Nikolaus Reinartz - Heinrich Klein - E-Book

Nikolaus Reinartz E-Book

Heinrich Klein

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Beschreibung

Die Sammlung der Schriften von Pfarrer Nikola Reinartz geht auf umfangreiche Archivarbeiten des Verfassers in den Jahren 2001 bis 2013 zurück, als historische Texte der Dorfchronik Kreuzweingarten für Internetzwecke digitalisiert wurden. Diese kamen zunächst unter der Domain woenge.de ins Internet und bildeten den Grundstock zur Heimatforschung und Literatur rund um den kleinen Euskirchener Stadtteil. Mit Zunahme des Umfanges entstanden später die eigenen Internetseiten nikola-reinartz.de und nikolaus-reinartz.de, deren meiste Inhalte sich hier wiederfinden.

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Titelbild:

Nikolaus Reinartz Priesterjubiläum 1949 (Ausschnitt)

Foto:

Heinrich Veith, Kreuzweingarten

Übersicht.

Band I

Zur Archivarbeit

Übernahme der Reinartz'sehen Schreibweise

Abkürzungen

Mitarbeit am Projekt

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

Veröffentlichungen 1910-1939

Wortindex

Abbildungsindex

Band II

1. Inhaltsverzeichnis

2. Veröffentlichungen 1940-1944

3. Wortindex

4. Abbildungsindex

Band III

Inhaltsverzeichnis

Veröffentlichungen 1949-1956

Wortindex

Abbildungsindex

Band IV

Zum IV. Band

Inhaltsverzeichnis I

Bezogene Artikel, Rezensionen

Inhaltsverzeichnis II

Biografisches

Wortindex

Abbildungsindex

1. Inhaltsverzeichnis.

1940

Die „Alte Kirche“ zu Hellenthal, eine Steinfelder Klostergründung um 1097

.

Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein, Heft 136, 1940, S. 139–141

Weistümer unserer Heimat

.

Amt Hardt, Kuchenheim, Stotzheim, Arloff (Kirspenich, Weingarten, Rheder), Hofweistum Weingarten, Herrschaft Zievel (Lessenich, Rissdorf). Nach archivalischen Quellen herausgegeben und ortsgeschichtlich erläutert.

Sonderdruck, Volksblatt- Verlag, A. Herbelsheimer & Co. K.-G., Euskirchen, 1940.

1941

Zwei Kölner Gelehrte aus Eifeler Geblüt

.

Mitteilungen des Vereins für geschichtliche Landeskunde. Bartholomaeus Alfter (1728–1808) und Hermann Josef Hartzheim (1694–1763).

Die Eifel, Zeitschrift des Eifelvereins, Nr. 10/11, 1941, S. 111–112

Johann VII. Luckenraht (Lückerath), Abt von Steinfeld, 1661–1680

.

Selbstverlag des Verfassers, Druck Volkblatt-Verlag, Euskirchen, 1941, 16 Seiten

Die „Krummel“ von Nechtersheim, ein Eifeler Rittergeschlecht

.

Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein, Heft 139, 1941, S. 1-75

.

ab 1941

Servatius Hyrt

.

Pastor in Schleiden 1533–1569. Eine reformationsgeschichtliche Studie.

Volksblatt=Verlag, Euskirchen [o.J.].

1942

Neues zur Romantik und Geschichte des Feytales

.

Euskirchener Volksblatt, Nr. 178, 1.8.1942

.

Christian Vossell

.

Bergwerks=Unternehmer, Hüttenmeister und Kaufhändler am Bleiberge, 1672 Bürger der Stadt Euskirchen.

Euskirchener Volksblatt, Nr. 84, 11.4.1942; Nr. 86, 14.4.1942; Nr. 94, 23.4.1942; Nr. 101, 1.5.1942; Nr. 107, 9.5.1942; Nr. 113, 16.5.1942

1943

Zur Geschichte von Billig (Belgica vicus).

Euskirchener Volksblatt, Nr. 13, 16./17.1.1943; Nr. 25, 30./31.1.1943

Das „Bergmannskloster“ Steinfeld und die wallonische Einwanderung

.

Eine kultur- und siedlungsgeschichtliche Betrachtung.

Euskirchener Volksblatt, Nr. 249, 23./24.10.1943; Nr. 255, 30./31.10.1943

Stolzenburg und Dalbenden

.

Euskirchener Volksblatt, Nr. 113, 15./16.5.1943

1940–1944

Stolzenburg und Dalbenden

.

Mitteilungen der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde e. V, Köln, Band XIII, 1940–1944, S. 25–32

2. Veröffentlichungen 1940 –1945.

1940

Die „Alte Kirche“ zu Hellenthal, eine Steinfelder Klostergründung um 1097.

(Veröffentlichung: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein, Heft 136, 1940, S. 139–141.)

Es gibt in Hellenthal, Krs. Schleiden, eine Flurbezeichnung „Auf der alten Kirche“. Diese Flur besteht im Gegensatz zu andern aus kleinen und kleinsten Parzellen, häufig durchzogen von Mauern, an denen vielfach Brandschutt gefunden wird. Nach der Ortstradition hat hier eine Kirche gestanden. Angeblich hat man früher hier einmal ein kirchliches Gefäß, einen Kelch oder nach andern ein Meßkännchen, gefunden und dem katholischen Pfarrer übergeben. 1 Mangels urkundlicher Beweise hatte die Heimatforschung geglaubt, die Annahme einer noch früheren Kirche als die um 1520 erbaute sogenannte „Alte Kirche“, von der beim späteren Neubau nur das Chor erhalten geblieben ist, 2 ablehnen zu müssen.

Nun fällt aus den Angaben eines Steinfelder Urbars von 1260 im Düsseldorfer Staatsarchiv 3 neues Licht auf diese Frage. Nach dem Urbar besaß das Kloster Steinfeld gerade in Hellindale größeren Besitz. Dabei wird an erster Stelle eine Hofstätte als früherer Wohnsitz eines Pastors Adam genannt (area Ade pastoris in qua sedebat). Von ihr und den dazugehörenden Gütern bezog das Kloster als Pacht 7 ½ Denare, ein Malter Hafer und zwei Hühner sowie als Erbsteuer das Besthaupt (viva kurmedia). Seit rund 1350 wird an Stelle der Hofstatt des Pastors eine solche „juxta ecclesiam antiquam“, „by der alden kirchen“, unter den Zinsgütern der Abtei angeführt. Die Lage dieser „Alten Kirche“ wird vor den andern Besitzungen hervorgehoben durch die Beifügung der Worte „ante silvam“, „vor dem Wald“; das entspricht der noch heute so genannten Flur, die sich oben am Berg vor dem Wald befindet. 4 Es kann also keinem Zweifel mehr unterliegen, daß bereits vor 1260 in Hellenthal eine Kirche mit einem Geistlichen bestanden hat, welche allerdings zur Zeit der späteren Erwähnungen wohl schon verschwunden war.

Diese Feststellung hat aber mehr als örtliche Bedeutung; sie kommt wohl noch rechtzeitig, um das Entstehen einer neuen falschen Legende zu verhüten. Bekanntlich war Steinfeld von Graf Sibodo um 920 zuerst als Benediktinerinnenkloster gegründet worden. 5 Wegen Erschlaffung der Ordenszucht waren diese Nonnen 1097 durch Augustinerchorherren aus Springiersbach ersetzt worden, welche um 1121 das weiße Kleid und die Regel der Prämonstratenser annahmen. Während nun noch Bärsch die Ordensfrauen, welche das Klosterleben fortsetzen wollten, ins Schleidener Tal, allerdings irrtümlich nach Olef, übersiedeln läßt,6 versetzt sie Paas nach dem 1,3 km von Steinfeld entfernten „Ort“ Hallenthal, wo die Grundmauern des neuerrichteten Klosters noch sichtbar zutage treten sollen. 7 Gemeint ist dabei die heute so genannte Hallenthaler Mühle, welche als molendinum in Hellindale 8 im Urbar vom Jahre 1272 angezeigt wird, aber erst 1170 vom Herzog von Limburg mit dem anliegenden Walde Duvinforst dem Kloster geschenkt wurde, also 1097, zur Zeit der Versetzung der Klosterfrauen, noch gar nicht im Besitze Steinfelds war. Darum kann aber auch die neue Klostergründung nicht, wie Paas als erster, nur auf den zufälligen Gleichklang der Namen gestützt, angenommen hat, in Hellindale bei Steinfeld gesucht werden, sondern muß bei der ecclesia anitqua in Hellindale im Schleidener Tale und an der Olef ante silvam, d. h. vor dem Hellenthaler Wald, geschehen sein. Die nach Paas bei der Hellenthaler Mühle zutage tretenden Mauern mögen von einem der zahlreichen Fischweiher oder sonstigen Bauten herrühren, die Grundmauern des neuen Nonnenklosters sind es nicht. 9 Das geht auch aus dem ältesten ausführlichen Bericht über dessen Gründung hervor. Ich finde diesen in einer zu Anfang des 17. Jahrhunderts geschriebenen Steinfelder Reimchronik. 10 Sie gibt zunächst eine neue Fassung der bereits durch Katzfey veröffentlichten Steinfelder Gründungssage von Bonscharrant, dem Helfer des Grafen Sibodo, 11 sodann aber Bl. 173 ff. wertvolle geschichtliche Nachrichten: „Wie Steinfeld auß einem Frauwenkloster zu einem Mannskloster geworden sei und wo die Nonnen plieben, welche von Steinfeld ausgewichen sein.“ Es heißt daselbst:

