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Wir sind Zeuge und zugleich Täter einer erdrutschartigen Verschiebung unserer Existenz. Staaten und Privatsektor haben 2018 weltweit mehr Schulden angehäuft als vor dem Ausbruch der globalen Finanzkrise: laut Weltbankenverband 247 Billionen Dollar - 318 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Diese Schuldenblase droht zu platzen, sollte das Wirtschaftswachstum nachlassen. Und mit ihr das Leben, wie wir es kennen. Doch wie viel Wachstum können wir uns leisten, wenn dieses gleichzeitig unsere Lebensgrundlage vernichtet? Böden, Wälder und Wasser werden zerstört, die Artenvielfalt wird reduziert, neunzig Prozent aller Vögel und Fische haben Plastikpartikel in ihren Mägen, Millionen Menschen fliehen vor Klimawandel und Krieg. Wie wollen wir leben? Das ist die Hauptfrage, auf die wir als Gesellschaft eine Antwort finden müssen. Die Autorin sucht nach Antworten und findet sie: in Yale, beim Handelsblatt, bei Barack Obama, beim Weltwirtschaftsforum, bei Noam Chomsky und vielen mehr. Das Buch ist ein Plädoyer für einen globalen Marshallplan.
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Veröffentlichungsjahr: 2018
Sibylle Barden ist Publizistin. Seit Ausbruch der globalen Finanzkrise richtet sie ihren Fokus auf die Disruption politischer, institutioneller und sozialer Werte in Umbruchsituationen.
Beim Axel Springer Verlag begann 1990 ihre Laufbahn als Journalistin. Von 1994 bis 2000 arbeitete sie beim Fernsehen, zunächst als Redakteurin, später als Unternehmenssprecherin. Von 2002 bis 2008 war sie Sprecherin und Leiterin Marketing an der Deutschen Botschaft London, vornehmlich für Branding Germany verantwortlich. Zeitgleich absolvierte sie in London den Master of Business Administration (MBA). 2012 konnte sie die britische Economist Group für eine weltweite Kampagne zur Verbesserung der Finanzindustrie gewinnen.
2014 erschien ihr erstes Buch, Triumph des Mutes, bei amazon, 2016 als Taschenbuch beim dtv. Die Autorin ist ehrenamtliches Kuratoriums Mitglied im Kölner Forum für Internationale Beziehungen und Sicherheitspolitik. Verheiratet mit einem Briten, lebt sie in Deutschland und Frankreich.
Im Winter 2018/19 erscheint ihr wirtschaftspolitischer Thriller.
Über die Autorin
Vorwort
Aufbruch oder Faschismus: Was folgt dem weltweiten Zorn?
Aufbruch oder Faschismus: Was folgt dem weltweiten Zorn?
Die Kriegsflüsterer
Die Demokratie entläßt ihre Kinder
Barack Obama und Rosa Parks
2016: Die USA im Jahr des Affen
Oligarchenbündnis mit Atomkoffer
Angela Merkel: Die Stimme in ihrem Kopf ist nicht Gott
Das Endspiel hat begonnen – und Europas Zukunft
ist nicht in guten Händen
Welt im Würgegriff
Brexit: Zeit für Staatsmänner
Die süße Diktatur des Nichts
Zirkuskrieger
Global katastrophal
Barack Obama und Amerika
McMoney übernimmt den Kapitalismus
McMoney übernimmt den Kapitalismus
Wie Barack Obama die USA verändert hat
Experten der Weltwirtschaft
Kapitalismus
Wunschkapitalismus – Finanzwelt zwischen Angst und Gier
Obama 2012: Das Milliarden Dollar Projekt
Deutschland im Glashaus
Großbritannien: Vom Raubtier zum Fischfutter
Obama versus Obama
Im Zweifel heute
Brüssel: Zeit für den Margin Call
Sicherheit ist eine Illusion
Wall Street
Wie wollen wir leben?
Wie wollen wir leben?
