Wegbegleitung - Johann Kornelsen - E-Book

Wegbegleitung E-Book

Johann Kornelsen

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Beschreibung

Beratung muss sich ändern, und zwar weg von Tools und Richtigkeiten. Wir müssen lernen, die Widersprüche, Ungereimtheiten und die Komplexität der menschlichen Natur, die uns im Leben als Berater und Unternehmer begegnen, zu erklären und zu nutzen. Deshalb braucht es mehr Wegbegleitung und weniger klassische Beratung. Es ist an der Zeit, sich nachhaltig und krisensicher aufzustellen. Dieses Buch will unternehmerische Menschen dabei unterstützen: (potenzielle) Unternehmer, Selbstständige und Intrapreneure, also Pioniere und Gestalter im Angestelltenverhältnis, die bereit sind, sich begleiten zu lassen. Ebenso werden Berater inspiriert, ihre Ansätze neu zu reflektieren und anzupassen. Johann Kornelsen und seine Mitautoren zeigen, dass Wegbegleitung funktioniert - wenn man demütig statt allwissend agiert und testet, statt zu früh Einschätzungen zu verfestigen.

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Seitenzahl: 271

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Dr. Johann Kornelsen legt in diesem Buch das Ende der klassischen Unternehmensberatung dar. Diese leitet Erfolgsprinzipien für die Zukunft aus Daten der Vergangenheit ab. Diese Vorgehensweise hat in einer schnelllebigen und unberechenbaren VUKA-Welt nicht länger Bestand. Zudem fördert die exponentiell wachsende Digitalisierung die Demokratisierung der Information und schmälert somit die Alleinstellungsmerkmale des Consultings. Wer dennoch auf althergebrachte Methoden setzt, vergibt lukrative Aufträge an Platzhirsche mit entsprechender Reputation und muss sich die Frage stellen, ob die Budgets noch zeitgemäß investiert werden.

Dr. Kornelsen plädiert für einen anderen Weg. Da Außenseiter mit Standardlösungen für das Unternehmenswachstum keine Legitimation mehr haben, fordert er die Entwicklung der Führungskräfte im Unternehmen. Die Identität des Unternehmensberaters unterliegt damit einer Transformation. Er ist nicht länger der Know-how-Träger, der einfliegt und Spezialwissen skaliert, ohne sich näher mit dem Unternehmen zu befassen. Der Wegbegleiter – die neue Rolle des Consultants – erarbeitet die Lösungen gemeinsam mit dem Klienten. Das Spannungsfeld: Der Berater kommt ergebnisoffen zum Kunden, stellt sich unter die Last und investiert Herzblut – auf Neudeutsch „Skin in the Game".

Hier wird die Essenz des Buches deutlich. Warum sollte ein Mandant einen Berater engagieren, der nicht im Vorfeld die Lösungsansätze oder zumindest den Prozessablauf skizzieren kann? Die Antwort liegt in der Persönlichkeit des Wegbegleiters. Dieser werden viele Seiten gewidmet und ein anspruchsvolles Profil erscheint. Zu anspruchsvoll? Nein, denn eine Reihe von Fallbeispielen bereichert das Buch. Sie zeigen, dass sich eine herbeigesehnte Theorie bei ausgewählten Unternehmen bereits in Praxis verwandelt hat.

Ich kenne Johann seit vielen Jahren, aus seiner Anfangszeit als Unternehmer, Investor, Initiator von Netzwerken und als Wegbegleiter. Persönlich habe ich mit vielen Führungskräften, Inhabern und selbständigen Unternehmern gesprochen, die von ihm begleitet wurden. Sie kamen in dreistelliger Zahl zu internationalen Netzwerktreffen und berichteten von den Hilfestellungen, die ihre Unternehmen zum Erfolg führten. Anfangs war ich für Johann Mentor. Im Laufe der Jahre hat sich die Beziehung zu einem Inverse-Mentorship entwickelt, von dem ich genauso viel, wenn nicht mehr, profitiere.

Vincent G.A. Zeylmans van Emmichoven Buch-Autor, Arbeitsmarkt-Experte, Outplacement-Berater

Nach zähen Jahren als Jungunternehmer kann ich mich mittlerweile auf den Aufbau anderer Unternehmen im Rahmen unserer Unternehmensgruppe konzentrieren – vor allem auf die Vision. Das war vor fünf Jahren noch unvorstellbar. Dabei half und hilft mir Johann und ein exzellentes Führungsteam, das Johann mit aufgebaut hat. Johann hat sich so mit unseren Unternehmen identifiziert und dafür gekämpft, als wären es seine eigenen.

Bis heute beeindruckt mich seine Vorgehensweise als Wegbegleiter. Diese war immer auf mich zugeschnitten und nach meinen Bedürfnissen ausgerichtet. Oft habe ich seine Ideen und Pläne auch verworfen und Johann ist dennoch immer auf mich eingegangen und hat sich niemals auf den Schlips getreten gefühlt.

Ich freue mich, dass er seine Vorgehensweise jetzt als Buch veröffentlicht, und hoffe, dass die wertvollen Impulse für noch mehr Unternehmer und Unternehmerinnen eine Hilfe zum erwünschten Durchbruch werden!

Viktor Schwenke, Gesellschafter der SCHWENKE Group und Immobilieninvestor

Dr. Johann Kornelsens Herz schlägt für Entrepreneure. Wenn du dazugehörst, findest du in diesem Buch einen ganzen Werkzeugkasten an Prinzipien, die du direkt in deinem Berufsleben anwenden kannst, um dich erfolgreich weiterzuentwickeln.

Jede Person hat die Chance, im Leben etwas Großartiges zu erreichen. Dieses Buch liefert praktische Ansätze für die aktuellen Herausforderungen und inspiriert und motiviert dazu, sich nach dem Großartigen auszustrecken.

