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Die von der Künstlerin und Autorin entwickelte Simultan-Methode ist der natürlichen Augenbewegung abgeleitet und ermöglicht einen unverfälschten Zugang zum Motiv und seiner künstlerischen Umsetzung. Detailliert und gut verständlich erklärt sie anhand vieler zeichnerischer Beispiele aus ihrer Lehrpraxis die künstlerischen Grundlagen und das Erlernen der Simultan-Methode, die die natürliche diagonale Blickfolge in die künstlerische Wahrnehmung übersetzt. Das kreativitätshemmende Abzeichnen wird dadurch vermieden, und ein lebendiges Gestalten aller Motive ermöglicht. Räumlichkeit, Proportion und Ausdruck , die oft als schwierig empfunden werden, sind mit der Simultan-Methode kein Problem mehr . Viele Bilder und Anleitungen machen das Arbeiten mit dem Buch zu einem spannenden Arbeitsmittel. Die künstlerische Eigenschaft der Zeichnung wird gefördert.
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Seitenzahl: 80
Veröffentlichungsjahr: 2013
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Imprint
Zeichenlehrbuch Grundlagen künstlerischer Gestaltung Zeichnen mit der Simultan-Methode
published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de Copyright: © 2013 Ursula Vanoli-Gaul
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetz ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Ursula Vanoli-Gaul
Grundlagen künstlerischer Gestaltung
Die Simultan-Methode
kunstwort
Zeichenlehrbuch
Ursula Vanoli-Gaul
Inhalt:
Einführung
Grundlagen der künstlerischen Gestaltung
Themenbearbeitung
Künstlerische Themenbereiche
I Skizzierschrift
Grauwerte
II Ausdruck
III Blickfolge
1 kleine Blickfolge
a endlose Linie
b tastende Linie
2 Anvisieren
Raum und Proportion
3 Punktübung
IV Grundformen
1 Kugel
2 Zylinder
3 Kegel
4 Quader
V Formensprache
1 Spannung und Dynamik
2 Spannungsübungen
VI Beginn einer Zeichnung
Gliederpuppe
VII Proportion
VIII Waagrechte und Senkrechte als zeichnerisches Hilfsmittel
IX Übungen
1 Schuhe
2 Portrait
3 Hände
4 Pflanzen
5 Tiere
6 Akt - Bewegungsstudie, Gliederpuppe
7 Betrifft: Fehler
8 Werkzeuge
- Schere
- Schneebesen
- Haarspange
- Korkenzieher
9 Ausdrucksübungen
10 Raumdarstellung, Horizontvariationen
11 Stofflichkeit, - Oberflächengestaltung
12 Muster - Ornamente
13 Linientraining
14 Schlussbemerkung
15 Die Autorin
Weil ich selbst, die Verfasserin dieses Lehrbuchs, mich viele Jahre dem Ruf widersetzt habe, meine Erfahrungen aus meiner Zeichenschule, die ich seit 22 Jahren in Karlsruhe leite, in einem Buch niederzulegen, hat es lange gedauert, bis ich mich dazu entschlossen habe. Ich wollte nicht noch ein Buch den vielen anderen Büchern hinzufügen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, den Menschen beibringen zu wollen, wie man zeichnet. Zu oft sind mir Menschen begegnet, die auf diese Weise versucht hatten, zu einer künstlerischen Sprache zu gelangen, und nach wenigen Seiten sämtliche Bücher enttäuscht weggelegt hatten. Die Überzeugung aber an der Methode, der immer wiederkehrende Beweis daran, motivierte mich dann doch, und ich begann, einige Jahre sämtliche Unterrichtsstunden aufzuzeichnen, mit den dazugehörenden Skizzen, mit allen Erklärungen und Äußerungen meinerseits zu den jeweiligen Themen, den weiterführenden Zusammenhängen aus den Naturwissenschaften, ihren Bezügen zu den anderen Künsten, der Philosophie und der Psychologie. Durch diese Verknüpfungen erst gelang es mir, ein vitales Interesse zu wecken, sich das Medium Kunst als Gestaltungsmittel zu wählen.
Es sind ja nicht nur Erfahrungen aus dem Unterricht mit Erwachsenen, die bei mir Zeichnen und Malerei gelernt haben, sondern es ist die Dokumentation eines langen Erforschens der Wahrnehmung, der gestalterischen Grundsätzlichkeiten, die ich immer versucht habe, in ein Gerüst der Lebenszusammenhänge zu transponieren, mit allen Fähigkeiten, Möglichkeiten, aber auch Blockierungen und Ängsten, die dabei zum Tragen kommen können.
Das Bedürfnis des Menschen, sich auszudrücken, und sich damit zu vermitteln, ist im Erwachsenenalter keinesfalls selbstverständlich.
