Zivilisationskrankheiten des Pferdes - Christina Fritz - E-Book

Zivilisationskrankheiten des Pferdes E-Book

Christina Fritz

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Beschreibung

Chronisch kranke Pferde optimal versorgen Pferde leiden immer häufiger unter Stoffwechselerkrankungen und anderen (chronischen) Erkrankungen, die sich oftmals aus der Haltung bzw. Fütterung ergeben. Wie kann ich ein möglichst beschwerdefreies Leben ermöglichen? Wie Schul- und Alternativmedizin sinnvoll verbinden? Welche Tipps kann ich dem Tierhalter geben? Dieses Buch gibt Ihnen einen Überblick über artgerechte Haltung und Fütterung, sowie über verschiedene ganzheitliche Therapieansätze. Ob EMS, Hufrehe oder viele weitere Krankheiten: Hier finden Sie aktuelle Erkenntnisse zu Ätiologie und Symptomatik sowie eine praxisnahe Darstellung der Diagnostik. Dazu werden bewährte, zielführende Therapieansätze vorgestellt. Diese reichen von der Schulmedizin Therapie (v.a. im akuten Zustand) über Veränderungen in Haltung und Fütterung bis hin zu alternativen Ansätzen (von Akupunktur bis physikalischer Therapie). Jederzeit zugreifen: Der Inhalt des Buches steht Ihnen ohne weitere Kosten digital in der Wissensplattform VetCenter zur Verfügung (Zugangscode im Buch).

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Seitenzahl: 566

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Zivilisationskrankheiten des Pferdes

Ganzheitliche Behandlung chronischer Krankheiten

Christina Fritz, Souel Maleh

2., aktualisierte Auflage

38 Abbildungen

Vorwort

Das Berufsbild des Tierarztes ist in unseren Breitengraden momentan einem deutlichen Wandel unterworfen. Überwogen früher Verletzungen und klar definierte Erkrankungen im Bewegungsapparat sowie die gelegentliche Kolik oder Frühlingshufrehe, so muss man sich heute immer mehr mit diffusen Stoffwechselstörungen, Erkrankungen ohne eindeutige Diagnostik und verschiedensten Befindlichkeitsstörungen auseinandersetzen. Die Pferde sind ganz offensichtlich krank, aber in der Praxis ist häufig gar nicht greifbar, woher das Problem eigentlich kommt. In dieses „Diagnostik- und Behandlungsvakuum“ drängen derzeit auch viele Tierheilpraktiker, Futterberater und Alternativtherapeuten, die mit verschiedenen Ansätzen versuchen, den Pferden zu helfen, wenn die Schulmedizin nicht mehr weiter weiß. Die Gesundheitssituation ist also momentan in sehr vielen Fällen für Pferd, Besitzer, Tierarzt und alternativen Therapeuten gleichermaßen unbefriedigend.

Bedauerlicherweise ist das Pferd wirtschaftlich nicht so im Fokus wie das Nutztier und daher auch entsprechend wenig erforscht. Die aktuelle Studienlage weist aber immer mehr darauf hin, dass wir zur Lösung des Problems „back to the roots“ gehen müssen: also zurück zur Fütterung unserer Urururgroßväter, bei denen das Pferd noch Nutztier war und dafür gesorgt hat, dass täglich Brot auf dem Tisch war. Die Forschung zeigt auch, dass beim Pferd in den reichen Industrienationen insbesondere durch Überfütterung mit leicht verdaulichen Futtermitteln in Kombination mit mangelnder Bewegung zunehmend Erkrankungen entstehen, die wir in Anlehnung an dasselbe Phänomen in der Humanmedizin unter dem Komplex „Zivilisationskrankheiten“ zusammengefasst haben.

Wir haben viele Beobachtungen aus der Praxis zusammengetragen und versucht, Erklärungen aus der Forschung am Menschen oder an anderen Tierarten zu finden und unsere Erfahrungen damit in Übereinstimmung zu bringen. Aus der Praxis sind entsprechend auch unsere Behandlungskonzepte entstanden, die größtenteils durch „Versuch und Irrtum“ entwickelt wurden, häufig aus der Not heraus, da keine fertigen Therapiekonzepte verfügbar waren. Die hier vorgestellten Maßnahmen zu Diagnostik und Therapie haben sich entsprechend in der Praxis bewährt, auch wenn wir den zugrundeliegenden Mechanismus manchmal nicht verstehen. An dieser Stelle daher ein herzliches Dankeschön an alle Besitzer der stoffwechselkranken Pferde, die diesen oft steinigen Weg der Erkenntnissuche mit uns gemeinsam gegangen sind und immer noch gehen.

Die beschriebenen Erklärungsmodelle und Lösungsansätze haben sich in der Praxis bewährt. Dennoch erhebt dieses Buch keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder wissenschaftliche Perfektion. Viele der dargestellten Mechanismen sind Arbeitshypothesen, die von uns immer wieder kritisch hinterfragt und an neue Erkenntnisse angepasst werden. Denn die Realität biologischer Systeme ist einfach so viel komplexer und spannender als jede Theorie.

Dr. Christina Fritz und Souel Maleh

Inhaltsverzeichnis

Titelei

Vorwort

Teil I Grundlagen

1 Fütterung und Haltung

1.1 Entwicklung des Pferdes

1.1.1 Die vier Urtypen des Pferdes

1.1.2 Das Pferd als Arbeitstier

1.1.3 Das Pferd als Freizeit- und Sportpartner

1.2 Artgerechte Haltung

1.2.1 Gegensätzliche Bedürfnisse von Pferd und Reiter

1.2.2 Raumbedarf von Pferden

1.3 Artgerechte Fütterung

1.3.1 Futtermittel

1.3.2 Fressen unverdaulicher Dinge

1.3.3 Beurteilung des Ernährungszustands

1.4 Angepasste Fütterung

1.4.1 Haltungsgerechte Fütterung

1.4.2 Rassegerechte Fütterung

1.4.3 Leistungsgerechte Fütterung

1.4.4 Altersgerechte Fütterung

1.5 Futterumstellung

1.6 Darmsanierung

1.6.1 Verschiedene Ansätze zur Darmsanierung

1.6.2 Durchführung der Darmsanierung

1.7 „Frühmarker“ für Stoffwechselentgleisungen

1.7.1 Leberfunktionsstörungen

1.7.2 Nierenfunktionsstörungen

1.7.3 Magen- oder Darmfunktionsstörungen

1.7.4 Immunologische Funktionsstörungen

1.8 Einflüsse auf den Stoffwechsel

2 Alternative Therapien

2.1 Medikamentöse Methoden

2.1.1 Homöopathie

2.1.2 Phytotherapie

2.1.3 Schüßlersalze

2.1.4 Bachblüten und andere Blütenessenzen

2.2 Manuelle Methoden

2.2.1 Wohlstandsbedingte Ursachen für Gesundheitsprobleme

2.2.2 Osteopathie, Kraniosakraltherapie, Chiropraktik

2.2.3 Physiotherapie

2.3 Physikalische Therapien

2.3.1 Hydrotherapie

2.3.2 Magnetfeldtherapie

2.3.3 Stoßwellentherapie

2.3.4 Vibrationstherapie

2.3.5 Lasertherapie

2.3.6 Blutegeltherapie

2.4 Energetische Methoden

2.4.1 Kinesiologie

2.4.2 Pendel, Tensor

2.4.3 Bioresonanz, Radionik

2.4.4 Akupunktur, Akupressur, Shiatsu

2.4.5 Farblichttherapie

Teil II Erkrankungen

3 Endokrine Erkrankungen

3.1 Insulinresistenz (Diabetes Typ 2, Pferdediabetes)

3.1.1 Ätiologie

3.1.2 Symptome

3.1.3 Diagnostik

3.1.4 Differenzialdiagnostik

3.1.5 Therapieansätze

3.2 Equines Cushing Syndrom

3.2.1 Ätiologie

3.2.2 Symptome

3.2.3 Diagnostik

3.2.4 Differenzialdiagnostik

3.2.5 Therapieansätze

3.3 Pseudo-Cushing

3.3.1 Ätiologie

3.3.2 Symptome

3.3.3 Diagnostik

3.3.4 Differenzialdiagnostik

3.3.5 Therapieansätze

3.4 Equines Metabolisches Syndrom

3.4.1 Ätiologie

3.4.2 Symptome

3.4.3 Diagnostik

3.4.4 Differenzialdiagnostik

3.4.5 Therapieansätze

3.5 Pseudo-EMS

3.5.1 Ätiologie

3.5.2 Symptome

3.5.3 Diagnostik

3.5.4 Differenzialdiagnostik

3.5.5 Therapieansätze

3.6 Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)

3.6.1 Ätiologie

3.6.2 Symptome

3.6.3 Diagnostik

3.6.4 Differenzialdiagnostik

3.6.5 Therapieansätze

3.7 Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)

