Arztromane Vol. 18 - Sissi Kaipurgay - E-Book

Arztromane Vol. 18 E-Book

Sissi Kaipurgay

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Beschreibung

Stefan, Allgemeinmediziner, betreibt eine Praxis in Bad Segeberg. Eines Tages kommt eine Patientin mit einer ungewöhnlichen Bitte zu ihm, nämlich der, ihrem Mann Jonas – ebenfalls einer von Stefans Kunden – Viagra zu verschreiben. Die Ursache für Jonas‘ Unlust, den ehelichen Pflichten nachzukommen, ist jedoch eine andere als vermutet. Er gerät in einen Gewissenskonflikt, als der Patient ihn um Hilfe bittet.

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Inhaltsverzeichnis

Arztromane Vol. 18 – Viagra ist keine Lösung

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

Epilog – drei Jahre später

Arztromane Vol. 18

Viagra ist keine Lösung

Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig. Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.

Texte: Sissi Kaipurgay/Kaiserlos

Korrekturen: Aschure, Dankeschön!

Foto Cover: shutterstock 1191907264, Depositphotos_4160048_l-2015

Cover: Lars Rogmann

Kontakt: Kontakt:

Sissi Kaiserlos/Kaipurgay

c/o Autorenservice Karin Rogmann

Kohlmeisenstieg 19

22399 Hamburg

Arztromane Vol. 18 – Viagra ist keine Lösung

Stefan, Allgemeinmediziner, betreibt eine Praxis in Bad Segeberg. Eines Tages kommt eine Patientin mit einer ungewöhnlichen Bitte zu ihm, nämlich der, ihrem Mann Jonas – ebenfalls einer von Stefans Kunden – Viagra zu verschreiben. Die Ursache für Jonas‘ Unlust, den ehelichen Pflichten nachzukommen, ist jedoch eine andere als vermutet. Er gerät in einen Gewissenskonflikt, als der Patient ihn um Hilfe bittet.

Prolog

Frühnebel schwebte über den Feldern. In der Nacht hatte es geregnet, nun verdunstete das Nass im Licht der Morgensonne. Für einen Frühsommermorgen besaßen ihre Strahlen erstaunlich viel Kraft.

Stefan zwang sich, seinen Blick wieder geradeaus zu richten, denn es konnte stets passieren, dass plötzlich irgendein Tier über die Straße lief, kroch oder hüpfte.

Neulich hatte er nicht aufgepasst und eine Kröte überfahren. Sie war von ihm am Straßenrand begraben worden. Zu diesem Zweck lag ein Spaten im Kofferraum. Natürlich plante er nicht, regelmäßig Leben zu vernichte, aber es kam eben vor. Außerdem kratzte er manchmal Kadaver, die andere Autofahrer einfach liegenlassen hatten, vom Asphalt, um auch ihnen eine würdige Ruhestätte zu geben.

Seine Praxis lag in Bad Segeberg, sein Zuhause in Klein Rönnau. Das Eigenheim mit großem Grundstück war ein Glücksgriff: Relativ günstig, kaum Renovierungsstau und nur wenige Minuten Fußweg vom Seeufer entfernt. Ein Auto brauchte er sowieso, weil man in der Provinz ohne nicht auskam. Insofern passte es perfekt. Manchmal stieg er aufs Fahrrad um, aber meist siegte seine Faulheit.

Ein Wermutstropfen war, dass sein langjähriger Partner Tom den Umzug als Anlass genommen hatte, sich von ihm zu trennen. „Was willst du denn in der Einöde?“, lauteten Toms Worte. „Für mich ist das nichts. Wenn du die Praxis übernimmst, sind wir geschiedene Leute.“

Neun Jahre waren sie ein Paar gewesen. Stefan hätte niemals vermutet, dass ein Ortswechsel sie auseinanderbringen könnte. Tom hatte nicht mal darüber nachgedacht, ob es vielleicht doch funktionierte. Schließlich befand sich Bad Segeberg nicht am Nordpol, sondern nur dreißig Minuten von Hamburgs Stadtgrenze entfernt.

