Zwei Reformationen - Heiko A. Oberman - E-Book

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Heiko A. Oberman

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Beschreibung

Zu den Gründungsmythen des deutschen Protestantismus gehört die Stilisierung Martin Luthers als ersten Protestanten und deutschen Propheten, dessen Protest gegen die »babylonische Gefangenschaft der Kirche« zur wundersamen Befreiung von der päpstlichen Tyrannei und zum Ausbruch aus dem finsteren Zeitalter des Mittelalters führte.
Obermans Essays widerlegen hingegen in streitbarer Auseinandersetzung die These, Martin Luther habe als einsame, revolutionäre Gestalt - gegen seine Zeit - die Moderne eingeläutet. Stattdessen interpretiert er den »reformatorischen Durchbruch« Martin Luthers im Zusammenhang der vielfältigen intellektuellen Strömungen und Frömmigkeitsbewegungen einer vitalen spätmittelalterlichen christlichen Gesellschaft, die bereits eine Vielzahl reformerischer Kräfte in sich barg. Wie schon in seinem früheren Buch über den Reformator führt er dem Leser zudem die überraschende Tatsache vor Augen, dass Luther - trotz seiner theologischen Neuansätze und seiner Entfremdung von der mönchischen Lebensweise - tief im spätmittelalterlichen Weltbild mitsamt seinen antisemitischen Elementen und seinen apokalyptischen Endzeiterwartungen verhaftet blieb.
Vor diesem Hintergrund entfaltet der Autor seine spannende Unterscheidung zwischen der von Wittenberg ausgehenden »ersten Reformation«, die für die deutschen Territorialstaaten prägend wurde, und der »zweiten Reformation« des humanistisch inspirierten Protestantismus, die von den protestantischen Flüchtlingen in den freien Städten ausging und eine völlig andere Zukunftsvision vertrat als Luther. Vor allem bei Calvin, dessen Biografie und Denken im zweiten Teil des Buches eingehend interpretiert werden, findet sich statt des Endzeitbewusstseins die Vision eines kulturell und sozial erneuerten Europa, die Oberman als den eigentlichen Beitrag des Protestantismus zur Moderne versteht.

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Seitenzahl: 438

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Inhaltsverzeichnis
 
Vorwort
 
KAPITEL 1 - Ein Sturm braut sich zusammen
Das lange fünfzehnte Jahrhundert
Die verheerende Wirkung des Schwarzen Todes
Von der Herrschaft des Papsttums zum politischen Konziliarismus
Die devotio moderna - Spitze des Eisbergs
 
