Bennis Ferienabenteuer - Andrea Hundsdorfer - E-Book

Bennis Ferienabenteuer E-Book

Andrea Hundsdorfer

0,0

Beschreibung

Ein verstaubtes Gemälde, ein verborgenes Zimmer und ein altes Tagebuch. Das sind die Zutaten für Bennis erstes Ferienabenteuer auf dem Bauernhof seiner Großeltern. Eigentlich hatten Benni und Kati auf dem Dachboden des Gesindehauses nach einem verborgenen Schatz gesucht. Aber alles was sie gefunden haben, war ein altes, verstaubtes Gemälde, mit einem Segelschiff. Wahrlich keine Seltenheit, hier an der Nordsee. Aber enthält das Bild vielleicht versteckte Hinweise auf einen verborgenen Schatz, der vor über 200 Jahren verloren ging? Kati und Benni müssen einige knifflige Rätsel lösen, um der Spur des Schatzes folgen zu können. Dies ist das erste von vielen Ferienabenteuern, das Benni, Kati und Jojo in den Sommerferien rund um Hanswehrum und den anderen Warfendörfern an der Nordsee erleben werden.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 179

Veröffentlichungsjahr: 2014

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Für

Oma Elke

und

Opa Peter

Inhaltsverzeichnis:

Steckbrief Benjamin

Vorwort

Endlich Ferien

Entdeckung auf dem Dachboden

Geheimnisse um den Claasen Hof

Die verborgene Kammer

Die Geschichte des Filipe Rodrigues

Die HMS Victory

Die Geschichte der Warfendörfer

Das Haus des Herrn

Verflixt und zugenäht

Im Zeichen des Aquarius

Nachwort

Benni

Rotblonde Haare, strahlend blaue Augen und unzählige

Sommersprossen

Geboren im November, Sternzeichen Skorpion

Noch neun Jahre alt, okay 9 ½!

Seine Hobbies: Fußball, Nintendo spielen, Star Wars

Vorwort

Hallo, ich heiße Benni. Okay, eigentlich heiße ich Benjamin, aber der Name ist mir viel zu lang. Benni geht viel schneller. Denn, wenn ich eines nicht habe, dann Zeit. Deswegen auch nur ein ganz kurzes Kapitel zu Beginn meines ersten Abenteuers. Das habe ich der Autorin versprochen.

Sie meinte, sich nicht vorzustellen sei unhöflich und so viel Zeit sollte ich mir schon nehmen. Also gut, los geht´s:

Wie ich aussehe, habt ihr ja schon in meinem Steckbrief gesehen, oder? Gut, dann brauche ich dazu ja nichts mehr zu sagen. Wir wohnen in Neustadt. Das ist ein Stadtteil von Bremen. Meine Eltern haben dort einen kleinen Buchladen. Gerade im Sommer können sie den nicht so lange schließen. Deshalb fahre ich seit ich zur Schule gehe, also seit drei Jahren, jedes Jahr in den Sommerferien zu meinen Großeltern auf einen alten Bauernhof an die Nordsee.

Die ersten drei Wochen bin ich alleine dort, dann kommen meine Eltern für zwei Wochen dazu. So, fertig! Versprechen eingelöst, jetzt kann es losgehen.

Übrigens, im Gegenzug hat die Autorin mir versprochen, dass das Tier, das mit „Pf…“ anfängt und besonders bei Mädchen sehr beliebt ist, nicht ein einziges Mal in meiner Geschichte auftauchen wird. Es wird eine absolute „Pf…“ freie Geschichte. Mal sehen, ob sie das schafft!

Da ich sie sehr gut kenne, habe ich da so meine Zweifel.

Euer Benni

Halt! Halt! Halt! Brr!

Immer schön langsam mit den jungen…äh, also: Halt!

Wie immer hatte es Benni sehr eilig! Darum stelle ich euch schnell noch die anderen vor. Ich beeile mich auch!

