X-Team 1: Was geschah um 21:07? - Martin Selle - E-Book

X-Team 1: Was geschah um 21:07? E-Book

Martin Selle

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Beschreibung

3 in 1: BUCH 1: KRIMI Kunstgeschichte der Malerei: Lukas Lobec, Dexter Davis und Sarah Santon sind das X-Team, ein geheimes Ermittlungsteam, das Lukas' Vater in seiner Agentur LPE - Lobec Privatermittlungen, undercover einsetzt, um Informationen zu sammeln. Genial, denn niemand hält Teenager für Ermittler. Simon Potter, Organisator der bislang wertvollsten Kunstausstellung aller Zeiten - Schätze der Menschheit - wendet sich an LPE, um für die Eröffnungsfeier unverdächtige Beobachter zu engagieren. Zu groß ist die Angst vor einem professionell geplanten Raubüberfall. Das X-Team macht sich am Vorabend mit dem Kunsthistorischen Museum Wien und der Ausstellung vertraut - da wird die Kunststätte um 21:07 h zum Museum des Schreckens ... BUCH 2: Praxis-Ratgeber KUNST LESEN - eine leicht verständliche Geschichte der Malerei von der Antike bis in die Gegenwart. Mit Mag. Sabine Fürnkranz, Kunsthistorikerin aus Wien, lernt der Leser einen Museumsbesuch übersichtlich zu gestalten und Gemälde zu interpretieren. In jedem Gemälde finden sich Hinweise und Merkmale auf seine Entstehungsgeschichte und Epoche, die mit dem entsprechenden Kunst-Know how enträtselt werden können. Werde Kunstdetektiv. BUCH 3: Praxis-Ratgeber MICH ERWISCHT IHR NICHT! - Tipps und Tricks von Experten zu: Entlarvt! - Körpersprache lesen wie Profi-Ermittler, Profiler und dadurch Gefahren rechtzeitig erkennen; einfache Tricks zur effektiven Selbstverteidigung; Int. Rettungszeichen und Signalsprachen; Profi-Tipps zum sicheren Radfahren uvm. aus dem Arbeitsbereich der Privatdetektive und Ermittler.

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Martin Selle

Das X-TeamWas geschah um 21:07?

Tredition

Martin Selle

ist einer der meistgelesenen und beliebtesten Schriftsteller bei Kindern und Jugendlichen. Seine Werke basieren auf den zeitgenössischen Lesewünschen junger Leute von heute, verknüpfen innovativ und originell spannungsreiche Unterhaltungsliteratur mit bildungsorientiertem Sachwissen.

»Martin Selle weiß, wie man Hochspannung, Nervenkitzel undWissenswertes in klare, kraftvolle Prosa für junge Leser verpackt.«Lesen heute

Deutsche Originalausgabe Tredition Verlag, Halenreie 40 - 44, 22359 Hamburg ISBN HC: 978-3-7469-7444-6 ISBN SC: 978-3-7469-7443-9 ISBN eBook: 978-3-7469-7445-3

1. Auflage: April 2016

Copyright © by Martin Selle

Wissenschaftlicher Teil KUNST lesen in Zusammenarbeit mit Mag. Sabine Fürnkranz, Kunst-Service Wien

Handbuch Mich erwischt ihr nicht! in Zusammenarbeit mit Susanne Knauss, Autorin: www.susanneknauss.com (Lesungen für Volks- und Grundschulen)

Umschlaggestaltung: Jens Weber www.jensmariaweber.de

In der aktuell gültigen Rechtschreibung

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar

Martin Selle

Das X-TeamWas geschah um 21:07?

Über das Buch

Wien, Kunsthistorisches Museum, 21.07 Uhr:

Ist das reiner Zufall?

Schätze der Menschheit ist die erstaunlichste Gemäldeausstellung, die je gezeigt wurde. Plötzlich Stromausfall? Eine Bande vermummter Gangster dringt in das Museum ein. Schnell stellt sich heraus, diese Verbrecher tun alles, um ihren teuflischen Plan auszuführen - egal, was dazu notwendig ist.

Und mittendrin das X-Team: Luke, Dexter und Skipper.

Doch als die drei Freunde die wahren Zusammenhänge begreifen, ist es so gut wie zu spät …

Das X-TeamWie alles anfing

– 1 –

Ich starb zum ersten Mal am 28. September des vorigen Jahres. Ich bin Lukas (Luke) Lobec - zwölf. Meine Erinnerung an diesen unfassbaren Schulausflug in die Alpen sieht ungefähr so aus:

14.07 Uhr: Unser Reisebus kriecht die kurvige Gebirgsstraße hinab. Die Straße ist so eng, auf ihr finden kaum zwei Autos nebeneinander Platz. Die Sonne brennt auf uns herab, trockener Staub trübt die Luft und schwüle Hitze flirrt. Meinen Freunden und mir brennen zweitausend Höhenmeter Wandern in den Muskeln. Wir, das sind die Sport-Cracks der PRINS, der Private International School.