Mittlerweile war Tom neu liiert. Das wusste er nur von gemeinsamen Freunden. Er war damals so verletzt gewesen, dass er jeglichen Kontakt zu Tom abgebrochen hatte und weiterhin ablehnte.

Seine Praxis lag inmitten Segebergs, im Erdgeschoss eines Altbaus. Zwei Sprechzimmer, ein Labor, zwei Toiletten, (eine fürs Personal), Teeküche, Wartezimmer und Aufenthaltsraum, der auch zum Umkleiden diente. Genug Platz, um irgendwann – falls der Patientenstamm wuchs – einen Kollegen aufzunehmen.

Er stellte seinen Wagen auf dem Parkplatz hinterm Haus ab und betrat das Gebäude durch die Hintertür. Da Marianne und Agnes, seine Assistentinnen, erst um halb neun kamen, schloss er die Praxis auf und schaltete die Flurbeleuchtung an. Im Aufenthaltsraum tauschte er seine Jacke gegen einen weißen Kittel und seine Sneakers gegen Gesundheitslatschen. Anschließend setzte er die Kaffeemaschine in Betrieb.

Im Sprechzimmer checkte er die Vormittagstermine. Zehn Patienten, darunter zwei Neuzugänge. Sehr wahrscheinlich tauchten auch einige Notfälle auf, wie jeden Montag. Vor ihm lag also ein strammes Programm.

Als er sich einen Becher Kaffee holte, begegnete er Marianne. Sie war der Ruhepol der Praxis. Wenn es hektisch zuging, behielt sie stets den Überblick, was man von Agnes nicht behaupten konnte. Marianne war Mitte fünfzig, Agnes erst vierundzwanzig. Stefan fand, das war eine gute Kombination.

„Schönes Wochenende gehabt?“, erkundigte er sich, wobei er reichlich Milch in seinen Kaffeebecher goss.

„Hektisch. Drei Enkel und ein Hund können einen ganz schön auf Trab halten.“ Sie zwinkerte ihm zu. „Michael tut das gut.“

Mariannes Gatte Michael war von der behäbigen Sorte. Regelmäßig saß er, wenn er mal wieder im Gasthaus über die Stränge geschlagen hatte, in Stefans Wartezimmer. Mit Gicht sollte man kein Bier trinken sowie Diät halten. Das sagte er Michael jedes Mal, doch es nützte nichts. Hinzukam, dass es sich um einen Bewegungsmuffel handelte.

„Dann öffne ich mal unsere Pforten.“ Marianne folgte ihm auf den Flur, wo sich ihre Wege trennten. Während er sich wieder ins Sprechzimmer begab, steuerte sie die Vordertür an.

Kurz darauf spähte sie in den Raum. „Kann ich dir schon einen Notfall schicken?“

„Klar. Rein damit.“ Bis zum ersten Termin waren ja noch einige Minuten Luft.

Sie verschwand. Es dauerte einige Augenblicke, bis die Daten des Patienten auf seinem Bildschirm erschienen. Jonas Sieger, neunundzwanzig, gesetzlich versichert, wohnhaft in der Sperlingstraße, also nur wenige Minuten entfernt.

Stefan erhob sich, ging zum Wartezimmer und bat den Patienten, der darin saß, mit ihm zu kommen. Wenn viel los war, benutzte er die Sprechanlage. Sonst holte er seine Kundschaft gern persönlich ab.

Sieger, ein schlanker Mann mit kurzen, braunen Haaren, folgte ihm ins Sprechzimmer und nahm auf dem Besucherstuhl Platz.

„Was kann ich für Sie tun?“, fragte er, nachdem er sich wieder hinter dem Schreibtisch niedergelassen hatte.

„Halsweh“, krächzte Sieger.

Eine kurze Untersuchung ergab, dass Siegers Mandeln geschwollen waren. Er verschrieb dem Mann ein Antibiotikum und fragte, ob der Patient einen gelben Schein benötigte. Sieger schüttelte den Kopf.

„Bitte vereinbaren Sie einen Termin für Anfang nächster Woche“, gab er Sieger mit auf den Weg.

1.