3.7.1 Ätiologie

3.7.2 Symptome

3.7.3 Diagnostik

3.7.4 Differenzialdiagnostik

3.7.5 Therapieansätze

3.8 Nebenschilddrüsenerkrankung (Parathyreoidea)

3.8.1 Ätiologie

3.8.2 Symptome

3.8.3 Diagnostik

3.8.4 Differenzialdiagnostik

3.8.5 Therapieansätze

4 Störungen der Entgiftungsfunktionen

4.1 Kryptopyrrolurie

4.1.1 Symptome

4.1.2 Diagnostik

4.1.3 Differenzialdiagnostik

4.1.4 Therapieansätze

4.2 Leberfunktionsstörungen

4.2.1 Ätiologie

4.2.2 Symptome

4.2.3 Diagnostik

4.2.4 Differenzialdiagnostik

4.2.5 Therapieansätze

4.3 Nierenfunktionsstörungen

4.3.1 Ätiologie

4.3.2 Symptome

4.3.3 Diagnostik

4.3.4 Differenzialdiagnostik

4.3.5 Therapieansätze

5 Chronische Erkrankungen der Atemwege

5.1 Chronische obstruktive (pulmonäre) Bronchi(oli)tis

5.1.1 Ätiologie

5.1.2 Symptome

5.1.3 Diagnostik

5.1.4 Differenzialdiagnostik

5.1.5 Therapieansätze

5.2 Dämpfigkeit

5.2.1 Ätiologie

6 Magen-Darm-Erkrankungen

6.1 Erkrankung des oberen alimentären Systems

6.1.1 Maulbereich

6.1.2 Speiseröhre (Oesophagus)

6.2 Erkrankungen der Magen- und Darmschleimhäute

6.2.1 Ätiologie

6.2.2 Symptome erwachsenes Pferd

6.2.3 Symptome Fohlen

6.2.4 Diagnostik

6.2.5 Differenzialdiagnostik

6.2.6 Therapieansätze

6.3 Durchfall (Diarrhoe)

6.3.1 Ätiologie

6.3.2 Symptome

6.3.3 Diagnostik

6.3.4 Differenzialdiagnostik

6.3.5 Therapieansätze

6.4 Kotwasser („freies Wasser“)

6.4.1 Ätiologie

6.4.2 Symptome

6.4.3 Diagnostik

6.4.4 Differenzialdiagnostik

6.4.5 Therapieansätze

6.5 Kolik

6.5.1 Ätiologie

6.5.2 Symptome

6.5.3 Diagnostik

6.5.4 Differenzialdiagnostik

6.5.5 Therapieansätze

6.6 Grass Sickness

6.6.1 Ätiologie

6.6.2 Symptome

6.6.3 Diagnostik

6.6.4 Differenzialdiagnostik

6.6.5 Therapieansätze

6.7 Colitis X

6.7.1 Ätiologie

6.7.2 Symptome

6.7.3 Diagnostik

6.7.4 Differenzialdiagnostik

6.7.5 Therapieansätze

6.8 Atypische Weidemyopathie

6.8.1 Ätiologie, Symptome und Diagnostik

6.8.2 Therapieansätze

6.9 Malabsorptionssyndrom

6.9.1 Ätiologie

6.9.2 Symptome

6.9.3 Diagnostik

6.9.4 Differenzialdiagnostik

6.9.5 Therapieansätze

6.10 Parasitenbefall

6.10.1 Ätiologie

6.10.2 Symptome

6.10.3 Diagnostik

6.10.4 Differenzialdiagnostik

6.10.5 Therapieansätze

7 Allergien

7.1 Allergien der Atemwege – Pollenallergie, Schimmelsporenallergie

7.1.1 Ätiologie

7.1.2 Therapieansätze

7.2 Allergien der Haut („Sommerekzem“)

7.2.1 Ätiologie

7.2.2 Symptome

7.2.3 Diagnostik

7.2.4 Differenzialdiagnostik

7.2.5 Therapieansätze

7.3 Allergien des Verdauungstraktes („Futtermittelallergie“)

7.3.1 Ätiologie

7.3.2 Symptome

7.3.3 Diagnostik

7.3.4 Differenzialdiagnostik

7.3.5 Therapieansätze

8 Muskelerkrankungen (Myopathie)

8.1 Polysaccharid-Speicher-Myopathie

8.1.1 Ätiologie

8.1.2 Symptome

8.1.3 Diagnostik

8.1.4 Differenzialdiagnostik

8.1.5 Therapieansätze

8.2 Equine Rhabdomyelose

8.2.1 Ätiologie

8.2.2 Symptome

8.2.3 Diagnostik

8.2.4 Differenzialdiagnostik

8.2.5 Therapieansätze

9 Knochen-, Knorpel-, Bänder- und Sehnenerkrankungen

9.1 Osteochondrosis dissecans (OCD, „Chips“) und subchondrale Knochenzysten

9.1.1 Ätiologie

9.1.2 Symptome

9.1.3 Diagnostik

9.1.4 Differenzialdiagnostik

9.1.5 Therapieansätze

9.2 Arthrosen beim jungen Pferd

9.3 Erkrankungen des Fesseltrageapparats

9.3.1 Ätiologie

9.3.2 Symptome

9.3.3 Diagnostik

9.3.4 Differenzialdiagnostik

9.3.5 Therapieansätze

9.4 Gleichbeinerkrankungen

9.4.1 Ätiologie

9.4.2 Symptome

9.4.3 Diagnostik

9.4.4 Differenzialdiagnostik

9.4.5 Therapieansätze

9.5 Kissing Spines Syndrom

9.5.1 Ätiologie

9.5.2 Symptome

9.5.3 Diagnostik

9.5.4 Differenzialdiagnostik

9.5.5 Therapieansätze

9.6 Knochenmineralisierungsstörungen

9.6.1 Ätiologie

9.6.2 Symptome

9.6.3 Diagnostik

9.6.4 Differenzialdiagnostik

9.6.5 Therapieansätze

10 Huferkrankungen

10.1 Hufrehe

10.1.1 Ätiologie und Pathogenese

10.1.2 Symptome

10.1.3 Diagnostik

10.1.4 Differenzialdiagnostik

10.1.5 Therapieansätze

10.2 White Line Disease

10.2.1 Ätiologie

10.2.2 Symptome

10.2.3 Diagnostik

10.2.4 Differenzialdiagnostik

10.2.5 Therapieansätze

10.3 Podotrochlose

10.3.1 Ätiologie und Pathogenese

10.3.2 Symptome

10.3.3 Diagnostik

10.3.4 Differenzialdiagnostik

10.3.5 Therapieansätze

10.4 Hufabszesse, Strahlmilchtaschen

10.4.1 Ätiologie

10.4.2 Symptome

10.4.3 Diagnostik

10.4.4 Differenzialdiagnostik

10.4.5 Therapieansätze

10.5 Strahlfäule

10.5.1 Ätiologie

10.5.2 Symptome

10.5.3 Diagnostik

10.5.4 Differenzialdiagnostik

10.5.5 Therapieansätze

10.6 Hufkrebs

10.6.1 Ätiologie

10.6.2 Symptome

10.6.3 Diagnostik

10.6.4 Differenzialdiagnostik

10.6.5 Therapieansätze

11 Neurologische Erkrankungen

11.1 Ataxien

11.1.1 Ätiologie

11.1.2 Symptome

11.1.3 Diagnostik

11.1.4 Differenzialdiagnostik

11.1.5 Therapieansätze

11.2 Shivering

11.2.1 Ätiologie

11.2.2 Symptome

11.2.3 Diagnostik

11.2.4 Differenzialdiagnostik

11.2.5 Therapieansätze

11.3 Headshaking

11.3.1 Ätiologie

11.3.2 Symptome

11.3.3 Diagnostik

11.3.4 Differenzialdiagnostik

11.3.5 Therapieansätze

11.4 Narkolepsie

11.4.1 Ätiologie

11.4.2 Symptome

11.4.3 Diagnostik

11.4.4 Differenzialdiagnostik

11.4.5 Therapieansätze

12 Erkrankungen des Zahn- und Kauapparats

12.1 Die natürliche Funktionsweise der Pferdezähne

12.1.1 Zahnanatomie

12.1.2 Zahnwechsel

12.2 Zahnkanten

12.2.1 Ätiologie

12.2.2 Symptome

12.2.3 Diagnostik

12.2.4 Differenzialdiagnostik

12.2.5 Therapieansätze

12.3 Zahnhaken

12.3.1 Ätiologie

12.3.2 Symptome

12.3.3 Diagnostik

12.3.4 Differenzialdiagnostik

12.3.5 Therapieansätze

12.4 Zahnfrakturen

12.4.1 Ätiologie

12.4.2 Symptome

12.4.3 Diagnostik

12.4.4 Differenzialdiagnostik

12.4.5 Therapieansätze

12.5 Equine Odontoclastic Tooth Resorption and Hypercementosis (EOTRH)

12.5.1 Akute Form

12.5.2 Chronische und hyperzementotische Form

12.5.3 Ätiologie

12.5.4 Symptome

12.5.5 Diagnostik

12.5.6 Differenzialdiagnostik

12.5.7 Therapieansätze

12.6 Karies

12.6.1 Ätiologie

12.6.2 Symptome

12.6.3 Diagnostik

12.6.4 Differenzialdiagnostik

12.6.5 Therapieansätze

12.7 Malokklusion

12.7.1 Ätiologie

12.7.2 Symptome

12.7.3 Diagnostik

12.7.4 Differenzialdiagnostik

12.7.5 Therapieansätze

12.8 Kiefergelenksdysfunktion

12.8.1 Ätiologie

12.8.2 Symptome

12.8.3 Diagnostik

12.8.4 Differenzialdiagnostik

12.8.5 Therapieansätze

13 Hauterkrankungen

13.1 Ekzem

13.1.1 Ätiologie

13.2 Nesselfieber (Urtikaria)

13.2.1 Ätiologie

13.2.2 Symptome

13.2.3 Diagnostik

13.2.4 Differenzialdiagnostik

13.2.5 Therapieansätze

13.3 Warzen, Sarkoide

13.3.1 Ätiologie

13.3.2 Symptome

13.3.3 Diagnostik

13.3.4 Differenzialdiagnostik

13.3.5 Therapieansätze

13.4 Mauke, Raspe

13.4.1 Ätiologie

13.4.2 Symptome

13.4.3 Diagnostik

13.4.4 Differenzialdiagnostik

13.4.5 Therapieansätze

13.5 Pigmentverlust

13.5.1 Ätiologie

13.6 Photosensibilisierung („Sonnenbrand“)

13.6.1 Ätiologie

13.6.2 Symptome

13.6.3 Diagnostik

13.6.4 Differenzialdiagnostik

13.6.5 Therapieansätze

14 Vergiftungserscheinungen

14.1 Vergiftung durch Pflanzen

14.1.1 Jakobskreuzkraut

14.1.2 Herbstzeitlose

14.1.3 Pfaffenhütchen

14.1.4 Eibe

14.1.5 Thuja

14.1.6 Buchsbaum

14.1.7 Robinie (falsche Akazie)

14.1.8 Ahorn

14.1.9 Graukresse

14.2 Vergiftung durch Bakterien

14.2.1 Botulismus

14.2.2 Listeriose

14.3 Vergiftung durch Mineralien

14.3.1 Selen

15 Das geriatrische Pferd

15.1 Zahnprobleme

15.2 Probleme im Bewegungsapparat

15.2.1 Alternative Therapieansätze

15.3 Herz-Kreislauf-Probleme

15.3.1 Symptome

15.3.2 Diagnostik

15.3.3 Alternative Therapieansätze

15.4 Leber- und Nierenprobleme

15.5 Nährstoffdefizite

Teil III Anhang

16 Liste der Leitindikationen von Schüßlersalzen

17 Liste der Leitindikationen von Bachblüten

18 Liste der Leitindikationen genannter homöopathischer Mittel

19 Liste der Leitindikationen genannter Phytotherapeutika

20 Literaturverzeichnis

Autorenvorstellung

Anschriften

Sachverzeichnis

Impressum

Teil I Grundlagen

1 Fütterung und Haltung

2 Alternative Therapien

1 Fütterung und Haltung

Nicht nur die reiterlichen Anforderungen, sondern auch die Haltungs- und Fütterungsbedingungen der Pferde haben sich in den letzten 30 Jahren dramatisch geändert ( ▶ Abb. 1.1, ▶ Abb. 1.2). Während das Pferd früher vor allem als Arbeitstier, als Kutsch- oder Militärpferd eingesetzt wurde, ist es heute Freizeitpartner und Sportpferd. Damit hat sich nicht nur die Haltung geändert – von Anbinde- und Ständerhaltung hin zu Boxen-, Weide- und Offenstallhaltung –, sondern auch die Fütterung. Im Zuge dieser Veränderungen begegnen wir heute ganz anderen Krankheitsbildern als noch vor 30 oder 40 Jahren. Krankheiten, die auch in anderen Ländern, in denen die Pferde noch als Arbeitstiere anders gehalten und gefüttert werden, größtenteils unbekannt sind.

Abb. 1.1 Pferdehaltung heute noch in Marokko.

Abb. 1.2 Pferdehaltung heute in Deutschland.

1.1 Entwicklung des Pferdes

Das Pferd in seiner Urform ist vor ca. 55 Millionen Jahren entstanden. War es anfangs noch ein zehengängiger, kleiner Waldbewohner, der sich ähnlich wie unsere heutigen Rehe verhalten und ernährt hat, wurde es bald zu einem Steppen- und Tundrentier. Das entstehende Equus caballus passte seinen Körper den neuen Gegebenheiten an: Es reduzierte und streckte seine Zehen und wurde zum Zehenspitzengänger. Die Biomechanik wurde dahingehend optimiert, dass das Pferd stundenlang in ruhigem Tempo laufen konnte, ohne dabei viel Energie zu verbrauchen – ein überlebenswichtiger Mechanismus in seinem Lebensraum. Der Verdauungstrakt wurde auf Steppen-, Halbwüsten- und Tundrenbewuchs umgestellt. Durch die Abwanderung in verschiedene Lebensräume entstanden vermutlich vier Urformen, die wir noch heute in Ansätzen in unseren Hauspferden wiederfinden.

