Wo bitte geht's zum Meer? - Bettina Querfurth - E-Book

Wo bitte geht's zum Meer? E-Book

Bettina Querfurth

0,0
11,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
  • Herausgeber: Diana
  • Kategorie: Lebensstil
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2017
Beschreibung

Faszination Kreuzfahrt: mit dem Schiff die Welt erkunden, sich treiben lassen und doch alles erleben

Warum begeben sich Menschen in Scharen auf ein Schiff, das mehr Leute unterbringt, als eine Kleinstadt Einwohner hat? Weil es die bequemste und modernste Art zu reisen ist, findet die erfahrene Kreuzfahrt-Urlauberin Bettina Querfurth. Doch wer sich naserümpfend von den Massen fernhält, wird keinen Spaß an Bord haben, wo rund um die Uhr für Unterhaltung und das leibliche Wohl gesorgt wird. Dieses Buch erklärt die kuriosen Sitten und faszinierenden Gebräuche, die den genauen Ablauf auf einem Schiff regeln. Die Autorin erzählt die besten Geschichten und Anekdoten über den Alltag an Bord und verrät Tipps und Tricks für Anfänger und Fortgeschrittene.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 237

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Kleines Schiff – großes Schiff? Karibik oder Mittelmeer? Wer seine Jungfernfahrt plant, hat einiges zu klären. Am besten bereitet man sich gleich noch auf die kuriosen Sitten und faszinierenden Gebräuche auf hoher See vor. Denn hier wird das Oktoberfest auf der Ostsee gefeiert, und manch einer erscheint sogar im Bademantel zum Galaabend. Auch alte Seebären erhalten neue Tipps: etwa wie sie in der XXL-Schlange eine gute Figur machen oder beim allabendlichen Katastrophen-Small-Talk punkten können.

–   Der ultimative Einschiffungstest: »Welcher Kreuzfahrttyp sind Sie?«

–   Rettungsringe für Anfänger in jedem Kapitel

–   Plus: Kreuzfahrt-Grundwortschatz von »Achtern« bis »Zodiac«

Bettina Querfurth ist Literaturagentin und Autorin. Schon als Kind hatte sie eine Leidenschaft für Schiffe und Wasser. Seit zwanzig Jahren unternimmt sie Kreuzfahrten und hat die unterschiedlichsten Routen und Schiffe ausprobiert. Wenn sie nicht auf dem Meer unterwegs ist, winkt sie von einer Brücke den Flusskreuzfahrtschiffen zu, die ihren Heimatfluss Main befahren.

BETTINA QUERFURTH

WO BITTE

GEHT’S

ZUM MEER?

Was es wirklich heißt,

eine Kreuzfahrt zu machen

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Copyright © 2017 by Diana Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Redaktion: Regina Eisele

Umschlaggestaltung: Eisele Grafik∙Design, München

Umschlagmotive: © Lana N., Serz72/Bigstock/Shutterstock

Satz: Leingärtner, Nabburg

Alle Rechte vorbehalten

e-ISBN 978-3-641-17213-8V001

www.diana-verlag.de

Besuchen Sie uns auch auf www.herzenszeilen.de

Inhalt

Jedes Schiff ein Traum

Wie ich Kreuzfahrten lieben lernte

Der ultimative Einschiffungstest

Sind Sie fit fürs Schiff?

Vorfreude ist die schönste Freude

Die richtige Kreuzfahrt finden

Wenn die Koffer aufs Klo müssen

Anreise und Gepäck managen

»Führt diese Schlange zu unserem Schiff?«

Die Einschiffung: Erleben Sie ein neues Gruppenspiel

Im Bademantel zum Galaabend

Dresscode: Leben und leben lassen

Katastrophen-Small-Talk bei Tisch

Die hohe Kunst der kleinen Konversation

Die Pommes-mit-Smarties-Diät

Essen ist die halbe Kreuzfahrt

Let’s party away the night!

