Vom Heerschilde - Julius Ficker - E-Book

Vom Heerschilde E-Book

Julius Ficker

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Beschreibung

Eike von Repgow erwähnt in seinem Sachsenspiegel, dem ältesten älteste Rechtsbuch des deutschen Mittelalters, den Heerschild. Bei ihm erscheint dieser Heerschild institutionellen Charakter zu zu haben, als sei er eine feststehende Einrichtung im Rechtsleben des Mittelalters gewesen. In diesem wissenschaftlichen Aufsatz, ursprünglich erschienen im Jahr 1862, untersucht der deutsche Historiker diesen Begriff und führt den Begriff „Heerschildordnung “ ein und hat damit den Grundstein für die weiteren Forschungen auf diesem Gebiet gelegt. Die von Ficker in diesem Werk festgestellte Wirksamkeit und Anwendung des Heerschildes wird heute nicht mehr so absolut gesehen. Ma spricht eher davon, dass die Heerschildordnung nicht ein System zwingender Normen, sondern von Ordnungsvorschriften gewesen sei. Auch wird sein Ansinnen, auch die unteren Schilde als System zu akzeptieren, welches in der Realität des beginnenden 13. Jahrhunderts zu finden war, nicht mehr anerkannt. Dennoch bietet dieses Werkes dem an der deutschen Geschichte Interessierten weiterhin eine sehr nutzbringende und grundlegende Lektüre.

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Julius Ficker
Vom Heerschilde
Ein Beitrag
zur

2. E-Book-Auflage, April 2014

www.mach-mir-ein-ebook.de, Hamburg

ISBN: 978-3-944309-06-4

Originalausgabe: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862

Cover: Buchmalerei aus der Wolfenbütteler Handschrift des Sachsenspiegels

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Schrift: »Charis SIL« von SIL International, diese Schriftart ist unter der Open Font License verfügbar.

DER
JURISTISCHEN FACULTAET
AN DER KÖNIGLICHEN UNIVERSITAET
ZU
BRESLAU
AUF VERANLASSUNG DER DEM VERFASSER BEI DER FEIER DES FUENFZIGJAEHRIGEN BESTEHENS DER HOCHSCHULE AM IV. AUGUST MDCCCLXI ERTHEILTEN WUERDE EINES DOCTORS BEIDER RECHTE
Inhalt

Einleitung.

I.

Heerschild: doppelte Bedeutung desselben. Niederung des Heerschildes: findet nicht statt beim Mannenverhältniss zur Sühne eines Todtschlages. Umgehung der Niederung des Heerschildes. - Auflassung des Gutes an den Herrn. Halten und Leihen des Gutes zu treuer Hand. Scheinleihe; Verpfändung durch die Scheinbelehnten. Nachsicht der Mannschaft; für immer; auf bestimmte Zeit. Ersatz der Mannschaft durch anderweitige Leistung. Leistung der Mannschaft durch Stellvertreter. Wechselseitige und gleichzeitige Belehnung. Lehnweiser Besitz ohne Belehnung. Verleihung zu Zinsrecht. Ergebnisse.

II.

Erster Heerschild. Ob ein Unterschied zwischen Kaiser und König zu machen ist.

III.

Kann der Kaiser Mann des Pabstes sein. Kaiserthum. Mathildische Güter. Der Ausdruck Investitur. Sizilien.

IV.

Lehen der Könige von den Pfaffenfürsten. Entstehung des Verhältnisses. Lothar. Konrad III. Friedrich I. Heinrich VI. Wichtigkeit des Verhältnisses. Philipp. Otto. Friedrich II. Einfluss des Ausganges des staufischen Hauses. Spätere Ansprüche des Reichs auf die staufiscben Kirchenlehen. Kirchenlehen späterer Könige. Ob der König zur Mannschaft verpflichtet war. Der König keines Laien Mann.

V.