In diesem Augenblick zerreißt ein schrilles Hupen die Ruhe der Berge.

14.09 Uhr. Der blaue VW Passat klebt für Sekunden an unserer Heckstoßstange. Noch ein drängelndes Hupen. Und dann … Ich traue meinen Augen nicht! Der Lenker ignoriert die schmale Rechtskurve vor uns.

Der Passat schert auf die Überholspur aus, beschleunigt und prescht schlenkernd an uns vorbei. Im Bus befinden sich 54 Schüler und fünf Lehrer.

14.10 Uhr. John Miles, unser Fahrer, sieht den Skoda zuerst. »Gegenverkehr!«, kann er gerade noch brüllen.

Dann geschieht alles auf einmal.

Reifen blockieren, das Heck schleudert nach links, dann nach rechts. Draußen wirbelt Staub auf, eine Sandwolke vernebelt die Sicht. Ein schlagartiger Ruck schmettert einige von uns aus den Sitzen. John ist voll auf die Bremse getreten.

Ein ohrenbetäubender Knall, laut wie eine Explosion, fegt durch den Bus. Der Passat und der Skoda - Frontalzusammenstoß. Es verschlägt mir kurz die Ohren. Ringsum splittern Scheiben, Schüler kreischen ängstlich durcheinander.

Ein weiterer Donnerschlag katapultiert unseren Bus gegen die steil aufragende Felswand rechts von uns. Der Aufprall wirft uns herum wie leblose Puppen.

»Neiiin!«, schreit Rona Curtis.

Im selben Moment ist mir klar warum. Wir schlittern auf den Felsabgrund der anderen Straßenseite zu.

Wieder ein heftiger Ruck.

Der hintere Busteil sackt ab, das Blech der Bodenplatte knirscht unter unseren Füßen. Jetzt kippt der Bus nach links weg, die Hinterreifen greifen nicht mehr. Ich ziehe mich an einem Sitzgriff auf die Beine und blicke aus dem Seitenfenster.

Nein … Nein!

Das Heck unseres Busses ragt zwei Meter über den Fahrbahnrand hinaus und schwebt frei über der hundert Meter tiefen Bergschlucht.

»Alle nach vor und raus!« John versucht besonnen zu wirken, während er seine Anordnungen brüllt. Es gelingt ihm nicht.

Gerade auf den Beinen, trübt erneut eine stickige Wolke meine Sicht. Diesmal ist es kein aufgewirbelter Sand. Ich rieche Öl und Dieselgestank.

»Feuer!«, ruft jemand.

Wer es ist, kann ich nicht mehr feststellen. Dicker Rauch qualmt aus dem Motorraum im Heck. Er frisst sich durch die Bodenplatte und vernebelt die Buskabine. Überall ist trockenes Husten zu hören.

Panik bricht aus.

Schreie, Trampeln, Drängen …

Ich schleppe Dexter (Dex) Davis aus der 5a mit mir zum vorderen Ausstieg. Dex ist mir ein richtiger Freund geworden. Er ist der beste Eishockey-Stürmer, mit dem ich je in der Nachwuchsmannschaft der Black Panthers gespielt habe. Dex kann unglaublich komisch sein, er liebt es, Witze zu erzählen.

Jetzt ist seine Jeans unterhalb des aufgeschürften Knies blutrot durchtränkt. Der Rauch sticht in unseren Lungen. Wir husten, schnappen nach Luft, spüren beide, dass der Bus über dem Abgrund schwankt.

Ich zerre Dex aus dem Bus, werfe seinen Arm um meinen Nacken und humple mit ihm über die Straße. »Ich hab dich da rausgeholt, Dex!«, krächze ich mit trockener Stimme. »Jetzt halte durch, hast du gehört?«

Der Bus hängt gefährlich über dem Abhang. Ein paar Meter entfernt, lehne ich Dex rücklings gegen einen Kalksteinbrocken. In der gleichen Sekunde durchzuckt uns das Kratzen von Blech, ein Donner grollt, obwohl die Sonne vom Himmel brennt. Augenblicke später wissen wir, was passiert.

»Duckt euch in Felsnischen!«, kreischt Sarah (Skipper) Santon aus der 4b.

Und dann hagelt es Felsbrocken. Ein tosender Steinschlag fegt über uns hinweg, und mit ihm hüllt uns eine Staubwolke ein, so dicht wie ein Sandsturm in der Sahara. Ich habe das Gefühl, als schlüge mir jemand mit dem Hammer gegen die Brust, und dann ist alles aus.

– 2 –

Ich war tot, drüben auf der anderen Seite des hellen Tunnels. Wie lange, das weiß ich nicht. Dex erzählte mir Wochen später, mein Herz habe aufgehört zu schlagen.

Ich erinnere mich, dass ich schwebte, leicht wie eine Feder im Wind. Ich glitt sanft dem Licht vor mir entgegen. Auch den Schmerz und die ängstlichen Schreie meiner Freunde werde ich nie vergessen.

