Wir gehen auf Zeitreise Band 3 - Martina Meier (Hrsg.) - E-Book

Wir gehen auf Zeitreise Band 3 E-Book

Martina Meier (Hrsg.)

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Beschreibung

Mein Herz pocht, mein Atem geht schneller. Hier bin ich also, Testperson einer Zeitmaschine, angekommen im Jahr 2011. Ich stehe auf einer kleinen, grünen Wiese, umgeben von Wohnhäusern, auf der ein paar Kinder zusammen mit ihren Eltern an seltsamen Geräten herumturnen. Ein Spielplatz, davon hat mir Großvater mal erzählt. Genau hier wird sich etwa 700 Jahre später Dr. Cutters Forschungslabor befinden ... Es hat also tatsächlich funktioniert! Einen Moment lang bekomme ich keine Luft. Alles hier wirkt so fremd auf mich, doch ich reiße mich zusammen, denn mein Aufenthalt hier wird nur etwa fünf Minuten andauern, in denen ich so viele Eindrücke sammeln werde, wie nur möglich. Ich atme tief ein und aus. Das Papierfresserchen lädt zu einer Zeitreise ein – in längst vergangene Zeiten oder aber in die Zukunft. Reist mit uns und lasst den Alltag für ein paar Stunden hinter euch!

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Wir gehen auf Zeitreise

Band 3

Martina Meier (Hrsg.)

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Impressum

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Besuchen Sie uns im Internet - www.papierfresserchen.de

© 2023 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR

Mühlstr. 10, 88085 Langenargen

Bearbeitung: CAT craetiv - www.cat-creativ.at

Alle Rechte vorbehalten. Taschenbuchauflage erschienen 2011.

Titelbild: Stephanie Däumichen

ISBN: 978-3-86196-112-3 - Taschenbuch

ISBN: 978-3-99051-183-1 - E-Book

*

Inhalt

Reise in die Vergangenheit

Das Ritterturnier

Veränderte Gegenwart

Lachen ist so schön

Das Dinosaurierland

Camelot

Der Zaubersaft

Lieber ein Leben im Heute als im Gestern

Das magische Buch

Grandmas Zeitbonbons

Rettung vor grausamer Verfolgung

Traumhaft?

Die magische Zaubermünze

Von der Küchenmagd zum Alien

Papierfresserchen und 3-86

Zukunftschat

Robbi, der Roboter

Das ängstliche Indianerpferd

Das Zeitloch

Bürgermeister Cool

Die muse der Zeit

Der Zeitspiegel

Eine Verwechslung

Wir reisen in die Zukunft

Nur ein Referat?

Das Haus der Magie

Entführung im alten Ägypten

Gnadenlos verurteilt

Die unglaubliche Reise

Reise mit dem Zaubertiger

Auswandern nach Rom

Das Geheimnis des ewigen Lebens

Die Reise zu den Ailok

Wahrheit, Wahl oder Pflicht?

Pieeep

Die Zeitkapsel

Papierfresserchen auf Zeitreise

Wie macht man Zeitreisen?

Lilli und die Zukunft

Die Zukunft

Die Weltraumreise

Das Ziel meines Lebens

*

Reise in die Vergangenheit

Mein Herz pocht, mein Atem geht schneller. Hier bin ich also, Testperson einer Zeitmaschine, angekommen im Jahr 2011. Ich stehe auf einer kleinen, grünen Wiese, umgeben von Wohnhäusern, auf der ein paar Kinder zusammen mit ihren Eltern an seltsamen Geräten herumturnen. Ein Spielplatz, davon hat mir Großvater mal erzählt. Genau hier wird sich etwa 700 Jahre später Dr. Cutters Forschungslabor befinden ...

Es hat also tatsächlich funktioniert! Einen Moment lang bekomme ich keine Luft. Alles hier wirkt so fremd auf mich, doch ich reiße mich zusammen, denn mein Aufenthalt hier wird nur etwa fünf Minuten andauern, in denen ich so viele Eindrücke sammeln werde, wie nur möglich. Ich atme tief ein und aus. Die Luft hier ist so unglaublich frisch und gut!

