Babette Reinhold-Devrient - Rainer Ertel - E-Book

Babette Reinhold-Devrient E-Book

Rainer Ertel

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Beschreibung

Als sie 1932 nach mehr als vierzigjähriger Zugehörigkeit zum Burgtheater die Bühne verließ, konnte die 1863 geborene k.u.k. Hofschauspielerin Babette Reinhold-Devrient auf eine erfolgreiche Künstlerlaufbahn zurückblicken. War ihr Leben auch nicht frei von persönlichen Schicksalsschlägen, so fand sie in ihrem Beruf doch ehrliche Bewunderung, Anerkennung und Freundschaften, wie die mit ihrer Kollegin Katharina Schratt, durch die sie auch Kaiser Franz Joseph kennenlernte. Mit hohen Auszeichnungen, darunter der Ehrenmitgliedschaft des Burgtheaters und der Ehrenbürgerwürde der Stadt Wien versehen, wirkte sie nach ihrem Abschied von der Bühne in den Jahren 1935/36 noch in einigen kleinen Rollen in Tonfilmen mit, die in den Wiener Filmateliers gedreht wurden. Wie auch ihr Ehemann, der k.u.k. Hofschauspieler Max Devrient, den sie 1895 in Wien geheiratet hatte, war sie in Hannover geboren worden. Ihren Geburtsnamen Maasch hatte sie aber schon vor ihrem Engagement am Hamburger Thalia-Theater 1883 durch den Künstlernamen Reinhold ersetzt. Von Hamburg aus wurde sie 1887 zu einem Gastspiel an das alte Burgtheater am Michaelerplatz eingeladen, um dann 1889 im neu erbauten Burgtheater am Franzensring als Naive die Bretter, die die Welt bedeuten, zu betreten.

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„Aber was es unter lieben Kollegen an Verdrießlichkeiten gab, ist längst verraucht. Die stürmisch geweinten Tränen sind getrocknet. Blickt man einmal vierzig Jahre zurück, so sieht man nur das Rosenfarbene der Vergangenheit! Und man grüßt die Freunde, die gestorben sind, die Konkurrentinnen, die längst das Feld geräumt haben. Wir waren jung, schlugen und vertrugen uns, aber vor allem erfochten wir gemeinsam unsere Siege für das Burgtheater, seinen Ruhm und seine Größe.“

Babette Reinhold-Devrient anlässlich ihrer vierzigjährigen Mitgliedschaft am Burgtheater 1929

Inhalt

Das Wiener Gastspiel von Babette Reinhold 1887

Ein kurzer Blick auf ihre Hamburger Zeit 1883 bis 1889

Verhandlungen in Wien und das Engagement von Margarethe Formes

Die Burgtheaterzeit Babette Reinholds ab 1889

Hochzeit mit Max Devrient 1895 und Ehekrise

Lebenslange Anstellung am Burgtheater und Ehrungen

Pensionierung 1932

Babette Reinhold Devrient als Filmdarstellerin 1935 und 1936

Irritationen um Babette Reinholds Geburtsdatum

Nachruhm

Auszeichnungen und Ehrungen

Anmerkungen

Literatur

Personenverzeichnis

Das Burgtheater (Abbildungen)

Das Wiener Gastspiel von Babette Reinhold 1887

Mit der in Hannover geborenen Schauspielerin Babette Maasch, die sich den Künstlernamen Reinhold gegeben hatte, trat im Juni 1887 eine junge, damals am Thalia-Theater in Hamburg1 tätige Künstlerin ein Gastspiel am k.k. Hofburgtheater in Wien an:

„Sie debütierte am 6. Juni als ‚Paula‘ in ‚Georgette‘, am 8. als ‚Käthchen von Heilbronn‘, am 11. als ‚Ella‘ im ‚Hexenmeister‘ und am 14., 17., 20. und 23. abermals als ‚Paula‘. Wie in Hamburg, so gefiel diese anmutige, begabte, liebenswürdige Schauspielerin auch in Wien, und wurde engagiert.“2

