Wie Ärzte gesund bleiben - Resilienz statt Burnout - Julika Zwack - E-Book

Wie Ärzte gesund bleiben - Resilienz statt Burnout E-Book

Julika Zwack

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Beschreibung

Wie lassen sich Gesundheit, Sinnerleben, Freude und Wirksamkeitserfahrung im Arztberuf auch unter schwierigen Arbeitsbedingungen erhalten? Wie gelingt es, sich nachhaltig von Burnout, Depression oder Substanzmissbrauch zu regenerieren? - Alltagsnahe Anregungen zum bewussten Ressourcenmanagement - Konkrete Anleitungen zur Selbstbeobachtung und Verhaltensänderung - Kompakte Analyse der wichtigsten ärztlichen Lebensräume mit jeweils spezifischen Strategien der Resilienzförderung Auf Basis der Empirie und den neuesten Erkenntnissen zur Burnout-Prävention vermittelt das Buch konkret und anschaulich Strategien für den erfolgreichen Umgang mit prototypischen Stresssoren des Arztberufs.

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Wie Ärzte gesund bleiben - Resilienz statt Burnout

Julika Zwack

Unter Mitarbeit von Götz Mundle

2., unveränderte Auflage

5 Abbildungen

Geleitworte der 1. Auflage

Als ich vor über 40 Jahren mein Medizinstudium begann, war vieles anders als heute; manche Krankheiten wurden damals völlig anders verstanden und eingeteilt. Manche Krankheiten waren früher unheilbar, heute können sie gelindert oder geheilt werden. Und manche Krankheiten kannte man damals noch gar nicht, beispielsweise AIDS. Wenn wir über Krankheiten sprechen, meinen wir meist Diagnosen. Sie sind in ihrer Systematik ganz und gar vom historischen Stand „moderner“ Erkenntnisse abhängig. Diagnosen in medizinischen Lehrbüchern vergangener Zeiten sind ganz andere als die, die wir heute verwenden, und unsere heutigen Diagnosen werden sich kaum in medizinischen Lehrbüchern künftiger Jahrhunderte wiederfinden. Gibt es neue Krankheiten? Gibt es Krankheiten, die dem Zeitgeist entsprechen? Krankheiten sind doch immer eine Pein für den Betroffenen, was könnte daran „modern“ sein? Gesellschaftliche Umwälzungen spiegeln sich auch in Krankheiten wider, im Entstehen, im Erleben, im Behandeln von Krankheiten. Und die gegenwärtige Kommerzialisierung unseres Gesundheitswesens kann auch zu völlig neuen Formen von Krankheiten und Beziehungen zwischen Patient und Arzt führen.

Da folgt die nächste Frage auf dem Fuß: Sind Krankheiten eine Modeerscheinung? Essstörungen, CFS, PTBS, ADS, Burnout, Boreout . … Wie wirken sich Zeitströmungen auf Benennungen aus? Gibt es wirklich neue Krankheiten, oder geht es nur um neue Namen für alte Zusammenhänge? Sollen mit neuen Namen Stigmatisierungen verhindert oder Ursachen verdeckt werden? Führen moderne Namen auch zu modernen Therapien oder nur zur Verhinderung von Therapien durch falsche Etikettierungen? Wer soll dadurch geschützt oder ermutigt werden: Die Patienten, die Ärzte, die Gesellschaft? Oder hat jede Zeit und jede Kultur ihre eigenen Krankheiten, und wie wirken sich diese biopsychosozial aus?

Es gibt aber noch einen weiteren wichtigen Unterschied zur Medizin vor 40 Jahren. Damals waren Ärzte tatsächlich noch Halbgötter in Weiß. Und deswegen wäre ein Buch wie dieses zu jener Zeit auch undenkbar gewesen: Es ist Teil der zwischenzeitlichen Entmythologisierung des Arztberufs, dass dieser Beruf selbst als potenziell überfordernd, ja krankmachend erkannt worden ist. Ärztinnen und Ärzte sind nicht länger die über allem stehende Heldinnen und Helden, die 48 Stunden oder mehr am Stück arbeiten, die mit den Schmerzen, dem Leid und dem Tod anderer souverän und über allem stehend umgehen können, die eigene Ängste und verzweifelte Situationen verdrängen und leugnen.

