War of Gods - Krieger des Nordens - Poul Anderson - E-Book

War of Gods - Krieger des Nordens E-Book

Poul Anderson

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Beschreibung

Der König des Nordens ist tot… Des Thrones beraubt, in der Wildnis versteckt und von Riesen aufgezogen, wächst Hadding zu einem mächtigen Krieger heran. Vor ihm liegt ein schicksalhafter Pfad, den er entschlossen beschreitet, um seinen Platz in der Welt zu finden und um zurückzuerobern, was rechtmäßig sein ist: den Thron seines ermordeten Vaters Gram - den Thron der Dänen! Poul Anderson gelingt mit seinem Roman WAR OF GODS die Legende des sagenumwobenen Dänenkönigs Hadding neu zu interpretieren und in eine packende Fantasy-Saga zu verwandeln.

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Poul Anderson

WAR OF THE GODS

ROMAN

Titel der englischen Originalausgabe:WAR OF THE GODS

1. AuflageVeröffentlicht durch denMANTIKORE-VERLAG NICOLAI BONCZYKFrankfurt am Main 2018www.mantikore-verlag.de

Copyright © der deutschsprachigen AusgabeMANTIKORE-VERLAG NICOLAI BONCZYKText Copyright Poul Anderson © 1997

Deutschsprachige Übersetzung: Andrea BlendlLektorat & Korrektorat: Anja KodaSatz: Karl-Heinz ZapfCovergestaltung: Carolina Fiandri & Matthias Lück

VP: 201-135-01-04-0718

eISBN: 978-3-96188-016-4

FürDiana Paxson,weit in fernen Ländern.

Inhalt

Über den Autor

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel IV

Kapitel V

Kapitel VI

Kapitel VII

Kapitel VIII

Kapitel IX

Kapitel X

Kapitel XI

Kapitel XII

Kapitel XIII

Kapitel XIV

Kapitel XV

Kapitel XVI

Kapitel XVII

Kapitel XVIII

Kapitel XIX

Kapitel XX

Kapitel XXI

Kapitel XXII

Kapitel XXIII

Kapitel XXIV

Kapitel XXV

Kapitel XXVI

Kapitel XXVII

Kapitel XXVIII

Kapitel XXIX

Kapitel XXX

Kapitel XXXI

Kapitel XXXII

Kapitel XXXIII

Kapitel XXXIV

Kapitel XXXV

NACHWORT

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POUL ANDERSON

Poul William Anderson (1926 – 2001) wurde in Pennsylvania (USA) als Sohn skandinavischer Eltern geboren. Seine Familie lebte für eine Weile in Dänemark, zog aber nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zurück in die USA. Sie siedelten sich in Minnesota an, wo Anderson an der University of Minnesota einen Abschluss in Physik machte.

Anderson begann noch als Student zu schreiben und veröffentlichte 1947 seine erste Geschichte. Er war die gesamte zweite Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts aktiv und schuf Klassiker wie die Dominic-Flandry-Bücher und Sir Rogers himmlischer Kreuzzug. Er gewann zahlreiche Hugo- und Nebula-Awards. Er war Präsident der Science Fiction and Fantasy Writers of America und Gründungsmitglied der Society for Creative Anachronism. 1998 wurde er zum Großmeister der SFWA ernannt. Er arbeitete regelmäßig mit seiner Frau Karen zusammen, und die gemeinsame Tochter ist mit dem bekannten SF-Autor Greg Bear verheiratet. Poul Anderson starb im Juli 2001.

I

Die Götter selbst führten den ersten Krieg, der je war. Odin und seine Asen hielten Asgard, die höchste der neun Welten im Baum. Ihnen gehörte die Herrschaft über den Himmel, Wind und Wetter, Sonne und Mond, den Winterweg, über die Gestirne und die Flammen, die kalt im Norden tanzen. Die Jäger unter ihnen streiften mit Bogen und Speer durch die wilden Wälder, während andere schnelle Pferde und breitschultrige Kühe züchteten. Ihre Frauen segneten ihr Heim und gebaren kräftige Kinder. Odin selbst trachtete immer nach Wissen, machte weite Wanderungen und suchte tiefgründig.

Westlich von Asgard lag Wanenheim, wo die Wanen lebten. Sie waren Götter der Erde und der See, der Ernte und Fischerei, von Flug und Schiff, Liebe und Geburt, doch auch von vielem, das finster und gesetzlos war. Sie kannten keine Ehe, sondern schliefen mit wem auch immer sie wollten. Ihre Frauen waren oft Hexen. Doch sie waren ein begabtes und wohlmeinendes Volk, vielleicht freundlicher als die strengen Asen.

Unterhalb der Welten der Götter lagen die Welten der Menschen, Elfen, Zwerge und Jötunen. Diese Letzten, die man manchmal Thursir nannte, waren die älteste Rasse und entsprangen Ymir. Viele waren Riesen wie er, wenn auch nicht so gewaltig. Andere waren Trolle oder Monster. Wieder andere waren den Menschen ähnlicher, sogar ansehnlich. Nicht alle lebten in Jötunheim, nördlich jenseits der See, die die Menschenwelt Midgard umgibt. Auch waren sie nicht alle flegelhaft oder unfreundlich. Einige waren die Mütter von Göttern. Manche waren weise und kannten Geschichten, die bis zu den Anfängen der Zeit zurückgingen. Immer aber erinnerten sich die Jötunen, wie Odin und seine Brüder ihren Vorfahren Ymir geschlachtet hatten.

Die Götter erbauten ihre Hallen und Heiligtümer. Sie spielten Dame mit goldenen Spielsteinen. An einer Quelle unter der Wurzel dieses Baumes, die Asgard am nächsten liegt, saßen die drei großen Nornen, die die Runen schnitzen, welche besagen, was für ein Ende jedes Leben nehmen wird. Dort versammelten sich jeden Morgen die Asen, um zu bedenken, welche Werke sie tun wollten. Frieden herrschte unter ihnen und unter den Dächern der Menschen.

Doch langsam regte sich Böswilligkeit. Die Menschen in Midgard opferten allen Göttern, denen sie opfern wollten. Die meisten wandten sich an die Wanen, für die Art von Wohltätigkeit, die diese Rasse am besten gewähren konnte. Die Asen begannen, sich gekränkt zu fühlen.

Heimdall verließ Asgard und reiste auf der Erde, wo er sich selbst Rig nannte. Wo auch immer er als Gast übernachtete, zeugte er einen Sohn. Aus diesen entsprangen die Stände der Sklaven, Freibauern und Nobelmänner. Als Kon, der jüngste Nachkomme von Jarl, erwachsen war, kam Rig zurück, um ihn die Fähigkeiten zu lehren, mit denen er sich zum ersten König erhob. Auf diese Weise erwarb Heimdall eine Gefolgschaft für die Asen, die die Verehrer der Wanen übertraf.

Nun verließ Gullveig Wanenheim. Sie war so blendend schön anzusehen, dass sie als Heid, die Glänzende, bekannt wurde. Aber sie war die schlimmste Hexe. In den Gedanken der Menschen säte sie Wahnsinn und schenkte bösartigen Frauen Freude. Der Wahnsinn weckte Zorn, welcher zu Trauer führte. Nachdem sie ihren Fluch über Midgard gebracht hatte, wagte sie es, die Regenbogenbrücke nach Asgard zu überqueren.

Ehe sie weiteren Schaden anrichten konnte, befahl Odin den Göttern, sie niederzustrecken. Dort stachen sie in seiner Halle mit Speeren auf sie ein. Sie lachte sie aus. Sie verbrannten sie, doch sie trat aus der Asche und glühte wie geschmolzenes Gold. Dreimal scheiterten sie so daran, sie zu töten. Danach verließ sie sie, um wieder nach Wanenheim zu ziehen und zu erzählen, wie ihr geschehen war.

Erzürnt griffen die Wanen Asgard an. Von seinem Hochsitz, der alle Welten überblickt, sah Odin sie kommen, blitzende Waffen, donnernde Tritte und Hufgetrappel. Er führte die Asen hinaus, um ihnen entgegenzutreten. Als sie näherkamen, warf er seinen Speer über ihr Heer. So begann der erste Krieg, der je war.

Er erreichte auch die Erde. Menschen bekämpften einander, wie sie es bis zu diesem Tag tun. Sie riefen die Asen an, und Odin schenkte seinen Auserwählten den Sieg. Aber seinen eigenen Krieg konnte er nicht gewinnen. Mithilfe ihrer dunklen Künste hielten die Wanen anfangs in den meisten Schlachten das Feld. Sie stießen bis zu den Mauern von Asgard vor und rissen sie ein.

Die Asen sammelten sich und trieben sie zurück. Hin und her wallten die Schlachtreihen, Jahr um Jahr, und verwüsteten beide Länder. Weil sich die Götter schlecht um sie kümmerten, litt die Erde schrecklich. Menschen hungerten, kämpften um Abfälle und konnten selten ein Tier entbehren, um es den Göttern zu opfern. In ihrer Bergfestung murmelten die Riesen von Ymir und wetzten ihre Klingen.