Als einige Leute mich mit neugierigen Blicken zu mustern beginnen, entferne ich mich eilig einige Schritte und bleibe hinter einem Baum stehen, dessen dicker Stamm mir aber eine gute Deckung zu sein scheint. Ich starte meinen Mini-Computer, den ich wie eine Armbanduhr um mein Handgelenk trage. Direkt vor mir öffnet sich ein quadratisches Fenster in der Luft, der Desktop. Mit ein paar Klicks starte ich die Kamera und ziehe das Fenster mit dem Zeigefinger vor einen jungen Zweig des fremden Baumes. Sofort wird die zartrosa Blüte am Zweig von einem roten Fadenkreuz im Fenster anvisiert und eine Vielzahl an Informationen erscheint in einem neuen, blau leuchtenden Quadrat außerhalb des ersten:

Apfelbaum, Familie: Rosengewächse, ca. zehn Meter hoch, Flachwurzler, ...

Apfelbaum. Ein schöner Name. Er scheint mir vertraut zu sein wie eine ferne Erinnerung – was unmöglich ist, da er laut dem Mini-PC in meiner Zeit bereits seit 600 Jahren ausgestorben ist ...

Misstrauisch werfe ich einen Blick zurück. Nur für den Fall, dass irgendjemand etwas gesehen haben könnte. Seit dem Atombombeneinschlag vor ein paar Jahren habe ich gelernt, vorsichtiger zu sein, selbst den leisesten Hauch einer Veränderung in meiner Umgebung wahrzunehmen. Denn inzwischen sind schon bei kleinsten, politischen Konflikten Atombomben keine Seltenheit mehr.

Tatsächlich haben mich meine Sinne nicht getäuscht: Ein kleines Mädchen, vielleicht ein halbes Jahr alt, mit lustigen, blauen Augen, sitzt in einem seltsamen Gefährt und beobachtet mich, während sie zufrieden auf einem grünen Stoffhasen herumkaut. Ihre Mutter sitzt ein kleines Stück entfernt auf einer Bank und hält etwas in der Hand, was ich erneut nicht identifizieren kann.

Plötzlich kommt es mir in den Sinn: ein Buch! Auch davon hat mir Großvater einst erzählt. Und der kannte es von seinem Großvater, und der wiederum von seinem, und so weiter. Ohne es zu merken, nähere ich mich der Frau auf wenige Schritte Abstand, bis ich mich schließlich neben ihr auf der Bank niederlasse.

„Ein Risiko, das du nicht eingehen solltest!“, sagt die Stimme in meinem Kopf. Aber was soll denn schon passieren? Ich habe sowieso nur noch etwa drei Minuten bis zur Abreise. „Darf ... darf ich das mal sehen?“

Überrascht blickt die Frau auf, als hätte ich sie gerade aus einem tiefen Traum wachgerüttelt. „Aber natürlich!“ Sie lächelt freundlich und reicht mir das Buch.

Während ich über den harten, glatten Einband streiche, merke ich, wie sie mich von oben bis unten eingehend mustert. Kein Wunder: Auf sie muss der silbrig glänzende Gammastrahlen-Schutzanzug, der fast meinen ganzen Körper bedeckt, sehr abschreckend wirken. Aber im Gegensatz zu den anderen Leuten, die mich nun, da ich mich von meinem Versteck entfernt habe, kritisch beäugen, zeigt sie es nicht so sehr. Stattdessen betrachtet sie mich eher mit Neugierde, was ich als sehr sympathisch empfinde. Bei uns trägt jeder einen solchen Anzug – nur für den Fall. Für mich ist es eher seltsam, dass die Menschen dabei zusehen, wie ihre Kinder in knielangen Hosen und kurzärmligen Hemden durch eine Welt jagen, die voller Gefahren steckt ...

Doch im Moment spielt das keine Rolle. Ich fahre mit dem Finger über die schwarz bedruckten Buchseiten, fühle das glatte Papier auf meiner Haut und kann schließlich dem Drang nicht widerstehen, daran zu riechen. Papier. Noch nie in meinem Leben habe ich welches gesehen, geschweige denn in der Hand gehalten. Unsere Holzressourcen sind schon seit Jahrhunderten fast vollständig aufgebraucht, sodass Papier zu einem Privileg weniger Hundert Menschen geworden ist.

