Beloved Sin - Deine Seele gehört mir - Rhiana Corbin - E-Book

Beloved Sin - Deine Seele gehört mir E-Book

Rhiana Corbin

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Beschreibung

Stockholm, heute Viggo Magnusson erledigt die Jobs, für die man ganz spezielle Fähigkeiten benötigt, und die meistens tödlich enden. Er ist der Beste in seinem Fach. Hinter der Fassade eines adeligen Schweden verbirgt sich das Gesicht eines eiskalten Killers. Als er von Lucas Mayers den Auftrag erhält, Ester Blom zu beseitigen, versagt er zum ersten Mal. Ester ist nicht nur wunderschön, sondern auch blitzgescheit. Und Ester kann nicht nur Lucas gefährlich werden ... so wie Lucas dem Königshaus und Viggo muss für das Gleichgewicht sorgen ...

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Kurzbeschreibung:

Stockholm, heute

Viggo Magnusson erledigt die Jobs, für die man ganz spezielle Fähigkeiten benötigt, und die meistens tödlich enden. Er ist der Beste in seinem Fach. Hinter der Fassade eines adeligen Schweden verbirgt sich das Gesicht eines eiskalten Killers. Als er von Lucas Mayers den Auftrag erhält, Ester Blom zu beseitigen, versagt er zum ersten Mal. Ester ist nicht nur wunderschön, sondern auch blitzgescheit. Und Ester kann nicht nur Lucas gefährlich werden ... so wie Lucas dem Königshaus und Viggo muss für das Gleichgewicht sorgen ...

Rhiana Corbin

Beloved Sin

Deine Seele gehört mir

Edel Elements

Edel Elements Ein Verlag der Edel Germany GmbH

© 2017 Edel Germany GmbH Neumühlen 17, 22763 Hamburg

www.edel.com

Copyright © 2017 by Rhiana Corbin

Lektorat: Christin Ullmann

Covergestaltung: Marie Wölk, Wolkenart.

Konvertierung: Datagrafix

Alle Rechte vorbehalten. All rightsreserved. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des jeweiligen Rechteinhabers wiedergegeben werden.

ISBN: 978-3-96215-031-0

www.facebook.com/EdelElements/

www.edelelements.de/

Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle.

Prolog

Stockholm, heute

Ich sitze schon seit Stunden über den Büchern. Immer wieder fallen mir Ungereimtheiten auf und ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Mir ist bewusst, dass ich einen Fehler damit begangen habe, Lucas auf die fehlerhaften Abrechnungen des Casinos anzusprechen. Dass ich auch noch ein Telefonat mitbekommen habe, in dem er den Mord an Leo Blomberg in Auftrag gegeben hat, scheint mein Schicksal zu besiegeln. Ich warte nur auf einen günstigen Moment, um von hier zu verschwinden, und dann wird Lucas mich nie wiedersehen. Vielleicht sollte ich zur Toilette gehen und einfach durch das Fenster fliehen. Immer mehr scheint mir dies eine gute Idee zu sein. In dem Moment, als ich zu meiner Tasche greife, erscheint Lucas im Türrahmen.

»Wo willst du hin, Ester?«, fragt er unfreundlich. Das muss aber nichts heißen, denn ich habe ihn selten freundlich erlebt.

»Zur Toilette«, gebe ich ruhig zurück und stehe auf. »Ich habe meine Tage.«

Lucas stellt sich mir in den Weg, lässt mich nicht vorbei, und in diesem Augenblick wird mir klar, dass es wohl doch nicht die beste Idee meines Lebens war, mich als Buchhalterin bei ihm einzuschleichen, um aufzudecken, was der Pate von Stockholm für krumme Geschäfte führt. Vielmehr war es vermutlich eine tödliche Idee, denke ich, doch weiter komme ich nicht, denn Lucas greift nach meinen Händen und legt mir blitzschnell Handschellen an.

»Was soll das?« Ich blicke wie ein frommes Lamm auf die Fesseln.

»Was wohl, du dumme Kuh?«, knurrt Lucas.