Nach langer Zeit wünschte sich Odin erschöpft einen schöneren Anblick und wollte sehen, wie dieser vernichtende Krieg beendet werden konnte. In Jötunheim, unter der zweiten Wurzel des Baumes, flossen die Wasser der Weisheit aus einer Quelle. Dort lebte Mimir, seit dem Anfang der Zeit ihr Wächter. Odin unternahm die lange und gefährliche Wanderung dorthin und bat, von ihr trinken zu dürfen. Mimir antwortete, dass das nur sein konnte, wenn er bezahlte, und der Preis war ein Auge aus seinem Kopf. Dies gab Odin. So wurde er Mimirs Eidesbruder. Der Jötun reiste mit ihm zurück nach Asgard und schenkte ihm viele gute Ratschläge.

Einer war, dass er die Weisheit der Runen suchen sollte. Odin tat das, obwohl er nun über den Tod selbst hinausgehen musste.

Als er zurückkehrte, hatten ihm die Einsichten, die er gewonnen hatte, Wege gezeigt, wie er seine Krieger beruhigen und mit seinen Feinden sprechen konnte. Die beiden heiligen Stämme legten ihre Waffen nieder und trafen sich. Sie sprachen darüber, wie die Luft vergiftet worden war, wer die Schuld trug und wer sich wem ergeben sollte. Am Ende einigten sie sich, Opfergaben, Reichtum und Herrschaft zu teilen. Um diesen Pakt zu halten, tauschten sie Geiseln aus. Die Asen gaben zwei an die Wanen. Einer war Hönir, der mit Odin und Lodur den ersten Mann und die erste Frau aus Eschenholz und Ulmenholz gemacht und ihnen Leben eingehaucht hatte. Der andere war Mimir. Die Wanen hielten viel von dem großen, gutaussehenden Hönir und nahmen ihn in ihren höchsten Rat auf.

Ähnlich hießen die Asen Njörd, den Wanen, der die Macht über die See hatte, und seine beiden erwachsenen Kinder willkommen. Es gefiel ihnen nicht, dass er sie mit seiner Schwester Ingrun hatte. Ihr eigenes Gesetz verbot die Heirat naher Verwandter. Dennoch war Freyr der oberste Gott der Erde, des Bodens und seiner Schätze. Freya war die oberste Göttin der Liebe, Empfängnis und Geburt, das schönste Wesen, das je in Asgard wandelte. Sie war außerdem eine mächtige Zauberin, die die Asen die Hexenkunst ihres Volkes lehrte. Odin lehnte diese ab, weil er sie für unmännlich und unzuverlässig hielt. Trotzdem war es gut, Wissen über ihre Wirkung zu besitzen.

Für eine Weile hatten die Götter dann erneut Frieden. Aber die Menschen führten nun stets Krieg, die Riesen waren ruhelos und der Drache Nidhöggr kaute an den tiefsten Wurzeln des Baumes. Die Asen fanden es notwendig, die Mauern um Asgard wieder zu errichten, stärker als zuvor.

Zu ihnen kam ein Mann, der sagte, er könne dies in anderthalb Jahren tun. Der Lohn, den er wünschte, waren die Sonne, der Mond und Freya als Ehefrau. Zuerst wollten die Götter nichts davon hören. Aber Loki drängte sie, ihn herunterzuhandeln und die Zeit auf nicht mehr als ein halbes Jahr festzusetzen. Das konnte er nie schaffen. Was auch immer er bauen würde, sie würden es umsonst bekommen.

In ihrem Krieg gegen die Wanen hatten die Asen die Betrügerei für sich entdeckt. Sie erstickten jegliche Zweifel und hörten auf Loki. Dennoch waren sie erstaunt, als der Mann einwilligte, solange er seinen Hengst Svadilfari nutzen dürfe. Sie schworen einander Eide und versprachen ihm Sicherheit, während er unter ihnen weilte. Er machte sich sogleich an die Arbeit.

Missmutig sahen die Götter, wie schnell es ging. Der Mann spaltete Steine vom Fels, die zu groß aussahen, als dass irgendetwas sie bewegen konnte, aber Svadilfari zog sie mit Leichtigkeit fort und stemmte sie für seinen Herrn an ihren Platz. Tag um Tag wuchs die Mauer, hoch und unüberwindbar. Als das halbe Jahr auf sein Ende zuging, war nur noch das Tor übrig, das zusammengemörtelt werden musste.

Die Götter trafen sich in Odins Halle. Freya verfluchte zuallererst Loki. Sie riefen, dass, falls der Steinmetz seinen Lohn bekäme, Loki mit seinem Leben bezahlen würde. Der Verschlagene sagte zu ihnen, dass sie sich nicht fürchten sollten. Am nächsten Morgen, als Svadilfari wieder eine Ladung Richtung Asgard schleppte, trabte eine Stute aus dem Wald. Sie wieherte, stieg und hob ihren Schweif vor ihm. Er rannte ihr hinterher. Er hörte nicht auf die Schreie und Flüche seines Besitzers, sondern verschwand zwischen den Bäumen aus dem Blick.

Und so wurde die Arbeit nicht gänzlich rechtzeitig getan, und Odin sagte zum Steinmetz, dass er nichts bekommen würde. Zorn übermannte diesen. Er brach aus der Haut, die er über sich gelegt hatte. Ein Riese stand da und brüllte vor dem halb vollendeten Tor. Seine Drohungen und gemeinen Worte wurden Thor zu viel. Der Sturmgott erschlug den Riesen, und ein zerschmetterter Schädel war der ganze Lohn, den dieser bekam.

Einige Monate später kehrte Loki zurück und führte ein Hengstfohlen mit acht Beinen. Er war die Stute gewesen, und das war sein Nachkomme. Er schenkte Odin das Fohlen. Es wuchs zu Sleipnir heran, schnell wie der Wind und unermüdlich wie der Tod.

Von da an erkannten die Jötunen die Götter als Eidesbrecher, und nur wenige blieben mit ihnen befreundet.

Inzwischen hatten die Wanen die Geiseln, die sie hielten, skeptisch betrachtet. Wahrlich, Hönir fällte weise Urteile. Doch das war immer, nachdem er mit Mimir geflüstert hatte. Wenn Mimir nicht da war und man Hönir eine schwierige Frage stellte, sagte er bloß: »Andere müssen das entscheiden.« Als sie hörten, wie Freya in Gefahr gebracht worden war, flammte der Zorn, der in den Wanen geschwelt hatte, wild auf. Sie packten Mimir, hackten ihm den Kopf ab und schickten diesen zurück nach Asgard.

Dort hatten Njörd und seine Kinder bereits so bittere Worte gesprochen, dass die Schwerter nur knapp in den Scheiden blieben. Nun stachelte Loki die Söhne von Odin an, bis diese auf ihn hörten und diese drei für ihre Rache fesselten.

Ein Riese namens Hymir lebte an der See. Rau und hart, wie er war, hatte er dennoch eine Verbindung zu den Asen. Odin hatte mit einer Göttin, die später Hymir heiratete, den Kriegsgott Tyr gezeugt. Auf Lokis Betreiben wurden ihm die Gefangenen zur Bewachung gebracht. Als sie allein waren, sagte Loki zu Hymir, er sollte den Wanen wegen dem, was ihr Volk getan hatte, Schande machen. Stets war Loki ein Verursacher von Unheil.

Hymir schluckte die Geschichte. Er setzte Freyr und Freya auf eine Felseninsel mitten im kalten Meer unter Trolle, Dunkelelfen und erschreckende Magie. Njörd hielt er in seiner Halle angekettet. Als der Gott dort ankam und hilflos auf den Boden geschleudert wurde, verspotteten ihn die Töchter von Hymir und pinkelten sogar in seinen Mund.

Odin hatte nichts damit zu tun. Er war anderswo zu beschäftigt, um davon zu erfahren. Nachdem er den Kopf Mimirs in seinen Händen hielt, trug er ihn fort und behandelte ihn mit Kräutern, sodass er nie verwesen würde. Daraufhin schnitzte er Runen und sang Zauber, um ihn zu erwecken. Die Augen öffneten sich und die Lippen sprachen. Im Tod hatte Mimir erfahren, was keiner unter den Lebenden wusste.

Odin ließ den Kopf an der Quelle unter dem Baum. Dort stillte dieser täglich seinen Durst am Wasser der Weisheit, in dem sein Auge lag. Danach suchte er den Kopf oft auf und bekam Ratschläge von ihm.

Als er nach Asgard zurückkehrte und herausfand, was aus den Geiseln geworden war, war er schrecklich in seinem Zorn. Zu viele Schwierigkeiten drohten bereits, ohne das Bündnis zwischen den Göttern zu gefährden. So grimmig wie auf dem Schlachtfeld brüllte er seine Befehle für die Befreiung von Njörd, Freyr und Freya. Das war nicht einfach. Die Zauberei haftete an ihnen und konnte nur langsam entfernt werden, nach fürchterlichen Mühen. Aber nach langer Zeit waren sie wieder frei. Die Söhne Odins führten sie zu ihm nach Hause, baten um ihre Verzeihung und boten ihnen eine riesige Entschädigung an.

Freyr und Freya waren willig, sie anzunehmen, unter anderen Schätzen ein wundervolles Schwert für ihn und eine Kutsche, die von Katzen gezogen wurde, für sie. Es gefiel ihnen, in Asgard zu leben und ungehindert in Midgard ihre Werke zu tun. Sie erkannten an, dass ihre Verwandten ebenso falsch gehandelt hatten.

