Balance Your Work Life - Pit Rohwedder - E-Book

Balance Your Work Life E-Book

Pit Rohwedder

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Beschreibung

Durch die Arbeitsverdichtung unserer Leistungsgesellschaft und die permanente Ablenkung unserer Multioptionsgesellschaft steigen Reizüberflutung, Dauerstress und Überforderung kontinuierlich an. Gleichzeitig werden regenerative Zeiten immer rarer. Statt in der Arbeitswelt Selbstwirksamkeit, Motivation und Freude an der Zusammenarbeit zu erleben, schalten viele in einen Überlebensmodus um - Dienst nach Vorschrift und innere Kündigung. Oft mündet eine solche Situation dann auch im Burnout. Dieses Buch zeigt, dass es besser geht: - Balance your Life - durch Entschleunigung mehr Lebensfreude gewinnen - Balance your Work - durch Entschleunigung wirksamere Leistung bringen - Tipps, um permanenten Ablenkungen zu reduzieren - Balance your Company - Lernfähigkeit von Organisationen verbessern - Mit Zusatzmaterialien auf myBook+ Mit diesem intelligenten Entschleunigungskonzept werden Lebens- und Arbeitswelten ausgeglichener statt ausgebrannter. Es sorgt einerseits wieder für mehr Lebenssinn, Motivation und Leistungsfreude, andererseits fördert es das intelligente Zusammenspiel und den "Rundlauf" in Organisationen. Der Leser findet praxiserprobte und leicht verständliche Tipps, wie er beruflich (und privat) zufriedener und erfolgreicher wird.  

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[7]Inhaltsverzeichnis

Hinweis zum UrheberrechtImpressumStreiflicht – drei Schlüsselfragen an den AutorZum Gebrauch dieses BuchesEinführung1 Balance your life – durch Entschleunigung mehr Lebensfreude gewinnen1.1 Balance your life – ein paar einleitende Gedanken1.2 Flow als Zustand der Schaffenskraft1.3 Energiebalance und der eutonische Korridor1.4 Regeneration1.5 Sechs Entschleunigungsfaktoren zur Stärkung der Lebensfreude und Lebenskraft1.5.1 Das richtige Mengenmaß oder »zu viel um die Ohren«1.5.2 Digitales Fasten1.5.3 Einmal täglich »Stille-Zeit«1.5.4 Fremdbestimmung1.5.5 Selbstbestimmung1.5.6 Metazufriedenheit1.6 Perspektiven auf das Glück1.7 Analyse Ihrer Lebensbereiche: Arbeitsblätter Entschleunigung für mehr Lebensfreude2 Balance your work – durch Entschleunigung wirksamere Leistung bringen2.1 Ohne Priorisierung keine Effektivität2.2 Überforderung durch unkontrollierten Mengenzuwachs2.3 Das Problem der Ablenkung2.4 Mit Achtsamkeit mehr Wirkung erzeugen2.5 Die Pausen machen den Unterschied2.6 Analyse Ihres beruflichen Alltags: Arbeitsblatt Entschleunigung im beruflichen Alltag3 Balance your company3.1 Beschleunigungsfallen in der Organisation3.1.1 Die Mitte in der Organisation3.1.2 Warum das Maximum kein Optimum ist3.1.3 Die Dynamik der Beschleunigungsfallen3.1.4 Beschleunigungsfallen vermeiden3.2 Durch Reifegraderhöhung den organisationalen Rundlauf verbessern3.2.1 Fünf Schlüsselkriterien zur Verbesserung des Reifegrads3.2.2 Analyse des Reifegrades Ihrer Organisation: Arbeitsblätter zu den fünf Schlüsselkriterien3.3 Lernfähigkeit von Organisationen verbessern3.3.1 Ein Blick ins Umfeld3.3.2 Was bedeutet Lernfähigkeit in Organisationen?3.3.3 Verbesserung der Lernfähigkeit in Organisationen3.3.4 Analyse der Lernfähigkeit Ihrer Organisation: Arbeitsblatt Lernfähigkeit der Organisation4 Regenerative und inspirierende Räume aufsuchen4.1 Die belebende Wirkung des Aufenthaltes im Freien4.2 Das Gebirge als schöpferischer Raum5 Schöpferisch eine gemeinsame Zukunft gestalten5.1 Ein kurzer Blick in die Menschheitsgeschichte5.2 Sechs Impulse für lernende GesellschaftenDanksagungLiteraturÜber den AutorStichwortverzeichnisArbeitshilfen Online
[1]

