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Akito ist achtzehn, Student und mit seiner chaotischen und aufrührerischen Art eckt er nicht nur bei den Professoren, sondern auch bei den anderen Studenten an und somit beschränkt sich sein Freundeskreis weitestgehend auf den Nerd Tim. Doch dies ist für Akito auch ganz in Ordnung so, denn meistens hat er sowieso alle Hände voll damit zu tun, die nächsten Prüfungen zu bestehen und seine "Geschäftspartner", wie er sie nennt, zu befriedigen und dies im wahrsten Sinne des Wortes.
Jedoch werden die Ansprüche der reichen Studenten, mit denen Akito sich für Geld einlässt, immer höher. Vor allem Andrew, mit seiner sadistischen Ader, denkt sich immer ausgefallenere Spiele für ihn aus.
Und sei dies noch nicht genug, verliebt Akito sich auch noch in seinen neuen Mitbewohner, der jedoch ebenfalls ein schmutziges Geheimnis vor ihm zu verbergen versucht.
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Veröffentlichungsjahr: 2019
Impressum
Deutschland
1. Auflage Juli 2019
Urheber: Neobe Klein
Die Autorin schreibt unter einem Pseudonym und ist unter
zu erreichen.
Cover:
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Akito I
Zwischen Himmel und Hölle
Neobe Klein
Akito kniete auf dem schmalen Bett seines Zimmers. Seine
Hose war bis zu den Knien herunter gezogen, mit den Oberarmen stütze er sich an der Wand ab und hielt den Kopf gesenkt. Sein Körper wurde derweil in rhythmischen Bewegungen immer wieder nach vorne gestoßen. Das Atmen des Jungen hinter ihm, wurde stetig lauter und Akito versuchte sich, so gut es in seiner Position ging, mit den Armen von der Wand weg zu drücken, was ihm jedoch nicht wirklich gelang und so stieß sein Kopf, zwar leicht aber immer wieder an der Wand an.
„Hey verdammt, musst du dich so in mich hinein hämmern?!“, keifte Akito nach hinten. „Ich werde ne Beule bekommen.“
„Ha, ne Beule… das ist gut“, stöhnte es hinter ihm und Mike rammte sein Becken abermals gegen Akitos Arsch.
Dieser verdrehte genervt die Augen. Aber was wollte er auch von seinem momentanen Geschlechtsaktpartner erwarten, dessen Blut sich mit Sicherheit gerade nicht in seinem Kopf befand. Immerhin schien Mike diese kleine Unterhaltung zum Höhepunkt getrieben zu haben. Er keuchte, lauter als es in dem Wohnheimzimmer mit den dünnen Wänden gut war, auf und zog sich kurz darauf aus Akito zurück. Dieser fischte nach den Taschentüchern, die er zuvor bereit gelegt hatte und machte sich sauber, bevor er seine Hose wieder hoch zog. Mike tat es ihm gleich, stand vollends vom Bett auf und grinste ihn breit an.
„Hey, das war gut. Wir sollten öfter Dirtytalk machen.“
Noch bevor Akito seinen Gürtel geschlossen hatte, stand er ebenfalls auf und lief störrisch so dicht an Mike vorbei, dass dieser unweigerlich einen Schritt zurück treten musste, um einen Rempler zu vermeiden.
„Klar, kein Thema“, antwortete Akito tonlos und ohne Mike dabei anzusehen. Dann nahm er die fünfzig Euro, die auf dem Nachttisch lagen und steckte sie sich in die Hosentasche. „Kostet aber extra.“
„Du machst Witze?“, entgegnete Mike.
Akito drehte sich zu seinem neunzehnjährigen Gegenüber um und funkelte diesen mit seinen dunklen Augen herausfordernd an.
„Du weißt, übers Geschäft mache ich keine Witze!“
„Du bist ein verdammter Halsabschneider, weißt du das?“, murmelte Mike.
„Und du bekommst von deinen reichen Eltern so viel Geld in den Arsch geschoben, dass du gar nicht weißt, wohin damit. Also wo ist dein Problem?“
Abermals schienen Akitos Worte eine gänzlich andere Wirkung bei seinem Gesprächspartner zu erzielen, als erwartet, denn Mike verzog seinen Mund wieder zu einem anzüglichen Grinsen.
