Wider die Propaganda deutscher Leitmedien - Wolfgang Feigs - E-Book

Wider die Propaganda deutscher Leitmedien E-Book

Wolfgang Feigs

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Beschreibung

Die einseitige Gleichartigkeit von Informationen in mehreren ver- schiedenen Leitmedien bei bestimmten Themen wie z.B. Russ- land lässt Skepsis aufkommen und führt zu der Frage nach den Ursachen dieser Gleichartigkeit. In der DDR z.B. bestimmte das Politbüro der SED den Inhalt der Informationen. In den heutigen westlichen Demokratien dagegen sind es hinter den Kulissen ver-borgene Macher, d.h.- neben Politikern - Vertreter von Wirtschaft und Banken sowie Redakteure, miteinander vernetzt in sog. Nichtregierungsorganisationen, die die Öffentlichkeit mit Hilfe von Leitmedien und Public-Relations-Firmen nach ihren politisch-ideologischen und ökonomischen Interessen zu manipulieren versuchen - zur Zeit beängstigend in Richtung Krieg, letzten Endes zwischen den USA und Russland. Daher bedarf es einer fortlaufenden Aufklärung über diese gefährliche Manipulation, um nicht wie ahnungslose Juden in der Zeit des Nationalsozialis-mus in die Lage zu geraten, auf das Duschen - heute auf eine Entspannung des Verhältnisses zwischen den USA und Russland - zu warten, um in der Gaskammer - heute in einem Atomkrieg - zu landen. Damit versteht sich dieses Buch als Beitrag zur Erhal-tung des Friedens. Es sollte bewusst kein abschreckend dickes Buch sein, sondern einen schnellen Überblick geben über die kriegstreibenden Leitmedien-Informationen, der mit Hilfe der Li-teraturhinweise je nach Interesse suppliert werden kann.

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Inhalt

Der Anlass zu diesem Buch

Die norwegischen Parlamentswahlen von 2013 in der Propaganda deutscher Leitmedien

Die Westen-Russland-Krise in der Propaganda deutscher Leitmedien 2014- 2016

Die Westen-Russland-Krise in Wirklichkeit

3.1 Der auβenpolitische Kontext

3.1.1 Die amerikanische Auβenpolitik

3.1.2 Die russische Auβenpolitik

3.1.3 Die Auβenpolitik der EU

3.2 Westliche Provokationen gegen Russland und dessen Reaktion

3.2.1 Die NATO-Osterweiterung

3.2.2 Der Georgien-Krieg

3.2.3 Das westliche Raketenabwehrsystem

3.2.4 Die Ukraine-Krise

3.2.4.1 Der historische Kontext

3.2.4.1.1 Die Geschichte der Ukraine

3.2.4.1.2 Zur Geschichte der Krim

3.2.4.2 Das Assoziierungsabkommen der EU mit der Ukraine

3.2.4.2.1 Die geopolitischen Folgen

3.2.4.2.2 Die ökonomischen Folgen

3.2.4.3 Die Rede Putins vom 18.3.2014

3.2.5 Die Nahost-Krise

Bedroht Russland den Westen?

Das heutige Russland ist nicht die Sowjetunion

Wie empfehlenswert ist das amerikanische Gesellschaftsmodell?

Die Notwendigkeit einer anderen Medienkultur

Demokratie und Globalisierung

Fazit

Nachwort

Abbildungen

Anmerkungen

Register

Der Anlass zu diesem Buch

Es begann mit den Berichten über die norwegischen Parlamentswahlen 2013 in deutschen Leitmedien, die zu einer Koalition von Høyre („norwegische CDU“) und der liberalistischen Fremskrittsparti (Fortschrittspartei) führten. Die Fremskrittsparti, die in deutschen Leitmedien als rechtspopulistisch bezeichnet wird, wurde seit ihrer Gründung 1973 bis zu den Wahlen 2013 von allen anderen norwegischen Parteien ignoriert. Aufgrund parteiinterner Säuberungen und einem trotz aller Kritik hohen Wähleranteil gelang ihr der Eintritt in eine Koalitionsregierung mit der norwegischen CDU“. In deutschen Leitmedien war aber nach den Wahlen so stark die Rede von einem Rechtsruck, dass man denken konnte, Quisling klopfe an die Tür. Und das Bedenkliche war, dass die Berichte so homogen und manipuliert erschienen, dass sie schon auf den ersten Blick den Eindruck erweckten, ideologisch blind abgeschrieben worden zu sein.