Hinweis zum Urheberrecht

Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft - Steuern - Recht GmbH

[4]Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Print:

ISBN 978-3-7910-4864-2

Bestell-Nr. 10533-0001

ePub:

ISBN 978-3-7910-4865-9

Bestell-Nr. 10533-0100

ePDF:

ISBN 978-3-7910-4866-6

Bestell-Nr. 10533-0150

Pit Rohwedder

Balance Your Work Life

1. Auflage, Mai 2020

© 2020 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH

www.schaeffer-poeschel.de

[email protected]

Bildnachweise:

Cover: © Rawpixel.com, shutterstock

Seite 49: Simon Toplak

Seite 66: © Jag_cz/shutterstock.com

Alle anderen Fotos: Pit Rohwedder

Produktmanagement: Dr. Frank Baumgärtner

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart

Ein Unternehmen der Haufe Group

[9]Streiflicht – drei Schlüsselfragen an den Autor

»Worum geht es in Ihrem Buch?«

»Als Unternehmensberater und Coach habe ich häufig mit erschöpften Menschen und mit erschöpften Organisationen zu tun. Es geht darum, einen Weg zu zeigen, wie durch clevere Entschleunigung Lebensfreude, Gesundheit, Motivation und Schaffenskraft verbessert werden können.«

»Was verstehen Sie unter cleverer Entschleunigung?«

»In einem Zeitalter der permanenten Leistungssteigerung und vielfältiger Möglichkeiten (Multioptionsgesellschaft) beschleunigt sich unser privates und berufliches Leben kontinuierlich. Dieses dauerhaft hohe Lebenstempo zieht in seiner Atemlosigkeit meist ungesunden Stress und beklagenswerte Folgeerkrankungen nach sich. Clevere Entschleunigung leistet hier einen entscheidenden Beitrag, unsere Ressourcen wieder optimal statt maximal zu nutzen. Schon in der Antike sprachen die großen Philosophen von einer Tugend der Mitte. Auf Basis einer Mitte in uns selbst, einer Mitte im Leben und einer Mitte in Organisationen erfahren wir das private und berufliche Leben ausgeglichener, zufriedener und damit erfolgreicher. Clevere Entschleunigung hilft also, diese verloren gegangene Mitte wiederzufinden.«

»Warum ist Ihr Buch auch für die Arbeitswelt geschrieben?«

»Ich arbeite zunehmend mit Organisationen, die in der sogenannten Beschleunigungsfalle stecken. Dort sind Dauerstress und Überforderung zu Normalzuständen geworden. Hohe Krankenstände, Demotivation und innere Kündigung sind die unerwünschten Folgen. Viele Führungskräfte und MitarbeiterInnen setzen sich in der Folge dann mehr mit Abgrenzungs- und Überlebensstrategien auseinander, statt Motivation und Freude an der Zusammenarbeit zu erleben. Clevere Entschleunigung zeigt Wege aus der Beschleunigungsfalle und schafft die Voraussetzungen, Leistungslust und Flow sowie Kreativität und Innovationskraft von Menschen und Organisationen zu fördern.«

[11]Zum Gebrauch dieses Buches

»Bücher sollten mit so viel Überlegung und Behutsamkeit gelesen werden, als sie geschrieben wurden.«

Henry David Thoreau1

Nehmen Sie sich also Zeit.

»Durchatmen – Durchblicken – Durchstarten« wird nun zu einem leitenden Motto.

So empfehle ich, das Buch Schritt für Schritt von vorne zu lesen und sich Zeit dabei zu lassen. Impulsfragen laden immer wieder zu einer kurzen Zwischenreflexion ein. Eine gute Frage kann einen wertvollen Beitrag zur cleveren Entschleunigung leisten.

Zur umfangreicheren Analyse und Lösungsorientierung dienen entsprechende Arbeitsblätter am Ende der jeweiligen Kapitel.

