Wen oder was wir lieben - null michelle_werner - E-Book

Wen oder was wir lieben E-Book

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Beschreibung

Dieses E-Book ist eine Premiere: Es ist ein Spiel ab 2 Personen, oder ein Roman. Sie können selbst entscheiden, wie Sie das Werk genießen möchten. Am Rande einer Großstadt gibt es eine kleine Bergstraße. Links und Rechts der Straße haben die Anrainer ihre Gärten und Häuser. Ein Spaziergang durch diese Siedlung zeigt, womit diese Menschen ins Leben gestartet sind und was sie daraus gemacht haben. Jeder dieser Menschen ist irgendwann im Leben auf der Suche nach seiner oder ihrer Liebe und die meisten finden auch ein Objekt der Liebe. Dennoch gibt es nur zwei ähnliche Schicksale. Alle andere sind einzigartig. Was sie erleben ist teils dramatisch, teils sehr amüsant, oft außergewöhnlich. Die Geschehnisse beruhen auf wahren Begebenheiten, nur die Namen wurden zum Schutz dieser Menschen abgeändert. Übrigens, die reichste Person in dieser Siedlung ist eine, von der das Finanzamt nichts will, weil sie diese Person für arm hält.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 270

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michelle_werner

Wen oder was wir lieben

Ein Spiel ab 2 Personen - oder ein Roman

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Die Bewohner der Siedlung im Überblick

Vorwort

Vorwort zum Spiel

Die Siedlung

Die Nummer 27 – Herr Halmer

Die Nummer 1 – Der Kleingartenverein

STOP – kurze Unterbrechung – die Wahlmöglichkeit

Die Nummer 3 - Hr. Oppolzer

Die Nummer 2 – Dr. Strauchwieser

Die Nummer 21 – Herr Karl Loibner

Die Nummer 22 – Adi Zack

Die Nummer 9 – Norbert Sattler

Die Nummer 16 – Familie Taferner

Die Nummer 14 – Frau Lizzy Ebner

Die Nummer 7 – Herr Ludwig

Die Nummer 26 – Familie Spitz

Die Nummer 15 – das Fräulein Gaby

Die Nummer 17 – Familie Volkert

Die Nummer 25 – Frau Hofbauer

Die Nummer 10 – Herr Grafenbach

Die Nummer 8 – Familie Berger

Die Nummer 6 – Herr Barisch

Die Nummer 4 – Frau Scholz

Die Nummer 13 – Frau Rainer

Die Nummer 12 – Herr Tobias

Die Nummer 24 – der Mockl

Die Nummer 5 – Frau Schäfer

Die Nummer 23 – Familie Wallner

Die Nummer 20 – Peter Maly

Die Nummer 18 – Frau Rieder

Die Nummer 19 – Familie Karner

Die Nummer 11 – Gustav Becker

Resümee

Das Spiel

Wie geht es weiter?

Der Fragenkatalog – Grundstück 2 bis 5

Der Fragenkatalog – Grundstück 6 bis 9

Der Fragenkatalog – Grundstück 10 bis 13

Der Fragenkatalog – Grundstück 14 bis 17

Der Fragenkatalog – Grundstück 18 bis 21

Der Fragenkatalog – Grundstück 22 bis 25

Lösungsteil – Grundstück 2 bis 5

Lösungsteil – Grundstück 6 bis 9

Lösungsteil – Grundstück 10 bis 13

Lösungsteil – Grundstück 14 bis 17

Lösungsteil – Grundstück 18 bis 21

Lösungsteil – Grundstück 22 bis 25

Impressum neobooks

Die Bewohner der Siedlung im Überblick

26 – Familie Spitz----------Straße---------27 - Herr Halmer

25 – Familie Hofbauer------Straße-----------------Wendeplatz

23 – Familie Wallner--------Straße--------24 – Herr Mockl

21 – Karl Loibner--------------Straße-------22 – Adi Zack

19 – Familie Karner-----------Straße-------20 – Peter Maly

17 – Familie Volkert-----------Straße-------18 – Frau Rieder

15 – Frl. Gaby-------------------Straße-------16 - Familie Taferner

13 – Frau Rainer---------------Straße--------14 - Frau Ebner

11 – Herr Becker--------------Straße---------12 – Herr Tobias

9 – Norbert Sattler----------Straße---------10 – Herr Grafenbach

7 – Herr Ludwig--------------Straße----------8 – Familie Berger

5 – Frau Schäfer--------------Straße---------6 – Herr Barisch

3 – Herr Oppolzer------------Straße---------4 – Frau Scholz

1 – Der Kleingartenverein----Straße---------2 – Dr. Strauchwieser

Vorwort

Jedes Land der Erde ist ein wenig anders, manche sogar deutlich anders. Dennoch gibt es rund um den Globus Menschen und deren Liebe. Dass Menschen ohne Liebe nicht überlebensfähig sind – innerhalb von Monaten – wurde in Studien schon mehrfach nachgewiesen. Es geht also im Grunde nicht darum, ob wir lieben. Die einzige Frage in diesem Zusammenhang ist

> Wen oder was wir lieben <

In der traditionellen Betrachtung sind dies eine Frau und ein Mann, die einander lieben, aber auch hier wissen wir bereits, dass es einige Veränderungen in den letzten Jahrzehnten gab. Damit ist aber die Frage noch gar nicht beantwortet, denn darum geht es hier auch nicht.