Ein weiteres Beispiel für Homogenität und Manipulation der Berichterstattung lieferte dann und liefert noch die Ukraine-Krise. Putins Rede nach dem Anschluss der Krim an Russland wurde von deutschen Leitmedien dahingehend interpretiert, dass Russland die Grenzen der Sowjetunion wiederherstellen wolle. Da dachte ich, so dumm kann doch Russland nicht sein und sich mit der NATO anlegen, denn die früheren Sowjetrepubliken des Baltikums waren ja NATO-Mitglieder geworden. Das veranlasste mich, die Rede Putins im russischen Original zu lesen. Dort fand sich jedoch nichts von einer Restauration der sowjetischen Grenzen.

Schlieβlich zeigen die Berichte über die Nahost-Krise in Bezug auf Russland dieselbe Homogenität und Manipulation wie die über die Ukraine-Krise. Russlands Eingreifen habe die Situation verschlechtert, indem es die moderate syrische Opposition, die es selbst laut amerikanischer Neokonservativer schwerlich gibt, bombardiere. Dagegen hatte das russische Eingreifen in Syrien die Beteiligten wieder an den Verhandlungstisch geführt.

In den genannten Beispielen bestehen Homogenität und Manipulation in politischem Mobbing. Sogenannte Rechtspopulisten werden als Wegbereiter für Rechtsextremismus beschimpft. Russland wird als „fortdauernde Sowjetmacht“ geradezu verteufelt. Die westlichen Werte dagegen sind über alle Kritik erhaben. Das ergibt ein absolutes Schwarzweiβweltbild. Im Schwarzen wird kein Weiβ und im Weiβen kein Schwarz gesehen, was typisch für Propaganda ist. Wer im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsstrom von einer Belastbarkeitsgrenze in der Gesellschaft spricht oder Vorurteile Fremden gegenüber zeigt, wird als fremdenfeindlich oder xenophob charakterisiert. Da hilft es absolut nichts, immer wieder zu betonen, dass man ja nicht prinzipiell gegen die Aufnahme von Flüchtlingen ist. Dabei zeigen Meinungsumfragen verschiedener Institute, dass es eine solche Belastbarkeitsgrenze gibt. Laut einer Umfrage vom Januar 2016 stieg die Ablehnung der willkommen heiβenden merkelschen Flüchtlingspolitik vom Herbst 2015 auf knapp 60%1) und wird wohl weiter steigen, wenn der Flüchtlingsstrom nicht gestoppt werden kann und es an die Kosten dieser Politik geht. Was Vorurteile betrifft, sind sie natürlich falsche Generalisierungen. Bei weitem nicht alle Muslime sind Terroristen, doch kann man einem Muslim nicht ansehen, ob er ein Terrorist ist oder nicht. Deswegen ist man sozusagen vorsichtshalber reflexartig mehr oder weniger skeptisch. Diese Reaktionsweise muss als ganz natürlicher, psychischer Mechanismus ernst genommen werden und kann nicht mit Moralpredigten auβer Kraft gesetzt werden. Und was Russland angeht, so stiftet es ausschlieβlich Unruhe. Auch hier ist die Realität nicht von Bedeutung, dass Russland maβgeblich an der Vernichtung der assadschen Chemiewaffen und dem Zustandekommen des Atomabkommens mit dem Iran beteiligt war.

