Aubreys End - Folge 3: Ein schicksalhaftes Unterfangen - Reena Browne - E-Book

Aubreys End - Folge 3: Ein schicksalhaftes Unterfangen E-Book

Reena Browne

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Beschreibung

FOLGE 3: EIN SCHICKSALHAFTES UNTERFANGEN

Als Lord Kilcane hinter die Abmachung von Sienna und Mr Harris kommt, möchte er mit eigenen Augen sehen, wie sie sein widerspenstiges Pferd reitet. Bei ihren gemeinsamen Ausritten entdeckt Sienna die Gutmütigkeit und Sanftheit, die der Lord hinter seiner rauen Fassade versteckt.

DIE SERIE:

England, 1819. Als der jungen Diebin Sienna klar wird, dass ihr brutaler Ziehvater sie an ein Bordell verkaufen will, flieht sie mit der nächsten Kutsche aus London. Doch dann hat diese einen Unfall, und Sienna überlebt als eine der Wenigen. Durch ein Missverständnis gerät Sienna an die Habseligkeiten einer verunglückten Mitreisenden. Sie wittert ihre Chance auf einen Neuanfang, auf ein Leben ohne Furcht vor ihrem Ziehvater. Sie nimmt die Identität des toten Mädchens an. Und so wird aus der Diebin Sienna, die Magd Tess.

Siennas Weg führt sie zum Herrenhaus Aubreys End, wo sie von nun an als Dienstbotin arbeitet. Doch wie lange kann Sienna ihr Geheimnis wahren, ohne sich selbst zu verraten? Durch ihre Hitzköpfigkeit droht ihre Tarnung ein ums andere Mal aufzufliegen. Besonders als sie auf den attraktiven Lord Kilcane trifft, Hausherr von Aubreys End.



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Seitenzahl: 130

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Aubreys End – Die Serie

Über diese Folge

Über die Autorin

Titel

Impressum

  1.

  2.

  3.

  4.

  5.

  6.

  7.

  8.

  9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

Vorschau

Aubreys End – Die Serie

England, 1819. Als der jungen Diebin Sienna klar wird, dass ihr brutaler Ziehvater sie an ein Bordell verkaufen will, flieht sie mit der nächsten Kutsche aus London. Doch dann hat diese einen Unfall, und Sienna überlebt als eine der Wenigen. Durch ein Missverständnis gerät Sienna an die Habseligkeiten einer verunglückten Mitreisenden. Sie wittert ihre Chance auf einen Neuanfang, auf ein Leben ohne Furcht vor ihrem Ziehvater. Sie nimmt die Identität des toten Mädchens an. Und so wird aus der Diebin Sienna, die Magd Tess.

Siennas Weg führt sie zum Herrenhaus Aubreys End, wo sie von nun an als Dienstbotin arbeitet. Doch wie lange kann Sienna ihr Geheimnis wahren, ohne sich selbst zu verraten? Durch ihre Hitzköpfigkeit droht ihre Tarnung ein ums andere Mal aufzufliegen. Besonders als sie auf den attraktiven Lord Kilcane trifft, Hausherr von Aubreys End.

Über diese Folge

Folge 3

Als Lord Kilcane hinter die Abmachung von Sienna und Mr Harris kommt, möchte er mit eigenen Augen sehen, wie sie sein widerspenstiges Pferd reitet. Bei ihren gemeinsamen Ausritten entdeckt Sienna die Gutmütigkeit und Sanftheit, die der Lord hinter seiner rauen Fassade versteckt.

Über die Autorin

Reena Browne wuchs Anfang der Siebziger Jahre im ländlichen Süden Deutschlands auf und begann während ihrer beruflichen Laufbahn als kaufmännische Angestellte mit dem Schreiben von Liebesgeschichten. Mittlerweile lebt sie mit ihrer Familie im Südwesten Deutschlands.

REENA BROWNE

FOLGE 3Ein schicksalhaftes Unterfangen

beHEARTBEAT

Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln

Covergestaltung: Kirstin Osenau unter Verwendung von Motiven © Shutterstock: djgis | MagicPics | schankz | Frank Luerweg | KathySG

eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf

ISBN 978-3-7517-0289-8

be-ebooks.de

lesejury.de

1.

