Brennender Traum - Patricia Shaw - E-Book
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Brennender Traum E-Book

Patricia Shaw

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Beschreibung

In ihrer dramatischen Pionier- und Familiengeschichte "Brennender Traum" erzählt Bestseller-Autorin Patricia Shaw, die Königin der Australien-Saga, von Abenteuer und großen Gefühlen, von Gier und Liebe, Schicksal und Verrat vor der beeindruckenden Kulisse des australischen Outbacks. Australien, der fünfte Kontinent, ebenso gefährlich wie faszinierend, mit seiner ungezähmten Weite, spielt dabei, wie immer bei Patricia Shaw, ebenso eine Hauptrolle wie ihre leidenschaftlichen, willensstarken Helden und Heldinnen. So verlässt in "Brennender Traum" der Hitzkopf Brodie Court 1898 nach einem fürchterlichen Streit mit seinem Bruder die ärmliche Farm seiner Familie ohne einen Cent in der Tasche. Ein glücklicher Zufall ermöglicht ihm die Überfahrt von Irland nach Australien, und als er in Brisbane das erste Mal Opale erblickt, ist es um ihn geschehen: Brodie beginnt, nach den in allen Regenbogenfarben schillernden Steinen zu schürfen, und wird schließlich ein wohlhabender Mann. Doch das Schicksal hält noch manch schweren Schlag für ihn bereit, bevor ihm in den Weiten des australischen Outback die Frau begegnet, die sein Leben verändert.

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Seitenzahl: 883

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Patricia Shaw

Brennender Traum

Roman

Aus dem Englischen von Annette Hahn

Knaur e-books

Über dieses Buch

Ein junger irischer Mann auf der Suche nach seinem Glück in Australien, zwei Brüder, die zu erbitterten Feinden werden, eine Frau, deren tragisches Schicksal sich erfüllt – und ein weites, wildes Land, das die Erfüllung aller Träume verspricht.

Inhaltsübersicht

MottoErstes KapitelZweites KapitelDrittes KapitelViertes KapitelFünftes KapitelSechstes KapitelSiebtes KapitelAchtes KapitelNeuntes KapitelZehntes KapitelElftes KapitelZwölftes KapitelDreizehntes KapitelVierzehntes KapitelFünfzehntes KapitelSechzehntes Kapitel
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Über Opale

 

Ich bewundere sie mehr noch als Edelsteine. Bei ihnen finden wir die vier Grundfarben, aber hier – ach, es gibt keine Farbe zu Wasser oder zu Land, die nicht in einem dieser himmlischen Steine eingefangen ist.

 

Oscar Wilde

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Erstes Kapitel

1898

Trella Court, so hieß es, war eine widerspenstige Person.

»Wenn schwarz weiß wäre, würde sie sagen, es sei gelb«, bekräftigte ihre Mutter, Maisie Grogan, diese Behauptung in der ihr eigenen Logik. Sie hatte die Auseinandersetzung in der letzten Woche noch nicht vergessen, als sich Trella mitten in der Predigt mit Pater Daly gestritten hatte. Und das nicht zum ersten Mal, Gott sei’s geklagt!

Es ging um die junge Mary Best, die sich hatte schwängern lassen und zu den Nonnen nach Dublin geschickt worden war, um ihre Schande zu verbergen.

»Ihre Abwesenheit soll allen jungen Frauen dieser Gemeinde eine Lehre sein«, hatte Pater Daly in seiner Predigt von der Kanzel gedonnert, »rein zu bleiben in Körper und Geist! Gefallene Frauen sind verdammt vor den Augen Gottes! Der Makel ihrer Sünde kann nie ausgelöscht werden!«

Er legte sich mächtig ins Zeug und wetterte über die Sünde der Lust, die Mary Best und andere ihres Schlages aus den heiligen Pforten der Kirche getrieben hatte.

»Ihr guten Menschen von Tullymore, hütet euch vor Evas Sünde. Hütet euch vor diesen Frauen, die sich an der Lust ergötzen …«

In diesem Moment war Trella aufgestanden und Maisie beinahe in Ohnmacht gefallen.

Der ehrwürdige Vater hielt mitten im Satz inne. Sein Gesicht war flammend rot, seine Augen quollen hervor und er suchte in seinem Ärmel nach einem Taschentuch, um sich zu schneuzen und zu schimpfen.

Aber er befahl ihr nicht, sich wieder zu setzen, wie das letzte Mal. Er wartete ab, ob sie etwas sagte. Und das tat sie natürlich.

»Wir haben genug von der armen kleinen Mary Best gehört, Pater Daly«, rief Trella. »Niemand wird von allein schwanger. Dazu gehören zwei. Was also ist mit dem jungen Burschen da drüben in der zweiten Reihe? Haben Sie ihm nichts zu sagen?«

Maisie lehnte sich über ihren Enkel Garth und knuffte ihre Tochter mehrmals, damit sie sich setzen möge. Sie hatte wahrhaftig das Wort ›schwanger‹ in der Kirche ausgesprochen! War sie denn vollkommen verrückt geworden? Neben ihr saß Brodie Court und grinste. Natürlich, für ihn war so etwas nichts weiter als amüsant. Also versuchte sie den Blick ihres Schwiegersohnes Michael zu erhaschen, damit er seiner Frau den Mund verbat, aber der hielt die Augen gesenkt und wich ihrem Blick aus. Er wich allen Blicken aus, da er nicht wusste, was er tun sollte.

»Haben Sie ihm denn gar nichts zu sagen?«, beharrte Trella hartnäckig. »Dem Vater des Kindes, das die junge Frau bekommen wird? Oder ist es für Männer keine Sünde?«

Die Gemeinde saß wie erstarrt und wagte kaum zu atmen aus Angst, Pater Daly könnte ihr Vergnügen über diese plötzliche Unterbrechung der frommen Andacht bemerken.

Da erhob sich im hinteren Teil der kleinen Kirche Sergeant Clemens aus der Bank, und alle Augen starrten in seine Richtung.

Er schlich auf Zehenspitzen, soweit das einem Mann seiner Statur möglich war, zu Trellas Bank vor. Er beugte sich über Michael zu ihr, die wieder Platz genommen hatte und auf eine Antwort des Pfarrers wartete.

»Würdest du bitte mit mir kommen, Trella?«, flüsterte er.

Sie sah ihn verständnislos an. »Wohin?«

»Nach draußen.«

»Warum?«

»Ich möchte mit dir sprechen.«

»Kann das nicht warten?«, unterbrach Michael irritiert.

»Nein. Du musst mitkommen, Trella.«

»Warum? Was ist los?« Sie klang beunruhigt. »Ist etwas passiert?«

Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Der Polizist trat von einem Fuß auf den anderen, wobei seine Schuhe hörbar knarrten.

»Es ist bei Strafe verboten, den Gottesdienst zu stören«, zischte er.

»Seit wann?«

»Schon immer. Würdest du jetzt bitte mitkommen?«

Michael Court packte ihn am Arm. »Was höre ich da? Willst du meine Frau etwa festnehmen?«

Clemens war noch unangenehmer zumute als Pater Daly, der in erhabener Pose auf der Kanzel verharrte und den Blick starr auf das runde Mosaikfenster über dem Eingang richtete.

Der Sergeant zögerte. Michaels Stimme hatte bedrohlich geklungen, und von weiter hinten in der Bank fixierte ihn Brodie, der die Sache mittlerweile nicht mehr amüsant fand. Die Court-Brüder waren hartgesottene Männer. Obwohl sie oft ratlos waren, wenn Trella ihren Verdruss über manche Ereignisse im Dorf äußerte, so würden sie ihre Festnahme auf jeden Fall verhindern. Clemens wusste das. Der große bärtige Brodie ging einem Streit nie aus dem Weg, und der Gedanke an eine Schlägerei in der Kirche verursachte Clemens Schweißausbrüche. Er hätte sich auf diese Sache nicht einlassen sollen.

»Es ist wegen Pater Daly«, flüsterte er Michael, dem ruhigeren der beiden, mit Nachdruck zu. »Er hat sich beschwert. Er will solche Streitereien in seiner Kirche nicht mehr haben.«

»Ist er etwa der Papst?«, wollte Michael wissen. »Der Mann ist wohl unfehlbar, wie?«

»Davon verstehe ich nichts. Ich habe eine Beschwerde bekommen und muss handeln.« Er wandte sich an Trella. »Nun sei ein braves Mädchen und komm mit. Es wird keine Konsequenzen für dich haben. Wir werden nur ein bisschen reden.«

»Wir werden nichts dergleichen tun«, gab sie barsch zurück.

Sergeant Clemens überlegte, wo um alles in der Welt Trella ihre Widerspenstigkeit herhaben könnte. Sie war eine einfache Bauerntochter und mit einem Bauern verheiratet; sie war in ihrem Leben nie weiter als bis Limerick gekommen – und dennoch war sie die geborene Rebellin, voll sonderbarer Ideen.

Er sah sie flehend an, immer noch in der Hoffnung, sie würde aus der Bank treten und ihm folgen, aber das finstere Gesicht unter der dunklen Haube belehrte ihn eines Besseren.

»Pater Daly muss mit dem Gottesdienst fortfahren«, sagte er.