Identität
Das neue Amerika
Chomskys Welt
Ein guter Tag, um schlechte Nachrichten zu verbreiten
Die Frau, die das Denken der Welt verändert hat
Volk ohne Partei
In Richtung Zukunft
Die Macht der Anderen
Der übers Wasser geht
Ohne Frieden ist alles nichts
Die Macht der Worte
Moral
Geld und Frauen und Erfolg
Die Erde – eine Scheibe
Applaus bleibt aus – US-Führung im Zeitalter
enormer Erwartungen
Krisen sind unser Weckruf
Krisen sind unser Weckruf
Ukraine – Wie man Krisen nicht bewältigt
Die Geschichten-Erzähler
Griechenland versucht den aufrechten Gang
Iran/Israel – Letzte Ausfahrt Frieden
Drei Dinge, die Merkel gerade richtig macht
Wir haben Krise verlernt
Aufstehen, Mut beweisen, Krisen lösen
Mut beweisen, Angst besiegen, Krisen lösen
Mut zum Versagen
Die Blockchain-Revolution
Erster wird man nicht allein
Erfolgreich Krisen bewältigen
Lebenskrise? Sieben Beispiele, die Mut machen
Obama – der wertvollste Brand der Welt
Bücher: Das Milliardengeschäft und die Zukunft des
Publishings
Mut zum eigenen Lebenstraum
CEO der Zukunft
Golf & Leadership
Im Auge des Betrachters
Triumph des Mutes: Von der Kunst, erfolgreich
Krisen zu bewältigen
Weitere Bücher der Autorin
Nun hatte ich zehn Jahre des neuen Jahrhunderts gelebt, Indien, ein Stück von Amerika und Afrika gesehen; mit einer neuen, wissenderen Freude begann ich auf unser Europa zu blicken. Nie habe ich unsere alte Erde mehr geliebt als in diesen letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg, nie mehr auf Europas Einigung gehofft, nie mehr an seine Zukunft geglaubt als in dieser Zeit, da wir meinten, eine neue Morgenröte zu erblicken. Aber es war in Wahrheit schon der Feuerschein des nahenden Weltbrands.
Stefan ZweigDie Welt von Gestern – Erinnerungen eines Europäers
Die Pleite der US-Bank Lehman Brothers am 15. September 2008 war die größte Pleite eines Unternehmens, das die Welt je gesehen hat – zehnmal größer als die des US–Energieriesen Enron im Jahr 2001. Die Folge war der Absturz der Aktienmärkte. Weltweit brachte der drohende Run auf die Banken das globale Finanzsystem an den Rande des Kollaps.
Im Frühjahr 2018, die Zeit, in der ich dieses Buch zusammenstelle, lese ich im Handelsblatt: „Inzwischen haben Staaten und der Privatsektor weltweit mehr Schulden angehäuft als vor der Finanzkrise.“ Laut dem Institute of International Finance (IIF), dem Weltbankenverband, liegen sie bei gigantischen 247 Billionen Dollar, was 318 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung entspricht.
Die Welt schuldet der Welt 247 Billionen Dollar – 318 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung.
Sollte das Wirtschaftswachstum nachlassen, droht diese Schuldenblase zu platzen. Es braucht keinen Experten, um uns vor dem Ausbruch einer neuen Finanzkrise zu warnen. Diese neue Finanzkrise hätte das Potenzial, unser Wirtschaftssystem zum Einsturz zu bringen, samt Euro. Der Journalist Gabor Steingart schrieb 2016 in seinem Buch „Weltbeben“ über den Finanzmarkt: „Banken retten Staaten, Staaten retten Banken. Die Politiker nennen das Krisenbewältigung. In Wahrheit bereiten sie die nächste Weltwirtschaftskrise vor.“ Allein die Notenbanken der Euro-Partner wie Italien, Spanien oder Frankreich schulden der Bundesbank fast eine Billion Euro – so viel wie nie zuvor. Tendenz weiter steigend. Eine Sicherheit für dieses Geld gibt es nicht, schreibt die Tageszeitung „Die Welt“.