Nachtleben: Feiern, wie’s gefällt

Handtuch falten für Anfänger

Für ein neues Hobby ist es nie zu spät

»Ist das hier Bus Nummer 52?«

Landgang: Wenn 2 000 Leute einen Ausflug machen

Ein bisschen Gemecker ist immer drin

Die große Lust an Pech und Pannen

Der Neptun-Kult

Und jetzt: Spot an für das Meer

»Haben Sie Grün oder Violett?«

Die Ausschiffung: So kommen Sie wieder an Land

Kreuzfahrtkauderwelsch

Grundwortschatz für Seebären und Meerjungfrauen

Danksagung

Wir waren alle an Bord

Jedes Schiff ein Traum

Wie ich Kreuzfahrten lieben lernte

Wie so oft im Leben war es keine Liebe auf den ersten Blick. Denn so richtig gefunkt hat es zwischen mir und der Welt der Kreuzfahrt eigentlich erst bei der zweiten Reise. Im Jahr 2002 begleitete ich meine Mutter nach Südnorwegen und stand neben ihr auf einer windigen Aussichtsplattform. Wir warteten darauf, dass die tief hängende Wolkendecke über dem Geirangerfjord aufriss. Für diesen Blick, den Höhepunkt der Reise, hatten wir in einem von drei Bussen die Haarnadelkurven auf den Berg Dalsnibba erklommen.

Doch mit Bergen ist es bekanntlich so eine Sache: Steht man unten am Fuß, verdeckt eine graue Nebelwand die Spitze. Hat man es auf den Gipfel geschafft, umhüllt eine Wolkendecke prompt alles, was sich im Tal zu sehen lohnt. Dem Wetter ist es schnurz, ob wir Tausende von Kilometern angereist sind und viel Geld hingeblättert haben, um genau diese Aussicht zu genießen. Schon gar nicht interessiert sich Petrus dafür, dass wir nur eine halbe Stunde Zeit eingeplant haben.

Wie bei einer Theateraufführung hofften wir an diesem trüben Augusttag also, dass sich der Vorhang endlich öffnen würde. Ich hatte noch Griegs Morgenstimmung im Ohr, der wir während der Fahrt den Fjord hinauf gelauscht hatten, als es passierte: Die verzauberte Landschaft unter uns schälte sich aus ihrem Wolkenkleid, und Norwegen zeigte sich von seiner Schokoladenseite. Ehrfürchtig blickten wir auf die petrolfarbene See, die schroffen Felswände und die Sieben-Schwestern-Wasserfälle.

Doch während um mich herum die Fotoapparate klickten, um den König der Fjorde festzuhalten, hatte ich nur Augen für das andere Schiff, das inzwischen neben unserem vor Anker gegangen war. Es war ein riesiger Pott, mit unzähligen Reihen von Balkons an jeder Seite. Eines dieser schwimmenden Hochhäuser, die von Umweltschützern und Venedig-Fans gleichermaßen gehasst werden.

»Sieht aus wie sozialer Wohnungsbau«, sagte just in diesem Augenblick eine vornehme ältere Dame. Angeekelt starrte sie auf den Megaliner.

Doch meine Assoziationen waren vollkommen anders.

Ich stellte mir vor, wie ich in meiner eigenen Loge sitzen und über die Wellen gleiten würde. Meinen Kaffee schlürfend, könnte ich die Pippi-Langstrumpf-Landschaft aus ochsenblutfarbenen Holzhäusern mit weißen Fensterläden und die von Anlegestegen ins Wasser hüpfenden Kinder an mir vorbeiziehen lassen. Augenblicklich war mir klar, dass ein solches Schiff mein persönliches Traumschiff sein musste.

»Das sind Amerikaner«, sagte meine Mutter in diesem Moment. »Die haben diese tollen Balkons.«

Heute ist das Standard. Doch im Jahr 2002 war dies Luxus und ein Novum. Absolut spektakulär. Noch nie hatte ich so etwas gesehen.

»Wir sollten das nächste Mal auch eine Reise auf so einem Schiff machen«, sagte ich.

Kreuzfahrt hieß für mich bis zu diesem Zeitpunkt nur, neue Länder kennenzulernen. Wichtig war mir, wohin die Reise ging. Wie ich reiste, war eher nebensächlich. Ein Fehler, wie ich jetzt merkte.

Unser eigener, schon etwas in die Jahre gekommener Dampfer wirkte neben den Amerikanern wie ein Fischkutter. Statt Balkons hatten wir nur Bullaugen. Von dem ständigen Luftstrom der steinzeitmäßigen Klimaanlage über meinem Bett, gegen den selbst der nette ukrainische Techniker nichts ausrichten konnte, hatte ich eine dicke Backe bekommen.