Copyright
Vorwort
Von den Tausenden von Dokumenten, die ich während meiner Forschungen zur Reformation gelesen habe, enthalten viele eine schlichte Nachbemerkung aus drei Worten - »Nach Lektüre verbrennen«. Diese Verfügung zeigt, dass Autoren des 16. Jahrhunderts vielfach gezwungen waren, ihre Identität zu verschleiern und dafür zu sorgen, dass ihre Gedanken nicht in feindliche Hände fielen. Aus ähnlichen Gründen haben Autoren und Drucker üblicherweise Namen, Orte und Publikationsdaten der Flugschriften und Traktate, die in Deutschland zwischen 1500 und 1520 tausendfach zirkulierten, gefälscht oder ausgelassen. Es waren gefährliche Zeiten: Abweichende Meinungen stellten ein bewusst eingegangenes Risiko dar, und die öffentliche Meinung war ein umkämpfter Bereich, der von denen, die sich selbst als Wächter des Gemeinwohls verstanden, besorgt überwacht wurde.
Die Tradition der Ausblendung bestimmter Meinungen durchdringt und beeinflusst die Forschung zur Reformation jedoch nach wie vor. Der gesamte Bereich verdankt seine Entstehung und sein gegenwärtiges Ansehen der Kunst der Verheimlichung. Die Reformation wurde als spezifisch deutsches Ereignis verstanden - das es ja zum Teil auch war -, und deutsche Gelehrte haben lange Zeit eine herausragende Rolle bei ihrer Erforschung gespielt. Dasselbe gilt für die deutsche Politik. Das wechselnde Geschick des Reiches, die preußische Rivalität mit Wien, Paris und London, die Spaltung zwischen Rom und Moskau und vor allem ein durch paneuropäische Bestrebungen der Habsburger unterdrückter und in die Ungewissheit gedrängter deutscher Nationalismus - all das hat die deutschen Interpreten zwangsläufig beeinflusst. Auf der anderen Seite dachten sie nicht darüber nach, inwiefern die historischen, politischen und gesellschaftlichen Faktoren der deutschen Geschichte ihre Deutungen geprägt haben, und präsentierten ihre vorprogrammierten, verstiegenen Ergebnisse stolz als zuverlässige Erkenntnisse der Wissenschaft. Während Historiker im Allgemeinen vor allem auf die verzerrenden Wirkungen konfessionell bedingter Scheuklappen zu achten gelernt haben, bleibt der Einfluss jener allgemeineren kulturellen und nationalen Voraussetzungen der deutschen Forschung zur Reformationsgeschichte verborgen und weithin unentdeckt.
Mehr als jeder andere ist Martin Luther, die Schlüsselfigur der frühen Reformation, auf Grund solcher Verheimlichungspraxis verzerrt dargestellt worden. Eine Mischung aus religiöser Loyalität und nationalen Bestrebungen ließ ihn als ersten Protestanten und deutschen Propheten von globaler Bedeutung erscheinen. Auf welche Weise die eigentliche Wahrheit in einem Großteil der Historiographie zur Reformation durch Mythen erstickt wurde, wird an folgender Erinnerung einer HolocaustÜberlebenden erkennbar. Im Februar 1943, als kleines Mädchen, befand sie sich zusammen mit ihrem Vater in einem Zug, der sie nach Auschwitz bringen sollte. Als der Zug durch Wittenberg fuhr, hob ihr Vater sie hoch, damit sie die »Stadt des größten Fürsprechers der Freiheit aller Zeiten« sehen konnte. Dieser Gründungsmythos des internationalen Protestantismus versperrt uns den Weg zurück in das ferne Territorium des 16. Jahrhunderts - also die Vorstellung, Luthers Ruf nach Befreiung aus der babylonischen Gefangenschaft der Kirche habe zu einer wunderbaren Flucht vor der Tyrannei des römischen Papsttums geführt und einen Weg aus dem finsteren Mittelalter gewiesen. Gewiss hat Luthers Destruktion der »drei Mauern der Romanisten« - nämlich des päpstlichen Anspruchs auf die Herrschaft über die Heilige Schrift, über das Konzil und über den Staat - zu subversiven Bewegungen in ganz Europa geführt. Zwar stoßen diese Kämpfe bei modernen Verfechtern einer konstitutionellen Demokratie auf Sympathie, doch sind sie dem Projekt einer ausgewogenen Rekonstruktion wenig dienlich. Die Reformationsbewegungen waren nicht durch jene Träume von sozialer und politischer Emanzipation angeregt, die erst im Zuge der großen Revolutionen des 18. und 19. Jahrhunderts entstanden.
Der Standpunkt der katholischen Apologetik ist nicht weniger irreführend. Leitet uns der protestantische Gründungsmythos in Richtung eines protestantischen Triumphalismus, so verweist der katholische Revisionismus bei der Suche nach den Ursprüngen auf sich selbst. Die Revisionisten haben verdienstvolle Anstrengungen unternommen, die zögerlichen Anfänge der Modernisierung inmitten des Chaos des päpstlichen Exils in Avignon und der daraus folgenden großen westlichen Kirchenspaltung zu entdecken; sie haben Licht auf das humanistische Potential der frühen Jesuiten geworfen, die sich 1540 daranmachten, die Häresie auszurotten; sie haben sich objektiv mit den Schrecken der römischen Inquisition befasst und die irenischen Bemühungen des Konzils von Trient, insbesondere während dessen dritter Tagungsperiode zwischen 1561 und 1563, erkundet. Ihre beste Leistung besteht vielleicht in der Erkenntnis, dass der crie de coeur »Das Heil steht auf dem Spiel!« aus dem Munde aller Märtyrer religiöser Intoleranz des 16. Jahrhunderts zu vernehmen war - ob es sich nun um Lutheraner, Wiedertäufer, Hugenotten oder widerspenstige Katholiken handelte. Wenn wir jedoch im 1998 erschienenen Oxford Dictionary of the Reformation vergeblich nach einer Eintragung zum Stichpunkt »Gegenreformation« suchen, stellen wir fest, dass an die Stelle des typisch protestantischen antikatholischen Paradigmas - Inquisition, Jesuiten, Trient - ein sanfter, aber ebenso verzerrender Revisionismus getreten ist. Jene geistig offenen Gelehrten, die »auf der Höhe« sind, haben eine »Höhe« entdeckt, die nicht der historischen Vergangenheit, sondern der ökumenischen Gegenwart entspricht. Man darf nicht einfach über die ungeschminkten Tatsachen der Gegenreformation hinweggehen, die am besten durch den Kardinal Pietro Carafa, den späteren Papst Paul IV. (1555 - 1559), verkörpert werden, der alle Merkmale in sich vereinigte, welche die Protestanten mit dem Antichrist identifizierten - Unterdrückung der Laienbibeln, Inquisition, Index und militanter territorialer Expansionismus. Diese Tatsachen haben eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung des Wegs zur tridentinischen Reform gespielt. Die Zeit ist reif für eine überkonfessionelle Koalition von Gelehrten, die Vernebelungen auf beiden Seiten vermeiden und sich dem kulturellen und sozialen Milieu zuwenden, in dem reformatorische Ideen und Bewegungen um ihr Überleben kämpften.
Angesichts meiner Klage über Reformationshistoriker, die es versäumt haben, ihre Prämissen zu überprüfen, ist es das Mindeste, dass ich die persönlichen Erfahrungen offen lege, die mein eigenes historisches Programm beeinflusst haben. Menschen werden nicht nur einmal geboren, sondern auch zu anderen Zeiten und Jahreszeiten wiedergeboren. Ich bin mir darüber im Klaren, dass meine erste Geburt in vielerlei Hinsicht begünstigt war, insbesondere weil ihre Umstände einen von außen kommenden Feind erkennbar machten. Am 10. Mai 1940 um 5 Uhr 14 Uhr weckte mich mein Vater und deutete auf ein brennendes Junkers-Flugzeug, das vom Himmel fiel. Es war auf dem Rückweg von der Bombardierung Rotterdams abgeschossen worden. Von den zehn Jahren davor habe ich keine lebendigen Bilder vor Augen, nur einige Standfotos. Mein historisches Bewusstsein begann in diesem Augenblick.