Der Juni zeigte sich von seiner schönsten Seite. Während der Fahrt zur Praxis ließ Stefan die Seitenscheibe halb runtergleiten, um warme Luft ins Innere zu lassen. Sein Wagen stand in der Garage, weshalb es sich darin stets wie im Kühlschrank anfühlte.

Zu seinen Stammkunden hatten sich Urlauber gesellt. Pro Woche behandelte er im Schnitt fünf Patienten, die von außerhalb stammten. Eigentlich sollte er, wie die meisten Arztpraxen im Sommer, drei Wochen schließen, um sich zu erholen. Da auf ihm noch hohe Kredite lasteten, musste er ein weiteres Jahr ohne Pause durchhalten. Das störte ihn nicht. Er liebte seine Arbeit.

Seinen Assistentinnen musste er natürlich drei Wochen Sommerurlaub am Stück gewähren. Derzeit vertrat Hilde – diese war in Rente gegangen, als sein Vorgänger wegzog – Marianne. Hilde besaß einen Dackel, der auf den hochtrabenden Namen Kunibert von Hohenzollern hörte. Ausnahmsweise, Tiere waren in der Praxis verboten, durfte sie den Hund zur Arbeit mitbringen. Der arme Kunibert hätte sonst viele Stunden allein zu Hause verbracht. Man hörte und sah fast nichts von dem Hund, der während der Sprechstunden hinterm Empfangstresen döste.

In den Pausen lieh sich Stefan das Tier gern aus, um ein bisschen an die frische Luft zu kommen. Kunibert, bereits ein alter Herr, war ein angenehmer Begleiter: Brav, schweigsam und immer gut gelaunt.

An diesem Vormittag befand sich Konstanze Sieger unter den Patienten. Sie trug Milena, ein Jahr alt, in einem Tuch vor der Brust. Sonst hatte sie beide Kinder dabei. Max war zwei und befand sich vermutlich in der Krippe.

Stefan war froh über sein gutes Namensgedächtnis. Es half, eine Beziehung zu seinen Kunden aufzubauen. „Guten Morgen, Frau Sieger. Wie geht es denn der kleinen Milena?“

„Prächtig.“ Sie setzte sich und strich dem Baby über den Kopf. „Mir geht’s auch gut. Ich bin wegen einer anderen Sache hier.“

Er faltete die Hände im Schoß und lehnte sich zurück.

„Es ist wegen Stefan ...“ Sie senkte die Wimpern. „Ich möchte bitte Viagra für ihn haben.“

Stefan hatte schon so einiges erlebt, aber noch nie, dass eine Ehefrau die Potenzpillen für ihren Mann haben wollte. „Mögen Sie mir den Grund für diesen Wunsch erzählen?“

Frau Sieger, weiterhin den Blick auf einen Punkt am Boden gerichtet, bekam rote Wangen. „Seit Milena da ist, schwächelt Stefan im Bett.“

„Das kann viele Gründe haben. Haben Sie mit ihm darüber gesprochen?“

Sie schüttelte den Kopf.

„Das wäre erstmal der bessere Weg. Vielleicht belastet Ihren Mann etwas, im Beruf oder anderen Bereichen.“

„Er ist beim TÜV und hat da nichts auszustehen und beim Sport läuft auch alles wie immer.“

„Oder es handelt sich um ein physisches Problem. Er sollte das beim Urologen abklären lassen.“

„Da geht er nie und nimmer hin.“

Stefan seufzte innerlich. „Weiß er, dass Sie ein Rezept für ihn holen wollen?“

Abermals schüttelte sie den Kopf.

Plante sie, ihrem Gatten das Zeug heimlich unterzujubeln? Gruselige Vorstellung. „Ich müsste mit Ihrem Mann reden, bevor ich das Rezept ausstelle. Sildenafil kann Nebenwirkungen hervorrufen, über die er informiert sein sollte.“

Frau Sieger schaute hoch, die Stirn gerunzelt. „Sildena...? Ich wollte doch Viagra.“

„Das ist der Wirkstoff des Medikaments.“

„Ich kann Stefan nicht herschicken. Er würde nicht kommen.“ Sie seufzte. „Könnten Sie ihn nicht herbestellen?“

„Entschuldigung, aber das geht nicht. Meine Patienten kommen generell freiwillig her.“ Einige taten es sogar zu oft, im Gegensatz zu denen, die mit einem Bein im Grab stehen mussten, um den Gang zum Arzt auf sich zu nehmen.