Noch zwei Minuten. Ein Auto parkt in der Nähe. Ich erkenne es, da ich schon einmal eines im Geschichtsunterricht gesehen habe, den ich als Zehnjährige regelmäßig besuchte. Inzwischen bin ich 14 – zu alt für die Schule – und assistiere Dr. Cutter im Labor bei seinen Experimenten.

In einem Haus, gegenüber vom Spielplatz, öffnet sich eine Tür. Ein Mann kommt heraus, einen Picknick-Korb in der Hand, und steuert auf uns zu. Vermutlich der Vater des Babys. Hinter ihm fällt die Tür ins Schloss. Wieder ein neuer Eindruck. Häuser in meinem Zeitalter sind sehr einfach gebaut, um an den wenigen Rohstoffen, die noch zur Verfügung stehen, zu sparen. Es sind mittelgroße, quaderförmige Gebilde, deren Türen sich von selbst öffnen. Einige mit Glas gefüllte Löcher in der Wand dienen als Fenster. An Elektrizität mangelt es nicht: Dank der hochmodernen Sonnenkollektoren haben wir Strom im Überfluss, solange die Sonne scheint. Solange sie noch scheint.

„Entschuldigung, darf ich das Buch wiederhaben?“

Verwirrt drehe ich den Kopf. Die Frau lächelt mich immer noch an, deutet auf das Buch, das ich fest umklammere.

Zaghaft gebe ich es ihr zurück. Bestimmt sage ich: „Das ... das ist ein unglaublich wertvoller Schatz, den sie da in der Hand halten!“

Die Frau betrachtet mich nachdenklich. Als der Mann mit dem Picknick-Korb fast bei uns angekommen ist, erhebe ich mich von der Bank und steuere, anfangs mit langsamen, dann mit immer schneller werdenden Schritten auf den Apfelbaum zu. Versteckt hinter dem dicken Stamm warte ich ab. Noch zehn Sekunden, neun, acht ...

Die Welt, die ich in diesen fünf Minuten kennengelernt habe, ist eine komplett andere, als die, in der ich lebe – obwohl uns doch nur ein paar Jahrhunderte trennen ... Ich habe Dr. Cutter einiges zu berichten. Und dann werden wir sehen, was die fernere Zukunft für uns bereithält ...

Jule Volland (13) aus Sinsheim / Deutschland

*

Das Ritterturnier

Im zwölften Jahrhundert lebte in einer großen Burg auf einem Hügel der König Benjamin. Er war ein vergleichsweise junger König, der geschickt Schlachten vermied und gerne Turniere veranstaltete. Während viele Könige schon 45 Jahre alt waren, war König Benjamin erst 23. Diese Tatsache war ebenfalls ein Grund für seine Freude an Turnieren, in denen die Ritter ihre Stärke und Kraft messen konnten.

König Benjamin führte viele Turniere aus und so tat er es auch an einem sonnigen Tag im Mai. Das Turnier wurde schon Monate zuvor vorbereitet, damit es auch für die Anwesenden ein unvergessliches Ereignis sein würde. Ziel des Turnieres war es, Mut und Geschicklichkeit zu beweisen und die Ehre der Burg aufrechtzuerhalten. Mehr als zwanzig Burgen aus der Umgebung beteiligten sich an diesem Turnier.

Einen Tag zuvor hatte König Benjamin mit seinem Freund König Leopold von der benachbarten Burg den gesamten Ablauf abgesprochen, sodass eigentlich nichts mehr schiefgehen konnte. Aber trotzdem war er aufgeregt, wie vor jedem Turnier, da man nie wusste, was genau passieren würde.

Am Turniertag strömten Tausende Zuschauer aus aller Welt in die Burg. Die Teilnehmer waren schon einige Tage zuvor angereist. Sie wurden mit einem geschmückten Schloss und schönen Marktständen begrüßt. Als nach und nach die Zuschauer die Plätze auf den Tribünen eingenommen hatten, konnte das Turnier beginnen. Zu dieser Zeit bestand ein Turnier aus einem Schwertkampf und einem Lanzenstechen, bei dem die Ritter aufeinander zuritten und versuchen mussten, sich gegenseitig vom Pferd zu stoßen. Jede Burg hatte einen Teilnehmer gemeldet. König Benjamin hatte nach langem Überlegen Ritter Balduin in den Kampf geschickt. Ritter Balduin war ein tapferer Ritter, der sehr ehrgeizig war und alles dafür tun würde, der Burg einen guten Ruf einzubringen.