Für viele bedeutet es, wenn sie beginnen, sich mit Kunst auseinander zusetzen, sich erstmals kritisch mit sich selbst, und ihrem Umfeld zu befassen. Das geht oft nicht ohne Einbußen der vielfältigsten Art. Seien es Ideen, Vorstellungen, Überzeugungen, Ideale, oder auch Veränderungen im persönlichen Bereich.
Die künstlerische Arbeit ist nur wirklich authentisch zu machen, wenn eine beständige Arbeit und Selbstreflexion betrieben wird, bis ins tägliche Leben hinein. Das kann zu Zeiten anstrengend, mühsam sein.
Immer habe ich schon in den ersten Unterrichtsstunden bewusst machen wollen, dass das Zeichnen nicht nur eine Technik der ausführenden Hand ist, sondern in einem direkten Zusammenhang mit betrachtender, denkender und fühlender Wahrnehmung, sowie der Wahrnehmung seiner selbst, steht. In diesem Zusammenhang habe ich den Begriff des Simultanen Zeichnens entworfen, auf den meine Zeichenlehre gegründet ist, mit den dazugehörenden Übungen, um es zu erlernen. Neben dieser grundlegenden Methode, habe ich Wege ermittelt, die dem Verständnis der Formensprache dienen, sowie die Lehre von den Grundformen und ihrer inneren Dynamik und Struktur, die für das Erfassen von Gegenständen im weitesten Sinn elementar sind, deren Darstellung erleichtern und die Gestaltung einer individuellen Wahrnehmung einleiten können. Zeichnerische Hilfsmittel und Übungen zur Handhabung des Stifts und der sensiblen Linienführung sind mit einbezogen.
Erkenntnisse aus der modernen Hirnforschung und Neurophysiologie haben mich in meinen eigenen Forschungsergebnissen bezüglich des physiologischen Ablaufs der Wahrnehmungstätigkeit des Auges bestätigt. Selbst die von mir aufgrund dieser Forschungsergebnisse entwickelten Übungen, finden in der wissenschaftlichen Analyse der Wahrnehmungstätigkeit des Auges ihre Entsprechung in den Ergebnissen bildhafter medizinischer Untersuchungsmethoden.
Ich habe festgestellt, dass meine Schüler froh waren dafür, dass sie kein Rezept von mir bekommen, das eine technische Ausführung der Zeichnung bewirken könnte, was ich immer bezweifelt habe, sondern gelernt haben, umfassende Gedankengänge zu praktizieren, gelernt haben, ohne Scheu kritische Hinterfragungen anzustellen, Bezüge herzustellen, Assoziationen zu entwickeln, sich als Forscher zu verstehen, der den Dingen in ihren unterschiedlichsten Zusammenhängen nachgeht. Durch diese reflexive Arbeit erst kann sich eine individuelle künstlerische Sprache entwickein, kann sich eine dauerhafte kreative Arbeit, die selbständig bewältigt werden kann, einstellen. Doch Geduld, Ausdauer, Disziplin, Konzentration, Wahrhaftigkeit, sich selbst und den Dingen gegenüber, sind dafür notwendig. Die Arbeit mit Kunst ist nicht in einem Schnellkurs zu bewältigen, sie eröffnet jedoch, je länger man sich mit ihr auseinandersetzt, immer neue Möglichkeiten kreativen Denkens und Handelns. Die Simultan-Methode bewirkt vor allem aber eine Veränderung des konventionellen Sehens, und somit eine Möglichkeit, unverfälscht seinen Beobachtungen nachzugehen. Durch die Elementarlehre als Basis, bietet sie eine individuelle Weiterentwicklung im künstlerischen Gestalten.
Der Sinn dieser Methode ist, Individualität in Form und Ausdruck zu fördern, die Relativität des sogenannten Schönen zu hinterfragen, sich von genormten Schönheitsbegriffen zu befreien, und damit sich selbst entwickeln zu können.
Als ich in den zurückliegenden Jahren eine immer deutlichere Abnahme des Vorstellungsvermögens und der Ausdrucksfähigkeit, der Formalen, wie der Verbalen, feststellte, war ich überzeugt davon, dass dieses Buch seinen Sinn erfüllen wird, die aufkommende Sprachlosigkeit in seinem ihm eigenen Rahmen zu beeinflussen.
Hier ist es nun. Und ich hoffe, dass etwas von meiner eigenen Leidenschaft für die vielfältigen Wahrnehmungszusammenhänge und den künstlerischen Gestaltungsprozess, meiner Neugier, den Dingen auf den Grund zu gehen, auch ein wenig durch dieses Buch überspringen können, und motivieren können.
Um eine möglichst lebendige Vermittlung zu bewirken, habe ich beim Schreiben stets eine Unterrichtsstunde zum Vorbild genommen, und eine theoretische Sprache vermieden, zugunsten einer einfachen, direkten Ausdrucksweise, und, wie in der Schule, den Imperativ verwendet. Scheinbare Mängel, wie z.B. der Verzicht auf einen "ordentlichen" Blocksatz, sind bewusst von mir eingesetzt, da ich auch hier mit asymmetrischen Formen und Leerstellen einem besseren Verständnis zu Hilfe kommen wollte.
