Bud Spencer und Terence Hill - Marc Halupczok - E-Book

Bud Spencer und Terence Hill E-Book

Marc Halupczok

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Beschreibung

Bud Spencer und Terence Hill, das wohl erfolgreichste Duo in der Filmgeschichte, ihre Filme sind heute populärer denn je und jede Generation entdeckt die Filme mit ihrem einzigartigen Humor aufs Neue. Dieses Buch ist eine humorvolle Hommage an Bud Spencer und Terence Hill, an die großartige Zeit ihrer besten Filme und an all die Fans, die diese Legende immer wieder aufs neue mit Leben erfüllen. Marc Halupczok, selbst bekennender Fan von Bud und Terence verfasste voller Bewunderung und mit viel Humor ein Buch, das in die Welt der beiden Raufbolde eintaucht und neben Anekdoten und guter Laune vor allem eins zu Tage fördert: Bud Spencer und Terence Hill wie sie von ihren Fans noch heute verehrt und geliebt werden!

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Seitenzahl: 262

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Marc Halupczok

BUD SPENCER

TERENCE HILL

4 Fäuste sind einfach nicht zu bremsen

1. Auflage September 2012

©opyright 2012 by U-Line & Marc Halupczok

Lektorat: Franziska Köhler

Satz: nimatypografik

ISBN: 978-3-939239-70-3

Titelbild und Bilder: ddpimages

Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder

eine andere Verwertung ist nur mit schriftlicher

Genehmigung des Verlags gestattet.

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Ubooks-Verlag

U-line UG (haftungsbeschränkt)

Neudorf 6

64756 Mossautal

www.u-line-verlag.de

Inhalt

Vorwort

1. Zufällige Begegnungen

2. Der Bravo-Boy

3. Die Mutter aller Spaßwestern

4. Im Zirkus

5. Unter Mormonen

Fototeil 1

6. Ein lahmer Kahn

7. Eine Woche Keilerei

8. Flieger, grüß mir die Sonne

9. Achtung, es wird verrückt

10. Dem Tod von der 
Schippe gesprungen

11. Haste mal ’nen Groschen?

12. Arm in Arm mit dem Seewolf

13. Ein «Riesenbaby» 
und der Tierschutz

Fototeil 2

14. Kraft und Ausdauer

15. Rote Mütze, blaue Mütze

16. Doppelgänger und 
vermeintliche Drogenprobleme

17. Waffen statt Fäuste

18. Aus der Flasche auf 
das faule Pferd

19. Weihnachten mit 
Bud und Terence

20. Und zum guten Ende hin …

Alle Spencer/Hill-Filme in der Übersicht (mit Bewertung)

77 Fakten über Bud Spencer und Terence Hill

Vorwort

Das nun folgende Szenario dürfte nahezu jeder kennen, der ungefähr zwischen 1970 und 1980 geboren wurde: Nach einem ausgiebigen Vollbad stellt Muttern ein paar Schnittchen auf den Tisch, während Vaddern das Fernsehprogramm studiert. Am heutigen Samstagabend kein Verstehen Sie Spaß?, kein Wetten dass ...? und noch nicht mal Vier gegen Willi mit Mike Krüger? Aber da steht doch was von einem Film mit Bud Spencer und Terence Hill!

Die Altvorderen verdrehen dezent die Augen, denn die Prügelklamotten der beiden sind immer an der Grenze zur Albernheit. Und vielleicht auch nicht durchgehend kindgerecht. Aber letztlich flimmerten die beiden Helden dann doch über den Bildschirm. Und spätestens wenn nach den Schnittchen die Schokolade auf den Tisch kam, lachte sich auch Muttern über die harmlosen Abenteuer und flapsigen Sprüche der Italiener kaputt.

Die Liebe des Verfassers dieser Zeilen zu Claudio Pedersoli (Bud Spencer) und Mario Girotti (Terence Hill) wurde allerdings nicht auf dem heimischen Sofa, sondern auf dem der Oma entfacht. Die besaß nämlich als Erste im Verwandtenkreis einen Videorekorder von der Größe einer handelsüblichen Mikro­welle. Und es war immer ein Festtag, wenn sie ihre Enkel einlud. Bei halben Hähnchen und Pommes wurden Filme wie Die rechte und die linke Hand des Teufels, Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle oder Das Krokodil und sein Nilpferd regelrecht zelebriert.