Statt einer Umfrage besuchen wir hier die Bewohner einer ganzen Siedlung. Dieser Fleck der Erde liegt an einer Bergstraße, am Rande der Stadt. Wie auf der vorigen Seite ersichtlich, windet sich die Straße den Berg hinauf und sowohl links als auch rechts der Straße gibt es Grundstücke.

In den nachfolgenden Ausführungen erfahren wir eine Menge über das Schicksal dieser Menschen und vor allem über deren Liebe. Von einer Ausnahme abgesehen, hat jeder dieser Menschen seine ganz eigene Form der Liebe gefunden, oder ist zumindest auf dem Weg dorthin.

Diese fast 70 Schicksale unterscheiden einander nicht nur in den Lebensinhalten, sondern vor allem darin, wen oder was sie lieben. Lassen Sie sich überraschen, wie viele Variationen es gibt und wohin diese führen.

Es werden ausnahmslos alle Anrainer dieser Siedlung dargelegt, also nicht einzelne Schicksale herausgepickt. Dadurch entsteht ein bunter Blumenstrauß, in welchem jede Blüte für ein menschliches Schicksal steht.

Vorwort zum Spiel

Es gibt mit diesem E-Book eine Premiere. Sie haben die Möglichkeit, mit diesem E-Book ein Spiel ab 2 Personen (oder mehr) zu spielen. Dadurch erleben Sie authentisch, wie sich diese verschiedenen Möglichkeiten, das Leben zu erfahren, anfühlen. Sie können sogar wählen, welche dieser wahren Geschichten Sie nachvollziehen möchten.

Die Zahlen in den Klammern, zum Beispiel (3) brauchen Sie vorerst nicht zu berücksichtigen, wir benötigen diese erst beim Spiel.

Am Ende des Spiels gibt es einen Gewinner oder eine Gewinnerin nach Punkten. Der wirkliche Gewinn liegt aber darin, die vielen Möglichkeiten der Liebe kennen gelernt zu haben und sich bewusst für die eine oder andere Liebe entscheiden zu können. Dabei kann man aus den Fehlern anderer Menschen eine Menge lernen. All diese Schicksale beruhen auf wahren Begebenheiten, nur die Namen und Orte wurden zum Schutz dieser Personen abgeändert.

Beginnen Sie damit, die Siedlung ein wenig kennen zu lernen. Zu einem späteren Zeitpunkt werden Sie dann aufgefordert, sich zwischen dem Roman und dem Spiel zu entscheiden.

Die Siedlung

Draußen am Rande des Großstadt, dort wo der Grüngürtel beginnt, klettert eine Straße den kleinen Berg hoch und verzweigt sich in mehrere Nebenstraßen und Sackgassen. Wir zweigen einmal links und bei der übernächsten Gelegenheit rechts ab und sind bereits auf der Straße des Wahnsinns. Ihre Bewohner sind die Hauptakteure dieser Geschichte. Natürlich kann dies nur eine erfundene Geschichte sein, denn wer glaubt schon, dass diese Geschehnisse wirklich wahr sind?

Also benötigen wir als nächstes einen erfunden Namen für diese besondere Straße. Nennen wir sie einfach Wahnsinnsstraße, dann brauchen wir von dem berühmten Architekten, der vor 100 Jahren diese Stadt prägte und nach dem die Straße in Wirklichkeit benannt ist, gar nicht zu erzählen. Es sind auch keine schönen Geschichten über diesen Architekten, weil er wie ein Tyrann sein Amt und seine Macht missbrauchte. Er hatte sogar den Spitznamen eines berühmt berüchtigten Staatsmannes. Ach ja, das sollte eigentlich nicht erzählen werden! Also Kommando retour, wo ist der rote Faden – es ist alles ist nur erfunden.

Diese Straße ist etwa 600 Meter lang und beginnt mit einer Steigung von etwa 12% und wird zunehmend steiler, sodass es dann im oberen Teil etwa 18% Steigung sind. Es ist eine Sackgasse, die unten etwas mehr als zwei Autos breit ist und dann zunehmend enger wird. Im oberen Teil können zwei Fahrzeuge nur im Schritttempo aneinander vorbeikommen. Dies aber auch nur, wenn die Fahrer sehr versiert sind und die Fahrzeuge keiner mittleren oder oberen Preisklasse angehören, also ziemlich schmal sind.

Meistens gelingt dieses Vorbeifahren auch, aber mindestens einmal in der Woche gibt es einen Versicherungsfall. Manchmal ist Fahrerflucht dabei, zuweilen ein Polizeieinsatz und zuweilen ist auch ein hinterlassener Zettel auf dem parkenden, beschädigten Fahrzeug.

Es verwundert längst nicht mehr, wenn auf dem Zettel etwa folgende Nachricht steht: „Ihr Fahrzeug war mir leider im Weg. Es tut mir ehrlich leid!“ Hiermit endet aber dann das Mitgefühl, denn es gibt meist keine Daten des schädigenden Fahrzeugs, sondern nur eine tiefe Schürfwunde am geparkten Fahrzeug. Dass überhaupt ein Zettel zurückgelassen wird, liegt wohl daran, dass die Bewohner dieser Gegend sehr neugierige Menschen sind, die ständig die Köpfe aus ihren Häusern und Gärten stecken, wenn ein Fahrzeug die Straße hochkommt. So macht es wenigstens für die Späher den Eindruck, dass man Daten hinterlassen hätte.

