Andreas Pohl - Heinrich Klein - E-Book

Andreas Pohl E-Book

Heinrich Klein

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Beschreibung

Diese Veröffentlichung geht auf umfangreiche Recherchen und Digitalisierungsarbeiten in den Jahren 2007 bis 2013 zurück, Im Euskirchener Stadtarchiv fanden sich alte Exemplare des Euskirchener Volksblattes mit Beiträgen zur Heimatgeschichte im Nordeifeler Raum. Hier stieß der Verfasser erstmals auf die Artikel des seinerzeit in Lommersum im Kreise Euskirchen ansässigen Pfarrers Andreas Pohl, der später in der Gemeinde Abenden/Blens im Rurtal wirkte. Später kamen dann Artikel aus dem Stadtarchiv Düren, dem Eifelvereinsarchiv und sehr umfangreich aus privaten Sammlungen hinzu.

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1. Übersicht.

Band II

1. Übersicht

2. Zur Archivarbeit

3. Zu den Editionen

4. Heimatforschungen Andreas Pohl

5. Artikelsammlungen Andreas Pohl

6. Bezogene Artikel und Rezensionen

7. Biografisches

9. Wortindex

10. Abbildungsindex

2. Zur Archivarbeit

Diese Veröffentlichung geht auf umfangreiche Recherchen und Digitalisierangsarbeiten in den Jahren 2007 bis 2013 zurück, Im Euskirchener Stadtarchiv fanden sich alte Exemplare des Euskirchener Volksblattes mit Beiträgen zur Heimatgeschichte im Nordeifeler Raum. Hier stieß der Verfasser erstmals auf die Artikel des seinerzeit in Lommersum im Kreise Euskirchen ansässigen Pfarrers Andreas Pohl, der später in der Gemeinde Abenden/Blens im Rurtal wirkte. Später kamen dann Artikel aus dem Stadtarchiv Düren, dem Eifelvereinsarchiv und sehr umfangreich aus privaten Sammlungen hinzu.

Schriften von Pohl entstammen den folgenden Archiven:

Stadtarchiv, Euskirchen

Stadtarchiv, Düren

Eifelvereinsarchiv, Düren

Eifelbibliothek, Mayen

Sehr bedeutsam sind die privaten Sammlungen:

Marliese Wintz, Kreuzau

Theresia Cremer, Abenden

Michael Greven, Nideggen

Ferdy Hake, Gürzenich

Sophie Lange, Nettersheim

Willi Schillings, Langerwehe †

Marlene Ganser, Berg

Heinz Bücker, Berg, Heimat- und Geschichtsverein Nideggen,

Heinrich Klein, Bergheim

Danke an die Archive und Personen, die mit ihren Sammlungen oder Hilfestellungen zu dieser Reinartz-Veröffentlichung beitragen; insbesondere Frau Wintz für die Zurverfügungstellung der Pohl-Unterlagen und Frau Cremer für die Öffnung ihres Privatarchives und die Führungen oberhalb Ihres Hauses am Mittelberg.

3. Zu den Editionen.

Die umfangreichen Forschungen von Andreas Pohl zum Thema Aduatuka bzw. Badewald sind im ersten Buch dieser Serie unter der Überschrift „Aduatuka“ erfasst. Daneben betrieb Pohl weitere Heimatforschungen, schrieb und sammelte in Zeitungen und Zeitschriften, wie beispielsweise denen des Eifelvereins, sowie Dürener und Eifeler Veröffentlichungen über Grabungen aus der Römerzeit. Die gesamte Sammlung Pohl gelangte an seine damalige Haushälterin, Frau Elisabeth Schumacher, und wurde an deren Nichte, Frau Marlies Wintz aus Kreuzau, weitergegeben.

Schließlich interessierte sich auch Willy Schillings aus Langerwehe im Rahmen seiner Forschungen über die Vorzeit für die Arbeit von Pohl und hatte Einsicht in die Unterlagen, insbesondere die Zeugnisse und Abhandlungen über den Steinkult. Nach Willy Schillings Tod kamen Teile der Unterlagen zur Heimatschriftstellerin Sophie Lange nach Nettersheim, die diese für dieses Buch gerne zur Verfügung stellte.

Im Laufe der Zusammenstellung der Texte wurde festgestellt, dass einige Artikel leider nicht vollständig waren. Per Zufall ergänzten sich einzelne Textteile bzw. Zeitungsartikel der Sammlungen Wintz, Lange und Greven zu vollständigen Artikeln. Leider gab es Unstimmigkeiten bezüglich der Werke von 1936 und 1938, wo es einmal hieß: Teil 1; ein andermal hieß es: 1. Fortsetzung; möglicherweise liegt hier einmal ein Irrtum, oder ein fehlender Text vor; also maximal fehlen an Pohls Veröffentlichungen je eine Fortsetzung in 2 Artikelserien.

Einige Zeitungsausschnitte aus seiner Hinterlassenschaft konnten keinem Artikel Pohls mehr zugeordnet werden, sie sind unter Editionssplitter angeführt. Sehr interessant oder zumindest erwähnenswert sind die Kontakte, die Pohl auch nach dem Kriege noch zum Euskirchener Volksblatt und anderen Heimatforschern pflegte. Hier liegen Briefe vor.

Das biografische Material stammt vorwiegend aus den Sammlungen Marliese Wintz aus Kreuzau, Theresia Cremer aus Abenden und Michael Greven aus Nideggen.

Band I wurde von Michael Greven, Nideggen im Jahre 2012 zusammengestellt und in Zusammenarbeit mit Margot Klinke, Nideggen und Arno Schmitz, Hausen vom Heimat- und Geschichtsverein Nideggen Korrektur gelesen. Große Teile der Nichtpohlschen Aduatuca-Literatur und bezüglich eines Aduatuka Eschweiler entstammen der Sammlung Michael Greven.

Das Material aus allen angeführten Sammlungen befindet sich nach Autoren geordnet auf den Internetseiten des HGV Nideggen wieder. Nicht aufgenommen wurden in der Buchform die Forschungen betreffs Aduatuka Eschweiler, sowie einige mit Rechten belegte Artikel.

Bei allen historischen Artikeln wurden die Rechte Dritter geprüft und zusätzliche Erlaubnisse eingeholt. Darum an dieser Stelle ein herzlicher Dank an die Familie von Heribert van der Broeck, die ihre gesonderte Zustimmung zu diesem Projekt gab. Bei allen Dokumenten der Sammlung Pohl handelt es sich um wertvolles Material zur Heimatforschung, welches digital archiviert wurde und auf CD zur Verfügung steht.

Herzlichen Dank also an alle genannten Personen, dem Heimat- und Geschichtsverein Nideggen, sowie dem Heimatbund Gürzenich und Ferdy Hake.

4. Heimatforschungen Andreas Pohl.

1.

Der Butterpastor Peter Cremer.

Von Pfarrer Pohl; früher Amel, jetzt zu Lommersum.

Euskirchener Volksblatt Nr. 54 vom 5. März 1938

2.

Über den Matronenkult in der Rur- und Neffellandschaft.

Neue Forschungen von Pfr. Andreas Pohl, Blens.

Die Eifel 47, 1952(7), S. 98–100, Eifelarchiv Mayen

3.

Mariaweiler, alte keltische Siedlung.

Eine der ältesten Ortschaften im Kreise Düren. Von Pfarrer Andreas Pohl, Blens.

Dürener Nachrichten vom 20. September 1952

4.

Bauernkultur vor 2000 Jahren an Rur und Neffel.

im Licht der Reliefs der Matronenaltäre. Von Pfr. Pohl, Blens.

Rheinischer Bauernkalender 1953

5.

Johann Wilhelm Josef Braun, ein berühmter Sohn der Nordeifel,

Ein rheinischer Geistesführer des 19.

Jahrhunderts (1801 - 1963).

Die Eifel, Monatsschrift des Eifelvereins, Sept. 1954, S 131-133, 47. Jahrg./Nr. 9.

6.

Johann Wilhelm Braun, ein berühmter Sohn des Dürener Landes.

Ein Rheinischer Geistesführer des 19. Jahrhunderts (1801-1863). Ein Beitrag des Dürener Lokal-Anzeigers zur Herbstversammlung des Historischen Vereins in Düren.

Von Pfarrer Andreas Pohl.Dürener

Lokal-Anzeiger Nr. 218 vom 21./22. September 1954

7.

„Das Rätsel der römischen Stadtpark-Funde“

Rätsel war kein Rätsel. Ausgrabungen im Badewald wieder aufgenommen.

Beitrag von Pfarrer Pohl

Dürener Lokalanzeiger vom 14. September 1955

8.

Der älteste Turm der Voreifel.

Von Pfarrer Andreas Pohl, Abenden

Unbekannt (Dürener Lokalanzeiger 1958/59?)

9. Das älteste sakrale Bauwerk des Kreises Düren.

Der 1200 Jahre alte Turm der alten Pfarrkirche von Wollersheim.

Forschungen zur Vor- und Frühgeschichte des Dürener Landes.

Pfarrer Andreas Pohl, Abenden.

