Da war doch noch mehr - Rainer Ertel - E-Book

Da war doch noch mehr E-Book

Rainer Ertel

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Beschreibung

Die in dem Band "Da war doch mal was" begonnene Spurensuche wird hier in Wort und Bild mit neuen Streifzügen durch Hannover fortgesetzt. Wieder geht es um Bekanntes, Unspektakuläres und Zufallsfunde, um Vergangenes, Wiederentdecktes und neu in Szene Gesetztes.

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„Der Hannoveraner ist ein dauerhafter Charakter, voll Sinn für das Praktische und das Schöne“ (aus dem 1931 erschienenen Roman „Kaiserwetter“ von Karl Jakob Hirsch)

Inhalt

Vorwort

Brunnenschicksale

Hier half der Marshallplan

Die Leintorbrücke

Ein Sieltürmchen versteckt sich im Gebüsch

Wo schon die Imperial Continental Gas Association residierte

Ein früheres Bankhaus wich aus wirtschaftlichen Gründen

Die Eisenbahnbrücke an der Königstraße

Wohin der Kaiser mit der Bahn kam

Wo es einst nach Altenbeken ging

Wider den „roten Hahn“

Erinnerung an einen Derbysieg

Eine gelungene Investition in Tulpen

„Umkehr zum Leben“

Am Landeskirchenamt

Friedrich Wilhelm

Wer symbolisiert die Heilkunst an der Ratsapotheke?

Ein Sandsteinbogen konnte gerettet werden

Den Bogenschützen gibt es mehrfach, und er zog öfter um

Köpenickiade in der Maschstraße

Noch eine Turnhalle an der Maschstraße

Der Uniongarten und das Sommertheater Union

Nachkriegserinnerungen

Zwei alte „Neue Tore“

Das Giebeldreieck kam zu neuen Ehren

An das königliche Zeughaus erinnert noch ein Stein

Vom „Alten Palais“ zum Hannah-Arendt-Platz

Ein Blätterbrunnen kehrt zurück

Eine Normaluhr zieht um

Ahrbergs Wurstfabrik

Unser täglich Brot

Der Bauch von Hannover

Bierbrunnen

„Der nächste Winter kommt bestimmt“

Verbote

Literatur

Quellenhinweise

Abbildungen

Personenregister

Vorwort

Als der Verfasser 2018 im selben Verlag einen kleinen Band mit dem Titel „Da war doch mal was“ vorgelegt hat, ging es um überraschende Streifzüge durch das Hannover vergangener Jahrzehnte und von heute. Die Spurensuche zeigte Unspektakuläres und Zufallsfunde ebenso wie Vergangenes, Wiederentdecktes und neu in Szene Gesetztes.

Gestützt auf sein Foto- und Postkartenarchiv, auf eigene Erlebnisse, Erfahrungen und Begegnungen in seiner Heimatstadt, in der er 1947 geboren wurde, sowie mit Hilfe zahlreicher Publikationen zur Stadtgeschichte konnte in 28 kleinen Kapiteln ein buntes Kaleidoskop ausgebreitet werden.

Der hier vorgelegte Band „Da war doch noch mehr“ knüpft in zweierlei Hinsicht an den Vorgänger an: Zum einen, weil auch hier gezeigt werden soll, wie kleine, oft übersehene Details an bekannten Bauwerken oder Veränderungen im Straßenbild eigene Geschichten erzählen können. Zum anderen aber, weil der Verfasser noch mehr zu berichten wusste, als zwischen die Deckel des ersten Buches passte. Dank persönlicher Hinweise von Helmut Knocke, dem an dieser Stelle besonders herzlich gedankt sei, konnte nicht nur das eine oder andere Thema hinzugefügt werden, sondern der Text insgesamt von seiner Fachkenntnis profitieren.

Sollten die Leserinnen und Leser nach der Lektüre feststellen, dass sie selbst noch einiges mehr wissen, über das hier und in dieser Form auch hätte berichtet werden können, so hätte die Publikation einen zusätzlichen Zweck erfüllt: nämlich daran zu erinnern, dass auch sie ein Teil des Stadtgedächtnisses sind und Sachliches und Anekdotisches aus unserer Heimatstadt festhalten, weitertragen und vor dem Vergessen bewahren können.

