Alpengold 308 - Sabine Holler - E-Book

Alpengold 308 E-Book

Sabine Holler

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Beschreibung

Im warmen Sommerwind ...
Ein Fremder setzt Hannis Herz in Flammen
Von Sabine Holler

Hanni, die Tochter des Senns von der Dießl-Alm, ist jung, hübsch und allzu gutgläubig. Einen Liebsten hat sie noch nicht.
Doch dann kommt eines Tages ein Fremder auf die Alm, der um ein Nachtquartier bittet. Er heißt Andreas Kobl und stammt aus Tirol.
Es fällt dem feschen Burschen nicht schwer, Hannis Herz in Flammen zu setzen. Doch so plötzlich, wie er kam, so schnell verschwindet Andreas wieder aus Hannis Leben. Zurück bleibt ein verzweifeltes Mädchen, das das Kind eines Abenteurers unter dem Herzen trägt ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Im warmen Sommerwind …

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag / Michael Wolf

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-8822-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Im warmen Sommerwind …

Ein Fremder setzt Hannis Herz in Flammen

Von Sabine Holler

Hanni, die Tochter des Senns von der Dießl-Alm, ist jung, hübsch und allzu gutgläubig. Einen Liebsten hat sie noch nicht.

Doch dann kommt eines Tages ein Fremder auf die Alm, der um ein Nachtquartier bittet. Er heißt Andreas Kobl und stammt aus Tirol.

Es fällt dem feschen Burschen nicht schwer, Hannis Herz in Flammen zu setzen. Doch so plötzlich, wie er kam, so schnell verschwindet Andreas wieder aus Hannis Leben. Zurück bleibt ein verzweifeltes Mädchen, das das Kind eines Abenteurers unter dem Herzen trägt …

An einem Freitagnachmittag im Mai saßen im Gasthaus „Zum Goldenen Hahn“ in dem Bergdorf Finkenberg einige Holzknechte beieinander und tranken. Die Sonne brannte vom Himmel, als wäre schon Hochsommer, das machte Durst.

Der Freitag war außerdem der Lohntag. Sie hatten alle ihren Wochenverdienst erhalten, und in ihren Taschen klimperte das Geld. Immer lauter und lustiger wurde die Unterhaltung.

„Willst du wirklich auf die Lugspitze steigen, Anderl?“, wandte sich jetzt der Blasius an den Kobl-Andreas, den Südtiroler.

Der fuhr herum und blitzte den Blasius mit seinen schwarzen Augen kriegerisch an. Genauso schwarz wie die Augen war das gelockte Haar. Einen dicken dunklen Strich bildeten die schwarzen Brauen in dem sonnenverbrannten Gesicht mit der kühnen Raubvogelnase.

„Zweifelst du etwa an meinen Worten?“, rief der Andreas und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. „Das verbitt’ ich mir!“

„Nein, zweifeln tu ich net“, stellte Blasius gleich richtig. „Ich trau dir’s schon zu. Ich weiß ja, dass du ein guter Bergsteiger bist und mutig genug, um so etwas zu unternehmen. Ich glaub’ nur net dran, dass sich der Berg von der Südseite her angehen lässt!“

„Und ich sag’ dir, es geht“, widersprach Andreas stur. „Und so wahr ich der Kobl-Andreas bin, ich werd’s versuchen.“

„Mei, das ist ein Wort“, meinte der Gustl bedächtig. „Ihr habt’s alle gehört. Wer net glaubt, dass er’s schafft, muss dagegen wetten. Ich für meinen Teil bin auf seiner Seite.“

„Und ich mein’, dass es einfach unmöglich ist.“ So ließ sich der Kuno vernehmen.

Gustl zählte die Stimmen zusammen. Sie standen drei zu vier, denn sieben Holzknechte waren es.

Jeder zahlte einen Zwanziger ein, und der Gustl führte Buch. Er sammelte die Scheine und schob sie in seine Brieftasche. Die Namen schrieb er ins Notizbuch.