Dürener Lokal-Anzeiger Nr. 245/246 vom 23. und 24. Oktober 1958

10.

Zur Frage des ältesten Bauwerks.

Forschungen der Vor- und Frühgeschichte des Dürener Landes.

Von Pfarrer i. R. Andreas Pohl, Blens.

Dürener Lokalanzeiger Nr. 68 vom 21. 3. 59.

Der Butterpastor Peter Cremer.

Von Pfarrer Pohl; früher Amel, jetzt zu Lommersum.

(Veröffentlichung: Euskirchener Volksblatt Nr. 54 vom 5. März 1938.)

Das Volksblatt brachte in den letzten Monaten mehrere Artikel über Männer aus dem Kreise Schieiden, die sich um ihre Eifelheimat große Verdienste erwarben. Nachstehende Ausführungen wollen das Andenken eines Mannes ehren, der im Kreise Monschau, an der Grenze des Kreises Schieiden, geboren wurde und in Wahrheit ein „Sohn und Wohltäter der Eifel“ war.

Der Eifelwanderer, der, vom Bahnhof Montenau im Kreise Malmedy kommend, das Ameltal aufwärtsgeht, steht rechts in das Tal der Emmels hinein; vor sich schaut er, über der Römerkuppe aufragend, den mächtigen Kirchturm von Amel aus dem Jahr 1541, neben welchem wie eine Idylle der alte Pfarrhof aus dem Jahre 1677 liegt. Hier, mitten im „Hof von Amel“, wirkte ein Mann, dessen Grabstein auf dem nahen Friedhof die Inschrift trägt: „Ein Sohn und Wohltäter der Eifel“: Pfarrer und Dechant Peter Cremer.

Auf altem Kulturboden stehen wir hier. Denn alte Amblava wird als merowingischer Königshof schon in einer Urkunde Childerichs II. aus dem Jahre 670 erwähnt, also ein bis zwei Jahrhunderte vor den andern Königshöfen des Eifeler Landes. Ein reges Wirtschaftsleben muß schon früh im alten Amelgau geblüht haben. Darauf deuten die zwei bei Montenau freigelegten Römervillen hin. - Im Laufe der Jahrhunderte bekam aber auch die Westeifel ihre „soziale Frage“. Notjahre kamen und lähmten trotz der Eifelbahn Aachen -St. Vith das Wirtschaftsleben des kleinen Eifelbauers immer mehr, bis im Jahre 1882/83 ein allgemeiner Notstand infolge langer Mißernten besonders auch in der Westeifel eintrat.

Das war der Augenblick, wo Pfarrer Cremer - damals noch Rektor in Nieder-Emmels - mit der ganzen Zähigkeit des geborenen Eiflers auftrat und, die Bestrebungen der Staatsregierang unterstützend, zum erstenmal den Organisationsgedanken in die Köpfe der Kleinbauern der Westeifel warf und den „Verein kleiner Landwirte zu Nieder-Emmels im Kreis Malmedy“ gründete. Wie kein zweiter kannte er die Seele des Eifelbauers. Selbst Bauernsohn aus der Eifel - geboren am 18. August 1841 zu Woffelsbach am Ufer der Rur -, hatte er bis zum zwanzigsten Lebensjahr den kärglichen Acker seiner Väter gepflügt und alle Arbeiten eines Bauern verrichtet. In einem alten Liede, das bei der Feier seines 25jährigen Priesterjubiläums gesungen wurde, steht es:

Jung Cremer stammt aus Woffelsbach,

und pflügte dort den Acker.

Und war das auch kein dauernd Fach,

So schaffte er doch wacker,

Bis daß der Herrgott ihn berief:

Laß ab von deinem Pfluge,

Heil’ mir die Welt vom Trage!

Als Primaner des Dürener Gymnasiums fühlte er das frische Bauernblut noch in seinen Adern. Vor Jahren brachte die „Dürener Zeitung“ eine Episode aus seiner damaligen Zeit und schilderte, wie der Primaner Cremer auf der alten Rurbrücke zu Düren einen mit vier Pferden bespannten Lastwagen, der sich festgefahren hatte, mit Kennerblick unter dem brausenden Hurra der zahlreichen Zuschauer in einem Augenblick wieder flottmachte. Nach den theologischen Studien zu Bonn und Köln wurde er im Kriegsjahr 1870 zum Priester geweiht und als Rektor in das weltentrückte Nieder-Emmels gesandt. Sofort stellte Cremer sein Wirken unter den Wahlspruch: „Bete und arbeite!“ Kirchlein und Rektoratshaus wurden wieder hergestellt, die St. Vither Pfarrkirche mitbedient, die Nieder-Emmelser Chronik verfaßt, die verwaiste Pfarre Wallerode 22 Jahre lang mitversorgt. Niemals schreckte ihn der Eifelwinter, noch schwere Krankheit im Jahre 1876. Alle Erkältungen heilte er nach Eifelart mit Heißbier. Er war die Seele des Klosterbaues in St. Vith. Unermüdlich sammelte er die Mittel für das St. Josephskloster, das ihm bis heute ein treues Andenken bewahrt.

Als treuer Sohn der Eifel hatte Rektor Cremer vor allem ein offenes Auge und ein warmes Herz für die wirtschaftlichen Nöte seiner Heimat. Er war der soziale Seelsorger, der nach dem Satz handelte: „Im Anfang steht die Tat!“, der sich nie nur mit Worten begnügte. Damals war die Zeit der gemeinnützigen Notarbeit. Die Viehzucht lag im argen, im Butterabsatz bestand nur ein Tauschhandel mit den Geschäftshäusern; Wiesen und Weiden waren meist in trostlosem Zustande. Das war das richtige Arbeitsfeld für einen zähen Eifeler wie Rektor Cremer. -Sein Eifer für das geistige wie materielle Wohl der Heimat ließ ihn mit scharfem Auge die Krebsschäden erkennen. Nicht nur die Männer, sondern auch die Frauen wurden aufgeboten als „Landsturm der Kleinlandwirtschaft“, wie er selber schrieb, und als „Mobilmachung der Frauen und Mädchen für die Landwirtschaft“. So gründete er den Butterverein, führte ein neues Aufnahmeverfahren ein - die „Grüllchen“ verschwanden -, umging den Zwischenhandel, besiegte das starre Festhalten der Eifeler am Althergebrachtem und gewann auch den Letzten durch seine volkstümliche Broschüre „Reform des Molkereiwesens für die Kleinlandwirtschaft.“

„Was will er mit dem Butterkram,

Der liebe Herr Confrater?

Er nehme sich der Gläubigen an

Und werd' nicht Butterpater!“

So hatten manche gesagt. Und der Erfolg des „Butterpaters“? Die Gesamteinnahmen des Vereins beliefen sich Im 1. Januar 1890 - also zwölf Jahre nach seiner Gründung - auf rund 1 400 000 Mark. 1885 versandte der Verein etwa 100 000 kg Butter. „Es wächst der Mensch mit seinen höhern Zielen“ - der Erfolg gab dem „Butterpater“ immer neuen Mut: Trockenlegung und Wiesenverbesserang, Holz- und Korbflechterei, Holzschusterei und Strohhülfenfabrikation, Pfennigsparkasse und Pfennigvorschußverein, Viehversicherangsverein und vor allem landwirtschaftliche Haushaltungsschule waren seine neuen Gründungen und erfolgreichen Arbeitsgebiete.

Im November 1886 eröffnete Rektor Cremer in Gemeinschaft mit den barmherzigen Schwestern von der Regel des hl. Augustinus aus Köln eine Haushaltungsschule in St. Vith für Bauerntöchter. Er kannte die Wahrheit der Sprichwörter: „Eine gute Küche spart viel an der Apotheke! Eine Mark ist 100 Pfennige wert! Worte belehren; Beispiele reißen hin!“ Nach diesen Grundsätzen und Gesichtspunkten arbeitete die neue Schule in Küche, Näh- und Bügelzimmer zum Segen der Westeifel mit einem derartigen Erfolg, daß im Jahre 1888 bereits ein hoher Beamter des Landwirtschaftsministeriums berichtet, daß unter den vielen ihm bekannten Schulen dieser Art die St. Vither Anstalt ganz besondere Vorzüge habe und im Jahre 1889 der Landwirtschaftliche Verein für die Rheinprovinz die Schutzherrschaft über die Gründung Pfarrer Cremers übernahm.

Als im Jahre 1896 die erzbischöfliche Behörde Rektor Cremer an die Spitze der uralten Ameler Pfarre stellte und ihn bald darauf zum Dechanten des Dekanats St. Vith ernannte, da wußte sie, daß die in zehn Dörfern zerstreute weite Pfarre mit ihrer altehrwürdigen Pfarrkirche und neun Filialkirchen das rechte Arbeitsfeld für Pfarrer Cremer sei. Zwölf Jahre hat er hier gewirkt wie ein wirklicher Missionar seiner Gedanken. Es war ein geistiges Führertum, das er ausübte in der ganzen Westeifel.