In der letzten Zeit hat sich allerdings ein neuer Brauch bei den Bewohnern der Siedlung etabliert. Es werden von den Anrainern endlose Listen mit Fahrzeugnummern und Uhrzeiten angefertigt, für den Fall, dass ein Schadensfall eintritt. Aus diesem Grund liegen in den meisten Häusern, in der Nähe des Fensters zur Straße, einige Gegenstände: ein Feldstecher, ein Schreibblock und mehrere Stifte. Diese Vorsorge ist allerdings nur tageslichttauglich, denn abends versagt sie gänzlich. Dies liegt daran, dass es in der ganzen Straße nur vier Straßenlaternen gibt, weswegen an den meisten Plätzen Dunkelheit herrscht. Erschwerend kommt hinzu, dass gerade die Abendzeit die Hauptverkehrszeit in dieser Straße ist, was später noch näher erklärt wird.

Am Ende der Sackgasse befindet sich eine Art Umkehrplatz, jedenfalls, etwas das dafür gedacht ist. Wer also bis ans Ende der Straße hochfährt, bringt sein Fahrzeug zum Stillstand, schlägt die Lenkung ganz rechts ein und lässt sich wieder nach rechts unten rollen, in eine Ausbuchtung, die aber nur drei Meter lang ist. Dies bedeutet, dass man einige Male vor und zurückfahren muss, bis das Fahrzeug mit der Schnauze wieder bergab fahren kann.

Um sich das besser vorstellen zu können hier eine kleine Skizze

Man kommt also von unten, fährt bis ans Ende und lässt dann den Hinterteil des Fahrzeuges in den Bereich rollen, der rechts ausgebuchtet ist.

Dieser Wendeplatz ist natürlich weit und breit der einzige freie Platz auf der Straße. Daher legen die Bewohner dieser Straße alles auf diesen Umkehrplatz, was sonst im eigenen Garten liegen müsste. Also beispielsweise den Sperrmüll, der in einigen Monaten abtransportiert wird, Sand, den man für den Umbau seines Häuschens benötigt, alte Autoreifen, die man nicht mehr benötigt, Mistkübel, die geruchsintensiv sind und vieles mehr.

Die Polizei, welche immer wieder geholt wird, weil der Wendeplatz nicht frei ist, hat übrigens keine Schaufeln dabei. Der Schotter würde auch gar nicht ausreichend Platz im Streifenwagen haben.

Das Ergebnis dieses Dilemmas ist, dass die Polizei deswegen auch nicht mehr kommt, sie ist einfach irgendwo anders gerade unabkömmlich.

Eine Zeitlang versuchen es die findigen Anrainer mit anderen Bedrohungsszenarien, um die Polizei anzulocken, aber auch dies wird von den Beamten bereits durchschaut. Selbst bei herumstreunenden Einbrechen, jungen Mädchen, die vor einem Unhold flüchten, und anderen Erfindungen eilt die Polizei nicht mehr herbei. Vielleicht kommt sie ein paar Stunden später, wenn sie ohnehin auf Streife ist, oder sie kommt gar nicht.

Die Nummer 27 – Herr Halmer

Nachdem die Polizei inzwischen nur mehr am Vormittag, und auch dies nur fallweise, auf Streife vorbeischaut, kann der vergeudete freie Platz spätestens ab Mittag anderweitig genutzt werden. Einer der so denkt, ist Opa Halmer. Herr Halmer (1) heißt natürlich in Wirklichkeit nicht Halmer, weil dies eine erfundene Geschichte sein soll und er ist auch kein Opa, weil er sich unter Androhung einer Klage dagegen wehrt, Opa genannt zu werden.

Erfüllen wir also seinen Wunsch und nennen wir ihn einfach Herrn Halmer. Er wohnt jedenfalls von Frühling bis Herbst auf dem Grundstück rechts oberhalb des Umkehrplatzes. Wie fein, dass er dann gleich neben seinem Grundstück diesen freien Platz für seinen Puch 500 hat, denn dieses Fahrzeug passt als echtes Zwergen-Auto genau dorthin. Der Begriff ‚Zwerg‘ ist übrigens nicht als Beleidigung gedacht, sondern hat einen anderen Grund, der in Kürze klar wird.

Wenn Herr Halmer mit seinem Gefährt anreist – anders kann man sein Tempo nicht nennen – dann kann man hinter ihm schon zum Opa werden. Eine Geschwindigkeit von 15 km/h ist nach seiner Meinung für diese Steigung geradezu die angemessene Höchstgeschwindigkeit. Da hilft kein Hupen oder anblinken, denn dies macht ihn nur fuchsteufelswild.

Wenn er wild ist, dann fährt er nicht, weil er weiß, dass erregte Fahrer Unfälle bauen. Geschieht es dennoch, dass der Nachkommende Ungeduld ausdrückt, dann bleibt er einfach auf dieser Stelle stehen, an der er sich gerade befindet. Er stellt dann den Motor ab, sichert das Fahrzeug und steigt genau dort aus. Noch wäre aber nicht alles verloren, wenn der drängelnde Fahrer sich demütig, mit einem Kniefall untertänig annähern würde.