Njörd aber war in keiner angenehmen Stimmung, nach dem, was er erlitten hatte. Er verweigerte das Gut namens Schiffshafen, das ihm angeboten wurde, zusammen mit allem anderen. Er schwor der Freundschaft ab, die er versprochen hatte, und machte sich bereit, nach Wanenheim zurückzugehen.

Odin sah einen neuen Krieg unter den Göttern voraus, der das Verderben über sie alle bringen würde. Er musste versuchen, dies zu verhindern. Indem er seine äußersten Mächte nutzte, reiste er in der Zeit voran – die für Götter nicht dasselbe ist wie für Menschen – und ließ das geschehen, was nie zuvor geschehen war und nie wieder geschehen würde.

II

Eine kleine Gruppe kam in die Hügel hinaufgeritten, die sich nördlich des Tieflands von Schonen erheben. An ihrer Spitze ritt Braki Halldorsson, Stammesfürst von Yvangar und Lehnsmann des Dänenkönigs Gram. Er war ein kräftiger, vom Wetter gegerbter Mann mit grauem Bart unter buschigen Brauen und einer breiten Nase. Ein Kettenhemd hing rostend und dunkel glitzernd von seinen Schultern. Hinter ihm ritt ein Jugendlicher von vierzehn Wintern, der leichter gekleidet war, der ältere Sohn des Königs, Gudorm. Ohne Helm glänzte sein Haar in den Schatten des Waldes wie ein weiterer Fleck Sonnenlicht. Dahinter ritt eine junge Sklavin, die ein Kind an ihre Brust drückte und stillte. Ihre Augen waren vor Furcht geweitet.

Ein halbes Dutzend Männer ritt hinter ihnen. Wenige hatten andere Rüstung als einen Helm, einen Holzschild, der an der Brust des Pferdes hing, vielleicht einen Ledermantel mit eingenähten Eisenringen. Die meisten trugen Äxte oder Speere, keine Schwerter. Sie waren die Söhne von Freibauern, vom Anführer ihrer Nachbarschaft in sein Gefolge gerufen. Obendrein waren sie groß und kräftig. Ihre Beine reichten unter ihren schäbigen kleinen Pferden fast bis zum Boden. Keine Räuber oder marodierenden Nordmänner hätten diese Gruppe angegriffen. Dennoch herrschte Nervosität unter ihnen. Sie wuchs mit jedem Schritt. Keiner ließ es sich anmerken, aber Blicke zuckten hin und her. Oft fuhr sich jemand mit der Zunge über die Lippen oder schluckte schwer. Die einzigen Geräusche kamen von Hufen auf der Erde und dem Wind in den Büschen. Als plötzlich ein Rabe krächzte, zuckten die Männer zusammen und ihre Knöchel wurden über den Speerschäften weiß.

Sie hatten die Wildnis erreicht. Der Pfad war kaum mehr als ein Wildwechsel, der sich bergauf wand. Unterholz säumte ihn unter Bäumen, Birken mit grauer Rinde, knorrigen Eichen, finsteren Fichten und dazwischen Granitbrocken. Wo der Wald für ein kurzes Stück lichter wurde, wanderte der Blick über Hänge, Hügelkämme und Täler mit dunklem Bewuchs. Der Wind pfiff kalt. Er trieb Wolken über einen düsteren Himmel und ließ das Sonnenlicht verblassen. Er raschelte in Blättern, die im Herbst gelb wurden. Die meisten Zugvögel waren bereits nach Süden geflogen. Ein Falke segelte einsam weit oben.

Der Wald wurde wieder dichter, wo ein großer Zweig weit über den Pfad ragte. An ihn festgenagelt, von vielen Jahren ausgebleicht, grinste ein Bärenschädel herunter. Braki zog am Zügel, hob eine Hand, drehte sich im Sattel und rief über den lärmenden Wind: »Ich kenne diese Markierung. Wir nähern uns dem Haus des Riesen. Haltet still, wenn wir dort ankommen, und macht keine plötzlichen Bewegungen. Ihr seid zu wenige, um ihm zu widerstehen. Lasst mich sprechen.« Er trieb sein Pferd an und trabte weiter.

Seine Männer bissen die Zähne zusammen und folgten ihm. Trotz der Worte konnte Gudorm seine Hand nicht vom Schwertgriff nehmen. Die Sklavin wimmerte. Als der Säugling schrie, entblößte sie eine Brust und hielt ihn dicht an die Brustwarze, als wäre sie es, die Wärme und Kraft daraus zog.

Der Pfad machte eine Kurve um einen Felsvorsprung. Braki umrundete ihn. Sein Pferd stieg und wieherte. Dort standen zwei Hunde, wolfsartig, aber rabenschwarz, beinahe so groß wie das Pferd. Ihre Augen funkelten, ihre Reißzähne glitzerten. Ein Mann japste. »Bleibt still, habe ich euch gesagt!«, fauchte Braki zurück. Er brachte sein Pferd mühsam zum Stehen, während die Hunde knurrten und bellten. »Vagnhöfdi!«, rief er. »Ruf deine Hunde zurück! Braki ist hier. Wir haben Frieden geschworen, du und ich.«

Jemand weiter vorne blies ein Horn. Der tiefe Klang hallte von den Hängen wider und ließ die Männer bis auf die Knochen erschaudern. Die Hunde ließen ihre Ohren hängen, drehten sich um und trotteten zurück. Braki trieb sein Pferd hinter ihnen her. Seine Männer taten es ihm nach.

Sie kamen auf einen Hügelkamm hinaus. Auf einer Lichtung überblickte er das wilde Hochland von Grat zu Grat. Das Haus, das dort stand, war unten aus grob behauenen Steinen und oben aus Holzbohlen erbaut, mit Lehm und Moos verkleidet und mit Torf bedeckt. Aber wenige Könige besaßen eine so riesige Halle. Rauch aus einem Loch im Dach wehte wie Sturmwolken über die Baumwipfel. Durch eine offene Tür drangen Feuerschein und Hitze mit dem Geruch nach Essen.

Der Riese wartete draußen. Dreimal so hoch wie ein großer Mann ragte er auf und war mehr als breit genug dazu. Ungekämmtes schwarzes Haar fiel um hervorstehende Brauen, eine Hakennase und eine Höhle von Mund. Ein Bart hing halb bis zu einem stachelbesetzten Gürtel hinunter. Sein Mantel, seine Hose und die Stiefel waren aus Leder. Eine neun Fuß lange Keule lag in seinem Griff und ein Sax von passender Größe hing an seiner Hüfte.

Der Donner selbst hätte sprechen können: »Willkommen, Braki. Ich bat dich immer, allein zu kommen, wenn du kommen musst. Warum hast du dieses Pack mitgebracht? Soll ich sie für dich töten?«

Die Sklavin schluchzte. Männer versteiften sich im Sattel. Gudorm errötete zornig. Braki gab ihnen einen Wink, ruhig zu bleiben.

Der Anführer sah den Riesen direkt an und sagte: »Diesmal bin ich nicht für mein eigenes Wohl hier, Vagnhöfdi. Ich brauchte Wächter entlang des Weges, damit kein Unheil über die Söhne meines Königs kommen konnte.«

»Was bedeuten sie mir?«

»Dies. Ihr Vater ist im Krieg gefallen. Sein Feind, der norwegische König Svipdag, hält jetzt Dänemark und trachtet auch nach der Herrschaft über Svithjod und Gautland. Lass ihn seinen Wunsch erfüllen, und er wird auf allen Seiten von dir herrschen. Genauso werden es seine Söhne nach ihm. Die Menschen zeugen Kinder, die mit Hunger nach Land heranwachsen. Svipdag und seine Familie haben keine Eide mit dir geschworen.«

»Hmm«, brummte der Jötun. »Das wusste ich nicht.« Und nach einer Weile: »Nun, ich werde euch zumindest über Nacht bleiben lassen und wir werden reden.«

Brakis Gefolgsleute lockerten den Griff um ihre Waffen. Die Dinge liefen, wie er es ihnen versprochen hatte.

Einst hatte dieser Riese mörderisch Bauernhöfe überfallen, die entlang der Grenze zur Wildnis neu aufgebaut worden waren. Als Krieger aus dem ganzen Gebiet ihn zurücktrieben, sandte er Flüche über das Getreide und Parasiten auf das Vieh. Aber Brakis Großvater hatte auch etwas über Magie gewusst. Er brach diese Zauber. Dann suchte er den Riesen allein auf.

Die beiden kamen zu einer Übereinkunft. Vagnhöfdi würde die Menschen in Ruhe lassen, solange sie in diesen hochgelegenen Wäldern, von denen er lebte, keine Bäume fällten, nicht jagten und keinen anderen Ärger machten. Seitdem hatten die Anführer in Yvangar darüber gewacht, dass der Pakt eingehalten wurde. Hie und da hatte einer von ihnen Grund gehabt, den Riesen aufzusuchen – so wie Halldor, um zu klären, was mit wilden oder zahmen Tieren getan werden sollte, die von ihren angestammten Weiden wegliefen, oder Halldors Sohn Braki, der Eisenwerkzeuge gegen Pelze tauschte.