Paul Schmidt,

Gesellschafter der Exklusiv Wohnbau Gruppe und Immobilieninvestor

In einer Welt, in der quasi alle Informationen, Ressourcen und Kunden für jeden erreichbar sind, sich aber auch ständig verändern, kommt es immer mehr darauf an, die passenden Strategien, Geschäftsmodelle und Partner zu wählen.

Ein Wegbegleiter ist solch ein Partner, der mich als Unternehmer auf diesem Weg ermutigt, reflektiert und herausfordert. Der sich zu 100 Prozent auf meine Ziele fokussiert und mir hilft, sie zu erreichen. Der mit mir durch dick und dünn geht und mich unterstützt, damit meine Vision zur Wirklichkeit wird.

Ich freue mich, dass Johann seine Erfahrungen und sein Modell einem breiteren Publikum durch sein Buch zugänglich macht. Wir träumen gemeinsam von mutigen, optimistischen und erfolgreichen Unternehmern, welche die Welt ein Stückchen besser machen.

Titus Lindl,

Serial Entrepreneur und Business Angel

INHALT

Für wen wurde das Buch geschrieben?

Worum geht es in diesem Buch?

Die Basics

Eine (unheilvolle) Welt der Berater?

Das klassische Beratungsmodell – „Fundamantally Broken"?

Die Welt, in der wir heute leben

Wegbegleitung als Alternative zur klassischen Beratung

Das Konzept

Grundprinzipien einer Wegbegleitung

Anforderungen an einen Wegbegleiter

Die Praxis

Wegbegleitung für Unternehmer und Selbstständige: Johann Kornelsen

Wegbegleitung für digitale Sichtbarkeit und Conversion: Paul Sidelnikow

Wegbegleitung für digitale Unternehmen: Stefanie Peters

Beispiele aus verschiedenen Branchen

Nachklang

VORWORT

FÜR WEN WURDE DIESES BUCH GESCHRIEBEN?

Dieses Buch wurde für dich geschrieben, wenn du entschieden bist, dein Leben zu gestalten, statt es nur zu verwalten. Vielleicht findest du dich in einer der folgenden Gruppen wieder:

Berater und Dienstleister, die sich und andere weiterentwickeln wollen und das Leben in der Neuzeit proaktiv gestalten wollen, krisensicherer und auf Dauer erfüllender und erfolgreicher.

Unternehmer, Selbstständige und unternehmerisch gesinnte Angestellte und Führungskräfte in jeder Branche, die nach neuen Möglichkeiten suchen, um sich und ihr Unternehmen weiterzuentwickeln.

Menschen ...

... denen Gestaltungsfreiheit und Raum für Selbstbestimmung wichtiger sind als die „Sicherheit", welche ihnen ein bestimmter Arbeitsplatz bietet.

... die nicht bereit sind, ihr Potenzial brach liegen zu lassen, nur um ein scheinbar sicheres Einkommen zu erhalten. Das ist kein guter Deal für sie.

... die dafür bekannt sind, Probleme proaktiv anzusprechen und etwas zu UNTERNEHMEN, um das Problem zu lösen, bevor sie jemand danach fragt.

... denen wirtschaftlicher Erfolg nicht mehr ausreicht und die etwas Sinnvolles gestalten wollen.

Dieses Buch ist für alle die geschrieben, die neue Ansätze für die Entwicklung und Begleitung von anderen Menschen suchen – und für all die unternehmerischen Persönlichkeiten, die noch auf persönliche und unternehmerische Entwicklung verzichten, weil sie Berater bisher als Schwätzer und Theoretiker empfunden haben. Ich lade dich ein, in diesem Buch neue Perspektiven zu entdecken!

WORUM GEHT ES IN DIESEM BUCH?

Unternehmer, Selbstständige, Gründer und Führungskräfte, aber auch Privatpersonen sind heutzutage auf unterschiedliche Arten abhängig von Beratern. Anders können wir der Komplexität des Lebens insbesondere in wissensintensiven Bereichen kaum noch gerecht werden, geschweige denn kluge Entscheidungen treffen. Ein paar Beispiele gefällig? Da gibt es Organisationsberatung, Gründungsberatung, Führungsberatung, Steuerberatung, Finanzberatung, Stil- und Farbberatung, Persönlichkeitsberatung, Konfliktberatung, Bewerbungsberatung, Beratung im Bereich des Online-Marketings und in vielen Bereichen mehr. Die echten oder scheinbaren Experten helfen dabei, Herausforderungen zu bewältigen und Entwicklungsstagnation zu überwinden – und zwar im besten Fall, bevor das Leben und damit verbundener Schmerz dazu zwingt.

Auch wenn es beim Durchschnittsbürger häufig noch an der Bereitschaft fehlt, für derartige Dienstleistungen Geld zu bezahlen, ist es für zahlreiche Unternehmer und Führungskräfte längst selbstverständlich, große Summen für Beratung auszugeben. Die Preise dafür bewegen sich zwischen 60 und mehreren Hundert Euro pro Stunde. Und häufig geschieht die Beratung zurecht: Kein Mensch ist ja mehr in der Lage, sich in jeden komplexen Lebensbereich einzuarbeiten. Ein Berater dagegen hat oft schon tausende Stunden mit einer Herausforderung verbracht und kann aus diesem Fundus schöpfen, um kostspielige Fehlentscheidungen zu vermeiden. Gut nachvollziehbar, dass Prof. Günter Faltin in seinem Standardwerk „Wir sind das Kapital" dafür wirbt, Unternehmen als unternehmerische Wertschöpfungssysteme auf der Basis eines Unterstützungsnetzwerks von Experten und Beratern zu gestalten, um deren Spezialisierungs-Know-how effizient zu nutzen. Verständlicherweise zahlt man hier die relativ hohen Stundensätze nicht für die direkte Arbeitszeit des Beraters, sondern für die Essenz der vielen Stunden, die er mit Weiterbildung verbracht und während derer er Erfahrung gesammelt hat Jeder macht das, was er am besten kann, und kann davon gut leben.

