Bevor meine sterblichen Reste der Ostsee übergeben werden ... - Dietrich Stahlbaum - E-Book

Bevor meine sterblichen Reste der Ostsee übergeben werden ... E-Book

Dietrich Stahlbaum

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Beschreibung

  Bevor die Urne mit meiner Asche der Ostsee bei Oldenburg in Holstein übergeben wird, soll hier eine Sammlung autobiografischer, zeitkritischer Beiträge und einiger noch nicht veröffentlichter Erinnerungen, Erkenntnisse und Fotografien präsentiert werden. Denn ich habe in meinem ereignisreichen Leben viel erfahren. Meine Biografie hat Brüche. Darüber habe ich berichtet und dazu einiges fotografisch dokumentiert.

   Dieses, mein zwölftes E-Book, ist ein sehr persönliches. Darin am Anfang ein zeitdokumentarischer Bericht über Werbemethoden eines Leserings, die ich Ende der 50er Jahre in einer Klinkenputzerkolonne erfahren habe, und am Schluss eine kleine Realsatire über eine merkwürdige Färbung meines Bartes. Auch Reiseberichte, Ausschnitte aus meinem autobiografischen Roman, philosophische Betrachtungen, Aphorismen, Repliken aus politischen Kontroversen, viele Bilder und ganze Fotoserien sind darin. –

   Natürlich weiß ich nicht, ob ich meine Zielmarke 100 erreichen werde, aber ich will, solange ich bei klarem Verstand bin und meine Augen es erlauben, politisch, kulturpolitisch-literarisch aktiv bleiben und werde weiter schreiben und fotografieren.

 

 

 

 

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Veröffentlichungsjahr: 2020

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Dietrich Stahlbaum

Bevor meine sterblichen Reste der Ostsee übergeben werden ...

Autobiografisches, Zeitkritische Beiträge, Reiseberichte, Fotoserien, Aphorismen, Humor

Allen, die sich dem Mainstream widersetzen und sich unter Gefahren für Leib und Leben für die elementaren Menschenrechte einsetzen. Nicht vergessen will ich die Menschen, die mir in schwierigen Situationen mit Rat und Tat geholfen, und die Vielen, die mein Leben bereichert und mich zu kritischem Denken angeregt haben. Auch ihnen widme ich dieses Buch. Vor allem danke ich meiner Frau, die seit 57 Jahren die Familie umsorgt, in der Frauenbewegung aktiv war und sich sozial und ökologisch engagiert, sowie Wolfgang Beutin, mit dem ich fast ebenso lange freundschaftlich, politisch und kulturell verbunden bin, seiner Frau Heidi und ihrem Sohn Lorenz Gösta. BookRix GmbH & Co. KG81371 München

1. Klinkenputzer in der Drückerkolonne oder Als Reinhard Mohn begann, einen der mächtigsten Medienkonzerne aufzubauen

1954, als ich aus der französischen Fremdenlegion nach Deutschland zurückgekehrt war, suchte ich einen Job. Das war dank der deutschen Presse, die uns Veteranen samt der Legion in Verruf gebracht hatte, eine fast aussichtslose Unternehmung. Man nannte uns abschätzig Söldner, ohne daran zu denken, dass jeder Soldat Sold empfängt und kein Gehalt und dass der englische Begriff soldier lautet. Und wer als ein solcher in fremden Diensten stand oder gestanden hat, galt bei deutschen Unternehmern, Kaufleuten oder Handwerksmeistern, die nun niemanden mehr hatten, vor dem sie stramm stehen konnten, als vaterlandsloser Geselle.

