Welcome to The Vineyards - Bianka Kitzke - E-Book

Welcome to The Vineyards E-Book

Bianka Kitzke

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Beschreibung

Nach ihrer gescheiterten Ehe zieht sich die ehrgeizige und erfolgreiche Geschäftsfrau Taliah in ihr kleines Bed & Breakfast zurück. Als der französische Winzer Pierre Dubois dort auftaucht knistert es sofort zwischen den beiden, doch zu Pierres Leidwesen interessiert sich Taliah überhaupt nicht für seine Leidenschaft - den Wein! Und Taliah möchte eines auf keinen Fall - sich erneut in einen Mann verlieben der ihr früher oder später das herz brechen wird.

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Seitenzahl: 216

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Impressum

Texte: ©2022 Copyright by Bianka KitzkeUmschlaggestaltung: ©2022 Copyright by Bianka Kitzke

Cover:©2022 Canva

Verlag: Bianka Kitzke

Blumenstrasse 26D- 75056 Sulzfeld

Vertrieb: epubli – ein Service der neopubli GmbH

Berlin

Widmung

Für Papa

Weinberge waren deine Leidenschaft

Kapitel 1

Wie immer um kurz vor 21 Uhr checke ich die Gästeliste und notiere, was ich morgen alles einkaufen muss, wenn die neuen Gäste eintreffen. Die Zimmer habe ich bereits fertig und im Moment sind sechs von den insgesamt zehn Zimmern bewohnt. Was ein gutes Zeichen ist. Vor zwei Jahren, direkt nach meiner Scheidung, habe ich mir meinen Traum von der Selbstständigkeit erfüllt. Ich eröffnete das Bed & Breakfast in Vineburg, einem kleinen Ort südöstlich von der Stadt Sonoma, die an der Bucht zu San Pablo liegt und einen wunderschönen Sonnenuntergang hat.

Schon während meiner Ehe habe ich den Traum von einem Café oder einem kleinen Hotel gehabt. Doch mein Ex hat mich immer für verrückt erklärt, wenn ich damit angefangen habe. Für ihn war es sinnlos und nicht akzeptabel, das seine Frau sich selbstständig macht und dadurch vielleicht erfolgreicher und angesehener sein könnte als er.

„Wozu willst du arbeiten gehen? Hast du zu Hause nicht genug zu tun?“

„Ich sitze den ganzen Tag allein hier und weiß nicht, was ich als Nächstes machen soll. Wo ist dein Problem, das ich mich selbstständig machen will?“

„Mein Problem liegt daran, dass du das Geld zum Fenster hinaus wirfst mit deiner Schnapsidee. Wenn du unbedingt arbeiten willst, dann such dir einen Job in einem Hotel. Aber nerve mich nicht mehr mit diesem Blödsinn“.

„Immer nerve ich dich. Nie gehst du auf mich oder meine Wünsche ein“.

„Weil deine Wünsche Hirngespinste sind“.

Ich war zwanzig Jahre alt, als ich Gary in einem Hotel in San Francisco kennengelernt habe. Seine Firma hatte eine Tagung und wohnte ein paar Tage in dem Hotel, in dem ich arbeitete. Und in dieser Zeit - gerade fertig mit meiner Ausbildung stürzte ich in das Abenteuer die große Liebe. Wenige Monate nach unserem Kennenlernen habe ich schon den Heiratsantrag bekommen und Ja! gesagt. Kurze Zeit später kamen nach und nach unsere Kinder Mark, Emily und Robert zur Welt und Gary meinte, ich sollte zu Hause bleiben. Doch jetzt sind sie erwachsen und brauchen ihre Mom nur noch ganz selten.

„Du verstehst einfach nicht, dass es schon immer ein Traum war, ein eigenes kleines Hotel zu haben. Warum unterstützt du mich nicht?“

„Hör jetzt auf. Du hättest doch direkt nach deiner Ausbildung ...“

„Nach meiner Ausbildung? Ist das echt dein Ernst?“

So haben unsere Streitereien angefangen und endeten damit, dass einer von uns im Gästezimmer geschlafen hat und tagelang Funkstille war.