Gut zwei Jahre später, im August 1942, wurde ich erneut geboren, als mein Vater in Utrecht »aus dem Bett geholt« wurde, wie die Verfolger es euphemistisch nannten. Er hatte dort als protestantischer Geistlicher ein Netzwerk gegründet, das jüdischen Bürgern zu neuen Papieren und zur Flucht verhalf. Meiner Mutter erging es in dieser Nacht besser, weil sie in demselben friedlichen Raum in Holten in »Schutzhaft« genommen wurde, in dem dieses Buch entstand. Ein treuer, mutiger Polizist hatte vier Agenten des deutschen Sicherheitsdienstes auf einem Umweg durch die Wälder zu unserem Haus geschickt, war dann rasch auf sein Fahrrad gesprungen und gerade noch rechtzeitig bei uns angekommen, um die vier Flüchtlinge warnen zu können, die bei uns unten schliefen. Sie entkamen im Dunkeln, doch es war zu spät, um den fünften Mann zu warnen, der bei mir in meinem kleinen Schlafzimmer schlief. Wir wurden durch den Befehl geweckt, unsere Papiere vorzuzeigen. Er versuchte sein Glasauge einzusetzen (er war durch den Defekt eines der primitiven Gewehre halb erblindet, welche die Royal Air Force mit Fallschirmen über unseren Widerstandstruppen abgeworfen hatte) und zeigte seine falschen Papiere vor - vergeblich. Zusammen mit meiner Mutter wurde er ins Gefängnis gebracht. Diese Erfahrung hat mein Leben lang meine Reaktion auf die beiden Begriffe »Sicherheit« und »Dienst« geprägt, die im Nazi-Vokabular zu einem so bösen Zweck zusammengefügt worden waren.
1966 wagte ich es - in dem Glauben, das kritische Miteinander der internationalen Forschergemeinschaft in Oxford und Harvard hätte meine Kriegsstereotypen ausradiert -, mich in Tübingen niederzulassen, wo bereits das unangefochtene Zentrum der Lutherforschung entstanden war. Dort lernte ich, die Kriegspropaganda von der Nachkriegswirklichkeit zu unterscheiden. 18 Jahre lang konnte ich die deutsche Geschichte von dem privilegierten Beobachtungsposten eines deutschen akademischen Beamten aus und als Direktor des Instituts für Geschichte des Spätmittelalters und der Reformation beobachten. Hätte ich nicht im »Land des Feindes« gelebt, so hätte ich dieses Buch nicht schreiben können - nicht nur wegen der umfassenden Bibliotheksbestände, sondern vor allem, weil die Tradition der Reformation, die dort so bemerkenswert intakt geblieben war, meinen eigenen Reformationsprozess förderte. Dort erkannte ich die alltägliche Lebendigkeit und Relevanz von Martin Luthers Erbe, die durch die beständige Konkurrenz zu einem wiederbelebten Katholizismus aufrechterhalten wurde und einem Volk als Leitstern diente, das nach Jahrhunderten grenzenloser Zwiespältigkeit mutig auf der Suche nach seiner Identität war. Ebenso wichtig war der langwierige, schmerzhafte Prozess der Hinterfragung meiner tief verwurzelten Verallgemeinerungen über »Hitlers willige Vollstrecker«. Mein Stereotyp vom typischen Deutschen zerbrach unter den stetigen Hammerschlägen zahlloser Lebensgeschichten, die mich zwangen, zwischen den Schwachen und den Mutigen, den Idealisten und den Opportunisten zu unterscheiden. So wie ich auf unbelehrbare Nazis und Menschen stieß, die voller echtem Schuldgefühl stammelten, so traf ich auf Bismarck-Anhänger und Demokraten, Antikapitalisten und Antikommunisten.
Mein persönlicher Standpunkt mag mich in mancherlei Hinsicht einschränken, doch ich glaube, er hat mich auch für gewisse übersehene und missachtete Aspekte der Geschichte sensibilisiert, die zu diskutieren sein werden. Vielleicht zwang mich das Leben in Tübingen nicht dazu, alle meine Kriegsstereotypen zu überwinden, doch es ließ mich in jedem Fall erkennen, wie die Reformation während des Zweiten und Dritten Reiches Widerhall fand und auf welche Weise sie dazu beitrug, die bürgerliche Religion des neuen Deutschland zu werden. Obwohl ich auf meinem Forschungsgebiet ungeheuer von dem Austausch und der Diskussion mit anderen Gelehrten profitiert habe, war ich durch den Mangel an kollegialem Austausch im deutschen akademischen Leben enttäuscht. Die deutschen Akademiker schlossen sich einer Deutungsschule an oder übten Loyalität gegenüber einer akademischen Partei und schienen dadurch ein gewisses Maß an Sicherheit gegenüber der entzweienden, beunruhigenden Vergangenheit zu finden, doch diese Vergangenheit war allgegenwärtig und verwandelte Katheder in Orte, an denen politische Programme verkündet wurden und wissenschaftliche Aufsätze die öffentliche Meinung prägen sollten. Das spezifisch Deutsche daran ist nicht die Existenz wissenschaftlicher Dogmen und Parteien, sondern die Neigung, bestimmten Helden der deutschen Geschichte die Autorität der Prophetie zuzuschreiben. Martin Luther bietet dafür ein Beispiel. Darüber hinaus gewann auch die allzu leicht karikierbare Gestalt des deutschen Universitätsprofessors dieselbe prophetische Autorität. Als ungekrönter König seines eigenen Herrschaftsbereichs, als Bollwerk gegenüber den festen und schnell wechselnden Systemen der Philosophie, Politik und Theologie bleibt er ein bedeutendes Hindernis für die Verwirklichung jener kritischen Vision des Erasmus, die sich aus dem Dissens speist.
Die Zeiten verändern sich jedoch. Die Berufung auf Luther als Nationalhelden verliert an Kraft, und die von dem Patrioten Karl Holl (gest. 1926), dem Nationalisten Werner Elert (gest. 1954) und dem Nazi Emanuel Hirsch (gest. 1972) dominierte so genannte »Lutherrenaissance« ist endlich im Schwinden begriffen. Eine neue Schar erfrischend objektiver und undogmatischer deutscher Forscher hat die Methoden der vergleichenden Geschichtswissenschaft und der Sozialgeschichte angewandt, um die Reformation wieder in den Kontext des frühneuzeitlichen Europa zu stellen. Auf einem beständig hohen Niveau im Bereich der philologischen Expertise und Beherrschung der Quellen ist es dieser neuen Generation gelungen, an Luthers zentraler Bedeutung festzuhalten, zugleich aber sicherzustellen, dass dieses entscheidende Kapitel der deutschen Geschichte als Teil des europaweiten Strebens nach Heiligkeit und Reform verstanden wird, das im 14. Jahrhundert einsetzte und erst im 18. Jahrhundert sein Ende fand. Dennoch hat die Ikone des »ersten Protestanten« Luther den historischen Reformer, Bruder Martin, so restlos verdrängt, dass die moderne Forschung noch einen weiten Weg zurücklegen muss, um letzteren neu zur Geltung zu bringen. Ein Ziel dieses Buches besteht darin, dazu beizutragen. Ein weiteres Ziel besteht darin zu zeigen, wohin und auf wen man schauen muss, um der Anfänge des modernen Protestantismus ansichtig zu werden - und das ist der Punkt, an dem Johannes Calvin ins Spiel kommt.
 