Zweiter Heerschild. Gezwungene Einfügung desselben in das System. Reichslehnsverband und Kirchenlehnsverband. Seit wann betrachtet man Reichsbischöfe und Reichsäbte als Mannen des Königs. Investitur. Treuschwur. Unterschied zwischen Treuschwur und Mannschaft. Longobardisches Lehnrecht. Deutsches und französisches Lehnrecht. Verpflichtung der Bischöfe und Aebte zur Mannschaft; in Frankreich; im Kaiserreiche. Erste Erwähnung der Mannschaft unter K. Friedrich I. Vergabungen an Kirchen zu Eigen. Verwirkung der Regalien. Vergabungen zu Lehen seit K. Friedrich I. Ergebniss.

VI.

Der Pfaffenfürst keines Genossen Mann. Mannschaft wegen Familienlehen. Ausnahmsweise Mannschaft wegen des Stifts oder eines Zubehör desselben.

VII.

Pfaffenfürsten und Laienfürsten Mannen fremder Könige. Unterthanen fremder Könige als Vasallen des Reichs. Deutsche Grosse Vasallen von England, Frankreich, Schottland. Kastilien, Dänemark. Fürsten als Mannen des Königs von Böhmen. Beabsichtigte Erhebung Oesterreichs zum Königreiche. Heerschild belehnter Könige.

VIII.

Dritter Heerschild. Seit wann die Laienfürsten Mannen der Pfaffenfürsten sind. Benefizien aus Kirchengut als Reichslehen. Benefizien von Kirchen. Der Ausdruck Beneficium. Mannlehen von Kirchen; später in Baiern und Schwaben; früher in Sachsen und Lothringen. Einfluss der Vergabung ganzer Grafschaften an Reichskirchen. Ergebniss. Niederung des Schildes der Laienfürsten.

IX.

Einfluss der Belehnung durch Heerschildslose auf den Heerschild. Entstehung der Beschränkung des Heerschildes auf Reichsbischöfe und Reichsäbte. Der Ausdruck Heerschild. Von der Heerfahrt befreite Reichsäbte haben den Heerschild. Lehnsunfähigkeit nichtfürstlicher Geistlichen; im Reichslehnsverbande beachtet. Unfähige Geistliche werden belehnt; selten von Laien. Belehnung durch Unfähige; durch Frauen; durch Geistliche; wird bei Fürsten und freien Herren als Niederung betrachtet; durch Städte. Nichtfürstliche Geistliche mit weitergehendem Lehnrechte als dem der Heerschildslosen. Mittelbargewordene Bischöfe und Aebte. Stellung der jüngeren salzburgischen Suffragane zwischen dem zweiten und dritten Heerschilde.

X.

Der Laienfürst keines Genossen Mann. Entspricht nicht dem ältern, sondern dem neuem Fürstenstande. Früheres Hervortreten des Grundsatzes in Sachsen. Ausnahmsweise Belehnung von Fürsten durch Genossen. Belehnung der Magnaten durch Laienfürsten. Nichtbeachtung des Grundsatzes seit dem vierzehnten Jahrhunderte in Folge der Erhebungen in den Fürstenstand. Niederung als Folge der Verwirkung von Lehen.

XI.

Notwendigkeit örtlicher Scheidung bei den untern Stufen. Vierter Heerschild des Sachenspiegels. Die sächsischen freien Herren. Heerschild der Fürstengenossen. Im östlichen Sachsen keine Lehnsverbindungen unter freien Herren; in Westfalen Zerfallen derselben in zwei Lehnsstufen.

XII.

Lehnsverbindungen unter freien Herren in Lothringen und Burgund. Belehnung der jüngern Söhne durch den ältesten. Fratriagium und Paragium. Niederung des Schildes der jüngern Brüder. Edelherrn Vasallen von Grafen, von Edelherren; Grafen von Grafen. Doppelte und dreifache Lehnsverbindungen unter freien Herren; dennoch Beachtung der Lehre von Niederung des Schildes; es sind aber mindestens drei Schilde lothringischer freier Herren zu scheiden.

XIII.

