Wenn dir Unrecht geschieht - Erwin W. Lutzer - E-Book

Wenn dir Unrecht geschieht E-Book

Erwin W. Lutzer

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Beschreibung

Man hat Ihnen Unrecht getan. Wurden Lügen über Sie verbreitet? Sind Sie zurückgewiesen worden? Hat jemand sein Wort nicht gehalten oder Ihr Vertrauen ausgenutzt? Vielleicht sind Sie ein Opfer von Missbrauch. Es ist ganz natürlich, dass Sie von Zorn erfüllt sind. Diese Verletzungen schreien förmlich nach Gerechtigkeit! Was aber, wenn Gerechtigkeit in diesem Leben nicht möglich ist? Was, wenn der Schaden nicht rückgängig gemacht werden kann? Sie müssen eine Entscheidung treffen. Sie können an Ihrem Zorn festhalten, bis daraus ein Gefängnis der Verbitterung geworden ist, das Sie hindert, ein wirklich zufriedenes Leben zu führen. Sie können sich aber auch entscheiden, den Menschen zu vergeben, die Ihnen Unrecht getan haben. Erwin Lutzer beschreibt Situationen, in denen es um den Umgang mit schwierigen Personen, Konflikte in der Familie oder unter Christen geht. Wir lernen von ihm als Seelsorger, wie man von Verbitterung zu Vergebung und geistlichem Wachstum gelangt.

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Seitenzahl: 224

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Erwin W. Lutzer

Verletzung

Verbitterung

Vergebung

This book was first published in the United States by Moody Publishers,

820 N. LaSalle Blvd., Chicago, IL 60610

with the title »When You’ve Been Wronged«

© Copyright 2007 by Erwin W. Lutzer

Translated by permission.

Erwin W. Lutzer

Wenn dir Unrecht geschieht

Verletzung – Verbitterung – Vergebung

Best.-Nr. 275548 (E-Book)

ISBN 978-3-98963-548-7 (E-Book)

1. Auflage (E-Book)

© 2025 Christliche Verlagsgesellschaft mbH

Am Güterbahnhof 26 | 35683 Dillenburg

[email protected]

Übersetzung: Christiane Eichler, München

Satz: Christliche Verlagsgesellschaft mbH

Umschlaggestaltung: Johanna Fleischer

Wenn Sie Rechtschreib- oder Zeichensetzungsfehler entdeckt haben, können Sie uns gern kontaktieren: [email protected]

Inhalt

Einführung: Diese unmöglichen Menschen

1. Satans bunte Mischung von Kränkungen

2. Die blindmachende Wirkung von Kränkungen

3. Darf ich vorstellen: Kain, der Zerstörer

4. Familie im Krieg: Wenn das Vertrauen zerstört wird

5. Speeren ausweichen

6. Christen vor Gericht

7. Von der Bitterkeit zum Segen

8. Die hohen Kosten der Versöhnung

9. Wenn Versöhnung misslingt

Anmerkungen

Einleitung

Diese unmöglichen Menschen

Viele Christen sitzen in der Falle. Von Freunden, von Verwandten und sogar Gliedern der christlichen Gemeinde verletzt, sitzen sie hinter Mauern aus Feindschaft und tiefem Groll. Der Teufel, der in seinem Kampf gegen Gottes Volk immer wieder nach Vorteilen sucht, hat viele von ihnen gelähmt, weil sie auf den nur schwer greifbaren Tag warten, an dem alles Unrecht richtiggestellt wird und sie rehabilitiert werden. Bis dahin sind sie an Versöhnung und Vergebung nicht interessiert.

Viele haben sich selbst aus der Rennbahn des Glaubens genommen, treten auf der Stelle und warten auf den Tag ihres Freispruchs. In der Tat scheint die Versöhnung mit denen, die uns verletzt haben – oder mit denjenigen, die wir verletzt haben –, manchmal unmöglich zu sein.

Und so sitzt man es also aus. Oder man beobachtet andere dabei, wie sie es aussitzen. Wir sind alle schon solchen Leuten begegnet, die ständig und intensiv den Gedanken an erlittenes Unrecht pflegen. Sie sind so verbittert, dass sie sich nicht nur weigern zu vergeben, sondern ihre Erwartungen an andere sind so unrealistisch, dass sie dazu verurteilt sind, ohne die Wohltat einer wiederhergestellten Beziehung leben zu müssen.