»So lass ihn doch. Es wird auch Zeit, da er anscheinend keine Antwort für mich hat. Soll er in Zukunft besser darauf achten, was er sagt!« Sie griff nach ihrem Gebetbuch. »Sitzen wir nicht alle hier und warten? Wenn ich jetzt gehe, werde ich den Sonntagsgottesdienst verpassen, und das allein ist eine Sünde, wie du ja wohl weißt, Rory Clemens.«

Der Sergeant sah Michael seufzend den Kopf darüber schütteln, dass jemand so dumm war, mit seiner Frau zu streiten. Er sah Brodie grinsen und auf die Knie fallen, als die Glocken am Altar klingelten. Erstaunt blickte er nach oben und stellte fest, dass Pater Daly die Kanzel verlassen hatte und mit dem Gottesdienst fortfuhr, während er sich hier vor allen Leuten zum Narren machte.

Er beugte kurz das Knie und schlich zurück in seine Bank, mit gesenktem Kopf, als sei er ins Gebet vertieft, aber mit Zorn im Herzen. Sollte Pater Daly doch selbst mit Trella fertigwerden – er hatte genug! Er grübelte darüber nach, was sie in ihrem Zorn alles gesagt hatte, und dachte an die kleine Mary Best. Deren Vater hatte sie mit dem Gürtel verprügelt, als er von ihrer Schwangerschaft erfuhr, aber den Jungen hatte er nicht bestraft. Und auch Pater Daly hatte ihm nichts vorgeworfen.

Obwohl er den Zeitpunkt ihres Protests nicht gutheißen konnte, kam Clemens langsam zu der Überzeugung, dass Trella recht hatte.

Ihre Mutter gelangte nicht zu einer solchen Einsicht. Maisie war empört, und das umso mehr, als sie in der folgenden Woche hörte, dass Trella eine Verlegung des Viehmarktes forderte.

In der Küche ihres kleinen strohgedeckten Hauses stellte sie sie zur Rede. »Wer hat dich darum gebeten, den Händlern zu sagen, wo sie ihren Jahrmarkt abhalten sollen?«

»Es ist kein Jahrmarkt«, entgegnete Trella, »es ist ein Rindermarkt. Ich könnte es verstehen, wenn Tullymore einen Marktplatz hätte, aber unser Dorf besteht aus einer einzigen schmalen Straße von der Kirche oben am Berg bis hinunter zum Leichenbestatter. Wenn sie das Vieh herbringen, müssen alle Läden geschlossen werden, und die Straße ist voller Urin und Kuhfladen. Alles stinkt.«

»Dann bleib doch weg! Das Ganze geht dich doch überhaupt nichts an. Ich weiß nicht, wie Michael es aushält, dass du dich immer und ewig in alles einmischst.«

»Du hast doch gar keine Ahnung«, gab Trella zurück und stürmte hinaus.

Ihre Mutter kritisierte sie nur allzu gern, besonders vor den Männern. Manchmal dachte Trella, es sei Maisies besondere Art, ihr dafür zu danken, dass sie sie nach Vaters Tod zu sich genommen hatten. Ständig putzte sie und lief hinter ihnen her, als könnten sie ihre Stiefel nicht selbst aufheben. Für Vater hatte sie das nie getan, nicht einmal in den Jahren, als er schon so schwach war. Und das Keifen und Nörgeln gehörte eben dazu. Indem sie ihre Tochter herabsetzte, bekam Maisie das Gefühl, selbst in einem besserem Licht dazustehen.

»Ach, die arme Frau«, hatte Michael gesagt. »Sie meint es nur gut. Nimm es dir nicht zu Herzen.«

»Aber es ist mein Haus! Sie tut so, als ob ich nicht bis drei zählen könnte! Ich habe Sorge, dass sie einen Keil zwischen uns treibt, Michael.«

Er nahm sie in die Arme. »Wie sollte sie das schaffen? Bist du denn nicht die Liebe meines Lebens?«

So war Michael. Ein guter Mann. Ein liebevoller Ehemann. Ganz im Gegensatz zu Brodie. Trotz seines Charmes konnte er gemein und hinterhältig sein; man wusste nie, was er als Nächstes ausheckte.

Maisie war es, die nach dem Vorfall in der Kirche den Streit vom Zaun brach und ihre Tochter der Blasphemie bezichtigte.

»Das ist nun wirklich übertrieben«, hatte Michael entgegnet.

»Warum?«, wollte Brodie wissen. »Wie nennst du es denn, wenn man in der Kirche beinahe verhaftet wird? Ich dachte, ich hör nicht richtig, als sie anfing!«

»Das ist doch wohl eine Frechheit!«, fuhr Trella ihn an. »Ich hab genau gesehen, wie du gegrinst hast. Dabei war es überhaupt nicht lustig, was ich zu sagen hatte.«

Ruhig ging Michael dazwischen. »Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn du gewartet und Pater Daly hinterher erzählt hättest, was dich ärgert, Trella.«

»Was hätte es genützt, sich in der Sakristei zu verstecken? Oben auf seiner Kanzel musste ich ihn aufhalten, als er dem Mädchen die Schuld gab und nicht dem Jungen. Ich hatte ja nicht vorgehabt, etwas zu sagen. Aber als ich ihn dann hörte, ist mir der Kragen geplatzt.«

»Wieso ist dir der Kragen geplatzt?«, rief Maisie. »Du bist doch genauso eine wie Mary Best, und du schreist es noch in alle Welt hinaus.«

»Sprich nicht so zu mir in meinem Haus!«

Maisie richtete sich auf. Sie war einige Zentimeter größer als ihre Tochter. »So, es ist also dein Haus! Und ich bin eine Witwe, die von eurer Fürsorge lebt und nichts sagen darf, wie? Nun kenne ich meinen Platz. So wie du mich behandelst, bin ich ja im Armenhaus noch besser dran.«

»Komm, Maisie, das ist nicht nötig«, sagte Michael. »Du weißt, dass du hier willkommen bist. Trella empfindet in manchen Dingen sehr stark, das solltest du verstehen.« Er lächelte. »Manchmal schlägt sie ein wenig über die Stränge, aber sie hat das Herz am rechten Fleck.«

»Wenn sie nächste Woche wieder so loslegt, wird sie noch ins Gefängnis kommen«, brummte Brodie. »Pater Daly ist ganz schön wütend.«

»Er hat mein tiefstes Mitgefühl«, meinte Trella barsch. »Und wir werden bald alle im Armenhaus sein, wenn das so weitergeht.«

»Wo ist Garth?«, fragte Michael, um abzulenken.

»Beim Angeln«, erwiderte Trella. »Unten am Tiefen Loch.«

»Dann lass uns beide doch einen Spaziergang dorthin machen und nach ihm sehen.«

Als sie über die Wiesen gingen, nahm Michael ihre Hand und küsste sie. »Du machst dir zu viele Gedanken, meine Liebe.«

»Ich muss mir ja auch Gedanken für alle machen. Wir haben kaum noch einen Penny, Michael. Kartoffeln gibt es nur wenig, der Mais ist jetzt schon faulig, und ich weiß nicht, wie lange wir noch durchhalten können.«

»Es ist ein schlechtes Jahr, das ist alles. Die Zeiten werden wieder besser.«

»Das hast du letztes Jahr auch gesagt. Ich möchte, dass du mit Brodie sprichst. Er lässt dich mit der ganzen Arbeit allein und macht woanders merkwürdige Geschäfte, aber er bringt nie Geld nach Hause.«

»Er verdient nur hier und da ein paar Pfund. Er ist Junggeselle und hat ein Recht darauf, ein Leben außerhalb der Farm zu führen. Wenn er einmal sesshaft wird, ändert sich das bestimmt.«

Wirklich? Trella war skeptisch. Sie fürchtete sich vor dem Tag, da Brodie eine Frau in ihr ohnehin schon überfülltes Haus bringen würde. Woanders konnte er nicht hingehen, es sei denn, er heiratete ein reiches Mädchen und davon gab es – von den Hadley-Jones oben am Berg abgesehen – nicht viele. Im Moment wohnten Brodie und Garth zusammen in einem Zimmer, sie und Michael hatten eines, und Maisie schlief in der Küche auf einem Bett, das tagsüber als Sofa diente. Trella konnte sich schon gut vorstellen, was passieren würde: Ihr Sohn müsste draußen im Schuppen schlafen, wo sie bisher Besucher unterbrachten.

Sie liefen den Abhang zum Fluss hinunter und überraschten den Jungen.

»Seid nicht so laut«, schalt er sie. »Ihr werdet noch die Fische verjagen.«

»Hast du schon welche gefangen?«, erkundigte sich sein Vater.

»Noch nicht, aber sie sind da. Vielleicht ist es zu bewölkt, so dass sie die Köder nicht sehen können. Ich wünschte, die Sonne würde rauskommen.«

Michael lachte. »Da wirst du lange warten müssen, denn es wird bald regnen.«

Während sie die beiden beobachtete, wurde Trella ruhiger. Würde es nur sie drei geben, wäre das Leben in Ordnung. Garth war jetzt zwölf. Maisie bestand darauf, dass er von der Schule ging und sich Arbeit suchte. Brodie unterstützte sie und ermutigte den Jungen, das Haus zu verlassen, aber in diesem Punkt gab Michael zu Trellas großer Erleichterung nicht nach. Garth sollte zwei weitere Jahre an der Schule bleiben. Sie wünschte, sie hätten das Geld, um ihn studieren zu lassen, aber darauf war nicht zu hoffen.

Trella musste lächeln, als sie an die Auseinandersetzung bei seiner Taufe dachte. Alle hatten protestiert, ›Garth‹ sei kein Heiligenname, und Pater Daly wollte sie bis zur letzten Minute davon abbringen.