Und natürlich mussten diverse Szenen der Filme später mit Freunden nachgespielt werden. Ob es der legendäre Dampfhammer von Spencer war, der den Gegnern innerhalb einer Sekunde das Licht ausknipste. Oder die schnelle Serie von Backpfeifen, die nur Terence Hill mit einem Lächeln auf den Lippen hinbekam. Wir versuchten uns sogar an Kartentricks, mussten aber schnell feststellen, dass Kinderhände nur bedingt dazu geeignet sind, Asse und Könige wie magisch durch die Luft fliegen zu lassen. Außerdem konnten wir noch nicht pokern.

Mit unseren Plastikrevolvern waren wir nun auch nicht mehr Buffalo Bill, Billy The Kid oder Wyatt Earp. Wir wollten sein wie der «müde Joe». Dafür versuchten wir sogar, unsere billigen Strohcowboyhüte «schmuddeliger» wirken zu lassen. Und was hätten wir für einen abgeratzten Wachsmantel gegeben! Von Terence Hills Augenfarbe, den geschmeidigen Bewegungen und dem Dreitagebart mal gar nicht zu reden.

Die Mädchen in unserer Umgebung hatten bezüglich unserer neuen Leiden­schaft wenig beizutragen. Erstens waren Mädchen doof, zweitens spielten sie im Universum von Spencer und Hill keine übergeordnete Rolle (die Flirts von Hill mal außen vor gelassen) und drittens schien kaum eine der Damen auch nur ansatzweise zu verstehen, warum wir die zwei Chaoten mit dem herben Charme so sehr in unser Herz geschlossen hatten. Seltsam, kamen doch in den meisten Filmen der beiden Pferde vor.

Carlo Pedersoli und Mario Girotti sind ein Phänomen. Ähnlich wie die Hörspielserie Die drei Fragezeichen gehören sie untrennbar zur Kindheit und Jugend dazu. Und ähnlich wie die Ermittler aus Rocky Beach haben auch sie den Test der Zeit überstanden. Natürlich wirken die Filme mit heutigen Augen gesehen ein wenig überholt (andere würden vielleicht das furchtbare Wort «dated» benutzen). Manche der Gags fliegen wirklich extrem tief und die Qualität der Drehbücher schwankt stark. Abgesehen davon gibt es bis auf explodierende Autos auch so gut wie keine Spezialeffekte. Und doch, egal welcher Streifen gerade läuft, irgendwie fühlt man sich bei den sympathischen Italienern einfach zu Hause. Nur dass es eben keine Schnittchen, sondern eine Pfanne voll Bohnen mit Speck gibt. Und wenn es dumm läuft, noch eine Abreibung oben drauf.

Dieses Buch ist eine Hommage an eines der erfolgreichsten Filmduos aller Zeiten. Es gibt einen Überblick über das Leben der beiden, auch wenn sich ­Terence Hill im Lauf seiner langen Karriere privat nur selten aus der Deckung wagte. Von Bud Spencer, dem umtriebigen Lebemann aus Neapel, ist viel mehr bekannt. Der Darsteller, Musiker, Erfinder, Pilot, Produzent und Straßenarbeiter in Personalunion ist ein überschäumender Quell an Anekdoten. Sein Motto lautet: «Aus dem Weg, ich lebe mein Leben.» Und genauso geht er es an. Manchmal rastlos wirkend alles ausprobieren, was in Reichweite erscheint.

Der Deutsch-Italiener Hill hingegen wird von Freunden und Kollegen als zurückhaltend beschrieben. Schon früh in seiner Karriere, Anfang der sechziger Jahre, kommt er nach Deutschland, um in verschiedenen Karl May-Filmen mitzuwirken. Für das Buch Terence Hill versuchte der Autor Ulf Lüdeke einige ehemalige Kollegen ausfindig zu machen, um mehr über den frühen Mario Girotti zu erfahren. Aber die meisten konnten nur mit den Schultern zucken. Still, zurückhaltend, höflich. Das sind die Attribute, mit denen der Schauspieler umschrieben wird. Und damit stellt er so ziemlich das genaue Gegenstück zu seinem Partner dar (bis auf die Höflichkeit, die wollen wir Bud Spencer nicht absprechen). Doch auch sonst unterscheiden sich beide erheblich von­einander. Und das nicht nur in ihrer Erscheinung.

Der ehemalige Schwimmstar Spencer kommt durch Zufall und Umwege zum Film, glaubt auch Mitte der siebziger Jahre noch nicht, dass er wirklich Schauspieler ist. Und das trotz Millionenerfolge. Hill hingegen besucht viele Jahre eine Schauspielschule, lernt reiten, studiert Literatur und Philosophie und bildet sich auch in Jahren des Erfolges immer weiter. Er ist ein «echter» Schauspieler, der sich vom Italo-Western-Altmeister Sergio Leone (mit dem er als Schauspieler große Erfolge feiert) in die Kunst des Regieführens unterweisen lässt. Spencer hingegen trägt mit Eigenkompositionen zum Soundtrack mancher Filme bei, singt bisweilen gar selber, kann aber keine einzige Note lesen. Dafür macht er mit fünfundvierzig und trotz schlechter Augen den Pilotenschein und überfliegt mal eben den Atlantik.