Oma Elke

Sie ist die liebste Oma der Welt. Sie brutzelt die besten Rahmschnitzel von ganz Norddeutschland und lässt schon mal fünfe gerade sein. Sie trägt ausschließlich bunte Röcke mit weißer Schürze und (fast) immer riecht es in ihrer Küche nach frischem Kuchen.

Opa Peter

Er geht nie ohne seine Schirmmütze und seine Pfeife aus dem Haus. Nach seinem Abschied von der Marine ist er jetzt durch und durch Landwirt. Er lässt nichts auf seinen alten Trecker kommen und kloppt immer mittwochs Karten mit seinen Freunden im „Rostigen Anker“. Da kann es schon mal später werden.

Katharina

Wird nur Kati genannt. Sie ist die Tochter vom Nachbarhof. Kati ist genau 18 Monate älter als Benni. Sie hat langes, blondes Haar, das sie immer zu einem, Pf…schwanz, upps, ich meine zu einem Zopf geflochten trägt. Mit ihr kann man Esel stehlen. (Ich weiß natürlich, dass das Sprichwort eigentlich anders geht, aber ich möchte nicht gleich auf Seite → mein Versprechen brechen!) So, das war´s schon.

Und nun wünsche ich euch viel Spaß!

Eure Andrea

Endlich Ferien

„Benni, wo bleibst du denn? Der Zug wird nicht auf dich warten!“ Papas Stimme schallt durchs Treppenhaus. „Ich komme ja schon!“ Ich ziehe den Reißverschluss des Rucksacks zu und schaue mich noch einmal in meinem Zimmer um. Habe ich auch wirklich nichts vergessen? Schließlich werde ich die nächsten fünf Wochen nicht da sein.

Ein großer Koffer mit meinen Klamotten ist schon vor zwei Tagen auf die Reise gegangen. Ich räume nur noch die wirklich wichtigen Sachen ein: Meine Star Wars Sammelbücher, einige CDs, ein paar Hero Factory Figuren, meine BleyBlades und, natürlich, meinen Nintendo! Zugegeben, auf dem Bauernhof meiner Großeltern ist auch so genug los. Ich werde wahrscheinlich gar keine Zeit für Langeweile haben. Dafür werden Oma Elke und Opa Peter schon sorgen.

Aber selbst die beiden können es ja nicht verhindern, dass es vielleicht den einen oder anderen Regentag in den Sommerferien geben wird. Und für den Fall, möchte ich vorbereitet sein.

Ich schnalle mir den Rucksack auf den Rücken und sause aus dem Zimmer, den Flur entlang und - Bam- Bam- Bam- Bam- die Treppe hinunter. Mama und Papa haben ihren kleinen Laden in der Innenstadt extra eine halbe Stunde früher geschlossen, so dass sie mich in der Mittagspause zum Bahnhof bringen können.

„Grüß uns Oma und Opa schön. Und benimm dich anständig“, ermahnt mich Papa und strubbelt mir durch die Haare. „Leg deine Füße nicht auf den Sitz. Stell deinen Rucksack nicht mitten in den Gang. Lass deine Sachen nicht einfach im Abteil liegen, auch wenn du nur kurz auf die Toilette musst“, fügt meine Mama streng hinzu.

„Ja, ja. Ich werde mir schon nichts klauen lassen.“ Der Inhalt des Rucksacks ist mir heilig. Niemals würde ich den aus den Augen lassen. Und den DS schon mal gar nicht!

Mama und Papa sind nur so aufgeregt, weil ich in diesem Jahr das erste Mal alleine mit dem Zug fahren werde! Ich habe dazu extra so einen doofen Brustbeutel bekommen, den ich mir umhängen soll.

Damit auch jeder sofort erkennt, dass ich alleine unterwegs bin.

Wie blöd ist das denn? Den werde ich gleich unter meinem T-Shirt verschwinden lassen. Ich bin doch kein Baby mehr! Schließlich werde ich im Herbst schon zehn!