»Wo kommt der Name Garth denn überhaupt her?«, fragte ihre Mutter.

»Es ist der Name, den Trella gewählt hat«, erwiderte Michael mit fester Stimme. »Sie hat das Kind bekommen, also darf sie den ersten Namen bestimmen. Ich habe den zweiten Namen gewählt, James, also hast du deinen Heiligen und jetzt kein Wort mehr.«

Garth, dachte Trella zärtlich. Es war Absicht gewesen. Sie wollte, dass er anders ist, dass er eines Tages aus diesem engen Dorf ausbricht und selbst etwas darstellt, ohne von Vorurteilen belastet zu sein. Er war ein stämmiger, gutaussehender Bursche, mit den sanften braunen Augen seines Vaters. Manche sagten, er käme mehr nach Brodie, aber davon wollte Trella nichts hören. Brodies dunkles Haar war gelockt und seine Augen blau – glitzernd blau, wenn er gut gelaunt, aber eisig blau, wenn seine Stimmung schlecht war.

Trella und Michael waren stolz auf ihren Sohn und liebten ihn sehr. Mehr noch, da sie seit seiner Geburt drei Kinder verloren hatten; ein Junge war mit einem Monat gestorben und Trella hatte zwei Fehlgeburten gehabt.

»Sie müssen mehr essen«, hatte der Arzt gesagt. »Sie sind ja so dünn wie eine Bohnenstange.«

Leichter gesagt als getan, dachte Trella matt, seit die Schweine fort sind, wir nur noch zwei Milchkühe haben und die meisten Erträge der Farm verkauft werden müssen. Fünf Leute kann ich einfach nicht mehr satt bekommen.

Der Regen brachte kalten Wind, der ihnen bis in die Knochen drang, und Michael bekam sofort wieder schweren Husten. Er legte sich aber erst ins Bett, als hohes Fieber dazukam und er zu schwach zum Stehen war.

Die Frauen pflegten ihn einige Tage, bis das Fieber nachließ. Und als ein bisschen Sonne durchkam, konnte er schon wieder hinausgehen und die gute Luft atmen.

»Ich glaube, er hat die Schwindsucht«, flüsterte Trella ihrer Mutter zu.

»Und ich glaube, du bekommst Gehirnschwindsucht«, gab Maisie zurück, »jedes Mal, wenn einer hustet.«

»Man sagt doch, dass es sich vererbt, und seine Eltern sind an Schwindsucht gestorben.«

»Hör auf mit dem Gerede. Du verhext den armen Mann ja noch. Das Wetter ist es, das Michael krank macht, und nicht dein Aberglaube. Sorg dafür, dass er bei diesem kalten Wetter die warme Unterwäsche trägt. Er hat die Grippe überstanden und wird bald wieder gesund und munter sein.«

Bald stand Michael wieder auf dem Feld und kümmerte sich mit Brodie um den letzten Teil der Kartoffelernte. Alles lief wieder seinen normalen Gang, und Trella machte sich vom Tal auf zum Hügel, um die Gläser mit dem Eingemachten in Hadley-Jones’ Küche zu bringen. Jetzt, da sie sich keine Sorgen mehr um Michael zu machen brauchte, war auch ihr wieder wohler, und sie konnte den Aufstieg genießen.

Sie ging über die Brücke, durch das Dorf und an der Kirche vorbei, bis sie schließlich – ein wenig außer Atem – den Hügelkamm erreichte und auf Tullymore hinabblickte. Von hier aus war das Dorf nichts weiter als eine Reihe von Steinhäusern, die sich auf beiden Seiten der gepflasterten Straße aneinanderdrängten – ein grauer Einschnitt in der hügeligen grünen Landschaft. Es sah sauber und ordentlich aus. Schwer zu glauben, dass dort überhaupt jemand lebte. Und noch schwerer zu fassen, dass innerhalb dieser soliden Mauern und unter den braunen Dächern der Bauernhäuser ringsum bittere Armut herrschte.

Für diese sonst so ehrlichen Menschen war Armut etwas, das aus Scham verheimlicht und als ›schlechte Zeiten‹ bezeichnet wurde, als wäre es ein schäbiger Mantel, den man nach Belieben auch wieder ablegen konnte.

Wenn Trella versuchte, es auszusprechen, fuhr man ihr über den Mund. »Armut!«, sagten die Alten. »Du würdest wissen, was Armut bedeutet, wenn du zur Zeit der großen Hungersnot gelebt hättest, wo Tausende auf den Straßen lagen und verhungerten und die Kinder in den Armen ihrer Mütter starben.«

Das war das Schreckliche daran. Sie benutzten die große Hungersnot als Maßstab. Es mochten ja schlechte Zeiten sein, aber es könnte immer noch viel schlimmer kommen, also sei dankbar, dass es dir gutgeht. Kümmere dich nicht um Johnny Adair, der einen Konsumladen eröffnen will, oder um seine Idee, einen Experten aus Dublin kommen zu lassen, der zu den Getreideproblemen Ratschläge gibt. Hör nicht auf ihn! Aber gib dein Silber, um eine neue Statue für die Kirche zu kaufen oder einem alten Hurling-Spieler ein Denkmal zu errichten.

Und selbst in Tullymore lauerte die andere Gefahr, der heimliche, finstere Kampf für ein freies Irland, der durch die Streitereien der Fenians und der Sinn Fein noch erschwert wurde. Michael hinkte, weil er als achtzehnjähriger Kurier der Freiheitskämpfer eine Kugel ins Bein bekommen hatte. Damals hatte seine Mutter, eine Frau mit eisernem Willen, Brodie schwören lassen, dass er sich aus dieser Sache heraushält. Die Tage der Kämpfe schienen vorbei und Tullymore vergessen zu sein, aber das Unbehagen blieb, und es wurde geschwiegen, wenn Männer heimliche Treffen abhielten und immer wieder ohne ein Wort für mehrere Wochen verschwanden.

Trella hatte Angst um ihren Sohn. Die Gefängnisse waren voll von Patrioten. Sie war keine Träumerin und hatte auch keine großen Pläne für die Zukunft. Sie war realistisch genug und sah die Dinge, wie sie waren. Ihr größtes Anliegen war das Überleben der Court-Familie. Sie hatte keine Geduld, sich die Sprüche über die guten alten Zeiten anzuhören, als die Courts viele Generationen zuvor das halbe Tal besessen hatten. Diese glorreichen Tage waren längst vorüber. Ihr Besitz war zu einem nicht mal einen Hektar großen Hof zusammengeschrumpft, der Michael und Brodie gehörte, und Gott allein wusste, wie lange das noch so bleiben würde.

»Wir können zu Geld kommen«, hatte Brodie gesagt. »Ich weiß gar nicht, worüber du dir Sorgen machst. Wir können doch das Land beleihen.«

»Niemals!«, hatte Michael gerufen. »Das ist der Weg in den Ruin! Ich will niemandem verpflichtet sein. Haben wir nicht genug Pfändungen in diesem Tal erlebt? Die Höfe mussten verkauft werden, und die Familien wurden vertrieben.«

Trella war derselben Meinung wie ihr Mann, aber das änderte nichts an ihrer misslichen Lage, dass sie kaum genug Essen auf den Tisch bringen konnte.

»Ob es euch gefällt oder nicht«, schimpfte sie vor sich hin, »es muss etwas geschehen.«

Verärgert stieg sie den Hügel hinauf zur Villa des Engländers, John Hadley-Jones, in der mehr Bedienstete wohnten als Familienangehörige.

Trella musste zugeben, dass man von dem Haus eine wunderbare Aussicht auf die Bucht hatte, aber davon abgesehen fand sie es ziemlich hässlich. Alle anderen hielten es für ein schönes großes Gebäude, das von einem Architekten aus London entworfen worden war – als ob das genügte, damit es schön wurde! Es war nichts weiter als eine zweistöckige rechteckige Schachtel und hatte nicht einmal ein Vordach, um den Besuchern Schutz zu bieten. Außerdem stand es inmitten eines perfekt gestalteten Gartens mit Büschen und Rasenflächen, die so ordentlich aussahen, als seien sie mit der Schere geschnitten worden. Im Haus, so hieß es, gab es mehr Zimmer als in einem Hotel und alle prächtig ausgestattet. Nach Trellas Meinung sollte wohl das kalte graue Äußere des Hauses wettgemacht werden.

Ein Reiter kam die Straße herauf und unterbrach ihre Gedanken. Als Trella den Mann in seinem Tweedmantel und mit dem hohen Hut erkannte, sprang sie in den Straßengraben und lief quer über die Wiese, um ihn nicht grüßen zu müssen.

Die Dorfbewohner zogen ihre Mützen und nannten Mr Hadley-Jones ›euer Ehren‹, was Trella jedoch strikt ablehnte.

»Er ist für niemanden eine Ehre«, sagte sie immer. »Er ist nur ein gewöhnlicher Mann, der zufällig viel Land und einen Haufen Geld besitzt.«

Sie beneidete weder ihn noch seine Familie um das Geld. Es war deren Angelegenheit und hatte nichts mit ihr zu tun. Sie bezweifelte, dass ein Mann wie er sich für den Dorfklatsch interessierte, wo einige behaupteten, er sei hart gegenüber seinen Pächtern, und andere sagten, er sei fair. Jeder musste mit seinem Leben zurechtkommen so gut er konnte.