Doch die Kritik an der klassischen Beratung wächst. Es wird von Täuschung gesprochen und von Abhängigkeiten, die zu vermeiden sind. Ich kann diese Kritik nach über zehn Jahren als klassischer und alternativer Berater durchaus nachvollziehen. Obwohl ich durch gute Beratung in verschiedenen Bereichen viel Geld gespart und Ziele besser erreicht habe als alleine, weiß ich aus eigener Erfahrung, dass Beratung auch ihre Grenzen hat. Ich habe auf verschiedensten Ebenen beraten. Im Ehrenamt, kostenlos für Freunde, in Konzernen, mittelständischen und Großunternehmen, aber auch bei einzelnen Selbstständigen. Dabei habe ich meine Leidenschaft für Unternehmertum, Führung und Persönlichkeits- und Organisationsentwicklung zum Beruf gemacht Doch auf Dauer wurde der Idealist in mir enttäuscht. Manche Menschen lassen sich nur kurzfristig helfen und wenn der erste Schmerz gelindert wurde, brechen sie die Beratung ab und landen am Ende wieder beim ursprünglichen Problem. Die Entwicklung stagniert und im Zweifel war es dann die Beratung, die „schuld" an der Misere ist Hochtalentierte Menschen schöpfen ihr Potenzial nicht aus, weil sie Beratung als Hilfsangebot nicht in eine längerfristige Perspektive einordnen können. Hinzu kam noch die Enttäuschung über den eigenen Berufsstand, der verkürzte und kurzfristige Lösungen anbietet, die lediglich dem eigenen Einkommen dienen, jedoch nicht dem Kunden, geschweige denn dessen Unabhängigkeit als Ziel anstreben. Ganz zu schweigen von Ansätzen, die der VUKA-Welt nicht mehr gerecht werden, verbunden mit der Einstellung „nach mir die Sintflut". Das war nicht zufriedenstellend für mich.

UNTERNEHMERTUM, ENTWICKLUNG UND WACHSTUM HÄNGEN FÜR MICH UNMITTELBAR ZUSAMMEN

Meine Geschichte als „Wegbegleiter"-Berater fängt damit an, dass ich selbst. Unternehmer wurde. Im Jahr 2007 habe ich mein erstes Unternehmen gegründet. Ein denkbar schlechter Zeitpunkt, als 26-Jähriger in die Weltwirtschaftskrise zu laufen. Ich weiß seitdem, was es heißt, schlaflose Nächte zu haben und zu bewältigen. Damals musste ich Gehälter halbieren oder massive Einbußen in Kauf nehmen. Das war sehr emotional. Aber ich habe die Krise mit Hilfe von Mentoren und Begleitern erfolgreich gemeistert und die Firma auf 20 Mitarbeiter ausgebaut und zu einem erfolgreichen, unabhängigen Unternehmen gemacht – zu einem System, das mir Freiräume gab, um weiter an anderen Themen zu arbeiten. Als selbstständiger Headhunter, Berater, Dozent und Investor lernte ich mich selbst immer besser kennen. Für einen echten Hands-on-Unternehmer war ich zu kopf- und theorielastig. Ich liebe es zu lernen und wenn ich nicht ein Buch pro Woche lese, fühle ich mich schlecht. Für einen Wissenschaftler war ich wiederum zu pragmatisch und unternehmerisch. Lange Schreibphasen laugen mich aus und immer wieder die gleichen Vorlesungen zu halten, ist auch nicht das Richtige für mich.

So entschied ich mich, Unternehmer zu begleiten. Auf eine Art und Weise, die echten Unternehmern entspricht, wissenschaftlich fundiert ist, aber immer praxis- und beziehungsorientiert bleibt. Die Enge in größeren Strukturen oder die politischen Spiele zwischen den verschiedenen Führungsebenen sind nichts für mich.

Heute bin ich überzeugt, dass die klassische Beratung – unter bestimmten Umständen – nicht zum Wohle, sondern zum Schaden des Klienten ist. Solche Beratung kann Unmengen an Geld verschlingen und wenig bringen und sogar zu einer Abhängigkeit und Verschlechterung der Zukunftsperspektive des Klienten führen.

Eine neue Beratung für eine neue Zeit

Mit diesem Buch möchte ich unternehmerischen Menschen neue Perspektiven auf das Thema Beratung eröffnen. Den Begriff „unternehmerisch" möchte ich bewusst nicht auf den typischen „Unternehmer" beschränken. Es geht um (potenzielle) Unternehmer, Selbstständige und Intrapreneure, also Pioniere und Gestalter im Angestelltenverhältnis, die sich nachhaltig und krisensicher entwickeln wollen. Ebenso möchte ich Berater inspirieren, ihre Ansätze neu zu reflektieren und anzupassen. Das ist in der aktuellen wirtschaftlichen Lage von besonderer Bedeutung. Ich liebe Wachstum, wenn Dinge sich entwickeln und sichtbaren Einfluss gewinnen. Aber gerade Krisen zeigen, dass man als Unternehmer und Selbstständiger zuallererst so aufgestellt sein sollte, dass man auch Krisen überlebt, um danach weiter mitspielen zu können. Nichtsdestotrotz: Unternehmertum, Entwicklung und Wachstum hängen für mich unmittelbar zusammen. Unternehmer kombinieren Ressourcen auf eine kreative und schöpferische Art und Weise, sodass Neues entsteht. Sie machen praktisch aus Mist Gold. Noch schöner ist, dass durch echte Intra- und Entrepreneurship gesellschaftliche Probleme gelöst werden können und Wohlstand sowie lebenswerte Arbeitsplätze für Mitarbeiter entstehen. Deshalb ist es meine große Leidenschaft, mehr Menschen dazu zu bewegen, sich dauerhaft auf die Reise als Unternehmer zu machen.