Schließlich öffne ich die Augen. Ich sehe Skipper. Ihr Gesicht ist direkt vor mir. Ihre Hände drücken auf meine Brust. Skipper und Dex lachen, als ich sie verwundert anstarre, gleichzeitig laufen ihnen Tränen über die Wangen. »Luke, oh Mann, willkommen daheim!«, freut sich Dex.

Eine dichte Wolke aus sandigem Staub und grauem Qualm wabert über uns hinweg. Dex hockt neben uns, sein blutendes Knie mit einem abgerissenen Hemdsärmel verbunden. Hinter Skipper rutscht der Bus ein Stück weiter auf den Abgrund zu. Rauch quillt aus den kaputten Fenstern. Gleich wird er abstürzen.

Einige meiner Schulkameraden sind noch da drin. Meine Freunde. Jungs und Mädchen, die wir uns gegenseitig geholfen haben, den Gipfel zu erklimmen. Sie zerren verbissen an der klemmenden Einstiegstür. Sie sind im Bus gefangen.

»Verdammt, nein«, krächze ich. »Wir müssen sie da rausholen.«

Dex zieht mich in die Felsnische zurück. »Ich mach das«, hustet er. »Du bist noch nicht stabil genug.« Doch ich stoße ihm den Ellbogen auf sein verletztes Knie. Dex fällt nach hinten. So kann ich entwischen und zum Unfallbus rennen, der ein weiteres Stück über die Straßenkante hinausrutscht, als ein Felsbrocken in seine Seite prallt.

Im Bus hämmern die Eingesperrten gegen die verklemmte Bustür. Ich muss sie da irgendwie rauskriegen. Wieder rutscht der Autobus.

»Der Karren fliegt jeden Moment in die Tiefe!«, ruft Skipper. »Zurück, du verrückter Kerl!«

Ich erreiche den Einstieg. Die Hydraulik ist ausgefallen. Wild rüttle ich an der Tür.

»Luke, verdammt, geh in Deckung!«, schreit Dex. Die Felsbrocken!«

Mit dem ganzen Körpergewicht stemmen sich Skipper, Dex und ich gegen die sperrige Tür und ziehen daran.

Es zischt vor uns, Blech knirscht …

Plötzlich bebt die Straße. Unter dem Bus lösen sich Felsen und fallen ins endlose Nichts. Der Bus türmt sich auf - wie die sinkende Titanic. Er kippt über die Klippe und stürzt rücklings in die Tiefe, wo ihn eine dichte Staubwolke verschlingt.

Wir haben alles gegeben, haben unser Leben riskiert, um unsere Freunde zu retten. Ich bin nicht tot, und meine Kameraden sind es auch nicht - keiner.

Ich denke, das sagt viel über uns aus. Damals sind Skipper, Dex und ich zu wahren, unzertrennlichen Freunden geworden. Ich bin mir nicht sicher, ob wir leichtsinnig oder tapfer gehandelt haben. Aber eines weiß ich: Seit damals vertrauen wir drei uns blind. Und ohne dieses gegenseitige Vertrauen hätten wir nie getan, was drei Monate später unser Leben für immer verändern sollte.

Mach es dir in deiner Lesehöhle bequem und sieh selbst. Diese Geschichte ist erst der Anfang von uns als X-Team. Und sie ist verdammt gut.

Drei Wochen späterMuseum des Schreckens

– 1 –

Drei Wochen sind seit dem schrecklichen Ausflug in die Alpen und dem dort passierten Unglück vergangen. Ich hatte meinen Großvater seit Tagen nicht mehr besucht, ständig musste ich Fragen der Polizei beantworten oder sensationslüsterne Reporter wollen Interviews. Dabei hatte ich jeden Grund, ihn im Seniorenheim zu besuchen. Sein müdes Herz bereitete ihm mehr und mehr Probleme. Trotzdem rief er mich an. Er sagte, er müsse mir etwas Wichtiges mitteilen. Es sei dringend und von verändernder Bedeutung für mein Leben.

Mein Großvater war ein zielstrebiger Mann, der nichts dem Zufall überließ. Wenn er mich, Dex und Skipper zu sich rief, dann gab es einen dringenden Grund dafür. Deswegen ließen wir ein Interview mit der Tagespost platzen und betraten jetzt das Siegmund-Freud-Altenheim.

Zehn Minuten später nahm er auf der anderen Seite des kleinen Balkontisches Platz. Geschwächt lächelte er uns an.

»Ihr macht ganz schön Schlagzeilen, Luke.«

»Das Sprechen strengt dich mittlerweile ziemlich an«, erwiderte ich.

»Das Alter, mein Junge.«

Mein Großvater griff das Thema dort auf, wo er bei meinem letzten Besuch stehen geblieben war - dass es keine mutigen Leute mehr gab, sondern nur noch verweichlichte Waschlappen.