Trotzdem verstand Vagnhöfdi, dass er Grenzen hatte. Er war ein schrecklicher Feind, der sehr wohl ein Heer in die Flucht schlagen konnte, aber wenn ihn zu viele Menschen zu lange angriffen, würde er sterben. Es würde sehr schnell passieren, falls sie Thor opferten und der Gott beschloss, ihnen zu helfen.

So führten Braki und seine Gefolgsleute ihre Pferde in das Ende des Hauses, wo die anderen Tiere waren, versorgten sie, setzten sich und fühlten sich mutiger als zuvor. Sie fanden sich in einem einzigen, riesigen Raum wieder. Spärliches Abendlicht fiel durch über die Fenster gespannte geschabte Tierhäute herein. Mehr Licht kam vom Feuer, das in einem in den irdenen Boden gegrabenen Loch flackerte. Hitze stieg auf, Funken glitzerten, Rauch kräuselte sich blau und bitter. Im ruhelosen Schein ließen sich grob behauene Säulen und gerade noch die Querbalken und Dachbalken weiter oben ausmachen. Die Nacht lauerte bereits in jeder Ecke und schlich näher, als die Sonne draußen sank. Es gab weder Hochsitz noch Bänke. Man saß auf dem Boden, trank Bier aus eimergroßen Holzkelchen, die von Hand zu Hand gereicht wurden, und kaute auf hartem Brot und geröstetem Fleisch.

Nur zwei andere lebten hier, Vagnhöfdis Gesellin Haflidi und die Tochter der beiden, Hardgreip. Die Mutter hatte sich zurückgezogen, ein halb sichtbarer Berg, der sich mit dem Kochen beschäftigte. Hardgreip servierte, dann hockte sie sich in die Nähe und lauschte begierig. Die Gäste fanden, sie wäre auf ungepflegte Weise ansehnlich, wenn sie von menschlicher Größe wäre.

Braki saß mit gekreuzten Beinen vor Vagnhöfdi, der wie eine Klippe über ihm aufragte, und sagte: »Du hast vielleicht gehört, dass Könige und andere hochgestellte Männer ihre Kinder gewöhnlich niedriger gestellten Leuten zur Erziehung übergeben. Es ist eine Ehre und hilft dabei, das Band zwischen den Familien zu festigen. Nun, ich war der Ziehvater von Gudorm hier und tat mein Bestes für ihn, bis er bereit war, zu König Gram zurückzukehren.

Jetzt ist Gram, wie ich dir erzählt habe, tot, in der Schlacht gegen König Svipdag gefallen. Ehe er in diesen Krieg zog, schickte er Gudorm zu mir zurück, damit er in Sicherheit war. Er fand, der Junge war zu jung, um mit ihm zu kommen. Svipdag ist ein gnadenloser Kerl, der ihn wahrscheinlich getötet hätte, damit er später keine Rache suchen konnte. Gram hatte eine zweite Frau, die ihm diesen zweiten Sohn gebar, den kleinen Hadding. Als sie die Nachricht hörte, schickte auch sie ihr Kind zu mir, mit einem treuen Mann und einer Amme.

Gram und ich waren gute Freunde, die in der Vergangenheit Seite an Seite gekämpft hatten. Aber ich bin nicht mehr als der führende Freibauer in einem entlegenen Gebiet des dänischen Königreichs. Wenn Svipdags Männer kommen, um meinen Bauernhof und meine Nachbarschaft zu plündern, kann ich nichts tun. Es scheint mir das Beste, dass ich die Jungen bei dir verstecke. Du wirst feststellen, dass die Skjöldunge keine undankbare Sippe sind.«

»Hm, hm«, brummte Vagnhöfdi und zupfte an seinem Bart. »Wir hier sind den Menschen fremd, schlecht geeignet, um die Söhne eines Königs aufzuziehen.« Er war nicht bescheiden, das lag nicht ihn ihm. Seine Hunderte von Jahren hatten ihn vorsichtig gemacht.

»Gudorm wird bald zum Mann«, sagte Braki. »Was Hadding betrifft, so kann ich wahrscheinlich von Zeit zu Zeit hierher schmuggeln, was auch immer er vielleicht braucht, oder selbst kommen, um dabei zu helfen, ihn zu unterrichten. Ich werde auch seine Amme hierlassen.«

»Nein«, sagte Vagnhöfdi. »Meine Tochter hat kürzlich ein Kind geboren, das starb. Die Milch schmerzt noch in ihr.«

Er sagte weder damals noch später, wer der Vater gewesen war. Vielleicht wusste er es nicht. Vielleicht wusste sie es auch nicht. Sie hatte in den Wäldern jemanden getroffen, der sie geschwängert hatte – einen anderen Riesen? Einen Gott, der etwas im Sinn hatte, das über Lust hinausging?

Die Sklavin japste, dann brach sie am Rand des Rings aus Männern in erleichtertes Schluchzen aus.

»Ich muss darüber nachdenken«, fügte der Jötun an. »Bleibt über Nacht und wir werden morgen wieder reden.«

Die Sonne ging unter. Er und seine Frau legten sich auf die hoch gestapelten Felle, auf denen sie schliefen, und zogen weitere Pelze über sich. Braki und seine Truppe legten, was auch immer sie mitgebracht hatten, auf den Boden.

»Ach«, murmelte Gudorm in sein Ohr, »muss ich wirklich in diesem Schmutz und dieser Einsamkeit leben?«

»Nimm, was du bekommen kannst«, antwortete Braki kurz angebunden.

Der kleine Hadding war still. Hardgreip hielt ihn an ihre Brust gedrückt. Seine Augen, die an diesen weißen Hügeln das Feuer verlöschen sahen, waren blau und bleich.

III

Gudorm war gut über die Welt seines Vaters unterrichtet worden. Er wusste, dass die Sachsen südlich von Jütland lebten, ein Volk, das seinem nicht unähnlich war. Östlich von ihnen, entlang der südlichen Küste der Ostsee und landeinwärts, lebten Stämme, die die Dänen zusammen als Wenden bezeichneten und als ungehobelte und rückständige Sprecher fremdartiger Sprachen betrachteten. Jenseits von ihnen reichte Gardareich in die Unendlichkeit. Seine Bewohner ähnelten den Wenden und waren ebenso in Fürstentümer und winzige Königreiche unterteilt, die nie viel Stärke aufbringen konnten. Allerdings waren sie geschickter und wohlständischer. Einiges davon verdankten sie den Nordmännern, die öfter Handel mit ihnen trieben, statt sie zu überfallen, und angefangen hatten, unter ihnen zu siedeln, wo sie Städte an den großen Flüssen bauten.

Nördlich von Sachsen verliefen die Hügel, Heideländer, Wälder und Bauernhöfe der Halbinsel Jütland. Die Angeln in ihrer Südhälfte sahen sich als von den anderen Jüten getrennt an, aber diese Völker entstammten beide derselben Wurzel wie andere Nordmänner, mit derselben Sprache und Lebensart, und kein König hatte bisher alle von ihnen unter seiner Herrschaft vereint. So kamen ihnen die Dänen näher. Das entfernte Ende von Jütland, wo sich das Kap Skagen in den Skaggerak erstreckt, war bereits dänisch, so wie es alle Inseln im Osten seit Langem waren.

Die nächste dieser Inseln, jenseits der Wasser des Kleinen Belts, war Fünen. Östlich davon, über den Großen Belt, lag die größte, Seeland. Viele kleinere Inseln lagen um sie verstreut. Jenseits von Seeland lag der Sund, und auf der anderen Seite dieser Meerenge, auf dem Festland, lag Schonen, ebenfalls Dänisch.

Nördlich der schonischen Ländereien waren die Gauten, und nördlich von ihnen die Schweden. So tapfer sie auch Mann um Mann waren, waren die Gauten relativ wenige und erkannten meistens die Oberherrschaft des schwedischen Königs an. Sein Königreich, Svithjod, groß, reich und alt, war angeblich von Odin selbst begründet worden.

Westlich über die Berge lag Norwegen, ein Haufen kriegerischer und veränderlicher kleiner Reiche. Wenige von ihnen waren stark genug, dass man sie beachten musste.

Nördlich von alledem und auf der anderen Seite des Meerbusens, der sich an die Ostsee anschloss, lebten die Finnen, wilde Stammesleute mit einer ganz eigenen Sprache und Göttern, die nicht kriegerisch waren, aber viele Hexer hervorbrachten.

Die Dänen glaubten, dass sie ihren Namen von Dan hatten, der sie vor langer Zeit in die Einigkeit zwang. Aber das Königshaus, das nach dem Willen der Götter das rechtmäßige unter ihnen wurde, stammte von Skjöld ab. Legenden erzählen, wie er ans Ufer kam, niemand weiß woher, als Säugling in einem ruderlosen Boot, dessen Kopf auf einer Weizenähre ruhte. Er wurde, als er aufwuchs, so stark und tiefgründig, dass die Menschen glaubten, Odin musste sein Vater sein und hatte ihn zu ihnen gesandt. Sie machten ihn zu ihrem Herrscher, und er dankte es ihnen wohl, siegreich in der Schlacht, freigiebig als Gastgeber und mit Geschenken, gerecht in seinen Urteilen und weise in den Gesetzen, die er verkündete.