Das Publikum bestand größtenteils aus älteren Herrschaften in beigefarbenen Anoraks. Sämtliche Bordaktivitäten waren auf diese Zielgruppe abgestimmt, die – im Gegensatz zu mir – voll auf Volksmusik und Zaubershows stand. Dass man viermal am Tag bis zu zwei Stunden zu Tisch saß, ließ mich vor Ungeduld fast platzen. Zur vorgeschriebenen Frühstückszeit hatte ich gerade mal ein Auge geöffnet, und statt zu Mittag zu essen ging ich lieber in den Swimmingpool, auch wenn mir der eigentlich viel zu winzig war. Wie andere es schafften, auf einer Kreuzfahrt an Gewicht zuzulegen, war mir ein Rätsel, ich jedenfalls nahm ab.

Als wir 2006 wieder eine Kreuzfahrt planten, machte ich meinen Traum wahr. Stundenlang surfte ich im Internet, um eine erschwingliche Balkonkabine zu finden. Die Google-Suche nach den Stichworten »Mittelmeer« und »Balkonkabine« sollte der Einstieg in mein neues Hobby werden, wie sich im Nachhinein herausstellte. Gleichzeitig habe ich damit zu meinem Schiffstyp gefunden. Zwar spielte das Schiff bei meiner Wahl gegenüber der Route immer noch die zweite Geige, aber es spielte jetzt erstmals überhaupt eine Geige im Orchester meiner Auswahlkriterien.

Auf der Mittelmeertour gab es eine Balkonkabine, die nicht einmal mehr kostete als die mit Bullauge, und sogar ein Büfettrestaurant. Wie eine Fünfjährige mit ADHS hatte ich mich bei jeder Mahlzeit in Norwegen gefühlt. Wie hielten die anderen Passagiere es nur aus, viermal am Tag an einem Tisch zu sitzen und nicht nur selbst mehrere Gänge zu verspeisen, sondern auch noch darauf zu warten, bis die Tischnachbarn ihr Dessert verputzt hatten?

Auf dem Schiff mit den Balkons genügte es, einmal am Tag, nämlich am Abend, im Restaurant zu essen. Und sogar das ließ sich schwänzen, wenn einem der Sinn eher nach einem Besuch der bordeigenen Pizzeria stand. Morgens servierte der Zimmerservice ein Frühstückstablett auf den Balkon. Ein bisschen dekadent fühlte sich das an, als wäre man eine russische Großfürstin in einem mondänen Badeort anno 1890. Mittagessen und Kaffee holte man sich am Büfett. Das war praktisch, weil wir uns den Tag auf diese Weise völlig frei einteilen konnten.

Auch das Publikum war anders. Kreischende italienische Teenager führten am Galaabend ihre Ballkleider aus, spanische und holländische Kinder tobten in den drei Swimmingpools, und ältere französische Ehepaare bevölkerten die vielen Cafés und Bars, als säßen sie im Café de Flore oder im Les Deux Magots auf dem Boulevard Saint-Germain. Mit anderen Worten: Es ging deutlich lebhafter und internationaler zu.

Wenn die philippinischen Stewards mich im Gang mit »Buon giorno!« begrüßten, fügte diese Mischung aus Asien und Italien der bunten Szenerie eine besonders exotische Note hinzu. Ich fühlte mich, als wäre ich in ein ganz neues Land gereist.

In Sachen Ambiente und Glamour kam ich ebenfalls auf meine Kosten. Die Deutschen stehen bei der Einrichtung ja eher auf schlichte Formen und gedeckte Farben. Ich falle in dieser Hinsicht etwas aus der Reihe. Mir kann es bei der Deko nie üppig genug sein: Zwischen glitzernden Treppen, goldenen Aufzügen, bunten Kronleuchtern und gigantischen Skulpturen fühle ich mich pudelwohl. So gesehen war auch die Schiffsausstattung, eine Mischung aus italienischer Oper und Las Vegas, für mich genau das Richtige.

Und dann erst die Kabine! Von den kleineren, älteren Schiffen war ich enge Kojen gewöhnt, in denen man sich nur umdrehen konnte, wenn mindestens ein Bett hochgeklappt war. Doch diese Kajüte war groß und bequem wie ein Zimmer in einem Luxushotel. Jeden Abend saß ich auf meinem Balkon und schaute mir den Sonnenuntergang an. Und selbst den Kaffee am Büfett gab es rund um die Uhr, sodass ich mir Nachschub holen konnte, wann immer ich wollte.