Hej, ich bin vieles, aber die dumme Kuh werde ich ihm heimzahlen, irgendwann, denn jetzt schlägt er mir gegen den Kopf, dass vor meinen Augen alles schwarz wird. Das Einzige, was ich noch spüre, sind meine Beine, die unter mir nachgeben.

Laute Schritte sind auf dem Asphalt zu hören. Die Straßen rund um den Gustav-Adolfs-Torg sind menschenleer, die Gäste der Königlichen Oper schon längst wieder zu Hause.

Selbst die Touristen liegen in ihren Betten und erholen sich von den anstrengenden Touren, die sie am Tag hinter sich gebracht haben. Um drei Uhr nachts bei strömendem Regen liegt Stille über der Stadt.

Viggo Magnusson bewegt sich lautlos und schließt schnell zu dem Mann auf, der vor ihm über die Straße eilt. Selbst als er seine geladene Sig Sauer P 226 X-Five zieht und entsichert, ist kaum etwas zu hören. Mit zwei großen Schritten hat er den Mann eingeholt, hält ihm die Waffe von hinten in den Nacken und drückt ab. Zwei Mal. Ein Schuss in den Kopf, der zweite ins Herz, um ganz sicherzugehen. Der Mann kippt zur Seite und ist augenblicklich tot. Vermutlich hat er den zweiten Schuss nicht einmal gespürt. Viggo lässt ihn an der Hauswand langsam zu Boden gleiten und geht mit eiligen Schritten davon. Er blickt ihm nicht ins Gesicht, schaut sich nicht um. In seiner schwarzen Kleidung verschmilzt er mit der Dunkelheit und läuft Richtung Sutregatan. Er kann es nicht abwarten, dass er endlich aus den nassen Sachen herauskommt. Im Mai regnet es im Durchschnitt sechs Tage. Warum muss er genau heute einen dieser Tage erwischen? Mit achtzehn Grad ist es überdurchschnittlich warm, aber jetzt mitten in der Nacht, sind die Temperaturen doch empfindlich abgekühlt.

Noch bevor er seine Haustür erreicht, klingelt sein Handy und er weiß, wer ihn zu dieser Zeit anruft, doch er wird das Gespräch nicht annehmen. Nicht ehe er eine warme Dusche genommen hat und trockene Kleidung trägt.

Er schließt die Wohnungstür im vierten Stockwerk auf und wirft sie hinter sich mit einem Fußtritt ins Schloss. Erneut klingelt sein Handy, doch er ignoriert es und lässt das Gerät im Flur auf dem Highboard liegen. Darum wird er sich später kümmern.

Eine halbe Stunde später kommt er zurück in den Flur, mit neuer Kleidung und frisch geduscht. Ein Blick auf das Display des Handys zeigt ihm sechs Anrufe in Abwesenheit. Während er die Rückruftaste drückt, geht er ins Wohnzimmer, um sich einen Absinth einzuschütten. Normalerweise trinkt er keinen Alkohol, doch wenn er einen Job erledigt hat, macht er manchmal eine Ausnahme. Mit einem Schluck kippt er den Shot, der brennend seine Kehle hinunterfließt, und stellt das Glas ab.

»Was gibt es?«, fragt er, ohne sich zu melden, als die Verbindung hergestellt ist.

»Ich brauche dich hier. Sofort.«

»Der Job ist erledigt. Das Geld kannst du mir morgen geben«, murmelt Viggo leise.

»Darum geht es nicht. Komm her. Sofort. Ich habe einen weiteren Auftrag für dich, der heute noch erledigt werden muss.«

»Ich bin auf dem Weg«, brummt Viggo und beendet das Gespräch, steckt sein Smartphone in die Jackentasche und wendet sich der Tür zu. Diesmal greift er zum Regenschirm, der neben der Wohnungstür lehnt. Er will kein weiteres Mal nass werden, auch wenn es nur der Weg bis zu seinem Wagen ist.

