Wie schreibe ich eine  Kurzgeschichte? - Annika Kühn - E-Book

Wie schreibe ich eine Kurzgeschichte? E-Book

Annika Kühn

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Beschreibung

Wer eine Geschichte mit Gänsehauteffekt, Suchtpotenzial und Wirkung auf Herz oder Lachmuskeln verfassen will, braucht mehr als nur einen Stift und Papier. Er braucht jede Menge Ideen und Handwerkszeug: 'Wie schreibe ich eine Kurzgeschichte?' gibt jungen Schreibbegeisterten beides mit auf den Weg. Auf unterhaltsame und anschauliche Weise vermittelt das aufwändig gestaltete Handbuch Teenie-Autoren die Grundlagen des Kurzgeschichtenverfassens, nennt die Dos und Don'ts und beantwortet die wichtigsten Fragen: Wo finde ich Inspiration? Wie erwecke ich Figuren zum Leben? Und was muss ich tun, damit die Leser meine Geschichte nicht mehr aus der Hand legen? Einfallsreiche Beispiele, originelle Übungen und witzige Illustrationen helfen beim Verstehen von Erzählperspektiven, Dialogstrukturen und Co. und regen zu fantasievollen Texten an - damit die nächste Geschichte eine von den wirklich guten wird.

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Seitenzahl: 186

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Annika Kühn

WIE SCHREIBE ICH EINE KURZGESCHICHTE

Mit allen Zutaten für schaurige Vampirlegenden, herzzerreißende Liebesgeschichten, rasante Freundinnenabenteuer, überraschende Komödien und kreative Fantasystorys

Schwarzkopf & Schwarzkopf

Gestatten, dein Reiseführer durch das Reich des Schreibens

Ein kleines Vorwort

Jeder große Autor hat mit kleinen Schritten angefangen: mit ersten Gedichten im Kindergarten, Aufsätzen in der Grundschule, Geschichten für Mama und Papa zu Weihnachten. Auch du wirst deinen Weg als Schriftsteller vermutlich nicht mit einem Monumentalwerk beginnen. Eher mit einem winzigen Text, der dir zeigt, wie viel Spaß die Suche nach den richtigen Worten macht und wie aufregend eine Exkursion in die Welt des Schreibens sein kann. Und das ist auch gut so. Johann Wolfgang von Goethe startete seine Laufbahn auch nicht mit Faust. Es waren bereits mehr als fünfzig Jahre seines Lebens vergangen, ehe er das bekannteste seiner Werke veröffentlichte. Zwar waren das bei Weitem keine untätigen und keine erfolglosen Jahre, aber eben mehr als fünfzig. Autoren brauchen nun einmal Zeit und Ausdauer, ehe sie dort ankommen, wo sie hinwollen: bei der bestmöglichen Geschichte.

Dieses Buch kann dir vielleicht nicht dabei helfen, sofort zum Bestsellerautor zu werden, oder dir garantieren, dass du es vor deinem fünfzigsten Geburtstag schaffst, Weltruhm zu erlangen, es kann dir aber ein treuer Begleiter auf der Reise zu diesem Ziel sein. Indem es dir die notwendigen Grundlagen vermittelt und dir Tipps mitgibt, soll es dich sicher an allen Gefahren vorbeiführen: um alle erzählerischen Stolpersteine herum, durch das Dickicht deiner Ideen hindurch, an den steilsten Klippen des Stils vorbei, hin zu den Bäumen mit den schönsten Früchten deiner schriftstellerischen Tätigkeit.

Denn so unterschiedlich die Wege von Autoren auch sind, zu den besten Ergebnissen ihres Schaffens gelangen sie nur, wenn sie beim Schreiben einigen, immer gleichen Hinweisen folgen. Im Grunde beinhalten alle guten Geschichten nämlich die gleichen Elemente, halten sich an gewisse Strukturen, befolgen ähnliche Regeln. Welche es sind, erfährst du in den nachfolgenden Kapiteln. Sie werden dir auch viele der Fragen beantworten, die jeden Autor irgendwann bewegen: Wann wirken meine Figuren lebendig? Was muss ich tun, damit die Handlung spannend wird? Wie soll ich meine Geschichte beginnen? Darüber hinaus sollen dir viele konkrete Beispiele, zahlreiche Übungen und einige Zitate aus aktuellen Bestsellern und Klassikern dabei helfen, die richtigen Abzweigungen auf deinem Pfad zu nehmen.