„Nuhn wollen wir schreiben von den Nonnen – Nicht von denen die von Steinfeld ronnen,

Doch von etlichen die verplieben – Wie wir das finden geschrieben.

Ein Closter wartt gebaut im Dall – Das man noch nennt zu Hellendall.

Do worden etliche hingestellt – Die ersten waren zu Steinfelt

Mitt anderen meher, die waren begeben – Nach Augustini regell zu leben.

Die hielten Ordenszucht mitt ehren – Und dienten fleißig Gott dem Herren.

Darna wartt das Closter verbrandt – Do worden sie na Wehr gesandt

Biß das man innen versehe ein platz – Da sie dann worden hingesatzt

Die war bei Cölln uber Rhein – Dunwalt, da sie auch noch sein.“

Der „Dall“ ist eine ständige Bezeichnung für das Schleidener Tal. So heißt es beispielsweise in einem Steinfelder Rechnungsbuche aus dem Jahre 1527: „Den dalltzend het der pastoir van der Sleiden gegeven.“ In dem neuen Kloster kamen zu den etlichen, die vorher in Steinfeld gewesen, noch mehr von anderswo zu einem blühenden Ordensleben nach der Augustinerregel, die ja auch Steinfeld angenommen hatte, zusammen, für das, von allem anderen abgesehen, auch schon die „Cluyse“ bei der Hallenthaler Mühle nicht passen würde. Die Angabe, daß das Hellenthaler Kloster durch Brand zerstört wurde, findet ebenfalls ihre Bestätigung durch den Brandschutt an der „Alten Kirche“. Auch die kleinen und kleinsten Parzellen daselbst weisen deutlich auf einen größeren Gebäudekomplex hin, indem die zwischen den Grundmauern liegenden Plätze und Plätzchen nach und nach in Ackernutzung genommen wurden.

Da die Auflösung des Benediktinerinnenklosters Steinfeld für das Jahr 1097 feststeht, 12 wird die Neugründung des Augustinerinnenklosters Hellenthal und die Erbauung der „Alten Kirche“ daselbst um die nämliche Zeit anzusetzen sein.

Lange haben beide nicht bestanden, da die Ordensfrauen von Hellenthal nach L. Kordt13 um 1143 das Kloster Dünwald bezogen haben, nachdem sie vorher, nach der Einäscherung ihres Hauses, eine Zufluchtstätte in dem Steinfelder Besitztum zu Wehr in der Nähe des Laacher Sees gefunden hatten. Darum ist von ihnen in Hellenthal auch nur eine dunkle Erinnerung in der Flurbezeichnung „Alte Kirche“ übriggeblieben.

Kreuzweingarten.

Nikola Reinartz..

1940

Weistümer unserer Heimat.

Amt Hardt, Kuchenheim, Stotzheim, Arloff (Kirspenich, Weingarten, Rheder),

Hofweistum Weingarten, Herschafft Zievel (Lessenich, Rissdorf).

Nach archivalischen Quellen herausgegeben und ortsgeschichtlich erläutert.

(Veröffentlichung: Sonderdruck, Volksblatt-Verlag, A. Herbelsheimer & Co. K.-G., Euskirchen, 1940.)

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

I. Amt Hardt

Weistum des Amtes Hardt von 1378

II. Kuchenheim

A. Kölnisches Weistum

B. Jülich'sches Weistum

III. Stotzheim

IV. Arloff (Kirspenich, Weingarten, Rheder)

Weistum zu Arloff

Nachtrag

V. Weistum des Münstereifeler Kapitelhofes zu Weingarten

VI. „Herrlichkeit Zievel“ (mit Lessenich, Rißdorf, Röttgerhof)

1 Frdl. Mitteilung von Herrn P. Klöser, Hellenthal.

2 Vgl. dazu E. Wackenroder, Die Kunstdenkmäler des Kreises Schleiden (Die Kunstdenkm. D. Rheinprov. XI, 2), Düsseldorf (1932), S. 185 ff.

3 Bis 1939 Staatsarchiv Koblenz, Abt. 231, 57, Nr. 38a.

4 Frdl. Mitteilung von Herrn J. Heinen, Hellenthal.

5 Zur Geschichte von Steinfeld vgl. zuletzt kurz zusammenfassend mit weiterführenden Literaturangaben N. Backmund, Lexikon für Theologie und Kirche IX, Freiburg 1934, Sp. 791 f.

6G. Bärsch, Das Prämonstratenser-Mönchskloster Steinfeld in der Eifel, Schieiden 1857, S. 3.

7Th. Paas, Entstehung und Geschichte des Klosters Steinfeld als Propstei (Ann. D. Hist. Ver. 93, 1919), S. 11.

9 Die einzige, aber auch von Paas nicht herangezogene Quellennotiz, welche für seine Annahme sprechen könnte, habe ich bei der Durcharbeitung Steinfelder Archivalien in einem Pachtvertrag der Mühle zu Hallendael vom Jahre 1487 gefunden. Dort heißt es: „ouch sullen sy – die Pächter – haven dat beentchen boeven der cluysen; off wyr dye cluyse doch widder machen wurden, sullen sie neyt dair widder syn.“ Aber „Klus“ ist ein ganz gebräuchlicher rheinischer Ausdruck für einen künstlichen Teich oder eine ummauerte Quelle, vgl. J. Müller, Rheinisches Wörterbuch IV, 1938, Sp. 671.

10 Stadtbibliothek Trier, Ms. Nr. 1992.

11J. Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel und der nachbarlichen Ortschaften II, Köln 1855, S. 200 ff.

12 Vgl. Paas a.a.O.

13 L. Kordt, Das Kloster Dünwald (Ann. D. Hist. Ver. 44, 1885, S. 19).

Einleitung

Weistümer 14 werden genannt die Verkündigungen und Erklärungen des geltenden Rechtsbrauches, welche im Mittelalter von den Vertretern einer Ortschaft oder eines Bezirks, den Schöffen 15, regelmäßig auf dem Herrengeding 16 gegeben wurden. In einzelnen Fällen schon früher, allgemein für Aemter und Gemeinden, Gerichts- und Hofverbände, auch für Pfarrbezirke, seit dem 14. Jahrhundert aufgezeichnet, sind dieselben bis zur französischen Revolution für Verfassungs-, Rechts- und Wirtschaftsleben mehr oder minder in Kraft geblieben. In der Neuzeit wurden sie dann von Männern wie Jakob Grimm, Lacomblet, Königer und andern gesammelt, schlummern aber noch vielfach im Staub der Archive, alten Prozeßakten und dergleichen, ohne daß die Ortsgeschichte von diesen grundlegenden Dokumenten Kenntnis hätte und nähme. Was den Weistümern noch einen ganz besondern Reiz verleiht, ist die beispielhafte, bildgesättigte Sprache, in der die Rechtsanschauungen des Volkes, ganz anders wie in den trockenen juristischen Paragraphen von heute, zum Ausdruck gelangen. Sie sind, wie der Altmeister Jakob Grimm in der Vorrede zum zweiten Bande seiner Weistümer so schön sagt, ein frischsprudelnder Quell, aus dem wir die Kunde deutscher Sprache, Mythologie und Sitte unglaublich bereichern können, sie geben manchen Partien der Geschichte überhaupt erst Farbe und Wärme.