„Banken retten Staaten, Staaten retten Banken. Die Politiker nennen das Krisenbewältigung. In Wahrheit bereiten sie die nächste Weltwirtschaftskrise vor.“
Unser Leben tritt in eine Periode beispiellosen Systemwandels ein. Dieser wird diskutiert und analysiert, leider nur an der Peripherie. Gute Informationen und durchdachte kluge Szenarien finden wir in wenigen ausgewählten Foren: das Weltwirtschaftsforum in Genf ist so eines oder die Vereinten Nationen, amerikanische und britische Denkfabriken, Forschungszentren der Universitäten, auch das Handelsblatt oder die Asia Times bieten gut recherchierte Themen. So veröffentlicht das Weltwirtschaftsforum in Genf (WEF) ein Weckruf-Dokument zum Thema „Die Vierte Industrielle Revolution und die Erde“. Wir werden gewarnt und aufgerüttelt zugleich. Demnach
verliert die Erde ihre Artenvielfalt; eine von fünf Arten ist derzeit vom Aussterben bedroht. Wissenschaftler befürchten, diese Zahl steige auf 50 Prozent bis zum Ende des Jahrhunderts an.
haben mehr als 90 Prozent aller Vögel und Fische Plastikpartikel in ihren Mägen.
sind wir Verursacher eines Treibhausgaslevels, den die Erde seit drei Millionen Jahren nicht gesehen hat.
holzen wir gleichzeitig 29,7 Millionen Hektar Wald allein im Jahr 2016 ab – eine Rekordzahl.
sind wir seit dem Jahr 2014 jedes Jahr Zeuge rekordbrechender Temperaturen.
An anderer Stelle diskutiert das Forum das Ende des Nationalstaates: „Schrumpfende(r) Macht und Einfluss von Nationalstaaten wird häufig auf die Globalisierung zurückgeführt. Globalisierung – die rapide Verflechtung von Geld, Ideen und Kultur – heißt es, höhle die Autorität und Autonomie aus.“*
Welchen Einfluss, welche Auswirkung haben diese Entwicklungen auf die Gesellschaft, auf den Einzelnen?
Wo und wie bringen wir, jeder für sich, diese Informationen geordnet, gefiltert und verarbeitet unter, um mit unserem eigenen Leben fortzufahren? Die Antwort lautet: nirgends. Was wir gerade erleben, ist ein Kontrollverlust in vielen Bereichen unseres Lebens.
Geschwindigkeit und Ausmaß des Verschwindens unserer Weltordnung sind im Sinne des Wortes atemraubend. Dieses Schwinden bereitet uns schlaflose Nächte, täglich umherirrende Gedanken, unbeantwortete Fragen sorgen für Unwohlsein. Wir sehen, spüren und hören es, wohlwissend: Besser wird das Leben, wie wir es kennen, nicht mehr. Weder für uns, für die Gesellschaft, noch für unser Miteinander. Vierundzwanzig Stunden am Tag werden wir erinnert daran, dass wir nicht aufgepasst haben auf unsere Lebensweise, auf unsere Werte, versagt haben in der Disziplin des Gebens und Nehmens. Der Respekt ist uns mit gleichzeitig wachsendem Wohlstand abhandengekommen; unser Respekt vor der Natur, vor der Geschichte, vor der Liebe, vor andersdenkenden Menschen und zuletzt vor uns selbst. Die Würde des Menschen ist unantastbar, so steht es im Grundgesetz. Glücklicherweise ist es dort fest verankert, man könnte sonst annehmen, der Satz stamme aus einem Märchenbuch.
Wir sind Zeuge und zugleich Täter einer erdrutschartigen Verschiebung unserer Existenz.
Geradezu albern erscheint es, bei Politikern oder der Academia nach Antworten und Erklärungen, nach Führung zu suchen. Ob G20 oder Europäische Union, sie bleiben uns alle Antworten schuldig. Mehr noch, sie lassen die Völker der Welt in Ohnmacht unvereint, fragmentiert zurück. Es ist, als ob Winston Churchill nicht Chamberlain, seinen Vorgänger, adressierte mit den folgenden Worten, sondern die Politikerkaste unserer Zeit: „Sie haben den Entschluss gefasst, unentschlossen zu sein. Sie sind willens, keinen Willen zu haben. Mit eiserner Energie lassen sie die Zügel schleifen, allmächtig in ihrer Ohnmacht.“
Wohin führt das?
Unter anderem führt es zu einer krankheitsanfälligen Gesellschaft. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht davon, dass in einer zunehmend aufreibenden Welt die Zahl der Menschen, die psychisch erkrankt sind, enorm angestiegen ist. „Depression ist die Krankheit Nummer Eins in der Welt. Mehr als 300 Millionen Menschen leiden weltweit an Depressionen. Wir erleben einen Zuwachs in den Jahren zwischen 2005-2015 um 18 Prozent. 260 Millionen Menschen leiden zudem unter Angststörungen. Viele leben mit beiden Konditionen.“ Dem Preis der Gesundheit ist natürlich ein Preis für die Wirtschaft zugeordnet. Die WHO spricht von Kosten, die durch psychische Erkrankungen auf die globale Wirtschaft entfallen, von einer Billion Dollar pro Jahr in Form von verloren gegangener Produktivität.*
Um es kurz zu machen:
So wollen wir nicht leben.