Dieses Buch ist nicht vor allem auf der Basis von Literatur und systematischer Forschung entstanden, sondern ist das Ergebnis von langfristigen Beratungsprojekten als Wegbegleiter für Unternehmer in verschiedenen Branchen, mit verschiedenen Typen von Unternehmern und Selbstständigen, begleitet von über 50 Büchern, die ich jedes Jahr lese, immer angeregt von den Themen meiner Kunden. Das, was ich berichte, funktioniert also in erster Linie und ist zusätzlich wissenschaftlich reflektiert. Was funktioniert, ist wahr! Doch was für den einen funktioniert, funktioniert nicht automatisch für den anderen. Und genau deshalb ist die schablonenartige und benchmarkorientierte klassische Beratung der heutigen Wirtschaftswelt nicht mehr gewachsen.

Vielleicht ist mein Ansatz für den ein oder anderen Berater nur alter Wein in neuen Schläuchen, weil sie ihn unbewusst schon längst leben. Dann möge dieses Buch dabei helfen, dieses Vorgehen nachvollziehbar in einen Rahmen und Worte zu fassen, damit die Community daran weiterarbeiten kann. Aber so lange Professionalität von Beratern noch regelmäßig daran gemessen wird, dass sie für alles „Tools" haben, sich unnatürlich distanziert gegenüber ihren Klienten verhalten oder eigentlich nur smarte Junioren „hochpreisig" verkauft werden und die Arbeit machen, so lange ist es nötig, Alternativen zum Wohle des Kunden zu diskutieren. So lange in PowerPoint dokumentierende und lebende Beraterkollegen ihresgleichen abfällig beurteilen, weil die „falschen" Stiftfarben für die Flipchart verwendet werden – so lange gibt es eine Berechtigung, das Thema Beratung neu zu denken!

ES WIRD ZEIT FÜR MEHR MENSCHLICHKEIT UND ORGANISCHE BERATUNG

Es wird Zeit für Wegbegleitung und damit mehr Menschlichkeit und organische Begleitung – weil es dem Kunden und dem Berater guttut und die menschliche Natur würdigt. Ich hoffe, dass sich nachvollziehbar distanzierte und skeptische Selbstständige, Unternehmer und Privatpersonen aufgrund der Darstellungen für alternative Beratungsansätze öffnen. Jeder von ihnen kann dauerhaft von Beratung profitieren, ohne über den Tisch gezogen zu werden oder in Abhängigkeit zu geraten. Es geht um den dauerhaften selbstständigen Erfolg und eine Transformation von unternehmerischen Menschen und ihren Organisationen.

Das Buch beschreibt eine neue Art der Beratung, welche Unternehmen langfristig „antifragil" – also anpassungsfähig unter allen Umständen – macht, egal, welche Krisen noch kommen. Es liefert eine Landkarte und Orientierung, mithilfe derer man sich mit und ohne Wegbegleiter auf die Reise in die erfolgreiche Zukunft machen kann. Die geschilderten Denk- und Handlungsansätze sind konkret genug, um darauf aufbauend eigene Schritte zu gehen. Ich kann und will nicht verhehlen, dass ich davon träume, dass „Wegbegleitung" sich als eigenständiger Ansatz in der Beratungswelt etabliert und eine Plattform entsteht, auf der sich gleichgesinnte Berater präsentieren und austauschen können.

Was dich erwartet

Im ersten Teil des Buches („Die Basics") analysiere ich die Problematik und Schwächen der klassischen Beratung in der heutigen Welt, um zu zeigen, warum ein neuer Beratungsansatz notwendig ist, um Menschen und Unternehmen erfolgreich durch eine VUKA-Welt zu begleiten.

Im zweiten Teil („Das Konzept") entdecken wir, welche Haltungen und Kompetenzen jemand mitbringen oder entwickeln muss, um sich zum Wegbegleiter zu entwickeln. Dieser Abschnitt beschreibt detailliert, wie mein Ansatz von Wegbegleitung funktioniert. Dabei lade ich dich ein, die typische Reise eines Unternehmers mitzuerleben, der sich mit meiner Begleitung bis zum optimalen Zustand entwickelt.

Im dritten Teil („Die Praxis") kommen andere Berater aus verschiedenen Bereichen wie Online-Agentur, IT-Beratung oder Consulting für angestellte Führungskräfte zu Wort. Sie beschreiben ihren persönlichen Ansatz für eine begleitende und transformative Beratung. Dadurch hoffe ich, dass dein Blick für zusätzliche Beratungsbereiche geöffnet und du inspiriert wirst, dich selbst auf den Weg zu machen und dein Geschäftsmodell zu überdenken.

Eine Wegbegleitung folgt zwar einem groben Rahmen und arbeitet mit Roadmaps, ist aber gleichzeitig persönlich, mal tief, mal flacher. Mal passieren Katastrophen, mal feiert man eine ganze Weile. Das zeigt sich auch in der Gestaltung und dem Aufbau dieses Buches. Aussagen, die irritierend oder umstritten sein mögen, gehören dazu, ebenso wie Persönlichkeiten mit Format. Ecken und Kanten gehören zum Leben und finden sich auch in diesem Buch wieder. So wirst du Bereiche mit hilfreichen theoretischen Impulsen oder kurze Einführungen zu bewährten Tools entdecken. Ruhige, einheitliche Phasen werden von bunten Seiten unterbrochen. Es gibt einen roten Faden, aber keine erkennbaren Muster. Viel Spaß und Inspiration auf dieser Entdeckungsreise!