Vierter und fünfter Heerschild des Schwabenspiegels. Bezeichnung der Stände in den Urkunden. Nobiles und Liberi gleichbedeutend. Nobilis zuweilen gleichbedeutend mit Ritterbürtig. Nur ein Stand ritterbürtiger. Freien Widersprüche in den Angaben des Schwabenspiegels über die Standesabstufungen. Freie Herren. Semperfreie. Mittelfreie. Nur zwei landrechtlich geschiedene freie Klassen, freie Herren und freie Bauern. Freigelassene Dienstmannen werden freie Herren: Der Unterschied zwischen Hochfreien und Mittelfreien ein rein lehnrechtlicher. Vergleich mit den Verhältnissen Sachsens. Bestätigung durch die thatsächlichen Lehnsverbindungen unter freien Herren.

XIV.

Fünfter Heerschild des Sachsenspiegels. Die Zweifel über die Stellung der schöffenbar Freien hängen mit der Frage zusammen, wer die Mannen der freien Herren sind. Es sind nicht geniederte freie Herren. Ob belehnte schöffenbar Freie? Annahme einer landrechtlichen Bedeutung der Heerschildsstufen. Nichtvorkommen freier Herren und freier Ritter ausser aller Lehnsverbindung. Schöffenbarfreie Bauern. Geringe Zahl schöffenbarfreier Ritter. Nobiles und Liberi in sächsischen Urkunden. Schöffenbare Ministerialen. Lehnsunfähigkeit der schöffenbaren Bauern.

XV.

Heerschild der Ministerialen. Freiheit nicht Erforderniss des Heerschildes. Ausschluss des Dienstguts vom Gebiete des Lehnrechts. Enge Verbindung von Ritterbürtigkeit und Lehnsfähigkeit. Belehnung von Ministerialen zu Lehnrecht. Entstehungszeit der Lehnsfähigkeit der Ministerialen. Unzulässigkeit einer Niederung der Ministerialen.

XVI.

Sechster Heerschild des Sachsenspiegels. Schöffenbar Freie. Aktive Lehnsfähigkeit der Ministerialen. Lehnsfähigkeit eigner Leute.

XVII.

Enden des Heerschildes. Zahl der Heerschilde; der statthaften Verleihungen; der thatsächlich nachweisbaren Verleihungen; statthafter Lehnsverbindungen. Sächsische Rechtsbücher. Süddeutsche Rechtsbücher. Westfalen. Lothringen.

XVIII.

Erhöhung des Heerschildes. Unbedingte Wirksamkeit der lehnrechtlichen Momente für Niederung des Schildes, Niederung und Erhöhung des Gutes, Genossenschaft der Mannen eines Herrn. Erhöhung des Schildes beschränkt durch die landrechtliche Grundlage. Erblichkeit des Heerschildes. Möglichkeit der Erhöhung bei Erhebung zum römischen Könige, zum belehnten Könige, für Pfaffenfürsten, Laienfürsten, freie Herren, Mittelfreie, ritterbürtige Schöffenbare, Dienstmannen, Nichtritterbürtige.

XIX.

Heerschild des Gutes. Beziehung des Gutes zum Heerschilde überhaupt, zu einzelnen Heerschildsstufen. Fürstenlehen.

XX.

Einleitung.