Doch keine Panik! Dieser Reiseführer gibt dir keine strenge Route vor. Stattdessen lässt er dir Raum für deine eigenen Erkundungstouren. Denn wichtiger, als alle Vorschriften dieser Welt zu befolgen, ist, dass du dir deine Leidenschaft bewahrst und über Dinge erzählst, die dich wirklich berühren. Dir spukt durch den Kopf, wie es wäre, unsichtbar zu sein? Einen Nobelpreis zu gewinnen? Die Welt zu umsegeln? Mit Robert Pattinson rumzuknutschen? Oder eher ihm eine zu scheuern? Kein Problem. Wenn du es nur richtig anpackst, kann aus beinahe jeder deiner Fantasien eine unterhaltsame Geschichte werden. Dazu brauchst du weder die strikte Definition einer Kurzgeschichte noch Vorschriften über typische Merkmale oder Themen dieser Textsorte. Du brauchst nur ein bisschen Mut und ein wenig Hilfe bei der Navigation durch das abenteuerliche Reich des Schreibens. Lass uns aufbrechen!

Annika Kühn

Mit Dank an euch, die ihr immer gesagt habt »Du musst unbedingt ein Buch schreiben«. Ich hab’s getan, Leute!

Kapitel 1

Die Musen warten nur darauf, dich endlich küssen zu dürfen

Wie du auf Ideen kommst und woran du eine wirklich gute erkennst

Zehn Tricks, ein Ziel – Die Idee

Sie steht am Anfang einer jeden Geschichte. Joanne K. Rowling hatte sie während einer Zugfahrt, Stephenie Meyer kam sie angeblich im Schlaf und Jay Asher in einer Ausstellung über den ägyptischen Pharao Tutanchamun – eine richtig gute Idee. Doch so leicht, wie es bei den drei Bestsellerautoren klingt, ist es nicht, ihr zu begegnen. Ideen sind nämlich eigenwillige kleine Wesen, die sich ungern kontrollieren lassen. Sie tauchen in Träumen auf, kriechen einem morgens, wenn man noch im Schlummerstadium ist, in den Kopf oder springen einem während eines Schulausfluges mitten ins Gesicht. Sie sind strahlend und stolz oder schüchtern und verstecken sich. Sie kommen zu Besuch, wenn man sie gerade nicht erwartet hat. Und wenn man sie erwartet, dann lassen sie sich einfach nicht blicken. Kurz gesagt: Ideen sind richtige Diven. Es ist daher hilfreich, wenn man weiß, wie man mit ihnen umgehen sollte und wie man sie anlocken kann, wenn sie wieder einmal keine Lust haben aufzutauchen.

Diese zehn Tricks können dir bei der Suche nach einer Idee für deine Geschichte von Nutzen sein:

Trick 1: Genau hinsehen – denn Ideen tummeln sich überall

Die besten Geschichten liegen auf der Straße. Wenn du dich in deiner Umgebung umsiehst, wirst du bestimmt auf die eine oder andere stoßen. Beobachte im Café doch einmal die anderen Gäste und versuche, an ihrem Gesichtsausdruck und ihrer Körperhaltung zu erkennen, was sie gerade fühlen und erleben: Ist es ihr erstes Date? Oder ihr letztes? Sitzen sie gerade bei einem wichtigen Geschäftsessen? Oder bei einem Kaffee mit Freunden? Und schon ist dein Kopfkino in vollem Gange.

Trick 2: Andere belauschen – denn Ideen schleichen sich gern in Wortgefechte ein

Ein Gesprächsfetzen, eine kuriose Durchsage im Kaufhaus, ein Pärchen, das sich auf der Straße anschreit – nahezu alles kann zum Ursprung einer tollen Idee werden. Manchmal genügt es schon, den MP3-Player auszuschalten und den Unterhaltungen in der U-Bahn zuzuhören, um etwas mit Potenzial aufzuschnappen: Eine junge Frau schimpft am Telefon über ihren Mitbewohner, den »Gemüse-Sheriff«. Wunderbar, nun brauchst du dich nur noch zu fragen, was ein Gemüse-Sheriff ist, wo man ihn treffen kann und warum sein Herz ausgerechnet für Gemüse schlägt. Und schon hast du mit Sicherheit eine erste Idee für deine Geschichte.