1 Thoreau, Henry David: »Walden oder Leben in den Wäldern«, Zürich: Diogenes Verlag, 2004, S. 156.

[13]Einführung

Erschöpfte Menschen in einer fordernden Leistungsgesellschaft

Leistungsfähigkeit und Leistungssteigerung gehören zweifellos zum Leben. Ohne Leistung würde unser Leben monoton und langweilig verlaufen. Leistung zu zeigen und zu steigern kann Spaß machen, Erfüllung bringen und wird oft als das »Salz in der Suppe des Lebens« erlebt. Sie kennen bestimmt das gute Gefühl, sich Ziele zu setzen, neuen Anforderungen zu stellen oder Herausforderungen zu bewältigen. Ist das für Sie manchmal stressig? Kein Problem, denn Stress ist zunächst einmal eine natürliche, hormonell gesteuerte Energiebereitstellung des Körpers, die Ihnen prinzipiell zu mehr Leistung verhilft. Das ist auch gut so und war schon immer ein evolutionärer Vorteil. Diese sinnvolle Energiebereitstellung muss aber in ein Wechselspiel von Anspannung und Entspannung eingebettet sein, damit die anfallenden Stresshormone auch wieder abgebaut werden können und Sie nicht überreizen. Durch regelmäßige Ruhe- und Regenerationsphasen kann Ihr Stress also durchaus positiv sein und zum sogenannten Eustress werden. Das Wort »Eu« kommt aus dem Griechischen und bedeutet »gut«, »wohl«, »angemessen«. Die Steuerung dieses natürlichen Rhythmus wird u. a. über das vegetative Nervensystem veranlasst, ist medizinisch gesehen eine altbekannte Tatsache und findet sich durch aktuelle Ergebnisse der Hirnforschung vielfach bestätigt. Dennoch fällt es uns in den Industrienationen schwer, diesen natürlichen Rhythmus einzuhalten. Warum ist das so?

Da ist zunächst die Leistungs- und Wettbewerbsgesellschaft, die mit ihren permanenten Steigerungserwartungen eine kontinuierliche Verdichtung der Arbeitswelt zur Folge hat, was in vielen Fällen Dauerstress bedeutet und Menschen und Ressourcen kontinuierlich auslaugt. Unser Privat- und Freizeitleben gönnt uns zum Ausgleich jedoch nicht mehr die wichtigen Regenerations- und Ruhephasen, denn eine auf permanenten Konsum ausgerichtete Wirtschaft treibt uns dazu an, mit dem erarbeiteten Lohn ständig neue Dinge zu kaufen oder uns kontinuierlich mit neuen Produkten zu beschäftigen. Diese »Konsumwirtschaft« verspricht uns durch den Kauf von Gütern sogar Glückserleben, was jedem Glücksforscher tiefe Runzeln auf die Stirn zeichnet und den aktuellen Ergebnissen des World Happiness Report ganz klar widerspricht.2

Ich komme in Kapitel 1 noch einmal ausführlicher darauf zurück.

Interessant ist, dass der »Mensch als Konsument« im Grunde erst im 20. Jahrhundert entdeckt wurde. Die fortschreitende Industrialisierung, das deutsche Wirtschaftswunder nach dem Zweiten Weltkrieg und der fortschreitende Shareholder-Value-Kapitalismus haben einer Beschleunigungsdynamik ungezügelten Lauf gelassen und Werte wie Maßhalten oder Müßiggang an den Rand gedrängt.

[14]Parallel dazu veränderten sich unsere traditionellen Rollenbilder in Partnerschaften, welche neue Verhaltenserwartungen des Haushalts- und Familienmanagements nach sich ziehen, die nicht immer konfliktfrei ablaufen. Wer Kinder erzieht, weiß, wie anspruchsvoll und manchmal kräftezehrend diese Aufgabe ist. Doch je mehr wir den Erfolg unserer Kinder auch als den eigenen Lebenserfolg werten, desto mehr Druck und Stress entsteht bei den Kindern und uns selbst. In einer mittlerweile immer älter werdenden Gesellschaft benötigen viele Großeltern lange Unterstützungs- und Pflegephasen, die vor der Einweisung in ein Pflegeheim Zeit kosten und meist auf das persönliche Belastungskonto gehen. Das Ehrenamt ist zwar ein wertvolles Engagement, bringt aber eben auch Verpflichtungen mit sich und zusätzliche Freizeit- oder Sportwünsche halten uns weiter auf Trab.

Schließlich hat auch die Digitalisierung bereits unseren privaten Alltag vollkommen durchdrungen. Bei all den Aktivitäten in sozialen Medien, Beschäftigungen mit nützlichen oder unterhaltsamen Apps, ist unsere Aufmerksamkeit inzwischen zum begehrtesten Rohstoff des heutigen Kapitalismus avanciert. Dabei ist die Strategie der kostenlosen Internetplattformen klar: KundInnen sollen ausspioniert und dann wirksam umworben werden. Wussten Sie das?