Die Homogenität der Berichte kann natürlich tatsächlich durch – kostensparendes – Abschreiben aus Nachrichtenagenturen wie auch aufgrund gleicher Weltanschauung verursacht worden sein, doch wesentlich ist sie wohl letztlich auf die Vernetzung von Redakteuren mit politischen Lobbyismus betreibenden Nichtregierungsorganisationen wie auch Regierungsvertretern zurückzuführen. In Bezug auf die Ukraine-Krise wird z.B. die der CIA nahe „Atlantik-Brücke“ als Erklärung für die homogene Ausrichtung der Berichterstattung angeführt.2) Die „Atlantik-Brücke“ ist eng verbunden mit den amerikanischen Organisationen „American Council on Germany“ und „Council on Foreign Relations“. Letztere hat zum Ziel, eine pro-internationalistische, d.h. wohl liberale interventionistische „regime change“-Auβenpolitik der USA weltweit zu lancieren, u.a. mit der Förderung amerikafreundlicher Journalisten oder durch das sogenannte Peace Corps.3) Der „Atlantik-Brücke“ gehören Regierungsmitglieder, Politiker, Berater, Redakteure, Vertreter von Wirtschaft und Banken an, die auch über die „Atlantik-Brücke“ und die beiden mit ihr verbundenen Organisationen hinaus gut vernetzt sind – national wie international. Die Mitgliedschaft in der „Atlantik-Brücke“ ist nur durch Berufung durch den Vorstand möglich, also eine gezielte Auswahl. Wer das Privileg einer Mitgliedschaft in dieser elitären Organisation hat, wird es nicht mit Kritik an der amerikanischen Politik verspielen wollen. Einflussreiche Unternehmer in diesem Klub könnten ja dann z.B. Herausgebern mit dem Entzug von Werbung drohen, der das betreffende Medium finanziell zumindest schwächen würde. In der „Atlantik-Brücke“ und den mit ihr verbundenen Organisationen wird offensichtlich die politische Linie vorgegeben, die dann von den verschiedenen Leitmedien unter Ausschluss kritischer Sichtweisen – auch mit Hilfe von PR-Firmen – unisono verbreitet werden soll. Hinsichtlich der Ukraine-Krise dominiert ganz eindeutig die amerikanische liberale interventionistische Sicht der Dinge. Der von den Herausgebern, Chefredakteuren und Redakteuren vorgegebenen Linie folgen dann die Journalisten nur zu willig aus Angst um Karriere und Job. In sogenannten Tendenzbetrieben wie den Leitmedien ist noch dazu der Kündigungsschutz eingeschränkt, weil laut §118 des Betriebsverfassungsgesetzes das Widerspruchsrecht des Betriebsrates gemäβ §102 entfällt, wenn eine Kündigung wegen Nichtbefolgunng der vorgegebenen politischen Linie geschieht. Begünstigt wird diese Einschränkung der Meinungsvielfalt durch die ökonomisch bedingte Medienkonzentration und die Verbindung der Konzerne miteinander. Gleichzeitig erschwert die Medienkonzentration neuen Medienangeboten mit kritischem Inhalt den Zutritt zum Markt.4) Alle diese Umstände gehen zu Lasten einer vielseitigen wie neutralen Berichterstattung, die dem Publikum die Grundlage für eigene Schlussfolgerungen bietet. Damit berauben sich die Medien selbst ihrer Rolle als vierter Gewalt im Staate und schaden damit der Demokratie. Meinungsvielfalt wird zu propagandistischer Meinungseinfalt, die charakteristisch für Diktaturen ist, wie z.B. für die DDR, wo das Politbüro der SED Inhalt und Formulierung der Berichterstattung der Medien bestimmte und damit Homogenität erzeugte. Gott sei Dank gibt es im sogenannten Westen immer noch auch Medien, die die Leitmedien kritisieren und damit der Beschädigung der Demokratie entgegenwirken, wenn sie auch im Schatten der Leitmedien liegen und einem nicht gerade in die Augen springen und vor Finanzierungsschwierigkeiten stehen.5)

Den politisch mehr oder weniger voreingenommenen Leitmedien sind die Leser/Hörer mehr oder weniger hilflos ausgesetzt. Für viele sind die Leitmedien immer noch Autoritäten, und wenn mehrere Autoritäten dasselbe sagen, dann müsse das doch wahr sein. Diesem Ausgesetztsein entkommt man nur durch breite Orientierung und dauerndes Hinterfragen der Informationen. Doch das erfordert Zeit und Kräfte, was vielen fehlt. Schon das Auffinden kritischer Medien ist nicht einfach. Und auch sie müssen überprüft werden, indem man zu den Quellen der Informationen geht, sofern diese überhaupt angeführt werden. Weiter sind auch Fremdsprachenkenntnisse erforderlich. Englisch sowieso, doch am besten etwas mehr. Übersetzungen liegen ja nicht immer vor, und referierte Inhalte von Quellen müssen ja nicht immer korrekt sein. Diese Schwierigkeiten kommen natürlich der Wirkung der medialen Propaganda entgegen. Wie der Arzt mit seinem Wissen dem Patienten hilft, sollte aber auch der Journalist mit seinem Wissen dem Publikum helfen und es nicht propagandistisch manipulieren.