1819, Derbyshire, Aubreys End

Thunder flog förmlich über das Grün der Ebene hinweg. Seine Hufe schienen kaum den Boden zu berühren, und Sienna auf seinem Rücken wurde von einer seltsamen Erregung erfasst, die ihre Sinne schärfte. Der Wind riss ihre Kappe vom Kopf und erschwerte ihr das Atmen. So tief wie möglich beugte sie sich über Thunders Hals, um mehr Luft zu bekommen. Unter sich fühlte sie, wie der Hengst sich im Lauf streckte und wieder zusammenzog. Er war schneller als jedes andere Pferd, das sie je geritten hatte, und ließ Briars Hill so schnell hinter sich, dass die Landschaft regelrecht an ihr vorbeiflog. Mit atemberaubendem Tempo preschte der Hengst dahin und schien sich dabei noch nicht einmal großartig anzustrengen.

Sienna sah vor sich Lady Celias Begleiter. Er war bemüht, die Lady einzuholen. Doch das Pferd, das er ritt, war bei weitem nicht schnell genug, um es mit dem panischen Tier vor sich aufzunehmen.

Thunder jedoch schon. Mühelos zog Sienna an dem Reiter vorbei, aus den Augenwinkeln heraus konnte sie sein überraschtes Gesicht sehen.

Allmählich kam Thunder dem durchgehenden Pferd Lady Celias näher, bis er schließlich gleichauf mit ihm war.

Das Leben der Lady hing buchstäblich nur noch an ihren eigenen Fingern, die sich krampfhaft um den Sattelknauf krallten, während ihr Pferd in rasendem Galopp über das Land jagte. Ihr Gesicht war kreidebleich und in Todesangst verzerrt. Der Mund offen, als würde sie schreien. Ihr Hut, der nur noch so gerade eben von Haarnadeln gehalten wurde, tanzte grotesk in ihrem Nacken umher.

Behutsam lenkte Sienna Thunder näher heran. Die Augen des anderen Tiers waren vor Panik verdreht, und Schaum stand vor seinem Maul.

Als Sienna gleichauf war, streckte sie ihre rechte Hand nach den herunterhängenden Zügeln aus. Doch ihr Arm reichte einfach nicht an die Zügel heran. Kurzentschlossen, da sie keine Zeit mehr zu verlieren hatte, schlang sie Thunders Zügel um ihre Linke und hielt sich am Sattelknauf fest. Als Nächstes zog sie ihren linken Fuß aus dem Steigbügel. Das Manöver war lebensgefährlich, denn so hatte sie kaum Halt im Sattel. Sie konnte von Thunders Rücken gerissen oder von dem anderen Pferd gerammt werden, sollte es plötzlich ausscheren. Vorsichtig neigte Sienna sich nach rechts, so weit es nur ging, ohne ihr Gleichgewicht zu verlieren. Dennoch brauchte sie mehrere Versuche, bis sie die Zügel ergreifen konnte. Als sie es endlich geschafft hatte, brachte sie beide Pferde vorsichtig zum Halten.

Keinen Moment zu früh, denn Lady Celia hatte schon halb das Bewusstsein verloren. Ihre Finger lösten sich bereits vom Sattelknauf, und sie drohte, vom Rücken des Pferdes hinabzustürzen, während ihr Fuß noch im Steigbügel feststeckte. Hastig schwang sich Sienna von Thunders Rücken und versuchte, den erschlafften Leib der jungen Frau aufzufangen. Doch das Gewicht der Besinnungslosen war zu schwer für sie, sie spürte, wie ihr der Körper von den Schultern glitt.

Dann hörte sie Mr Harris’ Stimme hinter sich.

»Ich bin gleich da, Mädchen!«, rief er ihr zu. Wenige Momente später wurde ihr die Last abgenommen. »Du kannst sie loslassen, Tess, ich habe sie.« Harris hob Lady Celias bewusstlosen Körper ohne Mühe auf seine Arme. »Zieh ihren Fuß aus dem Steigbügel«, wies er Sienna heiser an.

Inzwischen hatte auch der Begleiter der Lady sie erreicht. Er sprang vom Pferd und stürmte auf sie zu.