Wer nun den Fehler macht, sich bei dem Herrn, der wie ein Opa fährt – pardon das darf man ja nicht sagen, denn sonst wird mit der Klage gedroht – also nochmals:

Wer nun den Fehler macht, sich bei Herrn Halmer zu beschweren, der riskiert, dass seine Abregungsphase noch länger dauert, und dann geht er einfach zu Fuß in sein Haus, in der Wahnsinnsstraße 27. Dort bleibt er dann stundenlang. Er bleibt dort, bis er wieder genug Ruhe und Muße verspürt, den Rest des Weges mit seinem Fahrzeug hinauf zu tuckern.

In diesem Fall bleibt einem ungeduldigen Menschen nur, im Retourgang den ganzen Berg zurück zu rollen und irgendwo ganz unten zu parken. Da versteht eben Herr Halmer keinen Spaß! Da nützt nicht einmal das Argument, dass man zu seinem Grundstück 10 Meter weiter fahren möchte, um dort dann die Einfahrt zu benutzen.

So gesehen ist man schon froh, wenn Herr Halmer nur den Umkehrplatz blockiert und nicht gleich die ganze Straße. Weil wir schon mal hier sind, statten wir Herrn Halmer einen kleinen Besuch auf seinem Grundstück ab. Herr Halmer wohnt dort vom Ende der Schneeschmelze im Frühjahr bis etwa Ende Oktober. Danach ist die Straße fallweise vereist und später dann mit Schnee bedeckt. Ein Schneepflug kommt hier wegen der schmalen Straße nicht hoch und daher bleibt Herr Halmer im Winter dem Garten ganz fern. Wer im Winter hoch will oder muss, dem bleibt nur der Marsch in Winterstiefeln, wobei der Schnee fallweise bis zur Kinnspitze reicht. Dies hat natürlich auch seinen romantischen Reiz, vorausgesetzt, dass man ein Romantiker ist.

Herr Halmer ist kein Romantiker und war auch niemals einer. Wahrscheinlich weiß er nicht einmal, ob Romantik eine Wurstsorte oder eine Krankheit ist. Muss er auch nicht wissen, denn die Menschheit braucht auch Realisten, welche das Rad des Schicksals in Gang halten, so wie es Herr Halmer viele Jahre getan hat.

Als er noch im Berufsleben stand, also vor etwa 20 Jahren, war seine Aufgabe, Waggons auf Eisenbahnschienen zu rangieren. Mit einer kleinen Lokomotive, einigen Handzeichen und einigen Verschiebern wurde dafür gesorgt, dass jeder Waggon zum zugeordneten Zug kam. Lachen Sie nicht, diese Bahnbediensteten heißen wirklich Verschieber.

Da spielte natürlich Zeit keine Rolle, denn ob der Waggon drei Stunden früher oder später angekoppelt wurde, war wirklich gleichgültig. Die Routine der Zugsverspätungen hat eben Tradition und kommt nicht von ungefähr.

Rendezvous gab es nur wenige im Leben dieses ehemaligen Bahnbediensteten. Fand doch manchmal ein solches privates Treffen statt, so gab es jedenfalls keine zweite Begegnung mit derselben Dame. Er war nicht gewillt, irgendetwas in seinem Leben umzustellen. Schon gar nicht wegen einer Frau.

Nur einmal gab es eine junge Dame, die ihn unbedingt erobern wollte, aus welchen Gründen auch immer. Als sie dann von kleinen Kindern träumte, die in einer Wohnung herumtoben würden, da war dann die mikroskopisch kleine Glut sofort erloschen. Es nützte ihr ganzes Entgegenkommen nichts mehr. Für ihn war beim besten Willen eine gemeinsame Zukunft nicht mehr vorstellbar, da hätte er sich lieber ein Krokodil als Haustier genommen.

Herr Halmer wurde dann mit 48 Jahren in den vorzeitigen Ruhestand geschickt. Immer öfter verschwanden seine Waggons, die dann in Sizilien, Sibirien oder einem anderen Winkel der Erde auftauchten. Er hatte eben seine eigene Logik und der durfte niemand widersprechen.

Wenn einer seiner Kollegen meinte, dass dieser Waggon auf den Zug ‚A‘ gehörte, dann fühlte er sich bevormundet. Da er dies auf den Tod nicht ausstehen konnte, landete der Waggon auf irgendeinen anderen Zug der gerade herumstand, nur nicht auf Zug ‚A‘.

Nur mit Diplomatie, Engelsgeduld und viel Geschick konnte man ihn von etwas überzeugen, das anders in seinem Kopf abgespeichert war. Leider ist Diplomatie unter Bahnarbeitern ausgesprochen selten zu finden und daher häuften sich diese misslungenen Verschiebungen so lange, bis er nicht mehr im aktiven Dienst war. Als langjährigem Mitarbeiter hätte man ihm auch gern eine andere Aufgabe gegeben, aber dies kam für ihn schon gar nicht in Frage. Da wäre er nur zur Witzfigur der Kollegen geworden!

Herr Halmer hat auf dem erwähnten Grundstück ein Gartenhaus mit drei Räumen und den üblichen Sanitärräumen. Alles steht an einem fixen Platz, so als ob es dort angeschraubt wäre. Gelegentlich bekommt er Besuch, etwa wenn der Postbote etwas zuzustellen hat. Passiert es dann, dass sich der Besucher gegen ein Kästchen lehnt, dabei eine Vase um einige Zentimeter verschiebt, so ist dies für Herrn Halmer Alarmstufe rot. Sofort werden alle anderen Aktivitäten im Haus eingestellt, bis die Vase auf ihrem scheinbar schicksalshaft angeborenen Platz steht. Eine Toleranz von zwei Zentimetern ist dabei für Herrn Halmer völlig unakzeptabel. Da wird er richtig unleidlich und grantig, bis die mühsam erarbeitete Positionierung wieder erreicht ist. Schließlich kann man auch einen Waggon nicht neben die Geleise stellen.