 

Mein Erspartes war fast aufgebraucht und ich schlenderte rat-, ziel- und wohnungslos durch die Straßen einer Großstadt. Vielleicht war es Zufall, vielleicht Absicht: Neben mir hielt ein nagelneuer VW Bulli, zehn bis zwölf junge Menschen stiegen aus und verteilten sich straßenweise auf das Viertel; jeder trug die gleiche kleine Aktentasche unterm Arm. Einer der Insassen des Busses saß noch am Steuer. Er winkte mich zu sich heran und fragte, ob ich aus dieser Gegend sei. Ich war es nicht, und ihm schien dies Recht, denn er wollte mich, wie man so schön sagt, von der Straße weg engagieren. Er habe einen lukrativen Job anzubieten. Wenn ich fleißig wäre und geschickt, könne ich binnen kurzem ein Vermögen machen.

 

„Wir verkaufen eine Idee“, sagte er, „nicht irgendeine Ware. Sondern eine Idee! Wenn Sie mitmachen wollen, kommen Sie heute Abend in das Lokal »Zum lustigen Seemann« in der …straße.“ (Den Namen habe ich vergessen) „Wir beginnen um 19 Uhr 30. Eine kleine Verköstigung ist dabei.“

 

Pünktlich um 19 Uhr 30 stellte sich ein Herr in grauem Straßenanzug den etwa 25 Zuhörern als Beauftragter der Firma Bertelsmann vor und hielt einen Vortrag über den Verkauf einer Idee und die großen Erfolge bei der Umsetzung derselben. Nach einer halben Stunde meldeten sich acht der Zuhörer, die sich entschlossen hatten, beim Verkauf dieser Idee mitzuwirken. Und schon wurden wir acht eingeladen, an einer kurzen Schulung teilzunehmen. Dabei erfuhren wir von dem Herrn im grauen Straßenanzug, dass der Boss vor kurzem von einer Managertagung aus den USA zurückgekehrt sei und eine neue Verkaufsmethode eingeführt habe, und wir erfuhren, wie diese Methode angewendet wird. Wer es sich zutraue, „möchte sich bitte in die Liste eintragen!“

 

Ich habe mich ohne besseres Wissen ebenfalls in „die Liste“ eingetragen und am nächsten Morgen an der Ecke eines anderen Stadtviertels mit anderen Klinkenputzern getroffen. Zu zweit sind wir losgegangen, treppauf treppab, von Wohnung zu Wohnung, jeder mit der gleichen kleinen Aktentasche unterm Arm. Das Sprüchlein, das wir alle gemeinsam eingeübt und dann vor jeder Wohnungstür, die geöffnet wurde, einzeln aufgesagt haben, lautete:

 

»Guten Tag, Herr.. (oder Frau…) ! Ich komme im Zuge einer allgemeinen Meinungserforschung zu Ihnen. Wir möchten Sie nicht belästigen, aber sicherlich können Sie einige Fragen beantworten, die von großem Interesse sind. Erlauben Sie, dass wir hereinkommen?«

Die meisten der Hausfrauen haben es uns erlaubt, so dass wir eine Mappe auf ihren Küchen- oder Wohnzimmertisch legen und fortfahren konnten:

»Haben Sie Kinder? (oder Enkelkinder?) Dann haben Sie doch sicherlich die entsetzliche Geschichte von dem Jungen gehört, der einen anderen Jungen gehängt hat, weil er einmal sehen wollte, wie das ist, wenn einer aufgehängt wird. Der Junge, das haben wir inzwischen erfahren, hat lauter Schundliteratur gelesen, diese Zehnpfennig-Heftchen, wissen Sie?«

Wir schlugen die Mappe auf und zeigten die Zeitungsberichte über diesen Fall.

»Nun unsere Frage: Sollte man den Kindern nicht bessere Bücher geben, Bücher, die noch viel spannender sind und die nicht zu solchen schrecklichen Taten verführen?«

Die Antwort war jedes Mal eindeutig, so dass wir geradezu auf das Ziel zusteuern konnten:

»Das können wir Ihnen bieten…«

Wir blätterten die Seiten der Mappe mit den Kinderbüchern auf und fragten nach dem Alter der Kinder.