„Muss er nicht mal wieder geimpft werden oder so?“

„Das läuft aufs Gleiche hinaus.“

„Können Sie denn gar nichts tun?“

„Es tut mir wirklich leid, Frau Sieger, aber mir sind die Hände gebunden. Ich darf kein Rezept ausstellen, bevor ich Ihren Mann nicht zumindest oberflächlich untersucht habe.“

Sie seufzte abgrundtief und erhob sich. „Dann will ich Sie nicht länger aufhalten.“

Sprach’s und verließ den Raum.

Rasch machte Stefan ein paar Notizen, damit Marianne den Besuch abrechnen konnte, bevor er den nächsten Patienten aufrief. Wegen des Ansturms der letzten Wochen verzichtete er darauf, sie aus dem Wartezimmer abzuholen.

Bis halb eins war er ausgebucht. Den letzten Patienten geleitete er persönlich zur Tür und schloss hinter ihm ab.

Im Aufenthaltsraum saßen Marianne und Hilde. Beide löffelten eine Fünf-Minuten-Terrine. Ihm drehte sich allein bei dem Anblick der Magen um. Wie man solches Zeug essen konnte, war ihm ein Rätsel.

„Darf ich mir Kunibert ausleihen?“, wandte er sich an Hilde.

„Nur zu.“ Sie guckte unter den Tisch. „Schatz, dein Typ wird gefragt.“

Kunibert begann, mit dem Schwanz zu wedeln.

Durch den Vorderausgang verließ Stefan das Gebäude, den Hund im Schlepptau. Auf dem Bürgersteig herrschte reges Treiben. Es gab im Umkreis einige Büros und Geschäfte. Nun waren die hungrigen Angestellten auf der Jagd nach etwas Essbarem.

Am Ende der Straße tauchte er in das schattige Grün von Bäumen. Sie säumten den Friedhof, an den sich die örtliche Baumschule anschloss. Dahinter begann öffentlicher Wald, hinter dem der Segeberger See lag.

Auf ungefähr halber Strecke zur Promenade ließ er sich auf einer Bank nieder und holte sein Butterbrot aus der Hosentasche. Das hatte er vor seinem Aufbruch eingesteckt. Kunibert hockte sich vor seine Füße und setzte den Du-willst-das-doch-wohl-nicht-alles-allein-essen-Blick auf.

„Ich darf dir nichts abgeben, sonst kriege ich Ärger mit Frauchen“, klärte er den Hund auf.

Das tangierte Kunibert nicht die Bohne.

„Na gut. Aber kein Sterbenswörtchen zu Hilde.“ Er fischte einen Scheibe Wurst aus seiner Stulle und hielt sie dem Hund hin. „Mehr gibt’s nicht.“

Kunibert schluckte die Wurstscheibe in einem Stück runter, legte sich hin und ließ die Zunge aus dem Maul hängen.

„Kommt eine Frau zum Arzt und verlangt ein Rezept über Potenzpillen für ihren Mann.“ Stefan biss von seinem Brot ab und redete kauend weiter: „Was glaubst du? Wird der Arzt es ihr geben?“

Kunibert gähnte.

„Genau! Er wird es nicht tun, weil er ein Gewissen hat. Es könnte nämlich sein, dass der Mann unter Hitzewallungen, Übelkeit, Kopfschmerzen oder Schwindel leidet und den Arzt verklagt, ihn nicht darüber aufgeklärt zu haben.“

Keine Reaktion.

„Stimmt. Der Apotheker wäre in der Pflicht, den Patienten darüber aufzuklären, könnte aber an mich verweisen, da ich das Rezept ja ausgestellt habe. Jedenfalls war sie der Meinung, ich sollte doch einfach ihren Mann zu mir beordern, aber das geht ja nicht. Oder was denkst du?“

Kunibert schaute hoch, den Blick hoffnungsvoll auf den Rest Stulle gerichtet.