Herr Halmer wurde übrigens im Zeichen der Jungfrau geboren. Hätte er einen Schreibtischjob gehabt, wären eben die Bleistifte fein säuberlich angespitzt und parallel ausgerichtet gewesen.

Andere Menschen sind für ihn ein grundsätzlicher Fremdkörper im Leben. Herr Halmer wäre wohl die ideale Besetzung für eine Besiedlung des Mars gewesen, denn er braucht keine sozialen Kontakte. Dafür hat er seine eigenen, ganz besonderen Wesen. Diese praktisch fehlerlosen Wesen stehen jeweils im Sommer um sein Haus herum, auf 450 Quadratmeter Grund, nach seinen eigenen Regeln positioniert. Überwintern dürfen diese Wesen natürlich im geschützten Haus.

Diese besonderen Lebensgefährten sind seine 17 Gartenzwerge, welche auf ihren sorgfältig ausgewählten Plätzen ausharren, um seinen Grund und Besitz zu bewachen. Jeder dieser Mitbewohner ist handverlesen ausgesucht worden. Jeder hat seinen passenden Namen, mit dem er durch Herrn Halmer angesprochen wird. „Du Seppl passt mir jetzt schön auf die Geranien auf, die ich frisch eingesetzt habe. Wenn sie Wasser brauchen, dann rufst du mich, ja?“

Es sind natürlich nur männliche Gartenzwerge. Nicht dass Herr Halmer gleichgeschlechtliche Züge an sich hat. Bei Frauen fehlt ihm einfach das Urvertrauen, dass diese nicht doch irgendwie Unordnung in seinem Leben machen.

Mit seinen Nachbarn in den anderen Gärten braucht Herr Halmer nicht zu sprechen. Er findet sie alle irgendwie sonderbar, eigenbrötlerisch und von der Eisenbahn verstehen sie auch nichts. Dennoch wirft er immer wieder einen kritischen Blick auf sie, denn manchmal findet er Dinge in seinem Garten, die dort nicht hingehören. Dass dies meistens Müll ist, der von Passanten dort entsorgt wird, hätte er sich zwar denken können, tut er aber nicht. Seine Nachbarn erscheinen ihm viel verdächtiger.

Freunde gibt es in seinem Leben kaum und er wüsste auch gar nicht, was er mit denen anfangen würde. Der einzige Mensch, dessen Nähe er fallweise sucht, ist Herr Oppolzer, der aber am unteren Ende der Wahnsinnsstraße auf Nummer 3 wohnt. Mit ihm teilt er seine Vorliebe für Gartenzwerge.

In den Monaten, in welchen die Tage kürzer werden, besuchen sie einander gelegentlich. Sie blättern und schwärmen dann gemeinsam – wie ein altes Ehepaar - in einem Katalog für Gartenzwerge. Natürlich haben sie einen ganzen Stapel an solchen Katalogen, nicht bloß zwei oder drei! In jeder Saison gibt es hunderte solcher Kataloge, die der arme Postbeamte den Berg hoch schleppen muss. Rein buchhalterisch führt Herr Halmer derzeit mit 17 zu 8 bei den Gartenzwergen und solange dieser Vorsprung erhalten bleibt, kann Herr Halmer mit Herrn Oppolzer auch gut auskommen.

Vor ein paar Jahren gab es einmal eine Krise in dieser Beziehung. Herr Oppolzer wollte damals bei einer Aktion 5 Gartenzwerge mit einem Sonderrabatt bestellen! Herr Halmer war damals in mehrfacher Weise schockiert. Natürlich wäre sein deutlicher Vorsprung an Gartenzwergen geschrumpft und wer weiß, vielleicht hätte ihn Herr Oppolzer womöglich eines Tages auf den zweiten Platz verdrängt. Da war aber noch etwas anderes Schockierendes. Wie konnte man solche Wesen mit einem Massenrabatt bestellen? Man bestellt sich auch keine fünf Freundinnen unter Anrechnung eines Mengenrabatts!

Da braucht es doch eines handverlesenen Auswahlprozesses, bei dem man genau prüft, ob man überhaupt zueinander passen würde! Man geht ja auch nicht mit jemand X-beliebigen eine Beziehung auf die Schnelle ein! Und dann noch mit fünf solchen Wesen! Dies grenzt an Bigamie in der schlimmsten Ausprägung, findet Herr Halmer. Nicht mal die Muslime haben 5 Frauen, die sie gleichzeitig zu sich nehmen.

Es dauerte drei Jahre und mehrerer untertänigster Entschuldigungen von Herrn Oppolzer, ehe Herr Halmer bereit war, sich mit diesem rohen, gefühlskalten Menschen wieder einzulassen. An Eides statt musste Herr Oppolzer versichern, dass er davon Abstand genommen hat und auch niemals in der Zukunft eine solche Überlegung mehr anstellen wird.