Nichtsdestoweniger war es ein Vergnügen, im Hof an den Ställen mit all den schönen Pferden vorbeizugehen.

Die Köchin kam aus der Küche und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab. »Ah, Trella. Was hast du heute?«

»Eier. Und eingelegten Aal. Ich dachte, du würdest ein oder zwei Gläser nehmen.«

»Ich nehme alle – acht sind es, oder? Sie haben Besuch, und da kann ich etwas Besonderes gebrauchen. Wie viel macht das?«

»Drei Shilling«, meinte Trella hoffnungsvoll, und die Köchin, die heute guter Laune war, hatte keine Lust zu handeln und zahlte.

»Hier«, sagte sie dann und griff in ein Regal, »nimm dieses Schinkenende mit. Ich kann’s nicht verwenden.«

»Bist du sicher?«, fragte Trella nervös.

»Aber ja. Sie haben gerade ein Schwein geschlachtet, und ich habe noch genug.«

»Dann dank ich dir. Es wird uns guttun.«

Erfreut über dieses unverhoffte Glück, machte sie sich wieder auf den Heimweg und überdachte noch einmal den Plan, den sie gefasst hatte. Diesmal würde Michael gut zuhören müssen.

Sie fand ihn im Schuppen beim Einsacken des Maises.

»Michael, ich muss mit dir reden.«

Er richtete sich auf und streckte den Rücken. »Hier bin ich. Du siehst heute besonders hübsch aus. Was hast du gemacht?«

»Ich habe etwas an das große Haus verkauft.«

»Gut. Worüber wolltest du sprechen?«

»Wo ist Brodie?«, fragte sie, da sie nicht unterbrochen werden wollte.

»Er ist drüben bei den Darcys und hilft beim Pflügen. Wir bekommen dafür gutes Saatgut von ihnen und haben dann nächstes Jahr eine bessere Ernte.«

»Wenn wir so lange durchhalten. Michael, so wie es im Moment aussieht, werden wir uns bald nur noch von Rüben ernähren können. Wir müssen etwas unternehmen. Der Hof kann uns nicht mehr am Leben erhalten.«

»Jetzt machst du dir schon wieder Sorgen. Es wird bald besser gehen, du wirst sehen.«

»Nein, ich sehe gar nichts. Wir müssen an Garth denken. Wir sind zu viele hier, und einer muss gehen.«

Er sah sie erstaunt an, dann lachte er. »Wenn du daran denkst, deine Mutter wegzuschicken, will ich im Pub sein, wenn du es ihr sagst. Aber das kann nicht dein Ernst sein. Wo sollte sie hingehen?«

»Ich denke dabei auch nicht an Maisie, sondern an Brodie. Er ist ein erwachsener Mann von fünfundzwanzig Jahren. Wir können ihn nicht durchfüttern. Zu seinem und zu unserem Besten sollte er gehen. Wenn er sich eine Frau nimmt, wird es nur noch schwerer für uns.«

Michael band den Sack mit Maiskolben zu und drehte sich zu ihr um. »Du schlägst also vor, meinen Bruder hinauszuwerfen? Ist es das, was du willst? Ihn vom Hof werfen, der ihm genauso gehört wie mir? Wenn er wollte, könnte er das ebenso gut von uns verlangen. Was ist in dich gefahren?«

»Beruhige dich doch. Es ist die einzige Möglichkeit. Ich werfe ihn nicht hinaus, ich schlage nur vor, dass er sich irgendwo eine Arbeit sucht, nur vorübergehend, bis die Dinge besser stehen.«

»Und wo soll er Arbeit finden? Hier gibt es doch nichts.«

»Aber in Dublin. Garth und ich können auf den Feldern helfen, wenn er fort ist. Wir geben ihm ein paar Shilling für den Anfang und kümmern uns um eine Unterkunft.«

»Was ist, wenn er da keine Arbeit findet?«

»Die Chancen sind dort besser als hier.« Trella zuckte mit den Schultern. »Wenn er nichts findet, kommt er eben wieder zurück, und nichts ist verloren. Es lohnt sich, darüber nachzudenken. Und wenn er wöchentlichen Lohn bekommt, kann er dir bis zur nächsten Ernte immer ein bisschen schicken. Verstehst du nicht, Michael – wir müssen es zumindest versuchen. Wenn er nicht einverstanden ist, bleibt er eben hier, und wir schlagen uns weiter durch.«

»Genug. Lass mich nachdenken. Wenn irgendjemand geht, dann sollte ich das sein. Es ist meine Familie, die den größten Teil verbraucht, denk daran. Brodie hat sich nie darüber beschwert.«

»Du bist nicht gesund, Michael, das weißt du. Aber wenn du gehst, dann gehen wir mit dir, und das ist auch nicht der Sinn der Sache. Wir müssen uns jetzt entscheiden, bevor alles noch schlimmer wird.«

»Ich sagte doch, ich denke darüber nach«, erwiderte er gereizt.

Sie drückte ihm einen Shilling in die Hand. »Du könntest mit ihm ins Pub gehen und in Ruhe mit ihm darüber reden.«

Missmutig schob er das Geld in die Tasche. Es hatte eine Zeit gegeben, vor Jahren, da konnten die Court-Brüder fast jeden Tag nach der Arbeit ins ›Erin‹ gehen. Jetzt reichte das Geld nur noch für einen gelegentlichen Besuch am Sonnabend. Trella fröstelte. Sie küsste ihn auf die Wange und ging hinüber ins Haus.

Es war Freitag, kein guter Tag für Entscheidungen. Ein schlechtes Omen. In ihrer Eile Michael den Plan zu unterbreiten hatte Trella gar nicht daran gedacht. Aber jetzt lag es an ihm. Ihr Vorschlag mochte grausam klingen, aber Brodie war kein Kind mehr. Er hätte schon längst nach einer anständigen Arbeit suchen sollen.

Maisie war überrascht, als Michael verkündete, sie würden ins Pub gehen, sagte aber nichts. Männer konnten ja tun, was sie wollten.

»Dieser Schinken«, meinte sie zu Trella, »reicht für ihr Abendessen.«

»Nein. Gib ihn in den Eintopf, wir werden ihn teilen.« Sie ging in ihr Schlafzimmer unter dem Vorwand, den Quilt zu flicken, setzte sich aber auf den Bettrand und starrte trübsinnig vor sich hin. Sie stellte sich vor, sie würde draußen vor dem Pub stehen und in die bekannten alten Gesichter im schummrigen Licht blicken. Auf erschöpfte Männer in schäbiger Kleidung, die über ihren Bierkrügen immer wieder dieselben Dinge diskutierten, an ihren Pfeifen zogen und damit gestikulierten. Noch war es zu früh zum Singen.

Sie machte sich Sorgen, dass diese Männer, die so sehr an ihre Lebensweise gewöhnt waren, Michael ihren Plan ausreden könnten, selbst wenn er einen Sinn darin erkannt hätte. Manchmal, wenn sie vorbeiging, merkte sie, wie die Männer sie anstarrten und mit grimmigen Gesichtern ihre Missbilligung über diese Court-Frau zeigten, die ihre Nase in alle Dorfangelegenheiten steckte, obwohl sich niemand für ihre Meinung interessierte. Sie stellte sich vor, sie könnte den großen Messingschlüssel nehmen und alle hinter der schweren Pub-Tür einsperren. Dann, nach hundert Jahren, würde sie die Tür wieder öffnen und alle unverändert vorfinden, wie sie immer noch diskutierten und stritten und tratschten, ohne zu merken, dass ein Jahrhundert vergangen war.

Ganz im hintersten Winkel ihrer Gedanken, wo sie ungern herumstöberte, regte sich eine leiser Hauch von schlechtem Gewissen, weil ihr mehr daran lag, dass Brodie verschwand, als sie je zugeben würde. Sie wäre froh, den lauten und aufdringlichen Kerl los zu sein. Brodie schien mehr Raum einzunehmen als sie alle zusammen. Und er war so verdammt engstirnig und wollte immer seinen Kopf durchsetzen, während Michael zusah und nichts weiter tat, weil er seinen Bruder liebte und wollte, dass er glücklich war.

»Je eher er geht, desto besser«, murmelte Trella vor sich hin. »Selbst wenn er die Hälfte des Hofes will.«

 

Brodie ließ sich nicht zweimal bitten, Michael ins Pub zu begleiten. Er fragte auch nicht danach, woher sein Bruder das Geld für ihre Pints hatte. Er wusch sich kurz das Gesicht, kämmte einmal durch das kräftige Haar und kitzelte Maisie Grogan leicht den gebeugten Nacken, als er an ihr vorbeiging.

Sie lachte. »Raus mit dir, du frecher Bursche.«

Die Brüder tranken selten zusammen. Jeder hatte seine eigenen Freunde, und zu Hause sahen sie sich oft genug. Diesmal aber holte Michael seinen Bruder zu sich an die Theke und bezahlte das Bier.

Brodie war sofort misstrauisch. Hier hielt Michael ihm für gewöhnlich seine Standpauken über Frauengeschichten, Geldverschwendung oder versäumte Gottesdienste, was seiner unsterblichen Seele schade. Er grinste. Es gab Zeiten, zu denen sein Bruder eine bessere Moralpredigt halten konnte als Pater Daly. Um sicherzugehen, dass es diesmal nicht zu lang dauern würde, gab er einem Freund ein Zeichen, ihn nach einer Weile zu retten.