1.1.1 Die vier Urtypen des Pferdes

Das Urpony Es lebte in gemäßigten, hügeligen Zonen. Es war wie alle Urpferdetypen ein Raufutterfresser und ein sehr guter Futterverwerter, widerstandsfähig gegen Kälte und Nässe, aber nicht gegen große Hitze. In den vegetationsreichen Sommern konnten sich die Urponys Reserven in Form von Fett anfressen, auf die sie in schneereichen Wintern zurückgriffen. Ganz typisch für den Urpony-Typ ist der kurze Kopf mit breiter Stirn und runder Nase. Die Ohren stehen weit auseinander, die Augen sind groß und wach. Urpony-Typen neigen zu kuhhessiger Stellung der Hinterbeine und haben einen runden Körper mit dichtem Fell, üppiges Langhaar und kurze Beine mit kleinen, festen Hufen. Das Erbe dieses Typs finden wir heute noch in allen Ponyrassen und Ponymischlingen und bei allen rundrippigen Pferden und denen mit Ponykopf, die meist auch eine Neigung zur Verfettung zeigen.

Das Tundrenpony Es war in Tundren, kalten Steppen und Hochgebirgstälern heimisch. Auch der Tundrenpony-Typ ist ein sehr guter Futterverwerter und Raufutterfresser. Es ist angepasst auf trockenes, kaltes Klima. Nässe und Hitze werden nur mäßig gut vertragen. Vom Aussehen unterscheidet er sich vom Urpony vor allem durch den großen, massigen Kopf und die elchartige Schnauze, kleine Augen und einen kurzen, schweren Hals. Körper und Gliedmaßen sind kräftig mit ausgeprägtem Fesselbehang an stämmigen Beinen. Die Kruppe weist einen Spalt auf und die Hufe sind oft groß und flach. Heute finden wir die Gene des Tundrenponys bei allen Kaltblütern, bei Friesen und schweren Kleinpferden wie Isländern, Haflingern, Freibergern und Fjordpferden, geringe Anteile bei Warmblütern, die meist eine Neigung zu Lympheinlagerungen mit ausgeprägtem Halskamm und Polstern an den Flanken zeigen.

Das Ur-Steppenpferd Diese Urform war dagegen ein schwerfuttriger Typ und Körnerfresser. Die Lebensumstände in Steppen boten extrem karges Raufutter über das ganze Jahr sowie die Samenstände der Pflanzen als Nahrungsgrundlage. Durch seinen Lebensraum war es optimal an Hitze angepasst, bei kaltem Klima steigt bei diesem Typ entsprechend der (Kraft-)Futterbedarf stark an und Nässe wird sehr schlecht vertragen. Ur-Steppenpferd-Typen sind Pferde mit ausgesprochenem Laufbedürfnis und hohem Fluchttrieb. Sie zeichnen sich aus durch lange, schmale Köpfe mit Ramsnase, eng zusammenstehende, lange Ohren und einen langen, dünnen Hals. Der Rumpf sieht immer knochig und eckig aus mit der Neigung zu einem aufgezogenen Bauch, die Gliedmaßen sind lang mit flachen Hufen. Fell und Langhaar sind eher dünn ausgeprägt. Heute finden wir das Erbe des Ur-Steppenpferdes sehr stark ausgeprägt in den Achal-Tekkinern, Vollblütern und Berbern, aber auch viele andere Pferde von Warmblütern im „Blütertyp“ bis hin zu den Edelponys zeigen Anteile des Ur-Steppenpferdes. Sie nehmen grundsätzlich eher schlecht zu und können übermäßiges Futterangebot lange kompensieren.

Der Ur-Araber Dieser Urtyp entwickelt sich in steinigen Halbwüsten, also in warmen, niederschlagsarmen Gebieten. Er ist daher hervorragend an warmes und trockenes Klima angepasst, aber empfindlich gegen hohe Luftfeuchtigkeit und nasskaltes Wetter. Der Ur-Araber-Typ ist ein Körnerfresser und Verwerter von kargem Raufutter. Da er zu intensivem Kauen neigt, benötigt er lange Fresszeiten. Er ist ebenfalls ein Lauftyp, der zu Fluchtreaktionen neigt. Er zeichnet sich aus durch den trockenen, kurzen Hechtkopf mit spitzer, schmaler Nase, großen Nüstern, vorgewölbter Stirn und großen Augen. Die Ohren sind klein und an den Spitzen nach innen gerichtet. Die Gliedmaßen sind fein ausgeprägt und enden in harten, kleinen Hufen. Fell und Langhaar sind dünn und wenig ausgeprägt, er wirkt insgesamt drahtig und trocken. Wir finden ihn heute in allen „veredelten“ Pferden: Arabern, Vollblütern, Edelponys und allen anderen Reitpferden, aber auch in einigen französischen Kaltblutrassen. Auch diese Pferde sind – wie die Ur-Steppenpferde – meist schwerfuttrig und können übermäßiges Futterangebot oft sehr lange kompensieren.

Von Anfang an gab es Vermischungen zwischen den Typen in den Randgebieten ihres Vorkommens. Der Mensch hat diese Vermischung verstärkt, indem er verschiedene Typen gezielt miteinander kreuzte, um gewisse Merkmale zu festigen und andere zu verringern. So führt eine Kreuzung zwischen Urpony und Tundrenpony zu kleinwüchsigen Pferden, wie sie später in Kohlegruben eingesetzt wurden. Kreuzt man hingegen Tundrenpony und Ur-Steppenpferd, werden die Pferde deutlich größer und waren damit der Beginn der Warmblutrassen. Um die Pferde des Urpony- und Tundren-Typs leichter und „trockener“ zu machen, also dem Aufschwemmen und Verfetten entgegenzuwirken, wurden viele Rassen mit Arabern veredelt: Trakehner ebenso wie Haflinger.

1.1.2 Das Pferd als Arbeitstier

Schon früh entdeckte der Mensch den Nutzen von Pferden als Last- und Reittiere. Man geht davon aus, dass das Pferd ca. 5000 v. Chr. domestiziert und von dort an züchterisch beeinflusst wurde. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts blieben dabei die Lebensgewohnheiten der Hauspferde relativ konstant: Es wurde Wert auf gute Futterverwertung und hohe Leistungsfähigkeit gelegt. Die Pferde wurden weitgehend mit Raufutter ernährt, nur der Adel konnte sich veredelte Reitpferde mit höherem Körnerfutterbedarf leisten. Gleichzeitig mussten die Pferde große Leistungen vollbringen und waren den ganzen Tag in Bewegung: Vor der Kutsche, dem Pflug oder dem Karren oder unter dem Sattel. Mit der industriellen Revolution und der Verstädterung der Landschaft begann der Mensch, mit anderen Futtermitteln zu experimentieren, um die plötzlich in großen Mengen anfallenden Abfälle aus der Lebensmittelindustrie noch zu verwerten. Auch das Militär hatte großes Interesse an billigen und nahrhaften Futtermitteln. Hier tauchen in der Literatur die ersten Erwähnungen von fütterungsbedingten Erkrankungen auf, z.B. die Mauke bei Brauereipferden nach Schlempe-Fütterung, der Feiertagsverschlag beim Kaltblut oder das Auftreten von Hufrehe durch zu getreidelastige Fütterung. Ein weiteres Bespiel hier ist die Beschreibung der Kolikproblematik von Müllerpferden. Diese Pferde zogen den Mühlstein zum Zermahlen des Korns und wurden bei dieser Arbeit stark mit Kornstaub belastet. Dies führte zur Enterolithenbildung im Darm mit Kolikfolge. Auch fiel bei diesen Pferden als erstes die Folge der übermäßigen Kleiefütterung auf, die zu Knochenauftreibungen am Kopf führen kann, die sog. Kleie- oder ▶ Chrüschkrankheit.

1.1.3 Das Pferd als Freizeit- und Sportpartner

Vergleicht man die Entstehungsgeschichte des Pferdes mit den heutigen Haltungs- und Fütterungsbedingungen, dann fällt auf, dass sich vor allem der Faktor Bewegung und der Faktor Fütterung eklatant verändert haben ( ▶ Abb. 1.3). Die Bewegung ist nicht nur gegenüber dem Wildpferd, sondern auch gegenüber der Haltung vor 100 Jahren deutlich zurückgegangen. Pferde ziehen keine Kutschen oder Karren mehr, sie tragen keine schweren Lasten mehr und sind damit nicht mehr das Arbeitsgerät, das 12 Stunden und mehr täglich laufen muss. Die meisten Pferde verbringen etwa 23 Stunden am Tag mit Stehen oder leichter Bewegung. Während ein Wildpferd täglich teilweise 50 km und mehr auf der Futtersuche zurücklegen muss, bewegen sich Pferde in unserer Haltung nur durchschnittlich zwischen 8 und 10 km täglich auf Koppel oder Auslauf – im Winter häufig noch weniger. Gleichzeitig ist die Futterversorgung aber deutlich besser geworden: Statt harten Steppengräsern oder Tundrenbewuchs, der reich an Rohfaser, aber arm an Energie, Zucker, Fett und Eiweiß ist, bekommen die Pferde satte Weiden oder nahrhaftes, auf Nutztierhaltung ausgelegtes Heu, ergänzt durch reichliche Kraftfuttermahlzeiten sowie diverse Zusatzfuttermittel.

Abb. 1.3 Futterpyramide vor 50 Jahren und heute.

Die Pferde in der modernen Haltung leiden in den meisten Fällen unter einer Überversorgung mit schnell verfügbarer Energie durch Kraftfutter bei gleichzeitig gesunkenem Energieverbrauch durch mangelnde Bewegung. Wenig Bewegung bei gleichzeitig energiereicher Ernährung führt nicht nur beim Menschen, sondern auch beim Pferd zu Wohlstandskrankheiten. Daher sind Fütterung und Haltung die Grundlage der Therapie der hier beschriebenen Erkrankungen. Dabei richtet sich die Anfälligkeit für Erkrankungen nicht nur nach dem Futter und der Haltungsform, sondern auch nach der genetischen Abstammung des jeweiligen Pferdes. Während ein im Ur-Steppenpferd- oder Ur-Araber-Typ stehender Warmblüter eine so reichliche Fütterung bei wenig Bewegung noch sehr gut kompensieren kann, hat ein Pferd mit einer ausgesprochenen Urpony- oder Ur-Tundrenpferd-Abstammung wie ein Haflinger oder Tinker damit größte Probleme. Entsprechend muss für eine erfolgreiche Therapie auch auf diese genetischen Besonderheiten eingegangen werden. Es ist bei zivilisatorisch bedingten Erkrankungen nicht zielführend, nur medikamentös die Symptome zu unterdrücken. Nur durch eine Optimierung der Haltungs- und Fütterungsbedingungen, angepasst an die Bedürfnisse des jeweiligen Pferdes, erreicht man einen nachhaltigen Therapieerfolg. In der Nutztierpraxis ist der Begriff „Technopathie“ geprägt worden für haltungs- und fütterungsbedingte Erkrankungen. Dieser Begriff hält in jüngster Zeit berechtigterweise Einzug in die Pferdemedizin. Aufklärungsarbeit bei Pferdebesitzern und Stallbetreibern hilft, solche Technopathien zu vermeiden.