Natürlich hatten wir auch schöne Zeiten.

Spontane Liebesurlaube übers Wochenende oder einfach nur mal Zeit für uns waren ein Muss bei Gary. Und wir hatten Glück, dass meine Eltern dann die Kinder nahmen.

„Eine Ehe braucht Abwechslung, sonst schläft sie irgendwann ein“ hat er immer gesagt und er hat recht gehabt. Gary und ich waren ein Dream-Team. Wir ergänzten uns in allen Lebenslagen. Doch dann veränderte sich unser Alltag, unsere Streitereien fingen an. Wir gingen nicht mehr den gleichen Weg und zogen auch nicht mehr am gleichen Strang. Unsere Ehe ist eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht.

Kurze Zeit später habe ich nach fünfundzwanzig Jahren Ehe die Scheidung eingereicht und bin nach Vineburg gezogen, während Gary in Sonoma geblieben ist. Durch Zufall habe ich erfahren, dass die Besitzer des Vineburg Bed & Breakfast aus Altersgründen ihr Lebenswerk aufgeben. Ohne lange zu überlegen habe ich direkt zugeschlagen. In mühevoller Arbeit habe ich da Bed & Breakfast in ein kleines Schmuckstück verwandelt.

Ich bin gerade fertig mit meiner Liste, als die Tür des B&B aufgeht und ein Mann mit Hut und Trenchcoat hereinkommt. Er ist groß, etwas älter und braun gebrannt.

„Hallo“ sagt er mit einer tiefen Stimme und mir läuft direkt ein Schauer über den Rücken. Wow! Was für eine Stimme. Kräftig und rau. - „Ich hoffe, ich komme nicht zu spät“.

„Guten Abend. Ganz und gar nicht. Mein Name ist Taliah Stone, ich bin die Besitzerin des Bed & Breakfast“.

„Taliah! Ein sehr schöner Name. Hört man selten“.

„Vielen Dank. Haben Sie reserviert?“

„Ja. Mein Name ist Pierre Dubois“. Sein Englisch ist perfekt, wobei er einen leichten französischen Akzent nicht verbergen kann. - „Ich hatte angerufen“, fügt er hinzu, als er sieht, wie ich meinen Kalender studiere.

„Ich erinnere mich und hier steht es auch schon. Pierre Dubois. Einzelzimmer für mehrere Tage. Freut mich, dass Sie sich für mein B&B entschieden haben“, lächle ich und greife nach dem Check in Vordruck, den die Gäste beim Einchecken erhalten.

„Wenn Sie doch bitte so nett sind und das Formblatt für die Unterkunft ausfüllen würden. Es ist eine rein formelle Sache und lediglich für meine Unterlagen“.

„Aber sicher doch“, antwortet er, als ich ihm das Dokument und einen Stift reiche. Neugierig beobachte ich Monsieur Dubois dabei, wie er das Blatt Papier auf dem Klemmbrett durchliest und seine Angaben macht.

Ich spüre seinen Blick in meinem Rücken, als ich den Zimmerschlüssel vom Board nehme und begegne diesem direkt, als ich mich umdrehe. Grinsend wendet er sich wieder dem Nachweis zu, während mir ein Kribbeln durch den Körper huscht. Er hat echt schöne Augen und ich habe plötzlich das Gefühl, das er mir damit direkt in die Seele schaut.

„So, das hätten wir. Bitte schön“. Er reicht mir lächelnd das ausgefüllte Dokument und beim Blick auf das Formular sehe ich, dass er eine sehr elegante, saubere Handschrift hat.

„Hier entlang Monsieur Dubois“, sage ich auf Französisch zu ihm, laufe an ihm vorbei und rieche sein sündhaft teures Eau de Cologne.

„Oh! Sie sprechen französisch?“

„Ein wenig. Als ich mich damals entschlossen habe, dieses Bed & Breakfast zu eröffnen, wollte ich so viele Sprachen wie möglich lernen“, lächle ich und drücke auf den Knopf des Fahrstuhls. - „Also hab ich mir eine dieser Sprachapps heruntergeladen und angefangen, Französisch zu lernen. Für mehr hat es dann leider nicht mehr gereicht“, als sich auch schon die Tür mit einem Ping öffnet.