Er mochte seinen Bruder. War stolz auf ihn, auch wenn er das nie sagte. Michael war ein aufrechter Mann, der stets für jeden das Beste wollte, und außerdem hatte er einen guten Schlag, wenn es mal zum Streit kam. Es war lange her, seit jemand sich mit einem der Courts angelegt hatte, weil der andere nie weit entfernt war.

Sie tranken jeder zwei Krüge Bier, und Brodie merkte, dass dies keine Standpauke werden würde. Aus irgendeinem Grund wurde er hier verwöhnt. Er fing an sich zu amüsieren und griff sogar nach einer Schweinefleischpastete, die Michael bezahlte, ohne mit der Wimper zu zucken, obwohl er selbst nur ein kleines Stück davon aß.

Beim dritten Bier rückte er schließlich mit der Sprache heraus.

»Ich hab mir überlegt«, begann Michael ruhig, »weil es doch im Moment so schlecht steht, dass ich mir in Dublin Arbeit suchen sollte.«

»Was sagst du da?« Brodie war fassungslos. »Du willst mit deiner Familie nach Dublin gehen? Bist du verrückt?«

»Nicht mit meiner Familie. Allein.«

Brodie dachte nach. »Ich könnte den Hof auch ohne dich führen, aber willst du deine Frau und das Kind einfach allein lassen? Und was würde sie dazu sagen?« Er lachte. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie dich in diese Höhle des Lasters gehen lässt – einen so gutaussehenden Burschen wie dich! Man sagt, Dublin sei voller hübscher Mädchen. Und lüsterner Witwen.«

Michael runzelte die Stirn. »Wir stecken in der Klemme, Brodie. Wir brauchen dringend Geld.«

Brodie, der mittlerweile in beschwingter Stimmung war, lehnte sich gegen die Theke. »Wenn das so ist, dann kannst aber nicht du gehen. Du hast Familie. Ich werde gehen.«

Die Augen sind die Spiegel der Seele, sagt man, und nie gab es ein besseres Beispiel dafür als Michaels Augen in diesem Augenblick. Brodie sah den Ausdruck der Erleichterung über sein Gesicht huschen und erkannte, dass er hereingelegt worden war.

»Willst du, dass ich gehe?«, fragte er, ohne zu erkennen zu geben, dass er es bemerkt hatte.

Er hörte Michaels detaillierte Darstellung ihrer finanziellen Lage, was nichts Neues war, und seiner Hoffnungen, in Dublin auf einer Werft oder beim Straßenbau Arbeit zu finden.

»Es ist nicht so, dass ich dich wegschicken möchte«, fügte er hinzu, »aber einer von uns muss gehen. Und ich glaube, du hast recht – ich sollte hier bleiben und auf die Familie aufpassen. Garth braucht mich. Er ist ein rechter Dickkopf geworden.«

Das war zu viel für Brodie. Er knallte seinen Krug auf die Theke und fuhr Michael an: »Warum sagst du mir nicht geradeheraus, was los ist, anstatt um den heißen Brei herumzureden? Du hattest es von Anfang an so geplant. Du willst, dass ich gehe.«

»Ich versuche nur herauszufinden, was das Beste ist, Brodie.«

»Sicher tust du das. Aber das war nicht deine Idee, oder? Da steckt doch bestimmt deine Frau dahinter. Sie will den Hof, und das geht nur, wenn ihr mich los seid.«

»Hörst du denn nicht zu? So wie es im Moment steht, haben wir bald gar keinen Hof mehr. Und ich bitte dich, nicht so über Trella zu sprechen. Sie ist eine gute Frau und plant für die Zukunft. Brodie, es wäre doch nur für eine Saison, nur bis zur nächsten Ernte.«

»Ich wusste es! Sie hat ihre Hände im Spiel. Dieses raffgierige Biest ist entschlossen, mich hinauszuwerfen. Gute Frau? Sie macht sich zum Gespött des ganzen Dorfes, und du bist zu schwach, um mit ihr fertigzuwerden …«

Eben noch stand Brodie an der Theke, im nächsten Moment lag er auf dem Boden zwischen umgestürzten Stühlen und rieb sich das Kinn.

»Das hättest du nicht tun dürfen«, rief er und rappelte sich auf die Füße.

»Und du hättest nicht so über meine Frau reden dürfen!«

»Ich sag nur die Wahrheit. Sie ist ein hinterhältiges Biest«, gab Brodie zurück und versetzte seinem Bruder einen Fausthieb.

Der Wirt sprang über die Theke. »Raus mit euch«, schrie er. »Beide! Ich will hier keine Schlägereien haben. Los, raus mich euch!«

Die anderen Gäste erwachten aus ihrer Apathie und scheuchten die beiden Streithähne in den Hof. Dabei rückten sie Tische und Stühle zur Seite, um Platz zu machen, denn die Brüder kämpften hart, ohne einen Schlag auszulassen.

Es war ein Streit, an den man sich im Dorf noch lange erinnern würde. Seit ihrer Kindheit hatte keiner die Court-Brüder miteinander kämpfen sehen. Sie hatten jeder einen guten Gegner – Michael war kräftiger, aber Brodie hatte die längeren Arme. Die Männer umringten die beiden, feuerten sie an und schlossen Wetten ab, bis die Brüder nach fast fünf Minuten erschöpft waren und mit blutigen Gesichtern und Fäusten abrupt aufhörten, nicht ohne weiter zu schimpfen und zu fluchen.

»Wer hat denn nun gewonnen?«, wollten die enttäuschten Dorfbewohner wissen, die den Kampf verpasst hatten, aber keiner konnte es ihnen sagen.

 

Brodie erwachte am nächsten Morgen kalt und zitternd im Kuhstall auf Darcys Hof. Er erinnerte sich vage daran, nach der Schlägerei im Pub einen Whiskey nach dem anderen spendiert bekommen zu haben. Seinen Kater führte auf den billigen Whiskey von Carmody zurück; dass sich sein Gesicht wie eine zermatschte Melone anfühlte, hatte er den Schlägen seines Bruders Michael zu verdanken. Sein eigener Bruder!

Es war nicht das erste Mal, dass Brodie sich am Morgen nach einer Schlägerei auf die Beine kämpfte, aber noch nie war er im Dreck und Gestank eines Kuhstalls aufgewacht. Er erinnerte sich, dass er auf dem Weg nach Hause gewesen war, als ihm plötzlich einfiel, dass er dort ja nicht willkommen war. Michael hatte ihn gebeten zu gehen. In seiner Wut war er zu Darcy gegangen und hatte mit ihm noch dessen Selbstgebrannten getrunken, bis er erneut in die Nacht geschickt wurde.

Mit einem Mal spürte er den Schmerz. Er betastete seinen Mund und stellte erleichtert fest, dass noch alle Zähne drin waren. Brodie war stolz auf seine kräftigen weißen Zähne, wie sie in dieser Gegend selten waren. Aber der Geschmack von Blut aus seiner Nase und der aufgesprungenen Lippe war unangenehm. Er stapfte zum Fluss hinunter, schüttete sich Wasser ins Gesicht und zuckte bei diesem erneuten Angriff auf seinen schmerzenden Kopf zusammen.

Er überlegte, wie es Michael jetzt wohl ging. Nicht viel besser, so hoffte er. Allerdings war Michael direkt nach Hause gegangen, hatte sich von den Frauen bemuttern lassen und in seinem eigenen warmen Bett geschlafen anstatt hier draußen in der Kälte. Er war nicht aus seinem eigenen Haus geworfen worden. Von seinem eigenen Grund und Boden! Wütend dachte Brodie an Trella. Sie war an allem schuld. Sie hatte sich zwischen die Brüder gestellt und sie gegeneinander aufgewiegelt. Das würde er ihr nie verzeihen. Die große Freundschaft zwischen den Court-Brüdern war von diesem Miststück zerstört worden. Noch nie zuvor hatte Michael etwas gegen ihn ausgeheckt, das lag nicht in seiner Natur, aber sie hatte die Kugeln gegossen und es Michael überlassen, sie ihrem Plan gemäß abzufeuern.

Dieser Gedanke brachte Brodie in Rage.

Aber was sollte er jetzt tun? Reumütig nach Hause zurückkehren? Zur Tür hineinkriechen wie ein geprügelter Hund, der um Schutz bettelt? In dem Wissen, dass er nicht willkommen war?

Nun gut. Sie wollten, dass er ging, also würde er verdammt noch mal gehen, und zwar noch heute. Und sie taten gut daran, sich von heute an vorzusehen, denn er würde ihnen nicht vergeben. Der Kampf hatte alles besiegelt. Aber sie sollten nie vergessen, dass der halbe Hof noch immer ihm gehörte! Brodie marschierte über Darcys Felder, bis er an die Kreuzung kam. Dort blieb er stehen und dachte nach.

Wenn er nach rechts ging, kam er nach Tullymore, wo inzwischen jeder von ihrem Kampf gehört hätte. Und dem Grund dafür. Alle würden jetzt wissen, dass Brodie von seiner Familie hinausgeworfen worden war. Sicher war es das Hauptgesprächsthema dieses Morgens.

Abrupt wandte er sich nach links und ging die Straße Richtung Limerick hinunter – ohne einen Penny in der Tasche, aber zu wütend, um sich darüber Sorgen zu machen.

»Eines Tages werde ich zurückkommen«, brummte er vor sich hin. »Ich werde mein Glück machen, und dann komme ich zurück und lache euch alle aus. Ich werde mehr Geld haben als die Hadley-Jones oben in ihrem feinen Haus, und keiner wird mich mehr zum Gespött der Leute machen.«

Er rückte seine Mütze zurecht, klappte den Kragen hoch und stapfte in den kalten grauen Tag davon.