Das Erkennen der eigenen Grenzen, das Verstehen der eigenen Fehler und die Beschäftigung mit den eigenen Fähigkeiten und Ressourcen sind unabdingbare Voraussetzungen für gute ärztliche Arbeit. Gleichgültig, ob es die Diagnose Burnout tatsächlich gibt oder ob es sich nur um einen Sonderfall einer reaktiven Depression handelt: Tatsache ist, dass die Ausübung eines derart schwierigen und potenziell überfordernden Berufs Fähigkeiten erfordert, die weit über das gängige medizinische Lehrbuchwissen hinausgehen. In meiner Generation wurden solche Fähigkeiten nicht gelehrt und nicht gelernt. Es freut mich, dass das heute anders ist. Und deswegen wünsche ich diesem Buch eine weite Verbreitung.

Frankfurt am Main, im Herbst 2012

Dr. Bernd Hontschik

Burnout bei Ärzten und Ärztinnen – ein Problem?

Immer noch glauben viele Menschen, dass Ärzte besser wissen, wie man gesund bleibt und daher weniger erkranken. Während das Erste stimmt, trifft das Letztgenannte kaum zu. Im 2. Report Versorgungsforschung (Schwartz FW, Angerer P. Arbeitsbedingungen und Befinden von Ärztinnen und Ärzten. Befunde und Interventionen. In: Fuchs C, Kurth BM, Scriba PC, Hrsg. 2. Report Versorgungsforschung. Köln: Deutscher Ärzteverlag; 2010) wurde festgehalten, dass Ärzte die Lebenszufriedenheit wesentlich über die Berufszufriedenheit definieren. Diese wiederum wird einerseits von der Interaktion mit den Patienten, andererseits durch die Arbeitsbedingungen und Anforderungen bestimmt. Die Anforderungen waren und sind hoch und die Kollegen und Kolleginnen wollen gute Ärzte sein. Sie übersehen dabei nicht selten die eigenen Grenzen. Depression, Schlafstörungen, Beziehungsprobleme, zu viel Nikotin und auch Alkohol – darunter leiden auch Ärzte, oft häufiger als die Allgemeinbevölkerung. Ein Thema, über das ganz wenig gesprochen wird, sind die doppelt – bei Ärztinnen sogar viermal – so hohen Suizidraten im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung.

Die meisten Mediziner denken, sie müssen für die Patienten da sein und mit ihren eigenen Problemen alleine fertig werden. Es ist schwer zuzugeben, dass sie selbst Hilfe brauchen, und doch oft der erste Schritt! Sind Ärzte also „hilflose“ oder „verwundete Helfer“?

Nicht, wenn sie für sich lernen, seelisch gesund zu bleiben und zu werden. Das bedeutet, dass die einen dasjenige erkennen und bewahren müssen, was sie gesund hält. Die anderen können mithilfe einer Therapie lernen, dies für sich zu entdecken. Dies zeigt die dem Buch zugrunde liegende Untersuchung, bei der mehr als 200 Gespräche geführt wurden. Wer selbstbewusst eigene Grenzen erkennt und akzeptiert, wer einen gesunden Egoismus entwickelt, sich organisiert, abgrenzt und Prioritäten setzt, ist auf dem richtigen Weg.

Aber die Untersuchung zeigt auch auf, dass die subjektiven Hauptstressoren der administrative Aufwand bzw. die zunehmende Bürokratie sind sowie die Honorierung bzw. finanzielle Sicherheit. Beide Aspekte lassen sich nur gemeinsam bzw. gesundheitspolitisch lösen.

Die Untersuchung wurde ermöglicht durch die Förderinitiative zur Versorgungsforschung, in der die Deutsche Ärzteschaft in den letzten Jahren beträchtliche Mittel zur Verfügung stellte. Studien wie diese und deren Ergebnisse helfen nun auch den Ärzten – und nicht nur ihnen. Sie helfen auch deshalb, weil es ausdrücklich um die Prävention und die Förderung von Resilienz bzw. Salutotherapie geht – und damit nützen sie auch den Patienten. Denn es ist gut bekannt, dass überforderte Ärzte häufiger Behandlungsfehler machen.