Seither ist die Beziehung der beiden Fans von Gartenzwergen wieder besser, wenngleich dies Narben an der Seele – jedenfalls an der von Herrn Halmer – zurückließ. Solche Seitensprünge sind eben eine sehr ernsthafte Angelegenheit.

Herr Halmer hat jetzt leider keine Zeit mehr für uns, denn er hat diese Woche eine wichtige Aufgabe zu lösen. Er hat in den letzten Wochen feststellen müssen, dass einzelne Kumpane ihre Aufgabe nicht zu seiner Zufriedenheit erfüllen. Offenbar sind diese mit der Problemstellung überfordert, oder aber, sie haben irgendeinen Kummer, eine Depression, einen unverarbeiteten Konflikt, vielleicht sogar eine Krankheit? Im besten Fall fühlen sie sich auch nur vernachlässigt. „Auch Menschen, die sich vernachlässigt fühlen, machen am Arbeitsplatz Patzer bei der Arbeit“, denkt Herr Halmer.

Er wird jetzt eine Runde durch den Garten machen und sich jeden einzelnen Zwerg vorknöpfen. Vor zwei Jahren hat er dafür sogar einen Bombologen gebraucht. Wer jetzt an etwas Gefährliches denkt, ist im Irrtum. Ein Bombologe ist ein Hummelforscher, der sich mit der Lebensweise dieser Tiere beschäftigt. Damals hatte ein Schwarm Hummeln sich in einem Zwerg eingenistet.

Jedenfalls muss er jetzt sehen, dass die Probleme bei seinen Zwergen wieder in Ordnung kommen. Aber dies versteht man eben nur, wenn man sich schon jahrelang mit dieser umfangreichen Materie beschäftigt hat.

Auch wenn der Stil dieser Geschichten bewusst heiter gehalten ist, soll doch zum Ausdruck gebracht werden, dass jeder Mensch sein eigenes Objekt der Liebe hat. Oft sind es Menschen, in die wir uns verlieben, manchmal auch ein schönes Paar Schuhe, ein Oldtimer, eine Sammlung von Bonsai-Bäumchen oder was auch immer. Wen oder was wir lieben ist eine sehr individuelle Entscheidung. Nicht auszudenken, wenn alle sich auf das gleiche Objekt der Liebe stürzen würden. Stellen sie sich einfach vor, alle Männer verlieben sich in dieselbe Frau - oder – alle Frauen verlieben sich in denselben Mann. Wenn Sie jetzt noch daran denken, dass dies Ihr Partner wäre, dann ist Ihnen wahrscheinlich auch lieber, wenn jeder Mensch sich jemanden oder etwas zu lieben aussucht. Oder?

Die Nummer 1 – Der Kleingartenverein

Ganz am Anfang des Berges, auf Nummer 1, residierte früher der Kleingärtnerverband. Seine Adresse ist zwar noch immer Wahnsinnsstraße 1, aber es scheint dort niemand mehr zu wohnen.

Dieser Verband war ursprünglich ein Sparverein, der die Gartenbesitzer in der Umgebung einte und dem im Laufe der Jahre die Mitglieder abhandenkamen. Die Erben der ursprünglichen Grundstücksbesitzer verkauften die Grundstücke und die neuen Besitzer waren an diesem Vereinsleben nicht mehr interessiert. Daher sieht man dort auch nur selten jemanden hineingehen, höchstens wenn das Wasser oder der Strom abgelesen wird. Dennoch ist diese Adresse für die Bewohner der Wahnsinnsstraße von grundlegender Bedeutung.

Dieser Verein verfügt auf der Straße über eine Art von Schaukasten, der nur mit einem Häkchen geschlossen ist. Dadurch kann ihn jeder öffnen und wieder schließen. Wie man gut sehen kann, wird der Kasten langsam von den Bäumen und Sträuchern verschlungen, aber noch sieht man ihn und er ist auch noch in Betrieb.

Wenn nun der Briefträger etwas für Bewohner dieser Straße hat, so ist er nur selten bereit, den ganzen Berg hochzustapfen, überhaupt wenn er an diesem Tag schon reichlich unterwegs getankt hat. Selten ist sein Pegel unter einem Promille und dies sind dann die Tage, an denen man sagen kann, dass er nüchtern ist.

Besagter Postbote deponiert die Schriftstücke in diesem Schaukasten. Dabei achtet er auch genau darauf, wem diese Post gehört. Bei einigen wenigen Adressen gibt es wunderbare Schnäpse – als Entlohnung für seine Mühen – und die lässt er sich natürlich nicht entgehen.

Jeder der in der Straße wohnt, bleibt bei diesem Schaukasten stehen um zu sehen, ob für ihn oder sie Post dabei wäre. Die fremde Post wandert danach wieder in den Kasten. Dabei bekommen die Menschen natürlich – zufällig – auch mit, wer welche Post von wem bekommt. Da hat man dann schon etwas zu plauschen, wenn man mit dem Nachbarn mal ins Reden kommt. „Das Grundstück vom Gruber wird wahrscheinlich bald zu haben sein, der hat in diesem Monat schon eine zweite Mahnung bekommen, der packt es nicht mehr lang.“ Wenn dem Gruber nicht seine Außenstände Schwierigkeiten bereiten, so tun es bald die Gerüchte, die er nicht in den Griff bekommt. So ist es dann auch keine Überraschung, dass er ein Jahr später verkaufen muss.

