Was tut mir wirklich gut? - Toni Freialdenhoven - E-Book

Was tut mir wirklich gut? E-Book

Toni Freialdenhoven

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Beschreibung

Als Pflegekraft stoßen Sie täglich an Belastungsgrenzen. Körperlich wie psychisch. Doch was ist Zeitknappheit, Stress oder Schichtdienst entgegenzusetzen? Wie ist es um Ihre Work-Life-Balance bestellt? Wie beugen Sie einem Burnout vor und tanken Lebensfreude? Dieser Leitfaden beschreibt Herausforderungen und Gegenmaßnahmen. Die Themenpalette reicht von Stress, Schlafstörungen und Helfersyndrom über Entspannungstechniken und Time-out bis zum Achtsamkeitstraining. Autor Toni Freialdenhoven schreibt aus der Pflegepraxis. Als Krankenpfleger und Lehrer für Pflegeberufe lädt er ein: "Reflektieren Sie die eigene Situation. Was können Sie selbst ändern? Was ist für Sie hilfreich und umsetzbar? Was tut Ihnen wirklich gut?"

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Seitenzahl: 178

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Toni Freialdenhoven

Was tut mir wirklich gut?

Work-Life-Balance für Pflegeberufe

Widmung:

Gewidmet ist dieses Buch in Liebe und Dankbarkeit meiner Enkelin Anna, meinem Enkel Fabian mit ihren Eltern Corinna und David sowie meinem Enkel Georg mit seinen Eltern Alma und Jan.

Des Weiteren allen rund 1,7 Millionen Pflegekräften, die täglich eine

hervorragende und verantwortungsvolle Aufgabe leisten.

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Sämtliche Angaben und Darstellungen in diesem Buch entsprechen dem aktuellen Stand des Wissens und sind bestmöglich aufbereitet.

Der Verlag und der Autor können jedoch trotzdem keine Haftung für Schäden übernehmen, die im Zusammenhang mit Inhalten dieses Buches entstehen.

© VINCENTZ NETWORK, Hannover 2021

Besuchen Sie uns im Internet: www.altenpflege-online.net

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar.

Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen und Handelsnamen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne Weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt es sich häufig um geschützte, eingetragene Warenzeichen.

Titelfoto: AdobeStock, deagreez, Kara-Kotsya (composing)