Ein günstiger Nährboden für die Wirkung der Propaganda ist dazu die historische Furcht des Westens vor dem Kommunismus, besonders verstärkt durch die russische Revolution von 1917 und die Stalinzeit, die immer noch fortdauere. Für die Wirkung der russischen Propaganda ist es die aus der Zeit des II. Weltkrieges stammende Furcht vor Faschismus, heute im Nachbarland Ukraine mit einer groβen russischen Minorität.

Blieben die propagandistischen Leitmedienberichte über die norwegischen Parlamentswahlen von 2013 ohne die prognostizierten Folgen (Quisling klopfte nicht an die Tür), so sind die antirussischen Berichte über die Ukraine-, Nahost-, kurz die Westen-Russland-Krise, keineswegs folgenlos. Sie sind vielmehr konfliktverschärfend, wenn nicht sogar kriegsvorbereitend. Das hat mich, der ich den II. Weltkrieg miterlebt habe, in Schrecken versetzt, so etwas eventuell noch einmal miterleben zu müssen, und dazu veranlasst, der Propaganda der Leitmedien als Advocatus Diaboli mit Informationen, die in den Leitmedien fehlen, entgegenzuwirken.

Die dazu erforderliche Kritik an der amerikanischen Russlandpolitik wird von den Leitmedien und ihren Opfern schnell als Antiamerikanismus und verächtlich als Putinverstehen abgetan. Dass die amerikanische Auβenpolitik auch in den USA heftig kritisiert wird, bleibt unberücksichtigt. Es ist wie mit dem Israel-Palästina-Konflikt: Kritik an der israelischen Palästina-Politik auβerhalb Israels wird schnell als antisemitisch bezeichnet, selbst wenn sie der innerisraelischen gleicht. Doch wer es in Europa nicht für nötig hält, die USA für politische Fehler zu kritisieren, erweist den USA und Europa einen Bärendienst.

1. Die norwegischen Parlamentswahlen von 2013 in der Propaganda deutscher Leitmedien

Am 8. und 9. September 2013 fanden in Norwegen Parlamentswahlen statt. Verlierer war die rot-rot-grüne Koalitionsregierung. Gewonnen hatte die sogenannte bürgerliche Opposition.

Die rot-rot-grüne Koalition bestand aus Sozialdemokraten (Arbeiderparti), der Sozialistischen Linkspartei (Sosialistisk Venstreparti), die mit der deutschen Die Linke vergleichbar ist, und einer Distrikts-/Umwelt-Partei (Senterparti).

Die bürgerliche Opposition ist zusammengesetzt aus der mit der deutschen CDU vergleichbaren Partei Høyre, einer streng christlichen Partei (Kristelig Folkeparti), einer liberalen, stark umweltorientierten Partei (Venstre) und der liberalistischen Fortschrittspartei (Fremskrittsparti).

Die Reaktion auf diese Wahlen in den Online-Versionen des Spiegel, des Nachrichtenmagazins Focus, des Stern, der Zeit, der Süddeutschen Zeitung und der Frankfurter Allgemeinen war so unisono abwegig, dass sie zu einer Richtigstellung herausforderte.

In allen diesen Medien dominierte die Fortschrittspartei. Sie wurde im Bild oder verbal mit dem norwegischen Rechtsextremisten Anders Behring Breivik, der am 22. Juli 2011 77 Menschen (überwiegend junge Sozialdemokraten) ermordete, in Verbindung gebracht. Auβerdem wurde sie als rechtspopulistisch à la niederländische Partij voor de Vrijheid, französischer Front National etc. charakterisiert. Sie sei gegen Einwanderung bzw. betreibe eine rigide Einwanderungspolitik, sie sei gegen Steuern und habe den Wählern hohe Zahlungen aus dem norwegischen Ölfonds versprochen. Nur die Frankfurter Allgemeine berichtete etwas ausführlicher über die Fortschrittspartei und brachte eine kurze Geschichte der Partei von ihrem Anfang als reiner Protestpartei bis – nach wiederholter Säuberung – zu ihrer Fähigkeit zur Beteiligung an einer Regierung mit der „norwegischen CDU“ und der Duldung durch die anderen, kleinen bürgerlichen Parteien. Die „norwegische CDU” ist nach den Sozialdemokraten die zweitgröβte, teils sogar gröβte Partei des Landes, die Fortschrittspartei die drittgröβte.