Der zweite wichtige Aspekt dieses Buches sind natürlich die Filme. Gemeinsam drehten Spencer und Hill insgesamt achtzehn Streifen (wenn man die zufällige «Begegnung» bei Hannibal mitzählt), dazu kommen diverse Soloarbeiten, ob für das Kino oder für das Fernsehen. Auch das Umfeld, bestehend aus Schauspielkollegen, Stuntmen, Regisseuren, Filmkomponisten und Drehbuchautoren, wird beleuchtet. Denn der Erfolg und spätere Kultstatus der beiden Haudegen beruht nicht nur auf den Namen Spencer und Hill. Der Regisseur Giuseppe Colizzi gilt als Urvater des Duos, Enzo Barboni verfeinert den Stil. Äußerst wichtig ist auch der Stuntman und Schauspieler­ Riccardo Pizzuti, dessen Name zwar kaum jemand kennt, dessen Gesicht ­allerdings jedem Fan ein Begriff ist. Keiner spuckt nach einer Schlägerei so schön seine Schneidezähne aus wie er. Insgesamt ist er in zwanzig Filmen der beiden zu sehen. Aber auch Namen wie Raimund Harmstorf, die Gebrüder De Angelis (alias Oliver Onions), Giorgio Ubaldi, Horst Wendlandt oder Giancarlo Bastianoni sind Namen, die im Universum von Spencer und Hill eine wichtige Rolle spielen.

Interessant ist, wie viele Halbwahrheiten und Falschinformationen über das Duo die Zeiten überdauern (gerade durch das Internet). So ist bis heute in vielen Foren zu lesen, Terence Hill hätte bei seiner Hochzeit den Namen seiner Frau übernommen, was natürlich falsch ist. Denn seine Frau heißt mit Nachnamen Zwicklbauer. Hill hatte diese Meldung 1970 aus Imagegründen in Umlauf gebracht, sie allerdings schon bald darauf in diversen Interviews widerrufen.

Ebenfalls nicht totzukriegen ist das Gerücht, Bud Spencer wäre Doktor der Juristerei. Auch diese Behauptung ist nachweislich falsch. Denn Spencer studierte zwar eine Zeit lang Jura, brach das Studium nach wenigen Semestern aber ab. Er hat den italienischen Akademikergrad «dottore» inne, der sich jedoch in keiner Weise mit dem deutschen Doktor vergleichen lässt. Allerdings wird «dottore» in Italien bisweilen dr. abgekürzt, deshalb wohl die Verwechslungen. Aber was wären echte Berühmtheiten ohne ein bisschen Tratsch und Halbwahrheiten?

Bud Spencer selbst wird nicht müde zu betonen, dass der große und lang anhaltende Erfolg des Duos nur durch ihre private Freundschaft möglich gewesen sei. Während sich andere bekannte Filmduos wie Stan Laurel und Oliver Hardy (an denen sich Spencer und Hill in ihrer Anfangszeit durchaus­ orientierten), Cheech und Chong oder Tony Curtis und Walter Matthau (Scherzbolde zählen auch C3-PO und R2-D2 aus Star Wars dazu) früher oder später zerstritten, blieb das Band zwischen Spencer und Hill trotz aller privater Probleme und Tragödien bis heute intakt.

Selbst die Ehefrauen Maria (Spencer) und Lori (Hill) sind seit über vierzig­ beziehungsweise fünfzig Jahren an der Seite ihrer Männer, gerade bei Schauspielern ja keine Selbstverständlichkeit. Und mit ihnen die Fans, die wie unsere Helden älter geworden sind, aber wenn es darauf ankommt immer noch die kleinen Jungen (und natürlich Mädchen) in sich entdecken und sich prächtig mit und über Bud Spender und Terence Hill amüsieren können. Mögen die Schlägereien und Fressorgien niemals enden!

Marc Halupczok

Braunschweig, August 2012

Hill: «Hinsetzen und niesen, Natur genießen!»

1. Zufällige Begegnungen

Hill: «Heute Abend ist ein Harfenkonzert.»

Spencer: «Hafenkonzert?»

Hill: «Nein, Harfe!»

Spencer: «Was ist das denn?»

Hill: «Das ist so ein Gartenzaun, wo man reingrapscht.»