Trick 3: Viel lesen – denn (fast) jede neue Idee hat einen alten Kern

Wer ein Buch nach dem anderen verschlingt, hat nicht nur einen großen Wortschatz, er hat auch gute Einfälle. Denn unsere Ideen sind gar nicht komplett auf unserem eigenen Mist gewachsen. Meist hat sich zuvor ein anderer schon einmal Gedanken über dasselbe Thema oder eine ähnliche Figur gemacht. Oder hat Stephenie Meyer etwa die Vampire erfunden? Nein, sie hat sie für ihre Bis(s)-Romane nur weiterentwickelt. Auch dir können Geschichten anderer Autoren Denkanstöße geben. Pfropfe dein Gehirn mit so vielen Informationen wie möglich voll, dann ist es beschäftigt und wird früher oder später etwas ausspucken, das es in dieser Art noch nicht gegeben hat.

Trick 4: Brainstorming – denn von hundert Ideen ist garantiert eine richtig gut

Was du brauchst: ein Blatt, einen Stift und Zeit. Was darüber hinaus nicht schaden kann: ein gemütlicher Sessel und ein paar Süßigkeiten. Schreibe auf das Blatt zunächst ein Thema deiner Wahl, zum Beispiel »Liebe«. Dann lehn dich zurück und denke darüber nach, was du alles damit verbindest: einen Mann, eine Frau, Herzen, Vertrauen, Verletzlichkeit, Kribbeln, Küssen, gemeinsames Frühstück, den Facebook-Eintrag »vergeben« … Halte selbst deine wunderlichsten Einfälle fest. Am Ende wirst du einen vollgekritzelten Zettel haben, auf dem viel Quatsch und einiges Sinnvolles steht. Such dir den Einfall heraus, der dir am vielversprechendsten erscheint, und starte eine neue Runde mit diesem Begriff. So kannst du einer grandiosen Idee Schritt für Schritt näherkommen.

Trick 5: Mit anderen reden – denn sie haben auch Ideen

Wenn dir absolut nichts einfällt, dann jammere in Gegenwart deiner Freunde und deiner Familie darüber. Das wirkt nicht nur befreiend, sondern im besten Fall auch inspirierend. Immerhin können andere einen auf etwas stoßen, an das man bisher noch nicht gedacht hat. Und schwupp, ist sie da, eine neue Idee.

Trick 6: Gedankensprünge zulassen – denn Ideen lassen sich ungern bändigen

Gerade hast du noch über einen Helden, der Tag für Tag Menschen glücklich macht, nachgedacht und plötzlich hast du riesigen Appetit auf ein Käsebrötchen? Aber du glaubst, dass das in diesem Moment nichts zur Sache tut? Falsch. Denn erstens: Mit knurrendem Magen schreibt es sich ausgesprochen schlecht. Und zweitens: Das Käsebrötchen könnte deine Geschichte zu einer außergewöhnlichen machen. Vielleicht erkennt deine Hauptfigur ihre Bestimmung ja nur, weil sie eines Tages ein Käsebrötchen an einen Obdachlosen verschenkt. Oder die Zwischenmahlzeit ist der entscheidende Hinweis, mit dem dein Held ein Verbrechen aufklären und einen Bösewicht stoppen kann. Wenn du Einfälle hast, die du erst einmal nicht zuordnen kannst, notiere sie dir am besten für später und vielleicht wird das Käsebrötchen dann zum bedeutsamen Element deiner Geschichte, wer weiß!

Trick 7: In der eigenen Vergangenheit graben – denn dein Leben bringt die besten Ideen zutage