Er fährt mit dem Volvo S90 über die Strömbron Richtung Södermalm. Sein Ziel ist das Sweet Lemon, ein Stripclub der gehobenen Klasse. Der Zugang wird nur Gästen mit Einladung oder einer Clubkarte gewährt. Viggo parkt seine Limousine auf den für Gäste reservierten Parkplatz. Um diese Uhrzeit ist im Club nicht mehr viel los, daher betritt er die Räumlichkeiten durch den Haupteingang.

»Hej Viggo, guten Morgen.« Filip, der Türsteher, reicht ihm die Hand und öffnet gleichzeitig die Tür.

»Hej Filip. War heute viel los?«

»Im üblichen Rahmen. Der Chef will dich sehen.«

»Ja, ich weiß, deshalb bin ich hier. Ist er im Büro?«

Filip nickt, und Viggo macht sich auf den Weg. Er läuft durch den Club, in dem noch eine Menge Tische besetzt sind und auch an den unterschiedlichen Bars stehen noch Gäste und amüsieren sich.

Viggo kann dem allen nichts abgewinnen, läuft mit schnellen Schritten in den hinteren Bereich und kommt an eine Tür, die nur mit einem Zahlencode zu öffnen ist. Er gibt die Zahlenfolge ein, die wöchentlich geändert wird, und erlangt somit Zutritt zu den Büros, die zum Club gehören.

Am Ende des Gangs, Licht scheint durch die geöffnete Tür auf den Flur hinaus, wartet er auf ihn.

»Hej Lucas«, grüßt er den Mann, der hinter dem Schreibtisch sitzt und sich erhebt, sobald er Viggo erblickt.

»Hej Viggo. Wie lief die Sache mit Blomberg?«

»Gut. Schnell und lautlos. Du kannst es morgen in der Zeitung lesen. Was ist los, dass du mich hierherbestellst?«

Lucas zeigt mit seinem Kinn zur Tür. »Zwei Türen weiter gibt es ein Paket, das du schnellstens loswerden musst. Da hat sich eine Wanze bei uns eingenistet.«

»Eine Wanze?« Viggo ist überrascht. »Was soll das bedeuten?«

Lucas geht hinüber zum Wandsafe und öffnet ihn. Er nimmt einige Packen Bargeld heraus und übergibt sie Viggo. »Dein Geld für Blomberg. Das Gleiche gibt es noch mal, wenn du die Kleine erledigt hast. Sie muss so verschwinden, dass sie niemals wiederauftaucht. Hast du verstanden?« Er blickt Viggo nervös an.

»Sie? Wer ist sie, dass sie so gefährlich ist?« Viggo verstaut das Geld in der Jackeninnentasche, ohne es zu zählen, denn das ist nicht notwendig. Er arbeitet bereits seit einem Jahr mit Lucas zusammen und bisher ist immer alles reibungslos gelaufen. Ihre Zusammenarbeit beruht auf gegenseitigem Vertrauen, was in der Branche nicht immer möglich ist.

»Die Kleine arbeitet als Buchhalterin. Ich habe sie vor drei Wochen eingestellt für Hilfsarbeiten. Sie sah süß aus und ist obendrein auch noch intelligent. Leider zu intelligent, denn sie arbeitet für irgend so ein Online-Magazin. Sie ist Journalistin und spioniert hier herum.«

»Und das ist ein Grund, sie gleich zu töten?« Viggo blickt Lucas fragend an und lehnt sich mit der Schulter gegen die Wand, verschränkt die Arme vor der Brust. Normalerweise übernimmt er jeden Job, den Lucas ihm anbietet, aber bisher haben sich die Aufträge immer nur um Kerle gedreht, die Lucas verraten haben, oder Gangmitglieder, die ihm ans Bein pinkeln wollten. Lucas ist der Kopf einer Organisation mit mafiaähnlichen Strukturen. Er sitzt ganz oben an der Spitze und muss sich schützen, denn es gibt immer wieder aufstrebende Typen, die Lucas’ Posten übernehmen wollen.