Wir danken den Autoren Dr. Julika Zwack vom Institut für Medizinische Psychologie des Universitätsklinikums Heidelberg und Prof. Götz Mundle von den Oberbergkliniken für ihre Arbeit. Diese stellt nicht nur den theoretischen Rahmen anschaulich dar, vielmehr nehmen Zitate aus den geführten Gesprächen einen breiten Raum ein und machen so Probleme und deren Lösungen plastisch und nachvollziehbar. Wir wünschen dem Buch eine breite Leserschaft.

Basel und Berlin, im Herbst 2012

Prof. Dr. Gabriela Stoppe

Prof. Dr. Dr. Peter C. Scriba

Vorwort der 1. Auflage

Im Februar 2009 nahm ich an einem Symposion der Bundesärztekammer teil, bei dem zahlreiche Studien zur Ärztegesundheit vorgestellt wurden. Die Studienlage zeigte deutlich: Ärzte sind eine stark beanspruchte und belastete Berufsgruppe. Viele von ihnen, etwa jeder Fünfte, entwickelt im Laufe seines Lebens eine seelische Erkrankung. Als ich das Symposion verließ, tauchte in mir die Frage auf: Wenn jeder Fünfte ein Burnout entwickelt – was ist dann mit den anderen Vier?

Damals wie heute schien mir, dass Beschreibungen der gelingenden Berufsausübung zu wenig Aufmerksamkeit finden. In ersten erkundenden Gesprächen mit Ärzten begann ich der Frage nachzugehen, ob und wie es möglich ist, sich Freude und Gesundheit im anspruchsvollen Arztberuf auch unter schwierigen Rahmenbedingungen zu erhalten. Konsequent konzentrierte ich mich auf das, was gestaltbar ist, fragte nach individuellen Handlungsspielräumen inmitten des oft stark fremdbestimmten Berufsalltags. Die dabei gemachten Erfahrungen waren in jeder Hinsicht ermutigend. Wider Erwarten war es leicht, 200 Ärzte zu finden, die sich unbezahlte Zeit für uns nahmen, oft mehr als eine Stunde inmitten oder am Ende eines vollen Tages. Viele Ärzte berichteten uns, dass sie es als freudvoll und stärkend empfanden, über die eigenen „best practices“ im Umgang mit den Stressoren und Herausforderungen ihres Arbeitsalltags laut nachzudenken – und dass es Sinn macht, diese Erfahrungswerte an Kollegen und Kolleginnen sowie nachfolgende Generationen weiterzugeben.

Die Frage, was unter Bedingungen von Arbeitsverdichtung, knappen Budgets und ausufernder Bürokratie persönlich gestaltbar und entscheidbar bleibt, betrifft viele Berufsgruppen. Ebenso die Frage, wie persönlicher Einsatz und angemessene Grenzziehung gut zu balancieren sind. Wenn das Buch Sie dazu anregt, diesen Fragen für sich selbst nachzugehen, und wenn die hier zu Wort kommenden Ärzte Sie darüber hinaus ermutigen, die eine oder andere Strategie für sich selbst zu erproben, hat es sich für uns gelohnt.

Heidelberg, im Herbst 2012

Dr. Julika Zwack

Danksagung der 1. Auflage

Dieses Buch ist das Produkt vieler Gespräche. Es wäre nicht denkbar ohne die Zeit, die 232 Ärzte unterschiedlichster Fachrichtungen uns geschenkt haben. Zeit, um über das zu sprechen, was ihnen im Umgang mit den Belastungen ihres Berufslebens hilft, aber auch über das, was dazu beiträgt, sich Sinnerleben und Freude an ihrem Tun zu erhalten. Jedem einzelnen dieser Ärzte danke ich für die Bereitschaft, mit großer Offenheit und Sorgfalt von den eigenen Erfahrungen zu erzählen.