Auch vom Deck aus lässt sich natürlich die morgendliche Einfahrt in einen neuen Hafen und das Anlegemanöver beobachten, genauso wie das Ablegen am Abend und das allmähliche Verschwinden der Leuchtturmlichter in der Dunkelheit. Dies mit anderen Reisenden gemeinsam vom obersten Deck aus zu genießen, verleiht den Ereignissen eine besonders feierliche Note. Doch es kann auch drängelig werden, da sich die »Kameramänner« mit ihren sperrigen Utensilien immer als Erste auf Position begeben. Für uns andere bleiben da nur die Plätze auf den hinteren Rängen.

Vom eigenen Balkon hingegen lässt sich die Welt auch im Schlafanzug betrachten. Das morgendliche Einlaufen in den Hafen von Casablanca kann man sogar mit der Zahnbürste im Mund verfolgen. Platz an der Reling ist immer genug!

Und wer hat schon Lust, sich mitten in der Nacht extra etwas anzuziehen und mehrere Treppen zu überwinden oder in einen Aufzug zu steigen, um die Durchfahrt durch die Säulen des Herakles nicht zu verpassen? Vom Mittelmeer in den Atlantik zu gleiten, das will man doch bewusst miterleben. Auch wenn sowohl Gibraltar auf der einen wie auch Ceuta auf der anderen Seite sich nur durch ihre Lichter bemerkbar machen, ist die Passage zwischen Europa und Afrika doch immer ein erhabener Seefahrermoment. Im Altertum hat man jenseits der Säulen des Herakles das Ende der Welt vermutet. Und sollte nicht auch das sagenumwobene Atlantis hier liegen?

Selbst wenn sich die beiden Felsenberge nur erahnen lassen, auf dem eigenen Balkon ist man gleich mittendrin. Ruck, zuck wirft man sich den Bademantel gegen die nächtliche Kühle über, schiebt die Balkontür zur Seite und taucht tief in Mythen und Sagen ein.

Trotz 2 500 Mitreisender hatte ich nie das Gefühl, in einer Gruppe unterwegs zu sein. Anders als auf der Norwegentour, wo wir nur dreihundert Passagiere waren, ich mir aber immer wie in einer Reisegruppe vorkam. Dass große Schiffe paradoxerweise eher an eine Individualreise denken lassen als kleine, erkläre ich mir vor allem mit dem Balkon und dem Büfett. Der Balkon sorgt für eine gewisse Weitläufigkeit, und durch das Büfett ist man nicht mehr dazu gezwungen, zu bestimmten Zeiten irgendwo zu erscheinen. Dieses Gefühl wie bei einer Kaffeefahrt »Wir treffen uns hier alle wieder um Punkt zwanzig Uhr« fällt weg.

Große Schiffe haben allerdings bei vielen Kreuzfahrtreisenden keinen guten Ruf. Von kleinen Schiffen zu schwärmen scheint zum guten Ton zu gehören, selbst wenn man sich gerade auf einem 4 000-Mann-Pott befindet. Mir jedenfalls gefällt das Großstädtische daran. Ein kleines Schiff ist wie ein Dorf, in dem man bald jeden Bewohner vom Grüßen her kennt, ein großes wie eine anonyme Metropole, in der du tun und lassen kannst, was du willst.

Auf dieser dritten Kreuzfahrt schaute ich mir auch zum ersten Mal die Obst- und Gemüseschnitzvorführung der philippinischen Köche an. Aus Tomaten, Fenchel, Paprika und Ananas zauberten sie ein hübsches Blumenbeet. Den ersten Cha-Cha-Cha-Tanzkurs besuchte ich auf meinem vierten Schiff, und auf dem fünften schaute ich mir selbst die Abba-Show an. Alles war weitaus interessanter, als ich vermutet hatte. Mittlerweile habe ich es mir zur Devise gemacht, überall einmal hinzugehen – egal, wie bizarr die Veranstaltung daherkommt. Was einem Spaß macht, kann einen nämlich durchaus selbst überraschen.

Jeder Kreuzfahrtnovize muss sein persönliches Traumschiff aber erst einmal finden. Das ist gar nicht immer so einfach. Großes Schiff – kleines Schiff. Expeditionsfahrt, um Land und Leute kennenzulernen, oder ein schwimmendes Freizeitressort? Deutsch oder international? Mit Schlittschuhbahn und Surfsimulator oder lieber ohne? Das alles gilt es abzuwägen und noch viel mehr.