„Könntest du das nochmal sagen, wenn wir es treiben?“
Akito legte den Kopf in den Nacken, blies genervt die Luft zwischen den Zähnen aus und drehte sich wortlos um.
„Ach komm schon“, hielt Mike ihn immer noch feixend zurück. „Und ich werde dann sagen, dass ich dir ja quasi auch das Geld in den Arsch schiebe und dann könntest du …“
„Fünfzig mehr“, unterbrach Akito dessen Fantasien.
„Das ist Wucher!“
„Das ist der Preis. Entweder zu zahlst ihn oder du lässt es!“, erwiderte Akito gereizt und kramte seine Bücher und seinen Notizblock zusammen. Er hatte weiß Gott keine Lust sich bereits früh am Morgen schon mit diesem reichen Muttersöhnchen über solche Dinge zu streiten.
„Dann sagst du aber alles, was ich von dir hören will und glaube mir …“
Mike brach ab, als Akito die Zimmertür öffnete. Immerhin war es kurz vor acht Uhr, in den Gängen herrschte inzwischen reges Treiben und auch Mike war klar, nicht jeder musste diese Unterhaltung mitbekommen.
Akito trat indessen, ohne sich nochmals umzusehen auf den Gang hinaus und machte sich auf den Weg zur Uni. Er war wegen des Quickies gerade eh schon spät dran. Außerdem waren die Fronten, zumindest für ihn, geklärt.
Mike würde zahlen, soviel stand fest!
Und er würde sich so einiges einfallen lassen, was Akito dafür zu sagen hatte, das stand ebenfalls fest.
Etwas missmutig erreicht Akito kurz darauf den Vorlesungssaal. Als er damit angefangen hatte, war es noch einfacher gewesen den Jungs, für ein paar Gefälligkeiten, das Geld aus der Tasche zu ziehen. Inzwischen wurden deren Ansprüche, wenn man dies so nennen wollte, immer höher und die Dinge, die sie für das Geld verlangten immer ausgefallener und während er sich zur Uni beeilte, fragte er sich, warum zum Teufel er sich das antat!
Weil er, verdammt nochmal, keine reichen Eltern hatte, die ihm den ganzen Scheiß hier finanzierten, beantwortete er sich die Frage selbst, erreichte den Vorlesesaal und ging, wie immer in die hinterste Reihe.
Sein Freund Tim saß, auch wie immer, bereits auf ihren Stammplätzen und hatte die Nase tief in einem Buch vergraben. Als er Akito neben sich bewusst wurde, sah der rothaarige Junge, mit den Sommersprossen, auf und lächelte.
„Guten Mor…“
„Nein!“, unterbrach Akito mit einem Kopfschütteln und Seufzen.
„Also eigentlich ist die gewöhnliche Antwort auf Guten M…“
„Nein?!“, wiederholte Akito nochmals, als würde er einem kleinen Welpen gerade ein Leckerli verbieten. Wenn man es nicht so genau nahm, kam der Vergleich sogar ganz gut hin. Tim war ein gutes Jahr jünger als Akito und wenn man jemanden als grün hinter den Ohren beschreiben würde, dann ihn. Außerdem blickten ihn seine grünen Augen gerade mit einem Dackelblick an, der seines gleichen suchte und Akito musste unweigerlich grinsen.
„Sorry, aber GUT trifft es heute Morgen mit Sicherheit nicht!“, fügte er erklärend hinzu und setzte sich neben ihn.
„Du weißt, dass es sich dabei nur um eine Redewendung handelt, oder?“, hakte Tim wieder einmal besserwisserisch nach, obwohl ihm die Antwort sehr wohl klar war.
„Ich weiß“, gab Akito klein bei und streckte die Arme in die Höhe, um die Müdigkeit aus seinen Gliedern zu vertreiben, was jedoch nur mäßig gelang.
„Was war los?“
„Ach nichts“, versuchte Akito abzuwiegeln. „Hatte nur heute Morgen geschäftlich zu tun und ich bin mir ziemlich sicher, bei den Verhandlungen danach, den Kürzeren gezogen zu haben.“
„Du bestehst immer noch darauf, deine Eskapaden mit anderen Studenten als Geschäft zu bezeichnen?“, fragte Tim belustigt nach.