Nachdem einige Zweikämpfe absolviert worden waren, stand für die Punktrichter bereits fest, dass Kreuzritter Arturo gewinnen würde. Diese Tatsache quälte den ehrgeizigen Ritter Balduin sehr, vor allem, weil er selbst Kreuzritter Arturo nicht besiegt hatte. Wütend schnappte er sich sein Schwert und wollte beweisen, dass er besser war als Kreuzritter Arturo. Durch diesen Eifer und seine unglaubliche Willensstärke gewann er alle darauffolgenden Kämpfe mühelos. Als er einen Blick auf die Punktetafel warf, sah er, dass Kreuzritter Arturo und er die gleiche Anzahl an Punkten hatten.

Eine große Glocke läutete zu einer Pause, in der sich die Ritter ausruhen und die Punktrichter beraten konnten. König Benjamin schien zufrieden mit der Leistung des Ritters Balduin. Dieser war jedoch enttäuscht, denn sein Ziel war der Sieg über die übrigen Teilnehmer.

Glockenläuten verkündete das Ende der Pause und die Zuschauer blickten mit gespannten Mienen zu den Punktrichtern, die sich nun erhoben, um das Ergebnis bekannt zu geben. Die jeweiligen Ritter erhoben sich und stellten sich in richtiger Reihenfolge auf. Ritter Balduin ging davon aus, dass er den zweiten Platz belegen würde, denn allem Anschein nach gaben die Punktrichter Ritter Arturo den Vorrang. Nachdem ein kleiner Ritter mit rotem Helm den dritten Platz bekam, richtete Ritter Balduin sich auf, um kein Wort zu verpassen. Kreuzritter Arturo stand neben ihm und tat so, als sei ihm all das Getue total egal. Nach ein paar Minuten, die Ritter Balduin wie Stunden vorkamen, vernahmen sie die Stimmen der Punktrichter, die verkündeten, dass es weder einen ersten noch einen zweiten Platz geben würde, sondern einfach zwei Gewinner. Die Zuschauer applaudierten laut und auch König Benjamin strahlte vor Freude. Ritter Balduin lächelte kurz und drehte sich zu Kreuzritter Arturo um, der ihm nach kurzem Zögern gratulierte. Auch er gratulierte Kreuzritter Arturo und war zufrieden mit sich.

Am Ende jedes Turnieres wurde ein großes Fest mit allen Anwesenden gefeiert. Musikanten erfreuten die Gäste mit dem Spielen von Liedern und auch untereinander redeten und lachten alle. König Benjamin saß an seinem Tisch und plante schon das nächste Turnier für den Herbst. Er liebte es, wenn Turniere glücklich und ohne ernsthafte Verletzungen endeten.

Helen Lorenz (14) aus Bonn / Deutschland

*

Veränderte Gegenwart

„Ben, wir haben es geschafft! Wir sind Erfinder, nein Künstler, wir werden Geschichte schreiben!“, ruft Lilly euphorisch.

„Hör auf zu spinnen! Man kann weder in der Zeit reisen noch wirst du irgendwann mal in die Geschichte eingehen!“ Ben schaut sich in der Abstellkammer um, und plötzlich werden seine Augen immer größer. „Der Tisch ... stand der dort schon immer? Und woher kommen die ganzen Kartoffelsäcke?“, fragt er mit kugelrunden Augen.

Lillys Augen beginnen zu glitzern und wie wild zu leuchten, während sie begierig Kisten und Stühle umherschiebend den Raum erkundigt.

Auf einmal flattert etwas neben Bens Ohr und kreischt mit schriller Stimme: „Ben ist ein Angsthase und Lilly hat mal wieder eindeutig die Hosen an!“

Dicht hinter Lillys Vogel Maxi taucht jetzt auch Bens stattlicher Bernhardiner Schugga auf und beschnuppert die neue Umgebung. In dem Moment flüstert Lilly: „Psst, seid doch mal still und kommt leise zu mir! Hier unter dem alten Tisch liegt jemand.“

Ben klammert seine Hand um Schuggas Halsband und schleicht mit geduckter Haltung an den vollen Kisten vorbei auf Lilly zu. Schon bevor er Lilly erreicht, sieht er ein eigenartiges, Bündel ähnliches Wesen unter dem Tisch liegen.