 

»Hast du’s ihm denn nicht erklärt?«, fragte Trella, während sie Michael das Blut vom Gesicht wusch und vorsichtig über die offene Wunde über dem Auge tupfte. »Hast du ihm nicht gesagt, wie schlecht die Dinge stehen?«

»Er weiß es doch«, murmelte Michael. »Der Vorschlag hat ihm nicht gefallen.«

»Ach, der arme Junge«, rief Maisie aus. »Du hast seine Gefühle verletzt.«

»Und er hat mehr als nur Michaels Gefühle verletzt!«, gab Trella bissig zurück. »Die Wunde über seinem Auge muss genäht werden. Hast du ihm denn gesagt, dass wir ihm Geld mitgeben werden?«

»Dazu hatte ich keine Gelegenheit mehr. Lass mich jetzt! Ich rede morgen noch einmal mit ihm, wenn er sich beruhigt hat.«

Aber Brodie kam in der Nacht nicht nach Hause und auch am nächsten und übernächsten Tag nicht mehr, und dann erzählte jemand im Pub, er habe Brodie Court auf einem Brauereiwagen aus Limerick hinausfahren sehen.

»Wie schlimm für einen Mann, so fortgehen zu müssen«, klagte Michael, als er davon erfuhr. »Und ich habe das Gefühl, als hätte ich ihn vertrieben.« Seiner Frau hatte er den wahren Grund für ihren Streit nicht verraten und würde es auch nie tun. Sie traf keine Schuld. Er hatte versucht, Brodie den Plan so schonend wie möglich beizubringen, aber er hatte es vermasselt.

Michael vermisste Brodie sehr. Und er machte sich Sorgen, weil er einfach so, ohne alles, weggegangen war, ohne Geld und ohne die Briefe, die Michael ihm hatte mitgeben wollen – Empfehlungsschreiben von Pater Daly und Sergeant Clemens, um zu versichern, dass er ein aufrechter Mann war und kein dahergelaufener Vagabund.

»Wann kommt Onkel Brodie zurück?«, wollte Garth wissen.

»Bald«, antwortete Michael und hoffte, dass es keine Lüge war.

 

Himmel, wie er Dublin hasste! Die Bitterkeit, die er empfand, übertrug er nun auch auf diese Stadt und jeden, der darin wohnte. Er war durch die Straßen gelaufen, bis seine Sohlen durchlöchert waren, und konnte dennoch keine Arbeit finden. Brodie empfand dies als persönliche Beleidigung, da er ein kräftiger Mann und williger Arbeiter war. Mittlerweile war er schrecklich abgemagert, immer hungrig und gezwungen, mit stinkenden Vagabunden im Schmutz eines leer stehenden Lagerhauses zu leben.

Er hatte sich das Mitfahren auf Last- und Pferdewagen erbettelt, um nach Dublin zu kommen, und zu seiner großen Schande musste er auch bei Bauern um Essen betteln. Dabei war er zuversichtlich gewesen, dass er in der großen Stadt umgehend Arbeit finden würde.

Die Misserfolge ließen ihn befürchten, dass er ohne ein eigenes Zimmer und in seinen abgewetzten Kleidern mit jedem Tag einer Vogelscheuche ähnlicher wurde. So jemanden würde natürlich keiner einstellen wollen, und er merkte schon, wie die Geschäftsleute die Nase rümpften und Angst bekamen, er könnte sie ausrauben.

Er steckte in dieser schmutzigen und stinkenden Stadt fest und war der Verzweiflung nahe. Aber er würde nicht zurückgehen. Auf keinen Fall!

Und dann wendete sich das Schicksal.

In Dublin wimmelte es vor Straßenräubern. Spät in der Nacht lauerten sie in dunklen Gassen abseits der Hauptstraßen und warteten auf einzelne Gentlemen, die sie dann überfielen und bewusstlos schlugen, bevor sie sie ausraubten.

Brodie beobachtete es mit einigem Interesse und ohne Mitgefühl für die Opfer. In dieser Stadt, so hatte er gelernt, kämpfte jeder für sich allein.

Er beschloss zu lernen, wie man das machte. Er musste irgendwie an Geld herankommen und die edlen Herren, die in die Hände der Räuber fielen, konnten sich den Verlust einiger Shillinge durchaus leisten. Und es sollte ja für einen guten Zweck sein!

Er grinste über seinen eigenen Scherz. Wenn er Geld bekam, diente das wahrlich einem guten Zweck. Er hatte bereits die Opferstöcke in Dublins großen Kirchen untersucht, aber immer war schon vor ihm jemand da gewesen. Also war er auch darin ein Versager.

Die meisten Straßenräuber arbeiteten zu zweit. Typisch, dachte Brodie: Stadtratten, die keinen Mumm in den Knochen hatten! Aber Brodie Court brauchte keinen Partner. Wenn er zuschlug, würde der Kerl liegen bleiben. Und er müsste mit niemandem teilen.

Alles, was er brauchte, war genug Bargeld, um sich ein paar anständige Kleider und einen Barbier leisten zu können, damit er in vorzeigbarem Zustand nach Arbeit suchen konnte.

Brodie war überrascht, wie einfach es ging. Er hatte sich einen vielversprechenden Platz in der Nähe einiger Freudenhäuser gesucht und war nach zwei Überfällen auf einzelne Gentlemen zufrieden in sein Versteck zurückgekrochen. Er hatte jetzt sogar eine Geldbörse aus Leder, in der über neun Pfund und ein paar Münzen waren.

Aber dann wurde er nachdenklich. Es reichte nicht. Das Geld würde ihm eine Weile helfen, aber was war, wenn er dann immer noch keine Arbeit gefunden hatte? Würde nicht bald alles für ein Bett und Essen ausgegeben sein? Würde er dann wieder bei den anderen heruntergekommenen Subjekten landen? Dieses Schicksal wollte Brodie nicht akzeptieren, und er beschloss, weiter als Straßenräuber sein Geld zu verdienen. Er suchte sich zwei neue Opfer und legte sechs weitere Pfund auf die hohe Kante.

Am Tage hielt er sich in den Hafenbars auf, dankbar für die Wärme und das billige Essen, und gab hin und wieder ein Bier aus, um Freunde zu finden, die ihm vielleicht helfen könnten.

Dort hörte er dann von der Möglichkeit, nach Amerika auszuwandern. Die Matrosen erzählten Geschichten vom großen Glück, bis Brodie vor Aufregung ganz wirr im Kopf war. Sie wussten sogar, welche Schiffe die besten und billigsten waren, um nach New York zu gelangen. Nur ein paar Wochen auf See, und er wäre in einem Land, das tausendmal so groß war wie Irland und nach Arbeitskräften suchte.

Das war die Lösung! Er würde es tun. Er würde nach Amerika gehen. Ja, das würde jedem in Tullymore einen Schlag versetzen!

Nun, da er einen Plan hatte, beschloss Brodie, sich ordentlich einzukleiden. Dann musste die Überfahrt bezahlt werden, also brauchte er noch etwas mehr Geld, denn er konnte ja nicht völlig mittellos in Amerika an Land gehen.

Brodie wusste zwar, dass die Straßenräuber nie so dumm waren, mehrere Überfälle am selben Ort durchzuführen, aber in seinem Eifer vergaß er es. Er vergaß, dass die Gesetzeshüter ein wachsames Auge auf die bekannten Straßen hatten, um die edlen Herrschaften zu schützen. Er war zu sehr beschäftigt, von seiner neuen und großen Zukunft zu träumen.

Nur noch ein einziges Mal, sagte er sich, als er seine Stellung in der dunklen Gasse bezog. Von diesem Punkt aus konnte er über ein paar Kisten hinweg den Eingang der Gasse gut im Auge behalten.

Es war eine kalte Nacht. Brodie schlang fröstelnd die Arme um seinen Körper und wartete. Paare gingen vorüber. Frauen mit schrillen Stimmen. Betrunkene junge Burschen. Kutschen kamen vorbei. Männer auf Pferden. Dann war es ruhig. Brodie merkte, dass er zu früh dran war, und bereitete sich schon auf eine lange Wartezeit vor, als ein Mann aus einem der Freudenhäuser trat. Er lief in seine Richtung.

Wenn er nach links geht, hab ich ihn, dachte er. Er würde nur wenige Meter laufen müssen. Die meisten Straßenräuber arbeiteten barfuß, um sich nicht zu verraten, aber Brodie brauchte das nicht. Seine Stiefel waren schon so abgetragen und weich und mit Zeitungen als Sohlen ausgelegt, dass sie leiser waren als Pantoffeln.

Dem Himmel sei Dank! Dort war sein Mann. Er soll noch ein paar Schritte gehen, dann schnapp ich ihn von hinten …

Plötzlich sprangen hinter den Kisten zwei dunkle Schatten hervor und griffen den Mann an. Brodie war gerade losgelaufen. Er kochte vor Wut. Wer waren diese Kerle, die ihm einfach sein Opfer wegschnappten? Und sein Geld. Empört beteiligte er sich an der Rauferei und schlug auf die Räuber ein, um sie zu vertreiben. Ein heftiger Schlag ließ den größeren der beiden zu Boden stürzen, den anderen traf Brodie aber nur noch mit dem Stiefel ins Hinterteil. Binnen weniger Sekunden waren beide Räuber verschwunden.