„Natürlich!“, antwortete Akito und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. „Weil es genau das ist, Geschäft!“
Tim schüttelte zweifelnd den Kopf. Er konnte immer noch nicht verstehen, wie Akito so abgeklärt darüber sprechen konnte. Immerhin hatte er Sex für Geld!
„Wie du meinst“, antwortete Tim nach einiger Zeit resignierend. Zu oft hatten sie diese Diskussion schon geführt, mit dem einzigen Ergebnis, dass sie sich nicht einig werden würden. „Und mit wem, wenn ich fragen darf?“
Anstatt zu antworten, setzte sich Akito wieder aufrecht und schlug seinen Block, den er mit den Büchern auf den Tisch gelegt hatte auf und studierte anscheinend konzentriert seine Notizen darauf.
„Hey, mit wem?“, fragte Tim erneut.
Abermals versuchte Akito eine Antwort zu umgehen, indem er mit dem Zeigefinger auf einen Absatz seiner Notizen deutete. „Hast du das eigentlich verstanden oder bin ich nur zu blöd dafür?“
Nun war es Tim, der Akitos Worte ignorierte und dessen Gesichtsausdruck verriet, dass er inzwischen so eine Ahnung auf die Antwort seiner Frage hatte.
„Sag es mir!“, forderte Tim wieder.
„Würde dir nicht gefallen“, bestätigte Akito dessen Vermutung.
„Oh … also mit Mike.“
Akito nickte leicht und versuchte das Gespräch wieder auf diese blöden Notizen zu lenken, was Tim abermals gekonnt ignorierte.
„Und … und was habt ihr so … also …?“
Akito seufzte schwer und strich sich eine Strähne seiner dunkelbraunen, fast schwarzen Haare aus dem Gesicht. Nein, dieser Morgen war definitiv alles, nur nicht gut!
Schon seit über einem Jahr war Tim nun in Mike verknallt, hatte es bisher allerdings nicht einmal gewagt, diesen anzusprechen. Und dass Akito mit diesem immer wieder zugange war, machte das Ganze auch nicht wirklich besser. Und nein, nicht alle Studenten hier waren schwul, so wie Akito und Tim. Genau genommen hatte Akito Wochen gebraucht, bis er seine jetzigen zwei „Geschäftspartner“ gefunden hatte, wie Akito sie immer noch am liebsten nannte.
„Komm schon, sag es mir!“, forderte Tim erneut, obwohl auch er wissen musste, dass er sich damit keinen Gefallen tat.
„Er hat rote Rosen auf meinem Bett verteilt, dutzende Kerzen angezündet und wir haben lange Zeit gekuschelt und geredet“, erklärte Akito trocken.
Tims Augen weiteten sich, wohl bereits mit der Vorstellung im Kopf, wie es wohl sein würde, in einem Bett voller Rosen neben seinem Angebeteten zu liegen.
„Wirklich?!“, hakte Tim mit glasigen Augen voller dummer Romantik nach.
„NEIN! Und jetzt mach den Mund wieder zu, bevor du noch zu sabbern anfängst!“
Tatsächlich schloss Tim seinen Mund wieder und sah beschämt zur Seite.
„Glaub mir, du würdest ihn nicht wollen, wenn du ihn kennen würdest!“, versuchte Akito seinem Freund gut zuzureden. Und dies war sogar die Wahrheit. Vom Äußeren her war Mike mit Sicherheit ein Augenschmaus. Groß, mit breiten Schultern, Sportler eben, und mit seinen blonden, kurz geschnittenen Haaren und den stahlblauen Augen die einem aus dem, immer sonnengebräunten Gesicht entgegen strahlten, konnte dieser Typ einem schon den Kopf verdrehen. Auch Akito hatte sich bereits als Gewinner des Jackpots gesehen, als dieser Junge auf seine unmoralischen Avancen angesprungen war. Doch inzwischen….