Selbst angesichts überwältigender Beweise weigern sich manche zuzugeben, dass sie Unrecht getan haben, und erwarten als Preis für die Versöhnung, dass die andere Partei etwas zugeben soll, woran sie keine Schuld trägt. Andere suchen Versöhnung nur als Vorwand, um weiter die Menschen zu kontrollieren, mit denen sie sich entzweit haben. Ehemalige Freunde, Bekannte und Familienmitglieder müssen sich ihren Vorstellungen unterordnen, was andere ihnen schuldig sein sollen und wie das ihnen angeblich zugefügte Unrecht wiedergutgemacht werden kann. Diese Menschen machen alles kaputt; wir werden ihnen in einem späteren Kapitel dieses Buches begegnen.

Jesus wusste, dass wir als Menschen einander verletzen, ob nun absichtlich oder unabsichtlich. Er wusste, dass es solche gibt, die andere in die Irre führen, entweder durch Irrlehren oder durch falsche Ansichten über das Leben an sich. Jesus ging davon aus, dass es unausweichlich Leute gibt, die andere kränken. In Matthäus 18,7 warnte er: »Wehe der Welt der Ärgernisse wegen! Denn es ist notwendig, dass Ärgernisse kommen; doch wehe dem Menschen, durch welchen das Ärgernis kommt!«

Anstoß nehmen

Das Wort »Ärgernis« oder »Anstoß« ist eine Übersetzung des griechischen Wortes skandalon, von dem wir unser deutsches Wort »Skandal« ableiten. Ursprünglich wurde das Wort benutzt, um die Falle zu bezeichnen, in der man ein wildes Tier fängt. Man kann es also mit »Falle« oder »Ärgernis« übersetzen; es bezeichnet etwas, was unseren Wandel mit Gott hindert.

Genau dieses Wort wird in Matthäus 16,23 benutzt, wo Petrus aus Liebe zu seinem Meister versuchte, ihn vom Kreuz abzuhalten. Jesus tadelte Petrus, indem er sagte: »Geh hinter mich, Satan! Du bist mir ein Ärgernis [skandalon], denn du sinnst nicht auf das, was Gottes, sondern auf das, was der Menschen ist.«

Jesus ging Petrus nicht in die Falle, aber manchmal gehen wir dem Teufel in die Falle. Diese Falle besteht aus Bitterkeit oder einer falschen Selbstwahrnehmung, die wir mit überzeugenden Argumenten und wiederholten Beteuerungen unserer Unschuld rechtfertigen. Doch wenn wir uns weigern, solche Kränkungen abzuschütteln, verletzen sie nicht nur unsere Gefühle, sondern sie können von uns einen enormen geistlichen Tribut fordern. Wenn wir diese Kränkungen nicht hinter uns lassen, können sie Auswirkungen haben, die bis in die Ewigkeit reichen.

Betrachten Sie nun die andere Seite der Medaille: Zu jedem Menschen, dem Unrecht geschehen ist, gehört jemand, der das Unrecht getan hat. Es bedeutet, dass vielleicht etwa die Hälfte von denen, die diese Einführung lesen, sich selbst als Opfer von Ungerechtigkeit ansehen, aber ebenso selbst auch auf verschiedene Weise anderen Unrecht getan haben und grausam zu ihnen gewesen sind! Wie wir entdecken werden, sind wir normalerweise blind für unsere eigenen Fehler, stattdessen reiten wir auf dem Versagen anderer herum und spielen unser eigenes herab.

Deshalb ist dieses Buch für beide Gruppen geschrieben – für solche, die der Meinung sind, dass ihnen Unrecht geschehen ist, und für solche, die Unrecht getan haben, aber behaupten, unschuldig zu sein. Gott hat sowohl ein Wort für die Verletzten als auch für die »Verletzer«, also für diejenigen, die anderen Schmerzen zufügen, aber zutiefst davon überzeugt sind, dass sie im Recht sind.

Hören, was Gott sagt

Wenn Sie dieses Buch lesen, dann hören Sie diese Worte nicht nur für andere, sondern hören Sie auch darauf, was Gott Ihnen zu sagen hat. Wenn wir unsere eigenen Fehler nicht einsehen, werden wir nie in der Lage sein, fair und biblisch mit den Fehlern anderer Menschen umzugehen. Nur wenn wir bereit sind, ehrlich mit unseren eigenen Sünden umzugehen, werden wir davor bewahrt, die Sünden anderer verzerrt zu sehen und übertrieben auf sie zu reagieren. Wir dürfen dankbar sein, dass der Heilige Geist uns unser eigenes hilfsbedürftiges Herz zeigt.