»Sie weiß von den Konten in der Schweiz und den Caymans. Sie weiß von den manipulierten Spieltischen und hat mitbekommen, dass ich den Mord an Blomberg in Auftrag gegeben habe. Diese verfluchte Schlampe weiß alles, und deshalb muss sie weg.« Lucas streicht sich durch das blonde Haar, das ihn wie einen Schweden wirken lässt, dabei ist er Engländer, durch und durch. Seine steifen Umgangsformen lassen sofort erkennen, dass er nichts Skandinavisches an sich hat. Viggo mag ihn nicht sonderlich, aber er zahlt gut, und so kann er den Kontakt zur Unterwelt halten. Informationen sind eben nicht nur in der Politik wichtig.

»Hast du einen besonderen Wunsch, was das Wie und Wo betrifft?«, fragt Viggo und prüft den Sitz seiner Sig Sauer unter dem Sakko.

»Schnell und sauber, wie immer. Lass dich nicht von ihr einfangen, sie ist reizend und geschickt, unterschätze nicht ihren scharfen Verstand, sie ist sehr intelligent.«

Viggo lächelt. Das hört sich ganz nach einem Mauerblümchen an, das seine Nase zu tief in die Bücher gesteckt hat und dem falschen Mann begegnet ist. Schade, dass dies nun tödlich für sie enden wird.

»Hast du sie gefickt?«, fragt Viggo amüsiert.

»Nein, verdammt. Die Hure ist wie eine Nonne, sie lässt keinen an sich ran, dabei hat sie einen Körper, der mir eine Menge Geld einbringen könnte. Verdammt, es ist eine Verschwendung, aber sie weiß zu viel.«

»Wie ist ihr Name?« Viggo stößt sich von der Wand ab, an die er sich gelehnt hat, und geht auf Lucas zu. »Es kostet doppelt so viel wie üblich«, erklärt er und baut sich vor Lucas auf, der einen halben Kopf kleiner als Viggo ist.

»Das Doppelte? Du wirst langsam gierig.« Lucas dreht sich weg und geht zu seinem Schreibtisch, stellt eine gewisse Distanz her.

»Ich besitze genug Geld, das hat nichts mit Gier zu tun. Aber ich werde zusätzliche Ausgaben haben, ein höheres Risiko eingehen müssen, das kostet. Du kennst die Regeln. Also beschwer dich nicht. Sag ja, oder lass die Kleine von einem deiner Bodyguards entsorgen, das kostet dich nichts, sie wird aber vermutlich in den Medien als Leiche auftauchen. Dann kommt die Polizei und stellt unangenehme Fragen. Deine Entscheidung.« Viggos Stimme ist ganz ruhig, fast schon zu belanglos, als wäre ihm der Auftrag lästig.

»Schon gut. Schon gut, du musst mir nicht durch die Blume zu verstehen geben, dass du der Beste bist, das weiß ich auch so. Sie liegt gefesselt im blauen Salon. Hier ist der Schlüssel. Sobald ihr weg seid, lasse ich den Raum säubern, damit es keine Spuren gibt. Ich fahre jetzt nach Hause.«

Mayers nimmt seine Autoschlüssel vom Tisch und läuft zur Tür. »Melde dich, wenn du fertig bist.«

1

Ich höre, wie ein Schlüssel ins Türschloss gesteckt wird. Endlich. Endlich kommt jemand, um mich zu befreien. Das alles kann doch nur ein böser Traum sein. Allein der Gedanke, wie sich dieser Fiesling von Mayers auf meinen nackten Körper gelegt hat, lässt mir erneut die Galle hochkommen. Er ist schmierig, ekelig und alt. Auch wenn er erst Mitte vierzig ist, sieht er mit seinem faltigen Gesicht aus wie Anfang sechzig. Er riecht weder gut, noch ist er besonders charmant. Allein der Gedanke an seine Hände auf meiner Haut, wenn er mich rein zufällig berührt hat, verschafft mir Übelkeit. Wobei zufällig die falsche Wortwahl ist. Nichts, was Lucas Mayers tut, ist unabsichtlich. Es ist alles Berechnung. Wirklich alles. Auch, dass er mich fast vergewaltigt hat.