»Sehen Sie, dies zum Beispiel…«

Oder, wenn es keine Kinder oder Enkelkinder gab, wurde die Mappe mit den Erwachsenenbüchern aufgeschlagen:

»Da haben wir auch etwas für Sie! Schauen Sie!«

So haben wir Haus für Haus, Wohnung für Wohnung abgeklappert, uns den Mund fusselig geredet und „die allgemeine Meinung erforscht“. Wahrlich, eine grandiose Idee.

 

Immerhin, die wenigen Vertragsabschlüsse für ein Abonnement des Bertelsmann-Leseringes, die wir abends abgeliefert haben, verhalfen in der Summe dem Kolonnenführer, zu überleben, und dem Verlag, in deutschen Haushalten Fuß zu fassen. Ich aber hatte nicht die Absicht, mit solchen kleinen, fiesen Tricks groß zu werden, und schlenderte drei Tage später wieder rat-, ziel- und wohnungslos durch die Straßen.

 

(2002)

 

Eine Replik

 

Hallo B.!

 

Wer diese kleine Geschichte nur flüchtig gelesen und nicht weiter darüber nachgedacht hat, kann meinen, du habest ins Schwarze getroffen, denn deine Kritik ist in sich schlüssig, aber sie verfehlt ihr Ziel. Der Satz, an dem du dich gestoßen hast, lautet nämlich nicht: „…galt bei den deutschen Unternehmern, Kaufleuten oder Handwerksmeistern, die nun niemanden mehr hatten, vor dem sie stramm stehen konnten, als vaterlandsloser Geselle.“

 

Während der Nazidiktatur wurde nicht nur beim Militär strammgestanden, sondern bei allen NS-Organisationen und sogar in den Schulen. Es war gleichsam eine ganze Nation, die stramm gestanden hat, wenn es befohlen wurde. Manch einer tat es gegen seinen Willen, aus Angst. Dieses „Strammstehen“ ist hier außerdem in übertragendem Sinne gemeint: Metapher für eine 100%tige Unterordnung unter die Obrigkeit – schon zu des Kaisers Zeiten.

 

Nach dem 2. Weltkrieg – dies war einer meiner Gründe, Deutschland zu verlassen – gab es unter den heimgekehrten Soldaten und unter den Flüchtlingen besonders meiner Generation und älterer Jahrgänge eine unabsehbare Menge „Unbelehrbarer“, Menschen, die dem alten Regime nachtrauerten, deren Autoritäten vermissten, die Verführer zu rechtfertigen versuchten und einen demokratischen Neuanfang abgelehnt haben. Sie gab es in meiner eigenen Familie. Nachzulesen in meinem Roman Der Ritt auf dem Ochsen oder Auch Moskitos töten wir nicht.

 

Ich habe mich damals mit diesen Menschen auseinandersetzen müssen. Sie sind mir überall begegnet. Einige von ihnen, die ich persönlich kenne, bekommen noch heute leuchtende Augen, wenn von der „Hitlerzeit“ die Rede ist. Sie haben sich den Verhältnissen äußerlich zwar angepasst, aber der rassistische, fremdenfeindliche, völkische, faschistische Ungeist beherrscht immer noch ihr Denken und vor allem ihre Gefühle. Den Jüngeren bleibt dies zumeist verborgen.

 

In den stark katholisch geprägten Regionen Deutschlands wie das Münster- und das Rheinland war die Akzeptanz der NS-Ideologie weit geringer als in den von Luthers Protestantismus beherrschten „Gauen“. In Ostpreußen zum Beispiel, wo ich aufgewachsen bin, und in Schleswig Holstein, wo ich die Sommerferien und einige Nachkriegsjahre verbracht habe, hatten die „Deutschen Christen“ den meisten Zulauf. Es waren vor allem Kleinbürger und Mittelständler – Handwerksmeister und Kaufleute, Lehrer und andere Beamte – dem „Führer“ hörig. Aber durchaus nicht alle. Das hast du jedoch aus dem von dir kritisierten Satz herausgelesen. Du brauchst also deinen lieben Großvater nicht zu bemühen.