DIE BASICS

EINE (UNHEILVOLLE) WELT DER BERATER?

Die Umwelten für Unternehmen sind in den letzten Jahrzehnten durch Globalisierung und Technologisierung turbulenter geworden. Es ist nachvollziehbar, dass Menschen und Unternehmen in einer VUKA-Welt Begleitung und Beratung von Experten brauchen. Das Akronym VUKA steht für die Begriffe Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität. Die Welt ist geprägt von immer höherer Geschwindigkeit. Dabei werden Umfang und Dynamik von Veränderungen größer und auch die Schwankungen werden immer extremer. Es ist für Führungskräfte immer schwerer, Vorhersagen in Bezug auf bestimmte Trends und Ereignisse zu treffen, und man wird immer wieder von Neuem überrascht, was aus dem Nichts zu kommen scheint Auch einfache Ursache-Wirkungs-Ketten sind nicht mehr klar zu erkennen. Man hat immer mehr Handlungsmöglichkeiten und gleichzeitig lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, welcher Weg zum Erfolg führt. Möglicherweise ja auch mehrere? Vielleicht erfahre ich auch nie, ob meine gewählte Variante die Bestmögliche war.

Kommt dir das bekannt vor? Hast du auch den Eindruck, dass man jede Information auf mehreren Wegen interpretieren kann und es scheinbar keine Eindeutigkeit und Klarheit mehr gibt? Das wäre verständlich, so geht es vielen von uns. Und hier schlägt (berechtigterweise) die Stunde der Berater, der Problemloser, der Experten. Life-Coaches helfen dabei, uns darüber klar zu werden, was wir selbst eigentlich wollen. Finanzberater zeigen uns den Weg durch den Dschungel der Steuern, Anlagemöglichkeiten und Ausnahmeregelungen, und Strategieberater navigieren unsere Unternehmen in vielversprechende „strategische Lücken". Alle meinen es gut – und doch mehren sich Zweifel am Nutzen der Zunft.

Der streitbare Philosoph und ehemalige Wall-Street-Trader Nassim Taleb hat mit seinen Büchern in den letzten Jahren den Finger in die Wunde gelegt und überzeugend dargestellt, dass uns eine Forecast-Gläubigkeit nicht mehr weiterhilft Es sei eine Illusion zu glauben, dass unsere detaillierten Zahlenreihen und Vorhersagen uns noch helfen können. Irren sich schließlich unsere Markt-Orakel regelmäßig und sollten froh sein, dass sich niemand mehr erinnert, dass sie über die letzten Jahre meist danebenlagen. So haben auch das Jahr 2020 und die Corona-Krise deutlich gezeigt, wie solch ein „Black Swan" – ein Ereignis, das die Welt weder vorhergesehen noch erwartet hat – die Welt auf den Kopf stellen kann, ohne dass wir darauf vorbereitet sind.

Und dann kommen eben diese Berater ins Spiel und nutzen die Unsicherheit und Uneindeutigkeiten aus, um mit ihren konkreten Prognosen und Lösungen ihren Unterhalt zu verdienen. Denke ich zum Beispiel an die Welt der Online-Marketer, so können viele gar nicht nachweisen, dass ihre Maßnahmen etwas bringen, dennoch berechnen sie Monat für Monat satte Beträge an ihre überforderten Kunden. Und ich sage es gerne noch einmal – es geht nicht darum, dass wir diese Art der Beratung nicht generell brauchen. Es geht darum, mit welcher Haltung und welchen Ansätzen hier agiert wird, und um die Frage, ob diese der Komplexität der heutigen Welt gerecht werden.

Während die Umsätze der Beratungsunternehmen in Deutschland mittlerweile auf mehr als 30 Milliarden Euro angewachsen sind, wird oft nicht mehr hinterfragt, welchen Nutzen traditionelle Beratung wirklich bringt

DAS KLASSISCHE BERATUNGSMODELL - „FUNDAMENTALLY BROKEN“?

Der Psychologe Markus Väth hat im Juni einen beachtenswerten Artikel im Magazin managerSeminare veröffentlicht. Die Kernaussage des Artikels: Laut Väth ist das klassische Beratungsmodell im Kern „fundamentally broken". Mit dem klassischen Ansatz von entwickelten Tools wird rational analysiert, Lösungsszenarien werden entworfen und – natürlich – wird viel Hilfe bei der Umsetzung durch vorrangig Hochschulabsolventen angeboten. Väth führt einige zentrale Punkte an, die sehr nachdenklich stimmen und die klassische Beratung kritisch hinterfragen:

Benchmarking

Unternehmer haben das Urbedürfnis, sich mit anderen Wettbewerbern zu vergleichen. Daher bieten Berater sehr gern ihre Analyse-Tools und Blaupausen als Lösung an. Das Problem ist jedoch, dass diese Betrachtungen rückwärtsgewandt sind und in einer VUKA-Welt häufig nicht mehr helfen.

Was, wenn die meisten Wettbewerber momentan einen zentralen Fehler machen? Noch problematischer ist der Tunnelblick, der entsteht, wenn man sich an den Blaupausen orientiert und offensichtliche und hilfreichere Lösungen außerhalb des Allgemeinen übersieht. Nicht zuletzt sagt ein erfolgreicher Benchmark in einer bestimmten Dimension nichts darüber aus, wie der Erfolg entstanden ist, denn die Ursachen bleiben oft unterbelichtet und sind bei jedem Unternehmen sehr vielfältig.

Verhinderung von organisationalem Lernen

Unternehmer holen Berater häufig an Bord, um eine schnelle und risikolose Lösung für ein Problem zu erreichen. Dabei riskieren sie langfristig zu verlernen, ihre Probleme mit eigenen Ressourcen zu lösen. Wer auf lange Sicht erfolgreich sein möchte, muss eigene Erfahrungen machen und reflektieren, wie wir aus der Erwachsenenbildung wissen.