Diese Vielzahl an Gesprächen über ärztliche Lebenskunst zu führen und auszuwerten wäre nicht möglich gewesen ohne das große Engagement von sechs Doktoranden, im einzelnen Veronika Baumer, Uta Bodenstein, Thomas Bürk, Tobias Heinisch, Jan Fedorcak und Nathalie Tubach. Uta Bodenstein und Christoph Abel danke ich darüber hinaus für fruchtbare Diskussionen und wertvolle Impulse im Hinblick auf die konzeptionelle Einbettung der ärztlichen Erfahrungswerte. Maria Zwack und Hans Lieb verdanke ich zahlreiche Ideen und Anregungen zur Gestaltung von Übungen in diesem Buch. Jochen Schweitzer danke ich für seine klärenden Anmerkungen im Zuge der abschließenden Überarbeitung des Manuskripts.

Es fanden 32 Gespräche statt mit Ärzten, die sich als ehemalige Patienten der Oberbergkliniken bereit erklärt haben, uns über ihren Weg in und aus seelischer Erkrankung heraus zu berichten. Für die Unterstützung im Zuge dieses Vorhabens danke ich sehr der Leitung der Oberbergkliniken, Edda Gottschaldt und Götz Mundle.

Nicht zuletzt gilt mein Dank der Bundesärztekammer, die das diesem Buch zugrunde liegende Projekt finanziell unterstützt und dadurch erst möglich gemacht hat.

Heidelberg, im Herbst 2012

Dr. Julika Zwack

„Du musst ins Breite Dich entfalten, soll sich Dir die Welt gestalten. In die Tiefe musst Du steigen, soll sich Dir das Leben zeigen.“

Johann Wolfgang von Goethe

Ein alter Cherokee-Häuptling erzählt eines Abends seinem Enkel eine Legende. Er sagt: „Mein Sohn, der Kampf zwischen zwei Wölfen tobt in jedem von uns. Einer ist böse. Er ist Ärger, Neid, Eifersucht, Sorge, Bedauern, Gier, Arroganz, Selbstmitleid, Schuld, Missgunst, Minderwertigkeit, Lügen, falscher Stolz und Egoismus. Der andere ist gut. Er ist Freude, Frieden, Liebe, Hoffnung, Gelassenheit, Demut, Güte, Wohlwollen, Mitgefühl, Großzügigkeit, Wahrheit und Glaube.“

Der Enkel dachte eine Minute darüber nach und fragte seinen Großvater dann: „Und welcher Wolf gewinnt?“ Der alte Cherokee antwortete: „Der, den du fütterst.“

nach Barbara Frederickson

Inhaltsverzeichnis

Geleitworte der 1. Auflage

Burnout bei Ärzten und Ärztinnen – ein Problem?

Vorwort der 1. Auflage

Danksagung der 1. Auflage

1 Gesund und zufrieden bleiben als Arzt – geht das?

2 Viele Wege führen zur Resilienz

3 Kleine Utopie der Veränderung von unten

4 Ein bisschen praktische Theorie

4.1 Resilienz – was ist das?

4.2 Das Zusammenspiel von Anforderungen und Ressourcen

4.3 Gewinn- und Verlustspiralen

4.4 Resilienz und die Versorgung von Grundbedürfnissen

4.5 Erstes Zwischenfazit – vom Vermeidungs- in den Annäherungsmodus

5 Der Sprung ins Ungewisse – resiliente Verhaltensweisen erlernen

5.1 Wer spricht da bitte? – die eigenen Denkmuster kennen

5.2 Priming nutzen

5.3 Zeit gewinnen

5.4 Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer – die Notwendigkeit der Wiederholung

5.5 Wer alles verändern will, verändert nichts – die Kraft kleiner Schritte

5.6 Zweites Zwischenfazit – sich auf den Weg machen und darauf bleiben

6 Investieren Sie in die Beziehung zu Ihren Patienten!

6.1 „Ich will, dass das ankommt“ - Beziehungswirksamkeit als Monotonieprophylaxe und Bereicherung