Ich bin froh, dass das Lehrbuch nun da ist - auch wenn ich weiss, dass die persönliche Vermittlung dieser hochsensiblen und differenzierten Dinge, auch durch das beste Buch nicht zu ersetzen ist.
Ich danke allen Menschen, die mich durch ihr Interesse und ihre Freundschaft bei meiner Arbeit unterstützt und damit gefördert haben. Sie haben dadurch Teil an der Entstehung und Verwirklichung des Buches.
Das Buch versteht sich als Arbeitsbuch, und ist absichtlich einseitig bedruckt worden, um spontane Übungen, auch auf den Leerstellen zwischen den Textabsätzen der Arbeitsbeispiele, zu ermöglichen !
Elementarlehre
Arbeitsmaterial : Bleistift 6 B, Zeichenbrett ( Tischlerplatte ) 50/60 cm, glattes Zeichenpapier, eventuell Rollenpapier, Reißnägel
Der Stärkegrad 6 B des Bleistifts hat sich als sinnvoll erwiesen, um die unterschiedlichen Strichstärken zu erlernen, und durchgehend mit demselben Stift arbeiten zu können. Man reißt sich mit einem Lineal oder dem auf das Papier gelegten Brett das entsprechende Format von der Rolle ab, und befestigt es mit den Reißnägeln in den Ecken des Bretts. Vorher von der Mitte heraus das Papier glatt streichen. Der Papierrand sollte, um das Auge nicht zu irritieren, parallel zum Brettrand sein. Man kann das Brett auch gut als waagrechtes Maß während des Zeichnens benutzen.
I Entwickeln einer Skizzierschrift
Die grundlegende Voraussetzung, um das gewohnte Sehen, das in den täglichen Lebenssituationen sinnvoll und notwendig ist, umzuwandeln, in ein von vorbestimmten Bildern und Beurteilungen befreites Wahrnehmen, ist das Entwickeln einer anderen Haltung, der äußeren sowohl als auch der inneren, den Dingen gegenüber.
Dies kann zunächst über die Veränderung der körperlichen Haltung bewirkt werden.
Beim Schreiben von Texten mit der Hand, ist eine andere Haltung des Körpers, des Armes und der Hand notwendig, als beim Zeichnen, und der Arbeit mit dem Pinsel.
Die Hand ist ein Organ mit sehr vielen Nerven, ein Tastorgan. Auch im Dunklen kann sie mit ihren vielen sensiblen Nerven dem Tastsinn im Gehirn Informationen der verschiedensten Art vermitteln, bezüglich Größe, Aussehen der Form, Oberflächenbeschaffenheit und Stofflichkeit. Sie bewirkt im Zusammenwirken unterschiedlichster Wahrnehmungen eine Vorstellung des Gegenstands im Gehirn. Über die leicht geöffnete Hand, die man der geschlossenen gegenüberstellt, kann man gut die gefühlsmäßige Veränderung feststellen, die sich bei jeder der Haltungen für sich einstellt: einmal ist die geöffnete Hand ein Sinnbild für Aufnahmebereitschaft und Austausch, auf der anderen Seite bei der geschlossenen Hand, die in sich gehaltene Energie, das Abgeschlossensein, das Undurchlässige. Bei der künstlerischen Arbeit ist die Aufnahmebereitschaft aber die erste Voraussetzung zur Wahrnehmung. Über die Tätigkeit der Augen fließt das Gesehene durch die Verarbeitung im Gehirn in die ausführende Hand, die es mit dem Bleistift auf das Papier weitergibt. Je weicher, und offener die Handhaltung, desto sensiblere, differenziertere Linien werden möglich.
Um Gewohnheiten zu durchbrechen ist es sinnvoll, andere Voraussetzungen des Verhaltens zu schaffen. Dies kann zu Beginn erst einmal unangenehme Gefühle hervorrufen, weil wir damit auch Altes, Gewohntes verlassen, was uns Sicherheit gegeben hat. Die künstlerische Arbeit ist unmittelbar mit dem Lebensbereich des Menschen verbunden, mit der Art der Lebensbewältigung, mit seinen Lebensbedingungen. Sie findet jedoch auf einer anderen Ebene des Denkens statt. Während der gestalterischen Arbeit sind andere Gehirnwellen aktiv, als bei rein vernunftmäßigen Verrichtungen. Das Springen von einer Gehirntätigkeit in eine andere, ist durch konsequentes Training zu erreichen. Dazu bedarf es spezieller Techniken, die ich im weiteren Verlauf des Lehrbuches erläutern werde.
Zur Haltung:
aufrechtes Sitzen, nicht im Stuhl anlehnen (passive Haltung!)
eine stabile Sitzhaltung durch aktives Zusammenwirken von Wirbelsäule, Schultern Becken, Knien und Füssen einnehmen, und damit auch einen freien Brustkorb und eine freie Atmung