Als er im September 1908 starb, da war der Name des „Butterpastors von Amel“ in aller Munde, und heute noch gedenkt besonders die ältere Bevölkerung in der Westeifel dieses Pioniers der Kultur und hält sein Andenken in Ehren. Und gerade heute, wo sein Wirkungsfeld getrennt ist vom deutschen Heimatboden, erinnert sich mancher im Malmedyer und St. Vither Land des Mannes, der so viel getan für den deutschen Heimatboden. Er erinnert sie ja an das Vaterland, wo gerade für sie, die heute Getrennten, immer noch „liegen die starken Wurzeln ihrer Kraft“.

Über den Matronenkult in der Rur- und Neffellandschaft.

Neue Forschungen von Pfr. Andreas Pohl, Blens.

(Veröffentlichung: Die Eifel 47, 1952(7), S. 98–100, Eifelarchiv Mayen.)

Im Oktoberheft 1951 der „Eifel“ Seite 147 berichtet Joh. Eigner über eine Wanderung der Altertumsfreunde zur Kultstätte auf dem „Addig“ bei Pesch. Der Direktor des Bonner Landesmuseums Dr. Meuffer stellte bei dieser Gelegenheit die These auf, daß dies Kultstätte als Matronenheiligtum nicht bewiesen sei. Das lenkt unsere Aufmerksamkeit wieder auf die These von Prof. Max Ihm, Bonn, hin, der schon vor mehreren Jahrzehnten mehrmals in den Bonner Jahrbüchern darauf hinwies, daß in der Rurlandschaft zwischen Vlatten, Wollersheim und Embken (siehe Karte) ein, vielleicht 2 Matronenheiligtümer liegen müssen. Es handelt sich hier in dieser Abhandlung um neue Forschungen. Deshalb erübrigt es sich, ausführliche Betrachtungen anzustellen über Alter und Herkunft, Wesen und Wirken der Matronen. Das ist in mehreren „Eifelkalendem“ und in den Heimatblättern der Kreise Düren und Jülich durch Fachgelehrte und Laien oft geschehen.

I. Der Matronentorso von der Bade (siehe Karte und Abbildung).

Was ist die Bade? Vor- und frühgeschichtlich gesehen? Wahrscheinlich der älteste Flurname der Nordosteifel. Fachgelehrte erklären ihn als „Ort am Wasser“. Was könnte dazu die „kopflose Matrone“ sagen? Eine Inschrift wurde nicht gefunden. Heimatforscher leiten den Namen der Advatuker (Caesar bell. gall.) von dem germanischen Stammwort „vatu“ her. Für diese Stammsilbe „vatu“ sprechen mehrere in der Rurlandschaft bei Jülich gefundene Matronensteine. Diese waren den Matronen „Vatuiae“, d. h. den Beschützerinnen des Wassers, der Flüsse und Quellen geweiht. Primina Justina weiht den Matronen „nersehenis“, d. h. den „Beschützerinnen der Niers“, einen Weihestein zu Güsten bei Jülich. Zwei in Rödingen bei Jülich gefundene Inschriften nennen ebenfalls die Wassergöttinnen.

Matronentorso von der Bade.

Lersch sagt, nur so viel könne mit Wahrscheinlichkeit behauptet werden, daß diese Gräber wegen offenbarer Profanation geweihter Denkmäler nicht der ursprünglichen Bevölkerung, die ja dem Matronenkult eifrig anhing, sondern den eingewanderten ripuarischen Franken zugeschrieben werden müssen. Ob nun die in diesen Gräbern Beigesetzten schon dem Christentum angehörten, welches bekanntlich infolge des Sieges Chlodwigs über die Alemannen in der Schlacht bei Zülpich 496 zur Staatsreligion des Frankenreiches wurde, läßt sich ohne weiteres weder bejahen noch verneinen. „Die Missionare waren jedenfalls bemüht, gemäß den Anordnungen Gregors des Großen die althergebrachten Volksbräuche zu schonen, und es ist sicher, daß die Kultstätten selbst nicht der allgemeinen Zerstörung anheimgefallen sind.“ (G. Rody: Zeichen und Zeugen aus germanischer Vorzeit, 1940.) Rody schließt seine bekannte Studie mit der Feststellung, daß „Großzügigkeit in der Verbreitung des Glaubens, Weitherzigkeit in der Auffassung der Wahrheit, Entgegenkommen in der Beurteilungen der Meinungen anderer stets Grandzüge der Kirche gewesen sind“. Hier dürfte die Mahnung angebracht sein, die kleinen Matronenstatuen, die sich immer wieder bei der Bade finden, nicht sinnlos zu vernichten, indem man sie zum Ausfüllen tiefer Wegelöcher benutzt. Der Verfasser dieser Abhandlung könnte darüber Merkwürdiges mitteilen. –

Kann die Matrone von der Bade etwas mit der Göttin Baduhenna zu tun haben und die Bade der „lucus Baduena“, d. h. der „Hain der Baduenna“ sein? Der römische Geschichtsschreiber Tacitus (55 bis 117 n. Chr.) spricht in seinen Annalen ?. 4 Cap. 72 ff. von einem Kriegsereignis, das sich im Jahre 28 n. Chr. am Niederrhein ereignet hat, und zwar höchstwahrscheinlich in unserer Bade. Victor Demmer, unser rheinischer Heimatforscher in Euskirchen, hat zuerst darauf hingewiesen, daß dieses Ereignis sich in der Bade zugetragen habe. Es handelt sich um den Aufstand der Friesen zur Zeit des Tiberius, in dessen Verlauf mehrere römische Legionen so schwere Verluste erlitten, daß sie sich fluchtartig zurückziehen mußten. Bei dieser Gelegenheit wurden 900 römische Soldaten bei einem Hain, welcher „Hain der Baduhenna“ heißt (apud lucum quem Baduhennae vocant), niedergemacht und eine andere Gruppe von 400 sich gegenseitig den Tod gab, und zwar beim Wohnsitz eines gewissen Kraptorix. Demmer weist mit Recht darauf hin, daß die Überreste der Legionen, ohne ihre im Kampfe Gefallenen bestatten zu können, sich fluchtartig in ihre rheinischen Garnisonen zurückgezogen hätten. Dies lag am Oberrhein, denn Tacitus schreibt, daß der Propraetor von Niedergermanien, L. Apronius, mehrere Abteilungen obergermanischen Legionen und Hilfstruppen den Rhein herab und gegen die Friesen geführt habe. Diese Garnisonen waren in Trier, Metz und Straßburg, und zu diesen Garnisonen führte der den Soldaten bestimmte Weg durch die Eifel über Zülpich (Tolbiacum) nach Trier (augusta Trevirorum). Da die Schlacht an der Mündung des Rheins stattgefunden habe, würden die Überreste der Legionen bei Maastricht die Maas überschritten haben, um durch die Eifel bei Zülpich die große Straße nach Trier zu erreichen. Nach Demmer haben dann hier die von Tiberius zwangsweise angesiedelten Sigamber aus Rache für die Evakuierung beim obengenannten Hain der Baduhenna die Römer überfallen, wobei 900 Mann fielen und 400 sich in das Landhaus des Kraptorix retteten, sich aber das Leben nahmen. Tacitus erwähnt mit keinem Wort, daß dieses Ereignis sich unmittelbar nach der Schlacht im Lande der Friesen ereignet habe. Im Gegenteil habe sich der Hain der Göttin Baduhenna und das Landhaus des Kraptorix bei der Bade befunden. –

Daß die Göttin Baduhenna die „Stammesgöttin“ der Friesen gewesen sei, ist nicht zu beweisen. Für die Annahme, daß der König Kraptorix, von dem Taxitus ausdrücklich erwähnt, daß er als Söldner im römischen Heere gedient habe, ein Nachkomme des Eburonenkönigs Ambiorix war, liegen gewichtige Gründe vor. Der Königssitz des Ambiorix muß nach dem Cäsartext (Bell. gall. Buch VI Cap. 30) bei der Bade auf den nordöstlichen Ausläufern der Eifel gelegen haben. Dieser geschichtliche Exkurs ist in keiner Hinsicht abwegig. Die darin angeschnittenen Fragen sind seit den Tagen der Humanisten nicht gelöst worden.

Die drei Marien vom Heimbach.

II. Was sagen die Matronensteine von Gödersheim uns über die Kultur der Rur- und Erftlandschaft vor 1700 Jahren?

Gödersheim liegt am Ufer der Neffel, etwa 25 Minuten entfernt vom Fundort der Matrone von der Bade und 15 Minuten entfernt vom sogenannten „Pützberg“ bei Wollersheim, wo 1857 mehrere Gräber aufgedeckt wurden, die größtenteils aus gespaltenen Matronensteinen zusammengesetzt waren, und etwa 10 Minuten vom steinzeitlichen Fundplatz in der Bade. (Bonner Jahrbuch 139, S. 203 vgl. Eick, Bonner Jahrbuch 25, S. 152!) Hier, am Ufer der Neffel, welche die Navalia (auch Navilia und Nabilie) des Tacitus ist (Tac. Historien V, 28) und nicht den Leck oder die Yssel, wie man seit 100 Jahren behauptet hat, fand man im Jahre 1885 elf in dreizehn Stücke gebrochene Tafeln, alle in rotem Trierer Sandstein. Sämtliche Tafeln fanden sich in sechs Gräbern. Man hat sich daran gewöhnt, diese Matronensteine „die von Embken“ zu meinen. Das ist aber nur katastermäßig gesehen richtig.