Die Forschung auf dem Gebiete der deutschen Rechtsgeschichte hat wohl nirgends mit grösseren Schwierigkeiten zu kämpfen, als da, wo es gilt, die geschichtliche Entwicklung der einzelnen Institute in dem Zeiträume zu verfolgen, welcher durch die Volksrechte und die karolingische Reichsgesetzgebung einerseits, durch die Rechtsbücher andererseits begränzt wird. Da fehlt jede Quelle, welche es sich zur Aufgabe gesetzt hätte, die gesammten Rechtsverhältnisse des Volkes oder eines seiner Stämme darzulegen; kaum dass hie und da für einzelne Verhältnisse, für enggezogene Kreise Aufzeichnungen des geltenden Rechts geboten sind; Von der an und für sich dürftigen Gesetzgebung ist nur Weniges und Vereinzeltes erhalten. Der Vorrath von Urkunden lässt sich mit dem, welcher seit dem dreizehnten Jahrhunderte vorliegt, in keiner Weise vergleichen; weniger, weil mit dem Rückschreiten in der Zeit die relative Zahl der erhaltenen sich mindert, sondern vorzüglich auch desshalb, weil ungleich weniger Urkunden ausgestellt wurden, viele Vorgänge, für welche uns in späterer Zeit Beurkundungen in Menge vorliegen, überhaupt nicht schriftlich bezeugt wurden, wodurch nicht allein ein geringerer Umfang, sondern auch ein viel einförmigeres Gepräge des ganzen Vorraths bedingt ist. Und bieten uns die Geschichtschreiber die verhältnissmässig reichste Quelle, so ermangeln gerade ihre Angaben, sei es wegen Unkenntniss, sei es wegen fehlenden Interesses, nur zu oft der Schärfe und Genauigkeit, welche wir da, wo es sich um die Feststellung rechtlicher Verhältnisse handelt, nicht wohl entbehren können. Es erklärt sich aus dieser Beschaffenheit der Quellen, wenn unsere Rechtsgeschichten bei manchen Instituten uns nur sehr unvollkommen den stätigen Gang der Entwicklung vor Augen zu stellen vermögen, wenn wir vorzugsweise nur den Zustand, wie er in der karolingischen Periode war, dann wieder den des dreizehnten Jahrhunderts genauer kennen lernen; während zugleich das, was über, die zwischenliegende Entwicklung gesagt ist, häufig mehr aus einer Vergleichung jener beiden Entwicklungsstufen abgeleitet, als durch Zeugnisse gleichzeitiger Quellen genügend belegt ist. Dass hier auch unmittelbar durch Sammeln und Verarbeiten der vereinzelten, weniger leicht erreichbaren und vielfach noch nicht genügend beachteten Zeugnisse noch Vieles geleistet werden kann, ist nicht zu läugnen. Aber eben so wenig, dass wir doch vielfach in erster Reihe darauf hingewiesen sind, aus der genauer bekannten Lage des Ausgangspunktes und des Endpunktes die ungefähre Richtung des dazwischenliegenden Weges zu bestimmen, um dann erst zu prüfen, in wie weit die vereinzelten Quellenzeugnisse, welche an und für sich unzureichend sind, einen verbindenden Faden herzustellen, den Gang der Entwicklung, wie wir ihn uns nach Beachtung jener Gränzpunkte denken, bestätigen oder berichtigen können; und gar oft werden wir uns schon damit begnügen müssen, wenn nur der Nachweis gelingt, dass jene dem muthmasslichen Gange wenigstens nicht widersprechen.

Ist nun auf diesem Gebiete die angedeutete Methode der Forschung vielfach nicht zu vermeiden, so wird es natürlich vor allem geboten sein, den Zustand der Zeiten möglichst genau festzustellen, in welchen die reicheren und zusammenhängenderen Quellen von vornherein erwarten lassen, dass es wirklich möglich sein wird, auf Grundlage der erhaltenen Ueberlieferung über alles Wichtige quellenmässigen Aufschluss erhalten zu können. Es ist in der Natur der Dinge, in der zeitlich fortschreitenden Bewegung der Entwicklung begründet, dass, wie die Darstellung überhaupt einen andern Weg kaum einzuschlagen vermag, auch die Einzelforschung sich zunächst vorzugsweise den begründenden Verhältnissen zuwendet, sich einen festen Ausgangspunkt zum Weiterschreiten zu schaffen sucht. So liegen uns denn nun auch für eine der wichtigsten Seiten unseres Rechtslebens, das Lehnwesen, über die den Ausgang bildenden Verhältnisse der merovingischen und karolingischen Zeit die gründlichen Untersuchungen von Roth und Waitz vor, und es steht wohl zu hoffen, dass von dieser Grundlage aus eine genügendere Erörterung der Weiterentwicklung in den nächstfolgenden Jahrhunderten, wo noch so manches der Aufklärung harrt, nicht auf sich warten lassen wird.