Ehen werden zerstört, Gemeinden gespalten und Gläubige auf ihrem Weg ausgebremst, weil sie auf Kränkungen nicht angemessen reagiert haben. Sie sind bitter geworden und gehen schnell auf die Barrikaden, sie sind kritisch und hartherzig anderen gegenüber. Satan kann die Kränkung benutzen, um sie in Gefangenschaft zu halten. Zwischen ihnen und Gott ist eine Mauer, von der sie noch nicht einmal wünschen, dass sie eingerissen wird.

Wir erinnern uns leichter und länger an Kränkungen als an die guten Taten, die andere für uns getan haben. Fragen Sie jemanden nach seiner Schulzeit, und er wird wahrscheinlich von einer Kränkung berichten: »Ich erinnere mich daran, wie ich in der siebten Klasse gedemütigt worden bin.« Wir vergessen die guten Zeiten und erinnern uns daran, dass uns Unrecht getan wurde.

Wie lange wird es dauern, bis Sie vergessen, dass Ihnen ein Freund das Geld nie zurückgezahlt hat, das Sie ihm geliehen haben? Insbesondere, wenn Sie erfahren, dass er das Geld hat, sich ein neues Auto zu leisten! Werden Sie es in fünf Jahren vergessen oder erst in zehn? Tatsache ist, dass wir solche Kränkungen mit ins Grab nehmen. Oder es gab vielleicht einen Freund, der Ihr Vertrauen missbraucht hat, und Sie fühlen sich nun von ihm verraten. Ich kenne jemanden, dem ich eine Information gab und den ich bat, sie für sich zu behalten. Später erfuhr ich jedoch, dass er sie anderen weitergegeben hat. Ich fühlte mich verraten, und bis heute denke ich an diesen Vorfall, wenn ich ihm begegne. Schon vor Jahren habe ich beschlossen, diese Kränkung hinter mir zu lassen, aber die Wahrheit ist, dass ich diesem Menschen keine vertraulichen Angelegenheiten mehr mitteilen würde. Wie lange braucht eine junge Frau, um den Freund zu vergessen, der ihr unsterbliche Liebe geschworen, sie aber wie Dreck weggeworfen hat, nachdem er sie zur Befriedigung seiner sexuellen Lust benutzt hatte? Die Lügen, der Verrat, das Gefühl, ausgenutzt worden zu sein, klebt wie Pech an ihrem Herzen fest. Diese Frau wird die Erinnerung daran mit ins Grab nehmen, und wahrscheinlich werden die Folgen dieser Erinnerung ihr gesamtes Leben schädigen.

»Ein hartes, bitteres Wort im Sommer reicht für einen ganzen Winter«, hat einmal jemand gesagt. Ja, es kann sogar für viele Winter reichen. Kürzlich habe ich mit einem Pastor gesprochen, der von seinen Gemeindeältesten verraten wurde. Sie hatten sich in die Machenschaften eines Machtmenschen hineinziehen lassen und weigerten sich, denjenigen zur Rechenschaft zu ziehen, der haarsträubende Anklagen gegen den Mann Gottes vorgebracht hatte. Die Wunde bei diesem Diener Gottes ist noch offen, noch zu frisch, um verbunden zu werden. Er weiß nicht, wem er noch trauen soll. Wie ein amerikanisches Sprichwort sagt: »Wenn du deine Zunge an heißer Milch verbrannt hast, wirst du auch beim Joghurt noch pusten!«

Ja, es braucht Zeit, bis solche Wunden heilen. Aber wie viel Zeit? Einige halten ihre Wunde so frisch wie an dem Tag, als das Messer in ihr Herz gestoßen wurde. Bei ihnen heilt die Zeit keine Wunden, weil sie ihre Verletzung sorgfältig pflegen und eine Art unfreiwilliges Gedächtnisprotokoll diese Wunden offen hält.