Der Mann, der den Raum betritt und sorgfältig die Tür hinter sich schließt, ist mir nicht ganz geheuer. Dass ich hier nackt auf dem Bett liege, ist mir peinlich. Ich würde ein Bein anwinkeln, um meine Scham zu bedecken, doch ich kann nicht, denn die Hände und auch beide Beine sind an dem Bettgestell gefesselt. Ich kann auch nicht sprechen, weil mein Mund mit einem Klebeband fixiert ist. Ich liege ganz still, folge dem Mann mit meinen Blicken.

Der Raum ist nur spärlich beleuchtet, aber ich kann sein gut geschnittenes Gesicht erkennen. Er kommt mir bekannt vor, doch im Moment weiß ich nicht, woher, dafür habe ich den Kopf nicht frei.

Er tritt an das Bett und blickt zu mir herunter. Ich traue meinen Augen nicht. Er sieht fast zu schön für einen Mann aus. Sein Typ ist dunkel, nicht besonders schwedisch. Kurzes dunkelbraunes Haar, kräftige, aber fein geschwungene Augenbrauen zieren sein Gesicht. Seine hellblauen Augen fixieren mich. Sie sind der einzige Hinweis auf seine nordische Abstammung, denn diese Augen besitzen nur Skandinavier, da bin ich mir sicher. Er trägt einen Henriquatre-Bart, kurz und gepflegt, als hätte er sich erst vor wenigen Stunden rasiert. Die Hände in die Hüften gestemmt, sodass seine ausgeprägten Brustmuskeln unter dem anthrazitfarbenen Hemd sichtbar hervortreten, schaut er mich ratlos an.

»Mmmhhh«, versuche ich, etwas zu sagen, doch nichts Verständliches kommt dabei heraus.

»Sei still.« Er zieht ein Paar schwarze Handschuhe über.

Seine Stimme ist angenehm dunkel, auch wenn er nicht gerade freundlich ist. Leider sind die Handschuhe kein gutes Zeichen.

Als er sich umdreht und das Zimmer wieder verlässt, kann ich es nicht glauben. Wild beginne ich, mich gegen die Fesseln zu wehren, jedoch ohne Erfolg, ich füge mir nur selbst Schmerzen zu.

Es dauert nicht lange und die Tür öffnet sich erneut, und der gut aussehende Kerl betritt wieder den Raum. In der Hand hält er etwas, das mich zittern lässt. Einen Leichensack.

Meine Augen weiten sich angstvoll. Das ist jetzt nicht sein Ernst. Doch so, wie es aussieht, ist mein Leben keine Krone mehr wert.

Der Sack wird ausgerollt und das Klebeband von meinem Mund gelöst.

»Danke«, keuche ich und hole unkontrolliert Luft, sodass ich mich direkt verschlucke. »Kann ich etwas zu trinken haben?«, frage ich scheu.

Überrascht blickt dieser Adonis mich an. »Ich bin nicht hier, um dir das Leben zu retten.«

Das habe ich mir fast gedacht, ich bin ja nicht blöd. »Was hast du mit mir vor? Hej, wie ist dein Name?«

»Na, was glaubst du wohl?«, will er wissen und scheint belustigt. »Du hättest deine Nase nicht in Dinge stecken sollen, die dich nichts angehen.«

Er setzt sich zu mir auf die Matratze und blickt mich eindringlich an.

Für einen Moment schließe ich die Augen. Versuche, mich zu konzentrieren. Tränen rinnen meine Schläfen hinunter. Er riecht gut. Angenehm nach einem männlichen Duschgel oder Parfum. Von Nahem sieht er noch attraktiver aus. Ich wende den Kopf ab, weil es mir unangenehm ist, hier nackt zu liegen und begutachtet zu werden wie ein Stück Vieh.

»Wie ist dein Name?«, frage ich erneut, denn eines ist klar: Will ich hier lebend rauskommen, muss ich diesen Mann emotional erreichen. »Bitte, sag ihn mir.«

»Viggo«, antwortet er heiser.