Das Gesagte gilt natürlich auch für die Weistümer unserer Heimat. Sie sind zum Teil veröffentlicht, vielfach in seltenen, schwer zugänglichen Werken, fast ausnahmslos ohne Erklärung ungebräuchlicher Worte und Redewendungen auch ohne Erläuterung alter, uns seltsam anmutenden Rechtverhältnisse, und darum unverständlich für das Volk; manche sind noch ganz unbekannt geblieben. Außerdem ist zu bemerken, daß die Weistümer, weil ortsbedingt, voll und ganz auch nur von der Ortsgeschichte ausgewertet werden können, die oft genug allein in der Lage ist, alte Flurnamen, Gemeindegrenzen, Redensarten zu deuten. Es ist darum sehr zu begrüßen, daß in den wieder neu erstandenen Heimatblättern des durch seine Verdienste um die Heimatgeschichte weitbekannten und allseitig anerkannten Volksblatt-Verlags ein Organ geschaffen wird, in welchem in zwangloser Folge auch mit der Veröffentlichung der Weistümer des Kreises Euskirchen und der angrenzenden Orte des Kreises Schleiden begonnen wird. Es wird das dann auch ein kleiner Beitrag sein zur Fortsetzung der von der „Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde“ 1881 begonnenen Ausgabe Rheinischer Weistümer, die aber seit den Veröffentlichungen von Hermann Aubin über die Weistümer der Aemter Hülchradt und Brühl seit 1914 wieder ins Stocken gekommen ist.

I. Amt Hardt

Vorbemerkung: Friedrich v. Saarwerden, Erzbischof von Köln, 1370–1414, bereits mit 22 Jahren auf den erzbischöflichen Thron gelangt, jedoch beraten von seinem weisen und erfahrenen Oheim, Erzbischof Kuno von Trier, der bis dahin auch die Verwaltung des Kölner Bistums geführt hatte, gehört der großen Zahl der besseren Kirchenfürsten seiner Zeit an. Er hat nicht nur als Erzbischof seine geistlichen Verpflichtungen gewissenhaft erfüllt, sondern auch in seiner Eigenschaft als weltlicher Regent bedeutende politische Erfolge erzielt. Unter ihm erfolgte 1388 die Errichtung der Universität Köln, deren 550jähriges Jubiläum wir jüngst gefeiert haben; er wurde auch in Verfolg der Reichspolitik Ottos des Großen, der freilich oft genug zum Schaden der Kirche selbst, deren Vorsteher, die treuesten Stützen der Reichseinheit und Kaisermacht, mit weltlichen Herrschaftsrechten und Gebieten betraute, von Kaiser Karl IV. mit dem Herzogtum Westfalen belehnt, das von da ab mit dem Kölner Erzstuhl vereinigt blieb.

Die unter dem Kurkölnischen Amte Hardt vereinigten im Weistum aufgezählten, räumlich vielfach getrennten Gemeinde- und Gerichtsbezirke waren durch Schenkung des Grafen von Ahr-Hochstaden, Theodor, des Bruders des Kölner Erzbischofs Konrad von Hochstaden, 1246 an die Kölner Kirche gekommen. Man möchte diese reiche Schenkung, die auch die spätern Aemter Altenahr und Nürburg umfaßte, und die Graf Theodor, der als Propst von Xanten auch Geistlicher war, der Kölner Kirche unter der ausdrücklichen Bestimmung vermacht hatte, daß sie ihr nicht durch Verlehnung entfremdet werden dürfe, gerne mit dem Kölner Dombau in Verbindung bringen. Am Maria Himmelfahrtstage 1248 legte Erzbischof Konrad von Hochstaden den Grundstein zu dem „großen, köstlichen und ewigen Bau“, wie eine mittelalterliche Chronik den Kölner Dom nennt, ein Beginnen, das überreiche Mittel voraussetzte. Nur Walram von Bergheim aus dem Jülichschen Hause, das stets der Rivale des Erzstiftes gewesen, focht die Schenkung an. Es kam zu langwierigen und auch blutigen Auseinandersetzungen, die ihren Abschluß damit fanden, daß nach dem Aussterben der Bergheimer Seitenlinie im Jahre 1312 Jülich sich tatsächlich im Besitz vornehmlich Prümscher Lehen aus der Hochstadenschen Erbschaft behauptete, die es zu dem Amte Münstereifelzusammenschloß, während Köln die Hardtburg 17 als Stützpunkt und Verwaltungszentrum der ihm verbliebenen Gebietsteile einrichtete. Damit waren die Herrschaftsverhältnisse im oberen Erftland für ein halbes Jahrtausend bis zur französischen Staatsumwälzung festgelegt. Jeder der beiden Gegner suchte nun sein Gebiet durch Anlage von Befestigungen zu sichern. So stand Zülpich gegen Euskirchen, Rheinbach gegen die Tomburg, die Hardtburg gegen Münstereifel. Und es ist eine seltsame Ironie der Geschichte gewesen, daß gerade ein Kölner Erzbischof aus dem Hause Jülich, Walram, der Bruder des spätern Herzogs, es war, der die Hardtburg 1341 stark mit Mauern und Türmen bewehren ließ. Aus diesen Verhältnissen heraus erklärt sich auch ohne ersichtliche Veranlassung unsere Urkunde leicht aus der Absicht des umsichtigen Regenten, die Besitzrechte des Erzstiftes erneut bestätigen zu lassen, wie es bereits sein Vorgänger, Wilhelm v. Gennep, 1354 getan hatte 18. Während dieser aber damals nur die Schöffen von Kuchenheim, wo die Interessen–Gegensätze besonders hart aufeinander stießen, in die „aula“ – Halle oder Rittersaal – der eben erneuerten Hardtburg geladen hatte, war es jetzt eine große allgemeine Volksversammlung, die durch Glockenklang aufgeboten, sich vor der Hardtburg eingefunden hatte, um dem Landesfürsten, der umgeben von seinen Rittern und dem Hofstaate unter der großen Eiche hielt, das geltende Recht über Treueeid und Landeshoheit in Krieg und Frieden, Gerichtsbarkeit und Steuersachen zu bekunden, das dann notariell festgelegt wurde.

17 Die Hardtburg (munitio Hart) wird 1166 zuerst genannt – Knipping Regesten der Kölner Erzbischöfe, II, Nr. 850 –, hat jedoch schon 1118 einem Rittergeschlecht ,von der Hardt' den Namen gegeben – Regesten II. Nr. 235. – Die Angabe bei Pesch, Vordereifel S. 8, daß dasselbe ursprünglich ,von Frechen' geheißen habe, ist auch bei seinem Gewährsmann Fahne gänzlich unbegründet und nur vermutungsweise enthalten; der Drost zur Hart, Adam de Vregene, erscheint erst anderthalb Jahrhundert später in den Urkunden - Lacomblet, Urkundenbuch, II Nr. 550. Katzfey, Geschichte Münstereifels, 11 S. 81 dürfte Recht haben mit der Annahme, daß die Hardtburg schon früher aus den Ruinen der (wahrscheinlich von den Normannen zerstörten) karolingischen Burg zu Hockenbure (heute Hockenbroich/Kirchheim), der villa regia Flamersheim, entstanden ist, wie diese aus dem Ringwall auf dem alten Burgberg bei Weingarten.

18Lacomblet, Archiv für die Geschichte des Niederrheins, Bd. VI S. 283. Weistum zu Kuchenheim von 1354 Dez. 12.

Weistum des Amtes Hardt von 1378

in deutscher Uebertragung nach dem lateinischen Wortlaut bei Grimm, Weistümer II, 671 und ergänzt nach der Abschrift in der Kindlingerschen Sammlung 61, 8 im Staatsarchiv Münster i. Westfalen.