Dieser kleine Dialog aus dem Streifen Vier Fäuste gegen Rio, der 1984 in die ­Kinos kam, bringt das Verhältnis zwischen den beiden Filmfiguren Bud Spencer und Terence Hill perfekt auf den Punkt.

Auf der einen Seite haben wir den naiven, dezent dümmlich wirkenden Brummbär mit den Riesenpranken, auf der anderen den smarten Frauenhelden mit den leuchtend blauen Augen. Ein Paar, wie es gegensätzlicher nicht sein könnte, und das nicht zufällig an eine umgekehrte Variante von Laurel und Hardy (Dick und Doof) oder deren frühe Vorgänger Cocl und Seff erinnert – die beiden Wiener Komiker mit den bürgerlichen Namen Rudolf Walter und Josef Holub sind ab 1914 auf der Leinwand zu sehen und werden so zur Blaupause für alle folgenden Duette. Genau deshalb funktioniert dieser Ansatz auch seit über vierzig Jahren und begeistert immer wieder neue Fan-Generationen.

Doch bevor aus Carlo Pedersoli und Mario Girotti das wohl bekannteste italienische Komikerduo aller Zeiten werden sollte, war es ein weiter Weg.

Der fast genau zehn Jahre ältere Pedersoli wird am 31. Oktober 1929 in Neapel geboren. Seine Familie ist wohlhabend, seinem Vater gehören eine große Fabrik und diverse Geschäfte, die unter anderem Möbel herstellen und verkaufen. Pedersoli wächst mit Chauffeur, Hauspersonal und einer eigenen Gouvernante namens Rosa auf, die sich um ihn und seine vier Jahre jüngere Schwester Vera kümmert. Da Rosa aus Deutschland kommt und quasi kein Italienisch spricht, lernt der kleine Carlo zu Beginn seines Lebens Deutsch. Die ersten Versuche des Stöpsels, mit seinem Vater zu kommunizieren, scheitern, weil dieser die Sprache schlichtweg nicht versteht.

Mit Mario Girotti hingegen hätte er sich unterhalten können, denn der wird am 29. März 1939 in Venedig geboren, hat mit Hildegard Thieme aber eine deutsche Mutter und wird zweisprachig erzogen. Während Girotti diese Sprache bis heute fließend beherrscht, ist sie bei Pedersoli ein wenig eingerostet. Auch die Girottis zählen zur oberen Mittelschicht und haben vorerst keine Geldsorgen. Allerdings wird der drohende Krieg die wirtschaftlichen Verhältnisse beider Familien dramatisch verändern.

Der Zweite Weltkrieg ist sowohl für Pedersoli als auch für Girotti das einschneidende Erlebnis ihrer Kindheit und Jugend. Später werden sie sagen, dass dies ein Grund ihrer Freundschaft ist.

So wird die Fabrik der Pedersolis, die im Hafen von Neapel steht, bei einem Bombenangriff der Alliierten vollständig zerstört. Der Klan flüchtet nach Rom, wo der einst schwerreiche Vater Carlos erstmal von seinem Ersparten lebt, während die Mutter Taschentücher für US-amerikanische Soldaten bestickt. Carlo trägt seinen Teil zum Familienbudget bei und organisiert durch kleine Gaunereien Essbares. Und die Nahrungsaufnahme spielt im Leben des Heranwachsenden bereits eine große Rolle, wie er in seiner Autobiografie Bud Spencer zugibt.

Mario Girotti hingegen verschlägt es 1943 für kurze Zeit ebenfalls nach Rom, wo Mario seinen Eltern das erste Mal gesteht, dass er später Schauspieler werden möchte. Zu dieser Zeit sicher noch eine Kinderfantasie, aber schon ein Hinweis in die richtige Richtung. Außerdem kann sich der kleine Italiener wie seine Brüder fürs Schwimmen und Geräteturnen begeistern, was seine spätere, fast sprichwörtliche Geschmeidigkeit erklärt.

Nach heftigen Luftangriffen auf die «Ewige Stadt» flieht der kleine Mario mit seiner Familie in die Heimat seiner Mutter, ins sächsische Lommatzsch in der Nähe von Dresden. Eine fast folgenreiche Entscheidung, denn bereits im August 1944 fallen auch im bis dato sicheren Großraum Dresden die Bomben. Vom 13. bis 15. Februar 1945 wird die Stadt in Schutt und Asche gelegt.