Ist aber für solche Aufgaben die genauere Feststellung des Ausgangspunktes das unbedingt Nothwendige, so wird ihre Lösung doch auch wesentlich gefordert werden können durch eine Methode der Forschung, welche zunächst einen späteren mit genügender Sicherheit erkennbaren Zustand ins Auge fasst, damit für die zeitlich vorschreitende Forschung feste Zielpunkte hinstellt, zu welchen sie nothwendig gelangen muss, wenn ihre Ergebnisse stichhaltig sein sollen, und ihr dabei rückwärtsschreitend entgegenzukommen sucht, indem sie die Frage nicht ausser Acht lässt, wann und wie die für eine spätere Zeit als bestehend erwiesenen Zustände sich gestaltet haben dürften; denn die oft sehr sicher leitenden Anhaltspunkte, welche der spätere Zustand wenigstens für die nächstvorhergehenden Entwicklungsstufen bietet, werden bei der lediglich vorwärtsschreitenden Forschung kaum in vollem Masse ausgebeutet werden können.

Auch in dieser Richtung liegt nun für den bezeichneten Stoff eine überaus bedeutende Leistung vor in Homeyers System des Lehnrechts der sächsischen Rechtsbücher; einer Arbeit, welche insbesondere den Vorzug hat, dass sie nicht allein mit einer Gründlichkeit und Umsicht, welche nach dieser Seite hin fast den Ausdruck eines Abschlusses der Forschung rechtfertigen dürfte, die in den Rechtsbüchern enthaltenen Lehren systematisch entwickelt, sondern neben diesen auch in umfassendem Masse die in den Urkunden vorliegenden Aeusserungen des thatsächlichen Rechtslebens ins Auge fasst und darin das Mittel findet, „um in den Rechtsbüchern das dem Leben angehörige von blos theoretischen Gebilden, die wesentlichen, weit und lange waltenden Normen von Sätzen beschränkterer Geltung zu unterscheiden.“