WER DAS LÖSEN SEINER PROBLEME AUSSCHLIEßLICH AUF EXTERNE BERATER ABSCHIEBT, RISKIERT SEINE EIGENE INNOVATIONSFÄHIGKEIT

Wer das Lösen seiner Probleme ausschließlich auf externe Berater abschiebt, riskiert seine eigene Innovationsfähigkeit und langfristige Performance, so Väth. Bei diesem Argument kann ich ihm aus vollem Herzen zustimmen. Gerade in Konzernen erlebe ich oft folgendes Szenario: Inkompetente Projektleiter bauen ihre Karriere auf dem Managen von Beraterschaaren auf, machen dadurch keine eigenen Erfahrungen bei der Implementierung und hinterlassen beim Verlassen des Unternehmens eine hilflose Einheit. Dieses Team ist wieder auf teure Berater angewiesen, will es nicht in eine Katastrophe schlittern.

Richtige Lösungen für falsche Probleme

Gerade Eigentümer von Unternehmen sind fest davon überzeugt, dass sie ein Problem hervorragend erfasst haben, wenn sie einen Berater engagieren, der Spezialist in einem gewissen Bereich ist.

Doch selbst der beste Berater hilft nicht weiter, wenn die Diagnose der Ursache in einem komplexen Wirkungsgeflecht falsch ausfällt. So manchem Berater wird das egal sein und dann wird eben effizient, jedoch nicht effektiv, in Bereichen herumgedoktert, welche nicht die Ursache für das empfundene Problem sind.

Mangelnde Objektivität

Jeder Berater hat seine eigene Sicht auf die Welt und eine davon geprägte Beratungsideologie. Während Fachkompetenz und -wissen in der Akquise von Projekten hervorgehoben werden, darf man nicht davon ausgehen, dass ein Berater generell objektiv an die Sache herangeht

Gerade Jungberater, die häufig nicht einmal in Unternehmen gearbeitet haben, bringen oft ein von der Hochschule und ihrem Beratungsunternehmen geprägtes Welt- und Menschenbild mit. Aufgrund der fehlenden Lebenserfahrung ist diese Weitsicht in der Komplexität oft noch ausbaufähig. Damit sind die Jungberater nicht objektiv, sondern handeln bei ihren Empfehlungen von ihrem Weltbild her und gemäß der eigenen Beratungsideologie zu eindimensional.

Absicherung von mutlosen Führungskräften

Eine Ausgeburt, die Väth nicht nennt, die ich jedoch regelmäßig beobachte, ist die Unart, Berater für Reports und Analysen einzusetzen, die am Ende das bestätigen sollen, was eine Führungskraft bereits analysiert hat. Auf diese Weise sichert man sich nach außen ab und am Ende sind die Berater schuld, wenn eine Initiative scheitert.

DIE DEMOKRATISIERUNG VON WISSEN UND DATEN VERNICHTET BISHERIGE VORMACHTSTELLUNGEN

Wer sich doppelt absichern möchte, involviert sogar zwei Beratungsunternehmen. Dadurch hat noch kein Unternehmen langfristig etwas gelernt, sondern immer nur aufgrund mangelnder Courage einer Führungskraft viel Geld verbrannt. Diese Vorgehensweise ist kurz- und langfristig schädlich für ein Unternehmen.

Fazit: Das Ende der Beratung

Weil diese Schwächen, zumindest auf lange Sicht, nicht unbemerkt bleiben können, hat sich schon vor Jahren das Ende der klassischen Beratung angebahnt. Der renommierte Clayton M. Christensen kündigte in einem viel beachteten Artikel 2013 im Harvard Business Review die Disruption der Beratungsbranche an. Dort argumentiert Christensen, dass dieselben Mechanismen, welche durch massive Disruption für den Untergang von ganzen Branchen sorgten, nun auch die Beratungsbranche erreicht haben. Das klassische Consulting habe sich seit 100 Jahren nicht mehr verändert und werde nun durch zwei zentrale Faktoren gefährdet, die bislang die Vormachtstellung der Berater zementierten: mangelnde Transparenz (Opazität] und Agilität Es fiel und fällt Kunden sehr schwer, die Leistung eines Beratungsunternehmens im Vorfeld und auch oft im Nachgang zu beurteilen. Denn typischerweise holt man sich ja Hilfe von Experten in Bereichen, in denen man selbst Schwächen zu haben glaubt. Ob ein Beratungsprojekt erfolgreich war, ist schwer zu bewerten, weil auch externe Faktoren wie die Umsetzungsqualität des Kunden maßgeblich auf den endgültigen Erfolg einwirken. Wie selbst die Wissenschaft zeigt, müssen sich die Kunden daher auf die Marke und die Reputation eines Beratungshauses verlassen. Gerade das eloquente und allwissende – weil man vor lauter Buzzwords selbst die einfachsten Sachverhalte nicht mehr versteht – Verhalten von „geleckten" Beratern galt lange als Beweis für ihre Kompetenz. Und zweifelsohne ist diese Kaste durchsät von erfolgreichen und smarten Menschen.

Final scheint dann sogar der Preis das entscheidende Argument zu sein: Je teurer, desto besser und kompetenter muss der Berater ja sein. So kenne ich aus meiner Zeit als Personalberater das Phänomen, dass namhafte Unternehmen irgendwann auch nur noch namhafte Berater für ein Mehrfaches des Honorars engagierten, statt den besten Insider aus einer kleineren Boutique oder einen freien Berater. Die Agilität der Beratungsunternehmen war eine weitere ihrer Stärken. Sie schwangen sich über die Jahre von Trendthema zu Trendthema und waren somit – mit wenig Aufwand – immer gedanklich weiter als ihre pragmatischen und marktfokussierten Kunden, die vor lauter Tagesgeschäft zu selten vorausschauend handeln.