„Ich würde das gerne selbst heraus finden“, antwortete Tim missmutig und riss Akito dabei aus seinen Gedanken und wenigstens in diesem Moment geschah etwas Positives, denn ihr Professor kam gerade zur Tür herein und unterbrach somit dieses unangenehme Gespräch.
Akitos Versöhnungsmoment mit dem heutigen Morgen wurde jedoch abrupt zerstört, als er den Professor als Herrn Braun identifizierte und irritiert die Augen zusammen zwickte.
„Ist der Weißhaupt krank, oder wie?“, erkundigte Akito sich immer noch verwundert.
„Aki …“, antwortete Tim kopfschüttelnd. „Heute ist Mittwoch! Weißhaupt hält morgen Vorlesung!“
„Ah … verdammt!“, stöhnte Akito auf, ließ seinen Kopf schwer auf die Tischplatte sinken und rollte sein Gesicht leise fluchend über den Block mit den falschen Notizen für die heutige Vorlesung.
Ein paar Tage später kam Akito pünktlich und eher gut
gelaunt in den Vorlesungssaal. Es hatte an diesem Morgen keine unangemeldeten, geschäftlichen Termine gegeben und sogar der Kaffeeautomat im Wohnheim hatte ausnahmsweise einmal funktioniert. Mit einem Lächeln ließ Akito sich neben Tim auf seinen Stuhl fallen und nippte an seinem Kaffeebecher.
„Guten Morgen!“, begrüßte er seinen rothaarigen Freund, der ihn kopfschüttelnd ansah.
„Ach, heute sind wir wieder bei, guten Morgen, ja?!“
„Yep!“
Gerade wollte Akito noch etwas hinzufügen, als ihm, ein paar Reihen weiter links ein neues Gesicht auffiel. Etwas verwundert musterte er den Neuen. Es war eher ungewöhnlich, dass mitten im Semester neue Studenten hinzukamen. Also stieß er Tim kurz mit dem Ellenbogen an und deutete auf seine Sichtung.
„Hey, wer ist das?“
Doch auch Tim zuckte nur mit den Schultern und normalerweise wusste dieser über alles und jeden Bescheid.
Akito musterte den neuen Studenten eingehender. Er sah eigentlich ganz nett aus. Er trug eine lässige Jeans, die am Knie etwas abgewetzt und aufgerissen war und das augenscheinlich nicht, weil es gerade der neueste Schrei der Mode war.
„Aber was macht der auf einmal hier?“, hakte Akito nochmals nach.
„Keine Ahnung. Aber wenn du willst, kann ich es für dich herausfinden“, erwiderte Tim schmunzelnd.
Auch Tim musterte den neuen Studenten eingehender. Der Haarschnitt dessen hellbraunen, fast blonden Haare würde er als modisch und adrett beschreiben, ansonsten machte er einen sehr gepflegten, aber eher legeren Eindruck. Kein Wunder, dass Akito mehr über ihn wissen wollte. Dennoch glaubte Tim nicht, dass der Neue einer von Akitos neuen „Geschäftspartnern“ werden würde. Denn Akito suchte sich nur wirklich reiche Jungs aus, die eben auch das nötige Kleingeld besaßen, um ihn für seine Dienste zu bezahlen und für einen dieser Muttersöhnchen, wie Akito sie gerne nannte, passten weder Outfit, noch Haltung oder Ausstrahlung des neuen Studenten. Denn obwohl diesem inzwischen auch aufgefallen war, dass er von ihnen angestarrt wurde, lächelte dieser kurz und etwas scheu, senkte dann aber sofort den Blick und starrte auf die Tischplatte vor sich. Mike oder Andrew hätten definitiv ganz anders reagiert!
Auch Tim sah, fast schuldbewusst wieder auf seinen Tisch mit den vielen Büchern darauf. Nur Akito starrte einfach unbeirrt weiter zu dem Jungen. Er schätzte ihn auf das gleiche Alter wie er, also neunzehn und irgendwas an der schüchternen und etwas distanzierten Art, dieses Jungen gefiel ihm. Oder vielleicht waren es auch nur die grauen, hellen Augen und der, mit Sicherheit gut trainierte Body, der sich unter dessen Shirt abzeichnete.