6.1.1 Den Menschen dahinter sehen und ihn erreichen

6.1.2 Meine persönliche Dreingabe

6.1.3 Kostenlose Selbsterfahrung – Patientenkontakt als Anlass zur Selbstreflexion

6.2 „Wofür ich stehe – und wofür nicht“ – Grenzziehung im Patientenkontakt

6.3 Eigene Grenzen kennen und kommunizieren

6.3.1 Wo geht’s lang? – Meine Entwicklungsrichtung in der Beziehung zu Patienten

6.4 Guter Umgang mit Komplikationen und Behandlungsfehlern

6.5 Fachliches Feuer am Brennen halten

6.6 Einen guten Rahmen schaffen – Pausen, Urlaub und Begrenzung der Arbeitszeit

6.6.1 Strategische, d.h. bewusst geplante und regelmäßige Urlaube

6.6.2 Pausen

6.6.3 Begrenzung der Arbeitszeit

7 Investieren Sie in Ihre außerberuflichen Lebenswelten!

7.1 Familie, Partnerschaft und Freundschaften als Kraftquellen, Rückhalt und wohltuende Relativierung

7.2 Strategien für Erhalt und Pflege von Beziehungsressourcen

7.2.1 Alltagsrituale schaffen

7.2.2 Bewusste Präsenz

7.2.3 Fazit

7.3 Diversifikation statt Monokultur – zur Bedeutung außerberuflicher Interessen und Aktivitäten

8 Investieren Sie in Ihre Arbeitsbeziehungen!

8.1 Kleine Gesten zählen

8.2 Kollegialer Austausch – lieber einmal zu viel

8.2.1 Mein Umgang mit fachlicher Unsicherheit

8.3 Ritualisierte Psychohygiene - institutionalisierter Austausch in Qualitätszirkeln und Balint-Gruppen

8.4 Freundlichkeit ist (nur) die halbe Miete – Grenzziehung die andere Hälfte

8.4.1 Jedes Nein ist ein Ja – eigene Grenzen wahrnehmen und schützen

8.5 Umgang mit Konflikten zwischen Berufsgruppen

9 Rahmenbedingungen sind Rahmen-Bedingungen – investieren Sie in Ihre Selbstorganisation!

9.1 Wenn es sein muss – wie kann ich es schöner und angenehmer gestalten?

9.2 Wenn es sein muss – wie stelle ich mich innerlich darauf ein?

9.3 Wenn es sein muss – wie kann ich es standardisieren und strukturieren?

9.3.1 Eisenhower-Prinzip

9.4 Wenn alles sein muss, muss ich unterscheiden – die Kunst, zu priorisieren und zu delegieren

9.5 Zwischenfazit: bewusst entscheiden statt entscheiden lassen

10 Investieren Sie in Ihre Selbstkenntnis!

10.1 In jeder Mücke steckt ein Elefant

10.2 Wer sich beobachtet, verändert sich – die Bedeutung achtsamer Selbstwahrnehmung

10.2.1 Was genau heißt es, achtsam zu sein?

10.2.2 Wie fange ich an? – alltagsnahe Chancen auf Achtsamkeit

11 Fazit: Resilienz – die Summe guter Gewohnheiten und bewusster Entscheidungen

12 Epilog: die andere Seite der Medaille – die Perspektive betroffener Ärzte

12.1 Ärzte als Betroffene

12.2 Drei Wege hinein in seelische Erkrankungen – und drei Wege hinaus

12.3 Fazit

Literatur

Anschriften

Impressum

1 Gesund und zufrieden bleiben als Arzt – geht das?

Der Arztberuf gehört zu den besonders gesundheitsgefährdenden Tätxsigkeiten. Dieses Paradox ist seit langem bekannt und zwischenzeitlich auch wissenschaftlich untermauert. Zu bewältigen sind emotionale Herausforderungen wie der ständige Umgang mit Tod, Sterben, Leid und Misserfolgen in einem Klima, das wesentlich durch hohes Tempo, Einzelkämpfertum und Hierarchiedenken bestimmt ist ▶ [30], ▶ [34]. Die Lebensqualität vieler Ärzte wird weiter beeinträchtigt durch Unkollegialität ▶ [15] bis hin zu Mobbing. So berichteten beispielsweise in einer Studie der Universität Witten/ Herdecke 7 % der 296 befragten Krankenhausärzte, „ab und zu“ bis „fast täglich“ gemobbt zu werden. Nach Skjorsammer und Hofoss steht jeder siebte Arzt in ernstem Konflikt mit seinem direkten Vorgesetzten ▶ [52]. Jeder zweite vermeidet jedoch eine direkte Aussprache. In der Studie von Fuß et al. berichteten 21 % der Befragten „ab und zu“ bzw. „öfter“ Mobbing zu erleben; 46 % berichten über mindestens eine negative Interaktionserfahrung, 23 % über mindestens zwei negative Interaktionserfahrungen pro Woche ▶ [14]. Zu fachlichen und sozialen Stressoren kommen physische Belastungen durch Schlafmangel, Daueranspannung und Überstunden hinzu ▶ [52].