Im Namen des Herrn – Amen! Durch die gegenwärtige Urkunde werde allen kund und offenbar, daß im Jahre 1378 nach seiner Geburt, am 22. Dezember, welches der Tag des hl. Mauritius und seiner Gefährten war, zur Vesperstunde, auch ungefähr im ersten Jahre des Pontifikates unseres heiligsten Vaters und Herrn in Christus. Urbans durch göttliche Vorsehung des sechsten 19, bestellt und dazu berufen und versammelt waren vor der Hardtburg in der Diözese Köln in Gegenwart unseres hochwürdigsten Vaters und Herrn in Christus, Friedrichs, durch Gottes Gnade Erzbischof der hl. Kölner Kirche und Herzogs von Westfalen, in eigener Person den Vorsitz führend, vor mir, dem öffentlichen Notar, und den unterschriebenen, eigens hierzu berufenen und gebetenen Zeugen die maßgebenden Männer aus den Dörfern und fast die gesamte Einwohnerschaft der Herrschaft und des Bezirks der Hardtburg, aus Kuchenheim und den angrenzenden Dörfern, soweit sie zu den Jahren der Vernunft gelangt und dazu berufen und erfordert waren. Derselbe Herr Erzbischof befrug diese Männer und Insassen, erinnerte sie an die ihm und seiner Kirche geleisteten Eide und erforschte, inwieweit sie nach vorheriger reiflicher Ueberlegung, ihm in Gegenwart der Anwesenden ausdrücklich von Punkt zu Punkt und in gerichtlicher Form der Wahrheit gemäß geständen, erklärten, anerkennten und zusprächen, was immer er und seine Kölner Kirche für Recht, Macht und Herrlichkeit im Bezirk und der Herrschaft Hardtburg, in Kuchenheim und den angrenzenden Dörfern bisher besessen hätten, besäßen und nach Recht und altem Herrschaftsbrauch besitzen müßten. Welche dann einmütig, um zu überlegen beiseite traten und nach kurzer Zeit zurückkehrend alle in einen Ruf ausbrachen und übereinstimmend antworteten und damit erklärten, anerkannten und zustimmten.

Zuerst und vor allem, daß Huld und Treue dem zeitigen Herrn Erzbischof, der Kölner Kirche und der Herrschaft der Hardtburg durch alle Männer und Einwohner, sobald sie zu dem vorgeschriebenen Alter gelangt und zum Geding kämen, daselbst geleistet und geschworen werden müsse, und daß niemand von den Einwohnern zum Gericht zugelassen werden dürfe, der nicht vorher dem Herrn Erzbischof von Köln, seiner Kirche und seinem Amtmann in der Hardt in seinem Namen vor dem Gericht im Bezirke der Hardt, unter dem und in dem er wohnt, Huld und Eid der Treue geleistet hat.

Auch sagten, erkannten und wiesen sie wie vorhin, daß Hoheit und Vollgewalt, Kriegsgeläute und Folge im Bezirk der Hardt nur dem Herrn Erzbischof und der Kirche von Köln gehörten, und Gebot und Verbot daselbst dem Herrn Erzbischof, der Kirche zu Köln und ihren Amtleuten zuständen und keinem andern, unbeschadet der Rechte der Lehnsherren auf ihren Lehnsgütern 20, welche aber dort nichts vorschreiben können gegen die Vorschriften oder Rechte des Herrn Erzbischofs und seiner Amtleute oder der Kölner Kirche.

Auch sagten, erkannten und wiesen sie. daß die Straße und Gemeinde-Grund und -Boden 21 in dem genannten Bezirk der Hardt allein dem Herrn Erzbischof und seiner Kölner Kirche gehöre; wenn dort ein Verbrecher oder Missetäter gefangen würde, oder jemand gefrevelt hätte, über den dürfe nur der Herr Erzbischof der Kölner Kirche oder sein zeitiger Amtmann zur Hardt richten 22.

Auch sagten, erkannten und wiesen sie, daß Luft, Wasser und Weide in dem genannten Distrikt ganz und allein dem Herrn Erzbischof und der Kölner Kirche gehörten, und daß jeder, der im Bezirke der Hardt selber wohnt, und Wasser und Weide benutzt 23, denselben die durch den Herrn Erzbischof von Köln oder seinen Amtmann zur Hardt zeitweilig einzuführenden oder aufzuerlegenden Bede und Schatz nach ihrem Können und dem Maßstab ihres Vermögens bezahlen muß, ausgenommen nur die Aussteuer der Kirchen, die von altersher freien Güter der Geistlichen und Ritter, soweit sie nicht früher Bauerngüter oder sonst steuerpflichtig waren.

Auch sagten sie ebenso wie vorhin, im Bezirke und in der Herrschaft Hardt seien sechs Schöffenstühle, einer in Kuchenheim, ein anderer in Stotzheim, ein dritter in Kerspenich, ein vierter in Weier, ein fünfter in Sinzheim (Zingsheim), ein sechster in Muxscheid.

Auch sagten die Leute aus dem Dorfe Kuchenheim, die anwesend waren, daß der Herr Herzog von Jülich, einige Höfe und Güter in Kuchenheim besäße:

Verhandelt wurde Gegenwärtiges Jahr, Ort, Tag, Stunde wie oben in Anwesenheit der ehrenfesten Männer Goswin von Tiscele, Dekan der Kirche von Xanten .... Heidegin von Holtzheim, Amtmann in Hardt, der Ritter Rembold von Orsbeck, Heinrich und Gerhard Voß, Gebrüder, von Lechenich, Harper von Halle. Heinrich von Sickingen, Arnold von Luyurche, Adolf von Westerholt, Arnold Cloysgin und anderer mehrerer glaubhaften Männern vom Hofdienst (de familja et obsequio) des Herrn Erzbischofs.

II. Kuchenheim

Vorbemerkung: Kuchenheim, einer der vielen „Heim“ - Orte in unserer Umgebung, ist als solcher gewiß unzweifelhaft eine fränkische Gründung etwa um 500 nach Christus, wenn auch das Bestimmungswort „Kuchen“ ungeklärt bleibt 24. Urkundlich läßt der Name sich zuerst 1166 in der Form Cuchenheim (Cuchinheim) nachweisen, da ein Ingebrand v. C. der Abtei Siegburg Land zu Kessenich verkauft 25. Etwa 100 Jahre früher, 1074 soll allerdings schon Kuchenheim durch Schenkung des Grafen Lutard von Kleve an das Erzstift Köln gekommen sein 26. Wenn auch ein urkundlicher Beleg für diese Angabe nicht beigebracht wird, scheint sie jedoch glaubhaft, zumal sie die spätere Vorherrschaft Kurkölns vor Jülich bestens erklärt. Wohl erscheint auch die Grundherrschaft, die die Jülichschen Herzöge in einem Teile Kuchenheims ausübten, schon früh in dem Patronatsrechte über die Pfarrkirche, das die Vorgänger der Jülichschen, die Herren von Monschau-Falkenberg aus dem Hause Limburg, daselbst vor 1258 im Zusammenhang mit ihrem Euskirchener Besitz inne hatten und dann an das von ihnen gegründete Kloster Reichenstein abtraten 27.

Im folgenden Jahre stellt der erzbischöfliche Mundschenk, Hermann v. Ahr, die von ihm auf seinem Allod, also eigenfreiem Boden, zu Kuchenheim erbaute Burg Erzbischof Konrad v. Hochstaden zur Verfügung und unter dessen Schutz 28, vielleicht der Ausgangs-, jedenfalls ein Stützpunkt des Erzstiftes zur Gewinnung der Landeshoheit über Kuchenheim in dem Kampfe, den Eb. Heinrich v. Virneburg 1311 bei Euskirchen siegreich gegen Reinald v. Monschau führte 29. Daß es sich bei dieser Fehde um Kuchenheim handelte, dürfen wir aus dem Umstande schließen, daß, als in der Folge Heinrich und Reinald ein Schutz- und Trutzbündnis auf zwölf Jahre eingehen, zur Begleichung ihrer Differenzen ein Schiedsgericht in Kuchenheim zusammentritt 30, und beide Herrscher 1314 persönlich auf der dortigen Burg zusammenkommen 31. Welchen Wert der Kölner Erzbischof auf das Gebiet von Kuchenheim legte, geht aus dem Umstande hervor, daß 1330 sein eigener Bruder Eberhard, Deutschordenskomtur von Ramersdorf, als Richter und Amtmann des Gerichtes Kuchenheim erscheint 32. Wenn wir aber sehen, daß Kuchenheim, welches auch in dem ältesten Weistum des Amtes Hardt besonders hervorgehoben wird, zu einer Zeit, wo die Hardtburg bereits lange im Besitze des Erzstiftes war, von einer so bedeutenden Persönlichkeit verwaltet wird, so folgt daraus, daß die Kuchenheimer Burg vor der Hardtburg Amtssitz gewesen ist, oder Kuchenheim später erst zum Amte Hardt kam, wie denn auch in dem Weistum von 1354 noch nicht von einer Zugehörigkeit die Rede ist. Diese geschichtliche Entwicklung muß man vor Augen haben, um zu verstehen, wie eingehend das Kuchenheimer Weistum sich mit den aus dem Gegensatz der Jülicher, der Besitznachfolger der Falkenburger, zu Köln entstandenen Rechtsverhältnisse und originellen Rechtssitten befaßt.