Das unglückselige Opfer lag hilflos am Boden. Brodie wollte ihm gerade einen Hieb verpassen, als der Mann ihm seine Hand hinhielt.

»Danke, Sir! Ich danke Ihnen sehr. Und ich danke Gott, dass Sie in der Nähe waren. Würden Sie mir bitte aufhelfen?«

Was sollte er anderes tun? Er ergriff seine Hand und zog den Mann auf die Füße. Hob sogar seinen Hut auf.

Der Gentleman lehnte sich gegen die Wand. Er war um die vierzig und reich, wie der lange Mantel mit dem Pelzkragen verriet.

Schmerzvoll verzog er das Gesicht. »Ich fürchte, ich habe mir den Knöchel verstaucht«, meinte er und trat vorsichtig mit dem Fuß auf, der in einem teuren Schuh steckte.

»Können Sie gehen?«, fragte Brodie und dachte, dass das eine dumme Frage sei, weil es ihm im Grunde egal war, aber er wusste nichts Besseres zu sagen.

»Ich muss wohl. Es sei denn, ich finde eine Kutsche, die mich nach Hause bringt. Aber ich fühle mich etwas schwindelig. Diese Schurken haben mich ganz schön erwischt!« Er sah Brodie an. »Ist es möglich, dass ich Sie noch ein wenig länger bemühen kann? Ich werde Sie auch bezahlen. Würden Sie mir wohl bis zur Ecke helfen? Dort ist mehr Betrieb, und vielleicht finde ich eine Kutsche.«

Um Brodies Verwirrung noch weiter zu steigern, ertönten auf einmal Pfiffe, und zwei Polizisten rannten herbei und packten ihn. Sie schrien ihn an und hielten ihn fest, während sie gleichzeitig das Opfer nach seinem Befinden fragten.

Schließlich fuhr der Gentleman sie an. »Lassen Sie ihn gehen, Sie Dummköpfe! Dieser Mann kam mir zu Hilfe. Ich wurde von zwei Räubern angegriffen, und er hat sie vertrieben.«

Die Polizisten waren skeptisch. Sie schienen zu denken, der Schlag auf den Kopf habe dem armen Mann den Geist verwirrt, denn Brodie sah mehr wie ein Straßenräuber aus als wie ein edler Retter.

»Er ist ein Landstreicher. Wir nehmen ihn mit«, verkündeten sie.

Brodie war beleidigt. »Ich bin kein Landstreicher! Ich habe Geld. Sie können mich nicht festnehmen!«

Sie redeten über ihn, als sei er gar nicht anwesend. »Sehen Sie ihn doch an, Sir. Sehen Sie nicht, wie schmutzig er ist? Sie hatten Glück, dass wir vorbeikamen.«

»Bei Gott!«, rief Brodie. »Sie würden auch nicht mehr fein aussehen, wenn Sie so weit gewandert wären wie ich. Von Tullymore bis hierher, mit all meinem Geld, um nach Amerika auszuwandern. Ich bin erst heute in Dublin angekommen.«

»Zeig uns das Geld.«

Brodie nahm seine Börse heraus, und sofort wurden die Polizisten misstrauisch. »Woher hast du eine so schöne Geldbörse?«

»Gott im Himmel!«, rief Brodie. »Was wollen Sie denn? Dies ist ein Abschiedsgeschenk von den guten Leuten aus Tullymore, damit ich sie nicht vergesse.«

Er ließ sie das Geld sehen. »Erst muss ich die Überfahrt nach Amerika bezahlen. Und da ich nicht weiß, was das kosten wird, konnte ich mir noch keine anständige Reisekleidung kaufen.«

»Wie heißt du?«

»Court. Mister Brodie Court.«

»Das reicht jetzt!«, unterbrach der Gentleman mit Nachdruck. »Mr Court kam mir zu Hilfe und hat damit Ihre Pflicht getan. Ich lasse es nicht zu, dass er weiter so belästigt wird. Bitte treten Sie zur Seite.«

Brodie war nur allzu glücklich, den Verletzten bis zur Ecke stützen zu dürfen, während die Polizisten ihm argwöhnisch nachblickten.

Als sie eine Kutsche gerufen hatten, sagte der Mann: »Sie steigen besser mit ein, denn die zwei sind so versessen darauf, Sie einzusperren, dass sie Sie gleich wieder schnappen, wenn ich weg bin.« Brodie zögerte, da er sich seines schäbigen Äußeren schämte, doch seinem neuen Freund schien das nichts auszumachen. »Steigen Sie ein.«

»Aber ich bin kein Landstreicher!« Inzwischen hatte er sich selbst eingeredet, dass er nur ein unschuldiger Passant gewesen war. »Ich besitze einen eigenen Hof«, fügte er stolz hinzu.

»Haben Sie Papiere, die das beweisen?«

»Nein.«

»Dann steigen Sie ein, schnell.«

Als die Kutsche davonklapperte, wurde Brodie auf den frisch polierten Ledersitzen ein wenig unsicher. Er sah, dass der Gentleman trotz der Kälte auf seiner Seite das Fenster öffnete.

»Warum haben Sie Ihren Hof verlassen?«, wollte er wissen.

»Die Zeiten sind schlecht. Zu viele Mäuler zu stopfen. Also sagte ich zu meinem Bruder … der Hof gehört uns beiden … Ich sagte also, ich mach mich auf den Weg. Er hat Familie. Ich bin alleinstehend. Ich wollte ihm helfen.«

»Das war sehr anständig von Ihnen, Mr Court. Wo kann ich Sie absetzen?«

»Irgendwo. Ist egal. Ich werde mir die Nacht um die Ohren schlagen und morgen zum Emigrationsbüro gehen.«

»Ab nach Amerika?«

»Ja, Sir.«

Der Gentleman ließ den Kutscher vor einem großen Haus anhalten, dessen helle Lichter von der Eingangstür bis zur Pforte leuchteten.

»Ich glaube, dass ich eine Arbeit für Sie hätte, die Ihnen das Geld für die Überfahrt ersparen könnte.«

»Wie das?«

»Hier sind fünf Shilling, weil Sie mich gerettet haben. Nehmen Sie sich dafür heute Nacht ein Zimmer, damit Sie nicht wegen Landstreicherei festgenommen werden.«

Brodie wusste, dass der Mann ihn damit taktvoll auf seinen Gestank aufmerksam machte, aber er zeigte keinerlei Regung. Niemals, so schwor er sich, würde er sich erlauben, wieder so tief zu sinken.

»Das werde ich, Sir«, erwiderte er.

»Gut. Nun zu dieser Arbeit. Ich möchte, dass Sie mich morgen früh aufsuchen, bevor Sie Ihre Überfahrt arrangieren. Ich glaube, ich kann Ihnen helfen.«

Er bezahlte den Kutscher und humpelte zur Tür. »Von hier aus schaffe ich es allein. Mein Name ist Jack Delaney. Ich erwarte Sie hier morgen früh um zehn. Nicht früher. Nicht später. Das heißt, wenn Sie interessiert sind.«

»Das bin ich, Sir. Sehr sogar.«

»Gut. Dann gehen Sie jetzt. Ich sehe Sie morgen früh.«

 

Brodie suchte ein Zimmer im besten Gasthaus, das er fand, und zahlte extra für die Benutzung einer rostigen Zinkbadewanne. Am nächsten Morgen stand er früh auf und suchte einen Barbier.

Frisch rasiert, das Haar geschnitten und glänzend vor Brillantine, starrte er in den Spiegel.

»Himmel«, lachte er, »ohne den Bart sehe ich wie ein Fremder aus.«

Der Barbier nickte weise.

»Ich sage immer, ein Mann trägt einen Bart, um älter oder würdevoller auszusehen oder um ein hässliches Gesicht zu verstecken. Ihr jungen Burschen habt das nicht nötig. Zeigt euer gutes Aussehen, solange ihr könnt!«

»Danke sehr. Ich werde daran denken. Können Sie mir noch sagen, wo es gute und preiswerte Kleidung zu kaufen gibt?«

»Sicher. Um die Ecke in Abe Rosensteins Gemischtwarenhandlung. Er wird Ihnen helfen.«

Brodie fand den Laden und blickte sich erstaunt um. Es sah mehr aus wie in einem Lagerhaus, bis zur Decke vollgestopft mit allen möglichen Waren. Er musste Kisten und Ballen beiseiteschieben, um durch die schmalen Gänge bis zum Besitzer vorzudringen, einem kleinen, flinken Mann mit einer bestickten Kappe auf dem kahlen Kopf. Wie ein Chinese, dachte Brodie bei sich.

»Ich brauche Kleidung«, meinte er zögernd, eingeschüchtert von der Menge und Vielfalt der Waren um ihn herum.

»Was für Kleidung?«

»Ich werde mich um eine Stelle bewerben. Der Barbier hat mich hergeschickt. Sind Sie Mr Rosenstein?«

»Zu Ihren Diensten, Sir. Lassen Sie mich sehen.« Er wühlte in Kisten, zog Jacken, Hemden und Hosen hervor und bestand darauf, dass Brodie sie sofort anprobierte.

Er duldete keine Widerrede. Hemden und Hosen wurden angezogen, ausgezogen, durch andere ersetzt, zugeknöpft, aufgeknöpft, bis Rosenstein schließlich zufrieden war. Er schob Brodie vor einen hohen Spiegel.