Bens Stimme zittert, als er Lilly auffordert: „Lass uns gehen! Das ist keine gute Idee, deine Mama sucht bestimmt schon nach uns!“

In dem Moment beginnt Maxi wieder zu schreien: „Ben ist ein Angsthase ...“

Plötzlich zuckt etwas unter dem Tisch zusammen und ein eigenartiges Wimmern erklingt im Raum. Ben macht einen Schritt zurück und tritt auf Schuggas Schwanz, der sofort beginnt zu kläffen.

„Jetzt reißt euch alle mal zusammen!“, murmelt Lilly bestimmt und duckt sich, um unter den Tisch zu schauen. Unter dem alten Kiefernholz versteckt liegt ein Mensch. Erst als sie genauer hinschaut, erkennt sie den Umriss eines jungen Mädchens und stößt vor Schreck gegen die Tischplatte. Jetzt hat auch Ben das magere Wesen mit den hohen Wangenknochen und dem zerlumpten Kleid entdeckt. Stille legt sich in der nächsten Sekunde über die eigentlich so gewohnte Abstellkammer und umhüllt den Raum wie einen schützenden Mantel. Niemand traut sich einen Laut von sich zu geben, geschweige denn zu sprechen.

Plötzlich macht das kleine Mädchen den Mund auf: „Verratet mich nicht, bitte! Die Bösen, die SS, sie holen mich, genau wie sie meine Eltern geholt haben. Helft mir!“ Kurz danach erfüllt wieder ein klägliches Wimmern die Kammer und Ben starrt Lilly mit aufgerissenen Augen an. Schugga und Maxi spüren die Unruhe und schmiegen sich näher an Ben.

„Das glaube ich nicht!“, stößt Lilly hervor. „Die SS, Ben, das waren die gemeinen Menschen, die Leute lange vor unserer Zeit zu Unrecht bestraft haben. Erinnere dich! Letzte Woche im Geschichtsunterricht!“

„Lilly, das sind nicht irgendwelche bösen Menschen, das sind Nationalsozialisten, und sie haben nicht nur ungerecht bestraft, sie haben getötet!“, schnauft Ben mit vor Aufregung erröteten Backen. Bei diesen Worten sackt das Mädchen noch ein Stück weiter in sich zusammen und der schützende Mantel der Stille bekommt Löcher.

Lilly stehen die Haare zu Berge und erst jetzt bemerkt sie die Kälte, die von diesem Raum ausgeht. Plötzlich fühlt sie sich nicht mehr wie in ihrer eigenen Abstellkammer zuhause, auch die Stelle, an der immer das Bügeleisen von ihrer Mama steht, kommt ihr völlig fremd vor.

Lilly versucht sich zusammenzureißen und lächelt das Mädchen an. „Wie heißt du denn, warum bist du hier und wo sind deine Eltern?“ Ben schaut das Mädchen verunsichert an, fast so, als ob er damit rechnet, dass sie auf so viele Fragen nicht antworten kann.

Doch die Mundwinkel des Mädchens beginnen zu zucken und sie fängt an mit einer brüchigen Stimme zu sprechen: „Ich heiße Judith. Aber ihr dürft niemandem sagen, dass ich hier bin! Gestern, an meinem zwölften Geburtstag, kamen diese Menschen, sie hatten Pistolen und sie wollten Mama, Papa und mich wegbringen! Mama hat sie gleich durchs Fenster gesehen, mich hat sie dann sofort gepackt und in unsere Abstellkammer geschickt und ein Bücherregal davorgeschoben. Das haben wir schon vor einigen Wochen vereinbart und geübt. Wenige Sekunden später waren sie schon alle in unserer Wohnung und dann ging alles schnell. Sie haben gar nicht erst nach mir gefragt und der Plan meiner Eltern ging auf.“

Als diese Worte förmlich aus Judith herausgesprudelt sind, werden ihre Gesichtszüge wieder schlaff und Ben hat Angst, sie zerbreche einfach wie eine Glaspuppe. Lilly holt einmal tief Luft, versucht mehrmals zu schlucken, aber dieses Mal fehlen auch ihr die Worte. Sie schaut Ben mit durchdringenden Augen an, als wolle sie ihm etwas mitteilen, aber ohne die notwendige Kraft aufbringen zu können. Ben atmet einmal tief durch und hat für einen kurzen Moment das Gefühl an der ganzen Luft zu ersticken, die sich in seinen Lungenflügeln ansammelt.