 

Gestoßen hast du dich dann noch an einem Wort: "Söldner". Die Begriffsdefinition, die du herangezogen hast, ist eine etymologisch-historische, von der ich nur den etymologischen Teil akzeptieren kann. Der KLUGE leitet diesen Begriff vom mittelhochdeutschen soldenaere und soldner ab und dies von Sold. Weiter heißt es da: „Wohl eine Nachbildung von it. soldato“.

 

Die Fremdenlegion bestand zu meiner Zeit (1949-54) zur Hälfte aus Deutschen, von denen sehr viele aus purer Not den Fünfjahresvertrag unterschrieben haben, in französischen Kohlenzechen und Gefangenenlagern. Nicht wenige sind zur Unterschrift gezwungen worden. Einige wurden von bezahlten Werbern in der französischen Besatzungszone in Kneipen sogar vorher besoffen gemacht und über die Grenze geschleppt.

Die Motive für eine freiwillige Dienstverpflichtung bei der Legion waren so vielfältig, wie menschliche Beweggründe es sind. Sie sind auch heute noch für gesellschaftlich voll angepasste Bürger nicht nachvollziehbar.

 

Desperados, Draufgänger, Haudegen gab es auch. Wenige. Und Kleinkriminelle. Und es gab anfangs, in der Ausbildungszeit und während der Schiffsüberfahrt von Algerien nach Vietnam, zahlreiche Versuche, zu desertieren. Die meisten scheiterten.

 

Die Vorurteile gegenüber der Legion – so scheint es mir – sind unausrottbar.* Sie abzubauen, ohne zu werben, sondern zu warnen, ist eines der Ziele meines Romans. Übrigens, eine Annäherung von Bundeswehr und Fremdenlegion hat gerade erst begonnen.

Was ich hingegen vom Militärdienst halte, brauche ich jetzt wohl nicht zu wiederholen.

 

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* Das hat sich am deutlichsten bei einer Veranstaltung Zeitzeugen im Gespräch gezeigt, zu der mich die VHS Wuppertal eingeladen hatte.

 

 

2. Altnazis. Gründe für meine Flucht aus D.

Das Weiterbestehen alter Naziseilschaften nach 1945 sollte nicht mit dem Argument verharmlost werden, dass sich ebenso wie in der DDR in der Bundesrepublik „eine funktionierende Verwaltung (und später eine Truppe) nicht ohne Rückgriff auf Personen aufbauen ließ, die bereits vor 1945 in leitenden Stellungen tätig waren.“

Das habe ich oft genug gehört und gelesen. Diese „Personen“ hätten ohne Bekenntnis zum NS und ohne Parteimitgliedschaft nie in „leitenden Stellungen“ „tätig“ sein können.

Heinrich Lübke war in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde Bauleiter in der „Gruppe Schlempp“. Von 1943 bis 1945 hatte er die Verantwortung für den Einsatz von KZ-Häftlingen. Das ist keine Stasierfindung, sondern Fakt.

General Gehlen war als Geheimdienstoffizier nachweislich an den Gräueltaten der Deutschen Wehrmacht in der Sowjetunion beteiligt und hat noch gegen Ende des Krieges die „Aktion Werwolf“, einen Widerstand aus Erddepots, vorgeschlagen.

Auch die USA hatten keine Skrupel, sich nach 1945 deutsche Naziwissenschaftler dienstbar zu machen: Wernher von Braun zum Beispiel, seit 1937 NSDAP-Mitglied, ab Juni 1943 Sturmbannführer der SS.

 

Aufzeichnungen meiner persönlichen, subjektiven Erfahrungen:

 

An Bord der Pasteur, die uns Legionäre nach Vietnam bringt, fragt Miros: "Was hat dich hierher verschlagen?"

 

"Verzweiflung."

 

Sein fragender Blick gibt mir zu verstehen, daß er bereit ist, zuzuhören. "Ich kann dir das in ein, zwei Sätzen nicht verstehbar machen. Ich muß weiter ausholen, damit du die Zusammenhänge kennst."