Ebeky, Holten, Niederlande
1. September 2000
KAPITEL 1
Ein Sturm braut sich zusammen

Das lange fünfzehnte Jahrhundert

Man kann das fünfzehnte Jahrhundert als Zeit der Ruhe vor dem Sturm bezeichnen - vor dem Sturm der Reformation, der Religionskriege und der Revolution. Gemäß dieser Sichtweise standen Martin Luther und die Reformation am Beginn einer neuen Epoche der europäischen Geschichte und schufen eine Welt, die völlig anderen Zeiten entgegengehen sollte. Häufig als protestantischer Triumphalismus bezeichnet, handelt es sich um eine zutiefst in der deutschen Forschung des neunzehnten Jahrhunderts verwurzelte Sichtweise, wie sie sich auch in den Werken Leopold von Rankes findet und wie sie sich in Bernd Moellers Charakterisierung Luthers als »Person der Weltgeschichte« widerspiegelt.1 Als ich seinerzeit die Thematik der Vorläufer der Reformation aufgriff und geltend machte, wie lebendig die mittelalterliche Reform in allen Lebensbereichen war, behauptete ich, Luthers radikale Neuorientierung habe ihm das hohe Amt des Gegenreformers verliehen. Damals lebte ich in Cambridge, Massachussets, und ahnte nicht, dass ich bald 18 Jahre in Tübingen verbringen würde. Die Forschung zur Reformation wurde damals noch von den Schülern Karl Holls beherrscht, der als tadelloser, unfehlbarer Lutherinterpret galt.2 Holls strategisch auf die wichtigen Lehrstühle für Kirchengeschichte verteilten Lieblingsschüler waren allesamt, wie mir erst allmählich klar wurde, zu unkritischen Anhängern des Dritten Reiches geworden. Das deutsch-nationalistische Element der Hitlerschen Botschaft fiel in ihren Kreisen auf fruchtbaren Boden und fand leidenschaftliche Unterstützung (häufig in Artikeln, die ich nur schwer aufzufinden vermochte, weil sie aus Zeitschriften aus den dreißiger und vierziger Jahren herausgerissen worden waren). Man sollte die jüngsten Versuche einer Ehrenrettung oder apologetischen Reinigung und Rehabilitation unverbesserlicher nationalsozialistischer Lutherinterpreten wie Emanuel Hirsch in Göttingen und Werner Elert in Erlangen nicht als nebensächliches akademisches Drama verstehen.3 Vielmehr sind sie Teil einer planvollen Bemühung, die lutherzentrierte Weltanschauung des neunzehnten Jahrhunderts wiederherzustellen. Der Erlanger Kirchenhistoriker Berndt Hamm hat dieser Tendenz mutig widersprochen und in seinen Arbeiten zur schöpferischen Lebendigkeit des Spätmittelalters nicht zufällig einer neuen Erforschung des fünfzehnten Jahrhunderts Vorrang eingeräumt.4 Joseph Lortz, der sich 1939 durch einen zweibändigen Angriff gegen die Kirche des fünfzehnten Jahrhunderts einen Namen gemacht hat, zählte auf katholischer Seite zu den Theologen, die sich zum Nationalsozialismus hingezogen fühlten.5 Diejenigen Protestanten, die Lortz antworteten, verklärten seine Kritik zu einem Vorstoß in Richtung »Ökumene« und ersetzten sie durch eine wohlwollende Neudeutung der vorreformatorischen Epoche. Aus der Perspektive dieses weitreichenden Ansatzes handelte es sich um ein Zeitalter blühender Frömmigkeit ohne Unterdrückung, Märtyrer oder Inquisition, eine organische Vorstufe des Lutherereignisses.
Eine zweite, konkurrierende Perspektive auf das fünfzehnte Jahrhundert leitet sich aus der neuen sozialgeschichtlichen Darstellung Europas in der Frühen Neuzeit her. Dabei handelt es sich um die wichtigste und sichtbarste neue Richtung in unserem Forschungsgebiet, deren bedeutendere Vertreter aus der angelsächsischen Welt stammen. Diese Historiker brachten, indem sie die etablierte politische Geschichtsschreibung hinter sich ließen und sich kultur- und mentalitätsgeschichtlichen Studien zuwandten, die entscheidende Bedeutung der Religion neu zur Geltung, auch wenn sie diese häufig unter der irreführenden Kategorie der »Volksreligion« marginalisierten.6 Dieses Konzept vermochte der Überprüfung durch die Forschung der vergangenen Jahrzehnte nicht standzuhalten. Während sich der Protestantismus der Bismarck-Zeit dem Wunder der Reformation widmete und vornehmlich deren Diskontinuität zum Mittelalter wahrnahm, haben unsere besten Sozialhistoriker ein neues Paradigma der Kontinuität erarbeitet, welches das Mittelalter und die Frühe Neuzeit als eine Epoche begreift, die von Luther und der Reformation zwar hinterfragt, aber nicht auseinander gerissen worden ist. Einer ihrer bedeutendsten Sprecher, Thomas A. Brady, jr., wendet sich zunehmend der Erforschung des Potentials und der Flexibilität des Heiligen Römischen Reiches zu, das imstande war, die - wie er zu glauben geneigt ist - kurzlebige Tragödie der Reformation zu meistern. Mit seiner Prämisse, der Bauernkrieg sei das von Luther verratene wichtigste Merkmal der Reformation gewesen, begriff Brady bereits früh, dass die romantische These Bernd Moellers von der städtischen Reformation unhaltbar war: Als dünnes Destillat der religiösen Propaganda und polemischer Predigten des sechzehnten Jahrhunderts ließ sie sich nicht durch eine archivalische Rekonstruktion gesellschaftlicher Unterstützung durch die Stadtbevölkerung fundieren.7 Gemäß dieser zweiten Meistererzählung erscheint die Reformation nur als Zwischenspiel, da sie rasch ihr Potential einbüßte und zwischen den Interessen der Herren und der Leibeigenen zerrieben und von innen durch die Kämpfe zwischen den Zeloten und der politisch denkenden Schicht geschwächt wurde.8