Das Grundstück des Kleingartenvereins sieht inzwischen ziemlich verwildert aus, weswegen es auch nicht zu unserem Spiel gehört. Eigentlich ist hier nur der Schaukasten von Bedeutung.

STOP – kurze Unterbrechung – die Wahlmöglichkeit

Dieses E-Book bietet Ihnen zwei Möglichkeiten. An dieser Stelle steht nun Ihre Entscheidung an, wie Sie dieses Werk genießen möchten.

Die erste Möglichkeit besteht darin, es einfach zu lesen und sich daran zu erfreuen. Falls dies Ihren Vorstellungen am meisten entspricht, dann lesen Sie einfach weiter.

Die zweite Möglichkeit, die hier geboten wird, ist eine Premiere. Sie können dieses E-Book auch als Spiel konsumieren. Das Spiel ist ab zwei Personen möglich, wobei auch mehrere Spieler teilnehmen können – es gibt also keine Begrenzung. Alleine zu spielen macht freilich nicht so viel Spaß.

Für dieses Spiel gibt es bestimmte Regeln, die weiter hinten (siehe Inhaltsverzeichnis – das Spiel) genau beschrieben werden. Sie benötigen dazu nur Papier und Schreibzeug, aber keine sonstigen Utensilien. Ein bisschen Zeit wäre allerdings schon fein.

Wenn man das E-Book allerdings vorher liest, dann macht das Spiel nicht mehr so viel Spaß, es sei denn man vergisst alles in ein paar Minuten.

Sie werden bei dem Spiel mit verschiedenen Rollen konfrontiert und können für die Dauer des Spieles eine ganz andere Person sein. Dabei geht es aber nicht nur um ihr Wissen, sondern auch um Ihre Kombinatorik und das emotionale Einfühlen. Natürlich geht es auch darum Spaß zu haben, denn sonst wäre es kein Spiel.

Sieger ist, wer die meisten Punkte am Ende des Spieles hat. Wenn es von zwei Personen gespielt wird, so kann man es 17 Mal spielen, ohne dass sich die gestellten Aufgaben wiederholen.

Nun ist es an Ihnen, sich zu entscheiden. Weiterlesen – oder das Spiel beginnen – dann wechseln Sie bitte über das Inhaltsverzeichnis zu – ‚Das Spiel‘

Die Nummer 3 - Hr. Oppolzer

Besuchen wir nun Herrn Oppolzer (1). Er wohnt auf der linken Straßenseite, fast ganz am Anfang, auf Nummer 3. Unterhalb seines Grundstücks residierte früher nur der Kleingärtnerverband auf Wahnsinnsstraße 1.

Herr Oppolzer war in seinem Beruf Ingenieur und arbeitete in einer Süßwarenfabrik, wo er für das Funktionieren der Maschinen zuständig war. Rund ums Jahr hegte und pflegte er seine Maschinen, denn ein Produktionsausfall war absolut unerwünscht. Seine Urlaube verbrachte er meist im eigenen Garten, um für seinen Arbeitgeber ständig erreichbar zu sein. Seit er im Ruhestand ist, kann er so wie in jungen Jahren, in Urlaub fahren. Zweimal im Jahr tut er dies auch.

Als er etwa 40 war, verstarb seine Luise bei einem Verkehrsunfall und den Schmerz hat er wohl nie verwunden, denn sie war für ihn die Richtige und da konnte auch keine andere Frau mehr mithalten. Er unternahm niemals einen ernsthaften Versuch, so sicher war er, dass seine Luise einzigartig war.

Seit er in Pension ist, fährt er nach Fernost, um sich dort erotisch auszutoben, oder auch etwas nachzuholen. Er überlegte einmal vor Jahren, sich von dort eine Frau mitzunehmen, wie manche Männer dies so machen, aber sein Kumpel, Herr Halmer redete ihm dies grundlegend aus.

Außer für Gedanken an seine Luise, ist in seinem Leben nur für wenige Dinge Platz. Süßigkeiten kann er zum Beispiel nicht ausstehen und auch dem Alkohol steht er sehr kritisch gegenüber. Ihm ein Bier anzubieten wäre so, als würde man dem Papst eine Geliebte anbieten – einfach unmöglich!

Es gibt aber schon etwas in seinem Leben, wofür er eine große Schwäche hat. Er besitzt seit ungefähr drei Jahrzehnten ein Auto. Es ist größer, als jenes von Herrn Halmer, denn es ist ein VW Käfer, also eine wirklich runde Sache. Da Herr Oppolzer am unteren Ende des Berges wohnt, braucht er auch nicht die steile Straße hochzufahren. Dennoch hat sich der Herr Ingenieur etwas überlegt. Ihm war aufgefallen, dass im Winter viel Streusalz auf der Straße ist, und all dies frisst Löcher in sein Fahrzeug. So etwas schmerzt ihn in der Seele. Sein ‚Murli‘ soll solche Qualen nicht zu erleiden haben. Es gibt allerdings keine Einfahrt in sein Grundstück und es steht auch keine Garage zur Verfügung. Also braucht er einen anderen Plan. Seit etwa 30 Jahren gibt es daher ein ganz anderes Szenario. Besuchen wir ihn einfach Mitte September.