Dann öffnet er den Mund: „Judith, wie können wir dir helfen? Du kannst hier nicht sitzen bleiben! Hast du irgendwelche Verwandte, bei denen du in Sicherheit bist?“

Judith zögert: „Ja, ich soll mich eigentlich morgen früh um fünf Uhr eine Straße weiter mit einer anderen Familie treffen, die auch auf der Flucht ist und die mich mitnehmen würde. Aber dadurch, dass Mama und Papa früher abgeholt wurden, hatten sie keine Zeit mehr, mir Geld zu geben, und ohne Geld unterstützt mich diese Familie nicht!“

Sobald Judith den Mund geschlossen hat, kreischt Schugga in den Raum: „Geld, Geld, ohne Geld geht gar nichts!“

Lilly schleudert ihm einen genervten Blick zu und nimmt ihre Finger aus dem Mund, deren Nägeln sie schon die ganze Zeit vor Aufregung angeknabbert hat. Jetzt sind ihre Haarsträhnen dran, sie wickelt sie um ihren rechten Zeigefinger und rollt sie wieder auf. Ben mustert sie argwöhnisch, denn er weiß, wenn Lilly dieses Verhalten annimmt, dann hat sie eine Idee, die sich wie eine Blüte langsam in ihrem Kopf entfaltet.

Als ihr die letzte Haarsträhne vom Finger fällt, macht sie eine ruckartige Bewegung und greift in ihre rechte Jackentasche. Jetzt beginnt sie, zu wühlen. Zunächst fallen Taschentücher, Figuren von Überraschungseiern und Bonbons aus der Tasche. Dann hält Lilly endlich etwas Schweres und im schwachen Licht der Abstellkammer golden Leuchtendes in der Hand.

„Was ist das, Lilly?“, fragt Ben und beäugt den Inhalt ihrer rechten Hand genauer.

„Das ist Opas alte Taschenuhr, die er mir, kurz bevor er gestorben ist, vermacht hat“, antwortet Lilly stolz. „Sie muss viel wert sein und sie gehört jetzt dir, Judith! Gib sie der Familie und sie wird dir helfen.“

Judith schaut sie mit großen ungläubigen Augen an. „Bist du dir sicher? Danke! Außer meinen Eltern hat mir schon lange keiner mehr ein so schönes Geschenk gemacht.“ Ben überreicht ihr mit hochrotem Kopf die wenigen Karamellbonbons, die noch auf dem Boden liegen. Jetzt lächelt Judith sogar leicht und richtet sich auf. In diesem Moment wird Maxi unruhig und kreist um die Knöpfe, mit denen sie noch ein paar Minuten zuvor herumgespielt hatten.

Ben schaut erschrocken und sagt: „Lilly! Beeile dich, das Lämpchen blinkt! Das bedeutet, wir müssen zurückreisen!“

Lilly bemerkt nun auch, dass ihre Zeit zu gehen gekommen ist, und nickt Judith ein letztes Mal zu. Dann ruft sie nach Maxi und stellt sich dicht neben Ben und Schugga an die gleiche Stelle, an der sie vorhin auch angekommen sind. Das Letzte, was sie sehen, ist, wie Judith umständlich das Bonbon aufwickelt und ihnen mit Karamell verschmierten Zähnen zu lächelt.

Danach verschwimmt die Welt um sie herum, und als sie wieder klar sehen können, springt ihnen sofort die selbst gemachte Marmelade von Lillys Mama ins Auge. Ben schnauft auf und tastet die bekannte Umgebung um sich ab, während Lilly ein bisschen enttäuscht aus der Wäsche schaut.

„Denkst du, sie schafft es?“, fragt sie mit leiser Stimme.