„Du meinst, ich könnte meinen Wagen mal beim TÜV vorstellen? Der Termin ist zwar erst in ein paar Monaten, aber warum eigentlich nicht? Vielleicht treffe ich bei der Gelegenheit Herrn Sieger und frage ihn, wie er die Angina überstanden hat. Der Schlingel hat nämlich nicht, wie ich ihn gebeten habe, einen Folgetermin vereinbart.“ Er gab dem Hund das letzte halbe Stückchen Wurst.

„Ich weiß: Das Ganze geht mich gar nichts an, aber die Frau tut mir leid. Stell dir nur vor, wegen solcher Kleinigkeit geht ihre Ehe in die Brüche und zwei Kinder sitzen ohne Vater da“, fuhr er fort. „Oder ohne Mutter. Soll ja auch vorkommen, dass sie dem Vater die Kleinen überlässt.“

Kunibert schnaufte.

„Es kann auch sein, dass Herr Sieger unter erektiler Dysfunktion leidet. Dann wäre es ohnehin meine Pflicht, ihm zu helfen. Sowas kann einen Mann nämlich ganz schön fertig machen. Einen Hund bestimmt auch, nicht wahr?“ Er beugte sich runter und tätschelte Kuniberts Kopf. „Stell dir nur vor, du siehst eine hübsche Dackeldame und willst sie beglücken, aber unten regt sich nichts. Das ist doch frustrierend.“

Ob Kunibert seine Meinung teilte, konnte er nicht erkennen.

„Komm, lass uns weitergehen“, schlug er vor, stand auf und nötigte Kunibert, indem er an der Leine zog, ihm zu folgen.

Als sie nach einer halben Stunde Spaziergang in die Praxis zurückkehrten, verkroch sich der Dackel sogleich hinter den Tresen. Ein bisschen neidisch guckte Stefan zu, wie sich Kunibert zusammenrollte und einschlummerte. Auf ihn wartete, anstelle eines Mittagsschläfchens, ein Berg Verwaltungskram.

Zwei Wochen später, an einem Mittwochnachmittag, als die Praxis geschlossen war, fuhr er zum TÜV-Gelände, stellte seinen Wagen auf dem Parkplatz ab und ging ins Gebäude. Hinter der Theke saß eine junge Frau. Sieger entdeckte er an einem der Schreibtische, die dahinter standen.

„Ja, bitte?“, sprach ihn die Frau, die ein Namensschild als A. Bolz auswies, an.

„Bei meinem Wagen ist demnächst TÜV fällig. Ich wollte fragen, ob ich einfach so vorbeikommen kann oder einen Termin brauche.“

„Das kommt drauf an, wie viel los ist. Wenn Sie schon heute eine Plakette haben möchten, können sie sofort drankommen.“

Sieger wurde auf ihn aufmerksam, erhob sich und trat zu A. Bolz. „Hi, Herr Doktor.“

„Hallo, Herr Patient“, erwiderte er.

„Sorry, dass ich mir neulich keinen neuen Termin geholt habe.“

„Das war ja nur eine Empfehlung.“

„Übernimmst du den Kunden? Ich muss mal kurz weg“, mischte sich A. Bolz ein.

Das passte ja wunderbar. Innerlich rieb sich Stefan die Hände.

„Natürlich.“ Sieger nahm ihren Platz ein.

„Ich würde mir gern ansehen, ob Ihre Mandeln vollständig ausgeheilt sind. Können Sie morgen in meine Praxis kommen?“

„Wenn ich das vor der Arbeit erledigen kann, ist es kein Problem.“

„Passt Ihnen halb acht?“

Sieger nickte.

„Dann sehen wir uns morgen früh.“ Stefan wandte sich zum Gehen.

„Warten Sie! Was ist mit Ihrem TÜV-Termin?“

Auf der Rückfahrt zur Praxis, seine Arbeit hatte er für den Ausflug nur unterbrochen, fragte er sich, ob bei ihm eine Schraube locker war.

---ENDE DER LESEPROBE---