Ein Tagebuch kann nicht nur ein guter Einstieg für junge Autoren ins Schreiben sein, sondern auch eine ergiebige Quelle für Ideen. Denn viele deiner Erlebnisse eignen sich als Ausgangspunkt für eine Geschichte: deine letzte Beziehung zum Beispiel, oder ein Konkurrenzkampf in der Schule. Doch Achtung: Gerade bei sehr persönlichen Texten besteht höchste Gefahr, dass sie einseitig werden, wenn der Autor seine Erlebnisse noch nicht ausreichend verarbeitet hat. Greife also erst dann auf deine Erfahrungen zurück, wenn du über die Trennung oder die Rivalität hinweg bist. Dann wird dir das Schreiben nicht nur mehr Spaß machen. Du wirst alle Figuren und ihre Beweggründe besser beleuchten können und vermeiden, deinen Leser mit Vorurteilen zu verärgern. Obendrein solltest du dir vorab darüber im Klaren sein, dass es sehr viel härter ist, Kritik einzustecken, wenn man über sehr private Dinge schreibt. Du solltest Kommentare wie »Das Problem hätte ich anstelle der Hauptfigur aber ganz anders gelöst« oder »Was für ’ne naive Person« verkraften können, wenn du dich an eine Geschichte über dein Leben wagst.

Trick 8: Radio hören, Zeitung lesen, fernsehen – denn manchmal genügt ein fremder Satz für eine Idee

Versuch mal, dich von einer Kurzmeldung im Radio oder den Acht-Uhr-Nachrichten auf ein Thema bringen zu lassen. Erst kürzlich schrieben die Zeitungen »Polizei nimmt Wurstdieb fest«? Dann mach daraus doch eine Geschichte über jemanden, der seine Freiheit aufs Spiel setzt, weil er Hunger hat. Oder schreibe über die Jagd auf einen Verbrecher, der im großen Stil Fleischwaren aus einem Lagerhaus gestohlen hat.

Trick 9: Sich in die richtige Stimmung bringen – denn auch Ideen haben es gern gemütlich

Wenn man kreativ sein will, sollte man sich wohlfühlen. Frage dich deswegen zuallererst: Wo kann ich bequem, konzentriert und ohne ständig gestört zu werden, schreiben? Und dann stell dir eine Tasse Tee hin und schalte den MP3-Player ein. Musik schafft nämlich nicht nur eine angenehme Atmosphäre, sie kann es dir auch erleichtern, dich in eine bestimmte Situation zu versetzen. Wenn dir die Worte fehlen, um eine bedrückende Szene auszuformulieren, dann such nach ein paar langsamen, traurigen Songs und du wirst sehen, bald löst sich der Knoten in deinen Gedanken. Natürlich birgt es auch ein Risiko, wenn man während des Schreibens den MP3-Player rauf und runter laufen lässt: Man verpasst die neuesten Gesangsversuche der Nachbarin oder die Schimpftiraden des alten Mannes von nebenan. Beide könnten ja durchaus inspirierend sein. Die Alternative, wenn du dir das keinesfalls entgehen lassen willst oder dich Musik während des Schreibens zu sehr ablenkt: Höre einfach vorher oder zwischendurch deine Lieblingslieder, um Kraft zu tanken. Du wirst sehen, das hilft, wenn deine Gedanken in einer Sackgasse angelangt sind und sich dort pausenlos im Kreis drehen.

Trick 10: Aufstehen, anziehen, rausgehen – denn auch Ideen brauchen frische Luft

Stundenlang still vor dem Computer zu sitzen ist sowohl ungesund für deinen Rücken als auch für deine grauen Zellen. Lauf daher, wenn du an einer neuen Geschichte tüftelst, am besten ein wenig im Raum herum. Das bringt deinen Kreislauf in Schwung und dein Gehirn auf Hochtouren. Ebenso können Sauerstoff und ein kleiner Spaziergang Wunder wirken, wenn einem nichts Rechtes einfallen will.

Auf der Suche nach Ideen solltest du dir selbst keine Grenzen setzen. Nicht alles, das dir einfällt, muss auf Anhieb genial sein. Sogar aus simplen Eingebungen haben Autoren in der Vergangenheit tolle Geschichten entwickeln können. So hatte Cornelia Funke zunächst nur das Bild eines Mädchens im Kopf, das auf dem Bett sitzt, während draußen vor dem Fenster ein Fremder im Regen steht. Daraus entstanden ist ihr Roman Tintenherz. Und Darren Shan kam deshalb auf seine Mitternachtszirkus-Saga, weil er sich irgendwann fragte, mit wem Vampire wohl rumhängen würden.

Wer nicht fragt, bleibt dumm …

Darf ich eigentlich aus anderen Geschichten oder Liedern zitieren, wenn sie mich inspiriert haben?