Grafik: AdobeStock, Rojastock13

Autorenfoto: Heike Melbert, Erftstadt

Druck: Gutenberg Beuys Feindruckerei GmbH

ISBN 978-3-7486-0469-3

Inhalt

Entstehung dieses Buches und Danksagung

Vorwort

Teil I

Definition und Einführung

1 Bestandsaufnahme und Work-Life-Blending

2 Beziehungen als Stressdämpfer und das Beziehungshormon Oxytocin

3 Stress: Wissenschaftliche Erkenntnisse und körperliche Folgewirkungen sowie die Wirkungen der Stresshormone

4 Zeitmanagement-Methoden und Tagesrückblick

5 Bewegungsmangel, Nahrungsmittelüberschuss und Zuckerkonsum

6 Genussmittel: Alkohol- und Zigarettenkonsum

7 Medikamentenabhängigkeit und andere Abhängigkeiten

Teil II

8 Ausdauertraining, Myokine und Telomere

9 Schlaf und Schlafbedarf

10 Urlaub, Waldbaden, Entspannungstechniken und Atembewusstsein

11 Erhöhung der Alltagsachtsamkeit

12 Resilienz, Positiv-Denkmodus, Innerer Kritiker, Dankbar-Sein und Gelassenheit

Teil III

13 Intuition, Bauchgefühl, Herzgefühl und Visionen

14 Digital Detox und Hobbys

15 Religiosität und Metaphysik

16 Das Helfersyndrom

17 Time-out statt Burn-out

18 Arbeit und Freizeit im Einklang

Liebe Leserin / lieber Leser,

Quellen

Autor

Entstehung dieses Buches und Danksagung

Bereits vor rund 11 Jahren habe ich im Unterrichtsfach Psychohygiene angefangen einen besonderen Blickwinkel auf unsere körpereigenen „Stresshormone“ zu richten. Die Kurzzeitstresshormone Adrenalin und Noradrenalin ermöglichen es uns, in akut auftretenden Belastungssituationen, relativ schnell zu reagieren (Kampf-oder-Flucht). Das Langzeitstresshormon Cortisol hilft uns eine Stressbelastung ausgedehnter standzuhalten. Die Ausschüttung unserer natürlichen Stresshormone helfen uns Energiereserven des Körpers freizusetzen. Jedoch führt eine langandauernde Ausschüttung des Cortisols, durch ein lang anhaltendes Stressgeschehen, letztendlich zu negativen körperlichen und psychischen Auswirkungen. Diese negativen Auswirkungen können den Weg in ein Burnout ebnen.

Um diesen schlechten Verlauf zu unterbinden ist die Herstellung und Aufrechterhaltung einer Work-Life-Balance (WLB) bestens geeignet. Zumal Langzeitstressoren wie z. B. anhaltender Arbeitsstress, mediale Präsenz, Selbstoptimierung, Beziehungsprobleme, Schlafmangel und andere Stressoren anscheinend zu unserem Leben dazugehören. Indem dieses chronische Stressgeschehen eine anhaltende Produktion von Cortisol (in der Nebennierenrinde) hervorruft, wird ein krankmachender Kreislauf in Gang gesetzt. Da ich selbst vor Jahren unter den „Nebenwirkungen“ einer lang anhaltenden Cortisol Ausschüttung gelitten habe (massive Schlafstörungen, Überempfindlichkeit u. Gereiztheit), fand ich in der Herstellung einer gesund machenden Work-Life-Balance ein passendes Gegenmittel.

Durch Gespräche in den verschiedenen Ausbildungskursen zum Kranken- oder Altenpfleger*innen erfuhr ich vom Personal- und Zeitmangel, der sich zwangsläufig negativ auf die praktische Ausbildung auswirkte. Das häufige „Einspringen“ (zusätzlicher Dienst), weil Personal krankheitsbedingt ausfiel, wurde fast zum Alltag. Da die Auszubildenden neben der praktischen Arbeit noch viel theoretischen Lernstoff zu bewältigen haben, sind Anzeichen einer Überforderung nicht selten. Vor ca. zwei Jahren las ich das erste Mal, von einem Burnout, welches bei einem Auszubildenden im dritten Ausbildungsjahr aufgetreten war. Die Tatsache, dass Burnouts beim gesamten Pflegepersonal zugenommen haben ist alarmierend.

Von daher habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, insbesondere dem Pflegepersonal, von der gesunderhaltenden Möglichkeit durch die Aufrechterhaltung einer Work-Life-Balance zu berichten. Nun erfolgten viele Recherchestunden, die sich über mehrere Jahre erstreckten, in denen ich Infos zusammen getragen und ausgewertet habe. In Artikel und Bücher sowie in Fernsehsendungen und Beiträge im Internet wurde ich fündig. Jedoch stieß ich bei meinen Recherchen nicht auf ein weit umfassendes und zusammenhängendes Skript, welches das Thema Work-Life-Balance beinhaltet, deshalb entwarf ich selber ein Skript. Mein erstes Skript umfasste rund 24 DIN-A4-Seiten, das letzte rund 73 DIN-A4-Seiten. Das dieses Skript nun als Buch vor Ihnen (Dir) liegt, verdanke ich dem Buchlektorat von Vincentz Network, mit seinem Leiter Herrn Klaus Mencke und seiner Mitarbeiterin Frau Bettina Schäfer.

Danken möchte ich auch den ehemaligen Schüler*innen (von Kurs 10/13) der Gesundheits- und Krankenpflegeschule der Rheinischen Kliniken in Düren. Ebenso den Auszubildenden des Altenpflegeseminars (vom Kurs A 47) der Pflegeschule im MaxQ in Düren. In beiden Ausbildungseinrichtungen traf ich auf interessierte Menschen, die mich durch ihr Hinterfragen immer wieder motivierten am Thema „dranzubleiben“.