Die Fundstelle liegt hart an der Grenze der Gemeinde Wollersheim. Vor- und frühgeschichtlich gesehen gehört Gödersheim (Burg und Mühle) zu Wollersheim und zur Bade, an deren Fuß es liegt. (Vgl. unten „Krahenberg“ und „Hardenberg“.) Die zu den genannten zwei fränkischen Gräberfeldern verwendeten Matronensteine gehören ohne Zweifel den großen etwa 10 Minuten entfernten römischen Niederlassungen bei der Bade an, die Schoop in seiner „Karte der römischen Siedlungen im Kreise Düren“ als die größten dieses Kreises eingetragen hat. Zehn dieser Steine waren die Veteranehischen oder Vateranehischen Matronen und einer Göttin Sunuxal geweiht. Das Neuartige bei diesen Steinen ist, ähnlich wie bei denen in der Nachbarschaft zu Floisdorf gefundenen Seinen der Vesuniahenischen (= Vettweißer Mütter), daß hier ganz neue Attribute sich finden: dreimal Vögel, bald wie Krähen, bald wie Pfau oder Gans oder Sumpfvogel aussehend, und 2 Steinkugeln. Wir fanden zwei solcher Kugeln in der Bade, in der Nähe des Fundortes der Matrone Baduhenna. Solche Kugeln sind als Beigaben in altdeutschen Gräbern nicht selten. Dieselben fanden sich auch auf dem Ginsterberg bei Commern in den Gräbern (siehe Eick Boner Jahrbuch 23). Eick weiß das Vorkommen dieser Kugeln als Beigaben nicht zu deuten. Was die Krähe betrifft, so dürfte sich hier eine unmittelbare Beziehung zu den Müttern (deren Wesen) ergeben. Die Krähe galt nämlich den Alten als das Symbol der ehelichen Eintracht und Treue (vgl. Aelian de anim. III. 9). Wenn wir bedenken, daß die Matronen haus- und familienbeschützende Gottheiten waren, dann ist uns dieses Attribut ganz verständlich auf den Votivsteinen der Müllter. Vielleicht hat der „Krahenberg“, gleich beim Fundort dieser Steine, von dem Symbol seinen Namen. Der Vogel (Abb. 1.) gleicht eher einem Sumpfvogel. Und damit kommen wir zu unserem Thema: Was sagen die Matronensteine von Gödersheim uns über die Kultur der Rurlandschaft vor 1700 Jahren?

Abb. 5: Die drei von Thum.

Das Neffeltal ist vor 2000 Jahren etwa von den Quellen an bis hinter Geich-Füssenich weithin sumpfig gewesen. Der Beweis dafür steht schon bei Tacitus Historien V, 26 ff; wo von der Brücke im Tal der Nabalia, der Neffel, gesprochen wird gelegentlich des Bataveraufstandes (69/70 nach Chr.). Diese Brücke ist im Jahre 1930 gefunden worden und zwar in der Neffelniederang zwischen Zülpich und Geich, wo die Römerstraße Zülpich-Neuß auf 122 m Länge auf einem Knüppeldamm lag. (Siehe Jahresbericht des Provinzialmuseums Bonn 1929; Bonner Jahrbücher Heft 135 [1930] S. 184.) Die Neffel ist, trotzdem in den achtziger Jahren mehrere ihrer Quellen versiegten, auch in trockenen Jahren so wasserreich, daß sie noch heute in ihrem Oberlauf von Gödersheim bis Zülpich - also 5 km weit - bis Geich 6 Mühlen treibt. Das Dorf selbst ist nach Kaspers (Die Ortsnamen der Dürener Gegend) die „Siedlung am Rohr“.

Pissenheim (jetzt Muldenau) ist von Kaspers als Siedlung bei der Piscina, d. h. Fischteich, bezeichnet. Diese Erklärungen weisen auf ein breites wasserreiches, sumpfiges Tal hin. Was sagt uns nun der Weihestein der Stammesgöttin Sunuxal von Gödersheim? Die Wohnsitze der Sunucer sind wohl da zu bestimmen, wo ihre Altäre stehen und ihre Namen nenne, aber ihre Stammesgrenzen sind dadurch nicht genau festgestellt. Holder-Egger (keltischer Sprachschatz) nennt sie einen belgischen Stamm, ja er geht bis nach Frankreich. Daß aber in der Rur-und Neffeilandschaft eine besondere Kultstätte ihre Stammesgöttin war, beweisen die Gödersheimer Steine.

Bei der Bade und im Quellgebiet der Neffel wurden bis jetzt vier steinzeitliche Funde gemacht. Fundplätze: 10 Minuten entfernt von Gödersheim im Isernestal am Rather Weg und in Embken. Etwa im dritten Jahrtausend v. Chr. werden die ersten Ackerbauern an Rur und Neffel gearbeitet haben. Besonders bei Embken wurden Steinbeile gefunden. Weiter neffelabwärts häufen sich die Funde. (Vgl. die große Sammlung Rochels-Lüxheim.) In Eschweiler über Feld (= in agris Cäsars) und Birkesdorf Pflugscharen aus Stein. Der Löß an der Rur und Neffel – Mergel genannt – zog die Bandkeramiker an. Das war für die Bevölkerung an Rur und Neffel ausschlaggebend. Heute noch sieht man dunkle Stellen in den Äckern. Es sind die Wohn- und Vorratsgraben der Bandkeramiker. Vor allem bauen die Steinzeitbauern erstmalig in unserer Landschaft die Gerste an. (Siehe die schön gearbeitete Gerstenähre der Abb. 2.) Heute noch erhalten viele Landwirte aus den Dörfern Nideggen, Wollersheim und Vlatten erste Auszeichnungen für ihre Braugerste. Äpfel und Birnen sehen wir in den Füllhörnern unserer Matronen. Tacitus schreibt in seiner „Germania“ Kp. 5: „Obstbäume gedeihen dort“. Krüge, Trinkgefäße und große Amphoren aus Ton auf den Seitenwänden der Gödersheimer Mütter beweisen das Gerstenbier und den Weinbau an Rur und Neffel vor 1700 Jahren.

Die Weinrebe war am Rhein schon in der vorrömischen Zeit da. Die Römer haben aber viel zur Förderung des Weinbaues getan, vor allem der Kaiser Probus. Um 280 oder 290 n. Chr. soll er den Weinbau an Mosel und Rhein eingeführte haben. Das ist aber wohl nicht bewiesen. Er hat aber das Verbot, das Keltenland und Germanien mit Wein zu beliefern, aufgehoben und Weinberge durch seine Soldaten anlegen lassen Vom Rhein aus war die Rebe dann bald auch an Rur und Neffel heimisch. Die Alten legten die Trauben in Gerste, um sie lange frisch zu erhalten. Der blühende Gerstenbau erlaubte das.

Die schön gearbeitete Gerstenähre (siehe Abb. 2), die Krüge und Amphoren auf den Matronensteinen von Gödersheim sind ein Beweis dafür, daß man spätestens im 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. an Rur und Erft den Gerstenwein und das Bier kannte. Beide haben ja eine (um 3000 v. Chr.) mehrtausendjährige Geschichte. Babylon und Ägypten kannten es schon, auch die Kunst des Mälzens ohne Hopfen. Von Pannonien, südlich der Donau, wo man ein Bier, Sabaia genannt, aus Hirse und Gerste herstellte, kam das Bier zu den Kelten nach Gallien, und diese Kelten, die ja auch an Rur und Neffel saßen, übermittelten wahrscheinlich den Germanen die Kunst des Mälzens. Auf eine Inschrift findet sich sogar das Wort cerevisiarius, d. h. „Bierbrauer“! Ebenso sympathisch wie die Bierkrüge und die Gerstenähren von Gödersheim sind uns die Trauben und Rebzweige und spitz auslaufenden Amphoren (siehe Abb. 3) auf unseren Votivsteinen. Die älteren Generationen erinnern sich noch - wie der Verfasser -, daß im mittleren Rurtal, besonders bei Winden, Wein gekeltert wurde. Auf den großen landwirtschaftlichen Ausstellungen in Düren konnte man ihn in den Jahren von 1890 - 1905 noch regelmäßig sehen. In Embken, dem Hauptort des Weinbaus im Neffeltal, fand man merkwürdigerweise eine Münze des Probus, des kaiserlichen Weinbauers. Embken hatte sogar eine Gemeindeweinkelter. An alten Häusern in Winden sieht man als Wahrzeichen Weintrauben und über dem Eingangstor des alten Zehnthofes in Wollersheim eine Gerstenähre aus Trierer Sandstein. Wollersheim hatte wie Eppenich, Bürvenich, Muldenau, Vlatten und Hausen Weinberge. Bei den zuletzt genannten zwei Dörfern kann man heute noch die Terrassen der alten Weinberge sehen.

Abb. 4, 2, 3, 1.