Eine dritte interessante Perspektive ließe sich viel leichter zurückweisen, hätte nicht deren prominentester Vertreter, Heinz Schilling, kürzlich eine umfassende Studie über die Geschichte Europas zwischen 1250 und 1750 veröffentlicht, die die Dinge weit komplizierter erscheinen lässt.9 An anderer Stelle habe ich erhebliche Bedenken gegen Schillings strukturalistische Sicht der Geschichte als eines unvermeidlichen Prozesses geäußert, der vielfach als Fortschritt verstanden wird.10 Diese Interpretation drängt meiner Meinung nach die Kultur- und Mentalitätsgeschichte an den Rand und deutet die Religion lediglich als untergeordneten Faktor der Staatenbildung. In seiner neuen, umfassenderen Darstellung Die neue Zeit dagegen gelingt es Schilling, seine prozessuale Geschichtswahrnehmung einem überzeugenderen Standpunkt unterzuordnen.
Inzwischen sind jedoch zahlreiche deutsche wie amerikanische Historiker dem Ruf des frühen Schilling gefolgt und arbeiten mit solcher Energie und Intensität innerhalb der Grenzen von Konfessionalisierung und Staatenbildung, dass man diese Schule als eigenständigen Ansatz betrachten sollte. Er bietet den Vorteil, dass er die gesamte Diskussion über Kontinuität und Diskontinuität umgeht, indem er Luther und die Reformation als eine Sache der Konfessionen ernst nimmt, die dem Deutschland des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts ihren unauslöschlichen Stempel aufgedrückt haben. Bedauerlicherweise fördert dieser Ansatz gerade auf Grund seiner Beschäftigung mit der Moderne eine Fixierung auf die Gegenwart, die mir als eine der großen Schwächen der neueren Geschichtsschreibung erscheint. Ein typisches Beispiel dafür bietet Richard Marius’ Buch Martin Luther. The Christian Between God and Death, das - anstatt den Versuch zu unternehmen, die Zeit oder das Denken Martin Luthers zu verstehen - mehrere offensichtlich moderne Reaktionen auf den Reformator präsentiert und ihn im Grunde als fanatischen Fundamentalisten des 20. Jahrhunderts erscheinen lässt.11
Eine solche Fixierung auf die Gegenwart mag zwar unterhaltsam sein, ist jedoch nicht haltbar. Was dagegen die faszinierende Vorstellung von einem Prozess der Reformation betrifft, so hat sie unser Verständnis des fünfzehnten Jahrhunderts stark beeinflusst. Wird der vermeintliche Prozess vom tatsächlichen Verlauf der Geschehnisse zum Scheitern gebracht oder konterkariert, so postuliert man - je nach der metahistorischen Position des Autors, der darüber nachdenkt - entweder eine Krise oder einen Fehlschlag. Trotz verheißungsvoller Forschungsansätze sowie der nüchternen Rekonstruktion des allmählichen Wandels, den andere Forscher und ich umfassend dokumentiert haben, sind die Arbeiten zum 15. Jahrhundert voller Krisen- und Versagenstheorien, die fälschlicherweise im Sinne eines Prozesses dargestellt werden, der sich vom Ende des Mittelalters bis zum Beginn der Moderne erstreckt habe.12
Laut einer mittelalterlichen Legende war es der Teufel, der vom Chronisten verlangte, Geschichte als Prozess zu erzählen, indem er eine unmittelbare Verbindung zwischen Ursache und Wirkung, Ablauf und Folge herstellte. Das aus dem 14. Jahrhundert stammende Predigerhandbuch Fasciculus morum lehrte, dass einzig und allein der Teufel die Entfernung zwischen Himmel und Erde ermessen könne, da nur er - bei seinem Fall - einer direkten Linie gefolgt sei.13 Es ist überaus aufschlussreich, dass das westliche Denken die ursprüngliche Bedeutung des Wortes »abwegig« in »irrig« umgedeutet hat. Was im buchstäblichen Sinne das »Verlassen einer direkten Linie« meinte, nahm die Bedeutung »abweichend« an. Nur wenn wir diesen Teufel austreiben, können wir unser Verständnis der Geschichte vertiefen und ein neues Bewusstsein für die unerwarteten Wendungen der Ereignisse auf den zufälligen Schnittpunkten krummer Linien gewinnen. Kurz, der gute Historiker muss »Abwege« gehen.
Im Folgenden befasse ich mich mit vier kulturellen Zusammenhängen, die ich als »Trends« bezeichnen möchte, um nicht in die terminologische Falle zu tappen, sie als einen einzigen vorherrschenden Prozess darzustellen. Ich werde jeden dieser Trends für sich - anstatt als untergeordnetes Element eines vorgegebenen Narrativs - als gleichwertigen Faktor behandeln und sie durch jenen Zeitraum hindurch verfolgen, den man modisch als »das lange fünfzehnte Jahrhundert« bezeichnet. Vor etwa vierzig Jahren musste man, um eine von lutherischen oder katholischen Konfessionsgrenzen unbeeinträchtigte Perspektive zu gewinnen, eine eigenständige Erforschung des Mittelalters einfordern.14 Heute dagegen kann man auf einen Fortschritt in der Erforschung aller vier Zusammenhänge zurückgreifen, der es ermöglicht, auf Kurs zu bleiben, ohne dass man Zuflucht zu den Scheuklappen nehmen muss, deren man einst zum Schutz gegen den ablenkenden Glanz späterer Ereignisse bedurfte. Wenn man sich weit in die Zeit der Renaissance und der Reformation - das »lange fünfzehnte Jahrhundert« - hineinwagt, vermag der Begriff vom »Spätmittelalter« Einseitigkeit und Vorurteilen entgegenzuwirken und seine Legitimität geltend zu machen. Die Erforschung des Spätmittelalters ist den Kinderschuhen entwachsen.
Vor beinahe 25 Jahren habe ich in einer vorläufigen Skizze die wichtigsten Trends des vierzehnten Jahrhunderts beschrieben. 15 Ich möchte hier diese Fragen wieder aufnehmen, indem ich neue Herausforderungen, Ereignisse und Trends untersuche und dabei die Wirkung des Schwarzen Todes, den Aufstieg des dritten Standes, den Niedergang und das Überleben des Konziliarismus, die Mission der Klöster gegenüber den Massen sowie die aufbrandende Flut des Antisemitismus berücksichtige; abschließend kommen auch der Humanismus der Renaissance und die Streitfrage des neuen Lernens zur Sprache.