Wenn ich nun aus dem Gesammtgebiete eine Lehre, welche mir bei dem Ineinandergreifen lehnrechtlicher und landrechtlicher Anschauungen, bei ihrer Wichtigkeit auch für die höheren Kreise des Staatslebens und die gesammte staatliche Entwicklung, bei manchen Anhaltspunkten, welche gerade sie für die Erkenntniss des früheren Entwicklungsganges des ganzen Institutes bieten dürfte, von besonderem Interesse zu sein scheint, nochmals aufgreife, um sie nach einigen Seiten hin näher zu erörtern, so wird auch mein nächster Gesichtspunkt vorzugsweise der sein, die Theorie vom Heerschilde, wie, sie in den Rechtsbüchern vorliegt, mit den Thatsachen zu vergleichen, was ja gerade bei einer Lehre von Wichtigkeit sein muss, welche allerdings nach manchen Richtungen hin Veranlassung bietet, sie als ein vorwiegend theoretisches Gebilde, welches dem thatsächlichen Rechtsleben fernstand, zu betrachten. Glaube ich dabei die betreffende Ausführung Homeyers noch in einigen Punkten ergänzen zu können, wohl auch hie und da eine abweichende Meinung vertreten zu dürfen, so wird freilich der Nachfolger, welchem der Weg bereits geebnet ist, immer hoffen dürfen, einige Schritte weiter zu gelangen, und zumal dann, wenn er seine Aufmerksamkeit einem einzelnen Punkte ungetheilt zuwendet. Dann aber liess die engere Begränzung, welche der Vorgänger für seine Arbeit festhielt, die Art und Weise, wie er sie aufs engste an die Lehren der sächsischen Rechtsbücher anschloss, andere Quellenzeugnisse vorzüglich nur heranzog, so weit sie bestätigend, erläuternd und ergänzend mit jenen in Verbindung stehen, hier von vornherein noch manche Frage offen. Zunächst werden wir bei einem mehr selbstständigen Verfolgen der Heerschildsverhältnisse noch auf manche einschlagende Beziehungen geführt, welche die sächsischen Rechtsbücher gar nicht berühren, und auf welche demgemäss auch Homeyer seine Untersuchungen nicht ausdehnte. Ist weiter nicht zu verkennen, dass das Lehnrecht eine örtlich viel einheitlichere Entwicklung zeigt, als das Landrecht, so wird sich doch auch auf dem Gebiete des Lehnrechts vielfach die Frage aufwerfen lassen, in wie weit eine Lehre der sächsischen Rechtsbücher, auch wenn sie sich in näheren Kreisen als thatsächlich wirksam erweist, zugleich als gemeinsames Recht für das ganze Kaiserreich oder doch für das deutsche Königreich zu betrachten ist; und möchten wir den Kreis unserer Erörterung zunächst auf das letztere beschränken, so wird doch ein mehrfaches Hinüberschauen auf die Lehnsgebräuche nicht allein der romanischen Reichslande, sondern auch, so weit einige nächstliegende Hülfsmittel das ermöglichen, Frankreichs schon dadurch nahe gelegt sein, dass sich in dem Lande Lothringen hier, wie in andern rechtlichen Beziehungen, der engere Anschluss vielfach mehr im Westen, wie im Osten zu ergeben scheint. Wenn endlich schon der Vorgänger in seiner zunächst auf Schilderung des zu einer bestimmten Zeit bestehenden Zustandes gerichteten Arbeit ein gelegentliches Rück- und Vorschauen nicht ausschloss, so ist doch dabei an und für sich eine feste Gränze gar nicht gegeben, ist es vorwiegend dem subjektiven Ermessen anheimgestellt, wo und bis wie weit ein Hinblick auf die Gestaltung der vorhergehenden und nachfolgenden Entwicklungsstufen sich der nächsten Aufgabe anschliessen mag; und da möchte ich, von dem früher angedeuteten Gesichtspunkte ausgehend, insbesondere auch darauf eingehen; wie weit sich die einzelnen, der Abstufung des Heerschildes zu Grunde liegenden Lehnsverbindungen zurückverfolgen lassen, um so zu einer sicherer begründeten Anschauung darüber zu gelangen, wie und wann die ganze auf einer Durchdringung lehnrechtlicher und landrechtlicher Momente beruhende Lehre die Ausbildung, in welcher die Rechtsbücher sie uns zeigen, erlangt haben dürfte.

Es würde nach dem Gesagten keinen Zweck haben, die Lehre vom Heerschilde in ihrem ganzen Umfange und ihrem vielfachen Zusammenhange mit andern Lehren des Lehnrechts an der Hand der Rechtsbücher nochmals theoretisch zu entwickeln; in dieser Richtung an Homeyers System anknüpfend und auf dasselbe verweisend, werde ich insbesondere nur auf die Punkte näher eingehen, für welche ich nach den angedeuteten Gesichtspunkten Ergänzendes glaube beibringen zu können; und dafür wird weniger der Heerschild in seiner Bedeutung als absolute Lehnsfähigkeit ins Auge zu fassen sein, da hier die Verhältnisse einfacher liegen und für die bezeichneten Zwecke weniger Ausbeute gewähren, als vielmehr die verwickelteren Verhältnisse des Heerschildes in seinen Abstufungen, der relativen Lehnsfähigkeit. Hatte ich manchen der besprochenen Punkte schon längere Zeit für andere Zwecke meine Aufmerksamkeit zugewandt, so liess es sich in diesem Zusammenhange doch nicht wohl ganz vermeiden, die Untersuchung auch auf solche auszudehnen, bei welchen das nicht in gleicher Weise der Fall war; und sind diese vielfach nur auf Grundlage eines der Vervollständigung noch sehr bedürftigen Materials erörtert, so möge das seine Entschuldigung darin finden, dass die Arbeit zunächst durch den Wunsch veranlasst wurde, für eine mir erwiesene ehrende Auszeichnung durch Veröffentlichung einer Abhandlung rechtsgeschichtlichen Inhaltes in nicht zu langer Frist ein Zeichen der Erkenntlichkeit zu geben, wie es eben in meiner Macht lag.