„Dachte ich mir, dass er in dein Beuteschema….“
Tim brach ab, als Professor Braun den Saal betrat und sich ans Rednerpult stellte.
„Was zum Geier …“, stöhnte Akito gequält auf. „Bin ich schon wieder auf dem falschen Wochentag oder was macht der Braun schon wieder hier?!“
Doch auch Tim schüttelte nur ratlos den Kopf.
„Kein Plan“, flüsterte Tim, während Professor Braun den Hörsaal auffällig musterte.
„Ah … Herr Götzenberger! Sie sind also bereits hier“, erklang Brauns dunkle, raue Stimme.
Der angesprochene neue Student sah etwas überrascht auf, deutete ein Nicken an, erwiderte aber sonst nichts, sondern presste den Mund zu einem schmalen Strich zusammen.
„Sehr gut“, ergriff Professor Braun daher wieder das Wort. „Ich muss gleich zu einer Konferenz und wollte nur sicher gehen, dass Sie gut angekommen sind.“
„Michael also“, flüsterte Akito gerade seinem Sitznachbarn zu, als sein eigener Name aufgerufen wurde.
„Akito Sorokin?“, fragte Professor Braun suchend nach vorne.
„Was denn zum Teufel?“, murrte Akito leise in sich hinein, bevor er den Arm hob und sich etwas lauter mit „Ja … hier?“, meldete.
„Ah … da sind Sie ja. Heute ausnahmsweise einmal pünktlich, ja?“
Die anderen Studenten fanden diesen schalen Spruch wohl sehr erheiternd, denn ein Kichern ging durch die Reihen.
„Yep, bin ich. Hab heute Morgen auch nicht mit ihnen gerechnet, Herr Braun“, gab Akito patzig zurück.
„Und wie immer die Freundlichkeit in Person, Herr Sorokin, aber ich habe von Ihnen auch nichts anderes erwartet. Daher kommen wir zu Sache. Würden Sie, ausnahmsweise so freundlich sein und Herrn Götzenberger sein Zimmer im Wohnheim zeigen und ihm vielleicht beim Einzug etwas behilflich sein?“
„Hä?“
Tatsächlich war Akito mehr als erstaunt, warum gerade er dazu auserkoren worden war, ihm dieses zu zeigen.
„Hä ist keine Antwort!“
„Ähm … ja, von mir aus?“, schlug Akito ausweichend vor.
„Sehr gut“, gab Professor Braun sich mit dieser Antwort zufrieden, drehte sich um und machte sich bereits wieder auf den Weg zum Ausgang, als Akito aufstand.
„Äh … ja … und in welches Zimmer soll ich ihn bringen?“, hakte er immer noch etwas überfahren nach.
Professor Braun drehte sich betont langsam nochmals zu ihm um.
„Na, zu ihrem Zimmer, Herr Sorokin. Das zweite Bett ist bei Ihnen doch noch frei oder etwa nicht?“, erklärte Braun mit einem unüberhörbar anspielendem Unterton. Denn natürlich waren den Professoren Akitos Ausschweifungen mit den anderen Studenten nicht gänzlich verborgen geblieben, jedoch hatte man ihn bisher nie in flagranti erwischen und somit auch keinen Verweis erteilen können.
Während Akito immer noch nach Worten suchte, hatte Braun sich bereits wieder umgedreht, als dieser ihn abermals aufhielt.
„Ich will aber niemanden auf meinem Zimmer haben!“, protestierte Akito mit dem Ersten was ihm einfiel.
Wieder drehte Professor Braun sich um und diesmal glitzerte eindeutig Zorn in den Augen des älteren Mannes.
„Das wäre ja eine ganz neue Seite an Ihnen und so lang Sie nicht das zweite Bett bezahlen, entscheidet die Verwaltung über die Belegung der Zimmer. Verstanden, Herr Sorokin?!“
Dieser biss vor Wut die Zähne zusammen und brachte nur ein zerknirschtes „Ja, verstanden“ heraus, während sich die anderen offensichtlich köstlich über dieses kleine Streitgespräch amüsierten.
Als Akito sich mit brodelndem Zorn im Bauch wieder setzte und nach vorne starrte, zupfte Tim ihn am Shirt.
