Zimmer 307 - Sandra Hughes - E-Book

Zimmer 307 E-Book

Sandra Hughes

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Beschreibung

Felicitas erhofft sich eine bessere Welt, als sie sich mit 34 umbringt, nachdem Domenico, der Geliebte, sie verlassen hat. Doch das erhoffte Paradies bleibt aus. Sie landet in einer harten Arbeitswelt, in der einzig Korbflechten und gute Gedanken der Hinterbliebenen zählen. Für beides fehlen ihr die Voraussetzungen. So packt sie ihr zweites Leben an und entdeckt sich neu: als Managerin einer von ihr geschaffenen Männerabteilung - mit einem Platz für Domenico. "Zimmer 307" handelt von einer intelligenten attraktiven Frau, die sich in die (Verführungs-) Macht eines Mannes begibt und als Gegenmittel nur Selbstzerstörung oder gewalttätige Rache - entwickelt in einer anderen Welt - sieht.

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Sandra Hughes

Zimmer 307

Roman

DÖRLEMANN

Verlag und Autorin danken dem Fachausschuss Literatur BS/BL und dem Migros-Kulturprozent für die freundliche Unterstützung. eBook-Ausgabe 2012 Alle Rechte vorbehalten © 2012 Dörlemann Verlag AG, Zürich Umschlagfoto: Hotel Bregaglia 2000/2009, Red Wall, © Leta Peer Umschlaggestaltung: Mike Bierwolf Foto der Autorin: © Marc Wetli Satz und eBook-Umsetzung: Dörlemann Satz, Lemförde ISBN epub 978-3-908778-14-1www.doerlemann.com

Tu’s nicht«, sagte Aurora.

Ich starrte in den Spiegel. Ich sah nicht mehr klar, etwas Weißes war da, schwarze Flecken. Das Badewasser rauschte, die Klinge lag bereit, eine von Domenico, die ich zum Rasieren der Beine benutzte. Ich prüfte ihre Schärfe. Sie schnitt ausreichend, es lag an mir, sie schnell und heftig zu führen, längs ins Handgelenk zu stoßen. Mich schauderte. Ich wankte zurück ins Zimmer, holte die Flasche.

»Tu’s nicht«, sagte Aurora.

»Prost«, sagte ich und trank noch einen Schluck.

»Du wirfst dein Leben weg.«

»Leben. Das ist keins mehr.«

Im Bett weinen nachts, tagsüber am Hotelempfang stehen und nette Worte suchen, die mir nicht mehr über die Lippen kamen. Ein paar Schritte gehen, Paare sehen, Mütter mit Kindern. Zurückkehren ins Zimmer mit den zitternden Wänden, mich ins kalte Bett legen und weinen.

»Aber«, sagte Aurora, »doch nicht wegen Domenico!«

Liegen und Domenicos Lächeln sehen, seine Stimme hören, wie er begeistert erzählt, sein Lachen, wenn er mich überrascht, Süßes suckeln, das er mir in den Mund steckt, seine Hand spüren auf meinem Knie, während wir lesen, seine scharfen Soßen probieren, die Haare auf meinem Bauch, die goldene Kette, seine weiche Haut.

»Herrgott«, sagte Aurora, »es gibt noch andere Männer auf dieser Welt.«

Wieder mit Marc reden, Beats Arm auf den Schultern tragen, Ulrichs schlechten Atem riechen, Roberts große Zunge spüren, Philipp ertragen, mit Andreas Rad fahren, Mario zuhören.

»Dann lass die Männer sein«, rief Aurora, »es gibt genug zu tun im Leben!«

Liegen und weinen nachts, tagsüber am Hotelempfang stehen. Paare sehen, Mütter mit Kindern. Kolleginnen kennenlernen, Tennis spielen, wandern, in Städte reisen. Männer und Frauen sehen, die Arm in Arm gehen, reden, lachen. Zurückkehren ins kalte Bett, liegen und weinen.

»Verdammt«, sagte Aurora, »dir ist nicht zu helfen.«

»So ist es.«

Ich trank noch ein wenig weiter. Dann taumelte ich zur Badewanne, drehte den Hahn zu, legte mich ins warme Wasser und fasste nach Domenicos Rasierklinge. Aus der Ferne hörte ich Aurora, aber sie hatte mir nichts mehr zu sagen. Aurora war tot und im Himmel, und dahin folgte ich ihr jetzt.