Trotzdem waren dies unruhige Jahre, und die meisten seiner Söhne starben jung, im Krieg, einer Fehde, einem Sturm auf See, auf der Jagd nach Bären oder Wildschweinen, sogar an Seuchen. Recht spät im Leben trachtete er nach der Hand von Alfhild, Tochter des wichtigsten anglischen Königs. Der Sachse Skati machte ihr ebenfalls den Hof. Er war daheim ein Jarl und stand im Rang nur seinem König nach. Er forderte Skjöld heraus, die Dinge mit dem Schwert zu klären. Skjöld tötete ihn in einem gerechten Kampf und heiratete die Frau.

Sie gebar Gram, der so mächtig wie sein Vater wurde. Aber er war stur und rücksichtslos. Auch zu Frauen war er nicht überaus freundlich. Zuerst nahm er die Tochter seines Ziehvaters zur Frau, doch nach einer Weile gab er sie an einen seiner Freunde weiter, dessen Taten in der Schlacht er belohnen wollte.

Dann hörte er, dass Gro, Tochter des schwedischen Königs Sigtryg, mit einem Riesen vermählt worden war. Eher, um Ruhm zu gewinnen, als wegen ihres Wohls, ging er mit niemandem sonst außer seinem Freund dorthin. In Felle von Ziegen und Rindern verkleidet, mit einer Keule in der Hand, erwartete er sie in einem Waldstück, als sie mit ihren Dienerinnen zu einem Tümpel ritt, wo sie baden wollte. Von Schrecken gepackt dachte sie, er musste selbst ein Jötun sein. Dennoch widersprach sie seinem Mann mutig, als dieser für Gram mit ihr sprach, bis Gram schließlich sein Fellkleid abwarf und schallend über seinen Trick lachte. Ihr Herz wandte sich ihm nach der plötzlichen Erleichterung zu und bald bekam er von ihr seinen Willen.

Das bedeutete Krieg mit König Sigtryg. Hexer sagten, dass diesen nur Gold fällen konnte. Gram band einen Klumpen Gold an einen Holzschaft, suchte den anderen Mann auf und spaltete ihm den Schädel. Danach trat er Sigtrygs Brüdern auf dem Schlachtfeld entgegen und tötete sie.

Gro gebar ihm Gudorm und weibliche Kinder, aber sie war keine glückliche Frau mehr.

Etwas später starb Grams Mutter Alfhild. Der alte König Skjöld folgte ihr bald. Sein trauerndes Volk belud ein Schiff mit Schätzen, legte ihn hinein und schickte es auf die See hinaus, zurück ins Unbekannte, wo er hergekommen war.

Danach riefen sie Gram als ihren König aus. Mit Krieg und Listen machte er sich daran, die Schweden, die jetzt keine starke Führung hatten, unter seine Herrschaft zu bringen.

Svipdag war König in Ranreich, wo sich Südnorwegen in den Skagerrak erstreckt. Auch er war ein harter Krieger, der seine Nachbarn besiegte und die Herrschaft über die Länder um die große Bucht an sich riss. Aber er war ein Yngling, aus dem Haus, das immer in Svithjod geherrscht hatte. Ein Vorfahr von ihm, ein jüngerer Sohn, war nach Norwegen gegangen und hatte sich aus Mangel an etwas Besserem mit dem Schwert Land genommen. Svipdag fand, dass er mehr Recht auf Svithjod und seine Reichtümer als irgendein Skjöldung hatte. Er wurde zornig, als er sah, dass Gram ihm zuvorkam.

Seine Zeit kam nach Jahren. Gram kam nur langsam voran, weil ihn nicht nur die Schweden, sondern auch die Gauten starrköpfig bekämpften. Also machte er sich eines Sommers stattdessen gegen Sumbli auf, einen Nordmann, der sich die Herrschaft über eine gute Zahl Finnen gesichert hatte. Gram wollte einen Anteil an Fellen, Pelzen, Sklaven und anderen Waren, die ihm in seinem schwedischen Krieg helfen würden.

Als er nach Finnland kam, fragte Sumbli, ob sie verhandeln konnten anstatt zu kämpfen. Gram kam zu seiner Halle. Dort sah er seine Tochter Signy und verliebte sich sofort in sie. Er bot Frieden an, wenn er sie haben konnte.

Aber dann brachte ein schnell gerudertes Schiff Neuigkeiten aus der Heimat. Während Gram fort war, hatte Svipdag eine Flotte über den Skagerrak und das Kattegat hinuntergeführt. Er plünderte in Dänemark. Gram musste zurückeilen. Als er in die Nähe segelte, zogen sich die Norweger zurück und hinterließen getötete Menschen, verbrannte Häuser und geplünderte Städte. Sie hatten außerdem seine Schwester und eine Tochter, die er mit Gro hatte, entführt.

Doch statt sofort Rache zu suchen, brach er, so schnell er konnte, wieder nach Finnland zu Signy auf. Weil er keine Schwierigkeiten erwartete, befahl er einem Großteil seines letztmaligen Gefolges, zurückzubleiben, sich um ihre Familien zu kümmern und das Land zu bewachen. Mit drei Schiffen, die Krieger und Geschenke trugen, bahnte er sich langsam seinen Weg zurück über das Meer gegen ungünstige Winde und schweren Seegang.

Als er endlich sein Ziel erreichte, erfuhr er weitere schlechte Neuigkeiten. Sumbli mochte ihn nicht und vertraute ihm nicht. Schon ehe er zum ersten Mal gekommen war, waren Botschaften über das Wasser gegangen, um Signy dem Sachsenkönig Henrik zu geben. Als Gram fortgeeilt war, hatte Sumbli nach diesem Mann geschickt, der schnell zur Stelle war. Das Hochzeitsfest war nun bereit.

Grams eisiges Schweigen war sogar noch furchterregender als sein offener Zorn. Er hatte zu wenige Kämpfer dabei, um einen direkten Angriff zu starten. Stattdessen zog er schäbige Kleidung an, legte sich einen Mantel mit einer Kapuze, die sein Gesicht verbarg, um und ging zu Fuß zu Sumblis Halle. Zu einer solch freudigen Zeit waren Fremde willkommen. Ein oder zwei Wächter fragten ihn, ob er irgendetwas mitgebracht hatte. Er antwortete, dass er in der Heilkunst bewandert sei. Während sich die Halle mit Gästen füllte und die Methörner gebracht wurden, setzte er sich unter das gemeine Volk. Als alle betrunken wurden, bahnte er sich seinen Weg zum Hochsitz, wo Henrik neben Sumbli saß, die Braut gegenüber von ihnen unter ihren Frauen. Sobald er in Reichweite war, riss er ein Schwert unter seinem Mantel heraus und erschlug Henrik mit einem einzigen Hieb.

Kein anderer Mann war zu dieser gesegneten Zeit bewaffnet hineingegangen. Gram hackte sich seinen Pfad durch die Halle, packte Signy mit seinem linken Arm und kämpfte sich weiter auf seinem Weg bis zu einer Tür. Er rannte hinaus in die Abenddämmerung, kam zu seinen Schiffen und stach in See.

Im nächsten Jahr hob er nach der Ernte ein Heer aus und zog nach Norwegen, um seine Tochter und Schwester und sein Königreich zu rächen. Er fand mehr Feinde, als er gesucht hatte. Mit Wut in ihren eigenen Herzen hatten die Sachsen auf das gehört, worum sie Svipdags Boten gebeten hatten, und Krieger geschickt, um ihm zur Seite zu stehen. Gram fiel in einer Schlacht, wo die Dänen eine bittere Niederlage erlitten. Svipdag machte sich bereit, loszuziehen und die Herrschaft über sie zu erringen.

Signy war nicht glücklich gewesen, als Gram sie entführt hatte. Sie sehnte sich zurück nach Finnland. Doch hatte sie kürzlich einen Sohn, Hadding, geboren und wollte nicht, dass das Kind in seiner Wiege getötet würde. Wo auch immer sie mit ihm hingehen würde, sie fürchtete, dass ihr Svipdags Mörder folgen würden. Deshalb sandte sie ihn im Geheimen fort zu Braki, wie man seinen Halbbruder öffentlich fortgeschickt hatte, und hoffte, dass ihn der Anführer irgendwie retten konnte.

All dies und noch mehr wusste Gudorm. Er hätte es vielleicht an Hadding weitererzählt, als der kleinere Junge sprechen gelernt hatte. Aber bis dahin war Gudorm nicht mehr dort.

IV

Ein Wind aus dem Norden brachte Kunde des kommenden Winters. Regen peitschte zuvor und mischte sich mit Schnee. Nackte Zweige schwangen und knackten über verdorrten Wiesen. Stoppelfelder wurden zu Sümpfen. Hie und da erhaschte der Blick einen Bauernhof, der sich niedrig duckte, aber bald verlor sich dieser wieder im Grau.