Hannover, im März 2019 Rainer Ertel

Warmbüchenkamp/Schiffgraben

Brunnenschicksale

Beginnen wir mit drei Beispielen, die stellvertretend für das Schicksal von Brunnen und Wasserspielen (nicht nur in unserer Stadt) stehen: Manchmal müssen sie ersatzlos ihren Platz räumen, in manchen Fällen haben sie neuen Brunnen zu weichen und im günstigsten Fall können sie an anderer Stelle zu neuem Leben erwachen.

Ein Beispiel für das ersatzlose Verschwinden eines Brunnens steht im Zusammenhang mit Neubauten der Versicherungsgruppe Hannover (VGH), die 1969 den Traditionsbau der Landschaftlichen Brandkasse an der Arnswaldtstraße/Ecke Schiffgraben (früher Schäferdamm) abreißen ließ. An seine Stelle setzte Walter Henn (1912-2006) einen zeittypischen sechseckigen Neubau mit Großraumbüros. Am Warmbüchenkamp aber platzierte man vor eine dort stehende Villa 1972/73 im Garten ein ebenfalls sechseckiges Brunnenbecken mit kräftigen Springstrahlen (Qualler) und schmückte den Brunnenrand mit der Plastik „Sitzender“ von Herbert Volwahsen (1906-1988). Haus und Brunnen mussten einem ersten Erweiterungsbau 1991 weichen und machten diesem und dem neuen Haupteingang der VGH Platz (Foto S. →).

Für den 1938 angelegten Vogesenplatz in Ricklingen, der nach der Brunnenstiftung durch den Bauunternehmer Christian Schünemann (1909-1963) zu Ehren dessen Vaters Karl 1963 in Schünemannplatz umbenannt wurde, hat der in städtischen Diensten stehende Baurat Karl Cravatzo 1960 einen ebenerdig angelegten Brunnen mit vertieftem Becken entworfen. Acht wasserspeiende Kugeln, die in der Winterruhe stets abgeschraubt wurden, richteten ihre Strahlen so zur Mitte, dass sich mit etwas Phantasie das Bild einer Blüte ergab. Bei der Umgestaltung der Platzsituation im Rahmen des Programms „Hannover schafft Platz“ 2002 fand der Brunnen in der Nähe einen Nachfolger, den Hans Werner (geb. 1940) und Jens (geb. 1967) Kalkmann gestaltet haben. Der „Gabbionen Brunnen“ führt das Wasser über einen mit Granit und Flusskieseln gefüllten Edelstahlkorb in ein flaches Edelstahlbecken. In der „Füllung“ verstecken sich Muscheln und Fische (Foto S. →).

Mit der Umgestaltung des Raschplatzes im Anschluss an den U-Bahnbau und als Abschluss der in der Minus-1-Ebene angelegten Passerelle wurde 1977 eine von Joachim Wolff (1923-2009) geschaffene Brunnenanlage installiert, die zusammen mit den sie umgebenden Neubauten ein spannungsreiches Gegengewicht zur Architektur der umfassenden Platzwände bot. Ein System aus stehenden und liegenden Edelstahlschalen übernahm in einem bachähnlichen Verlauf die Wasserführung – in gewisser Weise eine moderne Interpretation jenes Bildes, das Conrad Ferdinand Meyer (1825-1898) in seinem Gedicht vom römischen Brunnen zeichnet, über dessen Schalen das Wasser strömt: „Und jede nimmt und gibt zugleich/Und strömt und ruht.“ Einem erneuten Umbau des Raschplatzes musste die Anlage allerdings weichen, fand aber (noch mit Billigung des Künstlers) 2008 ein neues Zuhause als Dauerleihgabe im GDA-Wohnstift in Kleefeld. Hier ist der Brunnen der nun gänzlich anderen Situation angepasst, ohne dabei jedoch die ursprüngliche Gestaltungsidee aufzugeben (Foto S. →).