„Hörst du mir überhaupt zu?“, fragt mich Mama. „Ja, ja“, antworte ich schnell. „So? Was habe ich denn gerade gesagt?“ „Ich soll schön auf meine Sachen aufpassen… und…äh.“ „Ich weiß nicht. Soll ich nicht doch besser mitfahren?“, meint Mama, „Mir ist nicht wohl bei der Sache.“ „Ach Quatsch, die Fahrt dauert doch nur zwei Stunden. Das wird er schon schaffen, stimmt´s Benni?“ Papa ist viel lockerer als sie. Ich nicke und setze blitzschnell meinen treuen Hundeblick auf. Der zieht eigentlich immer.

Papa schafft es, Mama wieder zu beruhigen und da ertönt auch schon das Zugsignal. Jetzt heißt es schnell einsteigen, sonst fährt der IC 56 echt ohne mich los.

Küsschen rechts, Küsschen links. Boah, ab nächstes Jahr kann Mamasich das aber abschminken! Knutschen in aller Öffentlichkeit! Igitt! Das geht ja gar nich´!

Noch einmal feste drücken und los geht’s! Papa bringt mich in mein Abteil und wie „zufällig“ wandert noch ein zwanzig Euro Schein in meine Hand. „Hab´ viel Spaß! Und grüß mir die Nordsee!“

Er zwinkert mir zu und ich zwinkere zurück. „Klar mach ich!“ Ein letztes „High Five“ und ich bin allein im Abteil. Ich stelle den Rucksack auf den Sitz und gehe ans Fenster. Schon geht ein Ruck durch den Zug und er setzt sich in Bewegung.

Mein gegen die Fensterscheibe geschmettertes „Bleibt geschmeidig!“ hören meine Eltern natürlich nicht, also strecke ich mit einem breiten Grinsen beide Daumen in die Höhe. Ich winke ihnen durch das Fenster zu, bis der Zug aus dem Bahnhof heraus ist und dann lasse ich mich in den Sitz fallen.

Ferien! Endlich! Sechs lange Wochen: Keine Schule, keine Hausaufgaben, keine Termine! Und die ersten drei Wochen „Verwöhnurlaub“ pur bei Oma und Opa. Herrlich!

„BENNI!“ Ich höre Opa Peters Stimme in der Halle des Bahnhofs in Emden schallen, bevor ich ihn überhaupt entdeckt habe. Mit weit ausgebreiteten Armen steht er auf dem Bahnsteig und lacht mir entgegen.

Wie der Blitz sause ich zu ihm und werfe mich in seine Arme. „OPA!“ „Nicht so stürmisch junger Mann! Lass dich ansehen. Mein Gott, du bist ja schon wieder gewachsen! Puh, und schwer bist du geworden. Bald kann ich dich nicht mehr auf den Arm nehmen“, scherzt er. Er strubbelt mir wie immer durch die Haare und ich lasse es gerne geschehen.

Vor dem Bahnhof steht der grüne Fendt, Opas alter Trecker.

„Und, spinnt er wieder oder läuft er derzeit ohne Mucken?“, frage ich Opa Peter und weiß genau, was er antworten wird. „Mucken? Mucken kennt mein Fendt nicht!“, brummelt er und spielt den Beleidigten. „Er ist eben schon ein bisschen älter und braucht halt besondere Aufmerksamkeit.“

Für Omas Geschmack schenkt Opa dem alten Fendt viel zu viel Aufmerksamkeit. Stundenlang schraubt und werkelt er in der Scheune an seinem Vehikel (Fahrzeug) herum. Dabei gäbe es auch noch die eine oder andere Arbeit rund um den alten Hof zu erledigen. Oft bleibt Oma nur noch ein verständnisloses Kopfschütteln übrig.

Ich liebe die Fahrten mit dem alten Fendt. Zugegeben, der Metallsitz ist reichlich hart und ich bekomme jeden noch so kleinen Hubbel im Asphalt mit. Doch die Fahrt von Emden nach Hamswehrum, wo der Bauernhof meiner Großeltern liegt, ist mit dem Trecker für mich schon das erste Highlight der Ferien! Mit dem Benz ginge es natürlich viel schneller und bequemer, aber es würde nur halb so viel Spaß machen!