„Ja sie wird es schaffen, ich habe die Entschlossenheit in ihrem Blick gesehen, ungefähr wie Harry Potter, als er Voldemort besiegen möchte“, antwortet Ben mit fester Stimme. Plötzlich hören sie Schugga winseln und unbeholfen auf und ab gehen.

Lilly lacht: „Jetzt wird mir erst bewusst, wie lange wir weg waren, denn ich glaube, dein Hund muss mal ganz dringend. Lass uns nach draußen gehen!“

Ben schaut noch einmal auf die Stelle zurück, an der sie Judith zurücklassen mussten. „Bitte, lieber Gott, sie hat es verdient!“, denkt er, als er zurück in die für ihn jetzt Sicherheit und Geborgenheit ausstrahlende Küche geht.

Vanessa Grifo (15)aus Mannheim / Deutschland

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Lachen ist so schön

Vor langer, langer Zeit herrschte in Karumol eine sehr junge und vor allem nette Königin. Immer wenn jemand ihr begegnete, rief er: „Hallo, Königliche Hoheit! Kann ich etwas für Sie tun?“ Und er verbeugte sich tief vor ihr. Die Königin lachte und freute sich immer sehr. Manchmal erzählte der König ihr Witze und sie lachte viele Freudentränen.

Doch eines Tages war alles anders. Die Königin lag in ihrem Bett und weinte. Niemand wusste warum, selbst ihr Mann, der König, nicht! Er versuchte, sie aufzuheitern. Er setzte sich zu ihr ans Bett, erzählte ihre Lieblingswitze und zupfte auf seiner Gitarre so schräge Töne, dass er selbst lachen musste. Nur seine geliebte Frau lachte nicht. Auch ihre Diener konnten das nicht länger mit ansehen. Der König rief die besten Diener aus ganz Karumol zusammen, damit sie die besten Ideen sammelten, um die Königin aufzuheitern.

„Es nützt alles nichts!“, sprach kläglich die Magd vom Hof. Jeder aus Karumol wusste nun, dass es der Königin überhaupt nicht gut ging. Die Verzweiflung war groß.

Niemand bemerkte das Schauspiel, das sich derweil draußen tat. Ein kleines siebenjähriges Mädchen saß auf einem großen Stein, der auf einer Wiese hinter dem Schloss lag. Die Abenddämmerung brach an. Das Kind Miranda sah im Mondlicht ein goldenes Ei in einer Kuhle liegen. Es spiegelte sich mit dem Fluss, der darauf so bezaubernd schön schimmerte. Miranda hob das Ei ganz vorsichtig auf und überlegte. Ihr kam eine wundervolle Idee. Das Kind packte das Ei ganz vorsichtig unter sein Hemdchen und lief schnell los über die Wiese, bis es vor dem Schlosstor stand. Die Wachen ließen Miranda herein und brachten sie zur kranken Königin.

Sie verbeugte sich tief vor ihr, holte Luft und sprach: „Hallo Hoheit! Ich habe Euch etwas zu überreichen.“ Zögernd holte sie das Ei unter ihrem Hemdchen hervor und legte es der Königin auf die Bettdecke. „Ich möchte, dass Sie wieder fröhlich werden.“

Die Königin sagte mit matter Stimme: „Dir sei gedankt, liebstes kleines Mädchen!“

Am nächsten Tag passierte etwas im Schloss: Es knackte neben dem Bett, in dem traurig die Königin lag. Noch mal! Was war das? Die Königin drehte ihren Kopf in Richtung des Geräusches.

Das Ei! Und siehe da … aus dem Ei schaute ein samtweicher und knuddeliger Kopf eines winzigen Kükens heraus. Da fing die Königin an zu lachen. Es war ja so süß. Ein neues Lebewesen hatte den Weg in die wunderschöne Welt und direkt in ihr Herz gefunden. Die Herrin rief ihren König, ihre Diener und Miranda herbei und drückte jeden einzeln.