»Die rennen davon, wenn jemand um Hilfe schreit. Warum? Weil ihnen ihre Väter keinen Mumm und keinen Schneid mehr beibringen.«

Ihm zuzuhören tat mir innerlich weh. Er sprach von den guten alten Zeiten.

Damals war er über die Grenzen hinaus als listiger, unbezwingbarer Privatdetektiv bekannt. Ich war all die Jahre stolz, den gleichen Namen wie er und Dad zu tragen.

Er lächelte. »Du bist wie ich, Luke. Ich werde dafür sorgen, dass du in meine Fußstapfen trittst. Und Dex und Skipper gleich mit. Ja, ihr habt Mut und Herz. Die Welt braucht junge Leute wie euch. Dringender denn je.«

Schließlich musste ich lächeln. »Du änderst dich nie.«

Kopfnickend grinste er zurück. »Warum auch, Luke?«

Er ging zum Schrank, öffnete ihn, griff um seinen ledernen Aktenkoffer hinein und kam zum Tisch zurück. Ein geheimnisvoller Schatten legte sich auf sein Gesicht, als er den Koffer auf den Tisch stellte und die Verschlüsse aufklicken ließ. Dex, Skipper und ich sahen ihm stumm dabei zu.

»Langweile ich euch?«, fragte er.

»Quatsch, nein«, sagte Skipper.

»Wir sind nur gespannt«, meinte Dex.

Wieder lachte mein Großvater. »Luke, ich will euch mal eine ernsthafte Frage stellen. Habt ihr euch schon mal überlegt, womit ihr später euer Geld verdienen wollt?«

»Wir studieren etwas. Das machen die meisten heute. Dann arbeiten wir in irgendeinem Unternehmen.«

»Ihr verschwendet eure Zeit, Luke. Ich habe einen besseren Rat für euch.« Er vergewisserte sich, dass wir zuhörten, bevor er weitersprach. »Ich möchte, dass ihr ein X-Team bildet, für die Ermittlungsagentur Lobec arbeitet und dass du, Luke, die Ermittlungsagentur nach mir und deinem Vater einmal übernimmst.«

Keine Frage, er war zu dem Teil gekommen, der mein Leben ändern sollte.

»Was ist ein X-Team?«

»So nennen wir Teams, die undercover, also verdeckt ermitteln.«

»Ich bin zwölf, Skipper auch und Dex dreizehn.«

»Genau deswegen, Luke. Wer käme jemals auf die Idee, von jungen Leuten ausspioniert zu werden? Ein genialer Schachzug. Ich werde mit deinem Vater sprechen. Ihr werdet so etwas wie die Geheimwaffe von LPE.«

Für Sekunden herrschte nachdenkliche Stille. Aber Großvater hatte längst die Entscheidung für uns getroffen.

»Ich werde euch nun etwas geben«, sprach Großvater weiter, als hätten wir zugestimmt. »Es ist in mehrere Kapitel gegliedert und enthält alles, was ein guter Ermittler können und wissen muss. Insgesamt über dreihundert Insider-Tricks und geheime Tipps in Bereichen wie Selbstverteidigung, Fallen stellen und Survival-Techniken. Jetzt gehört das von mir verfasste Geheimbuch für Detektive, Agenten und Spione dir, Luke. Es wird euch helfen, euren Gegnern überlegen zu sein.«

Ich hob die Augenbrauen. Die Ermittlungsagentur Lobec übernahm seit Jahren Aufträge von Kinostars, Privatkunden, reichen Geschäftsleuten, ja selbst berühmte Sportler, Sänger und Künstler haben um die Hilfe der Agentur gebeten.

»Ihr traut euch das jetzt noch nicht wirklich zu«, bemerkte er. Keine Sorge, ich tu das Richtige. Unsere Welt braucht dringend Menschen, die sich für Ordnung, Anstand und Gerechtigkeit einsetzen. Dies hier ist eine verdammt gute Gelegenheit für euch. Ich möchte, dass Lobec weiterlebt. Ihr seid schlaue und außerdem wirklich beherzte junge Leute. Lernt unseren Beruf. Mach Lobec später zur besten Ermittlungsagentur, die es gibt, Luke. Du hast das Talent und die Leidenschaft. Tu es.«

Großvater zog ein in Leder gebundenes Buch aus dem Aktenkoffer und überreichte es mir feierlich. Ich las den Titel ›Geheimbuch für Detektive, Agenten und Spione‹.

Dann umklammerte Großvater meine Hand und sah mich mit einer Freude und Fürsorglichkeit an, die ich zum letzten Mal in seinen Augen gesehen hatte, als er noch mit Großmutter in seinem Haus wohnte, ehe sie vor einem Jahr starb. »Vollbringe Gutes, Luke.«

Zwei Tage nach meinem Besuch im Siegmund-Freud-Seniorenheim schlug sich eine Entzündung auf die Lunge meines Großvaters John Lobec. Drei Tage später klingelte unser Telefon. Meine Mutter hob ab, lauschte, legte kurz darauf kreidebleich im Gesicht wieder auf und weinte bitterlich.