Kränkungen und der Schaden, den sie anrichten, können in der Hand Satans mächtige Werkzeuge sein. Solche Kränkungen können Ihnen die Kraft rauben, Sie ständig in Kämpfe verwickeln und für Gott unbrauchbar machen. Zu erkennen, wie Satan Kränkungen benutzt, um Mauern zwischen Ihnen und Gott oder zwischen Ihnen und anderen Menschen aufzubauen, ist der erste Schritt dahin, geistlich weiterzukommen und sich von der Vergangenheit zu lösen. Keine zwei Stolpersteine sind gleich. Ein Freund erzählte mir die tragische Geschichte eines jungen Mannes, der vor vielen Jahren eine Missionskonferenz in der Moody Bible Church, wo ich dem Herrn diene, besucht hat. Er und sein Freund waren fasziniert und wurden ganz klar vom Heiligen Geist überführt, als sie dem Redner des Abends zuhörten. Er sprach voller Begeisterung über den Missionsbefehl und beendete seine Botschaft mit einem Aufruf an junge Menschen, sich zum vollzeitlichen christlichen Dienst zur Verfügung zu stellen. Der junge Mann wandte sich, offensichtlich vom Geist Gottes angetrieben, an seinen Freund, der am Moody Bible Institute studierte, und sagte: »Ich glaube, dass der Herr mich in die Mission ruft. Ich möchte Missionspilot werden. Gehst du mit mir nach vorn?« Sie reagierten zusammen auf den Aufruf und gingen nach vorn, wo der junge Mann in einem Gebet seine Bereitschaft zu völliger Hingabe zum Ausdruck brachte.

Als er nach Hause kam und den Eltern von seinem Entschluss berichtete, lachten sie ihn aus. Sie drohten ihm sogar, ihn zu enterben, wenn er ein solch lächerliches Vorhaben in die Realität umsetzen würde! Er resignierte angesichts dieser Reaktion. Er sprach nie wieder von dem Abend in der Moody Bible Church. Seine Eltern und ihre Worte wurden ihm zum Anstoß – zum skandalon –, der dazu führte, dass er aus dem Tritt kam und sich von dem Besten, das Gott für ihn vorgesehen hatte, entfernte.

Können solche Kränkungen überwunden werden? Kann so eine Verletzung geheilt und der Betroffene wieder aufgebaut werden? Die Antwort lautet: Ja. Aber dauernde Befreiung und Heilung von der zerstörerischen Kraft einer Kränkung kann ein Mensch ausschließlich durch die Gnade und Vergebung Christi erlangen. Mein Gebet ist, dass Ihnen dieses Buch den Weg dorthin weist.

Ein Weg, dem man folgen kann

Dieses Buch handelt von Kränkungen, und es handelt sowohl von Erfolg als auch Misserfolg bei der angestrebten Versöhnung. Vor allem soll dieses Buch eine Hilfe sein, um unser Gewissen zu reinigen und zur Freiheit in unserer Beziehung zu Gott zurückzufinden. Es ist ein Buch, das uns ermöglicht, all das hinter uns zu lassen, was andere uns angetan haben, und vorauszuschauen statt in die Vergangenheit zurückzublicken. Es ist ein Buch über die Grenzen, die gesetzt werden müssen, um den Einfluss schädlicher Menschen einzuschränken, die davon beseelt sind, ihr Gift so vielen Menschen wie nur möglich zu verabreichen.

Ganz gleich, was es kostet, unser Gewissen muss so gereinigt werden, dass wir das nagende Gefühl loswerden, dass ein Teil unserer Vergangenheit unerledigt geblieben ist. Ein reines Gewissen erlaubt Ihnen, Ihr Leben frei von Kränkungen zu führen – vor Gott und vor anderen Menschen. Offen gesagt: Ich bin der Überzeugung, dass echte Versöhnung die Grundlage für Erweckung ist, denn wenn unsere Seelen nicht mehr von Bitterkeit und Verletzung verstopft sind, hat der Geist Gottes Freiheit, zu wirken und zu heilen. Zum Leib Christi gehören heute unzählige verbitterte, verletzte und verwundete Menschen, die durch persönliche Verletzungen gebunden sind. Doch wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit – und Freiheit bringt Erweckung.

Als ich diese Vorträge in der Moody Bible Church hielt, haben Hunderte von Menschen reagiert und den Entschluss gefasst, keine Kränkungen mehr mit sich herumzuschleppen, die sie auf ihrem Weg mit Gott behinderten. Als sie sich von Gott befreien ließen, entdeckten sie, dass auch sie andere befreien konnten, sodass der Name des Herrn in unseren Gemeinden und Familien geehrt wird.

Mögen Ihnen die folgenden Seiten einen Weg zur Heilung und persönlichen Erweckung eröffnen. Lassen Sie uns mit Gottes Hilfe diesen Weg beschreiten.