Einen besonderen Dank gilt meiner Freundin, Frau Brigitte Kramp, die als Diplomsozialpädagogin in Bonn tätig ist. Durch ihr konstruktives „Zweitlesen“, welches auch kritische Nachfragen mit sich brachte, konnte ich fortlaufende Verbesserungen ins Skript einfließen lassen. Ebenso erkannte ich durch Ihre Intervention, dass sich einige Gedankengänge erweitern und verbessern ließen.

Mit Enthusiasmus und Freude gelang es mir, das Buchprojekt: Work-Life-Balance zu Ende zu bringen.

Vorwort

Wer als examinierte Pflegekraft tätig ist, setzt seine/ihre helfenden Hände im direkten Kontakt fachkompetent ein. Das professionelle und persönliche Gespräch gehört ebenso zum pflegerischen Alltag. Gerade im Zeitalter der Digitalisierung werden diese Fähigkeiten umso dringender gebraucht. Was aber ist, wenn die fürsorglichen und liebevollen Helfer ausgebrannt sind? Vom Ausgebrannt-Sein (Burn-out) ist das Pflegepersonal überdurchschnittlich hoch betroffen.

Die Arbeit einer Altenpflegerin/eines Altenpflegers, einer Krankenschwester/ eines Krankenpflegers bzw. die einer Pflegefachfrau und die eines Pflegefachmannes enden quasi nie. Denn nicht die Erledigung der mannigfaltigen Aufgaben bestimmt das Schichtende, sondern vielmehr die Uhr. Wenn wir nach Hause gehen, sind unsere Heimbewohner, Patienten/Klienten oder Kunden weiterhin auf die Hilfestellungen und Pflegebehandlungen von uns angewiesen. Durch die mündliche und schriftliche „Übergabe“ an unsere nachfolgenden Berufskollegen werden aktuelle Informationen zu den uns Anvertrauten weitergegeben. Danach können wir hoffentlich mit einem beruhigenden Gefühl nach Hause gehen.

Aus den Medien hören wir immer häufiger, dass in deutschen Kliniken und Altenheimen immer mehr Pflegekräfte am persönlichen Limit angelangt sind. Das Wort vom „Pflegenotstand“ macht die Runde. Kaum irgendwo in der Arbeitswelt bleiben Stellen so lange unbesetzt wie in pflegerischen Berufen. Wir alle kennen die Situationen von Personalengpässen, wenn jedoch diese Situationen zum Dauerzustand werden, wenn immer mehr Arbeit in kürzerer Zeit zu erledigen ist, dann entsteht zwangsläufig eine Überforderung. Hierdurch können wir unsere Arbeit an und mit den uns Anvertrauten nicht mehr zufriedenstellend erledigen. Dann können wir nicht mehr mit einem beruhigenden Gefühl nach Hause gehen.

Nicht nur examinierte Pflegekräfte erfahren in ihrem Berufsfeld Überforderungen, ebenso kommt es schon in der Ausbildung zur Pflegefachfrau und zum Pflegefachmann zu Überforderungen. Die Auszubildenden lernen von Beginn an eine Arbeitswelt kennen, in der Personal- und Zeitmangel alltäglich sind. Der Personalmangel kann dann dazu führen, dass die Auszubildenden im dritten Ausbildungsjahr bereits als vollwertige Pflegekräfte eingesetzt werden. Ihre zugeteilten Praxisanleiter, die ihnen zur Seite stehen und sie anleiten sollen, haben allzu oft keine Zeit für sie oder sie sind in anderen Schichten eingeteilt. Dass die Auszubildenden unter diesen Umständen leiden, ist sehr verständlich.

Eine strukturelle baldige Veränderung ist dringend notwendig. Hier sind alle Verantwortlichen, die Pflegebetreiber, die Verbände mit ihren Mitgliedern im Deutschen Pflegerat (DPR) und die Politiker gefordert, Antworten zu geben und neue Konzepte zu entwickeln.