Ja, du darfst Zitate verwenden – vorausgesetzt, du schreibst mit auf, woher du sie hast. Das heißt: Nenne den Schriftsteller und den Namen des Werkes beziehungsweise den Musiker und den Songtitel. Dann bist du auf der sicheren Seite, wenn du deine Geschichte online stellst oder bei einem Wettbewerb einreichst. Auf lange Ausschnitte und komplette Liedtexte solltest du aber verzichten, wenn du deine Geschichte veröffentlichen möchtest. Sie unterliegen dem Urheberrecht und dürfen nur mit Zustimmung des Autors verwendet werden.

Das Wichtigste, damit aus einer Idee etwas werden kann, ist, dass du sie nicht auf später vertröstest, wenn sie dich einmal ereilt hat. Wenn du sie nämlich nicht sofort einfängst und festhältst, ist sie im nächsten Moment verschwunden. Und zwar mit Sack und Pack und ohne je wiederzukehren. Denn Ideen sind sehr ungeduldig. Also solltest du am besten immer etwas zum Aufschreiben mit dir herumtragen – sei es dein Handy, in das du Notizen eingeben kannst, oder Stift und Papier. Viele Autoren haben als ständigen Begleiter sogar ein richtiges Projektbuch, in dem sie einzelne Sätze, Eindrücke oder Namen sammeln. Auch du solltest jedes noch so kleine Detail aufschreiben, das dir wichtig und für deine Geschichte nützlich erscheint.

Richtig gute Ideen brauchen außerdem Zeit zum Wachsen. Versuch also, dir hin und wieder ein paar ruhige Minuten freizuschaufeln, um deine ersten Einfälle auszubauen. Gelegentlich kann es sich auch bezahlt machen, beim Durchforsten deiner Aufzeichnungen zwei unterschiedliche Ideen miteinander zu kombinieren. Ein kleines Gedankenspiel: Du hast auf einer Seite alles zum Thema »Urlaubsflirt« festgehalten und auf einer weiteren das, was dir zu den Bewohnern eines weit entfernten Planeten eingefallen ist. Wie könntest du die Aliens und die Ferienliebe in einer Geschichte unterbekommen? Na? Die Außerirdischen könnten zum Beispiel eine Urlaubsreise zur Erde machen und einer von ihnen verliebt sich währenddessen unsterblich in einen Menschen. Oder die Managerin eines in die Jahre gekommenen Urlaubshotels stammt eigentlich von einem anderen Stern und will gerade dorthin zurückkehren. Doch dann setzt der schönste Mann, den sie je gesehen hat, einen Fuß in ihr schäbiges Gästehaus.

Zugegeben, beide Geschichten sind vielleicht ein bisschen abwegig. Dennoch solltest du es ausprobieren, verschiedene Einfälle miteinander zu verknüpfen – auch wenn die Gefahr besteht, dass du etwas entwickelst, das am Ende untauglich ist. Gerade die Ideen, die einem zuerst miteinander unvereinbar erscheinen, ergeben gemeinsam oft eine vielversprechende Grundlage für eine Geschichte.

Drei dienliche Denkanstöße

Sogenannte Kreativübungen können dich auf neue Gedanken bringen. Teste deinen Einfallsreichtum mit diesen drei Aufgaben:

1.Nimm dir einen Duden zur Hand, schließ die Augen, schlag irgendeine Seite auf und tippe blind auf ein Wort. Wiederhole das Ganze viermal und schreib dann zehn zusammenhängende Sätze, in denen alle fünf Wörter vorkommen.

2.Bilde aus den Buchstaben des Wortes »Genie« so viele sinnvolle Sätze wie möglich. Du hast fünf Minuten Zeit. Damit es etwas leichter für dich wird, hier zwei Beispiele: Gabriella erzählt nie interessante Einzelheiten. Günthers eigentlicher Nachname ist Ernst.

3.Schreib eine kurze Szene, in der es zum ersten Kuss zwischen einem Jungen und einem Mädchen kommt. Du sagst, das ist leicht? Keineswegs, denn du darfst folgende zehn Wörter nicht verwenden: Lippen, küssen, Geschmack, Duft, Gefühl, Herz, weich, Atem, leidenschaftlich, Hand.