„He, Wirt, eine Runde für uns alle!“, rief der Andreas und ließ Obstler bringen. Damit sollte die Wette begossen werden.

„Gleich morgen steig’ ich hinauf“, verkündete der Andreas. „Das Wetter ist günstig, und ich bin gut in Form.“

Die Holzfäller wohnten, soweit sie nicht in Finkenberg und den umliegenden Dörfern daheim waren, in Holzbaracken, die am Eingang zum Buchenwald aufgestellt worden waren. Nachdem sie ihre Wette abgeschlossen hatten, zogen sie singend und mit lautem Hallo bergan.

Für den Andreas wurde es Zeit. Er musste ja noch seine Ausrüstung für den Gang auf die Lugspitze zusammenstellen.

Die Lugspitze war nur über die Beerenhalde zu erreichen. Das war ein langgestreckter Berg mit einem breiten Hochplateau. Im Westen ging es in ein Karstgebiet über, wo die Schafe weideten. Im Osten schmiegten sich grüne Matten an die Flanke der Lugspitze. Hier hatte der Dießl-Bauer, dessen Hof sich im nächsten Weiler befand, seine Alm.

Das Dorf Finkenberg befand sich in einem Hochtal, das von gewaltigen Bergen umgeben war. Wie steinerne Wächter umstanden sie die buntgetünchten Bauernhäuser, die sich um das weiße Kirchlein mit dem Zwiebelturm scharten wie die Küchlein um eine Glucke.

Am Ende eines Seitentals des Zillertals lag dieses weltabgeschiedene Dorf. Nur eine einzige Serpentinenstraße führte dorthin. Dreimal am Tag verkehrte hier ein klappriger Bus. Wer kein eigenes Fahrzeug hatte, war allein auf dieses Verkehrsmittel angewiesen, wenn er Verbindung mit der Außenwelt aufnehmen wollte.

Mehrmals schon hatten die Straßenplaner das Dorf Finkenberg durch einen Tunnel und eine neue Straße den Touristen erschließen wollen. Aber jedesmal hatte der Gemeinderat dagegen gestimmt.

„Bei uns soll alles so bleiben, wie ist es“, hieß es. „Wir wollen die Hektik und den Lärm net. In der guten alten Zeit sind unsere Vorfahren auch ohne das ganze Tamtam ausgekommen.“

Während sie zu ihren Baracken aufwärtsstiegen, sagte der Blasius zum Gustl: „Vollkommen verrückt ist es, was der Anderl sich da vorgenommen hat. Der einzige Weg auf die Lugspitze führt von Norden her auf den Berg. Wenn er es von Süden aus versuchen will, braucht er zumindest einen Helfer. Allein kann er es nie und nimmer schaffen!“

„Du wirst dich wundern, Blasius, ich mach’s allein!“, schrie der Andreas, der diese Worte gehört hatte. „Ich fürcht’ mich net vor dem Berg. Im Gegenteil, ich bin ganz wild drauf, ihn zu bezwingen.“

In der Tat war das Bergsteigen von Kindheit an die Leidenschaft von Andreas Kobl. Jede steile Wand hatte ihn gelockt. Vor keiner Schwierigkeit hatte er kapituliert. Auf eine stolze Reihe von Gipfelsiegen konnte er zurückschauen. Manchmal war es geradezu, als versetze ihn der Anblick eines steilen, wolkenumwobenen Berges in eine Art von Rausch. Es war, als riefen ihn die Berge und zögen ihn magisch zu sich hinauf.

Auch jetzt leuchteten die schwarzen Augen des Südtirolers in fanatischem Glanz. Er blieb stehen und starrte hinüber zur Lugspitze.