„Nach Ihnen Monsieur Dubois“.

„Oh, bitte nennen Sie mich Pierre“, sagt er, als wir in den Fahrstuhl steigen und sich die Tür hinter uns schließt. Sein Blick ruht auf mir und ich wage es kaum zu atmen. Zum ersten Mal seit meiner Scheidung nehme ich einen Mann wieder richtig war und irgendwie habe ich das Gefühl, die Luft zwischen uns knistert. Aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein. Nur weil ein Mann mich mal länger ansieht heißt das noch gar nichts.

Die Tür öffnet sich und ich verlasse fast fluchtartig die Kabine. Oh mein Gott, was stimmt denn nicht mit mir? Siebenundzwanzig Jahre ist es her, dass ich mich von einem gut aussehenden Mann angezogen gefühlt habe. Damals hab ich mich von meinen Gefühlen überwältigen lassen und nicht mehr nachgedacht. Den gleichen Fehler werde ich definitiv nicht mehr machen. Hätte ich besser auf meine Chefin gehört, die mir sagte: „Taliah, drum prüfe, wer sich ewig bindet und ob sich nicht was Besseres findet“.

„So, da sind wir. Zimmer Nummer vier“, stecke den Schlüssel in das Schloss und öffne schwungvoll die Tür. Dass sie nicht gegen die Wand geknallt ist, grenzt fast an ein Wunder.

Das Zimmer ist groß und freundlich eingerichtet. Dunkler Holzfußboden, helle Wände und moderne Möbel machen das Zimmer zu einer Wohlfühloase. Im vorderen Bereich steht eine kleine Couch mit einem Tisch gegenüber von einer Kommode, auf der das Telefon und der Fernseher seinen Platz gefunden haben. Der hintere Teil des Zimmers wird von dem großen Boxspringbett eingenommen, das direkt unter dem Fenster steht. Links davon befindet sich das Tageslichtbad mit Dusche und WC.

„Das Zimmer verfügt über Kabelfernsehen, Badezimmer und Telefon. Sie erreichen die Rezeption bis einundzwanzig Uhr. Frühstück gibt es von sieben Uhr bis neun Uhr, Abendessen von siebzehn Uhr bis neunzehn Uhr. Wenn Sie möchten, können Sie auch gern einen Schlüssel haben, falls Sie mal später als einundzwanzig Uhr zurückkommen“.

„Wow! Haben Sie das auswendig gelernt oder variiert ihre Ansage“, lacht er, als er seinen Mantel auszieht und locker über einen der Sessel legt. Ohne es zu wollen, beobachte ich ihn dabei, wie er die Ärmel seines Hemdes hochkrempelt und das Hemd dabei über seiner Brust spannt, die etwas breiter und leicht muskulös ist. Und er hat einen kleinen Bauchansatz, was ihn nicht gerade unattraktiv macht.

„Hmm?“

„Sie haben nicht zugehört?“, gibt Pierre mit einer gespielten Empörung von sich und lächelt. - „Können Sie mir sagen, wo ich jetzt noch was zu essen herbekomme?“

„Im Diner. Das hat rund um die Uhr geöffnet und ist nicht weit von hier“.

„Das hört sich vielversprechend an. Würden Sie mich eventuell begleiten, wenn ich Sie darum bitte?“

„Ich soll Sie begleiten? Ins Diner?“

„Natürlich nur um sicherzugehen, dass ich den Weg auch finde. Und wenn Sie dann schon da sind, könne Sie mir ja was von der Karte empfehlen“.

Pierre sieht mich mit einem charmanten Lächeln an und ich könnte schwören, dass er mit mir flirtet. Mittlerweile hat er auch den Hut abgesetzt und dunkles, etwas längeres Haar mit vereinzelten grauen Strähnen kommt zum Vorschein. Oh Mann. Der Mann wird, wenn ich nicht aufpasse, mein Untergang sein. Seit zwei Jahren lebe ich nun schon in Vineburg, habe diverse Single Männer kommen und gehen sehen. Jedoch hat keiner bisher so mit mir geflirtet, wie Pierre Dubois es tut.