Eine Idee und dann? – Die Kernaussage

Ideen können dich in den unterschiedlichsten Formen heimsuchen: als einzelnes Wort, als mehrere Sätze, in Form eines Dialogs oder als komplettes Drehbuch, das du auf einmal im Kopf hast. Doch nicht alle Ideen sind ein guter Ausgangspunkt für eine Geschichte. Manche sind nicht aufregend genug, andere nicht aussagekräftig oder unbedeutend und wieder andere so lückenhaft, dass sie sich nicht zu einer Geschichte erweitern lassen.

Um zu überprüfen, ob du deinen Einfall weiterverfolgen solltest, kannst du dir diese Fragen stellen:

•Ist meine Idee neu? Auffällig? Interessant?

•Kann ich sie zu einer Handlung ausbauen?

•Und ist sie mir wirklich, wirklich wichtig?

Solltest du diese drei Fragen mit Nein beantworten, ist es das Beste, wenn du deinen Einfall begräbst. Befreie dich völlig von ihm und schaffe in deinem Kopf Platz für neue brauchbarere Ideen. Er ist es nicht wert, dass du ihn weiter mit dir herumträgst. Eine Empfehlung, falls es dir schwerfällt, deine Idee loszulassen: Besuche im Internet mal die Seite www.ideenfriedhof.com. Dort kannst du deinen Einfall zur letzten Ruhe betten. Ein gebührender Abschied und großer Spaß!

Wenn du die drei Fragen zu deiner Idee hingegen mit einem klaren Ja beantworten kannst, dann solltest du dich an den zweiten Schritt wagen: Entwickle aus deinem Einfall nun die Kernaussage deiner Geschichte. Was das ist? Ganz einfach: Die Kernaussage ist deine Botschaft an den Leser. Sie ist das, was du ausdrücken möchtest. Das, was dich bewegt. Gute Geschichten werden nämlich nicht nur verfasst, um zu unterhalten. Sie haben auch einen tieferen Zweck: Sie sollen aufrütteln, Mut machen, zeigen, wo es Probleme gibt und wie man sie lösen kann. Der Leser möchte etwas von dir erfahren oder lernen. Tut er es nicht, bleibt er womöglich ratlos zurück und fragt sich am Schluss deiner Geschichte verbittert: Was sollte das denn jetzt?

Manche Kernaussagen tauchen in der Literatur in regelmäßigen Abständen auf. Sie sind vergleichsweise allgemein und eignen sich deshalb als Botschaft vieler, sehr unterschiedlicher Geschichten. Du willst wissen, welche das sind? Diese zum Beispiel:

•Wahre Liebe überwindet alle Hindernisse.

•Wenn man zusammenhält, ist alles möglich.

•Selbst ein Kleiner kann etwas Großes bewirken.

•Der Klügere gibt nach.

•Für jeden gibt es den richtigen Partner.

•Am Ende siegt die Gerechtigkeit.

•In Ausnahmesituationen sind Menschen zu allem fähig.

•Erwachsen zu werden bedeutet Verantwortung zu übernehmen.

•Wer hart arbeitet, wird belohnt.

•Hin und wieder muss man über seinen Schatten springen, um etwas zu erreichen.

Was du dem Leser mit deiner Geschichte auf den Weg geben willst, ist dir überlassen. Du kannst auch gern Kritik an einer Sache oder einem Zustand üben, wenn dir das schon immer unter den Nägel gebrannt hat. Vielleicht wolltest du ja seit einer halben Ewigkeit loswerden, dass Erwachsene Jugendlichen zu wenig zutrauen. Oder du wolltest schon lange mal zeigen, dass Lehrer sich nicht ausreichend Zeit für einzelne Schüler nehmen. Jetzt hast du die Chance.

Behalte aber im Kopf, dass dir deine Kernaussage im besten Fall ein echtes Anliegen sein sollte. Warum? Wenn du dein ganzes Herzblut und deine Leidenschaft in eine Geschichte steckst, ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass sie dir gelingt. Wenn man wirklich motiviert ist, investiert man einfach mehr Kraft, das Schreiben geht einfacher von der Hand und man bringt einen Text eher zu Ende. Außerdem wird der Leser garantiert am Endergebnis erkennen, ob einem Autor die Botschaft seiner Geschichte wichtig ist.