Da man den guten, alten Fendt hört, bevor man ihn sieht, steht Oma Elke schon in der Tür des Wohnhauses und wischt sich die Hände an ihrer Schürze ab.

Wahrscheinlich hat sie gerade einen frischen Kuchen aus dem Backofen geholt. Ich bilde mir ein, schon den Geruch in der Nase zu haben. Ich weiß, das geht natürlich gar nicht, aber trotzdem!

Meine Oma empfängt mich ebenso wie Opa mit offenen Armen und drückt mich fest an sich. „Mein Jung´, lass dich anschauen.“ Sie kneift mir leicht in die Wange. „Blass bist du und viel zu dünn! Na warte, dem werden wir abhelfen. Immer rein in die gute Stube!“

Der große, schwere Holztisch in der Küche ist schon gedeckt. Unter dem blauweiß karierten Geschirrtuch duftet es köstlich. Ich tippe auf Erdbeerkuchen, mein Lieblingskuchen.

Und natürlich werde ich nicht enttäuscht. Nach drei leckeren Stücken mit viel Sahne und zwei großen Gläsern Orangensaft bin ich pappsatt. „Wie sieht´s aus mein Jung´?“, fragt mich Opa Peter, „Ich muss nachher noch zu den hinteren Weiden am Deich. Hast du Lust mitzukommen?“ „Na klar!“, rufe ich begeistert. „Nu´ lass den Jungen erst einmal ankommen und seine Sachen ins Zimmer räumen“, meint Oma Elke und schüttelt den Kopf. „Ach, das ist doch schnell gemacht, oder?“, fragt Opa. „Na logo“, bestätige ich.

„Siehste! Komm in ´ner Viertelstunde auf den Hof. Dann geht es los“, sagt Opa Peter und trinkt den letzten Schluck Kaffee aus seinem Pott. Dann steht er auf und packt sich seine Pfeife. Rauchen darf er nämlich nur draußen. Da hat sich Oma Elke durchgesetzt!

Ich schnappe mir meinen Rucksack und sause nach oben. Vom oberen Flur führt einen schmale Stiege in mein Reich, wie Oma es immer nennt.

Mein Reich. Also, wie soll ich euch das beschreiben? Ganz, ganz früher mal, da war das der Dachboden des Bauernhauses, der auch als Heuboden genutzt wurde. Vor vier Jahren haben Papa und Opa den gemeinsam entrümpelt und vor drei Jahren komplett ausgebaut.

Er ist wie eine kleine Wohnung in sich. Ein Schlafzimmer für meine Eltern, ein Badezimmer, ein kleiner Abstellraum und dann mein Zimmer!

Es ist riesig, sage ich euch. Echt! Und hoch. Ich kann durch die dicken, dunklen Holzbalken bis in die Spitze des Daches gucken. An der Giebelseite hat es riesige Fenster, durch die viel Licht ins Zimmer fällt. Deshalb ist es trotz des dunklen Holzbodens und den vielen Balken ein helles und gemütliches Zimmer. An einem der Querbalken baumelt meine Hängematte.

Im letzten Jahr hat mein Papa ein paar Bretter zwischen den beiden ersten Balken vor der Giebelwand angebracht.

Seitdem steht das alte Kojen-Bett, das schon meinem Vater gehörte, in luftiger Höhe. Und dadurch steht, auch seit letztem Jahr, das riesige und urgemütliche Ledersofa aus Opas Arbeitszimmer in meinem Reich. Das wollte ich schon immer haben. Chill-Genuss pur, sage icheuch!

Es steht direkt vor der großen Fensterfront an der Giebelseite. Dann gibt es noch einen Schreibtisch mit Stuhl und eine Kommode.

An der Innenwand stehen ein schmaler Kleiderschrank und ein großes Holzregal mit ganz vielen Fächern. Dort lagern meine „Schätze“, die sich in den letzten Jahren während der Ferien angesammelt haben.

Ich werfe meinen Rucksack auf das Sofa und erklimme die steilen Stufen der Leiter, die mich auf meine kleine Empore führt.