A) Kölnisches Weistum

Das kölnische Weistum zu Kuchenheim ist in der ältesten knappen Fassung von 1354 lateinisch abgedruckt bei Lacomblet, Archiv VI, S. 293.

Zum Vergleich sind herangezogen :

Abschrift im Staatsarchiv Düsseldorf, Kurkölnische Akten, Amt Hardt, Jurisdiktion; Nr. 11;

Abschrift im Archiv v.

Harff

, Gemünd, Abt. I, LXI, A 3;

Abschrift vom Jahre 1596 bei

Kindlinger,

Bd. 61, S. 3, abgedruckt bei

Grimm,

II,

S. 680.

Die erste Acht 33.

Zum ersten soll man der Minnen 34 gesinnen mit einem Scheffen und einem Nachbar. Auch weist man die Ueberdrift, die uns geschieht auf dem Broich von denen von kleinen Bullesheim. Man weist auch, daß der Deich an der Thomburger Mühle rhein (!) 35 gegraben ist, und hält das in der Rüge, bis daß wir Fürsten und Herren oder Amtleute kriegen, die uns das abstellen.

Die zweite Acht.

Auch weist man Flerzheimer Maß naß und Munster Maß 36 trocken; wer sich Maßen vermißt, der soll die zu vierzehn Tagen vor Gericht bringen und besehen lassen. Sind sie gerecht, so soll man sie gerecht lassen, sind sie aber nicht gerecht, so soll man sie gerecht machen, auf daß jedermann das Seine kriege. Man weist acht freie Schäfereien, was man darauf wintert, mag man sommern; jeder Nachbar mag auch halten fünfzig Schafe und einen Widder, hält man drüber, das soll man abstellen. – Wer zu hulden hat, soll hulden und mit in die dritte Acht gehen.

Die dritte Acht.

Man weist all diejenigen wettig 37, die nicht hier sind, und die so billig hier wären als wir; sie wären denn aus um ihr Not und um ihr Brot und hätten der Glocken nicht gehört, oder hätten Erlaubung vom Schultheißen. Das Wett acht Schilling und das Weistum auf Gnade!

Die vierte Acht.

Zum vierten soll man Urlaub heischen, daß jedermann herein mag sprechen, daß wir unseren Eid entbinden und unserm gnädigen Herrn seine Hoheit und uns unsere Gerechtigkeit erkennen.

So weist man und erkennt heutzutage hierselbst unsern gnädigen Herrn, den Erzbischof zu Collen für einen Grundherrn und gewaltigen Herrn von der Erden biß an den Himmel und von dem Himmel wiederum bis auf die Erde. Man weist fort unserm gnädigen Herrn zu Gebot und Verbot und das zeitlich; unzeitlich weist man nicht für recht 38. Man weist ihrer Gnaden oder ihrer Gnaden Amtleute und Befehlshaber, die das Haus zur Hardt inhaben, weiters zu Glockenschlag und das Gefolgnis der Glocken bis an den breiten Weg; drängen uns einige Herren weiter, wir wollen allzeit sprechen, daß uns Unrecht geschehe 39. Man weist dem hochgemelten unserm gnädigen Herrn oder ihrer Gnaden Amtleuten und Befehlshabern obgenannten Hauses zu zwei Mark rechter Bede, die soll allman geben und gelden, wer binnen Coichenheim gesessen ist, ausgeschieden die freien Güter, darüber weisen wir nicht. Und darum, daß, wir die geben und handreichen sollen, so soll und mag ein jedermann gebrauchen Wasser und Weide, Straßen und Gemeinde, (soll und mag) zapfen, backen, brauen, gelden und verkaufen und sich das allerbest ernähren mit Gott und Ehren, das er kann und mag außer einiger Herrn Gebot 40. Verböten ihm das einige Herren, wir wollen allweg sprechen, daß ihm Unrecht geschehe. Man weist dann weiter, ob sach wäre, daß ein fremder Mann her auf diesen Platz 41 käme, der feilen Kauf hätte, der soll ein Reis auf sein Gezeuch 42 stecken, auf das man sehe, daß er feilen Kauf habe. Und alsdann soll er gehen bei den Schultheißen, der da sitzt von wegen unseres gnädigen Herrn von Cöln – oder seiner Churfürstliche Gnaden Amptleuten, die das Haus zur Hart inhaben – und gesinnen der Maßen; giebt er die ihm, wohl gut, giebt er die ihm nicht, so mag er eine gelden, lehnen, mieten (meheden), wie er die am besten überkommen kann, die gerecht ist, und veräußern (eußeren) seinen feilen Kauf damitten am allerbesten, das er kann, außer einiger Herren Gebot. Verböte ihm das einiger Herr, wir wollen allweg sprechen, daß ihm Unrecht geschehe. Man weist dann fort, ob der fremde Mann seinen feilen Kauf in einem Tag nicht veräußern kann, alsdann so mag er ein Haus gelden, lehnen oder mieten, und rücken seinen feilen Kauf darein und äußern denselben am allerbesten, das er kann. Wann er dann seinen feilen Kauf veräußert hat, so mag er hinziehen, da er herkommen ist, – daß ihn Gott geleite! – außer einiger Herren Gebot. Verböten ihm das einige Herren, wir wollen allzeit sprechen, das ihm Unrecht geschähe.

Man weist dann weiter zu unserm gnädigen Herrn von Jülich dreizehn eigene Hofstätten (hostart), und alles was darnieder, gerechtich 43 ist, es würde denn mit einigen Rechten gebrochen, was wir nie gesehen noch gehört haben. – Man weist dann fort, wann die Jülischen einige missetätige Leute auf ihren Gütern kriegen, die wären Mann oder Frauen, die mögen sie angreifen: wann sie die in ihren Händen und Banden haben und ihrer wohl sicher sind, alsdann so sollen sie gehen bei den Schultheißen, der da sitzt von wegen unseres gnädigen Herrn von Collen und heischen Urlaub, daß sie den missetätigen Menschen über die kölnische Erde in ihren Behalt 44 führen mögen.

Giebt er ihnen dann Urlaub wohl gut; giebt er ihnen nicht Urlaub, so mögen sie sechs Pfennige auf die Straße legen und führen den missetätigen Menschen über die kölnische Straß in ihren Verhalt und richten ihn nach seiner Missetat, wie er die begangen hat. Man weist dann fort, wann die Jülichschen mit dem Missetäter auf die Straße kommen und der Missetäter entbräche, entginge oder entrennte ihnen – wie denn alle Gefangenen gerne los wären –, so mannig Mensch als ihm dann nachlief, von wegen unseres gnädigen Herrn von Jülich, um so mannig fünf Mark wären sie erfallen unserm gnädigen Herrn von Cöln. Noch sollen der kölnische Schultheiß und Bote den Missetäter nicht laufen lassen, sondern angreifen und richten lassen nach seiner Missetat, wie er die begangen hat.

Die fünfte Acht.