Wenn du dich für deine Kernaussage entschieden hast, liegt bereits ein großes Stück Arbeit hinter dir. Denn sie legt fest, wohin deine Geschichte führen wird. Immerhin kann ein Text mit der Botschaft »Echte Freundschaft setzt sich durch« kaum unglücklich enden. Zwei dicke Kumpels werden nach einem heftigen Streit also nicht einander die Freundschaft kündigen. Eher werden sie sich trotz aller Differenzen wieder vertragen. Dank deiner Überlegungen hast du den Schluss deiner Geschichte quasi schon fertig, bevor du überhaupt mit dem Schreiben begonnen hast. Wenn das nicht gute Voraussetzungen für deine Geschichte sind …

5 x Ganz unbedingt …

✓mal den MP3-Player zu Hause lassen. Die Menschen auf der Straße erzählen die seltsamsten Dinge. Es lohnt sich, ihnen zuzuhören. Indianerehrenwort.

✓sich auf eine Parkbank setzen, den vorbeigehenden Menschen zusehen und sich fragen: Was machen sie hier? Sind sie traurig oder glücklich? Und wohin gehen sie?

✓ein Ideenbuch anlegen, in dem alle Einfälle notiert werden.

✓Einfälle wild und wahllos miteinander kombinieren. Das führt manchmal zu einer genialen Idee.

✓ein Thema auswählen, das einem am Herzen liegt. Der Leser merkt es, wenn einem Autor die Botschaft seiner Geschichte wichtig ist.

5 x Bitte nicht …

-eine Idee gleich wieder verwerfen, weil sie einem gerade nicht in den Kram passt. Lieber aufschreiben und später über sie nachdenken.

-verzweifeln. Nicht jede Idee ist von Anfang an genial. Aber sie kann es werden.

-sich verkriechen und auf eine grandiose Eingebung hoffen. Lieber raus an die frische Luft gehen.

-an einer Idee hängen bleiben. Wenn man einfach nicht weiterkommt, ist es besser, sich von ihr zu trennen und sich einer neuen zuzuwenden.

-eine Geschichte ohne Aussage schreiben. Der Leser möchte etwas lernen.

Kapitel 2

Gangster, Gnome und die große Liebe

Was du über Genres wissen solltest

Angenommen, du wolltest heute Abend ins Kino gehen, für welchen Film würdest du dich entscheiden? Für einen witzigen oder traurigen? Für einen romantischen oder gruseligen? Für einen mit fantastischen Gestalten oder einen, der mitten aus dem Leben erzählt?

Wenn du dir diese Fragen beantworten kannst, wirst du wahrscheinlich nicht nur den perfekten Film aus dem Programmheft auswählen können, sondern auch das passende Genre für deinen Text. Zu einem Genre gehören in der Literatur alle Geschichten, die ähnliche Themen aufgreifen, in denen bestimmte Figuren auftauchen und die vergleichbare Gefühle beim Leser hervorrufen. Einige bekannte und beliebte Genres sind:

•Die Fantasy-LiteraturFantasystorys spielen grundsätzlich fernab unserer Realität. Wie selbstverständlich existieren in ihnen Sagen-, Fabel- und Märchengestalten wie Feen, Drachen, Zwerge, Vampire oder Gnome. Oft handeln sie vom scheinbar aussichtslosen Kampf eines Einzelnen oder einer kleinen Gruppe gegen einen übermächtigen Feind, der die Welt beherrschen will. Während die Charaktere sich ihrer Aufgabe stellen, erfährt der Leser mehr und mehr über die magische und geheimnisvolle Umgebung, in der sie leben.

•Die Science-FictionAuch in der Science-Fiction sind häufig übersinnliche Wesen und Märchengestalten anzutreffen. Anders als in der Fantasy-Literatur halten sie sich allerdings an die bekannten naturwissenschaftlichen Gesetze. Denn die Science-Fiction nimmt sich die aktuellen technologischen Entwicklungen zum Vorbild und schildert, welche Auswirkungen sie auf das Leben in der Zukunft haben können.

•Der KrimiIn einem Krimi passiert immer ein schreckliches Verbrechen, das von der Hauptfigur aufgeklärt werden soll. Sie kann ein Detektiv sein, ein Polizist oder auch eine Privatperson, die den Täter unbedingt schnappen will. Mit ihr begibt sich der Leser auf eine dramatische und nervenaufreibende Spurensuche, die am Ende meist zu einer verblüffenden Lösung des Falls führt.

•Das Abenteuer