Viel schwieriger ist die Beantwortung der Frage: Wie wollen wir leben?
Dieses Buch soll anregen, aufregen, Sie zu Ihrem nächsten Schritt bewegen. Dafür ist es geschrieben. Seit acht Jahren führe ich ein Logbuch, teils in Capital.de, teils in meinem eigenen Blog, meist in der Huffington Post. Ich greife aktuelle Themen auf und stelle überholte, alteingesessene Thesen und Annahmen in der Wirtschaft und Politik infrage. Gleichzeitig versuche ich Antworten zu finden. Was wir heute erleben, ist eine Zuspitzung dessen, was sich seit mehr als einer Dekade angebahnt hat. Sie werden die Themen wiedererkennen und heute, mit etwas Abstand, vielleicht fragen: Warum haben wir das Problem nicht besser gelöst?
Unser Leben ist komplex, und dieser Komplexität müssen wir, Sie und ich, zumindest versuchen, gerecht zu werden. Das ist nicht einfach, aber es ist richtig.
Brauchen globale Probleme globale Lösungsansätze? Trinkwassermangel, Flüchtlingsströme, Erderwärmung, Armut, Kriege und Brutalität, altes Europa und junges Arabien, Asiens Aufbruch, das Zeitalter der künstlichen Intelligenz – nichts davon wird ein Nationalstaat allein lösen können. Allein bleibt letztlich nur die schnelle, falsche Antwort: Diktatur, Mauern und Bomben. Natürlich müssen wir vor Ort unseren Beitrag leisten. Aber wer kontrolliert und korrigiert den, zieht unsere Regierungen zur Verantwortung?
Bisher diente die Globalisierung vor allem der Wirtschaft. Höchste Zeit, dass sie auch der Gemeinschaft dient.
In meinem ersten Buch, das von Mut und erfolgreicher Krisenbewältigung handelt, habe ich 2014 aus voller Überzeugung geschrieben: „Die Welt ist nicht mehr Schwarz und Weiß und Ost und West und Gut und Böse. Diese Welt ist unsere Welt. So wie sie ist.“ 2018 würde ich die Worte von Hans-Jürgen Jakobs aus seinem Buch Wem gehört die Welt? benutzen, wonach nur etwa 200 Oligarchen, mehr als 60 Prozent der Welt gehören. Diese Oligarchen befinden sich im Fahrersitz! Sie bestimmen den Preis für eine Büroklammer und den Wert eines Landes. Der Rest der Welt weiß nicht, was passiert. Um es mit Noam Chomsky zu sagen: „Die Menschen wissen nicht einmal, was sie nicht wissen.“
Wir müssen größer denken, tiefer gehen, ein Stück weiter.
Manchmal vor dem Schlafengehen ertappe ich mich bei dem Gedanken, wie schnell die Veränderung uns mitgerissen hat:
Gerade noch habe ich meine Tränen mit Milliarden Menschen am 4. November 2008 bei der Wahl von Barack Obama zum amerikanischen Präsidenten geteilt. Jeder Bürger konnte an diesem Tag seinen Frieden mit den eigenen Dämonen schließen, wenn er wollte. Er konnte seine eigenen Träume neu abrufen. Heute scheinen die Erinnerungen an Obamas Aufstieg und seine achtjährige Amtszeit, als stammten sie aus einer vergangenen Epoche.
Gerade noch teile ich meine Freude und Sehnsucht mit Millionen Menschen am Tag der Maueröffnung, diesem deutschen Traum, an dem drei Generationen nach dem Zweiten Weltkrieg festgehalten hatten. Heute wirkt dieser Moment wie eine bitter-schmerzliche Erinnerung an all unsere Fehler und Egoismen, die wir seitdem als Gesellschaft begangen haben.