Die verheerende Wirkung des Schwarzen Todes

Auch wenn man heute die Auswirkungen des Schwarzen Todes auf Europa nicht mehr als ganz so dramatisch darstellt wie früher, lassen sich seine schwerwiegenden demographischen Folgen kaum bestreiten. In ihrer ersten furchtbaren Phase von 1347 bis 1351 wütete die Beulenpest durch ganz Europa - von Marseille aus durch Frankreich, Italien, England, die Niederlande, Deutschland und Russland - und tötete ein Drittel der europäischen Bevölkerung von etwa 75 bis 80 Millionen Menschen. Erst Ende des sechzehnten Jahrhunderts sollte die Bevölkerungszahl wieder das gleiche Niveau wie vor der Pest erreichen. Es ist daher verständlich, wenn Historiker die Zeit nach der Pest im fünfzehnten Jahrhundert gerne als Epoche der demographischen Krise bezeichnen. Die Probleme beginnen jedoch dort, wo wir die wirtschaftlichen und sozialen Folgen des jähen Rückgangs der Land- wie der Stadtbevölkerung benennen sollen. Selbst die Auswirkungen auf die Mentalität, wie sie sich in der ars moriendi und im Totentanz ausdrücken,16 sind angesichts der Forschungsergebnisse von Jan de Vries, wonach »die Sterberate in einer Zeit zunahm, als die Beulenpest im Begriff war, ganz aus Europa zu verschwinden«, nicht mehr selbstverständlich. 17 Die neuere Forschung interessiert sich eher für die Art und Weise der Erholung und konzentriert sich entsprechend nicht mehr so sehr auf Untergang und Stagnation, sondern auf die Wiedererstarkung Europas durch ein innovatives Krisenmanagement. Mit den Worten Bartholomé Yuns: »Aus der Sicht der übrigen Welt markierte diese Epoche die Geburt Europas.«18 Wir stehen vor einem ganzen Geflecht von Faktoren mit überaus unterschiedlichen regionalen Spielarten, die von geschichtlichen Zufällen wie Staatenbildung und Krieg bestimmt wurden.
Bedenkt man unseren ersten Zusammenhang, die intellektuelle Atmosphäre des fünfzehnten Jahrhunderts, erweist sich ein näherer Blick auf eine neuere Studie zur europäischen Pestepidemie von David Herlihy als hilfreich.19 Der Verfasser beschäftigt sich nacheinander mit der medizinischen Dimension, mit dem neuen wirtschaftlichen und demographischen System, das die »malthusianische Sackgasse« durchbrach, und schließlich-für uns entscheidend-mit den neuen Formen desDenkens und Empfindens. Während man die medizinische Geschichte des Schwarzen Todes heute vielleicht anders nuancieren würde, hat die Schlussfolgerung des zweiten Teils, welche eine besser entfaltete Wirtschaft, einen intensivierten Einsatz von Kapital, eine verfeinerte Technologie und einen höheren Lebensstandard als hervorstechende Kennzeichen der Erholung nach der Pest ausmacht, nach wie vor Bestand.20 Probleme ergeben sich jedoch, wenn man diese neuen Erkenntnisse der alten Vorstellung Gilsons vom Spätmittelalter als einer Sackgasse aufpfropft. Herlihy beschwört ein von Thomas von Aquin angeregtes Zerrbild des spätmittelalterlichen Nominalismus, um die Entstehung einer neuen Mentalität zu erklären: »Der menschliche Intellekt besaß nicht die Macht, zu den metaphysischen Strukturen des Universums vorzudringen. Ich kann nichts anderes tun, als die dahinfließenden Ereignisse zu beobachten. Zudem würde die Allmacht Gottes in letzter Konsequenz bedeuten, dass es keine festgelegte natürliche Ordnung geben kann. Gott könnte alles verändern, wie und wann er wollte. Die Nominalisten schauten auf ein von willkürlichen Bewegungen beherrschtes Universum. Aquins erhabenes Gefühl der Ordnung war mit der Erfahrung der Pest, ihrem unvorhersehbaren Auftauchen und Verlauf, ihren unbekannten Ursprüngen und ihrer zerstörerischen Wirkung nur schwer in Einklang zu bringen. Die nominalistische Argumentation stimmte mit den Erfahrungen der Unordnung des spätmittelalterlichen Lebens überein.«21
Während wir David Herlihy auf Grund seiner bahnbrechenden Beiträge zur mittelalterlichen Familiengeschichte und - in diesem Fall - wegen des allzu seltenen Bemühens, das Zusammenspiel von Geistes- und Sozialgeschichte darzustellen, mit Respekt und Dankbarkeit in Erinnerung behalten, mag seine Bewunderung für Thomas von Aquin als »diesen großen Dominikaner« mit seinem »erhabenen Gefühl der Ordnung« erklären, weshalb ein so außerordentlich kritischer Forscher unkritisch Annahmen der Vergangenheit wiederholt, die sich in den letzten dreißig Jahren als zu einseitig erwiesen haben.22 Dennoch kann man Herlihys Schlussfolgerung ohne weiteres akzeptieren: »Die nominalistische Argumentation stimmte mit den Erfahrungen der Unordnung des spätmittelalterlichen Lebens überein.« Die Erfahrung der Pest ist einer der Faktoren, die zum Verständnis des Aufstiegs des Nominalismus im fünfzehnten Jahrhundert, seiner Neuerungen im gesamten Bereich von der Theologie bis zur Naturwissenschaft sowie zum Verständnis seines erfolgreichen Vordringens in die Schulen und Universitäten beitragen, wo er sich schließlich als via moderna etablierte. Was konservativen Thomisten jener Zeit als Bedrohung der Hierarchie zwischen Himmel und Erde erschien, war in Wirklichkeit eine Suche nach Ordnung mittels einer Grenzziehung zwischen den eigenständigen Bereichen von Glaube und Vernunft. Im Bereich des Glaubens gestattete die epochale Wendung vom Gott als Sein zum Gott als Person ein neues Verständnis der kirchlichen Quellen in Schrift und Tradition, im Sinne eines Zeugnisses für den persönlichen Gott des Bundes. Gleichzeitig konnte im Bereich der Vernunft, sobald die Physik von ihrer Zähmung durch die Metaphysik und der spekulativen Verbindung von Aristoteles und der Heiligen Schrift befreit war, die neue Suche nach den Naturgesetzen beginnen. In jeder Darstellung der Transformation des Westens bestätigte die entscheidende Metamorphose der todsündhaften Neugierde zur bona curiositas der Nominalisten die Erforschung der realen Welt; ihr kommt daher unter den Faktoren, welche die »Geburt Europas« erklären, ein hoher Stellenwert zu.23
Nicht einmal in der Cambridge History of Late Medieval Philosophy hätte Herlihy von den neuen Erkenntnissen erfahren können, da dieses maßgebliche Werk nur gelegentlich auf das fünfzehnte Jahrhundert zu sprechen kommt.24 Obwohl John Emery Murdoch den Horizont der Wissenschaftsgeschichte erweitert und William Courtenay die Vorläufer der Philosophie des vierzehnten Jahrhunderts aufgespürt hat, hat noch niemand eine umfassende Studie über die Begegnung von Physik und Metaphysik im fünfzehnten Jahrhundert in Angriff genommen.25 Nur in ihrem abschließenden Abschnitt über »die Niederlage, Vernachlässigung und Wiederbelebung der Scholastik« behandelt die Cambridge History das fünfzehnte Jahrhundert, während dieser Zeitraum in den wichtigeren Kapiteln über »Glück« und »Gewissen« ignoriert wird. Dieser einseitige, altmodische Umgang mit der logischen Dimension des Nominalismus kann uns nicht dabei helfen, einen typischen Nominalisten wie Wessel Gansfort zu verstehen, der seine Abwendung von Thomas von Aquin und Duns Scotus hin zur via moderna als Bekehrung und als Schlüssel zu einem unerforschten intellektuellen Territorium deutete, das ihm den Weg zu einer neuen, streitbaren Interpretation des Christentums eröffnete.26 Obwohl er im exklusiven Diskurs der akademischen Disputationen entwickelt wurde und in der schwerfälligen Sprache der terministischen Logik daherkam, erwies sich der grundlegende Fortschritt bei der Veränderung der Begriffe in der jahrhundertealten Debatte über die universalia als radikale Wendung von der deduktiven zur induktiven Methode. Dies legitimierte eine neue, von übernatürlichen Prämissen unbeeinträchtigte Suche nach den Naturgesetzen.
Während die vielen incurati, die sich der Sache anschlossen, sicherstellten, dass die Theologie dem itinerarium mentis ad Deum diente, erhielt der Bereich der artes die Möglichkeit, das itinerarium mentis ad mundum zu verfolgen. Es ist wohl kein Zufall, dass in der Bibliothek des Nikolaus Kopernikus Bücher von Pierre d’Ailly, einem der Meister der via moderna, gefunden wurden, die in der Tradition von Jean Buridan und Nicole Oresme stehen. Recht verstanden - als kreativer Standpunkt, von dem aus lange vertretene, aber nicht mehr zu haltende Prämissen neu bewertet werden konnten - war der vom Nominalismus geförderte neue kritische Geist Teil der intellektuellen Neuorientierung des »langen fünfzehnten Jahrhunderts«. Ob und in welchem Ausmaß er einen Faktor im Streben nach Wohlstand und Wissen darstellte, das die treibende Kraft während des Zeitalters der Entdeckungen darstellte, ist für Historiker schwer zu beantworten. Dies scheint im Krisenmanagement des Schwarzen Todes nicht erkennbar zu sein. Nicht nur die Sterne ließen sich jedoch seither gleichsam mit neuen Augen sehen, sondern der gesamte Bereich der menschlichen Gesellschaft und Natur.