1.2 Artgerechte Haltung

Die Haltung unserer Pferde hat sich in den letzten Jahren immer mehr zur artgerechten Haltung mit freier Bewegungsmöglichkeit und Sozialkontakten gewandelt. In den 1970er-Jahren waren noch Ständerhaltung oder ausschließliche Boxenhaltung an der Tagesordnung. Heute findet man immer mehr Offen-, Lauf- oder Aktivställe mit Gruppenhaltung und Bewegungsmotivation. Auch Boxenpferde kommen heute meist tagsüber auf die Weide oder im Winter auf Paddockausläufe. Dennoch bleibt das tägliche Maß an Bewegung der Pferde weit hinter dem zurück, was ein Wildpferd zurücklegt oder ein bäuerliches Arbeitspferd noch vor 100–200 Jahren geleistet hat. Ein Wildpferd läuft während der Nahrungssuche zusammen mit seiner Herde am Tag durchschnittlich 30–40 km, in kargen Regionen noch weit mehr. Dabei ist es im Schnitt 15–16 Stunden in Bewegung. Das Pferd ist von Natur aus ein hoch soziales Bewegungstier, daran sind sein Bewegungsapparat ebenso wie sein Verdauungsapparat und sein Verhalten optimal angepasst.

1.2.1 Gegensätzliche Bedürfnisse von Pferd und Reiter

Den Bedürfnissen des Pferdes stehen in unseren Haltungsbedingungen jedoch oft die Bedürfnisse des Reiters und des Stallbetreibers entgegen. Der Reiter möchte sein Pferd schnell verfügbar haben, also nicht auf weitläufigen Koppeln sein Pferd suchen oder einfangen müssen. Die meisten Reiter schätzen es außerdem nicht, wenn sich die Pferde im Schlamm wälzen können, da sie dann vor dem Reiten erst aufwendig gesäubert werden müssen. Dabei ist dieses Verhalten für Pferde eine beliebte Maßnahme gegen lästige Insekten. Der Reiter möchte sein Pferd jederzeit nutzbar haben, daher werden oft Sozialkontakte unterbunden, damit es beim Spielen oder bei Streitigkeiten nicht zu Verletzungen kommen kann. Auch das Eindecken im Winter mit Thermodecken ist in der Regel ein Bedürfnis des Reiters und nicht des Pferdes, weil der Reiter sein Pferd nicht so lange trockenreiten möchte. Thermoregulation und natürliche Fellpflege sind so nicht mehr möglich. Der Stallbetreiber möchte Haltung und Fütterung effektiv und kostengünstig gestalten. Statt dauerhaft Raufutter anzubieten, wird daher Heu oft in 2 oder 3 Mahlzeiten gefüttert und diese Portionen sind in vielen Ställen heute immer noch zu gering ausgelegt. Die Fütterung von 5–6 kg Heu für einen ausgewachsenen Warmblüter ist leider immer noch die Regel und nicht die Ausnahme. Der Pferdebesitzer versucht dann häufig, die mangelnde Raufuttergabe durch umso mehr Kraftfutter auszugleichen. Hierfür sind aber weder Verdauungsapparat noch Stoffwechsel des Pferdes ausgelegt. Pferde aller genetischen Typen sind Raufutterverwerter und können Kraftfutter nur eingeschränkt sinnvoll nutzen. Stoffwechselbelastungen und -störungen sind hier die logische Folge.

1.2.2 Raumbedarf von Pferden

Die immer noch überwiegende Haltung der Pferde in Boxen ist – in Bezug auf die Gesundheit – immer kritisch zu betrachten. Die meisten Ställe werden den Pferden weder in der Grundfläche noch in der Raumhöhe gerecht.

Beachte

Als Faustregel gilt: Das Pferd benötigt als Abstand vom Boden zum Dach etwa die doppelte Widerristhöhe, damit genügend Luftvolumen im Raum zur Verfügung steht und zirkulieren kann.

Die meisten Ställe haben deutlich zu niedrige Deckenhöhen, was Atemwegserkrankungen Vorschub leistet. Gerade im Winter werden dann häufig auch noch Fenster und Türen geschlossen gehalten, da konstruktionsbedingt ansonsten Zugluft herrscht oder die Tränken einfrieren. Der Wechsel in einen besser belüfteten Boxenstall oder gleich einen Offenstall findet dann meist erst statt, wenn das Pferd schon chronisch erkrankt ist. Hier wäre präventive Haltungsverbesserung durch Aufklärung der Stallbetreiber und Pferdebesitzer angezeigt.

Pferde haben darüber hinaus einen großen Raumbedarf, um Stresssituationen mit anderen Pferden zu vermeiden. Die Individualdistanz, also der Abstand, den ein Pferd im Zweifelsfall vom nächsten halten möchte, liegt in der Regel bei etwa 6 Metern! Viele Offenstallanlagen, aber auch Boxenställe bieten hier zu wenig Raum für ein stressfreies Miteinander. Würde man dem Raum- und Ernährungsbedarf der Pferde gerecht, müsste man die Anzahl der Pferde in den meisten Ställen halbieren und große Flächen von Heuwiesen zu Weiden umwidmen. Das widerspricht dem wirtschaftlichen Handeln des Stallbetreibers, denn das Einstellen eines Pferdes soll ja für den Besitzer möglichst kostengünstig, aber gleichzeitig für den Stallbetreiber wirtschaftlich sein. Aus diesen Diskrepanzen heraus entstehen Haltungs- und Fütterungsfehler, die dann letztlich zu Zivilisationskrankheiten führen ( ▶ Abb. 1.4).

Abb. 1.4 Dauerstress – ob durch Turniersport, Showeinlagen oder Haltungs-/Fütterungsstress – wirkt sich immer negativ auf den Stoffwechsel und das Wohlergehen des Pferdes aus.

Richtige Trends, die unbedingt unterstützt werden sollten, sind:

Anlegen von Paddock Trails als Bewegungsmotivation

Nutzung großer Weideflächen über den ganzen Sommer und teilweise auch im Winter

Angebot von mehreren Ad-libitum-Heufütterungsstationen, die teilweise mit Heunetzen versehen sein können

Reduktion der Zufütterung mit Kraft-, Saft- und Ergänzungsfuttermitteln

Zusammenstellung von sozialen Gruppen gemäß rassetypischen und Altersbedürfnissen

1.3 Artgerechte Fütterung

Um Zivilisationskrankheiten zu behandeln und ihrer Entstehung vorzubeugen, ist es unerlässlich, die Fütterung und Haltung so weit wie möglich wieder an die natürlichen Bedürfnisse des Pferdes anzupassen. Solange diese Basis nicht stimmt, kann eine Therapie nicht nachhaltig anschlagen bzw. bewegt man sich meist nur in der Symptomtherapie.

Artgerechte Fütterung für eilige Leser

Ein Pferd artgerecht zu halten und zu ernähren ist eigentlich gar nicht so schwer. Dazu gehört möglichst viel Bewegungsanreiz über den ganzen Tag, z.B. in einer durchdachten Paddock-Trail-Haltung, nach Möglichkeit mit zusätzlichem Trainingsprogramm. Viel Bewegung ist zentral für einen gesunden Stoffwechsel, sowohl im Erhalt als auch in der Therapie.

Die Basis der Fütterung stellt eine ausreichende Menge von qualitativ einwandfreiem, strukturreichem und nährstoffarmem Heu dar. Optimal bei gesunden Pferden ist die Fütterung ad libitum (bis zur Sättigung), bei Pferden mit Stoffwechselproblemen sollte die Menge im Erhaltungsbedarf 2–3 kg Heu pro 100 kg (Ziel-)Körpergewicht betragen. Damit ist der tägliche Energiebedarf für ein Freizeitpferd mit mittlerer Arbeitsbelastung problemlos gedeckt. Dabei sollte das Raufutter immer so angeboten werden, dass die Menge über 24 Stunden verteilt aufgenommen werden kann und keine längeren Fresspausen entstehen; hierfür eignet sich das Raufutterangebot in engmaschigen Heunetzen, möglichst verteilt auf mehrere „Raufutterstationen“. Jedes Pferd einer Gruppe sollte jederzeit Zugang zum Raufutter haben können, was bei der Anzahl der Fressplätze zu beachten ist.

Dazu sollten 1–2 Kilogramm qualitativ einwandfreies und möglichst ungespritztes Stroh oder alternativ Äste von ungiftigen Bäumen zum Knabbern angeboten werden. Der Mineral- und Spurenelementebedarf kann über ein handelsübliches Mineralfutter gedeckt werden, das auch kurweise gegeben werden kann. Der regelmäßige Wechsel zwischen verschiedenen Anbietern kann Imbalancen ausgleichen. Ein Salzleckstein sowie der Zugang zu qualitativ einwandfreiem Wasser zur freien Verfügung sollten selbstverständlich sein. Im Sommer ist angemessener Weidegang auf Weiden mit Magerpflanzenbestand als positiv zu bewerten. Im Winter sollten große Ausläufe mit Raufutterangebot zur Verfügung stehen. Kraftfutter darf grundsätzlich nur strikt leistungsangepasst gefüttert werden und sollte in dem Fall aus reinem Getreide bestehen. Saftfutter wie Karotten oder Äpfel sollte nur in äußerst geringen Mengen gefüttert werden. Andere Futtermittel, insbesondere Mischfutter, müssen kritisch auf ihre Notwendigkeit und Zusammensetzung überprüft werden. Silierte Futtermittel sind grundsätzlich abzulehnen. Die Fütterung von „Spezialfällen“ wie Seniorenpferden ist in den entsprechenden Kapiteln beschrieben.

1.3.1 Futtermittel

1.3.1.1 Raufutter

Als Raufutter gelten Weide, Heu und Stroh. Als Grundlage gilt, dass die Ernährung des Pferdes überwiegend aus Raufutter bestehen muss, das möglichst nährstoffarm und stängelig und durch den damit einhergehenden hohen Rohfaseranteil langsam verdaulich ist. Dieses Raufutter muss 24 Stunden täglich zur Verfügung stehen, denn Pferde sind von Natur aus Dauerfresser und keine Mahlzeitenfresser.

Gras

Der Zugang zu Weidegras sollte dem Pflanzenzustand angepasst werden. Je jünger die Pflanzen und je mehr Gras und Klee im Vergleich zu Kräutern, desto höher der Anteil an Pektin und an leicht verfügbarer Energie in Form von Zucker und Eiweiß, desto weniger Rohfaseranteil. Dieses Gras wird von Rindern noch relativ gut verwertet, sollte aber Pferden nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. Je älter das Gras, je stängeliger der Pflanzenbestand und je weniger Grün, desto höher der Rohfaseranteil und geringer der Nährwert. Solche Weiden kommen der natürlichen Futtergrundlage des Pferdes näher und können von Pferden auch durchgehend beweidet werden. Solcher Weidegang ist die natürlichste Form der Futteraufnahme für das Pferd und kommt damit der Gesunderhaltung am meisten entgegen. Das Pferd sucht sich sein Futter am Boden und nach Bedarf (ad libitum), und es bewegt sich dabei den ganzen Tag innerhalb seines sozialen Verbands (Herde) vorwärts.

Dabei gilt, dass eingeschränkter Weidezugang – z.B. die Beschränkung auf 1 Stunde – deutlich mehr Stress bei Pferden verursacht als ein längerer oder durchgehender Weidegang und damit zu stressbedingten Stoffwechselstörungen führen kann. Diese Tatsache sollte vor allem bei Pferden mit Neigung zu stressbedingten Störungen (Magengeschwüre, Kotwasser u.a.) beachtet werden.