Sienna zog an Lady Celias Reitstiefel, der sich im Steigbügel verklemmt hatte. Mit einem Ruck befreite sie den Fuß aus seiner Falle und sah zu, wie die Bewusstlose von Mr Harris ein Stück weiter ins Gras gelegt wurde.

»Celia«, keuchte der Fremde entsetzt, als er neben ihr auf die Knie fiel und sich mit blassem Gesicht über sie beugte. »Celia, wach auf!«

Sienna hörte, wie Harris den Gentleman zu beruhigen versuchte. »Es geht ihr gut, das Schlimmste wurde verhindert.«

Doch der Mann schien Harris nicht zuzuhören. Daher wandte sich der Stallmeister dem verletzten Fuß der Lady zu und untersuchte ihn kurz.

Inzwischen hatte auch Alfie mit Blue sie erreicht. Hastig stieg der Stalljunge ab und rannte zu Harris hinüber. »Mr Harris! Da kommen zwei Reiter, einer davon ist Lord Kilcane«, sprudelte es aus ihm heraus.

Sienna hob ihren Blick. Tatsächlich, von Süden näherten sich zwei Reiter.

Harris verlor keine Zeit, er stand auf und zog Alfie am Oberarm mit sich. Mit einer schnellen Bewegung nahm er ihm die Kappe vom Kopf und warf diese Sienna zu. »Zieh sie auf, Tess. Lord Kilcane darf dich so nicht sehen«, raunte er ihr leise zu. »Du reitest mit den Pferden zurück in den Stall. Alfie, du bleibst bei mir.« Er sah sich um, die beiden Reiter waren jetzt schon ganz nah.

Sienna gehorchte und drehte ihre Haare ein, damit sie unter die Kopfbedeckung passten.

Ohne Vorwarnung packte Harris sie bei den Hüften und hob sie auf Thunders Sattel, dann reichte er ihr die Zügel des anderen Pferdes. »So, und jetzt mach dich vom Acker«, zischte er ihr zu.

Rasch nahm sie die Zügel auf und setzte sich mit den beiden Pferden in Bewegung. Erst, als sie ein gutes Stück weit entfernt war, sah sie sich um. Einer der Reiter war von seinem Pferd gestiegen und rannte auf Lady Celia zu. Bangen Herzens wandte sich Sienna von diesem Anblick ab und ritt in die Ställe zurück.

Edmond Kilcane stürzte sich förmlich aus dem Sattel und rannte auf den jungen Chestfield zu, der sich über Celias leblosen Körper beugte. Harris und einer seiner Stalljungen waren bei ihm, machten aber Edmond Platz. Als er seine Schwester so am Boden liegen sah, war ihm, als würde man ihm das Herz aus der Brust reißen. Er ließ sich neben ihr auf die Knie fallen und beugte sich über ihr fahles, regungsloses Gesicht.

»Mylord, ihr ist nichts geschehen, sie ist nur besinnungslos. Wir konnten das Pferd rechtzeitig zum Stehen bringen.« Harris war neben ihn getreten.

Doch Edmond sah nur das totenblasse Gesicht seiner Schwester. »Wir müssen sie nach Hause bringen«, stieß Edmond heiser aus.

»Ich hole Doktor Morris, Edmond«, rief ihm Palmer zu, der mit ihm unterwegs gewesen war. Er stieg nicht ab, sondern wendete sofort sein Pferd, um nach Maltune weiterzureiten.

»Ja, bitte tut das und beeilt Euch!«, rief Edmond seinem neuen Nachbarn dankbar hinterher. Er hörte, wie Palmer sein Pferd antrieb, dann hob er Celia auf seine Arme und trug sie zu seinem Pferd. Aus den Augenwinkeln heraus sah er Chestfields schreckverzerrtes Gesicht, doch er hatte jetzt keine Zeit für ihn.

»Wartet Mylord, ich helfe Euch.« Mit Harris’ Hilfe hob Edmond Celia vor sich in den Sattel und schlang beide Arme um sie. Dann trieb er sein Pferd an und ritt nach Aubreys End zurück.

2.