Doch diese beiden zentralen Faktoren erodieren massiv in der heutigen Zeit Wissen ist immer leichter verfügbar. Diese Demokratisierung von Wissen und Daten vernichtet die ehemalige Vormachtstellung der traditionellen Beratungshäuser. Kunden kaufen nicht mehr blind und anspruchslos das traditionelle Beratungsgeschäft ein, was aus vielen Junior-Beratern, ausgedehnten Analyse- und Datenaufbereitungsphasen und intransparenten Lösungsprozessen besteht.

Kleinere Beratungsunternehmen und auch ältere, erfahrene Berater bieten maßgeschneiderte Lösungen an, die zudem darauf ausgerichtet sind, dass der Kunde befähigt statt abhgängig gemacht wird. Während IT- und Prozess-Know-how mittlerweile immer selbstverständlicher auch für den Mittelstand werden, werden weiche Faktoren zu den großen Herausforderungen für Unternehmen. Wie positioniere ich mich bei uneineindeutiger Marktlage oder zahlreichen vielversprechenden Optionen? Wie führe ich eine anspruchsvolle Generation Y, die gleichermaßen unerfahren, gut ausgebildet und fordernd ist? Wie halte ich Mitarbeiter im Unternehmen, die durch die demographische Veränderung in der Gesellschaft und den Fachkräftemangel umworbener sind als je zuvor? Wie entwickle ich ansprechende Visionen für mein Unternehmen und schaffe den so beschworenen „Purpose", ohne den wohl niemand aus der jüngeren Generation mehr arbeiten möchte? Wie gehe ich mit dem Bedürfnis nach mehr Work-Life-Harmonisierung um? Wie erzeuge ich Zusammengehörigkeit im Team, wenn sich seit 2020, infolge der Corona-Krise, scheinbar keiner mehr im gemeinsamen Büro aufhalten möchte?

Gegenüber diesen Anforderungen der VUKA-Welt erscheinen die Standard-Pakete aus der klassischen Consulting-Welt eher als lächerliche Lösungen. Bei dieser massiven Anzahl an Herausforderungen und gleichzeitiger Dynamik (schnelle Veränderung) und Komplexität (viele Elemente, die sich zudem auch permanent verändern) ist man als einzelne Führungskraft häufig überfordert, und auch Berater können nicht mit Pauschalansätzen und Schablonen helfen. Denn häufig erlebt man heutzutage Emergenz – einfach formuliert: eine Situation, in der man trotz vollständiger Information über die Einzelkomponenten eines Systems und deren Wechselwirkungen nicht mehr eindeutig das Gesamtverhalten des Systems beschreiben kann. Keiner hat mehr den Durchblick und scheinbar wird sich das so schnell nicht mehr ändern. Man wird lernen müssen, damit umzugehen.

Um Orientierung durch die Gestaltung von Unternehmer- und Unternehmens-Identitäten und Organisationswerten zu schaffen, scheinen alternative Berater wie der Mönch Anselm Grün oder sonstige Einzelberater inzwischen glaubhafter als die traditionellen Beratungshäuser. Daher traut sich der schon erwähnte Nassim Taleb, die gesamte Kaste der Ökonomen und Experten als „Scharlatane" abzukanzeln, die nicht in der Lage seien, die wesentlichen Verwerfungen und Krisen der Neuzeit vorherzusagen. So seien Theorien der Wissenschaft oder Businesspläne nicht das Papier wert, auf dem sie stehen, und eher ein Instrument der Täuschung als der Hilfe. Die Wahrheit würden nur die mutigen Unternehmer kennenlernen, die „Skin in the Game" und damit die wahren Helden der Neuzeit seien. Die Zukunft sei nicht vorhersagbar, daher sei mehr Demut angebracht Das erlaubt mir im Moment nur eine Schlussfolgerung: Die Realität und der Erfolg der Unternehmer, die sich neugierig, demütig, flexibel und organisch durch die VUKA-Welt bewegen, werden zeigen, wer am Ende recht hat. Der Weg ist das Ziel. Und dabei wird das Kopfwissen der Wissenschaftler und traditionellen Berater nicht mehr groß von Nutzen sein.

DIE WELT, IN DER WIR HEUTE LEBEN

Um besser zu verstehen, wie Beratung heute aussehen soll, um Entscheidern, Selbstständigen und Unternehmern dabei zu helfen, ihre Organisation erfolgreich zu gestalten, müssen wir verstehen, in welche Richtung sich unsere Welt bewegt. Nur auf diese Weise kann man sich optimal zu positionieren. Ich möchte hier grundlegend darstellen, wie ich die Welt sehe, damit man meine Argumentationen und die Auswahl meiner Ansätze besser nachvollziehen kann. Das folgende Kapitel ordnet Führung und Organisationsentwicklung in die neue Welt ein.

Die postmoderne Organisationssicht

DIE BEGABTESTEN UNTERNEHMER SIND MACHER!

Während die meisten Berater und Coaches es lieben, über die Trends der Zeit zu philosophieren, und man die typischen Buzzwords kaum noch hören kann (ja, auch „VUKA" und „Werte" gehören selbst für mich dazu), sind die begabtesten Unternehmer eher mit einem „Macher"-Gen ausgestattet und weniger die „Schwafler", wie es manche meiner Kunden bezeichnen würden. Die erste Unternehmenskrise folgt jedoch, ironischerweise, einer erfolgreichen Macher-Phase, in der jedoch einige zentrale Vorüberlegungen ausgelassen und gewissen Dynamiken nicht vorhergesehen wurden. Grundsätzlich halte ich es daher in dieser Unternehmensphase mit der Maxime: „Eine gute Theorie ist das Praktischste, was es gibt." Einfache Prinzipien und Theorien, wie ich sie im weiteren Verlauf des Buches erläutere, ermöglichen es uns, Organisationen erfolgreich durch die heutige Zeit zu navigieren. Wenn man abstrakte Gedanken anwendbar gestalten kann, dann profitieren die Führungskräfte und ihre Organisationen davon in hohem Maße.