Auch weist man, das allergleichest das man erkennen kann 45 auf diesseits des Turms zur Hardt und dem Pütz zu Rheder an Schapeels Hof 46, Schapeels Pütz genannt, was man drinentzwischen missetätiger Leut befreien würde, die wären Mann oder Frauen, die soll oder mag man angreifen und bringen sie her auf diesen Platz. Wann sie dann hier sind, so soll man gehen bei den Schultheißen, der da sitzt von wegen der Herrn von Kerpen 47 und besehen ob der Stock 48schlüssig sei. Ist er schlüssig wohl gut, ist er nicht schlüssig, soll man ihn schlüssig lassen machen, darein soll man den Missetäter schließen, darin soll er sitzen bis auf den dritten Tag. Dieweil sollen sich die Herren von Kerpen erfahren um Axt, Galgen, Rad, Kessel 49, Scharfrichter und alles, was zu missetatigen Menschen nötig ist. Wannie dann der dritte Tag um ist, alsdann so mag kommen der Amtmann und Gerichts gesinnen. Ist das Gericht da, wohl gut, ist aber das Gericht nicht da, so oft und manigmal der Amtmann den Missetäter aus läßt schließen und wieder ein läßt schließen und Urkund der Scheffen Gericht gesinnt und das nicht da ist, so oftmal sind die Herren von Kerpen unserm gnadigen Herrn von Colln oder ihren Gnaden Amtleuten erfallen um fünf Mark. Ist aber Gericht da, so soll und mag der Amtmann die Glock lassen anschlagen; der soll allman folgen, der binnen Koichenheim gesessen ist 50, bis nach Roxheim auf die Heide 51. Wan man da zu Rutzheim kommt, ist Rutzheim geschlossen, so soll man gütlich gesinnen, daß sie es auftun 52. Tun sie es auf, wohl gut, tun sie es nicht auf, so soll man Sankt Peters Schlüssel nehmen und schließen es auf und führen den Missetäter durch Roexheim auf die Heide und richten ihn nach seiner Missetat, wie er die begangen hat; und wer der Glocken gefolgt, den soll der Amtmann verantworten, er hätte denn außer Wegs gegangen 53. Wannie dann der Missetäter gerechtfertigt ist, was dann Kosten und Schaden darauf ergangen, die sollen die Herren von Kerpen bezahlen 54.

Die sechste Acht55.

Zum sechsten wird der Schöffe um Gewaltsachen gefragt, die dem Schöffen stehen zu rügen und dem Herrn zu strafen. Darauf spricht der Schöffe und die ganze Gemeinde, sie wüßten zum sechsten nicht mehr, denn: „alles (sei) gut“, wisse der Schultheiß oder Bote etwas, das sie an den Schöffen bringen, der Schöffe bringe es fort wie recht. Spricht ferner (der Schöffe) da Gewaltsachen geschehen als von Ueberackern (Ueberehren), Ueberbauen, Ueberzäunen, das gerichtlich gerügt wird, soll man binnen vierzehn Tagen abstellen, geschieht das aber nicht, so soll man erkennen; was derselbe Mann verbrochen (gebrucht) hat.

B) Jülich'sches Weistum

Auch Jülich hatte in Kuchenheim ein Hofgericht, welches aus Schultheis und sieben Geschworenen bestand und den Herrn von Jülich ebenfalls, aber nur auf seinen Gütern, für einen gewaltigen Herrn „von der Erden bis an den Himmel und von dem Himmel bis auf die Erden“ erkannte. Ueber die Grenzen seiner Machtbefugnisse gegenüber dem Kölner Kurfürsten gibt die jülichsche Gerichtserkundigung vom Jahre 1555 Auskunft 56. Das jülichsche Gericht sprach nur Recht bei Streitigkeiten, die sich auf die jülichschen Erbgüter bezogen, sowie über Schaden, der auf jülichschem Boden zugefügt wurde. Jülicher Land gibt dem Herzog keinen Schatz, nur Pacht und Zins. „Werden sonst dem Churfürsten zu Colln alle Schetze, Turckenhilff, Reichs- und Landsteuern zuerkannt, und durch die Collnische eingenommen“. – „Auch alle Dienste werden dem Churfürsten zu Colln an das Haus zur Hardt eine Bannweile Wegs zu holen zuerkannt, und hat m. gn. Herr (von Jülich) keine Dienst weiter denn gebeten Dienst. Alle Edikten und Mandaten, so von m. gn. H. ausgehen, werden vor S. Lamberts Capell aufgeschlagen. Auf dem jülichschen Boden ist eine Kirch, S. Lamberts Capell genannt, ist eine freie Cappell, hat m. gn. H, zu vergeben. Sie hat keine sacramenta, sondern holen dieselbe in der Parochialkirchen zu S. Niclas, welche auf Collnischem Boden steht. Die jülichschen und Cöllnischen gebrauchen des Weidgangs untereinander zugleich“.

Das Weistum des jülichschen Gerichtes57 stimmt im wesentlichen und meist wörtlich mit dem kölnischen überein. Besondere Bestimmungen enthalten

Die zweite Acht.

Zum zweiten weist man sechs Schilling verlorenen Geldes zu Weidesheim in der Lachen. Man weist weiter zwei Dingmänner von Schweinheim, die hier ausbleiben, dadurch unser Gn. H. eine Kurmut 58 verliert.

Die fünfte Acht.

Zum fünften weist man die Stappel und Splißling, die zu Kuchenheim, zu Stotzheim, Billig und Rutzheim gelegen sind, die sollen so hoch und weit bebauet sein, ob ein fremder Mann käme von wegen unseres Gn. H. von Jülich, daß derselbige darin reiten mag mit seinem Spies und seine Nachtrast drinnen haben, und über ihm einen Hahn 59, der ihm die Zeit vom Tag anzeigt, wann er reiten oder wandern will.

Die sechste und letzte Acht.

Zum sechsten und letzten werden die Geschworenen und die ganze Gemeinde bei ihren getanen Eiden ausgemahnt von Ueberehren, Ueberreinen, Uebersteinen 60 und Waffengeschrei, Scheltworten, Messerziehen, blutigen Wunden, blauen Streichen, Haarziehen und dergleichen ....; bedenkt euch, bringt es an und laßt die diejenigen bitten, die verbrochen haben.

19 Der rechtmäßig gewählte Papst, zu dem der Kölner Erzbischof mit den anderen rheinischen Kurfürsten hielt gegenüber dem französischen Gegenpapste Klemens VII. zu Avignon.

20 So hatte beispielsweise das Stift Münstereifel einen freien Hof zu Weingarten; auch gehörten zum Amte Hardt als Unterherrschaften mit bestimmten Rechten und Pflichten Klein-Büllesheim, Burg Ringsheim und die Abtei Steinfeld.

22 Das unterirdische Verließ im Hardtturm soll vor Jahren zugeworfen worden sein.

23 Sinnfällige Begründung der Steuerpflicht: Bede (precaria) freiwillig zuerkannte Abgabe, Schatz (exactio) durch Schätzung geforderte Steuer. Steuerfrei waren die dem Dienste Gottes Geweihten und die zum Kriegsdienst verpflichteten Personen.

24 Ueber die Namenserklärung siehe Krudewig, Geschichte der Bürgermeisterei Kuchenheim, S. 46. – Mürkens. Orts- und Bachnamen des Kreises Euskirchen S. 26. – Aubin, Entstehung der Landeshoheit, S. 72, Anm. Nr. 238. Der im Kölnischen Wildbann genannte Ort Cagun bei Zülpich kann nicht Kuchenheim sein, sondern ist sicher Geich; auch der bei Zülpich gefundene Matronenstein der Cuchinehae bezieht sich m. E. nicht auf Kuchenheim, sondern auf das alte Cagun.

25Knipping, Regesten der Kölner Erzbischöfe II, Nr. 849, 850.