Die „Eifelkalender“ brachten in den letzten Jahrzehnten mehrmals Abhandlungen über „heilige Stätten“ in der Eifel, ohne dabei darauf hinzuweisen, daß gerade unser Rur- und Neffeiland klassisches Matronenland ist. Kein Kult war dem Herzen der keltischen und germanischen Bauern der Nord- und Osteifel näher als der Frachtbarkeitskult seiner Beschützerinnen von Haus und Hof, von Feld und Flur. Sie waren seine „lieve Vrouwen“. Die Matronen Vacallinehae (in Endenich und Antweiler gefunden) deutet Kern auf Wachendorf, andere auf den Waal: „Wakalensche Lieve Vrouwen“, und die „Lieben Frauen von Hameland“ sind den Holländern wohlbekannt. Kein Wunder, daß der Matronenkult auf den Marienkult der christlichen Kirche übergegangen ist. Denn keine Heiligengestalt ist dem Volke der Rurlandschaft verehrungswürdiger als „Unsere liebe Frau“. Von Heimbach über Aldenhoven bis Kevelaer folgen sich ihre Wallfahrtsorte. In fast allen alten Kirchen bei der Rur: in Pier und Merzenich und Hochkirchen, in Geich und Derichsweiler und Hoven bei Zülpich stecken Brackstücke von Matronensteinen. Ergreifend sind nicht nur die Gnadenbilder von Heimbach und Aldenhoven, sondern auch die gotischen Vesperbilder (Pietas) in den Kirchen von Mariaweiler, Merzenich u. a. um Düren. Rurland ist nicht nur Matronen-, sondern auch Muttergottesland.

Wenn wir die auf den Matronensteinen von Gödersheim abgebildeten Kulturprodukte betrachten, dann steht vor unserem geistigen Auge das Bild einer blühenden Landschaft an den Ufern der oberen Neffel und der mittleren Rur zur Zeit der Blüte des Matronenkultes (2. und 3. Jahrhundert n. Chr.). Dann sehen wir weithin Weinberge, Obstgärten und Gerstenfelder, Schweine- und Geflügelzucht. Diese Steinurkunden zeigen uns Schweineköpfe und Schweineschinken und Schweineopfer, große und kleine Vögel, die unstreitig der Familie der Sumpfvögel angehören. Wie künstlerisch hochstehend ist die Arbeit des Steinmetzen: Rebenzweige, die mit Blättern und Trauben verziert sind, die Krüge und großen Amphoren. Wie lebendig auf einem Steine das Bild des Opferdieners, der in der Hand ein Schwein heranbringt, das er an den Hinterbeinen festhält.

Wie lebendig ist heute noch die Verehrung der „3 Jungfrauen von Thum“ (siehe Abb. 5), die dort in der Nähe der Neffel als Fides, Spes und Caritas (Glaube, Hoffnung und Liebe) noch immer verehrt werden. Haben die Matronae tumestae von Sinzenich und die Textumehae von Soller vielleicht etwas mit Thum zu tun? Sind sie die „Mütter vom Hügel“ (nach Kaspers Thum von tumulus — Grabhügel)? Es gibt in Deutschland noch ein zweites Thum im Erzgebirge. Man erklärt dort das Wort nach einem böhmischen Tum-Gasthaus. Sind danach die tummestae, auch tumaestae, die „hospitales“, d. h. die „Gastlichen“? Oder steckt in dem Wort das lateinische maestus, d. h. traurig, betrübt? Rheinische Siedler sollen die Verehrung der Mater dolorosa mit nach Thum im Erzgebirge gebracht haben. 1509 ist dort die „Elende Maria“ als Pfarrpatronin durch die hl. Anna ersetzt worden. Holder (keltischer Sprachschatz) erklärt die Belgen als die tumentes (vgl. „Bülgen“), d. h. „Die Geschwollenen“, d. h. die Stolzen, hier die „Hoheitsvollen“. Oder haben die „3 Marien“ von Dürboslar bei Jülich, die „Bellmarie“, die „Schwellmarie“ und die „Kreischmarie“ ihren Namen von den Schwellungen gewisser Kinderkrankheiten? Ja, der Matronenkult ist geheimnisvoll, aber nicht unheimlich, sondern mütterlich gütig gewesen. In Frauweiler bei Bergheim werden ebenfalls die 3 Jungfrauen wie in Thum als Patroninnen der Kirche verehrt. In der Wallfahrtskirche zu Heimbach stehen die „3 Marien“ als herrliche Skulpturen von hohem Kunstwert. Bis kurz vor dem ersten Weltkriege zogen die Gilsdorfer und Flerzheimer zur Pfingstzeit in Prozession zum Kirchlein bei Weilerswist, das der Volksmund das „Swister Türmchen“ nennt, um für den Erntesegen zu beten. Vielleicht hat kaum einer der Pilger gewußt, daß das Kirchlein „an der Gabgai“ liegt und daß dort einst die „Matronae Gabiae“ verehrt wurden, d. h. „die Gebenden.“ An einem Wege von Vettweiß nach Geich beim „wisse Krasch“ und bei Sinzenich stehen Kreuze mit drei weiblichen Gestalten. Ich vermute, daß bei Vettweiß ein Heiligtum der Vesunianischen Mutter stand. In Britannien steht ein Matronendenkmal mit der Inschrift „Matres omnium gentium“, d. h. „die Mütter aller Völker“. Wer verdient diesen Ehrentitel mehr als Christi Mutter? Auch die Großen unseres Volkes haben ihre Größe anerkannt: der größte deutsche Dichter, Goethe, im ersten Teil seines „Faust“ und im zweiten Teile, wo er uns herabsteigen läßt „zu den Müttern“. Der größte deutsche Bildhauer, Til. Riemenschneider, in der Himmelfahrtsmadonna im Creglinger Münster und der größte deutsche Maler, Albrecht Dürer, in seinen Marienbildern setzen ihr unvergängliche Denkmäler ihrer Kunst. Sie bleibt die „Immerwährende Maria“, ihrer eigenen Verheißung gemäß, länger als die „Drei Ewigen“ aller Matronensteine.

Mariaweiler, alte keltische Siedlung.

Eine der ältesten Ortschaften im Kreise Düren.

Von Pfarrer Andreas Pohl, Blens.

(Veröffentlichung: Dürener Nachrichten vom 20. September 1952.)

Drei Jubiläen feiert die Gemeinde Mariaweiler im September 1952: Am 7. September, das 75jährige Bestehen seiner Pfarrkirche, deren Inneres nach Beseitigung der schweren Kriegsschäden wieder erneuert wurde und mit der Weihe der neuen Orgel am 7. September in alter Schönheit wieder erstand. Am 21. September feiert Mariaweiler mit Pontifikalamt des Bischofs sein 600jähriges Bestehen als Pfarrer und zugleich das 970jährige Bestehen als fränkische Siedlung. Darüber hinaus ist es durch die alten Ausgrabungen vom Jahre 1879 als römische Siedlung vor 1600 Jahren und durch die neuen Bodenfunde vor 2000 Jahren bewiesen.

Die keltische Siedlung lag nördlich des heutigen Dorfes Mariaweiler bei den vor- und frühgeschichtlichen Straßen, dreißig Minuten vom Marcoduram des Tacitus; das ist Merken und nicht Düren! Dieses keltische Mariaweiler befand sich auf dem Höhenrücken, der sich nicht weit von dem linken Ufer eines alten Rurarmes zwischen Mariaweiler und Hoven erhebt. Der Primaner C. Victor Decker-Mariaweiler entdeckte zuerst auf dem weiten Trümmerfeld fränkische Gräber, weiter Hofanlagen, steinzeitliches Werkzeug, Pfeilerfundamente, und unter Leitung des staatlichen Bodenpflegers Lehrer J. Gerhards, Düren Reste von Matronendenkmälern, so daß man hier ein Heiligtum des keltischgermanischen Matronenkultes vermuten kann. Die keltische Münze, die gefunden wurde, zeigt einen Sonnenwirbel mit kleinen Kreisen. Diese Münzen werden nach dem Gutachten der Bonner Dozentin Dr. Hagen den Aduatukern zugeschrieben, deren Castell Aduatuca zwei Stunden entfernt bei Nideggen lag.

Die römische Siedlung

von Mariaweiler ist bewiesen durch die Ausgrabungen im Jahre 1873, gelegentlich des Neubaues der jetzigen Pfarrkirche. Man legte eine römische Badeanlage mit Schwitz-, Warm- und Kaltbad frei und Hypokaustum, d. h. Luftheizung von unten, frei. In einer halbrunden Nische wurde auf einer Ziegelplatte aus Ton eine Inschrift gefunden, die wahrscheinlich die älteste im Dürener Land ist und durch ein Jahres- oder sogar Monatsdatum bestimmt werden kann. Vorausgesetzt, daß die Erklärungen der Fachgelehrten stimmen. Nach Prof. Zangenmeister-Heidelberg zeigt die oberste Zeile das Datum des 17. Mai. Nach einer Untersuchung vom Jahre 1880 nahm er an, daß die Inschrift auf das XI. Jahr des Kaisers Augustus, also 19 v. Chr., hindeute. Man könne aber auch vermuten, daß ein Hinweis auf die XI. Legion vorliege. Das würde wohl die 70er Jahre n. Chr. ergeben, weil die XL Legion hierhin zur Unterstützung geschickt wurde, als beim Vicus marcoduram, also bei uns, der Bataverhäuptling Civilis die Cohorten der Ubier vernichtet hatte (69 n. Chr.). Die gefundenen römischen Münzen reichen bis ins 4. Jahrhundert n. Chr., darunter solche mit dem XP, dem Monogramm Christi.