„Ok. Wir treffen uns in einer halben Stunde unten“, gebe ich ihm zu wissen und eile zur Tür. Nur schnell raus hier, bevor ich noch wie ein Teenager anfange zu sabbern.

Gerade als ich wieder zurück an den Empfang komme, klingelt mein Handy und ich sehe das Foto von Emily mit ihrem Namen.

Oh! Mit genervtem Augenrollen gehe ich ans Telefon und höre auch schon meine Tochter drauf los quasseln.

„Störe ich dich gerade?“

„Ähm … eigentlich schon. Ich habe was vor und deshalb keine Zeit zum Telefonieren“.

„Du hast was vor? Du? Ernsthaft? Mit wem?“

„Kennst du nicht“.

„Du hast ein Date?“

„Nein. Ich wurde nur gebeten mitzukommen“.

Am anderen Ende höre ich nur ein lang gezogenes Ah ja, und ich weiß ganz genau, was mein Kind damit sagen will.

„Was heißt denn da Ah ja. Er ist ein Gast, der gerade erst eingecheckt hat. Er hat Hunger und mich gefragt, wo es noch was zu essen gibt. Und … ob ich ihn ins Diner begleite“.

„Und du hast Ja gesagt?“

„Natürlich. Warum denn nicht? Er ist neu in der Stadt und kennt sich nicht aus. Ich bin nur behilflich“.

„Mom! Was ist, wenn der Typ ein Frauenschänder oder ein Serienkiller ist? Du kannst doch nicht mit jedem Gast, der neu bei dir ankommt, durch die Stadt latschen“.

Meine Tochter und ihre Fantasie.

„Emmy, du liest zu viel Krimis. Serienkiller? Ich bitte dich“.

„Was denn? Es gibt viele Kleinstädte in Kalifornien, in denen Serienkiller und Vergewaltiger rumlaufen. Woher willst du wissen, dass dieser Typ nicht einer von denen ist?“

„Emmy!“

„Ist ja gut. Nur ein Essen mit einem … Mann. Einem fremden Mann - der kein Gauner ist. Aber sag später nicht, ich hätte dich nicht gewarnt und rufe mich morgen auf jeden Fall an“, sagt sie noch und legt schließlich auf. Da unterscheidet sich Emily von meinen Jungs. Wenn ich nicht ab und zu bei ihnen anrufen würde, käme von den beiden kein Lebenszeichen.

Da kommen sie voll und ganz nach ihrem Vater, wobei der mir seit unserer Scheidung extremst auf den Wecker geht. Fast täglich erhalte ich Nachrichten von ihm, in denen er mich fragt, wie es mir geht oder sich nach dem Wetter erkundigt. Während unserer Ehe war ihm doch auch egal, was ich den ganzen Tag so treibe. Ständig war er mit seinen Kumpels unterwegs oder auf Geschäftsreisen. Und wenn er dann zu Hause war, dann wollte er nicht gestört werden. So im Nachhinein finde ich, er war ein Idiot. Was meine Meinung zu ihm auch bisher nicht geändert hat.

Rasch mache ich mich etwas frisch und räume ich noch meine Sachen zusammen, als auch schon Pierre lächelnd an die Rezeption kommt. Frisch geduscht, mit einem Poloshirt und einer Jeans. Seine Haare sind zu einer wilden Wuschelmähne frisiert - was ich sehr sexy finde.

„Sind Sie soweit?“

„Klar. Lassen Sie uns gehen“, antworte ich und gehe voraus hinaus auf die Straße. Gemeinsam laufen wir über die Napa Road, vorbei an all den bereits geschlossenen Läden und Cafés.

„Was führt Sie her Pierre? Beruf oder privat?“

„Beruf. Ich bin Winzer und habe das Weingut in Vineyards Valley zusammen mit der Burg oben auf dem Hügel gekauft. Wenn alles so klappt, wie ich mir das vorstelle, werden wir in naher Zukunft Hochzeiten und größere Veranstaltungen dort oben feiern“.