Von der Herrschaft des Papsttums zum politischen Konziliarismus

Beim Konziliarismus handelt es sich um den vielleicht bekanntesten und am eingehendsten erforschten Aspekt der Religionsgeschichte des fünfzehnten Jahrhunderts. Die Konzilien von Pisa (1409), Konstanz (1414-1418) und Basel (1431-1449) sind bereits in ihrer eigenen Zeit als Schlüsselereignisse des Zeitgeschehens erkannt worden. In der Gegenwart hat die Erforschung des Konziliarismus an Vitalität gewonnen und vor allem unter dem Einfluss von Brian Tierney, Francis Oakley und Antony Black eine neue Richtung eingeschlagen. Der Erste beeinflusste sie durch seine Entdeckung von Vorläufern einer konziliaren Theorie im kanonischen Recht, die beiden anderen durch die Darlegung der Folgen des Konziliarismus für die Verfassungs und Parlamentsgeschichte.27 Wie Tierney deutlich macht, sind die neuen Erkenntnisse nicht unwidersprochen geblieben, sondern haben sogar bedeutenden, ja leidenschaftlichen Widerspruch hervorgerufen.28 Das kann nicht überraschen, wenn man bedenkt, dass die Rolle des Verteidigers der Orthodoxie, die man traditionell dem Papalismus zuschreibt, und jene der zumindest potentiell häretischen Alternative, die als Kennzeichen des Konziliarismus gilt, nahezu umgekehrt wurden. Der Konziliarismus erweist sich als Ergebnis der frühesten Dekretisten zur Zeit der Entstehung des kanonischen Rechts, während die Lehre von der päpstlichen Unfehlbarkeit ihren Ursprung offenbar erst recht spät in den Kreisen der häretischen Franziskaner hat. Strukturen der Kirche, das vielleicht langfristig wirksamste Buch Hans Küngs, das sich mit dem Konzil von Konstanz befasst und die Überlegenheit des Konzils gegenüber dem Papsttum behauptet, verleiht dieser wissenschaftlichen Debatte die Schärfe einer öffentlichen Kontroverse, angefacht und intensiviert durch die Diskussion über die Rezeption des Dekrets Lumen Gentium im Gefolge des Zweiten Vatikanischen Konzils.29
So verständlich die Konzentration auf die Dekrete des Konzils von Konstanz und auf die Legitimität der konziliaren Ansprüche auch sein mag, so führte doch die große Bedeutung dieser Fragestellungen für die Moderne zu einer Auseinandersetzung mit dem Aufstieg und Fall des Konziliarismus als einem ekklesiologischen Problem. Diese Tatsache schränkte unseren Gesichtskreis ein und entstellte unser Verständnis dessen, was ich als politischen Konziliarismus bezeichnen würde. Studien zu Papst Eugen IV. (1431-1447) und Pius II. (1458-1464) sowie das Überschreiten der Parteigrenzen durch mehrere führende Konziliaristen wie etwa Nikolaus von Kues haben den Eindruck erweckt, die bloße Verlagerung des Konzils von Basel nach Ferrara und seine Fortsetzung in Florenz von 1437 bis 1439 markierten das Ende des Konziliarismus. Die Vertagung der Versammlung in Basel mag zwar die durch das Konzil von Konstanz entwickelte konziliare Theorie verzögert haben, bedeutete aber nicht das Ende der konziliaren Wirklichkeit. In Gestalt des politischen Konziliarismus sollte sie die entstehenden Nationalstaaten prägen und ein einflussreiches Prinzip bleiben, bis der Konziliarismus - mehr durch das Wachstum des königlichen Absolutismus als durch die Ansprüche päpstlicher Oberhoheit - unterbunden wurde.
1438 bestätigte der französische König Karl VII. die Privilegien der gallikanischen Kirche in Form einer als »Pragmatische Sanktion von Bourges« bezeichneten Urkunde und verwirklichte auf diese Weise einen Teil des konziliaren Programms, das sich mit der Beschränkung der päpstlichen Gerichtsbarkeit befasste. Bernard Chevalier hat den Inhalt dieser Urkunde als Illusion abgetan und behauptet, dass »der französische Klerus weder der päpstlichen Autorität noch der königlichen Kontrolle entkam«.30 Träfe dies zu, so hätte Papst Leo X. nicht das 1516 in Bologna geschlossene Konkordat mit Franz I. anstreben müssen. Und selbst dieses Übereinkommen zur päpstlichen und königlichen Herrschaft über die französische Kirche hinderte den französischen König Heinrich II. nicht daran, dafür zu sorgen, dass die französischen Prälaten während des Konzils von Trient für ein gallikanisches Programm in Übereinstimmung mit den Privilegien von 1438 votierten. Außerdem hat man nicht erkannt, dass Calvins Kampagne gegen die so genannten Nikodemiten in erster Linie auf die gallikanische Partei zielte, die neue Reformgedanken mit der Konsolidierung ihrer gallikanischen Kirche zu verbinden hoffte. Eine Reihe hochrangiger, einflussreicher französischer Bischöfe, darunter Calvins Freund aus früheren Schulzeiten, Gérard Roussel,31 betrachteten sich als Führer der gallikanischen Kirche. Hätte Calvin ihr Programm mitgetragen, so wäre es vielleicht mächtig genug gewesen, um der Zügelung und Exilierung der Hugenotten vorzubeugen. Letztlich sahen sowohl die Église réformée als auch der politische Konziliarismus ihre Hoffnungen nicht durch das päpstliche Rom, sondern durch das absolutistische Königtum durchkreuzt.
In England gestattete es die Great Matter des Königs dem Konziliarismus, das gewaltige Hindernis der königlichen Vorherrschaft, welche die Bewegung in Frankreich zunichte machte, zu umgehen. Ungeachtet neuerer Zweifel und Neudeutungen im Einzelnen ist es Geoffrey Elton gelungen, die Errungenschaften der Herrschaft Heinrichs VIII. zu rekonstruieren, indem er die Gründungsgeschichte der ecclesia Anglicana erneut mit der Entstehung des frühneuzeitlichen parlamentarischen englischen Staates in Verbindung brachte.32 Dennoch hat die Auseinandersetzung um die Frage, ob es sich um eine Reformation von oben oder von unten handelte, sowie um die Kontinuität der reformierten mit der vorreformierten englischen Kirche zu keiner hinreichend klaren Erkenntnis darüber geführt, in welchem Maße die anglikanische Kirche eine Spielart der umfassenderen europäischen Geschichte des politischen Konziliarismus darstellt. Die Europäisierung der englischen Geschichte, zu der John Elliott in seiner jüngsten Antrittsvorlesung als Geschichtsprofessor in Oxford aufgerufen hat, wird uns gestatten, diesen Aspekt des »langen fünfzehnten Jahrhunderts« besser zu erfassen.
Ein kurzer Blick auf die deutschen Territorien soll diesen Abschnitt abschließen. Auch hier stellt der Konziliarismus ein bisher ungeschriebenes Kapitel der Geschichte der Reformation in Deutschland dar. Die Acceptatio von Mainz (1439) und das Wiener Konkordat (1448) enthalten weit weniger vom Reformprogramm des Konzils von Basel als die Pragmatische Sanktion von Bourges in Frankreich. Erst angesichts der Herausforderung durch Martin Luther stand die Bildung einer ecclesia Germanica kurz vor ihrer Verwirklichung. Im September 1524 war der Reichstag in Nürnberg bereit, für die Gründung einer deutschen Kirche zu stimmen, und zwar mit der Unterstützung aller Stände des Reichs einschließlich der Bischöfe und Erzherzog Ferdinands, des Bruders von Kaiser Karl V.33 Die Beschäftigung unserer Historiker mit dem tatsächlichen Geschehen ist es vermutlich, die uns veranlasst, die Bedeutung alternativer Wege, welche die Geschichte hätte einschlagen können, zu übergehen. Eine solche virtuelle Geschichte könnte jedoch den tatsächlichen Verlauf der Ereignisse erhellen.