Die Mutterkirche

Mariaweiler wird schon als Pfarre „Mirwilre“ im Liber valoris aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts erwähnt. Ursprünglich stand die Kollation dem Kölner Ursulastift zu. 1500 wurde die Pfarre dem Kloster Schwarzenbroich inkorporiert. Vom Kloster Schwarzenbroich befindet sich hier ein Urkundenkopiar. Die sonstige Ueberlieferang dieses Klosters ist sehr dürftig. 1550 wird Mariaweiler als „Moderkirch“ bezeichnet. In der Zehntenheberolle des Dekanates Jülich von 1506 heißt die Pfarre „Myrwylre“.

Bauernkultur vor 2000 Jahren.

an Rur und Neffel im Licht der Reliefs der Matronenaltäre.

Von Pfr. Pohl, Blens.

(Veröffentlichung: Rheinischer Bauernkalender 1953.)

Bauerntum ist älter als jedes Schrifttum und Wegbereiter aller Kultur. Ein Beweis dafür sind die Steinurkunden der Matronenaltäre in der Rur- und Neffeilandschaft. Schon der Geograph Ptolemäus von Ravenna (um 80 n. Chr.) führt die Rur, in seinen Schriften als „rara“ an und Tacitus, ein bekannter römischer Geschichtsschreiber nennt unsere Neffel Navalia. Wie auf dem Matronenstein zu Derichsweiler zu lesen ist, ist der Aduatucer Caius Candidius urkundlich nachweisbar einer der ersten Bauern an der Rur und der Sunuker Asseridius vom Matronenaltar von Göddersheim der erste Bauer an der Neffel.

Abb. 1: Eichelmast – Abb. 2: Gerste.

Bauernkultur an Rur und Neffel schon vor 2000 Jahren anzusetzen, ist berechtigt, weil die „Blütezeit“ der keltisch-germanischen Bauernkultus der Matronen bereits für die Zeit von 37 - 150 n. Chr. feststeht. Betrachten wir zuerst die auf den Matronensteinen von Gödersheim abgebildeten Kulturprodukte. So öffnet sich vor uns das Bild einer blühenden Landschaft an den Ufern der Rur und Neffel: Obstgärten und Gerstenfelder, durchsetzt mit Höfen, die Schweine- und Geflügelzucht betreiben, füllen die Täler, und an den Hängen gedeiht die Rebe. Auf diese Steinurkunden werden auch Schweineköpfe, Schweineschinken, Schweineopfer, große und kleine Vögel, die man wohl zu den Sumpfvögeln rechnen darf, dargestellt. Die Steinmetzen verstanden ihr Handwerk, denn die Rebenzweige, mit Blättern und Trauben verziert, die Krüge und großen Amphoren, in denen man den Traubensaft sammelte, sind wirklich mit Geschick aus den Steinen herausgehauen. Lebensnah und lebendig erscheint auf einem Relief das Bild eines Opferdieners, der ein Schwein an den Hinterbeinen gepackt heran schleppt. Schauen wir uns ein wenig die einzelnen Produkte auf unseren Abbildungen an.

Den ersten Platz nimmt da die Gerste ein. Wie naturgetreu hat hier der Steinmetz die sechszeilige Gerstenähre getroffen. Wußte er, daß die Gerste von allen Kulturpflanzen in grauer Vorzeit schon am weitesten nach Norden vorgedrungen war? Wußte er, daß das Geheimnis des Brotes die Gerste umwittert?

Abb. 3: geflochtener Korb – Abb. 4: Wasservogel.

Caius - Candidius von der Rur und A. Priminius von der Neffel wußten es, als sie die Gerstenähre auf die Seitenwände ihrer Hausaltäre meißeln ließen. Die Bibel und die ältesten Heiligenlegenden des Abendlandes sprechen voll Ehrfurcht von dem in Asche gebackenen Gerstenbrot. Hafer, Roggen und Weizen kamen erst später zu uns. Die ältesten Roggenfunde in Europa gehören der Bronzezeit an. Die Gerste war „das Urgetreide“ der Germanen. Den Dreiklang: „Brei, Brot und Bier“ haben sie immer gerne gehört! Wie treu ist der Bauer zwischen Rur und Neffel seiner Scholle und der uralten Tradition geblieben. Noch heute ist das Gerstengebiet zwischen Nideggen und Bürvenich (Westostachse) und Thum-Hergarten-Commern (Nordsüdachse) für den Anbau von Braugerste berühmt und durch manche Goldmedaille ausgezeichnet worden. Vor 200 Jahren hatte noch jede Gemeinde ihr „Bräues, Brennes und Backes“.

Abb. 5: Eine Traube als Zeichen des Weinbaus im Torbogen eines Hauses in Winden.

Was sagen unsere Matronenaltäre über den Flachsbau in unserer Heimat vor 2000 Jahren? Der Flachs gehört zu den ältesten Kulturpflanzen, auch an der Rur und Neffel. Beweis dafür ist die Kleidung der 3 Matronen: Unterkleid und weitfaltiger Mantel, der auf der Brust von einer platten Fibel, d. h. Heftnadel, zusammengehalten wird, sind aus Leinen. Wahrscheinlich war auch die flauschartige Kopfbedeckung, die mit einem Turban oder einem Heiligenschein nichts zu tun hat, aus Linnen. Alles weist hin auf die grobleinige Gewandung de germanischen Bauersfrau vor 2000 Jahren, die „weißen“ Juffern von Gürzenich, die „raschigen“ von Verken und die Siechesjuffern von Berg. In einer Grube bei Gödersheim an der Neffel fanden wir steinerne Spinnwirtel.

Essen, Kleidung und Trinken sind Naturbedürfnisse der Menschen. Und vor allem das Trinken scheint unsere Vorfahren genau so gut beherrscht zu haben wie ihre Nachkommen; denn was sollten wir sonst aus den vielen Schüsseln, Amphoren und Füllhörnern mit Trauben, Äpfeln und Birnen schließen. Die Amphore steht „naturgekühlt“ im „Keller“. Sie kann Gerstenbier, Obstmost, Honigwein und sogar Essig enthalten haben, am ehesten aber Traubenwein. Die Weinrebe wurde am Rhein schon in vorrömischer Zeit angebaut. Die Römer haben aber viel zur Förderung des Weinbaus getan, vor allem der Kaiser Probus (um 280 oder 290 n. Chr.) Nach Angaben alter Schriften führte er den Weinbau an Rhein und Mosel ein; er erhob das Verbot, das Keltenland und Germanien mit Wein zu beliefern auf, und ließ Weinberge durch seine Soldaten anlegen. Votivsteine an der Neffel sind ein Beweis dafür, daß man spätestens im 1. und 2. Jahrhundert nach Chr. an Rur und Neffel Traubenwein, Gerstensaft und Bier kannte. Die älteren Generationen erinnern sich noch, wie man im mittleren Rurtal, besonders bei Winden Wein kelterte (Abb. 6). Auf den landwirtschaftlichen Ausstellungen in Düren in den Jahren 1890 bis 1900 konnte man den roten Windener „Rachenputzer“ noch regelmäßig sehen, aber nicht mehr probieren. Dem Herzog von Jülich wird seine „gute alte Stadt Düren“ vor ihrem Rathause eine bessere Marke Windener kredenzt haben, aber nicht den „Dreimännerwein“ - so genannt, weil 2 Männer den Trinker festhielten, weil er sonst umgefallen wäre. An alten Häusern in Winden sieht man noch als Wahrzeichen Weintrauben (Abb. 5) und über dem Eingangstor des Zehnthofes in Wollersheim eine Gerstenähre aus Trierer Sandstein (Abb. 7). Bei allen Dörfern des oberen Neffeltales erkennt man noch heute an den Resten der Erdund Steinterrassen die alten Weinberge.

Historische Funde, die bei der Bade und im Quellgebiet der Neffel gemacht wurden, bestätigen uns den Ackerbau schon vor 3000 Jahren vor Chr. an Rur und Neffel. Besonders bei Embken wurden Steinbeile gefunden, weiter neffelabwärts häufen sich die Funde. In Eschweiler über Feld (= in agris Cäsars) und in Birkesdorf fand man Pflugschare aus Stein. Der Löß, an der Rur und Neffel Mergel genannt, zog die Bandkeramiker an. Heute noch sieht man dunkle Stellen in den Äckern. Es sind die Wohn- und Vorratsgruben der Bandkeramiker. Die Füllhörner unserer Matronen auf den Steindenkmälern sind mit Äpfeln und Birnen gefüllt. Schon Tacitus schreibt in seiner Germania: „Obstbäume gedeihen dort“.