Eine mit Bohlen belegte Straße blieb passierbar. Vier Pferde zogen einen Wagen über sie. Ihr Atem dampfte weiß. Der Wagen war groß, überdacht und reich mit Schnitzereien und Bemalung verziert. Entlang der Seiten waren Greiftiere ineinander verschlungen. Gesichter mit offenen Mündern starrten auf den Naben finster, als wäre das Ächzen der Räder in den Schlaglöchern Drohungen, die sie zischten. Eisen klirrte an frei schwingendem Eisen – alles, um Monster und andere ungehörige Wesen abzuschrecken. Königin Gro saß darin, zusammen mit vier Dienerinnen. Sie alle waren für die Kälte in Pelze und schwere Stoffe gekleidet. Ebenso die zwanzig Wächter, die voraus und als Nachhut ritten, aber Wasser tropfte von ihren Helmen und lief ihre Speerschäfte hinunter.

Zuerst als Schatten, dann hoch und finster, kam vor ihnen eine Palisade ins Blickfeld. Krähen hatten schon lange die Köpfe der Übeltäter, die König Gram oben aufgespießt hatte, kahl gepickt, obwohl an einigen noch Haar klebte. Krieger am Tor nahmen ihre Waffen und befahlen den Neuankömmlingen stehen zu bleiben. Als sie hörten, wer gekommen war, ließen sie die Truppe durch und ein Mann rannte los, um diese Gäste anzukündigen.

Hier holperten Räder und Hufe über Pflastersteine. Gebäude drängten sich dicht aneinander. Die meisten waren klein, Flechtwerk und Lehm mit Reetdächern, aus denen Rauch niedrig über die Hügel schwebte. Sie waren Ställe, Werkstätten, Lagerhäuser, Heime für niedriger gestellte Leute. Lärm hallte: Gespräche, Fußtritte, Hämmern, Sägen, Knistern, Blöken. Gerüche nach Feuer, Kochen, Tieren, Dung und nassen Wollmänteln hingen schwer in der Luft. Schweine, Hunde und Hühner liefen frei herum. Männer, Frauen und Kinder lugten aus Eingängen, als die Königin vorbeifuhr. Einige Finger machten Zeichen in der Luft.

Am höchsten in der Siedlung ragte eine Halle auf. Aus Holz und mit Schindeln gedeckt erhoben sich zwei Stockwerke mit Treppen und Drachenfiguren an jedem Giebelende. Um das obere Stockwerk lief eine geschützte Galerie. An der Hinterseite lagen ein Kochhaus und eine Frauenkammer, wo die Frauen spinnen und weben konnten. Hier, nicht weit von der Fischer- und Handelsstadt Haven am Sund befand eines der besten Wohnhäuser, das sich Skjöld in ganz Dänemark gebaut hatte.

Gros Wagen hielt an der Vordertür an. Stalljungen übernahmen die Pferde, während sie und ihre Männer abstiegen und an weiteren Wächtern vorbei hineingingen. Keiner von diesen war Däne. Hinter dem Eingang, wo sie ihre Waffen und Mäntel zurückließen, erstreckte sich der Hauptraum über hundert Fuß. An diesem düsteren Tag tanzten überall in ihm Schatten umher. Die Luft waberte blau voll scharfem Rauch, der nicht gut hochstieg. Aber viele erleuchtete Lampen waren aufgestellt, nicht eine aus Ton, sondern aus poliertem Stein und fein geschmiedeter Bronze. Licht flackerte auch von den Feuern auf Herdsteinen entlang des Bodens. Es fiel auf Holzvertäfelungen und Wandteppiche hinter den Bänken, die die Wände säumten und gleichzeitig als Aufbewahrungstruhen dienten. Mit den Gestalten von Göttern, Helden und Tieren verziert wirkten die Säulen, die die Dachbalken stützten, halb lebendig.

Matten knisterten unter Königin Gros Füßen, als sie zum Hochsitz schritt, wo König Svipdag an der Mitte der östlichen Wand saß. Sie ging ohne Furcht mit unbewegter Miene, eine groß gewachsene Frau, die immer noch schön anzusehen war. Über ihrem Unterkleid aus plissiertem Leinen verbanden Silberbroschen an den Schultern die Schlaufen von besticken Vorder- und Hinterpaneelen ihrer Schürze. Ebenfalls bestickt war das Tuch, das ihre braunen Haarlocken bedeckte. Die rechte Brosche hielt außerdem eine Schlaufe aus feiner Kette, an der die Schlüssel ihres eigenen Haushalts baumelten. Bernsteinperlen funkelten an ihrem Hals und Goldreife glitzerten an ihren Handgelenken.

»Sei gegrüßt und willkommen«, sagte der König, eher misstrauisch als herzlich. »Komm und setz dich neben mich. Lass dein Gefolge sich ausruhen. Es gibt Met für alle und ein Festmahl wird vorbereitet.«

Gro beobachtete ihn einen Moment, ehe sie antwortete. »Nun, weil du mich gebeten hast herzukommen, möchte ich annehmen, dass man sich für mich bereit macht.«

Er war ein kräftiger Mann von etwa vierzig Wintern. Sein dunkles Haar und der Spitzbart begannen zu ergrauen. Zwei Narben säumten eine dicke Hakennase. Er war ebenfalls gut gekleidet, in eine pelzgesäumte Kotte, blaue Hosen und Schuhe aus Elchleder. Sie konnte sein norwegisches Nuscheln leicht genug verstehen.

Er versteifte sich bei ihrem Hochmut, riss sich zusammen und sagte: »Ich habe vor, dir mehr Ehre erweisen, als dir, wie ich höre, zuletzt erwiesen wurde. Aber wenn du nicht mit mir sprechen willst, kannst du morgen nach Hause fahren.«

»Oh, ich habe darüber nachgedacht, seit dein Bote kam«, erklärte sie ihm. »Wir werden uns unterhalten.«

Sie trat an den Hochsitz und setzte sich. Er gab ihren Wachen einen Wink, sich auf Plätze in der Nähe zu setzen, und rief nach den Bediensteten, so laut, als wäre er an Bord eines Schiffes. Bald hatte jeder außer ihr ein randvolles Horn. Sie bekam einen Kelch aus südländischem Glas. Svipdag machte über seinen das Zeichen des Hammers. »Trinken wir auf den Frieden zwischen uns«, sagte er.

»Frieden für den Moment zumindest«, sagte Gro.

»Möge er für immer halten.«

»Das werden wir noch sehen, oder nicht?«

Trotzdem löste sich die Anspannung etwas. Im Lauf der Jahre hatte sie, einen nach dem anderen, Männer in ihr Gefolge aufgenommen, die sich ihr mehr als König Gram verpflichtet fühlten. Einige waren Schweden oder Gauten. Diese hatte sie mitgebracht. Sie waren nicht unwillig, mit Svipdags Norwegern zu trinken, zu essen, Geschichten zu erzählen und zu feiern. Inzwischen sprachen er und sie im Flüsterton miteinander.

Am nächsten Tag trafen sie sich allein in einem Hinterzimmer der Halle. Lange blieben sie dort. Der Sonnenuntergang nahte, unsichtbar durch einen Nebel, der draußen wirbelte und nieselte, als er sagte: »Wir scheinen zu einer Übereinkunft zu kommen. Wenn du mich heiratest, sollst du hier in Dänemark als Königin geehrt werden.«

Sie wusste genau, dass er daheim in Ranreich eine Frau hatte, und zwei weitere in den Nachbarländern, die er unterworfen hatte. Das kümmerte sie nicht besonders. Er wäre auch selten bei ihr. Gram hatte ihre Seite vor seinem Tod verlassen, nicht kurzzeitig für eine Liebelei, sondern gänzlich für Signy. Sie, Gro, war die Tochter eines Königs, den Gram getötet hatte.

»Dafür soll ich dir meine Hilfe und meinen Rat anbieten«, sagte sie.

Er nickte. »Die Dänen freuen sich nicht über mich. Aber ich will nicht mehr von ihnen als das, was einem König gebührt: Lehenstreue, Steuern, Ehre und Verteidigung gegen Angreifer. Ich werde nicht oft hier sein und ich werde auch keine dänischen Heere ins Ausland führen. Meine Mark ist Svithjod, die führungslos siecht. Ich kann sie nicht erobern, außer Dänemark bleibt in meinem Rücken ruhig. Hilf mir dabei, Gro, und du wirst auch Königin über die Schweden und Gauten – dein Volk.«

»Zu diesem Zweck«, sagte sie langsam, »musst du die großen Männer unter den Dänen, die Jarle, Statthalter und Stammeshäuptlinge zu einer Übereinkunft bringen.«

»So sei es.« Svipdag sprach ruppig. Es hätte ihm besser gefallen, alle zu überwältigen, die ihm widersprachen.

»Es beginnt mit Grams engsten Verwandten, seinen Vettern, seinen Töchtern von anderen Frauen, deren Ziehvätern und Männern«, fuhr sie fort. »Du musst ihnen nicht nur Sicherheit schenken, sondern ihnen ein Wergeld gewähren, dementsprechend, wie nahe sie verwandt sind.«

»Wenn du mir mit Rat und Tat zur Seite stehst, hoffe ich, dass wir das tun können.«

»Einige werden Nein sagen. Sie können für vogelfrei erklärt und getötet werden, außer sie fliehen aus dem Land. Das wird andere in eine besonnenere Stimmung versetzen.«

»Deiner Signy könnte die Kehle durchgeschnitten werden, wenn die Sache aus dem Ruder läuft«, sagte Svipdag mit einem Grinsen.