Kapitel 1

Satans bunte Mischung von Kränkungen

»Was Sie nicht vergeben, geben Sie weiter«, war der weise Ausspruch eines Seelsorgers gegenüber einer Frau, deren Ehemann 25 Jahre lang ein Doppelleben geführt hatte. Erst als er an AIDS starb, erkannte sie, dass der Mann, dem sie ihr Vertrauen geschenkt hatte, sie die ganze Zeit betrogen hatte und sie sogar hätte anstecken können. Jetzt, einige Jahre nach seinem Tod, stand eine Entscheidung für sie an: Sollte sie ihren Zorn und ihren Wunsch nach Rache aufrechterhalten, oder sollte sie beides um ihrer selbst willen und im Gehorsam gegenüber dem Herrn, den sie lieben gelernt hatte, aufgeben?

In diesem Kapitel werden wir einige der häufigsten Kränkungen beschreiben, die viele von uns zu ertragen haben. Im nächsten Kapitel werden wir beschreiben, was denen passiert, die mit Kränkungen nicht auf gesunde Weise umgehen können. Wenn niemand Sie bisher verletzt hat oder wenn Sie nicht in einer verfahrenen Beziehung zu jemandem stecken, können Sie dennoch von diesem Kapitel profitieren, indem sie das Dilemma solcher Menschen verstehen lernen, die den Schmerz einer zerbrochenen Beziehung aushalten müssen.

Verrat

König David, der zweite König Israels, kannte persönliche Verletzungen sehr gut. Er hatte nicht nur selbst anderen Verletzungen zugefügt, indem er ahnungslose Menschen nach seinen eigenen Regeln behandelte; er durchlitt auch selbst Situationen, in denen seine Feinde ihm wegen seines Vertrauens auf Gott fluchten. Aber die schmerzlichste Zeit im Leben Davids war, als die Menschen, die ihm am nächsten standen, Verrat an ihm übten. Nichts tut so weh, als die tiefe Verletzung durch einen Menschen, der uns nahe steht.

Lesen Sie Davids Worte in Psalm 55 sorgfältig. Vielleicht können Sie die Intensität seines inneren Kampfes nachempfinden.

»Nimm zu Ohren, o Gott, mein Gebet, und verbirg dich nicht vor meinem Flehen! Horche auf mich und antworte mir! Ich irre umher in meiner Klage und muss stöhnen vor der Stimme des Feindes, vor der Bedrückung des Gottlosen; denn sie wälzen Unheil auf mich, und im Zorn feinden sie mich an. Mein Herz bebte in meinem Innern, und Todesschrecken haben mich befallen« (Ps 55,2-5).

Die Verletzung, die David hier beschreibt, bereitet ihm seelische Qualen und lässt ihn verzweifeln. Aber erst später im Psalm offenbart er die überraschende Quelle dieser Verletzung – ein enger Freund.

»Wenn mein Feind mich schmähte, wollte ich es ertragen; wenn einer, der mich hasst, groß tut wider mich, wollte ich mich vor ihm verbergen. Aber nun bist du es, mein Gefährte, mein Freund und mein Vertrauter, die wir freundlich miteinander waren, die wir in Gottes Haus gingen inmitten der Menge!« (Ps 55,13-15).

David räumt ein, dass solche Kränkungen wohl leichter zu ertragen wären, wenn sie von seinen Feinden kämen – von ihnen würde er das erwarten. Aber er gibt sehr kraftvoll seinen Gefühlen Ausdruck, die wir alle schon empfunden haben, wenn wir von einem engen Freund, einem geliebten Menschen oder jemandem, dem wir glaubten vertrauen zu können, verletzt worden sind.

Das ist der Grund, warum Scheidungen meistens hässlich und bitter verlaufen. Es geht um jemanden, den ich liebe, jemanden, mit dem ich das Haus, und sogar das Bett geteilt habe, und der jetzt zu meinem schlimmsten Feind geworden ist. Es passiert aber auch unter Geschäftspartnern und unter Mitarbeitern im Dienst für den Herrn. Und weil so vieles von diesen persönlichen Beziehungen abhängt, liebt Satan es, hier sein Unheil anzurichten. Oftmals erscheinen diese Kränkungen erstaunlich belanglos und unbedeutend – aber in den Händen des Feindes können sie unermesslichen Schaden anrichten.

Was drin ist in Satans »Trickkiste«

Satan verwendet eine bunte Mischung von Kränkungen, um Menschen in Unfreiheit zu halten. Lassen Sie uns einige davon untersuchen und dann im nächsten Kapitel herausfinden, was bei diesen ungelösten Problemen im menschlichen Herzen vor sich geht. Das wird uns helfen zu verstehen, warum Versöhnung oft so schwierig und manchmal unmöglich ist.