Ein digitales »Grundrauschen« oder »always online« fördert aber nicht nur enorme wirtschaftliche Interessen, es ist auch der Auslöser einer Kultur der permanenten Ablenkung. Aus diesem Grund prognostizieren verschiedene Experten zunehmende Oberflächlichkeit im sozialen Miteinander und eine kontinuierliche Abnahme der Konzentrationsleistungen vor allem auch bei unseren Kindern.3

Wir stehen als Einzelne und auch als Gesellschaft also vor der großen Herausforderung, den angemessenen Umgang mit diesen neuen Technologien erst noch lernen zu müssen.

In Summe betrachtet leben wir demnach nicht nur in einer Leistungsgesellschaft, sondern auch in einer Multioptionsgesellschaft, die uns eine ungeheure Fülle an Möglichkeiten eröffnet. Noch nie hatten wir so viele Optionen, uns zu bilden, Angebote zu sichten oder die Welt zu bereisen. Noch nie standen so viele Waren zur Auswahl, noch nie waren so viele Containerschiffe auf den Weltmeeren unterwegs und noch nie fuhren so viele Lastwagen auf den Autobahnen wie heute. Letztlich waren wir auch noch nie so einer Flut an Informationen, so vielen TV Kanälen und so einer Vielfalt an Zerstreuungsmöglichkeiten ausgesetzt. Durch diese Multioptionalität laufen wir jedoch Gefahr, uns zu verzetteln oder permanent unter Druck zu sein: Ständig müssen wir vergleichen, optimieren und entscheiden.

[15]Man kann sich also des Eindrucks kaum noch erwehren, dass die Ökonomisierung und Optimierung aller Lebensbereiche unsere Gesellschaft inzwischen fest im Griff hat und seit Jahren unser Lebensgefühl in Tempo, permanenten Leistungsdruck und Dauerstress einbettet. Ohne Inseln der Ruhe und Muße hetzen wir so durch ein getaktetes und korsettiertes Dasein. Durch die Ablenkungsvielfalt achten wir nicht mehr auf unsere eigenen Bedürfnisse und vor lauter fremdgesteuerten Beschäftigungen kommen wir heute oft gar nirgends mehr richtig an. Mit ankommen meine ich hier: zentriert, im Lot, zufrieden und bei sich zu sein.

Erleben Sie Ihr Leben auch häufig getrieben vom ständigen Handlungszwang?

Ihr vegetatives Nervensystem läuft bei permanenter Reizflutung und mangelnden Ruhezeiten Gefahr, in ständiger Alarmbereitschaft zu sein, was u. a. eine Überproduktion von Cortisol nach sich zieht, welches negative Folgen auf unser Stoffwechselsystem bewirkt. Ständig unter Strom und unter permanentem Stress zu stehen, führt auch zu einer Reduzierung von Oxytocin, einem Hormon, das nachweislich für Vertrauensbildung und Empathie verantwortlich ist. Wer unter Dauerstress leidet, interagiert also nicht mehr so wirksam mit seinen Mitmenschen und KollegInnen. Mittlerweile wurde sogar herausgefunden, dass die ständige Aktivierung des sympathischen Nervensystems mit häufig empfundenen psychischen Belastungen in chronisch entzündliche Erkrankungen münden kann.4

Diesem überfordernden und ungesunden Disstress halten immer weniger Menschen langfristig stand und erkranken an Körper, Geist und Seele. Statistiken von Ärzteorganisationen und Kranken- als auch Rentenkassen bestätigen diesen Trend.

Doch die Schatten unserer Leistungs- und Wettbewerbsgesellschaft sind schon längst kein Problem des Einzelnen mehr. Sie beschäftigen mittlerweile Organisationen gleichermaßen wie die Nation. Die ehemalige Bundesarbeitsministerin in Deutschland, Ursula von der Leyen, schätzte bereits 2011 die jährlich durch Burn-out entstandenen Kosten für das Land auf knapp 10 Milliarden Euro – Tendenz steigend.5 Der Gesundheitsreport des Dachverbands der BKK hat bereits 2015 53 Millionen Krankheitstage aufgrund psychischer Probleme durch Stress festgestellt. Psychische Erkrankungen, wie sie häufig durch Angst bedingten Stress ausgelöst werden, sind mittlerweile die wichtigste Ursache für Frühverrentung in Deutschland!6

[16]So verwundern die Ergebnisse des Meinungsforschungsinstituts Forsa kaum, die besagen, dass 62 % der befragten Deutschen »Stress vermeiden und abbauen« als Vorsätze für 2019 angaben.7