Gro schüttelte den Kopf. »Nein. Das würde ihre Freunde und ihren Vater nur erzürnen. Du kannst dir den Ärger, den er dir bereiten könnte, nicht erlauben. Lass die Finnenfrau zu ihm zurückgehen.«

Sie spuckte das aus. In Wahrheit aber hatte Signy norwegisches Blut.

Svipdag lachte schallend. »Du beginnst bereits, die Morgengabe zu verdienen, die ich dir schenken werde.«

Sie starrte ihm direkt in die Augen. »Du wirst nichts anderes von mir erhalten als Böswilligkeit und jeden Schaden, den ich anrichten kann, außer ich bekomme eine Sache vor allen anderen.«

»Ich glaube, ich weiß, welche das ist«, knurrte Svipdag.

Sie nickte. »Du musst meinen Sohn Gudorm zurückrufen, mit ihm Frieden schwören und ihm einen hohen Rang verleihen. Deshalb kam ich her, als du mich darum gebeten hast, und ich werde nicht weniger als das akzeptieren.«

»Nun, ich werde es versuchen«, sagte Svipdag, »aber was, wenn er nicht will?«

»Wir werden sehen, wie es läuft«, antwortete Gro. »Bring meinen Sohn zu mir und lass mich mit ihm sprechen.«

Das Ergebnis war, dass Signy alles, was sie hatte, verkaufte, um ein Schiff zu kaufen und eine Mannschaft anzuheuern. Im Frühling, als das Wetter dies gestattete, segelte sie nach Finnland fort. Inzwischen überquerten Männer von Svipdag den Sund und ritten durch Schonen nach Yvangar.

Braki und seine Frau hießen sie widerwillig willkommen. Sein Wohnhaus war nicht königlich. Ein gut gebautes Haus, die Außengebäude standen um einen mit Steinen gepflasterten Innenhof. Vieh graste weit umher, Felder erwarteten den Pflug und Blattknospen zogen einen grünen Nebel über ein Waldstück. Viele andere Hofstellen waren zu sehen. Dahinter lag die Wildnis, wo Männer Holz fällten, jagten, fischten und Fallen stellten. Das Hochland, das ihnen verboten war, erhob sich in einem blauen Nebel im Norden.

All diese Bauernhöfe hatten kräftige junge Männer hervorgebracht und betrachteten Braki als ihren Anführer. Svipdags Reiter sprachen freundlich, als sie nach Gudorm fragten und erklärten, was sie für ihn hatten. Braki sagte, dass er nicht hier sei und es Tage dauern würde, ihn zu erreichen. Der Anführer würde reiten, aber nur mit wenigen verschwiegenen Gefolgsleuten. Die Nordmänner konnten sich in seinem Haus erholen.

So kam er zu Vagnhöfdis Haus zurück. Der Riese ließ ihn mit ruppiger Fröhlichkeit hinein und sie setzten sich alle in Düsternis nebeneinander ums Feuer, während draußen der Wind toste und aus der Ferne das Heulen von Wölfen erklang.

Braki erklärte Gudorm die Botschaft, die man ihm überbracht hatte. »Du darfst zu Frieden und Macht nach Dänemark zurückkehren, wenn du König Svipdag die Treue schwörst.«

»Das ist wundervoll!«, rief der Jugendliche.

»Dein Vater starb durch seine Hand«, sagte Braki.

Gudorm errötete, sah weg und murmelte: »Hier kann ich mich nicht einmal um das Wohlergehen meiner Mutter kümmern. Und wie könnte ich je auf Rache hoffen? Statt in den Wäldern zu darben, bis ich wie ein Gesetzloser sterbe, warum kann ich nicht meine Ehre zurückgewinnen, wenn ich ein Wergeld nehme, das meines Vaters würdig ist, und seine Blutlinie am Leben halte?«

»Warte, bis deine Zeit kommt«, knurrte Vagnhöfdi. »Wer weiß, was passieren kann? Warte, bis deine Zeit kommt.«

»Du sagst nie etwas anderes!«, schrie Gudorm. »Ich habe es satt!« Er sprang auf und rannte hinaus. Er kam erst nach Einbruch der Nacht zurück, als alle anderen schliefen.

Am Morgen zog sich Braki allein mit ihm zurück. Gudorm erzählte seinem Ziehvater, wie sehr er dieses harte und einsame Leben hasste und dass er entschlossen war, Svipdags Angebot anzunehmen. Braki erklärte es dem Riesen in abgemilderter Form.

Sie ließen Gudorm schwören, dass er niemandem ein Wort von Hadding sagen würde. Hardgreip sagte, dass er noch nicht aufbrechen durfte. Sie streute seltsame Dinge in eine Kanne, schnitzte Runen in einen Eschenstock, tropfte darauf Blut aus einem Schnitt, den sie an seinem Daumen zog, und sang gruselig unter einem Sichelmond. »Wenn du uns verrätst, wird ein schreckliches Unheil über dich kommen«, erklärte sie ihm.

»Wir brauchen deine miese Hexenkunst nicht«, sagte er mit bleicher Miene, »und ich bin froh, dass ich dich loswerde.«

Danach ritt er mit Braki fort, und von Brakis Hof zurück nach Seeland. Svipdag empfing ihn ohne viel Wärme, aber mit vollen Ehren, während Gro zusah. Der König bezahlte ihn für den Tod seines Vaters und machte Gudorm, obwohl er jung war, weil alle von Grams Jarlen tot oder geflohen waren, zum Jarl über ganz Dänemark. Männer sagten zueinander, dass dieser Junge wahrscheinlich zuverlässiger den Frieden halten und die Steuern einsammeln würde als jemand, der ganz erwachsen wäre.

Nun führte Svipdag eine Flotte über den Sund und an der Ostseeküste hinauf zum Schärengarten. Er ruderte durch das Gewässer mit den vielen Inseln, tief nach Svithjod hinein, landete dort, schlug schnell zu und nahm Uppsala ein. Dort hielt er ein großes Opfer für die Götter und fing an, das gesamte Königreich zu überrennen. Häuser brannten, Männer fielen, Frauen wurden zur Beute, bis sich ihm alle Provinzen ergaben.

Seine Gedanken an Grams Kind von Signy waren wenige und kurz. Es war nicht bei seiner Mutter. Niemand konnte ihm sagen, wo es sein mochte, doch er hatte auch nicht den Eindruck, dass das einen Unterschied machte. Welche Gefahr lag in einem heulenden Säugling? Wahrscheinlich hatte sie ihn bei irgendeinem armen Bauern zurückgelassen, wo die Nachbarn ihn unter den anderen Kindern kaum bemerken würden. Falls er lang genug lebte, um erwachsen zu werden, würde er nichts anderes kennen, als sich aus dem Boden einen mageren Lebensunterhalt zu erarbeiten. Svipdag vergaß die Sache schnell.

V

An der Brust einer Riesin gestillt, wurde Hadding schnell groß und stark.

Nach kurzer Zeit aß er dieselben Speisen wie der Rest: Fleisch von der Jagd, Fisch aus dem Wasser, Milch und Käse und Butter von den Kühen, Brot aus Getreide, das Mutter Haflidi auf einer Lichtung anbaute und auf einem Mühlstein, so groß wie ein Mann, mahlte. Wurzeln, Blätter, Gräser, Pilze und Larven waren Nahrung, die man sammeln konnte. In bestimmten Jahreszeiten kamen Nüsse, Beeren und der Honig von wilden Bienen dazu. Vagnhöfdi braute Bier und Met, aber Hardgreip lehrte Hadding, dass jede Quelle und jeder Bach seinen eigenen Geschmack, seine eigene Magie hatte.

Auch sonst lernte er von den Riesen viel. Er ging allein statt mit den Hunden hinaus und wurde ein guter Jäger, kluger Fallensteller und geduldiger Fischer. Er konnte seine Beute häuten, zerlegen, ihr Fleisch kochen, ihr Fell gerben und Nutzen für ihre Eingeweide und Knochen finden. Er konnte einen Feuerbohrer herstellen und bedienen, Zweige zu einer Schutzhütte flechten, Wolken und Winde lesen, um das Wetter vorherzusagen, Tag und Nacht mithilfe der Gestirnen seinen Weg finden, eine Wunde verbinden oder eine gebrochene Gliedmaße schienen. Er formte Stein oder Eisen zu Werkzeugen, für die er die Griffe drechselte. Das Eisen selbst fand Vagnhöfdi in Sümpfen und brachte es nach Hause, um es mit seiner übermenschlichen Kraft aus dem Erz zu wringen.

Die Wildnis war Haddings Heimat, und er lernte sie genau und mit jeder Veränderung kennen. Er wanderte durch den Frühlingsregen und die wachsenden Blätter des Frühlings, während zurückkehrende Vögel mit ihren Schwingen den Himmel verdunkelten und ihn mit Lärm erfüllten. Er war in den langen Tagen und hellen Nächten des Sommers draußen im Grün, in den sonnenbefleckten Schatten, in Wärme und Gewitter und den vielfältigen Gerüchen des Lebens. Im Herbst jagte er unter rot und gelb gewordenen Bäumen, wo nichts unter seinen Füßen raschelte, und blickte von Hügeln in entfernten Dunst oder auf Nebelschleier hinunter. Im Winter fuhr er auf Skiern oder Schlittschuhen, ohne die Kälte zu bemerken, nicht nur unter der niedrig stehenden Sonne, sondern auch nach Einbruch der Nacht, wenn sie klar war und die Sterne in ihren Scharen über dem Schnee funkelten.

