Vom Glück der Muße - Anselm Bilgri - E-Book

Vom Glück der Muße E-Book

Anselm Bilgri

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Beschreibung

Wir kennen es alle: Junge Eltern, die zwischen Job und Familie einen Balanceakt vollführen. Menschen in der Lebensmitte, die neben den eigenen Kindern plötzlich auch pflegebedürftige Angehörige versorgen müssen. Manager, die eine 60 Stunden Woche absolvieren. Am Ende steht immer der Seufzer: Wann finde ich nur endlich wieder mal Zeit für mich! Dabei sind die ersten Schritte scheinbar einfach: innehalten, in sich hineinspüren, eine Atempause einlegen. Und doch: Es kann harte Arbeit sein, sich solche Freiräume zu erobern. Als langjähriger Benediktinermönch weiß Anselm Bilgri aus eigener Erfahrung, wie wir uns auch im Alltag Inseln der Muße schaffen können. Inseln, auf denen Kreativität, Sinnlichkeit und Lebensfreude wachsen können. Denn nur wenn wir ganz bei uns selbst sind, können wir uns auf eines der größten Abenteuer einlassen, das es gibt: ein glückliches Leben!

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Mehr über unsere Autoren und Bücher:

www.piper.de

Unter Mitarbeit von Nikolaus Birkl, Georg Reider und Gerd Henghuber

Die Kapitel »Unternehmensführung: Handeln durch Innehalten« und »Akzeptanz durch Achtsamkeit in Partnerschaft und Familie« wurden von Dr. Nikolaus Birkl bearbeitet.

Die Kapitel »Muße und Religion«, »Muße und Achtsamkeit« und »Muße und Arbeit« von Dr. Georg Reider.

Das Kapitel »Muße und Stress« sowie alle Erfahrungsberichte von Gerd Henghuber.

Vollständige E-Book-Ausgabe der im Piper Verlag erschienenen Buchausgabe

2. Auflage 2014

ISBN 978-3-492-96818-8

© Piper Verlag GmbH, München 2014

Litho: Lorenz & Zeller, Inning am Ammersee 

Illustration: Sven Binner

Covergestaltung: Büro Jorge Schmidt, München

Covermotiv: plainpicture

Datenkonvertierung: Tobias Wantzen, Bremen

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

 

Audiodateien der Übungen im Internet

Sie finden alle Übungen dieses Buches auch als Audiodatei auf unserer Internetseite unter:www.piper.de/achtsamkeit

Einleitung

Muße – das klingt altmodisch und verstaubt in unseren modernen Ohren. Angesagt dagegen sind Tempo, Effektivität und rascher Erfolg. Da bleibt keine Zeit, um zwischendurch Atem zu holen. Das kann man – hoffentlich – nach Beendigung des Berufslebens, im sogenannten dritten Lebensabschnitt. Und doch werden die Menschen allmählich immer mehr, die eine Sehnsucht danach entwickeln, innezuhalten und über ihr Leben und Arbeiten nachzudenken. Denen es plötzlich wichtig wird, sich zu fragen: Kann das alles sein? Was ist der Sinn meines Lebens? Wenn wir den Soziologen Glauben schenken können, wird es eine ganze Generation sein, die sogenannte Gen Y, die nicht mehr nur im Beruf ihre Lebensaufgabe sieht. Die nach 1985 Geborenen suchen ihre persönliche Freiheit nicht mehr nur im wirtschaftlichen Aufstieg, sondern in der Balance von Leben und Arbeiten. Freizeit, Familie und Freunde sind ihnen mindestens genauso wichtig wie Karriere und ein gefülltes Bankkonto. Dafür sind sie sogar bereit, ihre Arbeitszeit zu beschränken und damit finanzielle Einbußen hinzunehmen. Y, der Buchstabe wird englisch wie das Fragewort why ausgesprochen: »Warum?«, wird zur charakteristischen Haltung dieser Generation, die alle bisherigen, die Ökonomie feiernden Werte hinterfragt. Muße, ein alter Begriff, der auch die moderne Freizeit miteinschließt, wird zu einem neuen Wert, der nur wiederentdeckt werden muss.

Schon unsere Mitgeschöpfe, die Tiere, verbringen viel Zeit in Ruhe. Wiederkäuer müssen dies tun, andere Tiere auch. Den Winterschlaf kann man wohl nicht unter die »Muße« rechnen, auch wenn der Schlaf eine der intensivsten Zeiten der Regeneration darstellt. Vielleicht zählt dazu das quasi absichtslose Spiel. Man braucht nur Gemsenkinder beim Umhertollen auf den Schneefeldern zu beobachten. Dies hat darüber hinaus auch einen Überlebenssinn, das Einüben von Körperbeherrschung, sozusagen tierischer Turnunterricht. Der Sport des modernen urbanen Menschen hat eine ähnliche Funktion. Das Rumliegen und Dösen kommt in der Fauna durchaus auch vor. Bei den Primaten sicherlich, bei anderen Tierarten wahrscheinlich mit Denken verbunden, meint Wulf Schiefenhövel vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Andechs.