Gerade noch erfreue ich mich an einer blühenden und freien Europäischen Union, die mit einheitlicher Stimme sprechen wollte und es doch nur bis zur Einheitswährung geschafft hat. Schalte ich die alten Medien zu diesem Thema ein, erreicht mich die geballte Schwemme des Versagens. Weder blüht der Kontinent, noch ist er frei. Vor allem ist er nicht frei von seiner Vergangenheit, von seinem Tribalismus. Wolfgang Münchau schrieb in der Financial Times: „Ein Block von Nationen mit Klein-Länder-Denkweise schwelgt in einem permanenten Abhängigkeitsverhältnis.“
Die Zeitenwende, die wir gerade erleben, ist nicht neu. Neu ist sie für die Nachkriegsgenerationen der westlichen Welt, die Generationen der Verdränger und Konsumenten. Bei Stefan Zweig, dem Meister des Wortes, kann man nachlesen, wie erschütternd ein Aufwachen sein kann. In seinem Buch „Die Welt von Gestern“ hat er eine solche Zeitenwende, die für ihn mit dem Ersten Weltkrieg begann, beängstigend beschrieben. Beängstigend, weil so aktuell. Der Schriftsteller spricht von der „neuen Morgenröte“, an die man glaubte, dass sie bevorstehe. „Dabei war es bereits der Feuerschein des nahenden Weltbrands.“
Schlafen wir auf einem Vulkan?
Es brodelt überall, aber wir weigern uns noch immer strikt, hinzuschauen. Der Paradigmenwechsel, ausgelöst durch die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten, sorgte für den Umschlagspunkt oder Tipping Point, wie man in den USA sagt. Der Druck auf die Menschheit ist über Nacht noch einmal größer geworden. Wie bei einem Vulkanausbruch sucht das Magma sich seinen Weg, steigt über Spalten und Klüfte der Lithosphäre auf. Und wie sich bei einer Eruption vulkanisches Material mit Stoffen wie Wasser oder Luft vermischt, findet unser Druck Unterstützung im weltweit zunehmenden Zorn seiner Geschwister, der Armut und der Gewalt.
Abruptes Entladen ist das Resultat.
Oder vielleicht nicht?
Die Welt hat viele Seiten.
Sie finden in diesem Logbuch viele Gedanken von Professor Noam Chomsky, Amerikas wohl wichtigstem Intellektuellen und zudem meistzitiertem. Gleichauf haben der Lebensverlauf und die politischen Vorstellungen Barack Obamas ihren wichtigen Platz. Beide Männer, obwohl sie in völlig unterschiedlichen Lagern agieren, vereint doch Gemeinsames: zum Beispiel, dass man Informationen und Thesen hinterfragen soll, unabhängig vom Absender. Dass man lernen soll, jeden Tag. Dass man seinen Weg im Leben aktiv gehen muss, anstatt passiv auf einen Gott oder die Politik zu warten.
Es geht in den verschiedenen Kapiteln auch um den Nahen Osten (natürlich, um den geht's immer), um Krisenbewältigungen auf persönlicher, unternehmerischer und gesellschaftlicher Ebene. Häufig zitiere ich aus Dokumenten des Genfer Weltwirtschaftsforums, dem Handelsblatt, der Financial Times. Ich blicke in die Arbeit des Internationalen Währungsfonds (IWF) und seiner wichtigsten Streiterin Christine Lagarde. Ich mache mir Gedanken über den Kapitalismus, die Sicherheit, den Frieden und sehr oft über die Zukunft der internationalen Finanzwelt.
Dieses Buch ist eine Erinnerung an den Weg, den wir seit 2010 gegangen sind, ein Weg, der uns geradezu in die heutige Situation geführt hat. Der uns zeigt, dass es nicht genügt, einen Good-Will-Ambassador an der Spitze eines Landes zu haben, wenn die Elite auf Zerstörung aus ist. Wir lernen, dass wir aktiv für unsere Rechte kämpfen müssen. Vielleicht nicht jeden Tag, doch aber an den meisten. Wir lernen, dass die Welt im Grunde wie ein großer Öltanker funktioniert. Ändern wir auch nur um fünf Grad die Richtung, hat das gewaltige Folgen für die Entwicklung der Menschheit in den kommenden Jahren. Wer den Tanker abrupt wenden will, wird kentern.