Dem Kind flüsterte sie ins Ohr: „Lieben Dank. Das werde ich nie vergessen!“

Joelle Pöhner (10) aus Bad Lauterberg / Deutschland

*

Das Dinosaurierland

„Asta, renn schneller oder bist du ein feiges Huhn?“, rief Tom atemlos. Die beiden waren die besten Freunde, die man sich vorstellen konnte. Heute spielten sie im Garten, denn das schöne Wetter und die wenigen Hausaufgaben mussten sie nutzen. Als Asta langsam dahinschlenderte, um sich vom schnellen Lauf zu erholen, erblickte sie in der Hecke ein Buch. Dieses war schon halb zugewachsen und sah sehr alt aus. Vorsichtig bog Asta die Zweige auseinander und nahm es an sich.

„Tom, komm, ich muss dir etwas zeigen! Beeil dich!“, rief sie aufgeregt.

„Was ist denn nun schon wieder?“, maulte Tom, der sich ärgerte, weil die Freundin nicht weiterspielte. Er kam langsam auf sie zu. „So, da bin ich. Was ist denn überhaupt?“

„Das kann ich dir zeigen!“ Asta deutete auf das Buch, das sie in Händen hielt.

„Schnell in unser Baumhaus, dort sind wir ungestört!“, rief Tom, als er nach einiger Zeit wieder fähig war zu sprechen. In ihrem Versteck schlug er das Buch auf. Die Seite war voll mit Dinosauriern. Noch ehe er etwas sagen konnte, wurden beide in das Buch gezogen.

„Tom, wo sind wir?“, fragte Asta ängstlich und klammerte sich an den Ast, auf dem sie gelandet waren. „Es sieht nicht so aus, als wären wir in unserem Baumhaus! So dicke Äste habe ich noch nie gesehen.“

„Ich ... ich ... ich weiß es auch nicht. Im Buch stand etwas von einem Dinoland!“, stammelte Tom.

Auf einmal erzitterte die Erde und eine Herde Dinosaurier trottete vorüber. In diesem Augenblick plumpsten sie aus ihrem Versteck. Aber glücklicherweise landeten sie nicht am Boden, sondern auf einem Dinosaurier. Asta fing an zu schreien. Sofort bremste der Dino ab und fragte: „He, was macht ihr denn auf meinem Rücken?“

„Wir wollten Sie nicht stören!“, sagte Asta leise.

Freundlich antwortete der Dinosaurier: „Ihr könnt mich Dimdim nennen. Entschuldigt, dass ich euch so angebrüllt habe. Aber ich sehe nicht oft etwas Neues!“

„Danke, das ist sehr nett von dir! Ich heiße Asta und das ist mein Freund Tom!“, sprudelte es aus Asta heraus. Sie hatte gleich an dem netten Dinosaurier Gefallen gefunden. Am liebsten hätte sie „Bist du aber süß!“ gesagt. Aber das fand sie dann doch nicht passend.

„Was macht ihr eigentlich hier?“, fragte Dimdim die beiden Kinder.

„Wir wissen es nicht. Wir haben ein Buch gefunden und, schwups, waren wir da!“, antwortete Tom, der seine Stimme wiedergefunden hatte.

„Aber ich weiß, warum. Es gibt einen Zauberer, der heißt Merlin und der hat euch sicher das Buch geschickt!“, sagte Dimdim ganz stolz.

„Zauberer? Deshalb war ich plötzlich so müde und bin zur Hecke gegangen!“, murmelte Asta. Tom schaute sie ganz verdutzt an.

„Ach, hab ich schon erwähnt, dass ich Pflanzenfresser bin. Ihr müsst keine Angst vor mir haben!“, erklärte Dimdim seinen Freunden. „Kommt mit, ich zeige euch meinen Lieblingsplatz!“ Der Saurier brachte Asta und Tom zu einem geheimnisvollen See.

„Hier treffe ich mich oft mit Merlin zum Plaudern“, verriet er und pflückte für die beiden eine Frucht vom Baum. Doch bevor Tom sich bedanken konnte, wurden beide in das Buch gezogen.

Im Garten fanden sie sich wieder. „Tom, wir sind wieder zu Hause!“, rief Asta.

„Endlich!“, antwortete dieser noch etwas benommen.

Das Buch lag vor ihnen auf dem Boden. Asta schlug es auf und entdeckte ein Foto von sich und Tom auf Dimdim.

„Jetzt haben wir ein Andenken an unser Abenteuer!

---ENDE DER LESEPROBE---