Abb. 6: Eine der letzten großen Weinlesen in den Weinbergen von Winden.

Abb. 7: Die Gerstenähre des alten Zehnthofes in Wollersheim.

Züchteten unsere Vorfahren auch Klein- und Großvieh? Abbildung 3 zeigt einen schön geflochtenen Korb und Abbildung 4 einen Wasservogel, sagen wir eine Gans. Das weist eindeutig auf Geflügelhaltung hin. Von Pfauen und anderen orientalischen Vögeln und ihren Symbolen zu sprechen, hat hier vor diesen Bildern keinen Sinn. Die Matronen sind eben in erster Linie und ihrem innersten Wesen nach segenspendende mütterliche Beschützerinnen für Familie, Haus, Hof, und Feld des keltisch-germanischen Bauern. Vielfach finden wir Vögel auf unseren Steinen abgebildet. Sind es Wasservögel oder Krähen? Die Krähe galt nämlich den Alten als das Symbol der ehelichen Eintracht und Treue. Vielleicht hat der „Krahenberg“, gleich beim Hardenberg (=Heidenberg) in unmittelbarer Nähe der Steindenkmäler von dem Symbol der Krähen seinen Namen. Hier fanden sich im Wasser des Wollersheimer Baches runde Säulen. Drei davon sind noch erhalten und stehen als Kreuze im Wollersheimer Felde. Von den Neffelquellen an bis hinter Geich-Füssenich war das Neffeltal vor tausenden von Jahren weithin sumpfig. Den Beweis dafür liefert uns Tacitus, der gelegentlich des Bataveraufstandes, von einer Brücke im Tale der Navalia spricht. Dies „Brücke“ fand man übrigens im Jahre 1930 als einen 120 m langen Knüppeldamm wieder.

Neben den Kleintieren, die in großer Vielfalt auf den Matronensteinen abgebildet sind, finden wir auch Symbole für Großtiere, wie Großvieh selbst. Auf den Steinen von Gödersheim sehen wir mehrmals Schweineköpfe und ein Relief zeigt, wie schon erwähnt, einen Opferdiener, der an den Hinterbeinen ein Schwein herbeizieht. Unsere Vorfahren im Neffeltal waren wohl passionierte Züchter. Damit sind Eichelmast und Schweinezucht im Neffeltal bewiesen.

Wir führten hier alle bisher beschriebenen Kulturarten: Getreide, Acker- und Weinbau, Zeichen und Zeugen für die als Jahrhunderte nachwirkende Tradition an. So wollen wir auch hier tun. Das Weißtum von Wollersheim aus dem 15. Jahrhundert sagt: „Item weist der Schöffe auch es liegt ein Acker an der Bade, der heißt Frohnendal; wenn meine Herrin (nämlich die Äbtissin von Sankt Maria im Kapitol in Köln) denselben mit hartem Korn besät, dann soll der Lehnsmann von Wollersheim sein Füllen und seine anderen Tiere zur Weide darauf treiben. Dazu soll der Lehnsmann von Embtken kein Recht haben.“ An einer anderen Stelle heißt es: „Es liegt ein Busch, genannt in den Bagden, den soll meine Herrin von Sankt Maria so groß ziehen, daß der Lehnsmann von Embken seine Schweine zur Eichelmast darauf treiben kann.“ Der Name „in den Bagden“ wurde verschieden gedeutet, einmal als „Wildlager“, ein anderes mal als „Wildpark“. Der Verfasser selbst legt ihr die Deutung „Gutswache“ bei und erklärt das Grubensystem im Badewald als Herd- und Viehgruben.

Nicht zu vergessen seien zum Schluß die vielen schön stilisierten Fracht- und Blütenstauden. Vielleicht sind es Gemüsepflanzen und küchen- und Heilkräuter. Neuere Funde aus der jüngeren Steinzeit bestätigen das Vorkommen von Wald-, Brom-, Heidel-, Preißel- und Holunderbeeren.

Abb. 8: Die 3 von Thum (weite Linnengewänder).

Von uralter Bauernkultur vor 2000 Jahren sprachen wir in unserer Abhandlung. Sie trat uns im Spiegel der Matronensteine klar entgegen; aber wir können nicht nur Bauernkult unserer keltisch-germanischen Vorfahren aus diesen Steinen heraus lesen. Nichts stand ja ihrem Herzen näher als die gütigen, mütterlichen segensspendenden Beschützerinnen ihrer Häuser, Höfe und Felder. Kein Wunder, daß sich ihr Kult bis ins erste christliche Jahrtausend erhalten hat. Das Land an Rur und Neffel ist das klassische Land der Matronenverehrang und es ist - wunderbar verklärt durch das Christentum - geblieben bis auf unsere Tage durch zwei Jahrtausende hindurch. Die „Immerwährende Maria“ des Christentums überstrahlte die „Drei Ewigen“ von Worms und die „Drei Marien“ des Metzer Steines. Wir brauchen nicht nach Worms und Metz zu gehen: Die drei Marien von Heimbach (s. Abbildung) gleich neben dem ergreifenden Bild der Mater dolorosa *), die „Drei von Thum“ (Abb. 8) und die Feldkreuze von „Wisser Krasch“ und Sinzenich mit den drei Frauengestalten gehören zu unserem Lande, in dessem uralten Kulturboden, von der Eifel herunter über Aldenhoven und Kevelaer bis nach Holland hinein (Unsere „lieve Vrouven von Hameland“), die Matronenheiligtümer der christlichen Kirche mit den ergreifenden Vesperbildern stehen. Bis zum Jahre 1914 zogen die Gielsdorfer (bei Bonn) und die Flerzheimer (am Vorgebirge) in Prozessionen zum „Swister“ Türmchen an der „Gabgai“. Der öfters ausgesprochene Gedanke, es liege in den drei Märtyrerinnen (Fides, Spes, Caritas) eine Erinnerung an die heidnischen Matronen vor, kann treffend sein. Gregor der Große und die Kirche haben so gedacht. Der damalige Papst kannte die geistige Größe der neu zu bekehrenden Völker und ordnete an, daß die Glaubensboten im allgemeinen auf die Mentalität der Heiden Rücksicht nehmen müßten. Nicht alles, was völkisches Brauchtum sei, dürfe zerstört werden. Man sollte versuchen, möglichst alle Gebräuche den christlichen Anschauungen anzugliedern. Vielleicht war diese Anordnung schon ein Grand mit, der zur Erhaltung der Matronensteine führte, und so Zeugnis gibt von der Kultur und dem Kult unserer Vorfahren. Diese stolzen Zeugen sollten ein Vermächtnis sein, nicht nur unseren Vorfahren in ihren Taten nachzueifern, sondern auch unsere bodenständige Jahrtausende zurückreichende Kultur zu erhalten und zu pflegen.

[*) Editionsvermerk: Schmerzreiche Mutter]

Johann Wilhelm Josef Braun, ein berühmter Sohn der Nordeifel.

Ein rheinischer Geistesführer des 19. Jahrhunderts (1801 - 1963). 1)

(Veröffentlichung: Die Eifel, Monatsschrift des Eifelvereins, Sept. 1954, S. 131-133, 47. Jahrg./Nr. 9.)

Schon oft brachten „Eifel“-Zeitschrift und „Eifelkalender“ Bilder großer Söhne der Eifel, die es nicht verdienen, daß man sie und ihr Lebenswerk unter dem Hügel der Vergessenheit ruhen läßt. Zu ihnen gehört Joh. Wilh. Jos. Braun, Professor der Theologie, der Philosophie und beider Rechte, geboren zu Gey auf Haus Gronau am Rande der Nordosteifel. Bei seinem Tode schrieb die Augsburger Allgemeine Deutsche Zeitung: „Braun hat sich einen Namen erworben in der Wissenschaft, der zu denjenigen gezählt werden darf, welche den Rheinlanden zur Zierde gereichen.“ „Populär“ im landläufigen Sinne ist er freilich nicht gewesen, dafür sorgte schon Zeit seines Lebens eine absolutistische Regierung mit ihrer scharfen Zensur. Dazu war er eine aristokratische Natur. Er liebte es, auf stiller, oft einsamer Höhe zu wandeln, und auch darin war er ein echter treuer Sohn seiner einsamen Eifelheimat.

Kirche in Schuld an der Ahr - Foto: Sartorius.

Bei den Bewohnern der Nordeifel ist er aber doch „volkstümlich“ geworden, als er als Abgeordneter der nordöstlichen Eifelkreise einzog in die Frankfurter Nationalversammlung und das Erfurter Unionsparlament und der wirtschaftlichen Not des damals noch armen Eifellandes durch seine Tätigkeit steuerte. Damals klang sein Name und sein Lob von Eifeldorf zu Eifeldorf, als er Abgeordneter des rheinpreußischen Wahlkreises Düren-Jülich wurde. Das war vor 100 Jahren. Heute aber ist dieser berühmte Theologe, Historiker, Archäologe, und Jurist so gut wie vergessen. Die Eifeler Geschichtsforschung weiß nichts von seiner Bedeutung. Um so mehr ist es, wie Schrörs schreibt, „eine Forderung der historischen Wahrheit und Gerechtigkeit, sein Andenken wieder aufleben zu lassen und zu zeigen, welche Stellung er in unserer Geistesgeschichte einnimmt“. Es genügt, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß im Besitze der Katholischen Theologischen Fakultät in Bonn mehr als 700 an Braun gerichtete Briefe sich befinden, daß er der führende Mann und Mitarbeiter fast aller gelehrten und wissenschaftlichen Gesellschaften und Vereine im Rheinlande war, daß er mit vielen berühmten Künstlern, Dichtern und Geistesmännern seiner Zeit in persönlicher Verbindung stand, daß er in Rom Zutritt hatte zu den Kardinälen Castiglioni (später Pius VIII.) und Capellari (später Gregor XVI.) und von Leo XII. in Audienz empfangen wurde.