Künstliche Intelligenz, 3-D-Drucker, Handel auf digitalen Plattformen, sichere Datenbanken wie Blockchain, mobiler Zahlungsverkehr sind seit Jahren stetig entwickelt worden. Immer haben wir sie in die Nische gepackt. Nun sind sie da. Und bereits systemrelevant. Am besten, wir lernen diese neuen Technologien für uns zu nutzen. Sie werden nicht verschwinden, nur weil viele von uns sie als Bedrohung ansehen und deshalb ablehnen. Lassen wir uns darauf ein. Dort, wo vermeintlich Negatives durch neue Technologien entsteht, wie der Arbeitsplatzverlust, da entsteht auch Gutes, wie bessere medizinische Ausrüstung.
Scheuen Sie sich nicht, Ihre Gedanken mitzuteilen, sich auszutauschen. Sie können gern in meine Facebookgruppe Sibylle Barden-Fürchtenicht eintreten oder mit mir (und Gleichgesinnten) bei Xing oder LinkedIn diskutieren. Denken Sie daran: Der ideale Tag wird nie kommen. Er ist heute, wenn wir ihn dazu machen, hat schon Horaz gesagt, der römische Dichter. Sind Sie bereit?
Quellen:
http://www3.weforum.org/docs/WEF_Harnessing_4IR_Life_on_Land.pdfhttps://www.weforum.org/reports/harnessing-the-fourth-industrial-revolution-for-life-on-land
https://www.weforum.org/agenda/2018/05/depression-prevents-many-of-us-from-leading-healthy-and-productive-lives-being-the-no-1-cause-of-ill-health-and-disability-worldwide/
(erschienen in der Huffington Post, 09/09/2017)
Auf dem Weg zu einem Abend mit Spionageautor John le Carré in der Londoner Royal Festival Hall erzählt der Taxifahrer, dass er gerade völlig verzweifelt sei, weil sein Sohn nichts mehr mit ihm zu tun haben möchte. „Du hast meine Zukunft zerstört“, hatte der ihm am Telefon vorgeworfen. Der Vater war ein Brexiter. Als ich ihn nach seinen Beweggründen frage, antwortet er: „Ich will nicht, dass die Immigranten auf Kosten des Systems leben. Außerdem mag ich Brüssel nicht.“
„Ich mag Brüssel auch nicht“, erwidere ich, um den Druck etwas rauszunehmen, „aber es gibt andere, weniger schmerzhafte Wege, einen Richtungswechsel zu vollziehen.“
„Ja, wahrscheinlich“, antwortet er und blickt in den Rückspiegel: „Ich weiß nicht, was ich machen soll.“
„Es gibt immer eine zweite Chance“, sage ich überzeugt – nicht ganz sicher, ob ich ihm oder mir selbst Mut zuspreche.
„Wir sind auf direktem Weg zum Faschismus.“
Die Sache mit der zweiten Chance flog mir kurz danach bei John le Carré um die Ohren. Was er, der frühere MI5- und MI6-Spion und Schriftsteller, von der derzeitigen politischen Weltlage halte, wurde er von Jon Snow, dem Channel 4-Frontmann gefragt. Der 85-Jährige, der seit seinem Roman Der Spion, der aus der Kälte kam literarische Maßstäbe setzt und bis heute Kenner der Geheimdienstszene ist, antwortete: „Wir sind auf direktem Weg zum Faschismus. Das Gefährliche am Faschismus ist, dass die Idee sehr ansteckend wirkt und sich schnell verbreitet. Nicht nur in Trumps Amerika, sondern auch – erschreckenderweise – in Myanmar bei der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi.“
Es wurde jetzt sehr still. Links und rechts von mir suchten die selbstbewusst wirkenden englischen Männer nach ihren Taschentüchern. Was Faschismus bedeutet, kennen viele nicht nur aus den Erzählungen ihrer Eltern. Welche Kälte zwischen den Kulturen damit einhergeht, hatten sie den ganzen Abend lang vom englischen Meisterspion persönlich gehört.
Was ist mit den Menschen los? Warum tragen sie so viel Zorn in sich?
Ungleichheit, Ungerechtigeit, Chancenlosigkeit, Ohnmacht, Armut, Hoffnungslosigkeit – das sind nur ein paar der Schlagwörter, die weltweit immer mehr an Boden gewinnen.