– 2 –

Ich bemerkte den Mann mit der verspiegelten Brille nur, weil ich nicht mehr länger auf den Sarg starren konnte.

Großvater war tot.

Jetzt, als der Pfarrer diese schmerzlichen Worte sprach - ›Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub‹ - und ich in das Grab blickte, traf mich die Wahrheit erneut wie ein Faustschlag.

Ich konnte das einfach nicht glauben. Es tat so furchtbar weh, dass ich nicht hinsehen konnte. Ich hob den Kopf und wischte mir die Tränen aus den Augen, da spürte ich die Hand meines Vaters auf meiner Schulter. Ich sah ihn an. Auch er hatte Tränen in den Augen. Ich drückte seine Hand, dann sah ich zu Mam. Ihr ging es nicht besser als uns.

Der Pfarrer sprach jetzt das Vaterunser, einige Trauernde murmelten öde mit. Ich sah mit leerem Blick an ihm vorbei und in diesem Moment entdeckte ich den Mann mit der Spiegelbrille.

Zuerst war mir nicht bewusst, dass ich ihn anblickte. Mein Kopf war leer, meine Gedanken irgendwo in weiter Ferne. Ich starrte blind vor mich hin, ohne meine Umgebung wirklich wahrzunehmen. Erst als ein paar Sonnenstrahlen kurz durch die Wolken brachen und seine Brillengläser kurz aufblitzten, betrachtete ich den Mann genauer.

Er strich sich gerade sie Seidenkrawatte glatt, die perfekt wie das Stecktuch zu seinem dunkelblauen Anzug passte. Der Kerl war hohlwangig mit markanten Gesichtszügen und eher klein - irgendwie erinnerte er mich an eines dieser Zerrbilder im Spiegelkabinett. Er trug goldene Manschettenknöpfe und auf Hochglanz polierte braune Lederschuhe. Ein schwarzer Ziegenbart bedeckte sein kantiges Kinn, auch sein Glatzkopf spiegelte kurz in der Sonne. Er stand neben ein paar Freunden meiner Eltern. Ich wusste, dass er nicht zu ihnen gehörte. Sie waren alle ungefähr so alt wie meine Mam und mein Dad - Ende dreißig -, er hingegen war mindestens sechzig, vielleicht sogar knapp darüber. Und während ich alle Freunde und Berufskollegen von Mam und Dad kannte, hatte ich diesen Mann nie zuvor gesehen. Das war nicht das Einzige, was ihn auffällig machte. Er wirkte in seinem makellosen Auftreten hier ganz einfach fehl am Platz …

Die Trauerfeier war jetzt vorbei, die Gebete waren gesprochen, der Friedhof wieder menschenleer. Ein leichter Herbstregen hatte eingesetzt. Die Leute waren am Weg zurück zu ihren Autos.

Mam nahm meine Hand und drückte sie sanft.

»Willst du noch eine Weile hier bleiben, Luke?«, fragte sie sanft.

Ich konnte nichts entscheiden. Mein Kopf war leer. Ich schaute umher, suchte nach dem Mann mit der Spiegelbrille doch es war nichts mehr von ihm zu sehen.

Ich schloss die Augen und stellte mir die Inschrift am Grabstein vor:

John Lobec Unser geliebter Vater, Schwieger- und Grosssvater Ruhe in Frieden

Damit gab es für mich nichts mehr zu sagen.

Ich sah den Mann mit der silbrig glänzenden Sonnenbrille erst wieder, als wir über den Parkplatz der Kirche zu unserem Auto gingen. Er stand neben einem weißen BMW und blickte auf die Uhr. Als wir unseren Wagen erreichten, steckte er gerade sein Handy in die Manteltasche. Dad suchte in den Taschen nach seinem Schlüssel, da erstarrte ich einen Moment.

»Was ist los, Luke?«, hörte ich Dad fragen.

»Ich … ich weiß nicht?«

Dad schaute zu dem BMW hinüber. Der Unbekannte kam mit entschlossenen Schritten auf uns zu. Als er uns erreichte, griff er in sein Jackett, zog eine Karte heraus und legte sie auf das Dach unseres Toyota.

»Riesenrad. Heute, 16 Uhr. Es ist wichtig.«

Mehr sagte er nicht. Kein Gruß, kein Danke, nichts.

»Hey! Warten Sie!«, rief Dad ihm hinterher.

Doch es gab nichts mehr zu sehen. Der Mann war schon wieder bei seinem BMW, stieg ein und schloss die Tür. Sein Gesicht war nur noch undeutlich hinter den Scheiben zu sehen. Als er losfuhr, blickte er hinter seiner kalten Spiegelbrille zu mir und ich glaubte zu erkennen, wie er mir kurz zunickte.

»Simon Potter?«, murmelte Dad mit Blick auf die Visitenkarte. Er starrte noch einen Augenblick auf den BMW, dann drehte er sich zu mir um.