I.

In den Rechtsbüchern wird der Ausdruck Heerschild in zweifacher Bedeutung gebraucht.

Er bezeichnet einmal die Lehnsfähigkeit überhaupt, die Fähigkeit einer Person, mit voller rechtlicher Wirkung Lehen zu empfangen und zu verleihen.

Er bezeichnet aber weiter, insofern von höherem und niederem Heerschilde die Rede ist, auch die Abstufungen der Lehnsfähigkeit, ausgehend von der Anschauung, dass die durch Stand und Mannenverhältniss Gleichgestellten eine Genossenschaft bilden, welche derjenige, welcher Mann seines Genossen wird, verwirkt und damit die Fähigkeit, die Lehnsherrlichkeit über Personen des nächstniederen Schildes zu erlangen oder zu bewahren.

Die Theorie hält mit grösster Strenge an diesem Satze von der Niederung des Heerschildes durch Eingehung eines Mannenverhältnisses zu Genossen fest; sie kennt nur eine Ausnahme, die Eingehung eines Mannenverhältnisses zur Sühne eines Todschlages.[1] Wir können ein solches von Genossen eingegangen urkundlich nachweisen; zur Sühne für den Mord des Grafen Simon von Tekelnburg um 1207 mussten die Grafen von Ravensberg seinem Sohne Mannschaft leisten und einen Theil ihres Eigen von ihm zu Lehen nehmen.[2] Wegen Ermordung des Bodo von Homburg müssen 1227 zwar nicht die Thäter, die Grafen von Everstein selbst, aber hundert Ritter und Knappen Mannen der Söhne und Verwandten des Ermordeten werden.[3]

Stellen wir nun die Frage, ob jener Satz von der Niederung des Heerschildes auch bei den thatsächlichen Lehnsverbindungen beachtet wurde, so werden wir dieselbe wohl im allgemeinen unbedingt bejahen dürfen. Belege dafür werden uns die Untersuchungen über die einzelnen Heerschilde bieten. Einen besonders auffallenden Beleg werden wir aber auch sehen müssen in dem so überaus häufigen Vorkommen einer Umgehung der Niederung des Heerschildes. Es musste sehr häufig der Fall vorkommen, dass jemand ein Lehngut zu erwerben wünschte, womit sein Genosse oder Untergenosse belehnt war, dessen Gewere ihm demnach ohne Zuthuen eines Dritten zunächst nur durch Belehnung hätte übertragen werden können. Es konnte sich weiter um die Beibehaltung einer schon bestehenden Lehnsverbindung durch jemanden handeln, dessen Schild durch Erhebung zum Könige oder Fürsten erhöht wurde, so dass er nun Genosse oder Uebergenosse seines frühern Herren wurde. Oder es konnten Lehngüter, für welche eine erweiterte Erbfolge bestand, an eine Person höhern Schildes vererben. Für diese und ähnliche Fälle war man nun auf Auswege bedacht, welche zum grossen Theil dahin zielten, der zu beleihenden Person den dinglichen Nutzen, den Genuss des Lehngutes zuzuwenden oder zu erhalten, ohne dass sie zugleich durch Mannschaft ihren Schild niedern musste. Und sind diese Auswege zum grossen Theile solche, welche das strenge Lehnrecht als unstatthaft bezeichnete, so muss der Umstand, dass man sich leichter über andere Normen, als über die Verhältnisse des Heerschildes glaubte wegsetzen zu dürfen, doch sehr dafür sprechen, dass die letzteren nicht bloss in der Theorie, sondern auch thatsächlich die grösste Beachtung fanden. Eine genauere Aufzählung dieser Auswege wird aber nicht allein dafür den Beleg bieten, sondern auch spätere Untersuchungen in so weit wesentlich erleichtern, als der Nachweis des Einschlagens solcher Auswege im Einzelfalle uns mehrfach einen Schluss auf die Heerschildverhältnisse der betreffenden Personen gestatten wird.

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