In Jacques Perettis neuem Buch Done – The Secret Deals That Are Changing Our World („Die geheimen Geschäfte, die unsere Welt verändern“) finde ich den folgenden Abschnitt:
„Ungleichheit als Geschäftsidee: Nehmen wir einen Golfbuggy, der acht Personen beförden kann. In den setzen wir die acht reichsten Menschen der Welt hinein. Da wäre der mexikanische Telekommogul Carlos Slim (besitzt 50 Milliarden Dollar), der sitzt vorn. Neben ihm, Bill Gates (75 Milliarden Dollar). In der Mitte sitzen Zara-Gründer Amancio Ortega (67 Milliarden Dollar), Warren Buffett (60,8 Milliarden Dollar) und Jeff Bezos von Amazon (45,2 Milliarden Dollar). Dahinter kommen Facebooks Mark Zuckerberg (44,6 Milliarden Dollar), Oracles Larry Ellison (43,6 Milliarden Dollar) und Michael Bloomberg (40 Milliarden Dollar).
Diese acht Personen besitzen 50 Prozent des Weltvermögens, mit einem Gesamtwert von 426 Milliarden Dollar. Diese acht Personen besitzen mehr als 3,75 Milliarden Menschen auf der Erde. Die Polarisierung des globalen Reichtums ist zur humanen Erderwärmung geworden.“
Das ist das große Bild.
Wie die Auswirkungen im Alltag aussehen, habe ich gerade bei meiner Südafrikareise erlebt; die Szene hätte aber auch in Deutschland, Ungarn oder den USA eine Heimat gefunden. Ich brauchte dringend einen Koffer, weil der südafrikanische Zoll meinen aus Unachtsamkeit demoliert hatte. Im einzigen Reisegepäckladen vor Ort fragte ich beim Bezahlen, was das denn für eine Koffermarke sei, die ich gerade kaufte. „China. Alles in Südafrika gehört den Chinesen. Selbst die größte Bank des Kontinents besitzen die fast zur Hälfte“, sagte die Verkäuferin resigniert, als hätte man sie ihrer Ehre beraubt. „Die Infrastruktur auch, von der Eisenbahn bis zum Telekomnetz, Ländereien, Kleidung ...“
Der Mensch ist merkwürdig, dachte ich. Das Shoppingcenter war menschenleer, kaum ein Laden hatte genug Kunden, um zu überleben – und trotzdem blickte die Verkäuferin, die ihren Lebensunterhalt mit chinesischem Reisegepäck verdiente, auf die Asiaten herab.
Was ist los mit den Menschen?
Wir werden von unseren eigenen Banken und Politikern beraubt, von Banken-Bail-out bis Lohndumping, glauben aber, das sei immer noch besser, als sich auf etwas Neues einzulassen: auf eine andere Kultur, ein anderes Wirtschaftssystem, eine andere Rasse.
Wir wollen lieber mit Unseresgleichen untergehen, als mit Unbekannten etwas Neues zu wagen.
Zurück in Südafrika denke ich: Wer, außer China, investiert denn sonst auf dem Kontinent? Bisher sind doch alle nur gekommen, um Afrika seiner Ressourcen zu entledigen. Europa zahlt desinteressiert Entwicklungshilfe, die seit Dekaden unkontrolliert in korrupten Taschen endet. Internationale Investmentbanken kaufen hektarweise Ländereien und vertreiben die heimische Bevölkerung. Natürlich besteht Chinas Eigeninteresse darin, die Milliarde Menschen zu Hause kosteneffizient zu ernähren.
Wenn aber Afrika davon profitiert, ist das doch ein Schritt nach vorn.
Die Chinesen haben ein anderes Businessmodell: Sie kommen ganz leise und sie bleiben. Erst wenn sie richtig etabliert sind, hört man sie. So wie jetzt. Allein auf den drei südafrikanischen Flughäfen, die ich genutzt habe, sind die vorherrschenden Sprachen Englisch, Afrikaans (Afrikanisch) und Mandarin.
Nach ähnlichem Motto verfährt China mit den arabischen Ländern. Das jüngste Win-Win-Projekt, die Neue Seidenstraße, lässt Araber und Chinesen kooperieren in der Wissenschaft, bei den Finanzen, der Energie, dem Gesundheitswesen, der Landwirtschaft, dem Tourismus und der Kultur.