Angespannt zwängte sich Sienna in ihr Geschirr und machte sich mit ihrem Karren auf den Rückweg zum Haus. Nachdem sie mit Thunder und dem anderen Pferd in die Stallungen zurückgekehrt war, hatte sie auf Alfie und Mr Harris gewartet. Vergeblich, unruhig zog sie den leeren Karren über den gepflasterten Weg, um noch vor der hereinbrechenden Dunkelheit zurück zu sein. Der Gedanke an den Unfall quälte sie und lockte die unterschiedlichsten Gefühle in ihr hervor. Lady Celias Begleiter hatte sie gesehen und sicher erkannt, dass sie kein Junge war. Was würde passieren, wenn er Lord Kilcane davon erzählte? Was würde Harris tun? Es leugnen? Auch wenn sie des Lords Schwester das Leben gerettet hatte, so würde er sicher nicht erfreut darüber sein, dass eine Magd sein edelstes Pferd ritt. War es möglich, dass er sie dafür bestrafen würde?

Mr Harris’ Nervosität ließ keinen anderen Rückschluss zu. Hätte sie doch nur Gelegenheit gehabt, mit ihm zu sprechen, oder wenigstens mit Alfie. Natürlich hatte sie gewusst, dass ihr Arrangement mit dem Stallmeister nur für eine begrenzte Zeit galt. Aber der Gedanke, die Nachmittage nicht mehr mit Thunder verbringen zu können, brach ihr fast das Herz.

Niedergeschlagen öffnete sie das Gatter zum Küchengarten und schob den Karren hindurch. Die Sonne war gerade dabei, hinter dem Horizont zu versinken, als Sienna den Kücheneingang erreichte. Mit zittrigen Fingern löste sie die Gurte des Gespanns und nahm es ab. Dann drückte sie einem der Küchenjungen, der vor dem Eingang herumlungerte, die Liste mit den benötigten Lebensmitteln in die Hand, die sie beim nächsten Mal mitbringen sollte.

Mit den beiden Wäschesäcken in den Händen betrat sie die Wäscherei, die sie unter Trudys misstrauischem Blick durchquerte. Auf dem Weg durch die Trockenkammer zog sie eine frische Schürze von der Leine und ging zur Badestube weiter. Dort wusch sie sich flüchtig Hände und Gesicht, zog die frische Schürze an und richtete sich Haar und Haube. Sie rannte beinahe schon, um rechtzeitig zum Essen zu kommen.

Als sie die Gesindehalle betrat, stellte sie erfreut fest, dass sie noch nicht zu spät war, auch wenn sich die Halle langsam mit hungrigen Dienstboten füllte, die eilig ihre Plätze an den beiden langen Tischreihen einnahmen. Der köstliche Geruch nach Gebratenem drang ihr in die Nase, so dass ihr vor Hunger fast schlecht wurde. Sienna sah sich nach Jane um, die einen Platz an der Fensterseite gefunden hatte und ihr mit Handzeichen zu verstehen gab, dass neben ihr noch frei war.

Erleichtert steuerte Sienna auf Jane zu, bis jemand sie am Unterarm packte und sie zurückhielt. Verwirrt blieb sie stehen und sah in Louisas gehässiges Gesicht.

»Wo willst du denn hin?« Die Magd ließ ihren Blick an Sienna hinunterwandern.

»Zum Essen, wohin sonst.« Sienna machte sich los und wollte sich zu Jane an den Tisch setzen.

»Mr Hartgrove!«, rief das rotblonde Mädchen laut nach dem Butler.

Mr Hartgrove, der sich gerade an dem Tisch von Mrs Perry und Grimwald niederlassen wollte, wandte sich um und eilte, einer neugierigen Krähe gleich, herbei. »Was ist Louisa?« Beim Anblick Siennas verengte sich der Blick seiner kalten braunen Augen.

»Mr Hartgrove, die Stallmagd will sich zu uns an den Tisch setzen, obwohl sie wie ein ganzer Misthaufen stinkt.« Das Mädchen hielt sich demonstrativ die Nase zu und sah Mr Hartgrove fordernd an.