„Sie haben das Weingut in Vineyards Valley gekauft?“, stottere ich und blicke ihn an. Man hat schon das ein oder andere über das Weingut gehört und das es verkauft worden ist. Aber bisher hat man nicht gewusst, wer der Käufer ist.

Vor meinem inneren Auge sehe ich die Burg, ein Gemäuer aus dem 18. Jahrhundert vor mir und wie es sich am Rande von Vineburg in die Höhe erhebt. Wenn man dort oben steht, begeistert einen schon der erste Blick auf das Vineyards Valley. Rund um die Burg herum führen mit Weinbergen bedeckte Hügel steil in das Tal hinab, wo auf der angrenzenden Wiese diverse Obstbäume und Sträucher stehen. Ein rundum gelegener Wanderweg führt direkt in den nahe gelegenen Wald.

„Sie wirken etwas schockiert darüber, dass ich das Weingut erworben habe“.

„Hmm? Oh nein. Es ist nur … Ähm … Man hat schon das ein oder andere gehört über einen Verkauf, aber … von einem Fremden aus einem anderen Land war nie die Rede“.

„Scheint, als sei ich bereits jetzt Gesprächsthema“.

„Sieht so aus. Dann werden Sie wohl des Öfteren mein Gast sein, wenn Sie in Vineburg sind?“

„Das kann sein. Vielleicht suche ich mir auch eine Wohnung, wenn alles so läuft, wie ich mir das vorstelle. Aber bis dahin gastiere ich lieber in einem Bed & Breakfast“, lächelt er mich an. „Leben Sie schon lange hier?“, höre ich ihn fragen und blicke ihm direkt in seine Augen. Wow! Sein Blick trifft mich erneut direkt in der Mitte und ich muss mich zusammen nehmen, nicht zu stottern.

Der Mann hat nicht nur ein bezauberndes Lächeln, sondern auch einen Blick der einer Frau glatt das Herz zum Schmelzen bringt.

„Nein erst seit 2 Jahren. Davor wohnte ich zusammen mit meiner Familie in Sonoma. Mein Sohn Robert lebt noch mit seinem Vater dort. Meine beiden anderen Kinder wohnen in San Francisco“.

„Wie alt sind denn Ihre Kinder?“

„Mark ist sechsundzwanzig. Emily zweiundzwanzig. Die beiden studieren Jura und Robert ist achtzehn. Er macht gerade eine Ausbildung zum Automechaniker“.

„Wow! Und Ihr Mann?“

Seit zwei Jahren habe ich nicht mehr mit jemandem über Gary gesprochen.

„Wir sind geschieden“.

„Das tut mir leid. Ich wollte nicht so direkt ...“

„Schon ok. Es war lange überfällig, dass wir uns trennen und scheiden lassen. Gary hielt es für eine Schnapsidee, mich selbstständig zu machen. Weshalb wir auch immer gezofft haben. Also habe ich mich von ihm getrennt und die Scheidung eingereicht, bin nach Vineburg gezogen und habe meinen Traum verwirklicht. Und Sie? Sind Sie in einer Beziehung oder haben Kinder“.

„Ich? Nun ja … Mehr oder weniger“. Sein Gesichtsausdruck wirkt traurig, wie ich finde. - „Meine Frau und ich sind getrennt, aber für eine Scheidung hat es nie gereicht. Sie lebt in Paris und ich auf dem Land in der Nähe von Avize. Und Kinder haben wir nie in Betracht gezogen“.

Augenblicklich kommt mir das Gespräch mit Emily in den Sinn. Wenn er doch ein Gauner ist und das Weingut als Tarnung gekauft hat?

Blödsinn. Rasch schüttle ich die Gedanken beiseite und widme mich wieder der Unterhaltung mit Monsieur Dubois.

„Oh, das ist aber schade. Seit wann sind Ihre Frau und Sie denn schon getrennt?“, will ich wissen und drücke an der Kreuzung auf die Ampel. Es sind zwar im Moment keine Autos unterwegs, aber ich möchte ja nicht als Raudi durch gehen, die einfach bei Rot über die Straße latscht.

„Da muss ich überlegen. Knapp 10 Jahre“.