„Heut abend steig’ ich noch hinauf zur Alm und übernachte dort“, verkündete er. „Und morgen Nacht bin oben am Gipfel.“ Mit der ausgestreckten Hand wies er dorthin und erklärte: „In der Nische unter der Spitze werd’ ich übernachten. Sie bietet Platz genug für einen Mann. Geschützt vor dem Wind, kann man dort campieren. Ganz genau weiß ich Bescheid, denn ich bin ja von Norden her schon droben gewesen.“

„Am Sonntag soll dann wohl der Abstieg stattfinden, wie?“, erkundigte sich der Blasius.

„Ja, freilich, der Samstag und der Sonntag gehören mir. Das sind keine Arbeitstage, da raub’ ich keinem etwas.“

Dann waren sie bei der Baracke angekommen, und sofort begann der Andreas den Rucksack zu packen. Er schnürte sich die Bergstiefel zu, schlang sich das Seil um die Brust und hängte sich das Werkzeug an die Riemen des Rucksacks.

Zum Schluss stülpte er noch eine gestrickte Pudelmütze auf das schwarze Haar, dann konnte es losgehen.

Seine Kameraden winkten ihm noch eine Weile nach, dann überließen sie ihn seinem ungewissen Schicksal. Vor morgen wurde es ja nicht interessant. Erst dann würde der Andreas auf der Lugspitze zu sehen sein, die er von Süden her ersteigen wollte.

***

Da der Andreas aus Südtirol stammte, wusste er nicht, welche Leute sich auf der Alm befanden. Doch es war selbstverständlich, dass dort oben ein Senn seine Arbeit verrichtete und das Vieh des Dießl-Bauern hütete.

Diesen Senn wollte der Andreas um ein Nachtlager bitten. Er vertraute dabei auf die Gastfreundschaft in den Bergen, die keinen von der Tür weist, der in der Einsamkeit eine Unterkunft sucht.

Zwei Stunden brauchte er, bis er die Alm erreicht hatte. Um diese Zeit ging die Sonne als rotglühende Scheibe unter.

Ein hübsches blondes Madel war in der kleinen Küche der Almhütte gerade dabei, die Abendsupppe zu bereiten. Die Krummbiegel-Hanni war’s. Ihr Vater, der Alois, war mit dem Melken der Kühe beschäftigt. Sommer für Sommer arbeitete er als Senn auf der Alm des Dießl-Bauern.

Andreas schritt über die grünen Matten, auf denen die Almhütte stand. Da plätscherte auch das Quellwasser in den Brunnentrog.

Da es hier oben sehr still war und das Bild sich niemals veränderte, fiel ein Ankömmling natürlich sofort auf.

Hanni sah ihn vom Küchenfenster aus, vor dem sie wirtschaftete. Sie war gerade dabei, aus einem Mehlteig flache Kuchen zu formen und in die Pfanne zu legen, in der bereits würziger Speck brutzelte.

Der Fremde, der da die Wiese entlangkam, sah gut aus, fand sie. Er war groß und biegsam wie eine der alleinstehenden Fichten, die den Bergwinden trotzten. Elastisch war sein Gang und verriet Körperkraft und Zähigkeit. Die Pudelmütze saß keck auf dem Kopf und ließ viel von dem rabenschwarzen Haar sehen.

Kühn gebogen war die Nase. Aber das Bemerkenswerteste an ihm waren die blitzenden schwarzen Augen, die eilig hin und her hutschten und alles in sich aufzunehmen schienen.

Jetzt war er so nah herangekommen, dass er auch die Hanni hinter dem Fenster der Hütte sah und sie mit einem Lächeln bedachte.

„Grüß Gott, Madel“, sagte er dann, in die offene Tür tretend. „Kann ich hier wohl gegen ein Entgelt ein Abendessen und ein Nachtlager bekommen? Ich will auf die Lugspitze steigen.“

„Von hier aus?“, fragte sie erschrocken. „Das geht doch net! Der Weg auf die Lugspitze führt von Norden hoch.“

„Ich will’s aber von Süden her versuchen“, erwiderte er.