»Ihr wollt doch nicht etwa dort hin?«, sagte Mam.

– 3 –

Die Menschen vertrauen uns ihre Geheimnisse an. Warum, weiß ich nicht genau. Es muss an den vielen aufgeklärten Fällen liegen, vielleicht an meinen Eltern Jake und Jane Lobec, die jeden Kunden und Auftrag streng vertraulich behandeln.

Großvater hatte Lobec Privatermittlungen 1991 als Einmanndetektei gegründet. Erfolgreich, wie er war, wuchs das Unternehmen schnell. Privatdetektive, Agenten und Spezialisten schlossen sich ihm an, um bei LPE besseres Geld zu verdienen als in ihren Beamtenjobs. Mam war drei Jahre später, gleich nach der Uni, mit eingestiegen und hatte für ihn gearbeitet. Dad gab seinen Job als Spezialagent bei Interpol auf und stieg ebenfalls in die Detektei ein. Vor etwa elf Jahren hatte sich Großvater aus dem Geschäft zurückgezogen und seither betrieben es meine Eltern allein. Manche ihrer Aufträge waren eher unspektakulär - Einbrüche aufklären, Versicherungsbetrüger überführen, Zeugen ausfindig machen. Da ist aber auch diese andere Seite des Geschäftes, die wesentlich risikoreichere: LPE arbeitet auch den Behörden zu, ermittelt im Namen von Bundespolizei und Geheimdiensten, übernimmt den Personenschutz für Filmstars, Sportler und Politiker, übernimmt Undercoveraufträge für Staatsanwälte - eben die ›großen‹ Fische.

Aber alles war irgendwie merkwürdig nach der Beerdigung. Unsere Welt schien leer und dumpf, jedes Ziel fehlte, da war einfach keine Richtung mehr.

Mich quälte noch immer der Schmerz und seit heute Vormittag ging mir (Dex und Skipper ebenso) Simon Potter, der merkwürdige Mann mit der Spiegelbrille, nicht mehr aus dem Kopf. Was wollte er? Warum hatte er heimlich an der Beerdigung meines Großvaters teilgenommen und uns seine Karte auf so mysteriöse Weise übergeben? Normalerweise hätte ich Dad gleich gefragt, wahrscheinlich hätte er auch eine Antwort parat gehabt, aber unter diesen Umständen wollte ich nicht nerven.

Dad ist ein sehr erfahrener und kluger Mann. Bis zum Einstieg bei Lobec & Co hatte er drei Jahre bei Interpol und sieben Jahre beim militärischen Geheimdienst gearbeitet. Er weiß über jedes Detail bestens Bescheid, was mit Ermittlungsarbeit zu tun hat. Er hatte beim Militär furchtbare Dinge gesehen und ist auch selbst das eine oder andere Mal in gefährliche Situationen geraten. Als er in Syrien ermittelt hat, wäre er fast durch eine Autobombe ums Leben gekommen. Danach lag er drei Monate im Krankenhaus und bis heute hat er noch einen Bombensplitter in der linken Schulter. Aber Dad ist hart im Nehmen, er jammert nicht, beißt lieber die Zähne zusammen, wenn der Splitter mal schmerzt.

Gerade als ich über solche Dinge nachdachte und wir Richtung Prater gingen, hörte ich ein gedämpftes Klonk am Parkplatz hinter uns. Ich horchte, blickte verstohlen über die Schulter zurück. Er war es, kein Zweifel. Und er kam hinter uns her.

An diesem Freitag, um 16 Uhr, ergriff Simon Potter die Chance und bat um unsere Dienste. Er folgte uns und strich sich die Seidenkrawatte glatt. Simon Potter war ein anerkannter Museumsdirektor, zugleich lustig und schlau, wie er als Professor für Kunstgeschichte und Archäologie immer wieder bewies. Er beschleunigte seine Schritte. Kurz vor dem Riesenrad holte er uns ein.

»Da rein«, murmelte er.

Wir stiegen mit Simon Potter in eine Gondel des Wiener Riesenrades.

»Das ist meine Art, um sicherzugehen, nicht abgehört zu werden«, sagte Potter, nachdem er die Schiebetür geschlossen hatte und wir alleine waren.

»Was soll dieses Spiel?«, fragte Dad.

»Es handelt sich um eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme, nichts weiter«, versicherte Professor Potter. »Völlig ungefährlich. Glauben Sie mir. Ich schlafe einfach besser, wenn ich mich nicht nur auf die Technik verlasse.«

»Wovon reden Sie?«

»Die ›Schätze der Menschheit‹.«

Das Riesenrad setzte sich in Gang und hob uns langsam hoch in den Himmel über der Stadt.

»Schätze der Menschheit?«, fragte Skipper nach.

»Eine Sonderausstellung«, antwortete Potter. »Gemälde im Wert von vielen Millionen - sehr vielen Millionen.«

»Millionenschwere Bilder haben Sie doch ohnehin in Ihrem Museum hängen. Das ganze Jahr über«, sagte ich.