Neben den dringend notwendigen strukturellen Änderungen sind die individuelle Sichtweise und die Gesundheitsfürsorge der in der Pflege beschäftigten Menschen zentral. Die Auswirkungen einer belastenden Arbeitssituation wirken sich unterschiedlich auf die Betroffenen aus. Was den einen belastet, nimmt der andere kaum wahr.

Um dem pflegerischen Arbeitsalltag und seinen umfangreichen Anforderungen gerecht zu werden, benötigen wir Pflegekräfte eine stabile körperliche und psychische Verfassung. Um diese zu erlangen, ist die Beachtung einer Balance zwischen dem Arbeits- und Privatleben wichtig.

In meiner nachfolgenden Ausarbeitung zu einer gesunden Work-Life-Balance (WLB), kannst du dir die Fragen stellen: Was kann ich selber ändern? – Was ist für mich hilfreich und auch umsetzbar? – Was tut mir wirklich gut?

Ich wünsche dir jedenfalls viel Ausdauer und auch ein wenig Spaß beim Studieren dieses umfangreichen Skriptes.

Teil I

Definition und Einführung

Work-Life-Balance ist die englische Bezeichnung für die Ausgewogenheit von Arbeits- und Privatleben. Eine gesunde Work-Life-Balance aufzuweisen ist sicherlich ein lohnenswertes Ziel – oder? Gibt man bei Google den Begriff Work-Life-Balance ein, wird dem Suchenden eine Unmenge von Ergebnissen angezeigt. Der Begriff „Work-Life-Balance“ steht für einen Zustand, in dem Arbeits- und Privatleben miteinander in Einklang stehen. Die Vereinbarkeit von Anforderungen und Interessen des Arbeits- und Privatlebens hängt sowohl von den organisatorischen Bedingungen als auch von der persönlichen Wahrnehmung und dem individuellen Verhalten ab. Gelingt ein Gleichgewicht zwischen dem Arbeits- und dem Privatleben, wirkt sich dies sehr positiv auf die Person, die Arbeits- und Freizeitwelt und auf die Gesellschaft aus.

Vielleicht kann ich dir, der Leserin/dem Leser, mit diesem Skript den einen oder anderen Hinweis oder Anstoß geben, um zu deiner erfolgreichen Work-Life-Balance zu finden?

(Da ich dich als Leserin/als Leser in einigen Passagen persönlich ansprechen möchte, verwende ich „du“ als Ansprache! Ebenso verwende ich „wir“ und „uns“ häufig, um insbesondere zum Ausdruck zu bringen, dass ich mich als Verfasser in der beschriebenen Erörterung ausdrücklich einbeziehen möchte. Bewusst ist mir, dass du die Bezeichnungen „wir“ und „uns“ nicht immer für dich annehmen kannst, weil wir alle einmalig und individuell sind.)

1Bestandsaufnahme und Work-Life-Blending

W ir leben häufig in einer ständigen Überforderung. Wir hasten und rennen und haben doch das Gefühl, nicht dort anzukommen, wo wir hinwollen. Wir geben unser Bestes und sind doch nicht ganz zufrieden. Der Arbeitsalltag wird zu einem Wettlauf gegen die Zeit und eine Menge an Aufgaben. Umso wichtiger wird es für alle Beteiligten, wie Dr. v. Hirschhausen es empfiehlt, Humor in die Pflegewelt zu integrieren. Frei nach dem Motto: HUMOR HILFT HEILEN (eine Stiftung Dr. v. Hirschhausens).

Nach der Beendigung eines Arbeitstages, der mit Hin- und Rückfahrt auch über 10 Stunden dauern kann, bleibt deutlich weniger Zeit für den Feierabend übrig. Des Weiteren greifen viele kurz nach Feierabend gleich noch mal zum Smartphone, rufen WhatsApp-Nachrichten und oder E-Mails ab, checken die Termine für den nächsten Tag oder erinnern die Kollegin an wichtige Infos für den nächsten Arbeitstag.