Dazu vernebeln Vorurteile und Klischees so manchem den Blick. Unter Landratten herrscht immer noch die Ansicht, dass sich auf den Schiffen vor allem alte Leute im Abendkleid tummeln, an deren Rollator ein glitzerndes Abendtäschchen hängt.

Auch die von den Kreuzfahrtgesellschaften präsentierten Bilder geben das wahre Leben an Bord oft verzerrt wieder. In einer sonnigen Luxuswelt entspannen sich dort zwanzigjährige Models in Liegestühlen, den Caipirinha immer in der Hand. Wenn es aber weder so noch so ist, wie ist es dann?

Ich habe inzwischen zahlreiche Kreuzfahrten unternommen, auf den unterschiedlichsten Schiffen und Routen. Und jede Fahrt war anders. Lassen Sie sich also erzählen, was es wirklich heißt, eine Kreuzfahrt zu machen. Ich nehme Sie mit von der Anreise bis zur Ausschiffung, berichte vom kuriosen Alltag an Bord, den Abenteuern des Landgangs und den Entdeckungen, die Schiffsreisende auf See machen. Sogar über sich selbst lernt man einiges hinzu.

Wer seine persönliche Jungfernfahrt plant, dem helfen meine »Rettungsringe« am Ende eines jeden Kapitels mit einigen praktischen Tipps und Hinweisen, die typischen Anfängerfehler hoffentlich zu vermeiden.

Je mehr Schiffe man ausprobiert, desto mehr lässt sich entdecken. Und auch wenn das für manchen Neuling jetzt noch unvorstellbar ist: Irgendwann haben Sie sich in die erstaunliche Kreuzfahrtwelt voll integriert. Dann sitzen Sie nicht nur jauchzend auf der Wasserrutsche, sondern fiebern auch beim Bingo mit. So wie ich.

Vorfreude ist die schönste Freude

Die richtige Kreuzfahrt finden

Wenn ich könnte, würde ich ja am liebsten am Ende einer Kreuzfahrt gleich wieder aufs nächste Schiff. Das kann ich mir leider (noch) nicht leisten. So habe ich die Suche nach der nächsten Reise zu meinem Hobby gemacht. Schließlich wollen Auswahl und Buchung wohlüberlegt sein. Und beim Stöbern durch die Kataloge weht mir zumindest in Gedanken das ganze Jahr über der Wind um die Ohren. Meist beginnt meine Traumreise mit einem Besuch im Reisebüro, liegt hier doch die ganze Pracht der Kataloge aller Kreuzfahrtanbieter.

»Kann ich Ihnen weiterhelfen?«

Die Angestellte hat ein adrettes Tuch um den Hals geschlungen, wie die Damen vom Lufthansa-Check-in, und schaut mich über den Rand ihres PC-Bildschirms erwartungsvoll an. Ich zucke zusammen. Eigentlich will ich mir nur einen Katalog abgreifen. Ich war zwar erst letzte Woche in diesem Reisebüro, aber vielleicht gibt es ja inzwischen neue Ware. Unauffällig ziehe ich meine Hand von der fetten Schwarte zurück, auf der vorne blaues Meer und ein weißes Schiff abgebildet sind, rechne ich doch fest damit, dass die Halstuchfrau gleich tadelnd das Gesicht verzieht und für alle Umstehenden deutlich vernehmbar ausruft:

»Aber Sie waren doch gerade erst da und haben drei Kataloge mitgenommen. Wenn das jeder machen würde! Was wollen Sie denn jetzt schon wieder?«

Das sagt sie natürlich nicht. Trotzdem trete ich »Nein danke« murmelnd den Rückzug an. Meist betrete ich das Reisebüro nicht mal, sondern durchwühle nur den Ständer mit den Katalogen vor der Tür. Ich prüfe nämlich regelmäßig, was Neues eingetroffen ist.

Angefangen hat es ganz harmlos. Nachdem mich das Kreuzfahrtfieber einmal gepackt hatte, bewegte ich mich zunächst nur auf den einschlägigen Kreuzfahrtplattformen und suchte mir etwas Nettes aus, ohne zu buchen. So, wie andere ständig Fernsehen schauen, surfte ich am Bildschirm durch Kreuzfahrtangebote.