Darüber hinaus zeigen neuere Studien, dass kurze Weidezeiten die Darmflora erheblich mehr stören als längere Weidezeiten. Die Pferde fressen bei eingeschränktem Weidezugang hastig und nehmen in der Zeit weit mehr Gras auf, als das bei längeren Weidezeiten der Fall ist. Dieses Gras ist dann schlecht gekaut und kann zu Darmstörungen führen. Es empfiehlt sich daher, die Pferde eher lange Zeit auf kurz gefressenen Weiden zu halten und den fehlenden Bewuchs mit Zufütterung von Heu auszugleichen. Der Ausgleich durch Heu-Zufütterung ist hier wichtig, da die Pferde sonst die kurzen Graspflanzen zusammen mit der Wurzel ausreißen und fressen, was zum Eintrag von erheblichen Mengen Sand in den Darm führt und Sandkoliken verursachen kann. Auch Giftpflanzen werden erheblich häufiger aufgenommen, wenn der Grasbewuchs abgeweidet ist. Ständiges Wechseln der Weiden sorgt zwar für schnellen Graswuchs auf den geschonten Wiesen und üppige Weiden, aber wenn dann die Weidezeit eingeschränkt wird – aufgrund der nahrhaften Weide – dann erreicht man damit genau das Gegenteil des erwünschten Effekts. Eine optisch schöne, satte Weide ist nicht pferdegerecht.

Heu

Die Raufuttergabe kann auch in Form von Heu erfolgen, das ad libitum und möglichst am Boden angeboten werden sollte. Um einen gesunden Stoffwechsel zu gewährleisten, muss dieses Heu von einwandfreier Qualität und möglichst stängelig und artenreich sein. Eine Einschätzung der Heuqualität liefern Heuanalysen auf Nährstoffgehalt, Mikrobiologie und botanische Zusammensetzung. Die Investition in gute Heuqualität zahlt sich in Bezug auf die Gesundheit des Pferdes aus. Ist keine Ad-libitum-Fütterung möglich, dann sollten 2–3 kg Heu je 100 kg Körpergewicht gegeben werden und zwar in der Form, dass das Pferd über 24 Stunden freien Zugang zum Heu hat. Dazu sollten 1–2 kg Stroh in sehr guter Qualität als weitere Rohfaserquelle mit angeboten werden. Heunetze mit engen Maschen (< 3 cm) verlängern die Fresszeit bei gierigen Pferden, sodass die Versorgung mit Raufutter rund um die Uhr gewährleistet werden kann. Bei der Umstellung von Heumahlzeiten zu Heufütterung ad libitum kommt es oft vorübergehend zu gierigem Verhalten und sog. Heubäuchen. Wenn ein Pferd nach Raufutter-Mahlzeitengabe endlich einmal Heu satt bekommt, dann wird das zunächst ausgenutzt, denn es hat aus der Erfahrung gelernt, dass es wieder hungern muss, sobald das Raufutter aufgefressen ist. Es dauert einige Zeit, bis das Pferd umlernt dahingehend, dass Raufutter immer zur Verfügung steht. Dieser Prozess dauert in der Regel 2 Wochen bis 3 Monate. In dieser Zeit fressen die Pferde oft übermäßig viel Raufutter. Das reguliert sich aber bei den meisten Pferden, da sie wieder ein natürliches Hunger-/Sattgefühl entwickeln. Pferde, die dieses natürliche Hunger-/Sattgefühl nicht entwickeln, haben in der Regel erhebliche Stoffwechselentgleisungen und sollten zunächst daraufhin therapiert werden, wie in den nachfolgenden Kapiteln beschrieben. Anschließend normalisiert sich auch das Raufutter-Fressverhalten.

Haben Pferde ständig freien Zugang zu Raufutter, dann fressen sie durchschnittlich etwa 19–29 g Heu pro kg Körpergewicht. Das entspricht bei einem 500 kg schweren Pferd 9,5–14,5 kg Heu, also 2–3 kg Heu je 100 kg Körpergewicht. Die Aufnahme schwankt dabei mit dem Nährstoffgehalt des Heus: Je reichhaltiger das Heu an leicht verfügbaren Nährstoffen ist, desto weniger wird gefressen.

Übermäßige Raufutteraufnahme

Übermäßige Aufnahme von Raufutter kann bei Verfettung beobachtet werden. Fettgewebe gibt ein Hormon namens Leptin ab, welches das Hungergefühl unterdrückt. In dem Moment, in welchem also mehr Energie aufgenommen als verbraucht wird, kommt es zum Aufbau von Fett und damit zu einem Stopp der weiteren Energieaufnahme. Je größer die Fettpolster werden, umso mehr Leptin zirkuliert und das Pferd entwickelt eine Leptin-Resistenz. Damit fällt die Hungerbremse weg und diese Pferde nehmen übermäßig viel Raufutter auf. Bei diesen Pferden muss über engmaschige Heunetze und vermehrte Bewegung, vor allem Intervalltraining, der Fettabbau angeregt werden. Sobald die Pferde die Fettreserven abbauen, reguliert sich die Leptin-Resistenz und diese Pferde entwickeln wieder ein gesundes Hunger-/Sattgefühl. Auch eine bestehende Insulinresistenz kann den natürlichen Fressrhythmus stören. In diesem Fall besteht zwar eine ausreichende Energieversorgung und ein hoher Blutzucker, aber dieser Blutzucker kann von Muskeln und Leberzellen nicht ausreichend aufgenommen und verwertet werden. Durch den faktischen Energiemangel in den Zellen wird wiederum ein Hungergefühl ausgelöst. Die Pferde fressen übermäßig, was die Insulinresistenz unterhält. Hier muss ebenfalls das Heu über engmaschige Heunetze angeboten werden und gleichzeitig die ▶ Insulinsensitivität wieder hergestellt werden. Ist das erfolgt, reguliert sich auch hier das Raufutter-Aufnahmeverhalten. Auch Pferde mit Kryptopyrrolurie (KPU) neigen oft zu dieser übermäßigen Aufnahme von Raufutter sowie zu Auffälligkeiten im Fressverhalten wie Kot- oder Sandfressen oder sie stürzen sich gierig auf Mineral- oder Salzlecksteine. Offenbar versuchen sie dadurch, den Stoffwechsel wieder aus den Mangelbereichen hinauszubringen, denn nach der Therapie verschwinden diese Verhaltensweisen.

1.3.1.2 Kraftfutter

Als Kraftfutter bieten sich die klassischen Getreide Hafer und Gerste an.

Hafer kann als ganzes Korn gefüttert werden. Er ist weich und kann gut gekaut werden. Wird Hafer gequetscht, sollte er sofort verfüttert werden, weil er schon nach 1–2 Tagen ranzig ist. Ranzige Öle sind unverträglich für Pferde. Hafer ist ein hervorragendes Kraftfutter für Warm- und Vollblüter: Pferde, die im Ur-Steppenpferde-Typus stehen. Er wird aber von einigen Robustrassen, Barockpferden, Arabern und Kaltblütern unsauber verstoffwechselt. Bei allen Pferden, die genetisch einen hohen Anteil des Ur-Pony-Typs, Ur-Tundrenpferdes oder Ur-Arabers tragen, sollte Hafer nur mit großer Vorsicht gegeben oder auf Gerste ausgewichen werden.

Gerste darf nicht als ganzes Korn, sondern nur gequetscht gefüttert werden. Es ist ein hartes Korn, das ungern zerkaut wird. Gelangen ganze Gerstenkörner in den Dünndarm, können sie Krampfkoliken oder Hufrehe auslösen. Da Gerstenstärke langsam verdaut wird, sollte sie nur in kleinen Portionen bis maximal 0,5 Liter pro Mahlzeit gegeben werden. Werden pro Mahlzeit zu große Mengen an gequetschter Gerste gefüttert, dann wird die Gerstenstärke im Dünndarm unvollständig abgebaut und gelangt in den Dickdarm. Dies kann zu Hufrehe führen.

Praxistipp

Kraftfutter sollte immer so dargereicht werden, dass es möglichst langsam gefressen wird. Das führt zu gründlicherem Kauen, besserer Speichelbildung und damit auch besserer Verwertung.

Kraftfutter über das Heu gestreut oder mit 2–3 großen Steinen in der Futterkrippe oder dem Futtereimer dargereicht, sorgt für eine langsame Aufnahme und gründliche Verwertung. Gleichzeitig vermindert es das Risiko für Schlundverstopfung bei gierigen Pferden.

Vorsicht

Kraftfutter soll und darf nur strikt der Leistung angepasst gefüttert werden. Die meisten Pferde in unseren heutigen Haltungsbedingungen haben schon bei reiner Raufutter-Fütterung einen Energieüberschuss durch die Fütterung und einen Mangel an Energieverbrauch durch fehlende Bewegung.

Der zusätzliche Energiebedarf über das Raufutter hinaus richtet sich aber nicht nur nach der geforderten Arbeitsleistung, sondern auch nach der genetischen Prädisposition. Ein Pferd, das im Urpony- oder Ur-Tundrenpferd-Typ steht, wird sein Raufutter effektiver verwerten und weniger Kraftfutterbedarf haben als ein Pferd, das im Ur-Steppenpferde- oder Ur-Araber-Typ steht. Letztere haben in der Regel auch im Winter bei Kaltstallhaltung einen höheren Bedarf an schneller Energie, da sie weniger Winterfell bilden. Hier muss die Fütterung entsprechend individuell angepasst werden an Pferdetyp und Bedarf.

1.3.1.3 Saftfutter

Saftfuttermittel wie Karotten oder Äpfel können als Belohnung oder Abwechslung auf dem Speiseplan gelegentlich angeboten werden. Hier gilt: 2–3 Karotten pro Tag oder alternativ 1–2 Äpfel pro Tag maximal. Was darüber hinausgeht, beginnt bereits die Darmflora empfindlich zu stören. Der Stoffwechsel des Pferdes ist auf die langsame und gründliche Verwertung von Rohfaser ausgelegt, nicht von leicht verfügbaren Nährstoffen oder Pektinen.

1.3.1.4 Mineralfutter

Ergänzt werden sollte die Futterration durch einen Salzleckstein zur freien Verfügung und das regelmäßige Angebot von Mineralfutter, um den Mineral- und Spurenelementebedarf sicherzustellen. Die Mineralienversorgung des Pferdes schwankt stark mit dem angebotenen Raufutter. Um Mangelerscheinungen vorzubeugen, sollten daher Mineralfutter regelmäßig kurweise nach Herstellerangabe angeboten werden. Im Stoffwechsel des Pferdes werden in diesen Zeiten die Mineralspeicher aufgefüllt. Bei Bedarf wird dann in den Zwischenphasen das Mineral aus den Speichern ausgelagert und verwendet bis zur nächsten Auffüll-Phase. Das entspricht dem Mineral-Aufnahmeverhalten von Wildpferden, die phasenweise gezielt Plätze aufsuchen, an denen sie Erdboden fressen. An diesen Plätzen ist laut Untersuchungen die Erde besonders angereichert mit Mineralstoffen und Spurenelementen.