„Sie leben seit 10 Jahren getrennt und sind nicht geschieden? Warum?“

„Ich wollte mich schon lange scheiden lassen, aber meine Ex hat so ihre Methoden, einem ein ganz schlechtes Gefühl zu geben, weshalb ich auch immer wieder einen Rückzieher gemacht habe“.

„Dann ging es Ihnen wohl so ähnlich wie mir“.

„Schon möglich. Francis und ich heirateten jung. Wir waren gerade zwei Jahre verheiratet, als wir beide merkten, dass es nicht passt. Francis wollte ständig Party, während ich in die komplett andere Richtung wollte. Also haben wir uns zum ersten Mal getrennt“.

„Das erste Mal? Hört sich an, als waren Sie sich auch später nicht einig“.

„Kann man so sagen. Sechs Monate später sind wir wieder zusammen gekommen und haben unsere Ehe fortgesetzt. Die Liebe war ja noch da. Irgendwann habe ich doch gemerkt, dass Francis nicht glücklich ist. Wir kommunizierten so gut wie nicht mehr miteinander. Deshalb habe ich nach nur drei Jahren Ehe vorgeschlagen, dass wir uns endgültig trennen. Ich bin zurück nach Cramant, wo meine Schwester lebt. Und Francis ist in Paris geblieben“.

Als wir das Diner erreichen, öffne ich die Tür und lasse ihn als zuerst eintreten. Das Diner ist so, wie man sich ein Diner so vorstellt. Schwarze und weiße Fließen auf dem Boden, Lederbänke in Rot und Weiß mit einem Tisch in Metalloptik. An der Wand steht eine Jukebox, und darüber hängen Metallschilder mit Motiven von Frauen aus den Siebzigern. Ein Diner im Retrostyle.

Um diese Uhrzeit ist nicht mehr viel los. Hier und da sitzen noch ein paar verliebte Pärchen oder diejenigen, die den Heißhunger gepackt hat.

„Hier?“

„Ja, gerne“, sage ich und setze mich an einen freien Tisch etwas weiter hinten.

„Es ist echt nett hier“.

„Ja das ist es. Meine Freundin Greta arbeitet hier“.

„Danke, dass Sie mitgekommen sind. Ich glaube allein hätte ich es echt nicht gefunden“.

„Na ja … Nachts sind alle Katzen grau. Morgen früh sieht der Ort dann schon viel belebter aus“.

Pierre sieht sich begeistert im Diner um und ich kann immer noch nicht glauben, dass er der neue Besitzer des Weinguts sein soll. Bisher waren es immer junge Unternehmer oder ganze Firmen, die die Weinberge bewirtschafteten. Die Burg an sich wurde schon lange aufgegeben, was sehr schade ist.

„Wird Ihre Frau Ihnen eigentlich folgen?“

„Was? Nein. Wir sind getrennt und das soll auch so bleiben. Sie ist zwar auf dem Papier, meine Frau, aber was ich mache, geht sie nichts mehr an. Ich mische mich ja auch nicht in ihre Angelegenheiten ein“.

Na ja, der Mann hat definitiv mit seiner Ex abgeschlossen. Gang anderes als meiner.

„Und Sie dachten echt nie mehr an eine Scheidung?“

„Was soll ich sagen. Gedacht habe ich oft daran. Es gehören jedoch immer zwei dazu. Und Francis genießt den Luxus, den ich ihr mittlerweile finanziere“.

Pierre hört direkt auf zu reden, als die Bedienung von Beckys Diner an unseren Tisch kommt und uns die Speisekarte reicht.

„Hallo Taliah“.

„Hallo Greta. Das ist Monsieur Dubois. Er hat das Weingut in Vineyards Valley gekauft und wird eine Weile hierbleiben“, stelle ich Pierre vor und sehe, wie er ihr lächelnd zunickt. Während sie ihn mit offenem Mund anstarrt.

„Sie sind der …?“

„Neue Besitzer des Weinguts in Vineyards Valley“.

„Ok … Ähm … Es freut mich Sie kennenzulernen. Was kann ich euch zu trinken bringen?“

„Ich nehme einen Eistee“.