Der Mensch hat diesen natürlichen Rhythmus von Anspannung und Entspannung im Lauf der Zeit zwar kultiviert und ritualisiert, aber im Zuge der Technologisierung und Industrialisierung weitgehend das rechte Gespür dafür verloren. In jüngster Zeit wird vermehrt das sogenannte Burn-out-Syndrom thematisiert. Obwohl sich die Medizin nicht ganz im Klaren ist, ob dieses Krankheitsbild als solches überhaupt schlüssig zu beschreiben ist, scheint es sich doch um eine Art Depression aufgrund eines Gefühls der Überforderung zu handeln. Manchmal kann es auch die Unterforderung sein, die dazu führt. Perfektionismus im Verbund mit der Beschleunigung des Arbeitstempos und einer Fehlerkultur, die immer einen Schuldigen sucht, können die Ursachen bilden für dieses Phänomen. Der Wirtschaft, die durch ihren Kostendruck am Anfang der Ursachenkette steht, entstehen durch den Ausfall von Arbeitskräften dann enorme Kosten. Man könnte verkürzt sagen: Das ökonomische Wachstum frisst seine Kinder. Schon vor einiger Zeit wurde daher im typischen Sprachjargon der Betriebswirte die »Work-Life-Balance« als neue Forderung proklamiert. Ein ausgewogenes Verhältnis von Arbeit und Leben. Wir glauben, dass diese Balance durch die Wiedergewinnung der Muße erreicht werden kann.

Wir, das sind meine Mitautoren, Nikolaus Birkl und Georg Reider, und ich. Seit mehreren Jahren bieten wir »Tage des Innehaltens« für Führungskräfte an, die wir in Tagungshäusern mit historischer und spiritueller Ausstrahlung durchführen. Daraus erwuchs die Idee, unser Bemühen in die Form einer »Akademie der Muße« zu gießen. Der Erfolg unseres Konzepts beruht wohl vor allem auf der Verschiedenheit unserer Ansätze, die auch in diesem Buch widergespiegelt wird. Dr. Nikolaus Birkl ist von Beruf Rechtsanwalt, es hat ihn immer interessiert, »wie Menschen ticken«. Deshalb absolvierte er Zusatzausbildungen in Psychologie und Systemtheorie. Heute ist er neben seiner Anwaltstätigkeit als Coach und systemischer Organisationsberater unterwegs. Ich bewundere darüber hinaus seine Disziplin beim Meditieren, das er in einer leicht angepassten Form des Zen praktiziert und wozu er die Teilnehmer unserer Kurse äußerst behutsam und gewinnend anleitet. Bei den Meditationskursen, die der Benediktiner Willigis Jäger auf dem Benediktushof im unterfränkischen Holzkirchen anbietet, hatte er den damaligen Franziskaner Dr. Georg Reider kennengelernt. Er gehörte zum Führungspersonal seines Ordens in Südtirol und Österreich und baute ein spirituelles Zentrum in seiner Heimat auf. Dort ist er heute als Seminarleiter für eine zeitgemäße und weltzugewandte Spiritualität tätig. Auch er qualifizierte sich durch eine psychotherapeutische Ausbildung in Psychosynthese. Dieser im deutschsprachigen Raum nicht sehr bekannte Therapieansatz wurde vom italienischen Arzt und Psychiater Roberto Assagioli in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelt.

Ich selber habe mich schon in meiner Zeit als Benediktinermönch und Wirtschaftsleiter des Klosters Andechs in Oberbayern mit Führungsmodellen aus der Tradition der europäischen Kultur beschäftigt. Ganz besonders hat mich die Ordensregel Benedikts von Nursia inspiriert. Sie ist das älteste »Organisations- und Führungshandbuch« des Abendlandes. Das Jahr ihrer Entstehung 529 n. Chr. gilt als das Ende der Antike und Beginn des christlichen Mittelalters. Ihr Motto »ora et labora« steht am Anfang der Hochschätzung von Arbeit und Wirtschaften gegenüber dem Ideal der Muße in der griechischen und römischen Antike. Hier schließt sich der Kreis: Es gilt, den Wert, das Glück der Muße wiederzuentdecken, ohne unser hohes Arbeitsethos zu desavouieren. Denn die Balance ging im Laufe der Jahrhunderte verloren. Die Waagschale der Arbeit hat sich zu sehr zuungunsten der Muße nach unten geneigt. Und diese Unausgewogenheit hat die Tendenz, die Menschen krank zu machen an Leib und Seele.