Eine um sich greifende Arbeitsoptimierung lautet: Work-Life-Blending. Darunter versteht man die Vermischung zwischen beruflichen und privaten Belangen. Die Digitalisierung ermöglicht eine flexible Überlagerung von beruflichen wie privaten Aktivitäten, losgelöst von Zeit und Ort. Das bedeutet letztendlich, dass ich Berufliches zu jeder Tages- und Nachtzeit, wenn es erforderlich ist, zu erledigen habe. Es entsteht eine Art von dauerndem Bereitschaftsdienst, dazu gehört, selbst im Urlaub erreichbar zu sein. Anderseits kann ich private Interessen nach individuellen Zeiten in meinem Tagesablauf integrieren. Vermutlich stehen jedoch am Ende die beruflichen Interessen an erster Stelle.

Profitstreben und der Zwang zur Vernetzung sowie zur Selbstoptimierung kann leicht in Überlastung ausarten. Die Erkenntnis, dass man nicht alles optimieren kann, wird sich mit der Zeit von alleine ergeben. Wenn ich lese, die Arbeitszeit ist in unserer Leistungsgesellschaft nichts anderes als ein „anderer Aggregatzustand von Geld“, dann habe ich die Befürchtung, dass aus der digitalen Selbstoptimierung schließlich nur eine Ausbeutung unserer Arbeitskraft entsteht. Durch diese Verschmelzung von Arbeit und Freizeit kommen am Ende Privatheit und wertvolle Lebenszeit abhanden. Auch die häufig durchorganisierte Freizeit kann zu einer neuen Form von Arbeit werden. Die Trennung zwischen Beruf und Lebensalltag wird in unserer medialen und schnelllebigen Zeit zu einer immer größer werdenden Herausforderung.

Jeder ist aufgefordert, seine ganz persönliche Work-Life-Balance zu finden! (Damit du vor lauter Arbeit am Ende nicht dein Leben verpasst.)

2Beziehungen als Stressdämpfer und das Beziehungshormon Oxytocin

Ein gutes Verhältnis zu den Arbeitskollegen wirkt sich positiv auf die Berufszufriedenheit aus. Zudem liegt die Ursache für psychische Belastungen am Arbeitsplatz häufig bei schlechten oder gar kaum vorhandenen Beziehungen zu Arbeitskollegen. Daher wäre es gut, Arbeitskontakte zu pflegen und dich an gemeinsamen Aktivitäten zu beteiligen. Stressfreie Pausen sind im Miteinander äußerst wichtig. Ein gemeinsamer Spaziergang an der frischen Luft ist auch sehr zu empfehlen.

Achtung, manipulative Interaktionsmuster („Du bist der Beste – der Ideenreichste“ u. a.) gibt es häufig in unserem Arbeits- und dem Privatleben. Wenn du das Gefühl hast, du wirst ausgenutzt, dann solltest du es zur Sprache bringen, weil ein „Ausgenutzt-Werden“ dich mit der Zeit überlastet.

„Ja sagen“, wenn ich in Wirklichkeit „Nein meine“, ist nicht ehrlich sich selbst gegenüber. Denn etwas zu machen, was ich eigentlich nicht will, ist negativer Stress. Nein zu sagen, fällt jedoch häufig schwer. Wir fürchten, Erwartungen zu enttäuschen. Insbesondere im Berufsleben funktionieren wir, indem wir mehrere Aufgaben auf einmal annehmen. Dies kann aber in der Ausführung der Aufgaben dazu führen, dass wir in der Konzentration und der Gründlichkeit Abstriche machen müssen. In solchen Situationen ist es auf Dauer besser, deutlich zum Ausdruck zu bringen, was ich möchte und gut finde. Humane Vorgesetzte wissen das und erwarten deshalb klare „Neins“. Sie auszusprechen erfordert ein wenig Mut und genügend Selbstbewusstsein.