Murli steht auf der Straße, vor dem Grundstück des Herrn Oppolzer, ordentlich eingeparkt. Am nächsten Tag sieht man, dass die Räder fehlen und das Fahrzeug auf Ziegelsteinen aufgebockt ist. In den folgenden Tagen und Wochen fehlen immer mehr Teile am Fahrzeug.

Obwohl das Fahrzeug schon ein Oldtimer ist, sind keine Diebe am Werk. Vielmehr ist es Herr Oppolzer, der hier Hand anlegt. Als Ingenieur ist ihm Technik vertraut, vor allem ältere Technik und daher zerlegt er seinen Murli in seine einzelnen Bestandteile. Auch Schweißnähte werden von ihm geöffnet, da hat er kein Problem damit! Teil für Teil wird in das Haus getragen. Dort werden die Teile eingeölt und dann in ein eingefettetes Spezialpapier verpackt. Danach hat jedes Teil seinen festen Platz, an den es verbracht wird. Einen exakten Plan, wo er was verstauen kann, hat er sich vor 30 Jahren gemacht. Jetzt ist klar, was auf dem Kasten liegt, was unter dem Bett und so weiter.

Entdeckt er während dieser Arbeiten irgendwelche Schwachstellen oder drohende Defekte, so wird dies genau protokolliert. Auf diese Weise kann er zu einem späteren Zeitpunkt für die Behebung des Problems Sorge tragen.

Für die schwersten Teile hat er ein kleines Wägelchen, welches er einmal aus einer Werkstatt erworben hat. Zuweilen kommt auch ein Freund, der ihm hilft. Dieser Freund hat früher mit ihm in der Fabrik gearbeitet und mit ihm gemeinsam fuhr Herr Oppolzer auch auf seine erotischen Urlaube.

Im Frühjahr wiederholt sich dann das Szenario, nur in umgekehrter Reihenfolge. Bis dahin hat er auch die Ersatzteile für schadhafte Stellen besorgt. Auf diese Weise entsteht sein Murli jedes Jahr neu und dazu gehört dann natürlich auch das Lackieren. Die Erwartung der Siedlungsbewohner ist, dass dieses Fahrzeug irgendwann eine neue Farbe bekommen würde, doch es wird jedes Jahr wieder ‚Mausgrau‘, denn so hatte er es seinerzeit gekauft und so soll es auch bleiben.

Herr Oppolzer liebt keine Veränderungen, denn das Leben selbst ist genug Veränderung. Wenn es möglich wäre, würde er sich auch jeden Tag eine Morgenzeitung kaufen, aber nur die Gleiche wie am Vortag. Dies war nicht immer so.

In seiner Jugend mochte er Abwechslung, aber seit der Katastrophe mit Luise hält er Neuigkeiten für schlecht oder gefährlich. Seine Gartenzwerge sind ihm eigentlich egal, aber er hatte schon vor vielen Jahren seine Obstbäume gerodet, weil sie ihm zu viel Arbeit machten. Als dann der Garten so nackt und kahl aussah, kam er auf die Idee, diesen mit Gartenzwergen zu schmücken. Immerhin brauchen diese keine Pflege, meint er jedenfalls. Früher hatte Luise immer Obstknödel, Obsttorten und andere Dinge gemacht. Herrn Oppolzers Kochkünste beschränken sich auf das Öffnen einer Konservendose und da sind Birnen, Äpfel, Pflaumen und anderes solches Gestrüpp für ihn sehr verzichtbar.

Auch eine Heizung und warmes Wasser gibt es in seinem Häuschen nicht, da er als Naturbursche sich eine solche Weichlichkeit gar nicht angewöhnen möchte. Dafür spielt er jede Woche im Lotto, weil er das seiner Luise noch am Sterbebett versprochen hat. Was man verspricht, dies muss man auch halten. Jede Woche setzt er dieselben Zahlen. Luise sagte ihm damals auch, warum sie wollte, dass er Lotto spielt. Er sollte doch auch einmal Glück haben, einmal so richtig im Lotto absahnen und dann könnte er sich ein neues Auto kaufen. Den Tick mit den alten Autos hatte er schon immer und dies ging Luise damals ziemlich auf den Geist.

Freitagmorgen ist Herr Oppolzer in der Lottostelle um sein Versprechen einzuhalten. Jede Woche zur selben Uhrzeit, bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit. Nur wenn er krank ist, bleibt er im Bett, denn das würde seine Luise ja von oben sehen und daher auch verstehen.

Am Freitagnachmittag zündet er sich dann mit seinem Lottoschein seine Pfeife an, voll Genuss und Freude. Er hat Luise niemals versprochen, sich ein neues Auto anzuschaffen. Wenn er den Lottoschein in der Pfeife raucht, dann kann er gar nicht in Versuchung kommen, sollte er doch einmal das Pech haben zu gewinnen. So manches Mal hat er schon einige Richtige gehabt, aber mit dieser Methode hält er sich alle Neuigkeiten vom Hals und braucht sich auch niemals von seinem Murli zu trennen. Und nach seiner Logik ist er seiner Luise absolut treu! Das, was er versprochen hat, hält er – Woche für Woche.

Wenn man kurz überlegt, wie viele Stunden er Jahr für Jahr mit seinem Murli in Summe verbringt, das Ganze noch über 30 Jahre, dann ist dies bestimmt mehr, als viele Menschen mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin verbringen. Viele Frauen wären glücklich, wenn der Ehemann so viel Liebe und Aufmerksamkeit aufbringen würde.