»Stimmt. Aber ich rede hier von der wertvollsten Ausstellung, die es bisher je gab.«

Dex zog eine Augenbraue hoch, als er das hörte.

»Die Ausstellung ist weltweit einzigartig«, erklärte Simon Potter. »Sie zeigt die wichtigsten Kunstwerke der einzelnen Stilepochen unserer Malerei. Von den Anfängen bis heute. Noch nie hat es eine Ansammlung der wertvollsten Gemälde an einem Ort gegeben. Versteht ihr jetzt, wovon ich rede?«

Wir nickten stumm.

»Ich selbst kann mit zwei Kollegen für die Sicherheit der wertvollen Kunstgegenstände sorgen«, erwiderte mein Vater. »Warum Luke, Dex und Skipper?«

Das Riesenrad hob uns immer höher über die Dächer Wiens. In der Ferne ragten die gewaltigen Kuppeln des Kunsthistorischen Museums und des Naturhistorischen Museums in den Himmel.

»Niemand hält junge Leute für Sicherheitspersonal«, sagte Simon Potter. »Ihr könnt euch vollkommen unverdächtig unter die Besucher mischen, Augen und Ohren offen halten. Ein paar Ansprachen von Sponsoren und Politikern, eine Führung durch die Ausstellung, anschließend noch ein kaltes Buffet - und schon war es das.«

Dad dachte nach.

»Wir werden die berühmtesten Gemälde der Welt zu sehen bekommen, Dad. An einem einzigen Ort vereint. Diese Gelegenheit bietet sich vielleicht nie wieder«, sagte ich. »Die Eröffnung der Ausstellung dauert doch nur eine Stunde.«

»Ich will kein unnötiges Risiko …« Dad‘s Telefon klingelte genau im richtigen Moment. »Ja?«

Die Anruferin war meine Mutter. Ich konnte leise mithören, was sie sagte. »Jake, du musst sofort ins Büro kommen.«

»Jane, das passt jetzt grad überhaupt nicht. Glaub mir.«

»Es geht um die X12-Akte. Wir haben was gefunden.«

Bei Lobec erhielten alle Fälle eine X-Nummer, um Auftraggeber und dessen Anliegen nicht aussprechen zu müssen. Diskretion war eines unserer Markenzeichen. Man wusste nie, wer im Zeitalter der Lauschangriffe versteckt mithörte. Die X12-Akte ließ Dad nicht kalt, das war mir klar. Dahinter verbarg sich eine Lösegeldforderung in enormer Höhe.

»Also gut, meinetwegen«, stimmte Dad Simon Potter zu. »Aber wenn euch was Verdächtiges auffällt, ruft ihr mich sofort an, verstanden!«

»Verstanden, Dad.«

Dex und Skipper gaben sich ein High-Five.

Und niemand dachte daran, nicht mal für eine Sekunde, dass ein Auftrag schrecklich schief laufen konnte.

– 4 –

»Die Ausstellung Schätze der Menschheit zeigt wie gesagt die berühmtesten und somit vermutlich teuersten Gemälde der Welt«, überlegte Skipper. »Die sind zusammen bestimmt über 800 Millionen Dollar wert?«

»Richtig«, sagte Simon Potter. »Wir stellen unter anderem die ›Mona Lisa‹ von Leonardo da Vinci aus, ebenso wie Albrecht Dürers ›Feldhase‹. Die beiden sind alleine über 100 Millionen Dollar wert, schätze ich.«

»Aber schwer zu rauben«, sagte Dex. »Gemälde sind unhandlich.«

Simon Potter nickte, als wir aus dem Riesenrad stiegen. »Kunstdiebe sind aber erfinderische Leute«, meinte er. »Und erheblich anders sieht das beim Codex Manesse aus, einem äußerst kunstvoll illustrierten und wertvollen Buch aus dem Mittelalter. Diese Liederhandschrift entstand zwischen 1300 und 1340 in Zürich und ist die umfangreichste Sammlung mittelhochdeutscher Lied- und Spruchdichtung. Der Codex besteht aus 426 beidseitig beschriebenen und kunstvoll bemalten Pergamentblättern im Format 35,5 mal 25 Zentimeter und beinhaltet 140 Dichtersammlungen in fast 6000 Strophen. So ein Buch verschwindet leicht in einem Aktenkoffer.«

»Verstehe«, nickte ich.

»Wir sehen uns später in der Detektei«, sagte Dad. Er verabschiedete sich von uns, stieg in seinen dunkelgrünen Jaguar und brauste davon.

»Heute hat er‘s aber sehr eilig«, murmelte Skipper.«

»Die X12-Akte«, antwortete ich nur.