Auch bei Mineralfutter gilt, dass die meisten Pferde in unseren heutigen Haltungsbedingungen eher über- als unterversorgt sind. Die Zufütterung von Vitaminen ist bei den meisten Pferden nicht notwendig. Ein artgerecht gehaltenes Pferd, das im Sommer Zugang zu Weideland oder frischem Grünschnitt hat und im Winter Heu guter Qualität bekommt, hat darüber hinaus keinen Vitaminbedarf. Auch wenn bekannt ist, dass bestimmte Vitamine Einfluss auf bestimmte Stoffwechselfunktionen haben, gilt noch lange nicht, dass die prophylaktische Zufütterung solcher Vitamine automatisch eine Erkrankung vermeidet. Dies ist ein Trugschluss, welcher sich hartnäckig beim westlichen Verbraucher hält.

1.3.2 Fressen unverdaulicher Dinge

Beachte

Verhaltensauffälligkeiten wie Sandfressen, Holzfressen, Kotfressen oder Leerkauen weisen auf massive Fütterungs- und/oder Haltungsfehler hin.

Sandfressen kann ein Hinweis sein auf Mineral- oder Spurenelement-Defizite oder Hunger auf dem Sandauslauf ohne Raufutterangebot.

Fressen die Pferde in erhöhtem Maß Holz, kann das ein Hinweis auf mangelnden Lignin-Gehalt im Grundfutter sein. Hier kann durch die Gabe von Stroh oder Ästen Abhilfe geschaffen werden. Die Heuqualität sollte überprüft und an die Bedürfnisse des Pferdes angepasst werden.

Kotfressen kann ein Hinweis auf eine massiv gestörte Darmflora sein und den Versuch, diese durch Aufnahme von Kot gesünderer Tiere wieder aufzubauen. Kotfressen beobachtet man aber auch bei Haltung mit mangelnder Raufuttergabe, hier wird der Kot aus Hunger gefressen. Kotfressen kann auch ein Hinweis auf Spurenelement-Defizite sein.

Leerkauen ist ein Indiz für Magengeschwüre und hängt häufig auch mit mangelnder Raufuttergabe, zu hohen Kraftfuttermengen und/oder schlechter Futterqualität zusammen.

1.3.3 Beurteilung des Ernährungszustands

Ein großer Diskussionspunkt bei der Fütterung ist immer wieder der Ernährungszustand des Pferdes. Was dem Einen zu dick, ist dem Anderen schon zu dünn. Hier hat sich in den letzten Jahren – ebenso wie beim Hund – eine Verschiebung der Wahrnehmung eingeschlichen. Da die meisten Pferde in unseren Haltungsbedingungen übergewichtig sind, wird das mittlerweile als „normal“ angesehen, während ein normalgewichtiges Pferd oft schon als „zu dünn“ bezeichnet wird. Diese Fehlwahrnehmung findet man nicht nur beim Freizeitreiter, sondern bei allen, die mit Pferden zu tun haben, vom Tierarzt bis zum Turnierrichter.

Untersuchungen zeigen, dass insbesondere dann Pferde falsch eingeschätzt werden, wenn der überwiegende Teil der Pferde in einem Bestand über- oder untergewichtig ist. Der Pferdehalter versucht also, das Gewicht seines Pferdes an die Gruppe anzupassen, wobei häufig genug rassetypische Unterschiede ignoriert werden. Auch Probleme mit dem eigenen Körpergewicht führen bei vielen Besitzer(inne)n zu Fehlwahrnehmungen der Figur ihres Pferdes. Darüber hinaus versucht jeder Reiter, sein Pferd über das Jahr hinweg auf dem perfekten Idealmaß zu halten. Im natürlichen Zustand nehmen Pferde aber während der Weidesaison zu und über den Winter wieder ab. Es ist also als normal anzusehen, wenn das Pferd mit leichtem Übergewicht aus der Weidesaison kommt und mit leichtem Untergewicht aus dem Winter. Auch muss dem Pferdehalter klar gemacht werden, dass Muskeln beim Pferd nicht durch Fütterung entstehen, sondern nur durch regelmäßige, korrekte Arbeit. Durch Fütterung können allenfalls Fetteinlagerungen oder Lympheinlagerungen erzeugt werden, die zwar optisch das „Idealmaß“ entstehen lassen, aber weder mit Gesundheit noch mit Leistungsfähigkeit des Pferdes zu tun haben. Pferde mit schlechter Oberlinie und dem berüchtigten „Heubauch“ werden in der Regel zu wenig oder falsch gearbeitet und haben gleichzeitig einen trägen Darm, der zu Futterretention und/oder Aufgasung neigt. Hier einen muskulösen Rücken „hinfüttern“ zu wollen, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Praxistipp

Ein Pferd ist dann als normalgewichtig anzusehen, wenn man im geraden Zustand die Rippen nicht sehen, aber leicht tasten kann. Biegt man das Pferd, sollten auf der konvexen Seite die Rippen gut sichtbar sein. Die Hüfthöcker sollten leicht zu tasten sein, aber nicht deutlich herausstehen.

Hals, Rücken und Kruppe variieren sehr stark je nach Rassezugehörigkeit und Geschlecht, daher sind sie ein schlechter Hinweis auf den Ernährungszustand. So wird ein Pferd mit Kaltblutanteil immer eine ausgeprägte Kruppenmuskulatur haben, während sie bei einem Vollblüter auch in bestem Ernährungszustand „eckig“ aussieht. Ein spanischer Hengst wird im mageren Zustand immer noch einen Halskamm haben, während die Araberstute erst im totalen Verfettungszustand einen Halskamm ausbildet.

1.4 Angepasste Fütterung

1.4.1 Haltungsgerechte Fütterung

Bei der Fütterung muss nicht nur auf das grundsätzliche Verhältnis von Rohfaser zu Energie geachtet werden. Auch die Haltungsform spielt eine Rolle. Natürlicherweise nehmen Pferde im Sommer während der Weidesaison an Fett zu, sodass sie mit einem sichtbaren Übergewicht in die Zeit der geschlossenen Weiden gehen. Pferde des Urpony- oder Ur-Tundrenpferd-Typs nehmen dabei mehr und schneller zu als solche des Ur-Steppenpferd- oder Ur-Araber-Typs. Dieses Gewicht verlieren sie unter normalen Umständen wieder während der „mageren“ Wintermonate, sodass Pferde üblicherweise etwas rippig aus dem Frühlingsfellwechsel kommen. Eine gewisse Schwankung in Aussehen und Gewicht im Zuge der Jahreszeiten ist also normal. Werden die Pferde dabei in der kalten Jahreszeit in Höhenlagen gehalten, in Ställen mit Außentemperatur (Kaltstallhaltung) oder Offenställen mit viel Bewegungsmotivation (z.B. Paddock Trail), so wird mehr Energie zur Wärmeerzeugung benötigt. Hier sollte der Reiter aber nicht von seinem Kälteempfinden auf das Pferd schließen. Für Pferde liegt die thermoneutrale Zone, also der Temperaturbereich, in dem keine zusätzliche Energie für Wärmegewinnung verbraucht wird, im Bereich zwischen –15 °C und +25 °C.

Pferde in Boxenställen oder geschlossenen Laufställen, deren Temperatur in der Regel auch im Winter kaum unter 0 °C geht, benötigen deutlich weniger Energie zur Regulation des Wärmehaushalts. Der größte Wärmeproduzent des Pferdes ist der Fermentationsprozess des Raufutters im Dickdarm. Erst wenn Ad-libitum-Heufütterung nicht mehr ausreicht, muss über zusätzliche Energiequellen, optimal eiweißreiche Leguminosen wie Esparsette oder Luzerne, nachgedacht werden. Wie viel zusätzliche Energie das Pferd benötigt, kann individuell unterschiedlich sein und ist natürlich auch wieder abhängig von der genetischen Prädisposition und der Raufutterqualität. So bilden Robustpferde grundsätzlich mehr Winterfell und damit eine bessere Wärmeisolierung als Pferde, die eher im Blütertyp stehen. Letztere haben bei Kaltstallhaltung einen höheren Wärmeverlust und damit einen weit höheren Energieverbrauch, der manchmal nur durch eine Thermodecke reguliert werden kann, um Muskelzittern zu vermeiden. Ein reichhaltiges Heu aus niedrigen Lagen (Täler, Flachland) liefert dabei mehr Energie als ein mageres, überständiges Heu oder Heu von Bergwiesen. Dazu ist die Raufutterverwertung bei Robustpferden tendenziell effektiver als bei Blüterpferden. Dabei hängt die Verwertbarkeit des Raufutters natürlich auch vom Zustand der Darmflora ab. Ein Pony mit einer stark gestörten Darmflora wird trotz Ad-libitum-Fütterung mit gutem Heu große Probleme haben, mit einem vernünftigen Körpergewicht durch den Winter zu kommen. Hingegen wird ein Warmblüter mit einer gesunden Darmflora und einer guten Heuqualität auch bei Kaltstallhaltung über den Winter nur wenig an Gewicht verlieren. Zusätzliche Probleme in der Fütterung bringt die Verwendung von Thermodecken, vor allem wenn die Pferde darunter geschoren sind. In dem Fall ist keine natürliche Thermoregulation mehr möglich und die Fütterung muss über den ganzen Winter immer wieder überprüft und den Temperaturschwankungen angepasst werden.

1.4.2 Rassegerechte Fütterung

Pferde wurden vom Menschen schon immer für bestimmte Verwendung gezüchtet und selektiert, was zu der heutigen Vielfalt an Pferderassen geführt hat. Erst seit neuer Zeit werden Pferde auf Schönheit und nicht mehr auf Leistung gezüchtet – mit einigen Ausnahmen z.B. in der Vollblutzucht. Die Zucht auf Schönheit führt zu einer neuen Verschiebung der Grundtypen, vor allem wenn sehr unterschiedliche Typen wie Araber und Haflinger miteinander gekreuzt werden. Man erhält in diesen Fällen meist eine Mischung aus beiden Rassen in einer charakterlich und physisch unglücklichen Kombination und die Haltung und Fütterung wird umso komplizierter.

Um zu verstehen, wie man welches Pferd ernährt, muss man immer zuerst bestimmen, in welchem Grundtypus das Pferd steht: Urpony, Ur-Tundrenpferd, Ur-Steppenpferd oder Ur-Araber. Natürlich gibt es heute kaum noch Pferde, die nur Merkmale eines einzigen Typs aufweisen. Durch die Zuchtselektion des Menschen sind verschiedene Mischtypen entstanden. Dennoch haben sich die Grundtypen über Jahrmillionen in unterschiedlichen Regionen entwickelt und an die klimatischen Bedingungen sowie das Futterangebot angepasst. Dieses evolutionäre Programm besteht auch noch heute und kann nicht durch 50 Jahre „moderne Reitpferdezucht“ ausgemerzt werden.

Urpony-Typ Diese Pferde haben sich in Landschaften mit gemäßigtem Klima, regelmäßigen Niederschlägen und relativ üppiger Vegetation bei langer Vegetationsperiode entwickelt. Sie sind die typischen Vertreter mitteleuropäischer Landschaften. Auf dem Speiseplan standen hoch wachsende Gras- und Kräuterwiesen ebenso wie Büsche und junge Bäume, von denen Blätter und Zweige gefressen wurden. Durch die Niederschläge wuchs das Gras dort, wo es abgefressen wurde, über die gesamte Sommerperiode immer wieder nach. Nicht abgefressene Wiesen wurden überreif und verholzten. Sie bildeten zusammen mit Baumrinde die Ernährungsgrundlage für den Winter. Diese Pferde konnten also über den Sommer gut an Gewicht zulegen und griffen im Winter auf diese Reserven zurück, wenn dicke Schneeschichten die vertrockneten Wiesenreste des Sommers als Nahrungsangebot schwer zugänglich machten. Diese Fähigkeit beobachtet man noch heute bei den meisten Ponyrassen. Es sind Pferde, die besonders oft zu Verfettung und in Folge oft zu Metabolischem Syndrom neigen, dazu finden sich weitere Informationen in den Kapiteln ▶ EMS und ▶ Insulinresistenz.