Und was sehe ich da? Ein rundes Fenster. Das war letztes Jahr noch nicht da! Es sieht aus wie ein Bullauge! Wie cool ist das denn? Ich würde mal sagen: Megacool! Es lässt sich sogar öffnen und ich kann über den Hof hinaus über das Land sehen.

„Vielen, vielen Dank!“ rufe ich hinunter in den Hof. „Wofür?“, hallt es von Opa Peter zurück. Ich muss laut lachen. Er weiß es ganz genau und tut nur so scheinheilig. Ich sause wieder nach unten in die Küche.

„Gefällt es dir?“, fragt mich Oma Elke ganz nebenbei, doch auch sie kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Gefallen? Mann, gefallen istgar kein Ausdruck. „Es ist super Oma. Einfach megacool!“ „Das haben wir uns gedacht.“ Oma putzt sich sichtlich zufrieden die Hände an der Schürze ab. „Dann mal ab mit dir. Ich muss das Abendessen vorbereiten. Also husch, husch raus aus meiner Küche.“

Mit dem alten Fendt geht es den Feldweg entlang zu den Weiden. Von hier aus werden die Deiche mit den Schafherden bewirtschaftet, denn mein Opa betreibt eine Deichschäferei. Schafe sind für die Erhaltung der Deiche sehr wichtig. Sie sind nicht nur für die Beweidung zuständig, was nichts anderes heißt, als dass sieordentlich Gras fressen sollen, um so den Rasen kurz zu halten, sondern helfen mit dem Getrampel ihrer kleinen Füße die Deiche gut festzutreten.

Viel Arbeit hat Opa Peter jetzt im Sommer nicht mit den Tieren. Aber regelmäßig die Weiden abfahren und die Zäune und Tränken kontrollieren muss er dann doch. Im gemächlichen Tempo tuckert der Fendt die Feldwege entlang und ich genieße jeden Augenblick. Es ist jedes Mal wieder schön hierher zu kommen. Raus aus der Stadt, raus aufs Land. Und dann auch noch ans Meer! Ich bin eben ein echter Sohn des Glücks! (Benjamin bedeutet: Sohn des Glücks!)

Entdeckung auf dem Dachboden

„Kati!“ Das Scheppern ihrer großen Fahrradklingel kann ich aus tausenden heraushören. Bewaffnet mit einer dicken Kniffte (Butterbrot) mit selbstgemachter Erdbeermarmelade springe ich vom Küchenstuhl. Schon taucht ihr dunkelblonder Lockenkopf im Türrahmen auf. Ich finde, Kati hat sich seit letztem Jahr kaum verändert, bis sie direkt vor mir steht! Mann eh, jetzt ist sie schon einen halben Kopf größer als ich! Das ist voll unfair!

Kati grinst mich frech an. „Hast ja fünf Wochen Zeit mich einzuholen“, meint sie gelassen. Na warte! Mit Omas Kochkünsten und der frischen Nordseeluft wird das ein Klacks! Natürlich bekommt auch Kati eine dicke Scheibe Brot mit ordentlich viel Marmelade drauf. Ich kann es kaum erwarten, dass wir endlich loskönnen. „Kati, lass ´s knacken. Ich habe ´ne Überraschung für dich!“

Schon sause ich aus der Küche, so dass sich Kati beeilen muss, um mit mir mitzuhalten. Ich flitze quer über den Hof, rüber zum alten Gesindehaus. Doch schon nach wenigen Metern bin ich nicht mehr alleine. Aber es ist nicht Kati, die mich bereits eingeholt hat. Ein braunweißes Wollknäuel auf vier Beinen jagt hinter mir her.

„JOJO!“ Mein Gott ist Katis Hund gewachsen! Letzten Sommer war er noch ein kleiner, verspielter Welpe. Jetzt reicht mir seine Schnauze bis über die Knie. Anscheinend ist nicht nur Kati größer geworden!

Jojo begrüßt mich stürmisch und springt unentwegt an mir hoch. Verspielt ist er also immer noch! Mein Butterbrot muss ich weit nach oben halten, sonst würde er es sich bestimmt schnappen.