Simon Potter gab mir seine Karte. »Wir treffen uns heute Abend um 21:00 Uhr vor dem Kunsthistorischen Museum. Ich muss noch ein paar letzte Vorbereitungen für die Eröffnung morgen treffen. Bei dieser Gelegenheit könnt ihr euch die Ausstellungsstücke in Ruhe ansehen. Dann zeige ich euch auch gleich die Räumlichkeiten des Museums, damit ihr euch morgen besser auf die Besucher konzentrieren könnt. Ich gebe euch eine Privatführung. Als Dank, weil ihr meinen Vorschlag angenommen habt. Was haltet ihr davon?«

»Gute Idee«, sagte Dex.

Skipper und ich pflichteten ihm bei.

»Also dann bis 21:00 Uhr. Und seid pünktlich. Neue Burg, Heldenplatz.« Simon Potter stieg in seinen Wagen und raste ebenfalls davon.

»Dein Großvater wäre stolz auf uns«, sagte Dex. Er blickte mich dabei aus seinen wachen blauen Augen an. Sein blondes Haar war kurz geschnitten, bis auf zwei dicke Strähnen, die ihm über die Stirn fielen. Dex war unglaublich gelenkig und wieselflink - der ideale Stürmertyp für die Jugendmannschaft der Black Panthers.

»Ja«, sagte ich. »Er würde sich riesig freuen. Der erste Auftrag für das X-Team.«

»Und gleich ein riesen Fisch«, meinte Skipper. Skipper war ein aufgewecktes junges Mädchen, ein As in Mathe und von den Pfadfindern ziemlich gut ausgebildet, wenn es darum ging, sich alleine draußen in der wilden Natur durchzuschlagen. Jeans, Converse-Turnschuhe und ein T-Shirt von den Boston Red Sox - das ist Skipper, seit sie im Urlaub ein Baseballspiel der Sox live gesehen hat. Und natürlich ihre Sommersprossen auf der Nase und ihre rötlichen langen Haare.

»Wenn Großvater das noch erleben könnte«, sagte ich, als wir auf unsere Fahrräder stiegen und losfuhren.

»Weißt du was, Luke«, begann Dex, »Skipper und ich haben uns schon oft gefragt, ob deine Leute dich nicht systematisch auf so etwas vorbereitet haben.«

»Wie meinst du das?«

»Wir denken, sie haben dich darauf vorbereitet, ihr Nachfolger zu werden. Seit wir dich kennen, wurdest du offenbar ständig für verdeckte Ermittlungen trainiert … natürlich so versteckt wie möglich. Du hast zeitweise im Ausland gelebt, in Städten, wo Lobec Ermittlungsagenturen betreibt. Du sprichst Englisch und Spanisch, jedenfalls etwas. Du kannst klettern, tauchen, Ski fahren …«

»Ich bin auch überzeugt, wie dein Großvater erwähnte, will auch dein Vater, dass du verdeckter Ermittler wirst«, sagte Skipper.

»Mag sein, ihr habt recht.« Ich musste an das Buch denken, dass Großvater mir kurz vor seinem Tod vermacht hatte.

»Dann bis heute Abend«, sagte Skipper, als sie rechts abbog nach Hause.

Wir wohnen alle drei im selben Randgebiet der Stadt. Im Grünen und doch nicht am Land. Mit dem Rad liegen die Häuser unserer Eltern keine drei Minuten auseinander. Ideal für Freunde, die so gut wie ihre gesamte Freizeit miteinander verbringen.

»Bis später!«, rief Dex und trat in die Pedale.

Zu Hause angekommen musste ich an die wertvollen Gemälde der Ausstellung denken, die wir bewachen sollten. Hunderte Millionen an Wert, einzigartig in der Welt. Was für eine enorme Verantwortung. Und ich musste an Großvaters Worte denken, der immer gesagt hat: »Den ersten Auftrag, Luke, den vergisst man sein Leben lang nie mehr …« Und noch etwas musste ich unwillkürlich denken: Großvater hatte immer recht behalten.

– 5 –

Kurz vor neun Uhr am Abend trafen wir beim KHM, wie das Kunsthistorische Museum kurz genannt wurde, ein. Auch Simon Potter fuhr pünktlich vor. Gut gelaunt stieg er aus seinem BMW und begrüßte uns.

»Ich muss nur noch schnell in mein Büro«, sagte Potter. »Hab mein iPhone dort vergessen und den Ausdruck meiner Eröffnungsrede für die Ausstellung. Kommt gleich mit, ich werde euch mit dem Museum vertraut machen. Es ist ein sehr weitläufiges und verwinkeltes Gebäude.«

»Wir werden tatsächlich die ersten Besucher sein, die die berühmtesten Gemälde der Menschheit zu sehen bekommen«, bemerkte Dex nebenbei, als wir auf das KHM zugingen.

»Normalerweise dürfte niemand die Ausstellung vor der offiziellen Eröffnung betreten«, sagte Simon Potter. »Was soll‘s, ich bin der Direktor.«

Das KHM war ein gigantischer zweistöckiger Bau aus Sandstein. Viele kunstvoll gestaltete Figuren schmücken die hohen äußeren Wände. Innen