Vorsichtig, als wolle er sich seinen Geruchssinn nicht verderben, lehnte sich der Butler in Siennas Richtung, um dann gleich wieder mit einem Ausdruck von Abscheu zurückzuzucken. Seine Gesichtszüge erstarrten. »Oh Schande!« Er wich einen ganzen Schritt zurück, dann schüttelte er energisch den Kopf. »Nein, so kann sie sich nicht an den Tisch setzen. Was sollen denn Mr Chestfields Diener denken, wenn wir in diesem Haus so etwas dulden würden.« Er machte mit der Hand eine Bewegung, als würde er eine Fliege verscheuchen. »Geh und wasch dich, und lass dich nicht wieder hier blicken, ehe du sauber bist und nach Seife riechst.« Damit wandte er sich ab, aber nicht ohne einen weiteren angeekelten Blick auf Sienna zu werfen.

»Du hast gehört, was Mr Hartgrove gesagt hat, und nun troll dich.« Louisa schubste Sienna in Richtung der Tür.

Für einen Moment erstarrte Sienna zu Stein. Dann ballte sie ihre Finger zu einer Faust. Sie beherrschte sich und ging hungrig, aber erhobenen Hauptes zur Tür hinaus.

Unruhig lief Edmond den Gang vor Celias Zimmer auf und ab. Auch seine Anverwandten und Ariana hatten sich dort auf dem Flur versammelt, um auf Doktor Morris’ Urteil zu warten. Mr Palmer hatte den Arzt umgehend, aus seiner Praxis hinaus, hinten auf den Rücken seines Pferdes gezwungen. Und war dann, wollte man den Worten des Arztes Glauben schenken, in halsbrecherischem Tempo nach Aubreys End geritten. Der Ritt hatte dem armen Doktor, der nicht mehr zu den Jüngsten zählte, seine ganze Courage abverlangt. Mit wackligen Beinen war er die Treppe hoch und in Celias Zimmer geeilt, um sie zu untersuchen. Edmond hatte er den Zutritt verwehrt, nur eines der Hausmädchen und Madame Noel durften im Raum bleiben, um Hand an Celias Kleidung zu legen, sollte es notwendig sein.

Madame Noel war beim Anblick ihres verletzten Schützlings in Tränen ausgebrochen und nicht mehr zu beruhigen gewesen. Edmond hatte laut werden müssen, damit sie ihre Fassung wiedergewann. Der Einzige, der sich nicht blicken ließ, war Chestfield. Dieser hatte sich gleich nach seiner Ankunft in seine Zimmerflucht zurückgezogen. Auch wenn dies Edmond befremdete, so war es ihm recht, wenn er sich nicht mit dem jungen Mann befassen musste.

»Oh, welch ein Unglück!«, klagte Tante Helen und stützte sich auf den Arm ihrer Tochter. »Wenn Celia je wieder gesund wird, dann muss Edmond ihr das Reiten für immer verbieten. Es ist viel zu gefährlich, für ein so junges Mädchen«, sagte sie in seine Richtung und tupfte sich mit einem Spitzentaschentuch die Tränen ab, die über ihre faltigen Wangen liefen.

Edmond ignorierte ihre Worte und setzte seine Wanderung über den Flur fort. Von den anderen sprach jetzt niemand mehr ein Wort, doch in allen Gesichtern, selbst in Fionas Antlitz, konnte er große Bestürzung ablesen. In seinem Kopf drehten sich, einem Kreisel gleich, die Gedanken. Das Bild, wie Celia regungslos im Gras gelegen hatte, hatte sich ihm für immer eingebrannt. Als sich endlich die Tür von Celias Zimmer mit leisem Knarren öffnete, stürzte er sich auf den Arzt, kaum dass dieser auf den Flur hinausgetreten war.

»Doktor Morris! Was ist, wie geht es ihr?«, fragte Edmond drängend. Er sah, dass Doktor Morris Celias aufgeschnittenen Reitstiefel in der Hand hielt.

»Mylord, Eurer Schwester geht es gut, lediglich ihr Knöchel ist etwas verletzt.« Der Arzt nahm seine Brille ab und massierte sich kurz den Nasenrücken. »Wenn sie sich schont, wird sie in einer Woche wieder normal laufen können.« Er ließ ein kleines Lächeln sehen, während Edmond ein tonnenschwerer Stein vom Herzen fiel. »Da sie sehr aufgeregt war – und wegen der Schmerzen –, habe ich ihr ein wenig Laudanum gegeben. Sie schläft nun, aber wenn sie morgen aufwacht, dann wird sie schon auf dem Weg der Besserung sein«, beruhigte der grauhaarige Mann Edmond.