„Was?!“, zischte Akito.
Tim antwortete nicht direkt, sondern zeigte nur mit niedergeschlagenem Blick nach links. Dorthin wo Michael inzwischen mit verschränkten Armen und steinernem Blick auf den Boden saß.
„Ah …. Fuck!“, fluchte Akito, lauter als vorgehabt.
Natürlich konnte der Neue nicht wissen, aus welchen Gründen er keinen Mitbewohner wollte, aber das sollte er lieber nach der Vorlesung klären, denn in diesem Moment kam Professor Weißenberger in den Saal und begann sofort mit seiner Vorlesung.
Dessen Worten konnte Akito nur sehr unkonzentriert folgen, da seine Gedanken immer wieder abschweiften. Ein Mitbewohner war ganz und gar nicht gut für die, meist unangemeldeten Besuche von Mike oder Andrew.
„Vielleicht ist es nur eine Übergangslösung“, hatte Tim wohl Akitos abwesende und nachdenkliche Miene richtig gedeutet und wollte ihn anscheinend aufmuntern.
Akito zuckte mit den Schultern.
„Ja, vielleicht. Wir werden sehen. Hast du heute Nachmittag Zeit?“, wechselte er schnell das Thema, bevor er sich noch mehr Gedanken machen würde.
„Ja, hab ich“, flüsterte Tim zurück, als Professor Weißhaupt auf ihre kleine Unterhaltung aufmerksam geworden war und sie mit strafenden Blick ansah.
„Prima. Um drei Uhr auf dem Platz?“, wisperte Akito noch schnell zurück und Tim nickte kurz, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder nach vorne richteten und der Professor ungestört seine Vorlesung weiter abhalten konnte.
Nach neunzig, endlosen Minuten hatten sie es endlich geschafft. Akito packte seine Sachen in den Rucksack, legte das freundlichste Lächeln, welches er gerade zustande brachte auf und ging zu seinem neuen und hoffentlich nur vorübergehenden Mitbewohner.
Dieser sah ihm augenscheinlich ebenfalls mit gemischten Gefühlen entgegen, rang sich dann aber immerhin auch ein leichtes Lächeln ab.
„Hi“, begrüßte Akito ihn und rieb sich etwas unsicher mit der Hand den Nacken.
„Hi“, kam einsilbig zurück und Akito war klar, er musste den ersten Schritt machen.
„Tut mir leid wegen vorhin …. War wirklich nicht persönlich gegen dich. Öhm … mir ist es nur lieber, wenn ich einfach meine Ruhe habe.“
„Schon okay“, erklärte Michael mit einem Ton in der Stimme, der klar machte, wie unwohl er sich dennoch fühlte und so entstand ein ungemütliches Schweigen, welches wiederum Akito brach.
„Na dann. Also … ich bin Akito, aber das hast du ja vorhin wahrscheinlich bereits mitbekommen.“
„Michael“, stellte sich sein Gegenüber ebenfalls nochmal vor und stand auf.
Zusammen verließen sie den Hörsaal und kurz darauf das Gelände der Universität.
„Ist nicht weit bis zum Wohnheim“, erklärte Akito. „Nur fünf Minuten zu Fuß oder hast du noch irgendwelche Sachen im Auto oder so, die du holen musst?“
„Nein, kein Auto“, gab Michael einsilbig zurück und Akito zog nachdenklich die Augenbrauen zusammen. Er selbst besaß natürlich auch kein Auto, jedoch inzwischen jeder Student, der einigermaßen Kohle hatte, was er somit bei diesem Michael wohl inzwischen komplett ausschließen konnte.
„Na gut“, antwortete Akito, deutete mit der Hand kurz in die Richtung, in die sie gehen mussten und lief los.
Erst im Wohnheim angekommen, hakte Akito nochmals nach.
„Du hast nichts dabei? Koffer oder so?“
„Ähm … mir wurde gesagt, sie stellen meinen Koffer vor die Tür des Zimmers.“
Akito legte den Kopf schief und konnte sich ein leicht schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen.