Die devotio moderna - Spitze des Eisbergs

Lange Zeit hat man die devotio moderna als Renaissance nördlich der Alpen und als erste Phase der Befreiung dargestellt, welche die Reformation in den Niederlanden bedeutete. Angeregt von Gelehrten wie Willem Lourdaux und Regnarus R. Post, beschäftigte sich die Forschung nicht mehr mit der devotio moderna als der Wiege der Renaissance und der Reformation, sondern erkundete die Bewegung nunmehr auf der Grundlage ihrer eigenen Zeugnisse. Posts mit zahlreichen Belegen versehene, bahnbrechende Studie The Modern Devotion wurde 1968 in den Studies in Medieval and Reformation Thought veröffentlicht und vielfach begeistert aufgenommen, weil sie das fünfzehnte Jahrhundert als eigenständige Erscheinung zu verstehen versuchte. Vor dem Hintergrund unserer Sicht des »langen fünfzehnten Jahrhunderts« gilt es als unvermeidlich, die Frage nach dem Verhältnis dieses Zeitraums zum Anbruch der Reformation neu aufzugreifen, allerdings in dem Sinne, den Posts magnum opus bereits in seinem Untertitel nahe legt: »Ein Vergleich mit der Reformation und dem Humanismus«.34
Was meine Interpretation dieser Fragen betrifft, so stehe ich tief in der Schuld zweier Gelehrter, die kürzlich kritische Editionen entscheidender Dokumente herausgegeben haben. John Van Engen vertiefte mein Verständnis der Beziehung zwischen der ursprünglichen Vision der Brüder und Schwestern vom Gemeinsamen Leben und den späteren Regularkanonikern von Windesheim.35 Während Engen die vielfältigen regionalen Reaktionsweisen rekonstruierte, mit denen die devoti dem ständigen Druck standhielten, dem regulierten Klerus beizutreten, stellte Kaspar Elm dar, wie sich die Bewegung programmatisch »zwischen das Kloster und die Welt« stellte. Indem er die devotio moderna als Spitze des Eisbergs dessen beschrieb, was er als »Semireligiosentum« bezeichnete, befreite Elm die devoti aus der Isolation, in die stolze niederländische Forscher »ihre« Bewegung gedrängt hatten.36
Die Bewegung der Brüder und Schwestern vom Gemeinsamen Leben erwies sich als erstaunlich erfolgreich. Allein innerhalb der Grenzen der heutigen Niederlande gab es zwischen 1380 und 1480, der Blütezeit der Bewegung, zweihundert Klosterneugründungen. Davon gehörten 35 Männerklöster und 30 Nonnenklöster zum Bereich der Windesheimer Kongregation. Es wäre allerdings genauer, die traditionelle Benennung umzukehren und die Bewegung als Schwestern und Brüder vom Gemeinsamen Leben zu bezeichnen, denn es ist noch nicht hinreichend aufgenommen worden, in welchem Maße es sich bei der devotio moderna um eine Frauenbewegung handelte. Mehr als 52 Prozent, nämlich 105 Häuser, waren Gemeinschaften von Schwestern, während lediglich 15 Prozent, insgesamt 30 Häuser, Einrichtungen der Brüder vom Gemeinsamen Leben waren.37
Am 3. April 1418, gegen Ende des Konzils von Konstanz, verteidigte Johannes Gerson die Bewegung gegen die von Matthäus Grabow erhobene Anklage der Häresie. Der Dominikaner Grabow hatte den Schwestern und Brüdern vorgeworfen, eine Deckmantelorganisation für Begharden und Beguinen zu sein. Man hat Gersons Verteidigung, auf Grund derer ihn die devoti als ihren Kirchenvater betrachteten, sehr viel Gewicht beigemessen, doch eine genaue Untersuchung der einzelnen Konvente zeigt, dass ein Haus nach dem anderen gezwungen wurde, eine offizielle Regel anzuerkennen - gewöhnlich jene des dritten Franziskanerordens. Matthäus Grabow übte demnach größeren Einfluss aus als Gerson. Ungeachtet dieser allgemeinen Tendenz zur Vereinheitlichung in Richtung der Windesheimer und zur Rückkehr zu klösterlichen Strukturen blieb Geert Grootes ursprüngliche Vision des Gemeinsamen Lebens als der entscheidenden Alternative zum Klosterleben in dem grundlegenden Prinzip erhalten, dem zufolge man religio nicht als klösterliche Existenz, sondern als christliches Leben begreifen sollte. Für alle drei Zweige der Bewegung - die Schwestern, die Brüder und die Regularkanoniker der Windesheimer Kongregation - galt: purus Christianus verus monachus (»der wahre Christ ist der wahre Mönch«).
Um Erasmus’ Verständnis der frühmodernen christlichen Stadt als religiöse Gemeinschaft - sein »großes Kloster« - sowie die Wirkung von Luthers Schrift De votis monasticis (1521) zu erfassen, gilt es zu berücksichtigen, dass die devotio moderna in all ihren Phasen stets darauf beharrte, dass sie der ältesten Regel, nämlich der Goldenen Regel, gehorchte und Jesus Christus als ihren höchsten Abt anerkannte. Ich interpretiere dieses Zeugnis so, dass die ursprüngliche Intention der Bewegung missverstanden wird, wenn man sie als anti-monastisch deutet. Stattdessen sollte man sie unter der Kategorie »Streben nach Heiligkeit« als Parallelerscheinung zur im fünfzehnten Jahrhundert wachsenden Bewegung der Observanten verstehen. Lediglich im Rahmen der Verteidigungsrhetorik gegen solche Angriffe wie jene Grabows konnte man das Programm der devotio als allgemeine spätmittelalterliche Kritik an den Bettelmönchen verstehen.
Dieselbe Vorsicht scheint gegenüber der neuesten Erforschung der spätmittelalterlichen Wurzeln des Antiklerikalismus angebracht. Selbst wenn man von der weitesten Definition des Begriffs ausgeht, findet man bei den Devoten keinerlei Spur eines Antiklerikalismus oder einer vergleichbaren Form der Geringschätzung des als nicht reformierbar geltenden Gemeindeklerus. Abschätzige Kritik sprechen nicht die devoti aus, sondern observante Bettelmönche. Aus den Tagebüchern und Chroniken der Brüder, die dazu gedrängt wurden, die Ordination anzustreben, spricht Zögerlichkeit und große Ehrfurcht vor dem Amt des Priesters. In dieser Ehrfurcht bekommen wir ein wesentliches Merkmal der Bewegung zu fassen, nämlich den timor Dei, die Gottesfurcht, die in den niederländischen Chroniken gewöhnlich mit dem Begriff vrees oder anxt wiedergegeben wird. Laut Thomas à Kempis und Petrus Hoorn, den Biographen Geert Grootes im fünfzehnten Jahrhundert, beherrschte diese ängstliche Ehrfurcht den Begründer der Bewegung so sehr, dass er sich sogar häufig der Eucharistie enthielt, weil er lieber spiritualiter als sacramentaliter am Abendmahlsgottesdienst teilnahm. Obwohl es interessant wäre, der Frage nachzugehen, in welcher Weise Grootes Empfindungen die Diskussion über Steven E. Ozments These befruchten könnten, der zufolge die Reformation
Zeitgleich mit der deutschen Ausgabe erscheinen die Essays von Heiko A. Oberman unter dem Titel »The Two Reformations. The Journey from the Last Days to the New World«, herausgegeben von Donald Weinstein bei Yale University Press, New Haven und London
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
© 2003 by Geertruida R. Oberman © der deutschen Ausgabe 2003 by Siedler Verlag, Berlin, einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH
 
Alle Rechte vorbehalten, auch das der fotomechanischen Wiedergabe.
 
Register: Brigitte Preissler, Berlin Schutzumschlag: Rothfos + Gabler, Hamburg
eISBN : 978-3-641-03717-8
Erste Auflage
 
Leseprobe
 

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