Viele unter den Verlierern der Wahl stimmten der negativen Charakteristik der Fortschrittspartei in den genannten deutschen Leitmedien zu, ja schienen diese als willkommenen Anlass zu sehen, die Bildung einer bürgerlichen Regierung zu torpedieren.

Auf den Punkt gebracht: Norwegen erschien in der deutschen – und internationalen – Presse als ein Land, in dem ein erschreckender Rechtsruck stattgefunden habe.

Das ist jedoch so realitätsfern wie nur möglich. Die Fortschrittspartei ist keine rechtsextreme Partei. In ihrem Prinzipienprogramm6) heiβt es u.a.:

”Die Fortschrittspartei ist eine liberalistische Volkspartei. Sie basiert auf der norwegischen Verfassung, norwegischer und westlicher Tradition sowie norwegischem und westlichem Kulturerbe, gegründet auf christlicher Weltanschauung und humanistischen Werten.”

Bei der Charakterisierung dieser Partei als einer populistischen Partei darf nicht unterschlagen werden, dass diese Charakteristik auch für eine ganze Reihe salonfähiger Parteien zutrifft. Laut Duden7) ist Populismus eine

”von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik mit dem Ziel, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen (im Hinblick auf Wahlen) zu gewinnen; eine Besonderheit des Populismus: die programmatische Unschärfe”.

Die Fortschrittspartei ist so wenig opportunistisch und so viel demagogisch wie andere Parteien es auch sein können. Politische Parteien mit einem verpflichtenden Programm können sich jedenfalls in entscheidenden Fragen aus Gründen der Selbsterhaltung schwer einen dem Programm widersprechenden Opportunismus erlauben. Andererseits lässt das Programm der Fortschrittspartei kaum etwas an Deutlichkeit zu wünschen übrig, was in der heftigen Kritik besonders von Seiten der politischen Linken zum Ausdruck kommt. Und was das Demagogische in der Duden-Definition betrifft, liefert der Wahlkampf-Tenor auch der rot-rot-grünen norwegischen Koalition ein Beispiel: Ein Sieg der bürgerlichen Opposition führe zur einer Katastrophe für den Wohlfahrtsstaat. Dabei dürfte aber eine gegen den langjährig etablierten Wohlfahrtsstaat betriebene Politik eine bürgerliche Regierung recht bald aus dem Amt jagen.

Die düstere Lagebeschreibung der Fortschrittspartei und ihrer bürgerlichen Partner bezog sich dagegen auf konkrete Miβstände. Die Infrastruktur war schlecht und verfiel. Viele Straβen waren in einem schlechten Zustand und Tunnels unsicher. Der Eisenbahnverkehr erfolgte auf einem veralteten Schienennetz mit veralteten Signalanlagen. Zugausfälle und -verspätungen waren an der Tagesordnung. Die rot-rot-grüne Koalition wollte den Lastkraftwagenverkehr auf die Schiene verlegen und damit die Umwelt schonen, doch dann diskutierte man, die Länge der Lastkraftwagen zu erweitern, um die Versorgung zu sichern. Es gab nicht genug Gefängnisplätze, so dass Verurteilte auf den Strafvollzug warten mussten und frei herumliefen. Viele Patienten mussten lange Wartezeiten hinnehmen, bevor sie ärztlich behandelt werden konnten. In der Altenpflege mangelte es an Personal, was zu einer Betreuung mit der Stoppuhr führte. Und manches andere mehr und auch heute noch. Wie kann es da in der Zeit heiβen, Norwegen habe keine ernsten Probleme? Welche Norweger haben die Frage des Zeit-Reporters, was Stoltenberg falsch gemacht habe – in acht Jahren Regierungszeit – mit ”gar nichts”8) beantwortet?