„Für mich ein Mineralwasser“, sage ich und grinse Greta an. Für einen kurzen Moment formt sie lautlos das Wort Wow und verschwindet lächelnd hinter ihrem Tresen. Seit meiner Scheidung ist Pierre der erste Mann, der es geschafft hat, mich aus meinem Bed & Breakfast raus zu holen. Spätestens morgen früh weiß das Viertel, dass ich mit einem fremden Mann im Diner war.

„Hoffentlich finde ich in den nächsten Tagen noch raus, warum denn alle so schockiert über mein Erscheinen sind“, sagt Pierre mit einer gespielten Empörung und ich kann mir ein Kichern nicht verkneifen, als Greta schon mit den Getränken kommt.

„Wisst ihr auch schon, was ihr essen wollt?“

Greta stellt die Getränke auf den Tisch und nimmt ihren Block zur Hand, während sie interessiert dabei zusieht, wie Pierre die Karte studiert.

„Was können Sie mir denn empfehlen?“

„Nun, ich kann Ihnen die komplette Speisekarte empfehlen, aber Taliah schwört auf den Becky Burger“.

„Der Becky Burger?“

„Das ist ein Dinkelvollkornbrötchen mit einem Patty aus Kidneybohnen auf einem Salatblatt mit Tomate und einer leichten Burgersoße“.

Pierre sieht mich fasziniert an und nickt.

„Den nehme ich“.

„Gerne“, sagt Greta und blickt zu mir. Im Normalfall würde ich sagen: Bring mir auch einen! - Doch heute bin ich echt nicht in Burger Stimmung.

„Ich nehme einen Salat“.

„Salat? Bist du krank?“

„Hast du schon mal auf die Uhr gesehen?“

„Du und deine innere Uhr. Ok, du bekommst einen Salat“.

Greta nimmt uns die Speisekarte ab und geht davon, während wir in bedrückter Stille da sitzen.

„Sie essen also vegan oder vegetarische Speisen. Und nach einer bestimmten Uhrzeit nur noch Salat … Kommen Sie eigentlich oft her?“

„Leider nicht. Mir fehlt einfach die Zeit. Ich habe zwar noch eine Angestellte und eine Küchenhilfe, aber der ganze Bürokram muss ja auch gemacht werden. Natürlich esse ich auch Fleisch und Fisch, aber so spät abends schaffe ich keinen Burger. Und der Becky Burger ist mal was anderes zu den normalen Burgern“, sage ich in dem Moment, als Greta schon mit dem Essen kommt.

„Guten Appetit“.

„Danke Greta“, sage ich nach meinem Besteck greifend und sehe zu Pierre. Etwas irritiert sieht er sich den doppelten Burger an.

„Alles ok?“

„Sie wollen mir nicht sagen, dass Sie den sonst allein essen? Das ist ein Monstrum“.

„Jetzt wissen Sie, warum ich keinen bestellt habe“, lache ich. - „Das schaffen Sie schon“, steche in meinen Salat und fange an zu essen.

Schweigend nehmen wir unsere Mahlzeiten ein, bis wir fertig sind und Greta den Tisch abräumt.

„Das war jetzt echt gut. Ich bin so satt“. Pierre wischt sich den Mund ab und legt die Serviette auf den leeren Teller. Sie und Greta? … sind also befreundet“.

„Ja. Vineburg ist nicht sehr groß, was Sie sicher auch schon bemerkt haben. Man kennt sich untereinander. Die meisten Kinder aus Vineburg sind in Sonoma zur Schule gegangen oder waren zusammen beim Fußball. Emily war zum Beispiel während ihrer Schulzeit bei der Tanzakademie in Sonoma. Daher kenne ich auch Greta. Ihre Tochter ist im gleichen Alter wie Emmy und wollte auch so tanzen wie meine Tochter.

Nach meiner Scheidung hat sie mir auch geholfen, eine Wohnung hier in Vineburg zu finden. Und dann kam das Bed & Breakfast “.

„Das finde ich schön. Ich habe leider noch nicht viel von der Gegend gesehen. Mein Weg führte direkt in Ihr Bed & Breakfast. Ich habe nicht mal einen Leihwagen organisiert bekommen“, lächelt Pierre.