Der Historiker und Archäologe

Als solcher kommt Prof. Braun für diese Abhandlung zuerst in Betracht. Gerade hier zeigt er sich als echter Sohn jener Landschaft am Rande der Nordosteifel, deren geradezu geschichtsträchtiger Boden uns immer wieder neue Zeichen und Zeugen ältester Kultur offenbart. Das beweisen die in diesem Maimonat 1954 im Badewalde begonnenen Spatengrabungen des Bonner Landesmuseums. Hier sind wir im klassischen Lande der Aufanischen, Vesuvianischen und Sunniker Matronen, der ältesten Türme der Voreifel, der Reste des Stein- und Schalenkults, der beinahe 500 festgestellten römischen Siedlungen der Voreifeilandschaft 2). Hier hat der Archäologe und Historiker Braun mehrere Jahrzehnte lang geforscht und den erdigen Mantel der Geschichte oft gelüftet, hier hat der Professor der Kirchengeschichte und Doktor beider Rechte sein reiches Wissen ganz in den Dienst der Heimatgeschichte gestellt und viele Jahre lang auf diese Weise befrachtend auf das Interesse für die älteste Kultur des rheinischen Landes und der ganzen Eifel und nicht zuletzt auf das Geistesleben der Eifelbevölkerang eingewirkt. Dadurch schon verdient er einen Ehrenplatz im Herzen seiner Landsleute. Wie hoch sein Ansehen und seine fruchtbare literarische Tätigkeit auf dem Gebiete der Heimatgeschichte und Altertumsforschung war, beweist die Tatsache, daß er lange Jahre den „Verein von Altertumsfreunden in den Rheinlanden“ leitete, die „vornehmste gelehrte Gesellschaft der Provinz“, wie Schrörs schreibt. Brauns Ideal bei dieser Aufgabe war es, alle Gebildeten mit Hintansetzung der sie trennenden Standpunkte in dem Interesse für die historische Vergangenheit zu einigen 3). Er legte stets Wert auf ein gemeinschaftliches und einheitliches „Kulturbewußtsein“, das wir heute Europa nennen, in dem sich auch Andersgläubige zusammenfanden. In besonderer Weise trat Braun als Historiker, Staatsphilosoph und hervorragender Publizist hervor in seiner großen Briefsammlung während der Tage der Frankfurter Nationalversammlung 4). Er veröffentlichte diese 32 Briefe, die er von Frankfurt aus an seine Wähler und Freunde richtete unter dem Motte: „Jedes Reich, das in sich selbst uneins ist, wird verwüstet werden“ (Matth. XII. 25). Was er damals, vor 100 Jahren, schrieb, gilt in vollem Umfange für heute noch.

Braun, der Staats- und Gesellschaftslehrer

Im „Völkerfrühling“ des Jahres 1848 zog Prof. Braun als Abgeordneter seines heimatlichen Wahlkreises in die Deutsche Nationalversammlung in Frankfurt ein und bald darauf in das Erfurter Unions-Parlament. Bezeichnend für Braun ist das Motte, das er über die Sammlung der 21 Briefe setzte, die er von Frankfurt aus an seine Wähler und Freunde richtete: „Jedes Reich, das in sich selbst uneins ist, wird verwüstet werden“, und die Tatsache, daß ihm auch als Politiker „die Würde des Menschen und die Geltung seiner Kirche mit im Vordergrund standen“. Was er damals schrieb, hat auch heute noch vollauf Geltung und beweist seinen weitschauenden Blick:

Zu Einheitsidee und Einheitsstaat5): „Der vollkommene Staat und die vollendete Staatsform besteht nur in der Idee. In Wirklichkeit ist nur diejenige Staatsform die beste, welche unter den gegebenen Umständen für ein großes Volk am besten paßt. “ „Die alten Römer haben es besser eingesehen, wie unendlich viel in einer freien Verfassung auf dem Eid beruht. Die Frankfurter Versammlung hat dem Eid den Lebensnerv abgeschnitten. Sobald wir Mitglieder eines Staates werden, müssen wir auf einen Teil unserer Freiheit verzichten. Ohne diese Verzichtleistung ist kein Staat möglich. Der Bürger ist verpflichtet, so viel, aber nicht mehr, von seiner Freiheit abzugeben, als für den Zweck des Staates erforderlich ist. Die beste Armee geht zugrunde, wenn sie das Unglück hat, einen schlechten Führer an ihrer Spitze zu haben. “

Koalitionen (S. 69): Eine Koalition, die nicht auf gemeinsamen Grundsätzen beruht, ist ein unnatürliches Bündnis, das sich jeden Augenblick wieder aufzulösen droht. Nicht Gleichheit der Meinungen, nicht augenblickliches Interesse, sondern Gleichheit der sittlichen Grundsätze schlingt ein dauerhaftes Band um Freunde. Was zusammengewachsen, was verbunden, was vereinigt ist (coalitus), kann nicht zum zweiten Male zusammenwachsen, es sei denn vorher getrennt worden.

Der Abgeordnete: Die Nationalversammlung war zerlegt in 15 Abteilungen, die von Zeit zu Zeit neugebildet wurden. Hätten diese Abteilungen jedesmal die Frage, die auf der Tagesordnung stand, behandelt, so wären alle die Nachteile vermieden worden, welche die Klubs erzeugt haben. Die oft wiederholte feierliche Erklärung des Präsidenten der Nationalversammlung, er habe ein neu eingetretenes Mitglied seiner bestimmten Abteilung zugewiesen, um an den Arbeiten in derselben teilzunehmen, erregte nur Lachen.

Teilung Deutschlands: „Wir sind hierhin gekommen, um Deutschlands Einheit zu konstituieren und man schlägt uns hier vor, einen Teil Deutschlands aus Deutschland hinauszuwerfen. An dem Tage, wo wir diesen Antrag (v. Gagerns) auch nur verhandeln, verhandeln wir eine Teilung Deutschlands.“

Staat und Religion: Die großen Staatsmänner und Weisen des Altertums haben begriffen, daß die bürgerliche Freiheit einen festen Punkt haben müsse, ohne den das Staatsschiff untergehen müsse. Sie fanden diesen Punkt jenseits der sichtbaren Welt, sie sprachen vom göttlichen Ursprung der Gesetze. Es gibt keinen einzigen Staatsmann des Altertums, der geglaubt hat, einen Staat ohne Religion aufbauen zu können. Die Religion selbst war ein Institut des Staates, ihre Verletzung wurde mit den schwersten Strafen belegt. Sokrates, der sein Vaterland in drei Schlachten verteidigt hatte, mußte den Giftbecher trinken, weil er beschuldigt wurde, daß er die vom Staate anerkannten Götter nicht anerkenne. Er war kein Atheist. Sein Verbrechen bestand nur darin, daß er den Volksglauben bekämpft hatte. Wer die Gottheit nicht scheut, sagte Mäzenas zum Kaiser Augustus, der scheut auch keine andere Autorität (in Xenophons Denkwürdigkeiten).

Staat, Kirche und Schule: Die Verhandlungen über die Schul- und Kirchenfragen bildeten die Kraftperiode des parlamentarischen Lebens in der Paulskirche zu Frankfurt. Religiöse Gemüter waren erschüttert über die Art und Weise, wie die Kirche, das Christentum, die Religion überhaupt in den Reden über diese Frage behandelt wurden. In den Gerusien der hellenischen Staaten und in den Comitien der Römer würde man solche Angriffe auf den Kultus nicht gestattet, sondern die Redner vor Gericht gestellt haben. Die Verhandlungen über die Schul- und Kirchenfragen haben das bleibende Gute, daß sie den, der es will, einen Blick in die kirchlichen Zustände Deutschlands tun lassen und diejenigen einigermaßen verlegen machen, die überall die deutsche Gründlichkeit rühmen. Nichts ist so sehr anzuraten, als die Geister ruhen zu lassen, die man unvorsichtig genug weckt, damit der Zwiespalt, der über den Glauben gesiegt, nicht auch die Liebe von neuem vernichte und die Hoffnung des Vaterlandes, nichts war in der Paulskirche so verhaßt wie die Bürokratie, und obwohl sie fast alle Tage mit neuen Verwünschungen beladen wurde, so gelang es ihrem Geist doch, in die Paulskirche einzudringen, und zwar im geheimen. Die Petitionen über das Verhältnis der Schule und Kirche zum Staate