Nein zu sagen für mehr Selbstbestimmung und Lebensfreude gehört auch in privaten Beziehungen dazu. Ob es sich um den Lebenspartner, die Familie oder Freunde handelt, in diesem Miteinander geht es häufig um Gefühle und Verletzungen. Deshalb lassen wir in diesem Beziehungsgeflecht besondere Vorsicht walten. Jedoch, es in einem nicht ausgesprochenen Nein auszuhalten, führt erfahrungsgemäß nicht zu einer langfristigen Zufriedenheit.

Der Partner sowie eine intakte Familie (Kinder, Geschwister) sind eine wichtige Ressource in Bezug auf Stressdämpfer. Deshalb ist es ratsam, Familienkonflikte nicht in komplette Zerwürfnisse ausarten zu lassen, denn die Verletzung des biologischen Prinzips der Blutsverwandtschaft ist ein starker Stressor. Freunde zum Gespräch und für Interaktionen regelmäßig zu treffen, um vom erlebten Ärger mehr Abstand zu bekommen, ist sehr hilfreich. Diese Möglichkeit ist insbesondere für Singles eine gute Ressource im Verarbeiten vom Alltagsstress.

Negativer Stress wird gefördert durch: zu viele Kontakte (Facebook und Co.), Massenveranstaltungen, die nicht selten einen erhöhten Stressfaktor mit sich bringen, und Menschen, die uns mit ihrer hauptsächlich negativen Lebenseinstellung belasten, sogenannte „Energiefresser“.

In der Fernsehsendung „Rundum gesund“ im SWR sagte Dr. Hans-Otto Thomashoff (Psychiater), am 13.01.2020: „Das Wesentliche fürs Wohlbefinden ist, in Beziehungen zu sein. Wir setzen in unserer Gesellschaft immer auf das schnelle Glück. Wir rennen dem Antreiber, dem Dopamin-System unseres Gehirns, wie Süchtige hinterher.“ Nach seiner Ansicht sind aber fürs Wohlbefinden die Beziehungen wesentlich und damit ist das Beziehungshormon Oxytocin wichtiger als das Hormon Dopamin.

Zum Wechselspiel der Hormone sagte er: „Es gibt das Motivationshormon, den Motivationstransmitter, das Dopamin, welches den Kick macht. Egal, um was es geht, ums Essen, um irgendwas zu schaffen, ums Glücksspiel, um Sex, immer ist Dopamin der Antreiber. Wenn dann gelingt, was ich versuche, gibt es als Belohnungshormon Endorphin, ein körpereigenes Morphin, das bewirkt das ruhige Zurückziehen, welches in die Richtung Zufriedenheit geht.

Als Drittes kommt das Beziehungshormon Oxytocin dazu, das schon an der Mutterbrust aufgesogen wird, das Hormon für den Milcheinschuss bei Frauen. Das ist das Hormon, was uns in Bindungen geborgen, aufgehoben und wohlfühlen lässt. Was so wichtig ist, aber leider oft zu Gunsten des Dopamins vernachlässig wird.“

Des Weiteren meinte er: „Die Hauptsache ist, sich in Beziehung wohlzufühlen. – Wenn Sie verliebt sind, ist ihnen der Rest wurscht. Dann sind Sie glücklich, herrlich ist das. Wenn ich mich in Beziehung aufgehoben fühle, dann ist das der zentrale Baustein, dafür kann ich aktiv sorgen, das kann ich mitgestalten.“

An dieser Stelle möchte ich bewusst machen, dass für uns Pflegekräfte die Beziehungen zu den von uns zu pflegenden und betreuenden Menschen wichtig sind, um Zufriedenheit und Anerkennung im Berufsleben zu erlangen. Leider wird uns aber durch die momentane Personalsituation und den dadurch entstehenden Zeitdruck das Bestreben, mit den uns Anvertrauten in professioneller Beziehung zu stehen, sehr erschwert.