Ich unterhalte mich so ausgezeichnet mit ihm, dass ich gar nicht mitbekomme, wie die Zeit vergeht und wir irgendwann allein im Diner sitzen.

„Wir sind allein“, flüstert er mir zu und blickt sich nochmals um.

„Wie allein?“ Frage ich und drehe mich um. Wir sitzen wirklich allein im Diner. - „Oh! Dann lassen Sie uns bezahlen und gehen. Jetzt wird wahrscheinlich eh keiner mehr kommen“.

„Danke für den tollen Burger. Der war megalecker“, höre ich Pierre zu Greta sagen und reicht ihr das Geld für unsere beiden Sachen.

„Das freut mich. Es war nett, Sie kennenzulernen. Taliah, wir sehen uns morgen früh?“

„Natürlich. Gute Nacht“.

Gemütlich laufen wir zurück zum Bed & Breakfast. Ich erzähle Pierre etwas über die einzelnen Läden, Cafés und Kneipen und deren Besitzer, bis wir schließlich wieder vor der Tür stehen und hinein gehen.

„Ich bin gespannt, wie das Leben hier in Vineburg ist“.

„Je, nachdem wie lange Sie hierbleiben, werden Sie die Leute lieben. Alle so nett und hilfsbereit. Wenn Sie sich erst mal hier eingelebt haben, dann wollen Sie nie wieder weg“.

„Mein Visum geht jetzt erst mal drei Monate und dann sehe ich weiter. Mal sehen, wie das Weingut anläuft. Danke, dass Sie mich heute Abend begleitet haben. Der Burger war echt mega und ich habe den Abend sehr genossen. Gute Nacht Taliah“.

„Gute Nacht Pierre“ flüstere ich und sehe dem Mann hinterher, der jeden Moment in den Aufzug steigt. Kopfschüttelnd mache ich das Licht aus, verlasse mein Bed & Breakfast und schließe ab.

Das Bed & Breakfast ist totenstill, als ich es in aller Frühe betrete. Eine himmlische Stille, die ich jeden Morgen genieße, während ich das Büfett richte und Kaffee koche. Kurze Zeit später kommen auch schon meine Küchenhilfe Tori und meine Servicekraft Josie hereingeweht.

„Guten Morgen Taliah“.

„Guten Morgen ihr beiden“, sage ich und gebe kurz die Planung für den heutigen Tag an, bevor wir uns an das Tagesgeschäft wagen.

„Wenn ihr hier unten alles im Griff habt, dann mache ich oben die beiden Zimmer für Familie Jackson fertig. Die kommen heute um sechzehn Uhr hier an“.

Gerade als wir fertig sind, kommt Pierre lächelnd in den Speisesaal.

„Guten Morgen“.

„Oh Monsieur Dubois. Meine Damen, darf ich euch unseren neuen Gast vorstellen. Das ist Pierre Dubois, der neue Besitzer des Weinguts in Vineyards Valley.

Mit offenem Mund starren Josie und Tori ihn an. Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.

„Das scheint echt zur Gewohnheit werden, das mich jeder anstarrt, als habe ich Hörner“.

Ich muss dezent lachen. Eins muss man sagen, Humor hat er.

„Wir sind dann durch wenn es keine Fragen mehr gibt“, sage ich zu den beiden und sehe ich ihnen nach, wie sie tuschelnd verschwinden. - „Ich hoffe Sie haben gut geschlafen“.

„Wie ein Stein. Es ist aber auch sehr ruhig hier“.

„Oh ja. Das ist es. Aber genau das liebe ich. Nach einer Weile hört man selbst tagsüber den Verkehr nicht mehr“, antworte ich mit einem Lächeln. - „ Möchten Sie Kaffee? Oder lieber Tee?“

„Kaffee“. Konzentriert schenke ich ihm eine große Tasse ein und reiche sie ihm, bevor er sich an einen der zahlreichen Tische setzt und die Zeitung, die auf dem Tisch liegt, zur Hand nimmt. So ein netter Mann.

„Einen schönen Tag wünsche ich Ihnen“.