„Okay … wow … das ist mutig“, sagte Akito, als Michael ihn fragend ansah. „Ich hoffe, du hattest nichts Wertvolles darin.“
„Wieso?“
„Oh, das wirst du noch mitbekommen. Die Leute hier klauen wie die Raben. Zumindest Dinge die besitzerlos in der Gegend herum stehen, so wie ein Koffer zum Beispiel.“
„Na toll!“
Immer noch in sich hinein grinsend ging Akito, nun allerdings etwas schneller die Treppen hinauf zum dritten Stock, in dem sein Zimmer lag. Immerhin stand der Koffer tatsächlich noch vor der Tür und so wie es aussah, war er auch noch verschossen.
Also sperrte Akito die Zimmertür auf und ging hinein. Erst jetzt und als zu dem zweiten Bett im Raum sah, wurde ihm bewusst, wie chaotisch es hier aussah und so schnappte er sich zumindest schnell die Dinge, die er unachtsam auf das zweite Bett geschmissen und dort liegen gelassen hatte und räumte sie weg.
Als er damit fertig war, hatte Michael seinen Koffer bereits herein geschleppt, stand nun etwas unschlüssig da und sah sich um.
„Sorry, ich hab nicht aufgeräumt, aber ich hatte keine Ahnung von deiner Ankunft heute“, ergriff Akito die Gelegenheit am Schopf. „Was mich zu der Frage bringt, warum du mitten im Semester hier auftauchst?! Seid ihr umgezogen?“
Das war zumindest für Akito die einzig mögliche Erklärung. Doch selbst in diesem Fall sahen die meisten zu, dies nicht unbedingt während eines Semesters zu tun.
„Ähm … ja … also ich bin umgezogen, wie du ja siehst und …“
Michael brach ab, als die Tür, die er wegen des großen Koffers nur angelehnt hatte, urplötzlich aufgerissen wurde.
„Aki … du bist also schon hier. Schwing deinen süßen, kleinen Arsch….“
Auch der junge Mann, der so unbeschwert gerade in ihr Zimmer geplatzt war, brach mitten im Satz ab, als er neben Akito einer weiteren Person im Zimmer gewahr wurde.
„Wer zum Teufel ist das?“, wollte er fremde Junge wissen und sah Akito aus zusammen gezogenen Augen und mit vorwurfsvollem Blick an, während Michael, mehr als perplex zwischen den beiden hin und her sah.
„Verdammt, Andrew, hast du schon mal was von anklopfen gehört?!“, zischte Akito böse zurück.
„Also, bevor irgendwelche falschen Eindrücke entstehen“, mischte sich Michael ein und zog sich, unerwarteter Weise anscheinend gerade die Missgunst beider Anwesenden hier im Raum zu, trotzdem sprach er weiter. „Ich bin Michael, der neue Mitbewohner von Akito und heute erst angekommen.“
Bei den Worten streckte Michael zur Begrüßung die Hand in die Richtung des fremden Jungens aus, doch dieser ignorierte diese, genauso wie seine Worte.
„Du hast mir nichts von einem neuen Mitbewohner erzählt?“, wandte Andrew sich stattdessen wieder an Akito und Michael kam sich mit ignorierter, ausgestreckter Hand ziemlich blöd vor und ließ sie wieder sinken.
„Selbst wenn ich es gewusst hätte, hätte ich dir davon nichts sagen brauchen!“, begehrte Akito sofort auf, während Michael sich immer unwohler zu fühlen begann.
Was war das hier?
Wenn er raten müsste, würde er sagen, dass er hier anscheinend eine kleine Eifersuchtsszene ausgelöst hatte. War Akito schwul und das hier sein Freund? Doch anders konnte er sich das Verhalten der beiden nicht erklären.
Andrew starrte Akito noch einen Moment lang böse an, dann winkte er ab.
„Wie auch immer. In einer Stunde bei mir, verstanden?!“
„Was? In einer Stunde? Ich hatte heute eigentlich vor…“
„In einer Stunde, kapiert!“, unterbrach Andrew ihn in schroffen Ton.
„Ja, ist ja gut! Ich werde kommen“, blaffte dieser zurück, während Michael mit diesem Gespräch, welches sich vor ihm abspielte, immer mehr überfordert war.