Seine schönen, dunklen Augen sind fast komplett hinter dem buschigen Fell verschwunden und seine Rute klopft wie wild auf den Boden.

„Na, hat Jojo dich also entdeckt?“ Kati ist endlich da und streichelt ihrem Hund über den Kopf. „Ja, das hat er. Und meine Kniffte auch“, bestätige ich. „Los hau ab, du Streuner. Immer rennt er mir hinterher“, meint Kati lachend und gibt Jojo einen lieben Klaps an die Schulter.

„Ich habe extra das Tor am Hof zu gemacht.“ „Das hat ihn nicht davon abgehalten, dir zu folgen. Wahrscheinlich springt er einfach drüber, was Jojo? So ein kleines Tor, das hält dich doch nicht auf.“

Ich beuge mich ein wenig zu ihm hinunter und werde gleich mit einem feuchten Zungenschlecker im Gesicht „belohnt“.

Bääh! Igitt! Das sollte ihm Kati echt abgewöhnen.

Da ertönt ein schriller Pfiff und Jojo rast wie von der Tarantel (Spinnenart) gestochen los. Der Hof von Katis Eltern liegt nur einen Steinwurf entfernt und Jojo, der Rumtreiber, scheint den Weg zu kennen.

„Was für eine Überraschung hast du denn für mich?“, will Kati zwischen zwei Bissen wissen, während ich mir die Wange mit dem Ärmel meines Sweatshirts abtrockne. Ich grinse sie triumphierend an.

„Gestern Abend habe ich es endlich geschafft und konnte Opa überreden. Wir dürfen heute das erste Mal auf dem Dachboden des alten Gesindehauses stöbern.“ „Super“, findet Kati. Wusste ich es doch. „Dann nichts wie los.“

Wir rennen gemeinsam über den Hof. Ich bemerke erleichtert, dass ich immer noch schneller rennen kann als sie. Soll sie doch einen halben Kopf größer sein. Pff, Hauptsache ich bin schneller!

„Nun komm schon!“ Ich bin längst auf dem Dachboden angekommen, doch Kati steht immer noch auf der ersten Stufe der schmalen Holztreppe. Ständig muss ich auf sie warten! Mann, dabei erwartet uns hier vielleicht unser erstes Ferienabenteuer!

Kati ist inzwischen die Bodentreppe hochgeklettert. „Puh, ist das stickig hier.“ „Warte“, sage ich und gehe zu einer der Dachluken. Der rostige Verschluss klemmt und ich muss mich mächtig anstrengen, um ihn zu lösen. Nun aber auf ins Abenteuer!

Mal sehen, was es hier zu entdecken gibt.

Kati und ich klettern über morsche, hölzerne Kisten. Ducken uns unter zerrissenen Segeln und alten Planen hindurch und steigen über rostige Kuhketten. Wir schauen in jede Ecke und jeden Winkel dieses staubigen Dachbodens auf der Suche nach einem Hinweis auf ein verborgenes Geheimnis oder einen alten Schatz.

Wir stöbern nun schon bestimmt seit zwei Stunden hier oben herum, und was soll ich sagen: Nichts, absolut nichts. Außer Spinnweben, Mäusekötteln und Vogelkacke gibt es hier nichts zu entdecken.

Okay, wir haben einen halb verwestes Wiesel entdeckt, bei dem schon die Knochen zu sehen sind. Aber sonst?

Wo sind denn die Schatztruhen, oder wenigstens die Schatzkarten?

Wo die alten Waffen, Säbel und Fernrohre oder sonstigen spannenden Sachen? WO nur? Absolute Fehlanzeige.

„Benni, schau mal hier!“ Ha, endlich! Kati hat etwas entdeckt.

Als ich mich zu ihr umdrehe, sehe ich, wie sie ein altes Gemälde unter einem Segeltuch hervorzieht. Oh Mann, nur ein olles Bild in einem einfachen Holzrahmen.

Mit einem Dreimaster drauf. Super, echt mal ganz was Neues.