»Viggo, bitte töte mich nicht. Ich tue alles, was du willst. Aber verschone mein Leben. Ich habe gar nichts gesehen, Lucas hat sich da etwas in den Kopf gesetzt, was nicht den Tatsachen entspricht.« Ich zerre an meinen Fesseln, doch die geben nicht nach.

»In einem hatte Lucas wirklich recht. Du bist sehr schön.« Er streicht mir das schulterlange braune Haar aus dem Gesicht und blickt mir intensiv in die Augen. »Du hast geheimnisvolle grüne Augen. Es ist eine Schande.«

Angst beschleicht mich, und ich versuche, die Fesseln zu lösen.

»Pssst«, Viggo legt einen Finger auf seine Lippen und schüttelt den Kopf. Dann berührt er meinen Bauch, fährt mit der Handfläche meine Hüften nach, höher zu den Rippen.

Ich kann nichts dagegen tun, seine Berührungen erregen mich auf eine unbekannte dunkle Weise. Meine Brustwarzen werden hart, und Viggo blickt mich begehrlich an.

Ein kleiner Seufzer rutscht mir aus dem Mund, und ich werde rot. Ich will auf keinen Fall den Anschein erwecken, dass mir das hier gefällt.

»Schau mich an«, befiehlt Viggo, und ich kann mich dem nicht widersetzen, drehe meinen Kopf und blicke ihm in die Augen. Seine Hand wandert hoch zu meinen Brüsten, knetet sie abwechselnd. Ich beginne zu zittern.

»Gefällt dir das?«, fragt er und blickt mich erwartungsvoll an.

»Nein, wie könnte es, in Anbetracht meiner Lage? Ich würde mich wohler fühlen, wenn ich mich bewegen könnte und …« Ich verstumme.

»Und was?«, will Viggo wissen.

Verlegen beiße ich mir auf die Unterlippe, weil ich nicht weiß, ob ich es aussprechen kann. Doch ich muss diesen Kerl irgendwie für mich gewinnen. »Und wenn ich dich berühren könnte«, wispere ich verlegen.

Viggo grinst. »Du sagst wohl immer genau das, was du denkst. Das hat dir vermutlich den Hals gebrochen. Wie ist dein Name?«

»Ester, und ich kann nichts dafür, wenn Lucas nicht die Wahrheit verträgt«, gebe ich mutig zu, denn jetzt ist es ohnehin zu spät. Ich werde mein Leben verlieren, ein Blick auf den Leichensack lässt keine andere Vermutung zu.

Neugierig blickt Viggo mich an. »Ich würde gern mehr hören, doch wir müssen das hier zu Ende bringen. Es tut mir leid.«

»Dann lass es sein und hör dir an, was ich zu sagen habe.« Meine Stimme klingt flehend und hört sich selbst in meinen Ohren mickrig an.

Viggo beginnt, meine Fesseln zu lösen, überlegt einen Augenblick, dann meint er: »Tut mir leid, ich kann nicht anders.« Viggo holt aus und versetzt mir einen Kinnhaken, dass mein Kopf zur Seite fliegt, und ich verliere das Bewusstsein. Es wird erneut schnell dunkel um mich herum, sodass ich nicht mal einen Schmerz verspüre.

Sie ist leicht wie eine Feder, und Viggo geschickt im Umgang mit Leichensäcken. Schnell hat er sie eingepackt und wirft sie über seine Schulter. Er hat keine Ahnung, warum er das macht, langsam ödet es ihn an, für Lucas aufzuräumen. Durch den Hintereingang verlässt er die Bar. Seinen Wagen hat er bereits direkt vor der Tür geparkt, als er den Leichensack aus dem Auto geholt hat. Er wirft das Gepäck in den Kofferraum und fährt mit durchdrehenden Reifen davon. Ein Blick in den Rückspiegel sagt ihm, dass ihm niemand folgt. Warum auch, bisher hat er immer alle Aufträge präzise wie ein Uhrwerk erledigt. Es gibt Hunderte von Stellen, wo er den Sack, ohne gesehen zu werden, im Meer versenken könnte, doch seine Fahrtrichtung ist eine ganz andere. Erst als er vor dem Haus parkt, in dem sich seine Wohnung befindet, wird ihm bewusst, in was er sich da gerade hineinreitet.

