten, hilflos flatternden Geschöpf; er dachte an den Vogel, der sich letzte Woche im Schornstein verfangen hatte. «Komm her», befahl er. Er nahm einen Gazetupfer aus seinem Umschlag und wickelte ihn ihr um den Finger. «Arme Maus», sagte er zärtlich, «arme, verschreckte, nervöse, kleine Maus.» Er legte den Arm um sie, als sie sich gegen ihn lehnte. «Armer John», antwortete sie. Sie lächelten einander traurig an; die Luft war rein von allen Vorwürfen. «Wohin sollen wir nun gehen, von hier aus?» murmelte er, eher rhetorisch, und schlang den Arm fester um ihre Taille.

Aber Martha hatte sich entschlossen. «Zum Arzt natürlich», sagte sie leicht und drehte sich aus seiner Umarmung. Sie warf das gehackte Gemüse in die Pfanne zum Huhn, goß ein wenig Weißwein dazu, drehte die Flamme niedrig und ging ins angrenzende Zimmer, um zu telefonieren. «Der Arzt will auf uns warten», berichtete sie, als sie zurückkam. John erhob keinen Einwand. Er hatte beschlossen, ihr zu vertrauen. Ihre eigene Verletzung war nicht ernst, aber sie war eine Warnung, daß man die seine mit Aufmerksamkeit behandle; das war Marthas Logik. «Wir werden eine Fahne haben», sagte John freundlich. Martha zuckte die Achseln. «Und die Leute werden sagen, wir wären übereinander hergefallen», fügte sie hinzu. «Macht dir das nichts aus?» fragte John, als er aufstand und sich von ihr den Mantel um die Schultern hängen ließ. «Nein», sagte sie. «Schließlich ist es ja wahr – in gewisser Weise.»

Sie gingen hinaus in die sternenhelle Nacht.

Martha war glücklich, das erkannte er, glücklich wie immer, wenn sie eine Entscheidung getroffen hatte. In der Verzweiflung fand sie Hoffnung. Der Gedanke, daß sie beide genau wie die andern waren, hatte ihr neuen Mut gegeben. Sie glaubte es nicht wirklich, ging ihm plötzlich auf. Mehr denn je hatte sie jetzt das Gefühl, daß sie sich von den andern unterschieden. Sie war ein wenig betrunken, und sie stolperte. «Fall nicht ins Kräuterbeet», warnte sie und kicherte. John nahm ihren Arm fest unter den seinen.

2

Jane und Warren Coe hatten Miles Murphy und seine Frau eingeladen, für diesen Tag von Digby zu ihnen herüberzukommen. Jeder in New Leeds hatte sich darauf verlassen, daß Jane das tun würde; die Gemeinde wollte wissen, wie Miles Murphy die Rückkehr seiner zweiten Frau aufnahm. «Wieso, das ist doch puppeneinfach», hatte Jane den ganzen Sommer lang vergnügt gespottet. «Ich bitte sie einfach her. Sie werden sich überhaupt nichts dabei denken. Wir laden sie immer im Oktober ein, zum Spazierengehen oder so. Nicht wahr, Warren?» «Fast immer», korrigierte Warren, der ein sehr gewissenhafter Mensch war. «Also, wenn wir sie in diesem Jahr nicht einladen», jammerte Jane den ganzen September, «dann ist Miles gekränkt. Miles ist schrecklich empfindlich. Er wird denken, es sei wegen Martha.»

Gleichviel, als der verabredete Tag kam, fühlten beide Coes sich unwohl in ihrer Haut. Sie hatten Angst, Martha werde ihnen auf die Schliche kommen, und obschon es Martha natürlich nichts anging, wen sie wann einluden, wünschten sie jetzt doch, sie hätten es ihr gesagt. Mitten in der Nacht wurde Warren, der meistens schlecht schlief, von der scheußlichsten aller Vorstellungen überfallen: er sah vor sich, wie Martha und John am Strand spazierengingen und plötzlich auf ihn und Jane und die Murphys stießen. «Das wäre allerdings entsetzlich», pflichtete Jane ihm in feierlichem Flüsterton bei, als er ihr beim Frühstück seine Angst anvertraute. Sie schlug sich mit der Hand gegen die Wange, ließ ihren mächtigen, vorspringenden Unterkiefer fallen und starrte Warren über den Toaster hinweg an. Aber insgeheim erregte diese Aussicht sie; ihr Schulmädchenherz klopfte vor Abenteuerlust. Sie fand es herrlich, wenn der Knoten sich gehörig schürzte, solange sie und Warren als unschuldige Zuschauer in dem Spektakel figurieren konnten. «Woher sollte ich das wissen!» hörte sie sich schon lamentieren, und ihr ununterdrückbares Kichern stieg ihr wie eine Blase aus der Magengrube herauf. Trotzdem war sie nervös. Sie ließ Warren seinen Willen bei der Wahl des Picknickplatzes: es wäre zwar schöner gewesen, auf den Wellenbrecher hinauszugehen, denn die kleine Bucht war langweilig im Vergleich dazu; aber in der Bucht waren sie sicher, weil Martha die nicht mochte. Beide, Martha und Miles Murphy, konnten gefährliche Feinde sein, sagte Jane nachdenklich.