Die zunehmende Ökonomisierung des Gesundheitswesens, Arbeitsverdichtung und Bürokratisierung reduzieren die Zeit am Patienten und damit potenziell auch das Sinnerleben bei der Arbeit. Auch in unserer eigenen Studie an Ärzten unterschiedlichster Fachrichtungen standen Belastungen durch bürokratische Anforderungen und wachsenden Verwaltungsaufwand an erster Stelle, gefolgt von langen Arbeitszeiten bzw. dem sich daraus ergebenden Freizeitmangel. Fremdbestimmung und Ohnmachtserfahrungen finden sich auf allen Hierarchieebenen, sei es aufgrund von Kostendruck, Abhängigkeiten im Rahmen der Facharztweiterbildung oder der professionsinternen „Hackordnung.“

In Anbetracht dieser Rahmenbedingungen überrascht es nicht, wenn ein Viertel der Ärzte die Kriterien eines Burnouts erfüllt ▶ [3] und für viele nach wie vor gilt: „I’ve done too much for too many for too long with too little regard for myself.“ Auch im Hinblick auf Substanzmissbrauch ▶ [43] und Suizid ist der ärztliche Berufsstand besonders gefährdet ▶ [44], ▶ [41] (vgl. hierzu auch Kap. ▶ 12).

Ist es also überhaupt möglich, angesichts der Stressoren und Strukturen gesund und zufrieden zu bleiben? Gibt es – wie es ein Arzt in unserer Studie formulierte – überhaupt Alternativen zu „Zynismus und Zirrhose“?

In einem von der Bundesärztekammer geförderten Forschungsprojekt „Resilienz im Arztberuf“ gingen wir dieser Frage nach; 232 Ärztinnen und Ärzte aller Fachrichtungen und Hierarchieebenen, in Niederlassung und Krankenhaus erzählten, was sie im Berufsalltag belastet und was ihnen im Umgang damit hilft. Sie berichteten über ihre Erfahrungen im Hinblick auf folgende Fragen:

Wie lassen sich Gesundheit, Sinnerleben, Freude und Wirksamkeitserfahrung im Arztberuf auch unter widrigen Arbeitsbedingungen erhalten? Was tun bzw. lassen resiliente Ärzte, im Arbeitskontext, aber auch darüber hinaus?

Wie haben es burnout-/depressions- und suchterfahrene Ärzte geschafft, ihre Erkrankung zu bewältigen?

Die Antworten auf diese Fragen bilden das Rohmaterial dieses Ratgebers. Beim Schreiben leiteten mich zwei Grundgedanken. Zum einen gilt: Nur die Praxis enthält die ganze Theorie. Dem folgend, bildet das gesammelte ärztliche Erfahrungswissen den Ausgangspunkt aller Praxiskapitel. Das ganze Buch hindurch kommen Ärzte unterschiedlichster Fachrichtungen zu Wort. Da auch gilt „Nichts ist so praktisch wie eine gute Theorie“, habe ich zudem auf zentrale neurobiologische und psychologische Erkenntnisse der Burnoutprävention und seelischen Gesundheit zurückgegriffen. Geprägt ist dieses Buch weiter durch vielfältige Erfahrungen im Rahmen meiner Beratungs-, Supervisions- und Coachingpraxis im Gesundheitswesen. Hauptanliegen ist es, den gemeinsamen Nenner ärztlicher Lebenskunst herauszuarbeiten und damit konkrete Ansatzpunkte für die Weiterentwicklung der eigenen, ganz persönlichen beruflichen und außerberuflichen Lebenskunst aufzuzeigen.