»Sie suchen eine Stelle? Kein Mann hat je besser ausgesehen. Sie werden sie bekommen.«

Brodie war verblüfft. Und nervös. Er sah tatsächlich gut aus mit dem gestreiften Hemd, Frackschleife, Cordhosen und lohfarbenen Stiefeln.

»Wie viel kostet das alles?«

»Die Strümpfe berechne ich Ihnen nicht. Gentlemen tragen immer Strümpfe unter ihren Stiefeln.«

»Wie viel?«

»Sie können alles zusammen für fünf Shilling und sechs Pence haben.«

»Was? Das ist Diebstahl am helllichten Tag!«

»Sehen Sie sich an, Sir! Ich habe Sie fein ausstaffiert. Aber Sie können nicht in Hemdsärmeln herumlaufen. Ziehen Sie das hier an.« Er zog eine schwarze Seemannsjacke hervor. Sie war groß, warm und bequem, mit tiefen Taschen gegen kalte Hände, und Brodie nahm sie sofort. Noch nie hatte er eine so schöne Jacke besessen, da er immer die Kleidung von seinem Bruder auftragen musste.

»Sieben Shilling, sechs Pence für alles«, sagte Abe Rosenstein. »Und das ist billig, glauben Sie mir. Sie werden die Stelle bekommen. Aber Sie brauchen auch noch Kleidung zum Wechseln. Sie müssen wiederkommen und noch mehr kaufen, und ich gebe Ihnen den besten Koffer dazu, den ich habe, damit Sie nicht arm aussehen und niemand Ihnen die Tür vor der Nase zuschlägt.«

Damit traf er einen wunden Punkt. Er hat recht, dachte Brodie und nahm seine Börse heraus. Ein Mann sollte nicht arm aussehen.

Ein Dienstmädchen bat ihn am Hintereingang von Mr Delaneys Haus zu warten und Brodie bewunderte den schönen Garten mit dem Springbrunnen, den Marmorbänken und sauber gestutzten Büschen. Er überlegte, ob sich wohl auch irgendjemand dort hinsetzte oder ob es nur zur Zierde war.

»Sind Sie das, Court?« Delaney musterte ihn von der Tür aus.

»Ich bin es, Sir«, grinste Brodie und warf sich in die Brust.

»Nun, ich muss sagen, Sie haben sich fein herausgemacht. Kommen Sie.«

Sie gingen in einen großen Raum mit breitem Schreibtisch, Lederstühlen und daunenweichem Teppich, wo Brodie erfuhr, dass Delaney Pferdezüchter und auch Pferdetrainer war.

»Kennen Sie sich mit Pferden aus?«, fragte er, und Brodie nickte eifrig, denn er hatte oft genug in den Ställen von Mr Hadley-Jones gearbeitet.

»Hab viel Zeit mit Pferden verbracht«, antwortete er.

»Gut. Ich will morgen zwei meiner Vollblüter auf die Reise schicken, zu einem Freund. Der Stallbursche, der sie begleiten sollte, ist krank geworden. Sehr ärgerlich. Es ist alles für morgen arrangiert, und wenn ich keinen Ersatz finde, wird das sehr teuer für mich. Hätten Sie Interesse, die Pferde zu begleiten?«

»Ja, Sir.«

»Eines stelle ich gleich von Anfang an klar: Wenn Sie die Stelle annehmen, werden Sie die Tiere nicht aus den Augen lassen. Sie werden sie füttern, tränken, striegeln und auf sie achten wie auf Ihre eigenen Kinder. Diese Pferde sind sehr wertvoll. Ich möchte nicht, dass ihnen etwas zustößt.«

»Ich werde mich um sie kümmern.«

»Sie schlafen bei ihnen und lassen sie niemals aus den Augen. Haben Sie das verstanden?«

»Ja, Sir.«

»Um sicherzugehen, bekommen Sie Ihr Geld in zwei Raten. Zehn Pfund, bevor Sie abreisen, und zehn Pfund, wenn die Tiere gesund und munter bei Mr Vern Holloway ankommen. Sie werden mich gleich in die Ställe begleiten, damit mein Stallmeister Ihnen die nötigen Instruktionen geben kann und Sie die Tiere kennenlernen. Ich lasse Ihnen nicht viel Zeit, ich weiß, aber die Reise wird für zwei junge Pferde nicht leicht sein. Ich will nicht, dass sie Ihnen völlig fremd sind. Sie müssen über Nacht im Stall bleiben.«

»Sie können sich auf mich verlassen.« Brodie wagte kaum zu atmen. »Aber was ist mit den Fahrtkosten, Sir? Für das Schiff?«

»Dazu wollte ich gleich kommen. Ihre Überfahrt im Zwischendeck wird bezahlt. Die Sache hat nur einen kleinen Haken. Das Schiff geht nicht nach Amerika. Mein Freund lebt in Australien. Macht das für Sie einen Unterschied?«

Brodie war enttäuscht. Er hatte sich so auf Amerika gefreut!

»Australien ist ein schönes Land«, fuhr Mr Delaney fort. »Viele Iren wandern dorthin aus. Sie werden es nicht bereuen.«

»Aber ich kenne dort niemanden«, protestierte Brodie. Das war leichter, als zuzugeben, dass er keine Ahnung hatte, wo dieses Land sich befand. Irgendwo im fernen Osten?

»Haben Sie denn Freunde in Amerika?«

»Nein«, gab er zu.

»Na also!« Delaney war erleichtert. »Vergessen Sie nicht, dass Sie auf dem Schiff Leute kennenlernen werden. Es fährt nach Brisbane, an die Ostküste, wo es warm und schön ist. In New York ist der Winter hart und kalt wie hier.«

Aber Brodie hatte sich schon entschlossen. Da es die einzige Stelle war, die er angeboten bekam, hatte er wohl keine andere Wahl. Und er nahm an, dass dieses andere Land ungefähr genauso war wie Amerika.

»Werde ich dort denn Arbeit finden?«, wollte er wissen.

»Ich werde mich darum kümmern. Mr Holloway kann Ihnen sicher eine Anstellung verschaffen – aber nur unter der Bedingung, dass meine Pferde gesund bei ihm ankommen. Was ist, schlagen Sie ein?«

»Was wird mich das Essen auf dem Schiff kosten?«, fragte Brodie listig.

»Nichts. Es ist im Preis enthalten. Aber ich werde noch extra Vorräte für Sie bereitstellen lassen, da das Essen an Bord recht schlecht sein kann.«

»Dann sieht es ganz so aus, als ob ich fahre«, sagte Brodie. »Ich brauche aber noch ein wenig Zeit, um etwas einzukaufen«, fügte er hinzu, da er ja nicht arm aussehen wollte.

Delaney stand auf und überreichte ihm zehn neue Geldscheine. »Ich vertraue darauf, dass Sie in einer Stunde wieder hier sind, dann fahren wir zu den Ställen.« Er schüttelte Brodie die Hand. »Und Sie können darauf vertrauen, dass Sie es in Australien ebenso gut haben werden wie in Amerika.«

Brodie befühlte das Geld in seiner Tasche und konnte nur zustimmen. »Ich werde im Handumdrehen zurück sein, Sir. Sie werden keinen besseren Beschützer für Ihre Pferde finden als mich. Ich werde mich gewissenhaft um sie kümmern.«

 

Abe Rosenstein öffnete ihm die Tür. »Ah, Mr Court! Sagen Sie nichts! Sie haben die Stelle bekommen.«

»Ja.« Brodie konnte es kaum erwarten, jemandem die Neuigkeiten mitzuteilen. »Ich soll als Pferdepfleger arbeiten und zwei gute Tiere auf einem Schiff bis nach Australien bringen.«

»Wie schön für Sie!«

»Ich wollte ja eigentlich nach Amerika und bin etwas enttäuscht über dieses andere Land. Aber ich musste mich auf der Stelle entscheiden, weil es morgen schon losgeht, also hab ich zugesagt.«

»Vielleicht haben Sie es sogar besser getroffen«, meinte Abe Rosenstein. »Nach Amerika gehen so viele, und in dem anderen Land haben Sie möglicherweise bessere Chancen.«

»Vielleicht. Was soll ich mitnehmen? Ich glaube, es liegt noch weiter weg als Amerika.«

Wieder durchstöberte Abe Rosenstein seinen Laden und zog Kleidung für einen Stallburschen hervor, eine Decke, eine neue Mütze und Reitstiefel. Dann holte er Waschutensilien, Bürste und Kamm, Rasiermesser und Streichriemen, Haaröl und Zahncreme und legte alles unter Brodies entsetztem Blick auf die Ladentheke.

»Werde ich das alles brauchen?«

»Es ist billiger, wenn sie es hier kaufen. Und als Stallbursche eines reichen Mannes dürfen Sie ihn nicht blamieren. Sie müssen gut gepflegt aussehen.« Er stellte noch ein paar Flaschen mit Medizin dazu.

»Vergessen Sie den Koffer nicht.«

»Aber nein.« Er kramte einen neuen brauen Koffer hervor und packte alles ein. »Bitte sehr. Sie werden Ihrem Arbeitgeber alle Ehre machen.«

Brodie hatte noch nie eine solche Ausstattung gesehen und fühlte sich sehr wohlhabend, als er die drei Pfund bezahlte.

»Würden Sie mir noch einen Gefallen tun, Mr Rosenstein?«

»Aber gewiss. Nennen Sie mich Abe.«

»Ich brauche Stift und Papier, um meiner Familie zu schreiben.«