Praxistipp

Die Fütterung von Pferden im Urpony-Typ sollte aus mageren, überständigen Weiden im Sommer und nährstoffarmem Heu und Stroh im Winter bestehen. Getreide sollte – ebenso wie Karotten, Äpfel oder andere Lieferanten von schnellem Zucker – nicht auf dem Speiseplan stehen.

Ur-Tundrenpferde Pferde dieses Typs lebten in Regionen, in denen sich noch heute die Elche zu Hause fühlen: weite Ebenen, über die im Winter der Schneesturm pfeift, mit magerem, verholztem Gras und dürren Flechten. Im kurzen Frühling taute der Boden und wurde sumpfig, die Pferde flohen vermutlich vor den Mückenplagen in gletscherfreie Hochgebirgstäler. Hier aber war die Vegetation vergleichbar mit unseren heutigen Hochalmen, also ebenfalls karg, aber kräuterreich. Um genügend Futter zu finden, zogen sie in kleinen Gruppen umher. Man findet solche klimatischen Bedingungen heute noch in Teilen Skandinaviens oder auf Island. Pferde im Ur-Tundrenpferde-Typ sind genauso wie Urpony-Typen genügsame Raufutterfresser, die ein kräuter- und mineralstoffreiches Raufutter bevorzugen. Bei Futterüberangebot neigen sie weniger zu Verfettung, sondern vielmehr zu Aufschwemmungen durch Lympheinlagerungen im Unterhautbindegewebe wie bei ▶ Pseudo-EMS. Typische Vertreter sind Tinker, Friesen, aber auch Isländer und viele Kaltblüter.

Praxistipp

Pferde im Ur-Tundrenpferd-Typ sollten im Sommer auf überständigen Weiden und im Winter mit möglichst kräuterreichem, mageren Heu sowie mit Stroh gefüttert werden. Diese Pferde reagieren besonders empfindlich auf schnell verfügbare Kohlenhydrate, wie sie aus Getreide, Früchten, Zuckerrüben etc. stammen. Gleichzeitig haben sie oft einen erhöhten Bedarf an Mineralstoffen und Spurenelementen, daher sollte man regelmäßig neben dem Mineralfutter auch Seealgen anbieten.

Ur-Steppenpferd Unter ganz anderen klimatischen und Ernährungsbedingungen hat sich das Ur-Steppenpferd entwickelt. Steppenlandschaften sind meist ganzjährig warm, im Sommer trocken mit regnerischen Wintermonaten. Im Winter kommt es zum Keimen und Wachstum der Pflanzen, die Vegetationsperiode ist aber kurz, die Gräser müssen schnell widerstandsfähige Samen bilden, die auf den Boden fallen und im nächsten Winter auskeimen. Durch das schnelle Verdorren der Gräser aufgrund von Wassermangel hatten die Ur-Steppenpferde also nicht das ganze Jahr über mehr oder weniger Grünland, sondern nur eine kurze, reichhaltige Grünfutterperiode mit einer langen Phase von „Heu und Stroh am Stiel“ zusätzlich zu den nährstoffreichen Pflanzensamen. Dazwischen wuchsen tief wurzelnde Büsche, die das ganze Jahr über mehr oder weniger mit Wasser versorgt waren und teilweise in ihren Wurzeln Wasser speichern. Diese Wurzeln wurden von den Pferden ebenso ausgegraben wie die Büsche abgefressen, soweit das die Dornen zuließen. Die klimatischen Bedingungen von Steppenlandschaften finden wir heute noch im Mittelmeerraum, daher stehen Pferde aus Spanien und Portugal ebenso wie aus Italien vom Stoffwechsel her meist stark im Ur-Steppenpferd-Typ, aber auch viele Warm- und Vollblüter tragen dieses Erbe. Sie benötigen ein Grundfutter aus sehr magerem Heu und viel Stroh, kombiniert mit streng leistungsangepassten Getreidegaben. Eiweiß- und ölhaltige Samen werden dabei oft besser vertragen als stärkereiche Sorten. Bei zu reichhaltigem Futterangebot, insbesondere in Kombination mit zu wenig Bewegung, neigen sie zu einer Mischform aus Verfettung und Lympheinlagerung. EMS, Pseudo-EMS und Insulinresistenz sind hier bei mitteleuropäischen Haltungsbedingungen weit verbreitet. Voll- und Warmblüter kompensieren dabei Fütterungsfehler deutlich länger als z.B. Spanier.

Praxistipp

Die Fütterung von Pferden im Ur-Steppenpferde-Typ sollte aus reichlich magerem Heu und Stroh bestehen. Insbesondere spanische Rassen haben einen deutlich höheren Bedarf an Lignin als andere Pferderassen, um ihre Peristaltik zu regulieren. Abhängig von der Arbeitsleistung kann diese magere Grundration mit etwas Getreide aufgewertet werden. Pektinhaltige Futtermittel gehören hier nicht auf den Speiseplan, dafür werden gerne Zweige als Knabberbeschäftigung genommen, und dem erhöhten Bewegungsbedarf muss Rechnung getragen werden, z.B. durch Paddock-Trail-Anlagen.

Ur-Araber Den magersten Futterbedingungen hat sich der Ur-Araber angepasst. Er entwickelte sich in Steinwüsten und Halbwüsten, in denen sich große versandete oder steinige Flächen mit kleinen Vegetationsregionen abwechseln. Während es in Steppenregionen im Winter regelmäßig regnet, bleibt der Regen in den wüstenähnlichen Regionen oft jahrelang aus. Lediglich in Flusstälern und rund um Oasen gibt es üppiges Grün, ebenso wie nach den seltenen Regenfällen. Die Pflanzen reifen hier sehr schnell, da sie wenige Wochen nach dem Regen meist schon wieder vertrocknen. Samen und Früchte sind also kurzzeitig im Übermaß vorhanden, um dann wieder für lange Zeit zu verschwinden. Die Pflanzen, die in den Trockenperioden stehen bleiben, sind hart, faserreich und nährstoffarm und oft mit Dornen bewehrt. Wurzeln mussten ebenso ausgegraben wie harte Samenkörper gekaut werden.

Praxistipp

Für Pferde im Ur-Araber-Typ ist am besten ein wechselndes Futterangebot aus einer kurzen Periode mit sehr reichhaltigem Weidegras und ansonsten Heu und Stroh geeignet, gerne auch zwischendurch Karotten, Äpfel oder Getreide. Sie kommen mit einer nährstoffreichen Heuqualität in der Regel gut zurecht, benötigen aber einen Anteil Stroh oder Äste als Holzfaserquelle. Getreide wird – leistungsangepasst gefüttert – relativ gut vertragen und auch Karotten oder Äpfel können gelegentlich gefüttert werden.

Diese Pferde sehen aber auch bei guter Versorgung immer etwas rippig aus. Es sind die Pferde, die bei unseren Haltungsbedingungen oft sehr lange Fütterungsfehler kompensieren, bevor es dann – und oft final – zu Erkrankungen wie Hufrehe kommt. Typische Vertreter heute sind Vollblüter und Araber, auch veredelte Pferde und Ponys wie das Deutsche Warmblut, das Deutsche Reitpony oder sogar das American Miniature Horse.

Getreidefütterung Besondere Vorsicht ist grundsätzlich bei allen Pferden bei der Fütterung von thermisch aufgeschlossenem (geflockt, getoastet, gepoppt, extrudiert) Getreide geboten, vor allem weil dieses den Blutzuckerspiegel noch wesentlich schneller ansteigen lässt als ganzes oder gequetschtes Getreide. Ganzer oder gequetschter Hafer wird schneller aufgeschlossen und geht schneller als Zucker ins Blut als gequetschte Gerste. Dabei sollte beachtet werden, dass die meisten Robust-, Barock- und Kaltblutpferde ebenso wie viele Araber Hafer nur schlecht verstoffwechseln. Hier kann man Quetschgerste als Getreideergänzung passend zur Arbeitsleitung anbieten, während Warmblüter und Vollblüter Hafer im Allgemeinen gut vertragen.

Anpassungsfähigkeit des Pferdes Während der Grundstoffwechsel bei den Pferden in der Regel genetisch determiniert ist, hat das Pferd gleichzeitig eine hohe Anpassungsfähigkeit an seine Umgebung in Bezug auf Hufe und Zähne. Ein Camarguepferd, das exportiert wird, passt seine Hufform innerhalb von 6–12 Monaten an die neuen Bodenverhältnisse an. Aus dem flachen, breiten, für Sumpfgelände geeigneten Huf wird ein schmaler, höherer Huf, der für harten Boden optimiert ist. Auch die Oberflächenstruktur der Zähne passt sich an das Futterangebot an und zwar innerhalb von einer einzigen Generation. Ursächlich hierfür sind die Phytolithe: kleine, kristallähnliche Strukturen in den Pflanzen, die einen direkten Einfluss auf die Oberflächenabnutzung der Pferdezähne haben. Innerhalb einer Generation kann sich das Pferd also an „härteres“ oder „weicheres“ Raufutter anpassen. Gleichzeitig behält es aber seine genetisch prädisponierenden Stoffwechselfaktoren. So bleibt auch ein Andalusier in zweiter oder dritter Generation in Deutschland immer noch deutlich anfälliger für einen hohen Zuckergehalt in der Fütterung als ein deutscher Warmblüter ( ▶ Abb. 1.5).

Abb. 1.5 Blutzuckerregulation bei Sport- und Freizeitpferden.

1.4.3 Leistungsgerechte Fütterung

Der Erhaltungsbedarf wird beim Pferd grundsätzlich durch das Raufutter gedeckt, sofern der Darm normal arbeitet und die Darmsymbionten die Rohfaser aufschließen können. Der zusätzliche Energiebedarf, der durch Arbeit entsteht, kann durch schnell verfügbare Energie in Form von Getreide (Kraftfutter) gedeckt werden. Um den tatsächlichen Energiebedarf zu ermitteln, ist es hilfreich, wenn Reiter über mehrere Wochen ein Trainingstagebuch führen und die Kraftfuttergabe entsprechend daran angepasst wird. Grundsätzlich überschätzen Pferdebesitzer ihre reiterliche Leistung und damit den Energieverbrauch ( ▶ Tab. 1.1 ) und unterschätzen gleichzeitig den Energiegehalt der gegebenen Futtermittel ( ▶ Tab. 1.2 ).

Tab. 1.1 

Bedarf an verdaulicher Energie beim Pferd (Werte nach

▶ [161]

).

Körpergewicht

200 kg

400 kg

600 kg

Grundbedarf pro Tag(MJ verdauliche Energie)

35

58

79

zusätzlicher Energiebedarf bei:

1 Stunde Schritt

0,4

0,8

1,3

1 Stunde Trab mit etwas Galopp

4,2

8,4

12,5

1 Stunde schnellem Trab mit Galopp und einigen Trainingssprüngen

10,5

20,9

31

Galopp mit schnellem Galopp und Sprüngen

25

50

75

schwerer Anstrengung wie Polo, Galopprennen, Jagden

42

85

127

Distanzritt (100 km in 10–11 Stunden)

43,5

87

130,5

Tab. 1.2 

Durchschnittliche Energiegehalte verschiedener Futtermittel (Werte nach

▶ [145]

).