Nicht immer war mein Leben die Hölle. Mit Aurora war es gut. Sie küsste mich morgens wach und wischte mir den Schlaf aus den Augen, sie kochte mir heiße Schokolade und frische Krabben. Sie half mir in die Jacke, wenn ich zu spät war, saß auf der Treppe, wenn ich nach Hause kam. Aurora trug weite Kleider mit Blumenmuster, die nach gebratenen Zwiebeln rochen, wenn ich sie umarmte. Ihre Haare waren silberblond, zu Zöpfen geflochten. Ab und zu bürstete ich sie und steckte sie zu Türmen hoch. Aurora stand dann kichernd vor dem Spiegel und malte sich die Lippen rot. Wir drehten das Radio auf und bewegten uns mit wiegenden Hüften im Takt. Wenn es an der Tür klingelte, lud Aurora den verblüfften Briefträger zum Tanz. Mit Aurora lernte ich paddeln und Fische töten. Aurora redete mit mir. Sie fragte nach, sprach mir gut zu. Sie gab auf jede Frage eine Antwort. Sie berichtete von ihren Brüdern, die im Krieg gestorben waren, wusste Geschichten über hartherzige Zwerge und liebe Riesen. Besonders gerne erzählte sie von meiner Geburt und Taufe.

»Das liebste und schönste Kind«, sagte sie und kniff mich, »jetzt tanzen wir.«

Und ich tanzte mit Aurora, bis es wieder klingelte und sie meiner Mutter die Tür öffnete, die von der Arbeit nach Hause kam.

Als ich die Augen aufschlug, beugte sich ein Herr in Grau über mich. »Willkommen im Fegefeuer.«

»Ein guter Witz«, sagte ich.

»Machen Sie keinen Fehler«, sagte der Herr, »ab jetzt kann jedes Wort gegen Sie verwendet werden.«

Ich kniff mich, um aus dem Traum zu erwachen, und stieß gegen mein Handgelenk, das in einen dicken Verband gehüllt war. Im Spital war ich gelandet, der Herr in Grau war ein Pfleger mit Humor, ungewohnt gekleidet.

Ich sank in die Kissen zurück, die etwas hart waren, auch war das Bett sehr schmal, eine Pritsche eher.

Eine zweite stand im Raum, ich sah jetzt eine dritte und vierte, auf ihnen Gestalten, graue Decken. Schwaches Neon leuchtete von oben.

»Abteilung Supervision F«, sagte der Herr, »geschaffen für Selbstmörderinnen, unter anderen. Geschenktes Leben zu vergeuden, solche Gesinnung muss überprüft werden.«

Ich schloss die Augen und ahnte, dass bei meinem Vorhaben, in eine bessere Welt zu gelangen, etwas schiefgegangen war.

Meine Mutter war siebzehn, als sie schwanger wurde. Nach beschwerdefreien neun Monaten presste sie mich in die grelle Welt, und draußen wurde ich von ihrem Bruder Hannes freudig empfangen. Er wickelte mich in ein rosa Tuch und trug mich umher.

Später saßen sie alle am Bett im Krankenhaus: Großmutter Aurora, Großvater Gustav, die beiden Brüder meiner Mutter, Onkel Hannes und Onkel Jan. Aurora sagte:

»Das Kind soll Felicitas heißen.«

Sie setzte sich gegen ihren Mann durch, der mir einen typisch norddeutschen Namen wünschte. Fünf Monate später tauften sie mich in der Kirche von Ditzum, und Onkel Hannes weinte, weil er erst fünfzehn war und noch nicht Pate werden durfte. Die alten Frauen im Gottesdienst tuschelten.

»Habt ihr die Mutter gesehen? Sie ist noch ein Kind. Gott bewahre uns.«

Sie schlugen das Kreuz und beteten für ihre Enkelinnen, während meine Mutter mir das kalte Wasser von der Schläfe tupfte. Sie sah sehr schön aus im Volantkleid mit Spitzenkragen, und ich trug ein feines Käppchen mit Perlen und eine lange Schleppe aus weißem Tüll. Aurora hatte gestrickt und genäht. Für sich selbst hatte sie ein Kleid aus Garn gehäkelt, zusammengesetzt aus vielen bunten Vierecken. Ihren Mann Gustav hatte sie in einen Anzug gesteckt, die beiden Söhne in weiße Hemden.

»Wer wohl der Vater ist?«, murmelten die alten Frauen.

Es gab einen jungen Mann im Leben meiner Mutter, und später gab es einen zweiten dazu. Als der eine vom andern erfuhr, stritten sie sich. Als sie vom Kind hörten, versöhnten sie sich und gingen zusammen davon. Das erzählte sie mir später, als ich sie fragte, wieso ich niemanden »Papa« nannte.

»Du hast Gustav, Hannes und Jan«, sagte sie und küsste mich.