„Das ist gefährlich“, stellte sie fest. „Von Süden her ist der Aufstieg schwierig und das Gestein brüchig. Außerdem musst du das Hochmoor durchqueren, um zum Fuß des Berges zu gelangen. Wenn du den Weg net kennst, bist du verloren.“

„Ich nehm’ an, dass du ihn kennst“, antwortete er ihr. „Morgen früh wirst du mitgehen und ihn mir zeigen. Ich bezahl’ dich gut.“

„Das darf ich nur, wenn der Vater es mir erlaubt“, erwiderte sie. „Ich bin net allein hier oben. Mein Vater, der Krummbiegel-Alois, ist der Senn.“

„Wo ist dein Vater?“, wollte er wissen.

Sie wies zum Stall hinüber. „Dort drüben, er melkt die Kühe. Er wird dir auch abraten, den Berg von Süden zu besteigen.“

„Ich hab aber gewettet, dass ich’s tu“, gestand er ihr. „Und ich werd’ ihn meistern, diesen Malefizberg. Du kannst mir glauben, der Berg muss erst noch gefunden werden, den der Kobl-Andreas net bezwingt.“

Sie erkannte gleich, dass mit ihm nicht zu reden war. Dies war ein Mann von der halsstarrigen Art, der ausführte, was er sich einmal in den Kopf gesetzt hatte.

„Ich glaub’ schon, dass mein Vater dir ein Nachtquartier geben wird“, sagte sie jetzt. „Setz dich einstweilen auf die Bank vor der Hütte! Ich geh ihn rasch fragen.“

Sie wies auf die hölzerne Sitzgelegenheit, die draußen an der Wand der Hütte angebracht war. Dann tauchte sie ihre Hände in eine Schüssel mit Wasser, um sie vom Teig zu säubern, und ging hinüber in den Stall, wo die Melkmaschine surrte.

Andreas Kobl sah ihr mit Wohlgefallen nach. Sie war ein hübsches Madel. Die braungebrannten Beine waren schön geformt. Trotz des groben Schuhwerks ging sie anmutig und beschwingt.

Das weite Dirndlkleid verbarg zwar den Schwung der Hüften, aber es zeigte, wie schmal die Taille war, um die sich das Schürzenband schlang. Das enggeknöpfte Mieder umspannte die junge Brust, die voll und rund, aber nicht zu üppig war.

Bildhübsch und sehr reizvoll fand der Andreas das sanfte Gesicht, die veilchenblauen Augen, die ihm ungewöhnlich groß erschienen, und den sanft lächelnden blassroten Mund.

Blond war das Madel, und der Abendsonnenschein hauchte über das helle Gespinst ihres Haares ein rötliches Licht.

Jetzt hörte er sie mit energischer Stimme rufen: „Vater, wir haben Besuch! Es ist einer da, der ein Nachtquartier haben will, ein Bergsteiger!“

Das Surren der Melkmaschine verstummte. Der Senn war wohl gerade mit der Arbeit fertiggeworden.

Jetzt kam er heraus, um sich den Fremden anzusehen. Als er das Raubvogelgesicht sah, wurde seine Miene nicht freundlicher. Diese Art von Männern mochte er nicht. Nach seiner Meinung waren es Großtuer und Schwätzer, die sich aufspielten und ständig Wirbel machten. Dazu waren sie meist streitsüchtig. Das waren alles Eigenschaften, die nicht zu der bedächtigen, ruhigen Art des Krummbiegel-Alois passten.

„Grüß Gott“, sagte er dennoch höflich. „Du willst also auf einen Berg steigen. Welcher soll’s denn sein?“

„Die Lugspitze.“

Der Senn hob die Augenbrauen. „Willst du sie etwa von Süden her besteigen?“

„Ja, das will ich.“

„Das ist aber sehr schwierig, ja, fast unmöglich.“

„Mich treibt’s grad. Ich hab eine Wette abgeschlossen.“

„Ganz allein willst du das wagen?“

„Ja, ganz allein.“

„Dann bist du tollkühn oder lebensmüde“, fasste der Krummbiegel-Alois seine Meinung zusammen.