26 Topografische Beschreibung des Krs. Rheinbach, Koblenz, 1816, S. 3.

27Lacomblet, Niederrheinisches Urkundenbuch, II, Nr. 456. Daß dies entgegen der herrschenden Meinung die spätere jülische an der Nordseite des Dorfes auf dem heutigen Friedhof gelegene St. Lambertskirche war, kann nach den Ausführungen von Fabricius in den Erläuterungen zum Geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz, Bd. V, S. 224 nicht mehr bezweifelt werden. Gegen Krudewig, a. a. O. S. 51, 61; Becker, Dekanat Münstereifel, S. 42; Redlich, Jülich-Bergische Kirchenpolitik, II 1, S. 234, Anm. 1, auch die meist übersehene Angabe im Nachtrag zur Eiflia Jllustrata, III 4, S. 371, derzufolge Walram, Herr zu Falkenburg, 1248 die Kirche ad St. Lambertum in Kuchenheim stiftete, und das Kloster Reichenstein neben derselben eine Schwesternniederlassung begründete. Beide wurden bei der Belagerung der Tomburg 1470 niedergebrannt. Friedrich von Sombreff, durch seine Raubzüge in die Umgebung gefürchtet, hauste damals auf der Tomburg. Als er auch die Ehre der Herzogin von Jülich durch die Behauptung, daß er bei ihr in höherer Gunst stehe wie ihr Gemahl, Herzog Gerard antastete, zogen die Söhne derselben, Wilhelm und Adolf, vor die Tomburg, um die Beleidigung der Mutter zu rächen. Sie nahmen die Feste nach harter Belagerung, bei der Prinz Adolf durch einen Speerwurf getötet wurde. Der Treue und der List der eigenen Gattin soll dem Tomburger Lied zufolge ähnlich der Sage von den Weibern zu Weinsberg Friedrich von Sombreff sein Leben verdankt haben; die Tomburg selber liegt seitdem in Trümmern. – Heusgen, Dekanat Meckenheim, S. 119. – Die um den Tod des Sohnes trauernde Mutter, Herzogin Sofia von Sachsen-Lauenburg, ließ die St. Lambertuskirche auf ihre Kosten wieder aufbauen, wo die Inschrift der großen Glocke und ein Fenster hinter dem Hochaltar noch in späterer Zeit an die Herzogin erinnerten, die neben ihrem Sohne in Nideggen begraben liegt. Auch die Braut des Prinzen Adolf raffte gleich der Mutter bald der Kummer hinweg. Das Klösterchen wurde nicht wieder aufgebaut, und sollen die Nonnen von Kuchenheim nach Stotzheim versetzt worden sein.

28Lacomblet, a. a. O. II, Nr. 482. Es ist irrig, aus der Urkunde die Zugehörigkeit Kuchenheims zu der Ahr-Hochstadenschen Erbschaft folgern zu wollen. Hermann Flecke v. Ahr, gehörte einem Dienstmannen-, nicht dem Dynastengeschlechte an; vgl. Regesten III Index.

29Gissinger, Geschichte der Stadt Euskirchen, S. 151.

30 Regesten IV, Nr. 743.

31 Ebenda Nr. 837.

32 Ebenda Nr. 1908.

33 Achtung - erste Schöffenweisung.

34 Gütliche Vereinbarung treffen bei obwaltenden Streitigkeiten.

38 Nur zeitlich begrenzte Dienste bestanden zu Recht, keine uneingeschränkte Dienstbarkeit.

39 Der breite Weg, der vor der Hardtburg von Stotzheim nach Kirspenich führt. Die Schöffen wahren sich und den Gefolgsleuten Freiheit und Sicherheit außerhalb des Burgberinges. Zu beachten ist auch der starke Unabhängigkeitssinn und das betonte Rechtsgefühl in dem wiederholten „Wir wollen allzeit sprechen ...“

40 Also völlige Gewerbefreiheit.

41 Der noch heute sogenannte (Markt)platz in Kuchenheim.

43 B: was darnider zu St. Lamprecht grechtig ist; C: was darnider gryffig ist; D: was zu St. Lambrecht up dem kirchof greftich ist.

44 Das alte Dinghaus mit dem jülischen Wappen auf dem Platz in Kuchenheim.

45 C: wyst desgleichen, das man geproven kan.

46 Ueber den Pütz zu Rheder an Schapeels Hof vergleiche meine Veröffentlichung „Rheder bei Euskirchen“, Volksblatt-Verlag 1934. Ferner Archiv v. Harff, Gemünd, Urkunde Nr. 16 v. J. 1455 Jan. 17: Schapeels Erbe, ein Haus zu Münstereifel neben Arnold v. Densborns Burghaus gelegen, das früher im Besitz Gerards v. Barmen gewesen und als Heiratsgut an Johanna, die Gattin des Ritters Lepart v. Heimbach gekommen war, wird von diesen mit allen seinen Freiheiten und Zubehör an Arn. v. D. abgetreten.

47Die Pfarrkirche St. Nikolaus in Kuchenheim war 1488 durch Papst Innozenz VIII. dem Reichsstift St. Martin in Kerpen, Kreis Bergheim, einverleibt worden. – Demzufolge bestellte der Stiftspropst 1555 den Gerard von Linn zum Pfarrer daselbst und räumte ihm den Pfarrhof mit allen Ländereien, Renten und Zehnten der Kirche gegen eine jährliche Abgabe von 31 Goldgulden ein. Hierfür sollte derselbe, wie von alters gewöhnlich sei, Stieren und Bieren, das Zuchtvieh für die Gemeinde, auf seine Kosten halten, auch für die Officiation – die im Weistum genannten gerichtlichen Verpflichtungen des Stifts – aufkommen, falls dasselbe diese nicht abgelten können, wie es hoffe sie abgegolten zu haben.– Akten des Pfarrarchivs. In früheren Zeiten ist wohl das Stift St. Kunibert in Köln im Besitz des Patronates der Kirche gewesen. Zwar geht dies nicht deutlich aus der Inkorporationsurkunde von 1488 hervor, immerhin ist beachtenswert. daß der Verzicht des früheren Pfarrers, Johann von Neukirch, auf die Pfarre K. in genanntem Jahre durch einen Kanonikus von St. Kunibert als dessen Prokurator geschieht. Sodann hat aber das Kunibertsstift noch bis zur französischen Revolution die Belehnung mit der Kirchenvogtei ausgeübt und in Kuchenheim ein Hofgericht besessen. Diese Erbvogtei, welche 1461 Johann v. Kinzweiler erwarb, ist bei den Inhabern der obern Burg verblieben, welche regelmäßig die Belehnung von dem Stifte gegen ein Stück Gold und einen silbernen Pfennig, nicht von den mindesten und nicht von den meisten empfingen. Der Vogt bezog die sämtlichen Pächte und Zinsen der Hofländereien mit Ausnahme der Kurmuten, welche er mit dem Stifte teilte, mußte allerdings die Kosten des Hofessens, welches alljährlich am Sonntag nach Dreikönigen stattfand, bestreiten. Archiv v. Harff, Urkunden Nr. 147 und 407. Akten LXI A 3. – Die hohe Gerichtsbarkeit lag zur Zeit unseres Weistums bereits ganz in der Gewalt des Amtmanns zur Hardt als des Vertreters des Landesherrn, während vorher der Vogt sie im Namen des Stifts ausgeübt haben dürfte; daran erinnert noch deutlich die materielle Beihilfe, die das Stift zu leisten hatte, aber auch gerne abgewälzt hätte, wie aus der obigen Bemerkung über die Offiziation hervorgeht.

48 ,Stock', das kurkölnische Gefängnis, Gegenstück zu dem Jülichschen ,Behalt'.

49 Axt und Kessel fehlen in B und D.

50 D: sie sein Gulische oder Colnische.

51 Die Richtstätte war am Ortholz auf Roitzheimer Gebiet; Roitzheim bildete mit Billig eine jülichsche Unterherrschaft des Amtes Euskirchen.

52 Die Einzäunung der Dorfflur konnte durch ein Falltor geöffnet werden. Der valtstock – nicht fangstock, wie Aubin, Landeshoheit S. 22 meint – bei Ruecksheim begrenzt auch die Zülpicher Bannmeile; Grimm. Weistümer II, S. 709. – St. Peters Schlüssel wohl symbolisch zu verstehen: kann alles lösen ohne Entgelt.

53 Die Gefolgpflicht bei der Hinrichtung der Verbrecher hatte nicht nur den Zweck ein abschreckendes Exempel zu statuieren, sondern auch ein Entweichen zu verhindern. Vergleiche D: ,wer das nit thut, den mag unser Gnädiger Herr darumb strafen'. Andererseits mußte der Amtmann die Gefolgsleute schadlos halten; nur wer außer Wegs ging, ,der sall up sein eigen vaer ghaen'.

54 Nach D mußten die Herrn von Kerpen – wegs auch einen Boten – Polizeidiener – unterhalten und ihm zum Lohne sechs Malter Weizen jährlich geben, auch den ,Diebfänger' lohnen, so oft das nötig sei.

55 Die sechste Acht fehlt bei C und D; bei B lautet der Schluß: ,Gewaltsachen ... rügen wir, soll unserm Gn. H. zu richten stehen'.

56Lacomblet, Archiv III. S. 372.

57Grimm II, S. 679.

58 Die frühere Erbsteuer.

59 Aehnlich Weistum Weidesheim, bei Aubin, Amt Brühl, S. 78: ,und einen Hahn auf dem Spies sitzen'. Der Zweck dieser merkwürdigen Bestimmung ist wohl, im Interesse einer einfachen und geordneten Verwaltung die Versplissung der Haupthöfe durch die Auflage weitläufiger und kostspieliger Bebauung der ,Splißlinge' zu hindern.