Hier an der Nordsee hängt wahrscheinlich in jedem Haus mindestens eines von diesen Gemälden. Omas Wohnzimmer jedenfalls hängt voll davon! Und der Flur auch. Und die Küche. Und das Gäste Klo.

Und wenn im Hauswirtschaftsraum noch Platz wäre, hinge dort bestimmt auch noch so ein Bild!

Aber Kati freut sich wie eine Schneekönigin. Ich dagegen bin weniger begeistert. „Ob ich es wohl behalten darf? Was meinst du, Benni?“, fragt sie mich. „Von mir aus gerne. Und Oma wird bestimmt auch nichts dagegen haben. Aber fragen sollten wir sie trotzdem.“

Staubig und enttäuscht gebe ich die Hoffnung auf, hier noch irgendetwas Spannendes zu entdecken. Von wegen verborgene Schätze. Außer diesem doofen Bild, haben wir nichts ergattert. Voll blöd! Entsprechend muffig klettere ich vom Dachboden.

Kati hingegen hüpft aufgeregt neben mir her. Sie hält das Bild die ganze Zeit vor sich und betrachtet es begeistert.

Oma Elke hat natürlich nichts dagegen, dass Kati das Bild behalten möchte. Sie beide betrachten es interessiert. „Ich weiß gar nicht, von wem das Gemälde stammt. Wie ihr wisst, haben wir den Hof erst vor knapp zehn Jahren gekauft. Wir hatten nie die Zeit oder die Gelegenheit auf allen Dachböden nachzuschauen, was da so alles rumliegt.“ Das kann sie sich echt sparen. Das weiß ich seit heute.

Oma dreht das Bild auf die Rückseite, um irgendeinen Hinweis auf den Maler oder das Entstehungsjahr des Kunstwerkes zu erhalten. Aber nirgendwo, weder auf der Vorder- noch auf der Rückseite ist eine Signatur (Unterschrift) oder eine Jahreszahl zu entdecken.

„Okay, wir gehen dann noch ein bisschen nach oben.“

Mit dieser Ankündigung hüpfe ich vom Küchenstuhl.

„Nehmt euch gleich etwas zu trinken mit. Ihr habt wahrscheinlich ´ne Menge Staub geschluckt.“ Oma Elke ist echt prima und denkt an alles. Ich hole eine Flasche Mineralwasser aus dem Kühlschrank und nehme zwei Becher mit. Kati schnappt sich ihr Gemälde und gemeinsam verziehen wir uns in mein Reich. Kati lehnt das Bild an den Schreibtisch.

„Das war ja echt ein Reinfall“, grummele ich vor mich hin und stelle die Flasche mit den Bechern unsanft auf dem Tisch ab. „Mann, da hatte ich mir echt mehr erhofft.“ Ich öffne den Verschluss der Flasche.

Vielleicht hätte ich besser noch einen Moment warten sollen! Oder das nächste Mal die Treppenstufen nicht so wild hoch rennen!

Denn, ohne dass ich es verhindern kann, schießt ein erster Schwall Mineralwasser aus dem Flaschenhals und landet auf der Tischplatte. Das Wasser läuft über die Tischkante und tropft, wie kann es anders sein, direkt auf Katis Bild.

„Oh nö! Mensch Benni, kannst du nicht aufpassen!“

„Entschuldigung“, murmele ich kleinlaut und schaue mich verzweifelt nach einer Packung Taschentücher um. Sonst liegen die immer in Massen hier rum, aber wenn man dringend eine braucht, ist natürlich keine in der Nähe!

Und so tropft es, und tropft es, unaufhörlich auf das Bild. Und… häh?

Das gibt es doch gar nicht! Was passiert denn mit dem Bild?

Kati hat es ebenfalls bemerkt und ist vom Sofa aufgesprungen. Sie kniet vor ihrem Gemälde und schaut zu, wie das Wasser die oberste Farbschicht auflöst. Endlich habe ich Taschentücher gefunden und wische das restliche Wasser vom Schreibtisch.