Deshalb dieses Buch: Nikolaus Birkl bietet systemische Lösungsansätze für eine Zurückgewinnung der Muße in den verschiedenen Systemen und Beziehungen der Menschen, Georg Reider hat einen mehr psychologischen und spirituellen Ansatz, der die Weite und Tiefe des Selbst, den inneren Reichtum der Seele erfahren lässt. Ich selber kann mein Interesse für Geschichte und Philosophie nicht verleugnen. Ich glaube, dass unsere kulturelle Tradition viele Hilfen für das moderne Leben bereithält. Wir müssen diese Schätze nur heben. Ergänzt werden die Beiträge durch Interviews und Berichte, die Gerd Henghuber, Journalist und PR-Berater, erstellt hat. Es war uns wichtig zu zeigen, wie Menschen in verschiedenen Positionen ihren Weg der Muße finden und praktizieren. Dabei wird deutlich: Es gibt nicht das eine Patentrezept. Jeder muss für sich definieren, was für ihn Muße bedeutet. Eines ist allen Ansätzen gemeinsam: Es muss eine Zeit »procul negotiis« (fern von Geschäften) sein, wie es Horaz in einem Gedicht kurz und prägnant ausdrückt. Eine Zeit, die nicht ökonomisch verzweckt sein darf. Um das erreichen zu können, gibt es zu jedem Kapitel im Buch auch Hilfen, die »Übungen der Achtsamkeit«, für die man sich ein kleines Zeitfenster der Muße freischaufeln muss. Eine Haltung der Muße zu erlangen geht nicht auf einen Schlag, sozusagen von heute auf morgen. Dies braucht Übung; Muße macht Mühe, wenn man sie konsequent als Teil des eigenen Lebens installieren will.

Wir mussten dabei das Rad nicht neu erfinden. Viele Autoren von der Antike bis zur Gegenwart haben sich mit diesem Thema schon beschäftigt. Direkte Anleihen werden durch Hinweise in Text oder Fußnoten kenntlich gemacht, die der Lesbarkeit halber am Ende des Buches aufgeführt werden. Die jedem der drei Autoren wichtigsten Vordenker und Ideengeber sind nochmals in einer kleinen kommentierten Literaturliste eigens zusammengestellt. Ihnen gilt unser Dank und Respekt. Ebenso wollen wir uns beim Piper Verlag bedanken für die hervorragende Betreuung, speziell bei unserem Verleger Marcel Hartges sowie bei Kristin Rotter, Ulrich Wank und Artur Bogdanowicz.

Den Philosophen des Altertums war eine Frage am wichtigsten: Wie kann ich ein glückliches Leben führen? Aus den verschiedenen Ansätzen entwickelten sich die verschiedenen Schulen, in denen die Antworten praktisch umgesetzt wurden, darunter der Garten des Epikur und die Akademie von Platon. Auch heute wollen die Menschen ein glückliches, gelingendes, ausgewogenes Leben führen. Warum gelingt es so selten? Was tun Menschen alles, um nicht glücklich zu werden? Oder anders gefragt: Was können wir tun, um das Leben gelingen zu lassen? Ein Weg dazu ist die Wiedergewinnung der Muße. Daher der ambitionierte Titel: Vom Glück der Muße.

München, Pfingsten 2014

Anselm Bilgri

1   Muße im Wandel der Geschichte

Auf welche Weise gaben sich die Menschen in früheren Zeiten der Muße hin? Und worin unterscheidet sich ihr Verständnis der Muße von unserer heutigen Auffassung? Der berühmte Humanethologe Irenäus Eibl-Eibesfeldt wies schon vor vielen Jahren darauf hin, dass Menschen in traditionellen Gesellschaften »mußeintensiv« gewesen seien, also nicht, wie unser modernes Klischee meint, permanent im Kampf ums Dasein steckten. Das blieb späteren Phasen der kulturellen und industriellen Revolution vorbehalten.

Wenn wir nun zu den Anfängen der Menschheitsgeschichte zurückgehen, dann besitzen die Höhlenmalereien des Cro-Magnon-Menschen neben einer religiösen sicher auch eine künstlerische Bedeutung. Auf jeden Fall aber beweisen sie, dass eine ganze Gruppe von Menschen sich mit einem nicht dem unmittelbaren Lebensunterhalt dienenden Zweck beschäftigen konnte. Die Beobachtung der Umwelt, die zu den anatomisch genauen Abbildungen von Tieren befähigte, brauchte eine Zeit, die später im historischen Altertum als Zeit der Muße definiert wurde.

Im alten Ägypten schätzte man die Muße als Lebenshaltung der Oberschicht. Die straffe Staatsorganisation und die Arbeitsteilung in einzelne Berufe ermöglichten vielen Menschen eine völlig neuartige Zeitgestaltung. Sie waren nicht mehr den Großteil des Tages damit beschäftigt, ihren Lebensunterhalt zu sichern, sondern verfügten über viel freie Zeit. Insbesondere die Oberschicht wurde durch eine große Dienerschaft von der Alltagsarbeit entlastet. In der Regel war in den vornehmen Gesellschaftsschichten das Familienoberhaupt ein wichtiger Beamter des Pharao. Diese Tätigkeit ließ neben den zahlreichen Feiertagen und Festveranstaltungen noch freie Zeit, in der die Familie an Vergnügungen und Zerstreuung denken konnte. Die Ägypter liebten es etwa, im Papyrusdickicht des Nils auf Entenjagd zu gehen, sich sportlich zu betätigen, Musik zu spielen, zu singen und zu tanzen. Unterschiedliche Geschicklichkeitsspiele waren bei Kindern weit verbreitet, ansonsten waren insbesondere bei Männern Brettspiele zur Unterhaltung beliebt, von denen es mindestens vier verschiedene Arten gab.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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