Die erste schmerzhafte Kränkung aus Satans Trickkiste ist ein gebrochenes Versprechen. Hören Sie die verzweifelte Klage dieser Frau: »Beten Sie für mich … ich habe wieder einmal den Test nicht bestanden. Ich habe den Lügen eines anderen Mannes geglaubt, dass er mich heiraten würde. Natürlich habe ich mich über die Lehre des Wortes Gottes bezüglich Sexualität hinweggesetzt. Ich bin Christin und liebe Jesus von ganzem Herzen. Aber ich werde schwach, wenn es um allzu Menschliches geht. Immer wieder lügen die Männer mich an und ich glaube ihnen. … Ich werde betrogen, und Satan missbraucht mein Bedürfnis.«

In ihrem Brief fährt sie fort, dass sie sich zwei Jahre lang regelmäßig mit diesem Mann getroffen hat, dass sie gemeinsam in der Gemeinde gedient haben und dass er scheinbar die Antwort auf alle ihre Gebete war. Aber als seine Eltern entdeckten, dass die beiden heiraten wollten, bedrängten sie ihren Sohn, weil sie fürchteten, die Kontrolle über ihn zu verlieren. Sie behaupteten, dass seine Freundin kein Recht habe, eine Ehe zu erwarten, insbesondere weil sie seinen sexuellen Bedürfnissen nicht angemessen nachkam. Er wiederum fing an, mit einer Frau zu schlafen, die er über das Internet kennengelernt hatte, und beschimpfte nun die Frau, der er die Ehe versprochen hatte. Das ganze Ausmaß ihres Zorns wird deutlich, wenn wir weiterlesen:

»Ich hatte keine Ahnung, dass ich eine Beziehung mit einem Dämon eingegangen bin, der von solchen ›Teufelseltern‹ kontrolliert wird.« Diese liebe Frau – möge Gott ihr helfen – sagt, dass sie schon seit ihrem vierzehnten Lebensjahr von Männern missbraucht worden sei, und jetzt ist sie 46. Der Mann, über den sie mir schrieb, war nur einer von einer langen Liste derer, die sie betrogen hatten. Er ging sogar so weit, das Verlöbnis mit ihr genau an ihrem Geburtstag zu lösen, um sie noch zusätzlich zu kränken. Wie diese Frau mit ihrem Schmerz umgeht, ist sehr wichtig und wird ihre geistige Gesundheit in den nächsten Jahren bestimmen.

In geringerem Maße haben wir alle schon den Schmerz eines nicht gehaltenen Versprechens erfahren. Sie leihen einem Freund Geld, und er sagt: »Du kannst dich darauf verlassen, dass ich es dir zurückzahle, sobald ich kann.« Doch nachdem er wieder Arbeit gefunden hat und es ihm gut geht, ist von dem geliehenen Geld keine Rede mehr; und wenn er Ihnen begegnet, tut er so, als sei alles in Ordnung.

Ich habe einmal von einem Zahnarzt gehört, zu dessen Patienten viele Christen gehörten. Er wandte sich schließlich von der Gemeinde ab und begründete dies damit, dass es zu viele Chormitglieder gebe, die durch die unbezahlten Zähne singen würden, die er ihnen in Ordnung gebracht habe! Ein gebrochenes Bein mag so gut verheilen, dass der Unfall bald vergessen ist, aber gebrochene Versprechen können lebenslange Verletzungen verursachen.

Ein junger Pastor begann einen Dienst an den Insassen des örtlichen Gefängnisses. Jeden Samstagmorgen ging er in die Zellen und nahm sich für die Insassen Zeit zum Bibelstudium und Gebet – meist weiße junge Männer, die dort einsaßen, weil sie vom Raubüberfall bis zum Drogenmissbrauch alles mögliche verbrochen hatten. Wenn er das Gefängnis betrat, war die Verzweiflung und der Zorn dieser 19- bis 24-Jährigen mit Händen zu greifen. Als der junge Pastor daraufhin einen der Wärter fragte, wie es komme, dass so viele von diesen vielversprechenden jungen Männern an einem solchen Ort landeten, seufzte dieser und sagte: »Diese Anstalt ist voller Jungs, die es leid waren, darauf zu warten, dass ihre Väter ihre Versprechen halten – Versprechen, für sie zu sorgen, mit ihnen Zeit zu verbringen und abends rechtzeitig nach Hause zu kommen. Sie waren schließlich so voller Zorn über diese Ungerechtigkeit, dass sie loszogen und Dummheiten gemacht haben.«

Junge Männer, die darauf warten, dass die Väter ihre Versprechen halten! Was für eine ernüchternde Erkenntnis, dass ein gebrochenes Versprechen dazu beitragen kann, einen jungen Menschen auf den Weg in ein kaputtes Leben zu führen. Wir müssen die Tatsache akzeptieren, dass wir alle mit Versprechen leben, die wir gebrochen haben, oder mit solchen, die andere uns gegeben, aber nicht gehalten haben.