2 Viele Wege führen zur Resilienz

Der Begriff Resilienz entstammt dem lateinischen Wort „resilire“ („zurückspringen, abprallen“). Bei Materialien steht er für die Fähigkeit, zu ihrer ursprünglichen Form und Position zurückzukehren, nachdem sie gebogen, zusammengedrückt oder gedehnt worden sind – also für Elastizität. Beim Menschen bezeichnet Resilienz die Fähigkeit, mit schweren Belastungen in gesundheitserhaltender Weise umzugehen (mehr hierzu in Kap. ▶ 4). Im Angesicht von Dauerstress und Mikrotraumen gesund und zufrieden zu bleiben, ist ein individueller Prozess. Kein Arzt gleicht dem anderen. Dennoch sind inmitten der vielen Wege ärztlicher Resilienz durchaus einige „Hauptstraßen“ erkennbar. Strategien und Lebenspraktiken, die zwar immer persönlich ausgestaltet werden müssen, aber dennoch für die meisten der von uns befragten Ärzte einen hilfreichen Unterschied machen. Also doch eine Gebrauchsanweisung: „Wie Sie gesund und zufrieden bleiben – ein 10-Schritte-Programm“?

Nein. Dieses Buch ist kein Rezeptbuch. Es ist vielmehr ein Buch über Zutaten. Zutaten eines gelingenden Arztlebens. Die diskutierten Kraftquellen und Bewältigungsstrategien sollen Anregungen bieten, die eigene Küche zu überdenken. Sie sollen Mut und Lust machen, das gesammelte Erfahrungswissen in die eigene Lebens- und Berufspraxis zu übersetzen, die eigene Resilienz weiterzuentwickeln. In welchen Dosen Sie die Zutaten mischen, wovon Sie schon reichlich haben und was in Ihrer Vorratskammer gänzlich fehlt, bleibt Ihrer Einschätzung und Entscheidung überlassen.

Wenn Sie nicht gerne kochen, stellen Sie sich Ihre Resilienz als eine Art biopsychosoziales Immunsystem vor ▶ [11]. So wie Fieber, Erbrechen oder Diarrhö organismische Schutzreaktionen darstellen, können auch Stresssymptome wie Gereiztheit, Unlust und Unruhe Hinweise darauf sein, dass ihr seelisches Immunsystem „Aufräumbedarf’ meldet. Wie die körperliche Immunabwehr, so kann auch das seelische Immunsystem hyperreagibel werden. Dann werden Schutzreaktionen – in diesem Fall mentale Lösungsversuche (z. B. Wegdrängen, Grübeln) oder defensive Verhaltensweisen (z. B. Rückzug und Verstummung, „ein paar Gläschen Rotwein“) – zum Problem. So wie das körpereigene Immunsystem an seinen Aufgaben wächst, können auch wir mental an den Herausforderungen des Alltags wachsen. Allerdings nur dann, wenn sich unser seelisches Immunsystem in einem guten Allgemeinzustand befindet. Andernfalls können zunächst einmal allgemeine immunstärkende Maßnahmen indiziert sein; diese finden Sie in diesem Buch ebenso wie „Impfungen“ gegen spezifische Stressoren des Arztalltags.

Die Theorie und Praxis der Resilienz enthält eine Chance. Es ist die Chance, aus alltäglichen Belastungen und kritischen Lebensereignissen nicht nur unbeschadet, sondern gestärkt hervorzugehen, Veränderungen und Stressoren im Lebensumfeld nicht nur zu widerstehen, sondern an ihnen zu wachsen. Dies ist ein hoher Anspruch. Die Resilienzforschung beruht aber gleichzeitig auf der Erfahrung, dass wir alle mehr Bewältigungskompetenzen und -ressourcen haben, als uns unmittelbar bewusst ist. Wir müssen „angefragt“ werden, um unsere Potenziale zu entwickeln. Im Arztberuf sind die „Anfragen“ in Form von Belastungen und Stressoren bekanntlich zahlreich.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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