„Weder das eine noch das andere bin ich“, widersprach ihm der Andreas schon etwas gereizt. „Ich weiß nur, was ich kann, und ich vertraue meinen Fähigkeiten. Das Wetter ist gut, wir haben Sommer, Frühsommer — die richtige Zeit. Ich möcht’ hier bei dir übernachten und morgen vor Sonnenaufgang am Berg sein.“

„Es gibt nur einen Weg von Süden her zur Lugspitze hinauf“, sagte der Senn, „und dorthin kann man nur durch das Hochmoor gelangen. Den Weg durch das Moor findest du nie. Deswegen muss dich jemand begleiten.“

„Würdest du das tun?“

„Gegen einen entsprechenden Lohn bin ich bereit, dich durch das Moor zu führen und dir die Stelle zu zeigen, wo man aufsteigen muss. Aber bis dorthin geh ich net mit dir. Du kannst sie im Übrigen net verfehlen, wenn du aufpasst. Der Weg durchs Moor macht einen kleinen Bogen, eh er aufs feste Land stößt. Wenn du den Bogen im Geist weiter verlängerst, siehst du die Stelle, wo’s hinaufgeht.“

„Ich dank’ dir für diese Information, Senn“, antwortete der Andreas. „Also sind wir uns einig, dass du morgen früh mit mir gehst und mir den Weg durchs Moor zeigst?“

„Ich bin bereit dazu, aber ich rate dir davon ab. Es ist ein lebensgefährliches Unternehmen, die Lugspitze von Süden her besteigen zu wollen.“

„Spar dir deine Ermahnungen, ich hab eine Wette abgeschlossen, dass ich’s mach’, und dabei bleibt’s! Kann ich jetzt mein Gepäck abladen und mich waschen? Mir ist warm beim Aufstieg geworden, und Hunger hab ich auch.“

Der Senn nickte und sagte: „Essen kannst du mit uns, schlafen musst du im Heu. Das Madel ist schließlich in der Stube, da kann ich keinen fremden Mann dort hineinlassen.“

Der Andreas grinste. „Ist schon recht.“

Alois Krummbiegel ging wieder an seine Arbeit. Er musste die Milch noch abrahmen und verarbeiten. Die Hanni hatte schon wieder die Hände im Pfannkuchenteig.

Andreas lud den Rucksack ab, das Seil, Pickel, Hammer und Spaten, Bergstiefel und die Pudelmütze. Danach streifte er das Hemd ab und steckte Kopf und Schultern unter den Wasserstrahl des Brunnens.

Tropfensprühend stand er dann wieder im Türrahmen und zeigte seinen sonnengebräunten Oberkörper, an dem keine Spur von Fett war, nur Muskeln und Sehnen. Er bat, während ihm die silbernen Tropfen über das Gesicht liefen: „Kannst du mir ein Tuch zum Abreiben geben, Madel?“

„Ich hab die Hände voll Teig“, antwortete Hanni. „Nimm dir das da!“ Mit einer Kopfbewegung wies sie zum Haken, wo ein blauweißgewürfeltes Tuch hing.

Hanni war sehr rot im Gesicht, und das kam nicht nur von der Hitze am Herd. Andreas wusste genau, dass er Eindruck auf sie gemacht hatte. Nicht alle Tage bekam das Madel einen so gutgewachsenen Mann zu sehen.

„Wie heißt du?“, wollte er wissen, während er mitten in der Stube stand und sich abtrocknete.

„Hanni“, antwortete sie, „Hanni Krummbiegel.“

„Und ich heiße Andreas Kobl“, stellte er sich vor „und stamme aus Südtirol. Holzknecht bin ich und wohne unten im Krähenwald im Lager. Aber mein eigentlicher Beruf ist das Bergsteigen. Nur muss man ja irgendetwas tun, wovon man leben kann.“