Ich möchte den Versuch wagen und in Kürze darstellen, wie sich die heutige Welt grundsätzlich darstellt durch das dominierende Paradigma, die Weitsicht der Mehrheit. Die heutige Gesellschaft hat für sich erkannt, dass es möglicherweise so etwas wie die reine Vernunft gar nicht mehr gibt. Stattdessen werden Emotionalität und das unbewusste Verhalten von Bürgern und Kunden in den Vordergrund gehoben. Demnach handle der Mensch eben nicht vorhersagbar und rational, sondern oft irrational und im Affekt. Auch wenn Spiritualität oder zumindest Sinnorientierung immer stärker aufblühen, sieht die Mehrheit der Gesellschaft die traditionellen Konzepte wie Gott, Moral und Religion und Wahrheit eher kritisch und lehnt tendenziell alles ab, was einen absoluten Wahrheitsanspruch hat oder den einzelnen Menschen darin einschränkt, sich sein eigenes Weltbild unbeeinflusst zu kreieren. Traditionelle Bindungen, Solidarität und auch ein allgemeines Gemeinschaftsgefühl haben eher gelitten und einer starken Individualisierung Platz gemacht. Die zentralen Kernwerte dieser heutigen Welt, die sich mitunter ins Gegenteil umkehren, je radikaler sie gefordert werden, sind Toleranz, Freiheit und Pluralismus (Meinungsvielfalt).

Positiv anzumerken ist, dass Fairness, Gleichheit, Harmonie und Entscheidungen durch Konsens Werte sind, denen sich viele Menschen verpflichtet fühlen. Auch der Individualismus (Selbstbezogenheit) der heutigen Zeit hat positive Seiten. Es geht zwar häufig um den Einzelnen und seine Erfüllung, jedoch weniger im Sinne des Maximierens der eigenen Karriere und beruflichen Erfolges. Die Sinngebung ist dabei entscheidender. So gelingt es Organisationen, durch das Leben von geteilten Werten und die klare Definition einer Unternehmensidentität sicherzustellen, dass alle Mitglieder sich verbunden fühlen und in eine gemeinsame Richtung denken.

So zumindest die Theorie: Man hat den Kunden im Blick, lebt gemeinsame Werte, bevollmächtigt die Führungskräfte und Mitarbeiter und wird dadurch „agilisiert", um sich erfolgreich in der VUKA-Welt zu behaupten. Weniger hierarchisch orientierte Organisationsstrukturen helfen dabei, sich auf Augenhöhe den Herausforderungen zu stellen und gemeinsam angemessenere Entscheidungen zu treffen. Schon an der Formulierung „angemessen" erkennt der sensibilisierte Leser das postmoderne Paradigma, denn darin gibt es kein endgültiges Richtig und Falsch. Das Standard-Vorgehen der Organisationsentwicklung in diesem Kontext besteht somit darin, Werteleitbilder einzuführen, selbstorganisierte Teams zu etablieren und Agilitätsmethoden mit den Mitarbeitern einzuüben.

WIR MÜSSEN DIE ÄNGSTE VOR DEM UNBEKANNTEN ÜBERWINDEN UND ZU EINEM INNEREN GRUNDVERTRAUEN FINDEN

Gehen wir gedanklich noch eine Stufe weiter, dann können wir durchaus erahnen, was nach der Postmoderne möglicherweise auf uns wartet. Der Mensch, der sich dieser möglichen zukünftigen Weitsicht verpflichtet fühlt, sieht sich als permanent demütiger Lernender auf dem Weg zur maximalen Entfaltung des eigenen Potenzials. Das eigene Verhalten wird an höheren Werten und inneren Maßstäben ausgerichtet und so bewegt man sich fließend und evolutionär, ohne vorhersehen zu können, wohin die Reise führt. Dabei besteht die Herausforderung darin, die inneren Ängste vor dem Unbekannten zu überwinden und zu einem inneren Grundvertrauen zu finden, was den Einzelnen dabei unterstützt, neugierig zu bleiben und fortwährend neue Fähigkeiten zu erwerben. Diese neuen Fähigkeiten ermöglichen ihm, ein erfolgreiches und erfüllendes Leben zu gestalten. Als Wegbegleiter versuche ich diese Art zu denken bereits zu etablieren und mit meinen Kunden zu trainieren.

Frederic Laloux, ein ehemaliger McKinsey-Berater, hat die Organisationsforschung an dieser Stelle stark geprägt. Seinen Untersuchungen zufolge zeichnen drei Faktoren eine entwicklungsorientierte Organisation aus: 1. Selbstführung, 2. Evolutionärer Sinn, 3. Ganzheit Das bedeutet zuerst, dass evolutionäre Konzepte der Organisationsführung vollständig ohne Hierarchie funktionieren (sollen). Dabei wird nicht etwa eine lähmende Konsensfindung angewandt, wie man vielleicht erwarten würde, wenn es um Zusammenarbeit auf Augenhöhe geht Stattdessen entscheiden alle Mitglieder der Organisation selbst, solange sie sich zuerst den Rat der Experten in der jeweiligen Angelegenheit und derjenigen Personen, die von der Entscheidung betroffen sind, einholen. Das funktioniert natürlich nur, wenn alle Mitarbeiter Zugang zu allen Informationen im Unternehmen haben, die eine fundierte Entscheidung erfordern.