(Quellenhinweise unter 1)

Schünemannplatz

Raschplatz/GDA-Wohnstift

Hier half der Marshallplan

So stand es noch bis zu einer Fassadenrenovierung an einem Eckhaus an der Knochenhauerstraße/Goldener Winkel. Das nach dem US-Außenminister George C. Marshall (1880-1959) benannte, von den Vereinigten Staaten 1948 bis 1952 aufgelegte Konjunktur- und Hilfsprogramm (das auch im Heimatland wirtschaftliche Impulse setzte) trug offiziell den Namen Economic Recovery Program (ERP).

Das Kreuzkirchenviertel ist ein bemerkenswertes Beispiel für den Wiederaufbau der zerstörten Innenstadt in jenem Bereich, der an das Ballhofviertel grenzt - mit dessen Sanierung übrigens schon vor dem Zweiten Weltkrieg begonnen wurde.

Es gilt als erster Nachkriegsbau eines ganzen Wohnviertels in Deutschland. Schon 1948 hatten der Architekt Georg Seewald (1908-2000) und andere in einem Innenstadtwettbewerb die aufgelockerte Bebauung des Viertels vorgeschlagen, das als eines von drei Beispielen der ersten deutschen Bauausstellung CONSTRUCTA 1951 mit ersten Wohnungen bezugsfertig wurde.

Nach Bremer Vorbild hatten sich schon 1949 hannoversche Grundstückseigentümer unter Vorsitz des Direktors der Niedersächsischen Wohnungskreditanstalt-Stadtschaft Friedrich Meier-Greve (1899-1986) zusammengeschlossen und mit einer freiwilligen Neuaufteilung der Grundstücke und der Abtretung von Flächen für öffentliche Nutzungen hier und andernorts in der Stadt die Grundlage für eine aufgelockerte Neubebauung geschaffen. Als Anerkennung vergab die Stadt später Bronzeplaketten (hier abgebildet ist das Exemplar aus dem Treppenhaus von I.G. von der Linde).

Wie bei anderen Projekten der Aufbaugemeinschaft hatte auch im Kreuzkirchenviertel Kontanty Gutschow (1902-1978) die Oberleitung. Zwar war ihm aufgrund seiner exponierten Position und Rolle im Dritten Reich die Tätigkeit für öffentliche Auftraggeber untersagt, Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht (1910-1999), der bis 1944 in Gutschows Hamburger Büro tätig gewesen war, hatte sich aber offenbar für ihn und andere ausgewiesene Städtebaufachleute eingesetzt.

Das Kreuzkirchenviertel ist auch heute ein beliebtes Wohngebiet und eine Oase der Ruhe, wobei die Teilbebauung des Parklatzes am Marstall zwischenzeitig neue Akzente gesetzt hat.

Nur der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass Hannover neben der CONSTRUCTA fast zeitgleich auch die erste Bundesgartenschau 1951 durchführte und damit hinsichtlich überregionaler Ausstellungen Neuland betrat. Allerdings hatte man mit der schon 1947 durchgeführten ersten Exportmesse bereits Erfahrungen mit Publikumsveranstaltungen dieser Größenordnung gesammelt.

(Quellenhinweise unter 2)

Die Leintorbrücke

An das Leintor, jenes Stadttor, das den Zugang zur Stadt von Westen her ermöglichte, erinnert heute nur noch eine Inschrift am Kammerflügel des Leineschlosses an der Schloßstraße. Diese Inschrift muss hier schon sehr lange gestanden haben, denn ohne die heutige farbliche Hervorhebung konnte man sie bei günstigem Lichteinfall auch früher lesen (Foto unten, links). Als 1951 am Klostergang zwischen Beginenturm und Schloss das von Georg Wimmelmann (1906-1983) geplante Wohn- und Geschäftshaus aufwuchs, stieß man beim Ausheben der Fundamente lt. Zeitungsbericht noch auf Reste des Leintors.

Erstmals erwähnt wurde das Leintor 1340, und auf Zeichnungen ist ein mittelalterlicher Torturm mit drei Obergeschossen zu sehen. 1797 wurde das Tor abgetragen, weil es nach der gemeinsamen Befestigung von Alt- und Neustadt entbehrlich geworden war.

Die hier befindliche Leintorbrücke wird gelegentlich auch Schlossbrücke genannt.