In dieser durchaus besorgniserregenden Situation ist nicht mehr nur der Einzelne gefragt, alternative Strategien und Modelle für die Entwicklung seiner Gesundheit und Lebensfreude zu erarbeiten; nein, auch Wirtschaft und Politik werden aufgerufen, Bilder und Konzepte einer neuen Gesellschaft zu entwerfen, statt sich der Gegenwart nur durch ein »Weiter so« zu verpflichten. Diese »Utopien für die digitale Gesellschaft«, wie sie beispielsweise der deutsche Philosoph Richard David Precht fordert, setzen dann nicht mehr nur auf permanentes Wachstum, Konsum und Leistungsoptimierung, sondern begreifen die vierte industrielle Revolution als Chance, ganz neue Wege zu gehen.8 Viele Experten sind sich einig, dass nämlich gerade die Digitalisierung die tief greifendste Veränderung nicht nur in der (Welt-)Wirtschaft, sondern auch für alle Lebensbereiche darstellt, und es ist noch kaum vorhersehbar, welche Folgen diese Dynamik haben wird:

Wie wird sie die Märkte und die Arbeitswelt noch weiter verändern?Wie soll dadurch die drohende Massenarbeitslosigkeit abgewendet werden?Wie können tatsächlich neue Arbeitsplätze für (fast) alle geschaffen werden?Welche Auswirkungen werden fortschreitende Digitalisierung und künstliche Intelligenz auf unser Seelen- oder Sozialleben haben?

Wir wissen es noch nicht.

Aber selbst der amtierende Deutsche Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier postuliert, die digitale Revolution sei »wirkmächtiger als die industrielle Revolution des 19. Jahrhunderts«.9

Doch wenn wir in diesem großen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungsprozess ausschließlich ökonomisch denken und alternativlos alles nur auf Leistung und Wettbewerb, Optimierung und Konsum trimmen, fördern wir letztlich permanente Erschöpfung, Burn-out und Depression. Der Soziologe Prof. Hartmut Rosa wurde von DIE ZEIT gefragt, was ein gutes Leben ausmache. Er nennt dabei unter anderem »Resonanzachsen zwischen Selbst und Welt«, durch die man das Leben offener, kontaktfreudiger, beziehungsorientierter und damit berührter und erfüllter erfahren kann. Doch »Wettbewerb und Beschleunigung ... sind Resonanzkiller, weil sie systematisch Angst erzeugen. Angst davor, abgehängt zu werden, nicht mehr mithalten zu können, oder aber: immer schneller laufen und mehr leisten zu müssen, nur um einen Platz in der Welt zu haben.«10

[17]Wenn dieser »Platz in der Welt« ein Platz ist, der nur im Wettbewerb erreicht werden kann, zieht das nicht nur einen permanenten »Wettlauf-Modus«, Beschleunigung und Getriebensein nach sich, sondern auch die Notwendigkeit, unserer Ressourcen maximal belasten zu müssen. Das wiederum fördert aber auch eine maximale Erschöpfung. Durch die Spielregel des Wettbewerbs, sich permanent vergleichen zu müssen, verlieren wir die Chancen zufrieden und glücklich zu sein. Im Gegenteil: Man sieht sich eher einem Rechtfertigungsdruck ausgesetzt, warum man nicht dieses oder jenes auch noch getan, erledigt oder erreicht hat. Wer ein glückliches Leben führen möchte, sollte also dem andauernden Vergleich aus dem Weg gehen, denn: Des Glückes Tod ist der Vergleich.11

Doch nicht nur ein Mangel an Glück, sondern auch Angst ist der Preis für »diesen Platz« in der Welt. Mittlerweile werden allein in der EU die Kosten durch Angstzustände mit 170 Mrd. Euro jährlich veranschlagt.12 Die WHO hat für die nächsten Jahre eine Zunahme angstbedingter Störungen prognostiziert.

Die einseitige Fokussierung auf Wettbewerb, Leistungssteigerung und Selbstoptimierung lässt unsere vielseitigen Potenziale und Fähigkeiten verkümmern. Marion Gräfin Dönhoff hat bereits 1997 in ihrem Buch »Zivilisiert den Kapitalismus« darauf hingewiesen, dass »Die Überbetonung von Leistung, Geldverdienen und Karriere, die das Wirtschaftliche in den Mittelpunkt des Lebens stellt, führt dazu, dass alles Geistige, Humane, Künstlerische an den Rand gedrängt wird.«13