Nach Abschluss des Gastspiels erfahren wir aus der „Neuen Freien Presse“ in Wien3, dass man unter der derzeitigen provisorischen Führung des Herrn Sonnenthal glaube, mit den Fräulein Formes und Reinhold „[…] das Personal des Burgtheaters aufs beste vervollständigt zu haben und der nächsten Saison mit Beruhigung entgegensehen zu können. Auf Fräulein Formes wurde der General-Intendant von Hamburg aus aufmerksam gemacht. Diesem Winke folgend, entsendete er Herrn Hartmann nach Hamburg, der, nachdem er Fräulein Formes in mehreren Rollen gesehen, auf ihr Engagement einrieth. Auf dem Rückwege in [?] Berlin sah Herr Hartmann das Fräulein Reinhold, und auch deren Engagement wurde von ihm angerathen.“4 Babette selbst erinnert sich anlässlich Ihres vierzigjährigen Burgtheaterjubiläums daran, dass Ernst Hartmann nach Hamburg gereist war, um die Formes anzusehen, sie aber bei dieser Gelegenheit habe spielen sehen, „[…] und nicht mehr locker ließ.“5 Noch etwas anders klingt die Version , dass Babette eine Empfehlung aus Hamburg besaß, denn Sonnenthal sei von dem damaligen österreichischen Generalkonsul Baron Westenholz „[…] brieflich auf ‚ein Fräulein Reinhold´ aufmerksam gemacht worden, von dem der Diplomat ein gar köstliches Loblied zu singen wußte. Sonnenthal bat den-Generalkonsul, Fräulein Reinhold ‚augenblicklich´ nach Wien zu schicken. Sie möge Probe, eventuell auch am Abend spielen.“6

Während des Gastspiels in Wien vom 6. bis zum 23. Juni 1887 erhielt Babette Reinhold für ihre verschiedenen Rollen von der Wiener Presse stets freundliche Kritiken – so schon für ihre Antrittsrolle als ‚Paula‘ in Sardous „Georgette“ (Abb. 1), wo man lesen kann: „Eine freundliche Erscheinung und eine kleine, gewinnende Stimme, die sofort zu sagen scheint: eigentlich bin ich eine Naive – diese beiden hervortretenden Merkmale des Gastes machen sich sofort angenehm geltend. Fräulein Reinhold plauderte hübsch vom Munde weg, und die das Wort begleitenden Geberden waren von einer steifen Grazie, die sich mit der Zeit lösen dürfte. Mit dieser Begabung und diesen Mitteln brachte sie in ihrer großen Scene im dritten Aufzuge doch eine volle Wirkung hervor; sie hatte starken Beifall bei offener Scene und wurde schließlich aufs kräftigste gerufen. Eigentlich schwamm sie als Paula gegen den Strom ihres Talents: wie viel erfreulicher wird sie wirken, wenn sie sich im Verlaufe ihres Gastspieles in der Richtung ihres Talents bewegen kann.“7

Ähnlich urteilt die Wiener Abendpost8, wo es heißt, dass die junge Schauspielerin Erfolg hatte, obgleich sie in einer Rolle antrat, die nicht ihrem eigentlichen Fach angehört: „Die schlanke Mädchengestalt, jugendlich-anmuthige Bewegungen, unter dunklen Brauen und Lidern hervorlugende, klug-lachende Augen, Organ und ganzes Wesen bestimmen Frl. Reinhold für das Lustspiel. In ‚Georgette‘ z.B. wäre Ihre Rolle die Aurora, welche Frl. Hohenfels spielt. Natürliches Spiel, ungekünstelte Redeweise, ehrlicher, warmer Ton und ursprüngliche Naivität des Frl. Reinhold brachen aber auch in der nicht ganz für sie passenden Rolle siegreich durch; die junge Schauspielerin wurde bei offener Scene applaudirt und nach dem dritten Acte wiederholt gerufen. Richtig verwendet, würde das schöne Talent des Frl. Reinhold hier bald die künstlerische Reife erhalten.“

Abb. 1: Theaterzettel für den ersten Gastspielauftritt Babette Reinholds in Wien (Österreichische Nationalbibliothek ANNO)

In ihrer zweiten Rolle (als Käthchen in Kleists „Käthchen von Heilbronn“) konnte sie dann das Gastspiel „mit steigendem Erfolge“ fortsetzen: „Auch heute rührte die Gastin durch Einfachheit und Natürlichkeit, Tugenden, die selten eine Schauspielerin schmücken, am wenigsten eine junge.“9

Schließlich trat sie in ihrer dritten Rolle als „Ella“ in dem Lustspiel „Der Hexenmeister“ auf: „Zum ersten Male war hier heute Frl. Reinhold im rechten Fahrwasser. Das Lustspiel ist der Boden, auf welchem dieses Talent sich vollkommen zu Hause fühlt. Hier kann sich die junge Schauspielerin geben, wie sie ist, einfach, natürlich, ungeziert.“ In der entscheidenden Szene im dritten Akt ließ sie sich gemäß dieser Kritik „[…] hinreißen von der Ausgelassenheit der Jugend, hinreißen von der plötzlich aufflammenden Leidenschaft der Liebe. Sie hatte gewonnenes Spiel, ein starker Applaus ging durch den Saal, man rief sie nach dem Actschlusse. Die Zwischenacte waren heute endlos, noch länger als sonst.“10„Der Floh“ berichtet in seiner Ausgabe vom 12. Juni 1887, also schon nach ihrem zweiten Auftritt in Wien, unter der Überschrift „Theatralia“, dass nach dem Debut des Fräuleins Babette Reinhold ein poetisch angehauchter Kritiker nicht umhin konnte, der jungen Künstlerin folgende Zeilen zu widmen:

„Mir ist als ob ich die Hände

Auf’s Haupt Dir legen sollt‘,

Betend, daß Gott Dich erhalte

So schön und – Reinhold.“

Ein schöneres Kompliment (und zugleich die Bestätigung für die kluge Wahl ihres Bühnenamens) hätte sich die junge Künstlerin bei ihrem Wiener Gastspiel wohl kaum wünschen können.

Eine ausführliche Kritik ihres Gastspiels gibt Ramberg in der „Allgemeinen Theater Chronik“. Er findet dort neben deutlichen, kritischen Worten zu ihrem Auftritt als „Paula“ („Es fehlt ihr vorläufig der gesellschaftliche Schliff“) aber auch lobende Worte für ihr „Käthchen“ („Moderner aber kann wol das Käthchen nicht gespielt werden, als von Frl. Reinhold geschehen“). Abschließend begrüßt er dann ihre Anstellung und stellt fest, dass das Burgtheater junge Talente brauche, „und Fräulein Reinhold ist ein solches.“11

Übrigens hat auch Kaiser Franz Joseph Babette bei ihrem Gastspiel gesehen, allerdings leider nicht im „Hexenmeister“, wie er in einem Brief an Katharina Schratt vom 14. Juni 1887 schreibt: „[…] Auch hätte es mich interessiert, Frln. Reinhold in der Rolle unserer Freundin?? Hohenfels zu sehen. In der Zeitung las ich, daß in dieser Vorstellung eine Zisch Clique wirkte, welche ziemlich deutlich dem Einflusse der Letzteren zugeschrieben wird. Das wäre doch recht gemein. Im Käthchen von Heilbronn gefiel mir der jugendliche Gast recht gut. Sie war sehr herzig und einfach, nur muß sie noch vieles lernen.“12

Ein kurzer Blick auf ihre Hamburger Zeit 1883 bis 1889

„Fräulein Babette Reinhold, die junge talentierte Liebhaberin, welche unter der Ernst’schen Direktion im Berliner Victoria-Theater die Recha im ‚Nathan‘ spielte, ist am Hamburger Thalia-Theater als Preciosa aufgetreten und nach glücklichstem Erfolg sofort auf drei Jahre engagiert worden.“13

Zu ihrer Hamburger Zeit erfahren wir Näheres bei Eisenberg, der mitteilt, dass Babette ihre schauspielerische Ausbildung bei Frau Grey erhielt (gemeint ist aber nicht Valerie Grey, die in ihrer Theaterschule in Wien u.a. Josef Kainz (1858-1910) und Josefine Wessely (1860-1887) ausgebildet hatte, sondern Auguste Gey, die Tochter des in Hannover engagiert gewesenen Hofopernsängers Traugott Gey (1796-1875), d.V.) und dass sie im September 1883 als „Preciosa“ in Hamburg zum ersten Mal die Bühne betreten habe (Abb. 2).

Weiter heißt es dort: „Ihr liebliches Wesen, ihre einnehmende Erscheinung und ihr frisches, sympathisches Talent gefielen und warben ihr während der vierjährigen (richtig: fast sechsjährigen, d.V.) Tätigkeit daselbst als Naive und jugendlich-tragische Liebhaberin viele Freunde.“14

Offenbar war ihre Wirkung und ihr Liebreiz dabei so groß, dass ein sechzehnjähriger Kaufmannslehrling, der sich seit einem halben Jahr rasend in Babette verliebt und dem sie einen Korb gegeben hatte, neben anderem Schabernack (wie angebliche Bestellungen und Aufträge in ihrem Namen) 1887 im „Hamburger Fremdenblatt“ eine Verlobungsanzeige aufgab und ein paar Wochen später in den „Hamburger Nachrichten“ sogar inserierte, dass sie von einem munteren Knaben genesen sein sollte.15 Babettes Anwalt ging der Angelegenheit nach und der jugendliche Verehrer erhielt vom Landgericht eine dreimonatige Gefängnisstrafe.

Abb. 2: Babette Reinhold in ihrer Hamburger Zeit 1883 (KHM-Museumsverband, Theatermuseum Wien)