Schon bald jedoch reichte mir das Surfen im Netz nicht mehr. Das Dumme dort ist nämlich, dass einem nur das gezeigt wird, was man sucht. Ich aber wollte auch auf Kreuzfahrten stoßen, von denen ich gar nicht wusste, dass sie existierten. Deshalb wechselte ich in die analoge Welt über und holte mir eines schönen Tages im Reisebüro meinen ersten Katalog.

Mein spezielles Faible bringt mich des Öfteren in diese peinlichen »Kann-ich-Ihnen-weiterhelfen?«-Situationen. Aber das Katalogstudium birgt für mich einen besonderen Reiz. So kann ich meiner Leidenschaft nämlich auf dem eigenen Balkon nachgehen und brauche dazu nicht einmal das Meer. Während ich so vor mich hin blättere, plane ich weitere Touren im Kopf, halte nach neuen Routen und Schiffen Ausschau und staune darüber, was sich die Reedereien alles einfallen lassen, um uns auf ihre Kähne zu locken.

Die Ständer vor einem Reisebüro erleichtern mir normalerweise mein neuestes Hobby, weil ich ganz bequem an der Beute vorbeischlendern kann. Ich habe eine Methode entwickelt, wie ich buchstäblich en passant blitzschnell zuschlage. Wie ein Trickdieb. Allerdings kommt es immer mal wieder zu leichten Störungen im Ablauf – etwa weil ich, die Hand schon ausgestreckt, plötzlich merke, dass ich das avisierte Exemplar bereits habe. Und schon guckt jemand. So wie jetzt gerade.

Manchmal bin ich gezwungen, doch die Räumlichkeiten zu betreten, um nach einem Katalog zu fragen. Meistens dann, wenn die Reedereien so exotisch sind, dass das Reisebüro noch nie etwas von ihnen gehört hat. Die eifrigen Angestellten legen sich dann mächtig ins Zeug, um mich glücklich zu machen, was meinen Intentionen aber entgegenläuft, will ich doch am liebsten gar nicht auffallen.

Der Wunsch, mein Steckenpferd undercover zu betreiben, liegt an der gigantischen Menge Katalogmaterial, das ich zusammenraffe. Ich könnte Lkw-weise Kreuzfahrtverzeichnisse nach Hause transportieren, ich hätte trotzdem ruck, zuck alles gelesen.

Auf dem Stapel in meinem Regal findet sich von Expeditionsfahrten auf Eisbrechern für 30 000 Euro (für die mir das nötige Kleingeld fehlt) bis zu Schnupperausflügen auf der Mosel mit Weinprobe (für die ich mich noch zu jung fühle) sämtliches Informationsmaterial, das die Welt der See- und Flussreisen zu bieten hat. Zum Glück auch genug Erschwingliches und Spannendes, das ich auf meine mentale To-see-Liste setze.

Mit erschwinglich meine ich Reisen, die in etwa das kosten, was Sie auch für einen Urlaub in einem guten Hotel zahlen. Und um mal eine Hausnummer zu nennen: 800 bis 1 000 Euro pro Person für eine Woche in einer Balkonkabine sollten Sie schon veranschlagen. Sonst müssten Sie zum Schnäppchen greifen oder eben eine günstigere Kabine nehmen. Nach oben sind den Preisen natürlich keine Grenzen gesetzt.

Leider kann ich in Reisebüros nicht wie in normale Geschäfte dreimal am Tag hereinschneien und in den Auslagen herumstöbern, ohne dass es jemanden schert. Ich würde viel lieber in den von mir frequentierten Reisebüros, genauso wie in einer Kettenbuchhandlung, einfach ans Regal gehen, die neuesten Kataloge herausziehen und damit zur Kasse gehen. Ja, ich würde für die Kataloge sogar zahlen! Was für die einen der Einkaufsbummel ist, ist für mich nämlich die Pirsch nach den Kreuzfahrtkatalogen.

Damit Sie meine große Leidenschaft verstehen lernen, möchte ich Sie zu einer kleinen Leserunde auf meinen Balkon einladen. Nehmen Sie sich einen Begrüßungscocktail vom Tablett und machen Sie es sich auf dem Liegestuhl bequem! Und dann schlagen Sie bitte eins der für Sie bereitliegenden Katalogexemplare auf!