Wir spielten Fußball und Verstecken, sie trugen mich auf ihren Schultern, lehrten mich Feuer entfachen und Messer werfen. Aurora las mir Märchen vor und wilde Geschichten, sie backte mit mir Plätzchen und Kuchen, formte Ton zu Figuren, suchte Muscheln und bunte Blätter. Abends kamen meine Mutter und Onkel Hannes aus dem Reisebüro nach Hause, Onkel Jan aus dem Bootsverleih und Gustav vom Taxifahren. Wir aßen Kabeljau und Kartoffeln und lachten über die Scherze von Hannes, der mich auf dem Schoß hielt. Mein Leben war wunderbar. Bis meine Mutter diesen Mann kennenlernte.

Der Herr in Grau brachte mir am Mittag verkochte Nudeln und schlaffen Salat, morgens schwachen Kaffee, Brot mit Butter, abends lauen Tee, Früchte, Flocken. Ich zwang mich, etwas zu essen. Mein Plan stand fest. Ich wollte zu Kräften kommen, mich unauffällig umsehen, bei nächster Gelegenheit abhauen. Neben mir lagen Frauen mit bleichen Gesichtern, ab und zu stöhnte eine oder redete im Schlaf. Herren in Grau gingen ein und aus, unterhielten sich leise und versorgten Wunden. Noch immer wandte ich den Blick ab, wenn einer sich an meinem Handgelenk zu schaffen machte. Ich bemühte mich um unverfängliche Antworten auf unangenehme Fragen und vermied es, mit einer der Frauen auf dem Korridor ins Gespräch zu kommen. Ich schlich die Türen entlang, erklomm Treppen, wenn mich niemand sah, prüfte Möglichkeiten. Meine Hoffnung sank. Die Abteilung Supervision F verlor sich in endlosen Korridoren. Ich stand vor verschlossenen Türen, bis ein Herr in Grau mich packte und zurückschleifte. Wieder kniff ich mich, um aus dem Albtraum zu erwachen, konnte aber nur den Achselschweiß meines Wärters riechen. Offensichtlich gab es ein Leben nach dem Leben. So hatte ich es mir allerdings nicht vorgestellt.

Der neue Mann meiner Mutter war groß und roch nach Pfefferminze und Rauch, wenn er mich an sich presste, um mir guten Tag zu sagen. Ich hielt den Atem an.

»Sag Ron guten Tag«, sagte meine Mutter.

Sie war vierundzwanzig, blond, blauäugig, schlank. Ich war sechs, blond, blauäugig und mollig.

»Das ist ein schwieriger Schritt«, hörte ich meine Mutter zu ihm sagen, »lass mir etwas Zeit.«

Was sie überlegte, verstand ich Monate später, als sie die Koffer packte und Aurora tagelang Tränen aus den Augen wischte.

»Felicitas«, sagte meine Mutter, »wir ziehen mit Ron an einen schönen Ort. Du wirst dort glücklich sein.«

Ich holte mir Wasser, Brot und Wurst aus der Küche und versteckte mich auf dem Dachboden. Aber Aurora fand mich, bevor ich meine Vorräte essen konnte.

»Felicitas«, sagte sie, »du kommst uns besuchen.«

Ich küsste die Wände meines Zimmers und klammerte mich an Hannes fest, der heulte und schrie.

»Lass sie hier, Heike, lass sie hier!«

Meine Mutter nahm mich mit. Die Reise war lang. Ich saß Stunden im stickigen Auto und dämmerte vor mich hin. Meine Mutter redete viel. Sie sprach von der eigenen Wohnung mit neuen Vorhängen und Stühlen und einem Sofa, das sie anschaffen würden, und von Teppichen mit Mustern und einem Küchengerät, das Gemüse von alleine klein hackte. Ron legte ihr die Hand auf den Oberschenkel.

»Endlich zu Hause!«, rief meine Mutter, nachdem ein Mann mit bösem Blick unsere Reisepässe kontrolliert hatte.

Wir rasten auf Autobahnen weiter, fuhren an Wiesen und Kühen vorbei in eine Straße mit Wohnblöcken und geteertem Spielplatz. Im Aufzug roch es nach Schweiß, in der dunklen Wohnung nach kaltem Rauch.

»Wie schön!«, rief meine Mutter und klatschte in die Hände.

Sie tanzte durch die kleinen Zimmer in die Küche, stellte das Radio an, packte Ron. Er löste sich nach ein paar Schritten, ging zum Radio und wechselte den Sender.

»Psst«, sagte er, »die Fußballresultate.«

Ich hörte dem Mann im Radio zu, er sagte viel »ch« und »üe«, fremde Wörter, nur manchmal klang eines vertraut. Ich blickte zu meiner Mutter. Sie stand still und starrte zu Boden.

»Was sagt er?«, fragte ich.

»Ruhe«, zischte Ron, »davon verstehst du nichts.«

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