Futtermittel

Verdauliche Energie (MJ) je kg ursprüngliche Substanz

Wiese/Grünschnitt

1,8–2,3

Heu

7,1–9,4

Stroh

4,8–5,9

Gerste

12,8

Hafer

11,5

Bei der Fütterung von 12 kg Heu mit einem durchschnittlichen Gehalt von 8,25 MJ verdaulicher Energie ist also mit etwa 99 MJ der tägliche Energiebedarf eines ambitioniert gerittenen Warmblüters im Freizeitbereich (79 MJ Erhaltungsbedarf zzgl. 12,5 MJ für 60 min Reitstunde) bereits gedeckt. Ein Pferd, das einmal im Herbst eine Jagd mitgeht, muss nicht monatelang wie ein Hochleistungssportpferd gefüttert werden. Nur wenn die Arbeitsleistung des Pferdes regelmäßig und deutlich auf erhöhtem Niveau liegt, ist die Fütterung von Kraftfutter angezeigt. Es sollte jedoch auch hier immer zuerst die Raufuttermenge gesteigert werden, bis die Aufnahmekapazität des Pferdes erreicht ist. Diese liegt bei etwa 25 kg Heu pro Tag, das also etwa 206,25 MJ liefert, ausreichend auch für ambitionierte Sportpferde. Erst wenn trotz Ad-libitum-Raufuttergabe die Energieversorgung nicht ausreicht, sollte Kraftfutter zugegeben werden. Dabei gilt, dass Pferde bei Steigerung der Leistungsanforderung zuerst die Ausbeute aus Rohfaser steigern, dann auf verzweigte Aminosäuren zurückgreifen und erst zum Schluss auf Fettsäuren.

1.4.4 Altersgerechte Fütterung

Pferde haben nicht nur entsprechend ihrer genetischen Prädisposition unterschiedliche Nährstoffbedürfnisse. Auch im Lauf der individuellen Entwicklung verändert sich der Bedarf, nicht nur mit der Nutzung ( ▶ Tab. 1.3 ). Jungpferde haben das stärkste Körperwachstum im Alter bis zu 24 Monaten, danach verlangsamt sich die Wachstumsrate, bis sie mit etwa 6 Jahren ausgewachsen sind. Bis etwa 8 Jahre legen Reitpferde in der Regel nochmal an Muskelmasse zu, dann sind sie im Erhaltungsbedarf. In Zeiten des Wachstums besteht natürlich ein höherer Bedarf an Energie, Eiweiß und Fetten als bei einem adulten Pferd. Auch eine Zuchtstute hat andere Nährstoffbedürfnisse, insbesondere wenn sie tragend ist mit Fohlen bei Fuß. Beim alten Pferd kommen dann die Zahnprobleme dazu, die eine effiziente Raufutterverwertung behindern. Auf solche Besonderheiten sollte in der Fütterung und auch in der Haltung Rücksicht genommen werden.

Tab. 1.3 

Bedarf an verdaulicher Energie in MJ und Protein eines Pferdes mit 500 kg Körpergewicht (Werte nach

▶ [145]

).

Lebensphase

Energiebedarf MJ

Proteinbedarf g

ausgewachsenes Pferd, Erhaltungsbedarf

64–80

320–400

laktierende Stute in den ersten 3 Monaten nach Geburt

118–124

1115–1040

laktierende Stute in den 3 Monaten vor dem Absetzen

104

775

Absetzer 3–6 Monate

63

580

Jährling 7–12 Monate

66

540

Jährling 13–18 Monate

68

485

Zweijähriger 19–24 Monate

70

445

Dreijähriger 25–36 Monate

74

415

Zum Vergleich: Heu enthält durchschnittlich etwa 8,25 MJ verdauliche Energie und etwa 90 g verdauliches Protein je kg ursprüngliche Substanz. Weide liefert je kg ursprüngliche Substanz etwa 2,2 MJ verdauliche Energie und etwa 17–27 g verdauliches Protein. Ein 500 kg schweres Pferd, das Heu zur freien Verfügung hat, frisst 9,5–14,5 kg pro Tag. Das liefert etwa 78–120 MJ verdauliche Energie und etwa 855–1300 g verdauliches Protein. Beim Weidegang fressen Pferde etwa 2 kg Trockensubstanz je 100 kg Körpergewicht, also 50 kg frisches Weidegras für ein 500-kg-Pferd in 24 h. Das entspricht etwa 110 MJ verdaulicher Energie und etwa 850–1350 g verdaulichem Protein pro Tag.

Diese Zahlen verdeutlichen, dass für die meisten Pferde die Versorgung mehr als ausreichend ist, wenn sie Heu und Weidezugang ad libitum erhalten. Hier ist bei der Zufütterung von proteinreichen Kraftfuttern Vorsicht geboten. Energie und Protein aus dem Raufutter kommen langsam über 24 Stunden in den Stoffwechsel. Für eine solche Nährstoffversorgung ist das Pferd ausgelegt. Aus Kraftfuttermahlzeiten hingegen gehen Energie und Protein sehr schnell in den Stoffwechsel. Diese schnelle Aufnahme kann von den meisten Pferden nicht adäquat verarbeitet werden. Stoffwechselüberlastungen und -erkrankungen können die Folge sein. Daher gilt auch für wachsende Pferde und laktierende Stuten: reichlich Raufutter und Weidezugang, sparsam mit dem Kraftfutter.

1.4.4.1 Jungpferde

Neben artgerechter Aufzucht mit gleichaltrigen Pferden und viel freier Bewegungsmöglichkeit sollte immer die ausreichende Versorgung mit Heu und Weidegang ad libitum gegeben sein. Jungpferde aus einer artgerechten Aufzucht haben ein natürliches Hunger-/Sattgefühl und regulieren ihre Raufutteraufnahme nach Bedarf. Dieser hängt ab von der Raufutterqualität und der Wachstumsphase. Bei Jungpferden kann man üblicherweise starke Schwankungen im Gewicht beobachten: Auf eine „Stoffansatzphase“, in der die Pferde an Gewicht zulegen, folgt ein Wachstumsschub, bei dem die Pferde an Größe zulegen und dafür die angefressenen Reserven nutzen. Diese Gewichtsschwankungen sind als normal anzusehen. Die Zufütterung von Hafer oder Quetschgerste als Energielieferanten sowie von ganzer Luzerne, Luzernecobs oder Esparsettencobs als zusätzliche Proteinversorgung bei eiweißarmem Raufutter kann – je nach genetischer Prädisposition und Wachstumsphase – unterstützend eingesetzt werden. Mineralfutter sollte regelmäßig und kurweise angeboten werden, Salzlecksteine zur freien Verfügung stehen. Bei Remonten ist zusätzlich zu beachten, dass im Alter zwischen 3 und 5 Jahren der Zahnwechsel der Backen- und Schneidezähne stattfindet und es hier immer wieder zu suboptimaler Futterverwertung kommt. Hier sollte gegebenenfalls der Raufutteranteil, wenn nötig durch eingeweichte Heucobs, erhöht werden, um eine ausreichende Nährstoffversorgung während des Zahnwechsels sicherzustellen.

1.4.4.2 Adulte Pferde

Ausgewachsene Pferde decken ihren Erhaltungsbedarf über eine ausreichende Menge von qualitativ hochwertigem Raufutter. Je nach Rasse, Arbeitsleistung und Raufutterqualität kann darüber hinaus eine Kraftfuttergabe sinnvoll sein. Hier muss vor allem bei Pferden im Ur-Araber-Typ (Araber, Vollblüter, im Vollblut-Typ stehende Warmblüter) oft die Ration über Kraftfutter aufgewertet werden, da die Raufutter-Verwertung nicht ausreichend ist. Dagegen sind Pferde im Urpony-, Ur-Tundrenpferd- und teilweise auch im Ur-Steppenpferd-Typ genügsam und mit reiner Heu- und Weidefütterung im Erhaltungsbedarf in der Regel ausreichend versorgt. Remonten, Sportpferde mit hoher Leistungsanforderung und ggf. Zuchtstuten und -hengste sollten zusätzlich Getreide als Energielieferant bekommen, wenn man sieht, dass die Versorgung aus dem Grundfutter nicht ausreichend ist. Hier gilt: Das Auge ist der beste Futtermeister. Die Kraftfutterrationen sollten regelmäßig der Leistung angepasst werden. Auch ein Sportpferd hat im Erhaltungsbedarf einen geringeren Eiweiß- und Energiebedarf als in einer Phase des Auftrainierens oder während der Turniersaison. Eine Aufwertung des Proteingehalts ist in der Regel nicht notwendig, wenn Heu und Weidegras von entsprechender Qualität sind. Nur bei proteinarmem Grundfutter sollte man hier zufüttern in Form von ganzen Esparsette- oder Luzernepflanzen bzw. Cobs dieser Pflanzen oder gezielt über die Gabe der Aminosäuren Lysin, Methionin und Threonin. Adulte Pferde sollten auch regelmäßig Mineralfutter angeboten bekommen und einen Salzleckstein zur Verfügung haben. Bei Sportpferden ist während der Turniersaison die Gabe von Elektrolyten als Ausgleich des Mineralverlusts über den Schweiß angezeigt.

1.4.4.3 Das geriatrische Pferd

Bei alten Pferden nimmt üblicherweise die Mahlfähigkeit der Zähne ab, vor allem nach Zahnverlust oder wenn die Zahnsubstanz altersbedingt nachlässt. Oft fressen diese Pferde auch deutlich langsamer und nehmen daher trotz Raufutter ad libitum nicht genügend pro Zeiteinheit auf. Gleichzeitig können im Darm bei alten Pferden die Nährstoffe nicht mehr ausreichend aus dem Raufutter aufgeschlossen werden. Dazu kommt, dass diese Pferde oft altersbedingt arthrotische Veränderungen an den Gelenken haben und durch Schmerzen und damit verbundene katabole Stoffwechselvorgänge noch weiter abbauen. Das führt dazu, dass alte Pferde bei reiner Raufuttergabe häufig kachektisch werden. Daher ist von den Haltungsbedingungen auf viel ruhige Bewegung, bspw. durch Offenstallhaltung, zu achten, um die Gelenke beweglich und damit weniger schmerzhaft zu halten. Hier muss aber auf eine altersgerechte Gruppenzusammensetzung geachtet werden. Altersgemischte Gruppen können älteren Pferden viel Stress machen und neben der dadurch verminderten Nährstoffaufnahme auch zu verringerten Fresszeiten führen. Dieses sog. „Futtermobbing“ verhindert zum einen die notwendige Raufutteraufnahme und bewirkt durch den dauerhaften Stress gleichzeitig wieder eine erhöhte Cortisolausschüttung, welche für einen vermehrten Muskelabbau und eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionserkrankungen verantwortlich ist. Unterstützend sollte eine Therapie der Arthrose, wie im Kapitel zum ▶ geriatrischen Pferd beschrieben, vorgenommen werden, um Schmerzen zu reduzieren. Haben die Pferde weniger Schmerzen und mehr Ruhe, sinkt der Stresslevel und die damit verbundene Cortisolausschüttung und somit steigt die Nährstoffausbeute aus dem Futter wieder an.