"Ja, erzähl!

"Du weißt, mein Vater ist Nazi gewesen. Ich bin in seinem Sinne erzogen worden. Ich habe alles geglaubt, was man mir zuhause, in der Schule und bei der Hitlerjugend gesagt hat. Was man mir nicht gesagt hat, das habe ich nach dem Zusammenbruch des Regimes erfahren, von anderen. Es war ein Schock. Ich habe damals an Selbstmord gedacht. Es gab niemanden, mit dem ich darüber hätte sprechen können. Mein Vater war nicht da, und meine Mutter konnte nicht wahrhaben, daß ihr Mann sich geirrt hatte. Die Liebe zu ihrem toten Mann blockierte sie total, sexuell wie mental. Sie konnte sich kein eigenes Urteil bilden und wehrte alles, was ihres Mannes Weltbild in Frage stellte, ab. Auch die anderen Verwandten, mit denen wir nach der Flucht meiner Mutter und meiner Geschwister aus Ostpreußen zusammengelebt haben, ein ganzer Clan, haben sich zugemacht. Da habe ich mich in mich selber verkrochen, habe fast alles, was über die nationalsozialistische Herrschaft veröffentlicht wurde, gelesen und habe mir dennoch nicht erklären können, weshalb mein Vater sich dem Nationalsozialismus verschrieben hatte, ja, ihm verfallen war, wo doch seine eigenen Schwestern - sie waren wesentlich älter als er und sind im Krieg umgekommen - ihn, das Brüderchen, gewarnt haben vor dem Mann, der ein ganzes Volk  ins Unglück stürzen wird. So haben sie es gesagt. Unser Führer, hat mein Vater damals geantwortet, weiß, was richtig ist und was getan werden muß, um unser Volk aus dem Elend herauszuführen. Es war dies das einzige Mal, daß ich kritische Worte gehört habe. Es muß um 1936 gewesen sein. Da war ich zehn. Ich sehe, du hörst geduldig zu, Miros. Aber ich will dich nicht mit meinen Geschichten langweilen."

 

"Im Gegenteil! Erzähl weiter, Reinhard! Wir haben hier ja so viel Zeit!"

 

"Meine Eltern haben mich gegen alles, was ihren Glauben und meine kleine, heile Welt hätte zerstören können, abgeschirmt. Sie haben nie mit mir oder in meiner Anwesenheit über den Naziterror gesprochen. Sie haben keinen Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Regimes aufkommen lassen. Ich glaube, meine Eltern haben alles, was sie selber als unangenehm, peinlich, unmoralisch, tierisch, schmutzig hätten empfinden müssen, verdrängt. Sie haben einfach weggesehen und weggehört, wenn da und dort mit vorgehaltener Hand geflüstert wurde.  Denn sicherlich gab es Gerüchte; aber niemand traute sich, ihnen auf den Grund zu gehen. Sie wurden als kommunistische Lügenpropaganda abgetan.“

 

[Aus: »Der Ritt auf dem Ochsen oder Auch Moskitos töten wir nicht«. Ein autobiografischer, zeitdokumentarischer Roman, Aachen 2000, eBook 2012]«

 

Eine Replik

 

 Niemand hat hier angenommen oder behauptet, dass nach 1945 „die Bevölkerung [...] stumpf und ohne Diskussionen zur Tagesordnung übergegangen wäre.“

Ich schrieb: „Die Nazigräuel wurden in der BRD nach 1945 weitgehend verdrängt, offiziell und in großen Teilen der Gesellschaft.“ Wie das in meiner Umgebung geschah, steht in den »Aufzeichnungen meiner persönlichen, subjektiven Erfahrungen«.

Gleich nach 1945 hat Alexander Mitscherlich vergeblich versucht, die schuldhafte Verstrickung großer Teile des akademischen Bürgertums in Naziverbrechen aufzudecken. Was aber geschah?