Doch immer zogen ihn die Gewässer am meisten an, vor allem der größte See dort. So oft er konnte, kam er an sein Ufer und ließ den Blick über seine glänzende Weite schweifen. Wenn ihn ein Wind aufpeitschte, regte sich etwas in Hadding und das Plätschern der Wellen wurde zu einem Lied. Er zog seine Kleider aus, watete durchs Schilf hinaus und schwamm Stunde um Stunde wie ein Otter. In einem Einbaum, den er dort hatte, konnte er einen ganzen Tag damit verbringen, mehr zu träumen als zu fischen. Neben einem Ruder nutzte er einen Mast und ein Segel, die er hergestellt hatte, auch wenn das Rigg unbeholfen war. Er stellte sich viele Fragen über die See, von der er gehört hatte. Eines Tages würde er sie suchen gehen. Das Verlangen stieg, als er älter wurde.

Ansonsten verlief seine Kindheit bei den Riesen recht glücklich. Es störte ihn nicht, dass sie ihn so gewaltig überragten. Er hielt das für selbstverständlich. Sie waren auf ihre ruppige Art freundlich zu ihm, obwohl er, wenn sie etwas unvorsichtig wurden, drei oder vier Ellen weit flog und eine Weile danach noch blaue Flecken hatte. Sie teilten viel von ihren Legenden, Geschichten und Versen, die bis zum Anfang der Welten zurückreichten, wo ihre Worte tief und heiser und bedächtig wurden. So lernte er einiges von der Alten Sprache von Jötunheim. Meistens aber sprachen sie mit ihm die Sprache seines Volkes. Sie passte besser zu den Angelegenheiten von Midgard.

Sie hatten ihre Festtage im Lauf des Jahres, welche nicht die Feste der Menschen waren, sondern solcher Ereignisse wie der Schaffung und Vernichtung von Ymir, der Fesselung von Garm und Fenris und, ein fröhlicheres Fest, das dessen gedachte, wie Utgard-Loki Thor übertrumpft hatte. Sie erfreuten sich daran gerne, weil sie einfache Gemüter waren.

Dennoch konnten sie schrecklich sein. Wenn Vagnhöfdi zornig war, brüllte er, schleuderte Felsen herum, die die Bäume, die sie trafen, zersplittern ließen, verursachte eine Lawine oder suchte einen Bären, den er mit bloßen Händen tötete. Hardgreip, die Hadding als Säugling gestreichelt, ihm vorgesungen und sich um ihn gekümmert hatte, brachte gerne Hirsche oder Elche zur Strecke, schlitzte sie auf und heulte über ihren blutigen Kadavern wie eine Wölfin, während sie mit den Zähnen das rohe Fleisch herausriss.

Hadding pflegte diese Sitten nicht. Braki hatte ihn beiseite genommen und ihm erklärt, dass sie sich für Menschen nicht gehörten. Trotzdem machte Hadding seinen Zieheltern keinen Vorwurf. Meistens war Hardgreip eher ruppig als verrückt. Aus der Ferne betrachtet, sodass sie kleiner wirkte, war sie eine gutaussehende junge Frau, voll erblüht, mit großen Brüsten, ihr Haar lang und rabenschwarz, ihr Gesicht mit hohen Wangenknochen, geschwungener Nase, breiten Lippen und schrägstehenden grünen Augen unter dichten Brauen. Als Hadding vom Kind zum jungen Mann gereift war, suchte er sich oft eine Stelle, von wo aus er sie beobachten konnte. Es war am besten, wenn sie sich einen Teich zum Baden suchte. Er fühlte keine Scham, denn er wusste, dass sie wusste, was sie tat, und sie ließ ein Grinsen zu ihm blitzen.

Einmal, als er in einer Winternacht allein draußen war, erspähte er eine Gruppe Lichtelfen, die vorbeiritt. Sternenlicht glitzerte auf ihren Helmen und Brünnen wie auf dem Schnee, Nordlicht tanzte weit oben wie die Banner, die von ihren Speeren wehten. Weiß waren auch ihre Pferde, schlank und schnell wie der Wind. Sie sprangen in wenigen Herzschlägen von einem Rand der Welt zum anderen. Über ihnen flog eine große Eule. Sie rasten in völliger Stille vorbei, aber als sie Haddings Blickfeld entschwanden, blies ihr Anführer in sein Horn. Diese Klänge verfolgten ihn für Jahre.

Als er das im Haus erzählte, starrte Vagnhöfdi finster und knurrte, dass das kein glückliches Omen gewesen sei. Die Lichtelfen seien zu gut mit den Göttern befreundet. Die Dunkelelfen taten manchmal den Jötunen Gefallen, aber man musste sich auch vor ihnen hüten. Man konnte so sicher mit ihnen umgehen wie mit Wölfen.

Er mochte auch die Zwerge nicht. Sie waren Bergleute und Handwerker, die viele wundervolle Dinge geschmiedet hatten, aber sie waren auch gierig, hitzköpfig und geschickt darin, Flüche zu schaffen, die über viele Lebensspannen wirkten. Vagnhöfdi fand es gut, dass keine in dieser Gegend unter der Erde lebten.

Monster hatten früher in dieser Wildnis gelebt, Nixen, die in Weihern Tieren oder Menschen auflauerten, Trolle, die am liebsten Menschenfleisch mochten, Hexenvögel, ein Drache. Im Lauf seiner Jahrhunderte hatte er die meisten von ihnen getötet, nachdem sie ihm Schwierigkeiten bereitet hatten, aber es war immer noch weise, einige Hügel und Seen zu meiden.

Andere Wesen konnte er nicht bekämpfen. Seine Familie und er hielten sich von ihnen fern: Nachtmahre, Landwichte, die ruhelosen Toten. Doch das stimmte nicht ganz. Hadding erfuhr das, als er mit Hardgreip auf einen dreitägigen Marsch ging, der in der Finsternis endete.

Haflidi hatte ihr Feld gepflügt. Dafür brauchte sie weder Pferd noch Ochse, sondern schob den Pflug selbst. Sie pflügte einen Stein hoch, auf den Runen geritzt waren. Als sie ihn zu ihrem Gefährten und ihrer Tochter nach Hause brachte, die Wissen über solche Dinge besaßen, waren diese beunruhigt und sprachen im Flüsterton miteinander. Sie hatten bereits anderswo schlimme Omen gesehen. Eine Kuh hatte ein kopfloses Kalb zur Welt gebracht. Eines Tages hatte die Erde unter ihren Füßen gezittert und gebebt. Eines Nachts hatte der Vollmond die Farbe von getrocknetem Blut gezeigt. »Suche eine Antwort vom Draugr«, sagte Vagnhöfdi zu Hardgreip. »Du bist an Gräbern besser als ich.«

Sie zögerte ein oder zwei Momente, dann presste sie ihren Mund zusammen und stimmte zu. Nachdem sie Nahrung zum Mitnehmen eingepackt hatte, machte sie sich in der Morgendämmerung auf den Weg. Hadding hatte geprahlt, dass er mitkommen würde, und sie sagte leise, dass sie sich über jede Begleitung freuen würde.

Auf offenem Gelände konnte er mit ihrem Marsch nicht Schritt halten, außer er rannte, aber später kamen sie durch wegeloses, verworrenes Gebüsch. Dornen und Wieden und gebogene Zweige waren miteinander verflochten wie eine Kettenrüstung, dazwischen lagen gefallenes Holz und matschige grüne Tümpel. Noch mehr als er musste sie sich ihren Weg Schritt für Schritt erdrücken, erquetschen und erkämpfen. Nebel wirbelte hoch und es nieselte. Schlagen krochen, Frösche quakten, Nebelkrähen krächzten in der Ferne. Wo die Schatten am dichtesten waren, sah Hadding verrottendes Holz blau glühen. In der Nacht lag er nahe an der warmen, atmenden Fülle der Riesin. Sie waren zu erschöpft, um viel zu sprechen.

Gegen Sonnenuntergang am dritten Tag kamen sie zu einer Kuppe, auf der ein Hünengrab stand, das ein unbekanntes und lange vergangenes Volk erbaut hatte. Die Erde war von seinen großen Steinen gebröckelt. Mit Moos und Algen überzogen ragten sie hart aus dem umgebenden Dornengebüsch. »Bleib weit hinter mir«, warnte Hardgreip Hadding. »Was auch immer passiert, komm nicht in die Nähe.«

So verfolgte er das wenige, das sie tat, im Zwielicht und hörte nur Bruchstücke dessen, was sie sang. Als die Nacht ganz hereingebrochen war, sternlos, mondlos, gesichtslos, schossen hohe Flammen hoch. Er sah, wie sie sich schwarz vor deren eisigem Weiß abzeichnete. Der Grabhügel ächzte. Etwas kroch dort heraus und stellte sich vor sie. Sie rief laut ihren Wunsch aus. Hadding konnte kaum ausmachen, dass ein schreckliches Flüstern antwortete.