60 Die Grenzen ,Rein und Stein' versetzen.

III. Stotzheim

Vorbemerkung:

Das Weistum zu Stotzheim liegt vor

a. im Original von 1622, beglaubigt von dem Schöffengericht Stotzheim: Johan Prick, Schulteis, weiter die Schöffen Johan Castenholz, Crisant Nüsgen. Godfriedt Mertzenich, Peter Heutheusen, Johan Nüsgen der Burghalfe, unter Beifügung des Schöffensiegels, welches den hl. Martinus zu Pferde zeigt, mit Unterschrift des vereideten Gerichtsschreibers Joachim Helwig, so zu finden in der Kindlingerschen Sammlung, Band 61, S. 63, abgedruckt bei Grimm, Weistümer II, 672.

b. In einer undatierten Abschrift im Staatsarchiv Düsseldorf, Kurkölnische Akten, Amt Hardt, Jurisdiktion Nr. 10. – Wir bringen im folgenden das Original mit Beifügung der Abweichungen bei b).

Erstlich frägt der Schultheiß die Schöffen, ob die Zeit vom Tag 62 hie sei, daß sein gnädiger Herr, der Kurfürst von Köln, sein Hochgericht besitzen mag? Darauf antworten die Schöffen: Ja, die Zeit vom Tag sei da, wann Ihre Gnaden Kurfürst, unser Herr, will. Also befreiet 63 der Schultheiß das Herrengericht im Namen I. K. Gn. und eröffnet es dem Armen wie dem Reichen und dem Reichen wie dem Armen, daß jeder sein Wort da vortrage, was sich vom Rechts wegen gebürt, und das zum ersten, zweiten, dritten und vierten Mal über Recht. Und ermahnt darauf den ersten Schöffen um die erste Acht und um dasjenige, so darin gehörig ist; er ermahnt ihn wie recht, und das bei seinem Schöffeneid; und nachdem derselbe Schöffe vom Schultheiß deswegen Erlaubnis geheischt, erkennt er wie folgt.

Erste Acht.

In der ersten Acht rügt der Schöffe allen Ueberbau, Ueberehren 64, Uebersticken und Ueberpfählen (B: Ueberzäunen, alle unrechte Rein und Stein), und wo die Gemeinde überengt oder überdrengt (B: verschmälert, verengt, verdrängt) wurde, das soll man besichtigen und abstellen, wobei unser Gn. H. bei seiner Hoheit und Gerechtigkeit bleibe und die Nachbarn bei ihrem alten Brauch, das erkennt der Schöffe in der ersten Acht. (Anders B: das weisen die Schöffen unserm Gn. Kurfürsten zu strafen.) Folgends ermahnt der Schultheiß die Schöffen um die zweite Acht, wie oben den ersten.

In der

zweiten Acht

rügt der Schöffe alle unrechte Maße, sie seien naß oder trocken; wer sich in Stotzem gedenkt damit zu ernähren, der soll sie vor Gericht bringen, da sollen sie besichtigt werden. Sind sie recht, soll man sie recht lassen, sind sie aber nicht recht, so sollen sie recht gemacht werden, auf daß ein jeder das Seine kriege. – Auch rügt der Schöffe alle Unrechts Schäfereien; jeder Nachbar aber mag haben fünfzig Schafe und einen Widder auf seinem Hof. Wo einer darüber halten würd, der Schöffe erkennt, es wäre Unrecht und eine Uebertrift 65 (B: und hochermelteten unserm Gn. K. u. H. zu strafen). – Auch rügt der Schöffe alle diejenigen, die nicht hier sind und doch so billig hier sein sollten als wir (B: den oder dieselben weist der Schöffe wettig). Es wäre denn, daß sie aus waren um ihre Not und um ihr Brot und hätten die Glocke nicht gehört: da ist Gnade bei. Und diejenigen, so sich zu Stotzem zu Haus gesetzt haben (B: wer binnen St. gesessen oder beerbt oder begütert und braucht Wasser und Weiden), und haben unserm Gn H. nicht gehuldet, dieselben sollen herbeitreten und sollen unserm Gn H. huldigen (b: ihren Eid tun), treu und hold zu sein und dann mit in die dritte Acht gehen; das erkennt der Schöffe in der zweiten Acht. Darnach ermahnt der Schultheiß den dritten Schöffen und die dritte Acht wie oben den ersten. Darauf antwortet der Schöffe, daß ihm diejenigen gefolgt werden, so von rechtswegen zu folgen schuldig sind 66, und darnach nehmen die Schöffen und Nachbaren einen Abtritt.

Dritte Acht.

In der dritten Acht rügt der Schöffe Waffengeschrei 67, Messerziehen, Scheltwort, Gewaltsachen, wie sich die ergangen hätten (B: mahnt der Scholtis die Scheffen und ganze Gemeinde um .... Fundt und Prundt) 68, wer etwas davon gesehen oder gehört hätte, der sollte herbeitreten und seinen Eid entbinden 69, lassen den bitten und gelden 70, der darin verschuldet hat. (B: alle gewaltigen Sachen weisen die Schöffen unserm Gn. H. zu strafen.) Auch wer einen Kommer anfängt 71 und ihm nicht nachgeht, den weist der Schöffe bußfällig. Auch wer Erbgüter wend und kiert unempfänglicher Hand 72 (B: und wäre die zu empfangen zuwieder), den weist der Schöffe auch bußfällig (B: und unserm Gn. Herrn zu strafen). Das erkennt der Schöffe in der dritten Acht. Letztlich ermahnt der Schultheiß den vierten Schöffen um die vierte Acht, nämlich, wen man hier erkennt für einen Grundherrn und für einen Gewaltherrn und was man ihm zuerkennt, wie hoch und wie breit? Er ermahnt ihn wie recht, und das bei seinem Schöffeneid.

Vierte Acht.

In der vierten Acht erkennen die Schöffen den Bischof zu Köln und Kurfürsten für unsern Gnädigen Herrn und wir erkennen ihn auch für einen Grundherrn (B: Landherrn) und Gewaltherrn von der Erden bis in den Himmel und wieder von dem Himmel bis auf die Erde. Wir erkennen ihm auch zu Wassergang 73 und Glockenklang und Gefolgnis der Glocke bis auf den breiten Weg, und wenn er uns weiter geböte, der Scheffe erkennt es wäre Unrecht 74.

Auch wenn ein Missetäter gegriffen würde vom Hardtturm an recht auf Schappiels (Hof) unterm Pütz an der Schäferei 75 – würde er darunter gegriffen, so soll man ihn zum Hardtturm liefern, da sollen die Schöffen von Kuchenheim über urteilen nach seiner Missetat. Wenn aber einer da herauf gegriffen wurde, so soll er gleichfalls zum Hardtturm geliefert werden, darüber sollen die Schöffen von Arloff urteilen nach seiner Missetat, da soll sich kein Schöffe noch Nachbar von Stotzem mit zu bekümmern haben 76, die Freiheit haben sie unter sich.

Und ein Amtmann, der mit Willen des Kurfürsten das Haus zur Hardt einhendig hat und hat den Schlüssel davon, dem erkennen wir zu Gebot und Verbot, und das zeitlich 77, ein unzeitlich Gebot erkennt der Schöffe nicht für Recht. Auch wird ihm zuerkannt neun Mark und drei Mark rechter Bederschatz 78 und auch zehn Gänse; die zehn Gänse- soll der Hon 79 (B: den Nachbarn) verlegen bis an den Schatz und dem Schultheiß liefern Der Schultheiß soll eine behalten, die neun zum Haus zur Hardt liefern, damit soll der Schultheiß auch voll(ge)tan haben. Auch auf ein dritt hochgeboten Herrengeding sollen die Nachbaren von Stotzem dem Amtmann und seinem Diener ihr Gelage 80 bezahlen (B: und mag der Amtmann mit den Nachbarn fröhlich sein) und sollen Freund bleiben nach wie sie vor gewesen sind. – In deß wir dann geben die neun Mark und die drei Mark und die zehn Gänse, so mag ein jeder Nachbar backen, zappen, feilen Kauf treiben nach seinem besten Sinne und jedem das Seine geben ohne einiges Verbot des Herrn, den Bau 81