In Bezug auf eine professionelle Beziehung ist der Aspekt Mitleid ein bedenkenswertes Geschehen. Wenn wir Mitleid für die zu Pflegenden empfinden, mit den Betroffenen mitleiden, können wir uns schnell durch zu viel Anteilnahme (Empathie) in negativ erlebten Gefühlsqualitäten wie Schmerz und Leid verlieren. Mitleiden kann uns auch die Fähigkeit nehmen, professionell helfen zu können. Ein fortwährendes Mitleiden führt uns auf Dauer zu einem massiven „empathischen Stress“ und damit ist die Gefahr, in einen Burn-out zu geraten, stark erhöht. Anders verhält es sich, wenn wir für den uns anvertrauten Menschen Mitgefühl anstatt Mitleid empfinden. Um Mitgefühl zu haben, muss man sich auch in die Gefühlswelt (Emotionen) des Betroffen einfühlen können, jedoch geht das Einfühlen nicht so tief wie ein Mitleiden. Wir sind weiterhin fähig, unsere Hilfe und Unterstützung dem Hilfsbedürftigen anzubieten. Wir stehen dem Hilfsbedürftigen zur Seite und dieses „Gebraucht-Werden“ gibt uns wiederum ein gutes Gefühl.

Ebenso zeigen wir Mitgefühl, wenn wir uns mit den Pflegebedürftigen freuen können und ihre positiven Emotionen teilen. So wird unser Mitgefühl zu einem entscheidenden Faktor für die emotionale Intelligenz, die wir in unserem Berufsfeld brauchen.

Zum Thema des Miteinanders im heutigen medialen Zeitalter befragt, sagte Dr. Thomashoff: „Mit WhatsApp, mit Likes bei Facebook fehlt das Wesentliche im Miteinander, was man Resonanz (Mitschwingen oder Mittönen eines Körpers mit einem anderen) nennt. Wenn man sich gegenübersitzt, nimmt unser Gehirn unbewusst wahr, wie der andere gerade drauf ist, und so schwingen wir miteinander. Wenn wir uns anlächeln, dann kommt ein Wohlbefinden auf, daran ist auch Oxytocin beteiligt. Das alles habe ich bei den digitalen Medien nicht, höchstens eine kurze Bestätigung. Das wichtige Miteinandersein brauchen wir wie die Luft zum Atmen und das fehlt häufig heutzutage.“

Der Begriff der Resonanz wurde aus der Physik übernommen. Der Soziologieprofessor Hartmut Rosa definiert seine Resonanztheorie als ein gesellschaftliches Phänomen, welches sich aus einem grundlegenden menschlichen Streben nach resonanten Beziehungen ergibt. In einem Interview für Spiegel Online (21.03.2016) sagte er: „Resonanz ist die Grundsehnsucht nach einer Welt, die einem antwortet. Und die in jedem Menschen angelegt ist, weil wir Beziehungsmenschen sind. Wenn diese Sehnsucht eingelöst wird, weil jemand aufgeht in einem bestimmten Bereich, führt er ein gelungenes Leben.“

Das „Wahrgenommen-Werden“, dass ich mich „ansprechen lasse“, dass ich in Resonanz (im Einklang) mit anderen Menschen bin, kenne ich aus einem geglückten Lebensalltag. Erst durch das bewusste „In-Beziehung-Stehen“ mit den Menschen in meiner (direkten) Umgebung nehme ich meine eigene Lebendigkeit intensiver wahr.

Dass wir Menschen Resonanz als Weg zur Heilung (Gesundung) einsetzen können, schreibt Sarah Peyton in ihrem Buch: Selbstresonanz – im Einklang mit sich und seinem Leben. Sie schreibt auf der Rückseite des Buchcovers: „Mit einem anderen Menschen in Resonanz zu sein bedeutet: Er versteht uns voll und ganz und betrachtet uns mit emotionaler Wärme und Großzügigkeit. Auch mit sich selbst kann man in Resonanz sein. Man kommt in Verbindung mit dem Körper, versteht, was im Gehirn passiert, und kann die innere Stimme transformieren“ (unter Transformation versteht man einen Prozess der Veränderung, der dauerhaften Verwandlung).