»Verdammt!« Er schlägt mit der Hand auf das Lenkrad. Was stellt er hier nur an? Hat er überhaupt über die Konsequenzen nachgedacht? Nein, mit Sicherheit nicht. Er hätte sie gar nicht ansehen, geschweige denn das Klebeband lösen oder mit ihr sprechen dürfen. Und schon gar nicht hätte er sie anfassen dürfen. Normalerweise kennt er die Opfer nicht, verschwendet keinen Gedanken an sie. Jetzt ist alles anders. Sie hat einen Namen, sie hat ein Gesicht. Und noch viel schlimmer, sie hat einen Körper wie für die Sünde geschaffen. Ihre makellose helle Haut geht ihm einfach nicht aus dem Kopf. Sein Schwanz macht wahre Freudensprünge, wenn er sich erinnert, wie sie versucht hat, ihre Fesseln zu lösen, und sich dabei wie eine Schlangenbeschwörerin gewunden hat. Er muss sie aus dem Kopf bekommen, doch anscheinend ist es dafür bereits viel zu spät. Ester – ihr Name ist eine Versuchung, der er wohl nicht widerstehen kann.

Viggo steigt aus dem Wagen, wirft die Tür zu und öffnet den Kofferraum. Sie scheint immer noch bewusstlos, bewegt sich nicht. Er muss sich beeilen, die Sonne ist bereits aufgegangen, um fünf Uhr morgens beginnt das Leben, und die Gefahr, dass er gesehen wird, ist groß. Schnell wirft er sich den Sack über die Schulter und betritt das Wohnhaus.

»Hej Viggo. Was hast du denn da?«

Viggo erstarrt einen Augenblick, dann gleitet ein Lächeln über seine Züge. »Hej Mathilda. Ich habe mir einen neuen Teppich zugelegt.«

»Sehr schön. Dir einen schönen Tag.« Die Tür fällt zu, und Viggo blickt der alten Dame hinterher, die im Erdgeschoss wohnt und jeden Morgen die wenigen Schritte zum Bäcker läuft. Es muss schon später sein als gedacht.

Er läuft in den vierten Stock hinauf. Obwohl sein Gepäck schwer auf der Schulter liegt, ist er kaum außer Puste, dank seiner regelmäßigen Besuche im Fitnessstudio. Die Wohnungstür fällt ins Schloss, und er atmet erleichtert auf. Seine Fracht bringt er in sein Schlafzimmer, legt sie vorsichtig auf dem Bett ab. Den Leichensack entfernt er und entsorgt die Plane sofort. Sie hat zu viel mit dem Tod zu tun, und das irritiert Viggo im Moment. Esters Kinnpartie hat sich blau gefärbt. Sofort macht sich in ihm ein schlechtes Gewissen breit. Aber es gab keine andere Möglichkeit, sie hätte sich in dem Leichensack zu Tode geängstigt.

Während er seine Handschuhe auszieht, geht er hinüber in die Küche, holt einen Eisbeutel aus dem Gefrierfach seines Kühlschranks. Im Wohnzimmer schaltet er die Musikanlage an, klassische Musik erklingt. Sie beruhigt seine Nerven und lässt ihn ganz langsam runterkommen. Er zieht seine Jacke aus, krempelt die Ärmel des Hemdes auf.

Das Eispack legt er vorsichtig an Esters Kinn. Sie stöhnt leise, kommt langsam wieder zu Bewusstsein. Noch hält sie die Augen geschlossen, dreht den Kopf in Richtung der kleinen gedimmten Nachttischlampe, die den Raum erleuchtet.

»Ich muss wohl noch am Leben sein, denn ich glaube nicht, dass man Jonas Kaufmann im Himmel spielt«, murmelt sie leise, aber gut verständlich.