Das zweite Ärgernis in dieser bunten Mischung ist Vertrauensbruch.

Ein junger Mann erzählte seinem Pastor von seinem Kampf mit der Homosexualität. Er war der Ansicht, dass sein offenes Reden darüber der Schweigepflicht unterliege, weil er ernsthaft Hilfe suchte. Doch ein paar Wochen später erwähnte der Pastor mitten in seiner Predigt: »Kürzlich hat mir ein junger Mann aus unserer Gemeinde von seinem Kampf mit homosexuellen Neigungen berichtet …« Er fügte genügend Einzelheiten hinzu, dass die Leute in der kleinen Gemeinde vermuten konnten, wer dieser junge Mann war, der Einblick in seine tiefsten Gedanken und Kämpfe gegeben hatte. Sofort fing die Tuschelei an, und der am Boden zerstörte junge Mann verließ die Gemeinde, um niemals wieder zurückzukehren. Gedemütigt, verraten, benutzt.

Wohin wenden Sie sich, wenn Menschen, die Sie für vertrauenswürdig hielten, Ihr Innerstes preisgeben? Leider haben sich Gemeinden gespalten, Freundschaften sind beendet worden und Dienste mühsam geworden, weil die Beteiligten mitten in die Turbulenzen von Vertrauensbrüchen geraten sind.

Satans Mischung enthält eine dritte Verletzung: persönliche Zurückweisung oder Ablehnung. Wir können darunter nicht nur alle Arten von verbaler, emotionaler und sonstiger Ablehnung verstehen, sondern auch üble Nachrede und Klatsch. Ich erinnere mich daran, dass ich als Kind folgendes Sprichwort lernte: »Stöcke und Steine können mir die Knochen brechen, aber Schimpfwörter nicht.« Ich weiß nicht, wer diesen Spruch aufgebracht hat, aber eigentlich sollte er verboten werden! Wer hat nicht schon den Schmerz eines unfreundlichen Wortes verspürt, einer Stichelei oder einer rassistischen Beschimpfung? Solche Stacheln dringen tief in die menschliche Seele ein. Eine schneidende Bemerkung hat die Kraft, die emotionale Entwicklung eines Kindes zu stören und es darauf festzulegen, diesen Schmerz in seinem späteren Leben auszugleichen.

Ein Sack voll Schmerz

Eine Verletzung – manchmal sind es mehrere – die Ihr Leben und Ihre Beziehungen qualvoll werden lassen, wird von Satan inszeniert, um Sie und mich an die Sünde zu fesseln. Solche Verletzungen sind folgende:

1.Ein gebrochenes Versprechen. Erinnern Sie sich noch immer an ein nicht gehaltenes Versprechen? Haben Sie der Person vergeben, die es gebrochen hat?

2.Missbrauchtes Vertrauen. Wie haben Sie reagiert, als jemand Ihr Vertrauen missbraucht hat?

3.Persönliche Zurückweisung oder Ablehnung. Dazu gehören nicht nur verbale und emotionale Ablehnung, sondern auch üble Nachrede und Klatsch.

4.Falsche Beschuldigung. Wenn man fälschlich beschuldigt wird, so kann das den eigenen Ruf zerstören und Beziehungen schädigen. Es fällt sehr schwer, dem Ankläger zu vergeben und das Vertrauen wiederherzustellen.

5.Misshandlung. Körperliche oder seelische Misshandlung hinterlässt oft dauerhafte emotionale Narben. Gott jedoch kann Heilung bringen und die Fähigkeit verleihen zu vergeben.

Viertens gehört zu dieser bunten Mischung die Verletzung durch falsche Beschuldigung. So klagt zum Beispiel ein Mädchen im Teenageralter fälschlicherweise einen Jungen an, etwas getan zu haben, was er nicht getan hat. Wenn er es abstreitet, dann werden u. U. die Familien in einen Streit über die Wahrheit geraten. Eine falsche Beschuldigung zerstört jegliches Vertrauen, und die Beziehung wird anstrengend und kühlt merklich ab. Und manchmal kann der Zerbruch durch eine falsche Beschuldigung so tief gehen, dass eine Versöhnung unmöglich erscheint. Die Mauern werden so hoch, dass fast niemand mehr hinüberkommt.