Anfangs hätte er fast darauf gewettet, er hatte es hier mit einem Pärchen zu tun, von dem ein Part definitiv sehr eifersüchtig war. Die letzten Sätze klangen mehr nach … nein, er hatte beim besten Willen keine Ahnung, in welchem Verhältnis man so miteinander sprach.
Als Andrew das Zimmer wieder verlassen hatte, natürlich nicht ohne dabei zornig die Tür hinter sich zuzuknallen, sah Michael sein verbliebenes Gegenüber verwirrt an.
„Ähm …. Sorry, ich wollte nicht…“, begann er, brach dann aber ab, als er wirklich nicht wusste, was er dazu noch sagen sollte.
„Kein Ding. Der ist immer so scheiße drauf“, wiegelte Akito ab.
„Ah…ach so. Dann ist das nicht dein fester Freund?“
Fast im selben Augenblick, als diese Worte seinen Mund verlassen hatten, biss Michael sich auf die Zunge, bis es wehtat. Noch dämlicher und taktloser konnte man wohl nicht nachfragen! Aber er konnte selbst nicht sagen, warum es ihn so brennend interessierte, was die beiden miteinander hatten. Oder war es einfach auch nur das Interesse an diesem Akito, der ihn jetzt mit seinen dunklen Augen zornig anfunkelte.
„Meinem WAS?“, hakte dieser sofort und fast schon entsetzt nach.
Michael sah ertappt zu Boden. Hatte er die Situation doch ganz falsch eingeschätzt? Hatte er vielleicht nur verstanden, was er daraus verstehen hatte wollen?
„Tut … tut mir wirklich leid … ich …“, fing Michael kleinlaut zu stottern an.
„Das will ich hoffen“, keifte Akito abermals. „Lieber würde ich mich erschießen, als mit diesem Arschloch zusammen zu sein!“
Dies war zumindest nicht gelogen! Freiwillig würde er sich niemals auf Andrew einlassen, so viel stand fest.
„Nochmal, es tut mir leid!“, begann Michael abermals zerknirscht, obwohl er innerlich und heimlich lächelte. Denn auf der einen Seite hatte Akito zwar klar gemacht, dass er von diesem Andrew nichts wollte, aber auf der anderen, hatte er damit nicht bestritten, schwul zu sein. Sofort beendete Michael diesen Gedanken. Selbst wenn sein Mitbewohner ebenfalls auf Männer stand und definitiv etwas an sich hatte, was ihn faszinierte, so sollte er sich in nächster Zeit oder auch für die nächsten Jahre, lieber auf niemanden mehr einlassen!
„Ich geh dann mal ins Bad“ unterbrach Akito dessen Gedanken, von denen Michael hoffte, sie waren nicht allzu deutlich in seinem Gesicht gestanden.
Mehr als eine halbe Stunde später kam Akito wieder aus dem Badezimmer und auch wenn Michael nur zu gerne noch einmal nachgehakt hätte, was es denn nun mit diesem Andrew auf sich hatte, verabschiedete er sich ebenfalls nur mit einem kurzen Nicken.
Als Akito das Wohnheim verließ, sah er auf sein Handy. Er hatte Tim bereits geschrieben, er würde es erst etwa eine Stunde später zu ihrem Treffen schaffen.
Tim hatte nur mit „Okay. Bis später“ geantwortet und Akito überlegte kurz, ob er vielleicht ganz absagen sollte. Er hasste es, wenn Tim mitbekam, wie er nach den Treffen mit Andrew durch den Wind war. Andererseits war er dann auch nicht gerne alleine und außerdem würde er nur zu gerne erfahren, woher dieser Michael kam, mit dem er ja nun zusammen wohnte und so wie er seinen Freund Tim kannte, hatte dieser mit Sicherheit bereits etwas darüber heraus gefunden.
Akito sah noch kurz auf die Uhrzeit in seinem Handy und steckte es dann in die Hosentasche. Es war inzwischen eine dreiviertel Stunde her, als Andrew bei ihm war und er brauchte etwa eine halbe Stunde zu dessen Wohnung. Allerdings hatte er sowieso nicht vor gehabt, pünktlich zu sein.
Also schlenderte er gemütlich durch die Straßen.