Die oben aufgeführte emotionale Resonanz wird häufig auch als emotionale Ansteckung bezeichnet. Dieses Geschehen ist bei Babys eindrucksvoll zu beobachten. Wenn mehrere Babys in einem Raum versammelt sind und eines oder zwei von ihnen fangen an zu lachen oder zu weinen, machen die anderen auch schnell mit, im gemeinsamen Chor. Auch wir Erwachsenen lachen bei einem ansteckenden Lachen mit, außer wir verbieten es uns verstandesmäßig.

Wenn wir uns im Miteinander in einer direkten Kommunikation befinden, synchronisieren wir häufig unsere Mimik (den Gesichtsausdruck) und unsere Bewegungen mit unserem Gegenüber. Das Ganze geschieht in der Regel unwillkürlich, ansonsten machen wir uns zum Nachmacher und dieses „Nachäffen“ kommt beim anderen Menschen nicht gut an. Durch diesen unwillkürlichen Prozess „spiegeln“ bzw. imitieren wir unser Gegenüber und das wiederum kann schließlich dazu führen, dass wir so fühlen und empfinden wie unser Gegenüber. Strahlt unser Gegenüber positive Emotionen aus und beginnt dann der Spiegelprozess, bewirkt das in uns, dass wir uns auch gut und positiv fühlen. Natürlich entsteht das Spiegeln ebenso in traurigen Situationen.

Tipp:

Wenn du dich morgens im Spiegel bewusst eine Zeit lang anlächelst, wird dein Tag positiver verlaufen. Probiere es einfach mal aus!

Da das Beziehungshormon Oxytocin auch beim Sex „seine Hände im Spiel hat“, gehe ich nun vollständigkeitshalber auf diese „Affäre“ (Umstand) ein. Im Folgenden gebe ich auszugsweise Informationen aus einem Artikel (07.2015), den Nadja Podbregar, die Chefredakteurin vom deutschen Online-Wissenschaftsmagazin scinexx.de ist, wieder. Unter der Überschrift: „Hormonell zum Höhepunkt - Warum der Orgasmus ohne Oxytocin nur halb so schön ist“, schreibt Sie Folgendes.

„Beim Sex arbeiten unsere Hormondrüsen auf Hochtouren. Sie schütten Geschlechtshormone, Endorphine und Dopamin aus und bringen damit uns in Hochstimmung und unseren Körper in Erregung. Kommt es dann zum Höhepunkt, folgt eine wahre Schwemme eines weiteren Hormons: des Oxytocins. Innerhalb von Sekunden steigt der Spiegel des Kuschelhormons um das Dreifache an, wie Messungen zeigen. Rein körperlich sorgt dies dafür, dass sich die Muskeln in der Gebärmutter der Frau rhythmisch zusammenziehen, beim Mann reagieren Samenkanälchen und Prostata.“ (Er ejakuliert.)

„Noch entscheidender aber ist die psychische Wirkung des Oxytocins, denn es entscheidet darüber, wie intensiv wir beim Orgasmus empfinden. Das demonstrierte ein Versuch auf verblüffend eindeutige Weise: Erhielten Männer vor dem Sex oder Masturbieren ein Mittel verabreicht, das die Wirkung des Oxytocins blockiert, kamen sie zwar zum Orgasmus, fühlten sich aber weder sonderlich befriedigt, noch erlebten sie das sonst typische Glücksgefühl.“

„Aber auch nach dem Orgasmus ist die Wirkung des Oxytocins noch nicht vorbei. Zusammen mit dem ebenfalls auf dem Höhepunkt ausgeschütteten Hormon Prolaktin sorgt es nun für die Entspannung danach und fördert das postkoitale Kuscheln.“ (Postkoital bedeutet, nach dem Geschlechtsverkehr.) Umfragen ergaben, dass manche Männer zu einer verstärkten postkoitale Müdigkeit neigen.