Fünftens enthält die Trickkiste das schreckliche Vergehen der Misshandlung, etwa wenn ein Elternteil einem Kind leiblichen oder seelischen Schmerz zufügt. Diese Schmerzen breiten sich im Leben und in der Wahrnehmung eines Kindes so sehr aus, dass es sogar bis ins Erwachsenenalter mit Zorn und Selbsthass zu kämpfen hat. Wenn Sie diesen Abschnitt lesen, dann scheint das Böse, das manchen Kindern angetan wird, auf den ersten Blick kaum zu tilgen sein. Es ist schrecklich, diese Nöte zu beschreiben. Diese seelischen Wunden vernarben einfach nicht, als Beweis dafür, dass eine Heilung stattgefunden hat. Doch glauben wir sogar hier an Gottes Gnade und Heilung.

Fünf schlimme Formen des Schmerzes. Jede einzelne oder mehrere dieser Verletzungen führen zu zerbrochenen Beziehungen, und normalerweise wird der, dem Unrecht getan wurde, von Bitterkeit und Groll zerfressen. Satan schlachtet solchen Schmerz regelrecht aus, indem er ihn ins Zentrum der Aufmerksamkeit und der Gedanken und Einstellungen eines Menschen stellt. Der Feind freut sich über die Gelegenheit, einen ansonsten möglicherweise erfolgreichen Nachfolger Christi zu schwächen, indem er eine persönliche Kränkung oder Verletzung benutzt, um ihn in geistlicher Hinsicht unempfänglich zu machen.

Hindernisse für Versöhnung

Zwei Schwestern hatten sich über die Jahre einander entfremdet. Die jüngere lehnte den christlichen Lebensstil ab, und die ältere folgte Christus von ganzem Herzen. Die jüngere, Christine, schloss eine unglückliche Ehe und nahm es ihrer älteren Schwester übel, dass sie einen feinen, christlichen Mann geheiratet hatte. Trotz aller Unterschiede in ihren Werten und ihrer Weltanschauung ruft Christine ihre Schwester Monika häufig an, um »sich mal wieder zu treffen«.

Aber das Gespräch läuft üblicherweise so ab:

»Ihr kommt nie bei uns vorbei.«

»Wir möchten gerne, Christine, aber wenn wir es versuchen, dann hast du immer eine Ausrede.«

»Nun, es gibt schließlich Gründe dafür. Unsere Kinder stellen regelmäßig das Haus auf den Kopf. Weißt du, es ist schwer, alles sauber zu halten. Außerdem hast du mich die ganzen Jahre nie unterstützt. Ich meine, warum hast du mich nie verteidigt, wenn Vater und Mutter mich geschlagen haben?«

»Ich war doch auch erst neun Jahre alt, und es gab nicht viel, was ich hätte tun können, weil ich zu der Zeit nicht erkannt habe, wie schlimm das war.«

»Als ich mit Don geschlafen habe, bevor wir verheiratet waren, hast du mich auch nicht unterstützt.«

»Sicher nicht, denn ich habe das damals für falsch gehalten und halte es auch heute noch für falsch.«

»Ja, aber beweist das nicht, dass du mich ablehnst?«

»Nein, ich lehne dich nicht ab, das habe ich nie getan.«

»Natürlich lehnst du mich ab, gib es zu, Monika. Du hast mich nicht verteidigt, wenn Mutter und Vater mich verprügelt haben, und du hast dich geweigert, mich in meiner Ehe mit Don zu unterstützen. Seit ich mit Don geschlafen hatte, warst du der Meinung, du wärst etwas Besseres als ich. – Und außerdem finde ich es ungerecht, dass Mutter und Vater dir Geld für die Ausbildung gegeben haben, mir aber nicht.«

»Ich habe unsere Eltern nie gebeten, meine Ausbildung zu finanzieren.«

»Vielleicht nicht, aber du hast es gern angenommen und hast dich um mich überhaupt nicht gekümmert.«

»Natürlich habe ich mich um dich gekümmert, ich …«

»Du hasst mich, und du hast mich immer ausgenutzt.«

»Nein, ich hasse dich nicht, Christine, und wir versuchen gerne, mal bei euch vorbeizukommen; allerdings müssen wir uns auf einige Regeln einigen, die für deine und meine Kinder gelten müssen.«