Kreative und schöpferische Tätigkeiten des Menschen, Inspiration und Innovation sowie Lebensfreude und Gesundheit entwickeln sich nicht in einem Korsett aus ständiger Leistungsverbesserung und Steigerungslogik, Rechtfertigungsdruck und Dauerstress. Um gesund zu sein, neue Ideen zu entwickeln, schöpferisch und erfüllt unsere Welt zu gestalten, benötigen wir eben auch Ruhe, Muße und regenerative Räume. Das wird inzwischen durch aktuelle Ergebnisse der Hirnforschung eindrucksvoll belegt. Achtunddreißig Nobelpreisträger wurden einmal befragt, wie sie zu ihren genialen Einfällen gekommen sind. Sechsunddreißig von ihnen gaben geistiges Nichtstun als Quelle der Inspiration an. Neun von ihnen hatten ihren Einfall unter der Dusche!14 Somit stimulieren also Ruhephasen auch unsere Kreativität und fördern damit sogar Innovationen.

Wenn also eine Kultur und Gesellschaft danach beurteilt werden würde, ob sie Menschen gesünder, freundlicher, kultivierter, vielleicht auch klüger und glücklicher macht, ließe sich schließen, dass wir von der vierten industriellen Revolution nicht noch mehr Zeug brauchen, sondern eben mehr Zeit. Zeit, um sowohl individuelle als auch gesellschaftliche Antworten darauf zu finden, wie wir ein [18]erfülltes Leben gestalten können – denn unsere Zukunft »kommt« nicht, sie wird eindeutig von uns selbst gestaltet!15

Viele Menschen in meiner Beratungspraxis empfinden ihr Lebenstempo insgesamt als zu hoch. Aufgrund des ständigen Handlungszwangs fehlt es in einem Zeitalter der Ruhelosigkeit an atmenden Lebensbereichen und Regenerationsphasen. Meine hier vorgestellten cleveren Wege zur Entschleunigung zeigen auf, wie diese atmenden und regenerativen Zwischenräume wieder regelmäßig Teil unseres Lebens werden können, und wie dadurch unsere Leistungsfähigkeit, Kreativität und Lebensfreude gefördert werden können.

»Es kommt nicht darauf an, dem Leben mehr Jahre zu geben, sondern den Jahren mehr Leben zu geben.«

Alexis Carrel, Nobelpreisträger für Medizin16

Erschöpfte Organisationen im Hamsterrad

In der seit Jahren bestehenden Wettbewerbs- und Veränderungsdynamik vieler Organisationen zeichnet sich am Horizont kein ruhigeres Fahrwasser ab – im Gegenteil. Die zunehmende Internationalisierung, die global wirkende Digitalisierung, die viel beschworene Elektromobilität und das autonome Fahren halten Organisationen gehörig auf Trab. Zahlreiche Start-ups, die tradierte Geschäftsmodelle im Handel, im Taxi- oder auch im Hotelgewerbe ins Wanken bringen, schaffen ständig neue, teilweise besorgniserregende Wirklichkeiten, die betroffenen VerantwortungsträgerInnen keine Ruhe lassen. Um in dieser Dynamik wettbewerbsfähig bleiben zu können, müssen Organisationen im Hochlohnland Deutschland ständig ihre Effizienz verbessern, die Digitalisierung vorantreiben oder unter Zeitdruck Innovationen entwickeln. In vielen öffentlichen oder sozialen Organisationen werden aus politischen Gründen Sparkurse gefahren, welche die steigenden Arbeitspakete auf immer weniger Schultern verteilen. Und schließlich fühlen sich viele LehrerInnen beim Thema Inklusion überfordert, weil entweder durchdachte Konzepte oder notwendige Anpassungszeiten an die neuen Herausforderungen fehlen, um nur einige Beispiele zu nennen. Eine permanente Arbeits- und Leistungsverdichtung sowie ständige Veränderungsprojekte führen jedoch zwangsläufig in eine organisationale Beschleunigungsdynamik, die weit davon entfernt ist, Leistungslust, Kreativität oder Innovation zu fördern. Zusätzlich anstehende Arbeitspakete werden nämlich in der Regel einfach nach unten abgegeben ohne konkrete Überlegungen anzustellen, wie die operative Basis diesen Mengenzuwachs überhaupt stemmen soll.

Meinen langjährigen Beobachtungen zufolge ziehen aber fehlende Anpassungs- und Veränderungskonzepte sowie mangelnde »Lernzeiten« später chronische Überlastung und Dauerstress nach sich. Nicht selten haben weite Teile der Organisation dann das Gefühl, an der Grenze der [19]Überforderung