Mario beobachtet die Geschehnisse vom Fenster seiner Wohnung gemeinsam mit seinen Brüdern Oduardo (Jahrgang 1935) und Piero (1943), sie spüren die Druckwellen der Explosionen. Viel später wird Girotti dem deutschen Nachrichtensender n-tv erzählen, dass er von dieser Nacht noch jahrelang alpträumte. In einem anderen Interview für das italienische Fernsehen gibt er sogar an, im Schlaf bis zu seinem dreißigsten Lebensjahr von den ­Bombennächten verfolgt worden zu sein. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn Marios Vater arbeitet als Chemiker in Dresden. Die Kinder müssen befürchten, dass auch er sich unter den (nach aktuellsten Zahlen geschätzten) rund 23.000 Toten befindet. Nach drei Tagen kann ein Onkel Marios den Vater finden, er hat überlebt und sich selbstlos um die Verletzten der Stadt gekümmert.

Nicht der einzige Schreck für die Familie, denn Mario lebt in Lommatzsch seinen kindlichen Bewegungsdrang aus und stromert stundenlang durch die Felder, während seine Mutter zu Hause auf ihn wartet und nicht nur einmal befürchtet, ihrem Sohn sei etwas Schlimmes passiert. Doch noch geht alles gut.

Gemeinsam mit Freunden und Bekannten flüchtet die Familie Girotti schließlich ins nahegelegene Ostrau, was sich als richtig herausstellt. Zwar machen die Flüchtlinge auch dort Bekanntschaft mit Soldaten der Roten ­Armee, aber die Familie Girotti bleibt verschont. Lommatzsch hingegen ist in den letzten Tagen hart umkämpft, Rote Armee, Wehrmacht und Waffen-SS liefern sich Schlachten, plündern und morden.

Mario wird den Heimatort seiner Mutter erst wieder im Frühjahr 1995 besuchen, die Berliner Zeitung berichtet von Tausenden begeisterten Fans, die aus dem ganzen Bundesgebiet angereist sind, um ihren Star zu feiern. Eine anberaumte Autogrammstunde muss sogar abgebrochen werden, weil die Sicherheit von Terence Hill nicht mehr gewährleistet werden kann.

Im September 1945 sind solche Szenarien natürlich noch weiter weg als der Wilde Westen. Die Girottis verlassen Deutschland über Bayern wieder Richtung Italien. Erst geht es nach Venedig, dann nach Amelia, den Geburtsort des Vaters. Hier besucht Mario die Grundschule und wird zum Messdiener. Die Grundlage für seinen tiefen katholischen Glauben, auch wenn der Dreikäsehoch den Pfarrer manchmal ärgert. Girotti wird nie groß über seine Religion sprechen, sondern dies immer als Privatsache behandeln.

Apropos privat, nach einem mehrjährigen Aufenthalt zieht die Familie weiter nach Rom, wo der spätere Terence Hill plötzlich Probleme in der Schule­ bekommt. Aufgrund seiner Abstammung wird er von einem Mitschüler als «mieser Deutscher» bezeichnet. Mario fackelt nicht lange und haut dem Kollegen die Nase blutig. Später wird er diese Auseinandersetzung seine einzige echte Prügelei nennen.

Zu dieser Zeit weilt Pedersoli in Südamerika, denn seine Familie ent­scheidet sich 1947 zur Auswanderung. In Rio de Janeiro scheinen Krieg und Zerstörung weit weg, außerdem besitzt die Familie Freunde in der Stadt, was den Einstand erleichtern soll. Carlo Pedersoli ist nicht sonderlich glücklich über die Entscheidung seiner Eltern, schließlich muss er sein Chemiestudium abbrechen und viele Freunde in Rom zurücklassen. Außerdem kann der junge Mann erste Wettkampferfolge beim Schwimmen einheimsen und würde dies gerne weiterverfolgen. Doch er muss mit seiner Familie gehen. Interessanterweise lebt sich Carlo deutlich besser ein als seine Eltern, er übernimmt viele kleinere Jobs und reift nach eigenen Angaben auf der ­Südhalbkugel zum Mann.

1950 kehren die Pedersolis wieder zurück, nachdem sie auch in Argentinien­ und Uruguay nicht heimisch geworden sind. Carlo fängt wieder bei seinem Schwimmverein S.S. Lazio Nuoto in Rom an und hüpft ins Becken, als sei nichts gewesen. Angeblich hat er in Südamerika nicht einmal trainiert, zudem raucht Carlo viele Zigaretten am Tag. Trotzdem ist er der erste Italiener, der die 50-Meter im Freistil unter einer Minute schwimmt.

Sofort ist er wieder in Rom angekommen und avanciert zu einer kleinen lokalen Berühmtheit. Das italienische Wasserballteam, zu diesem Zeitpunkt das beste der Welt, greift ebenfalls auf Pedersolis Dienste zurück. Und so reist der von Natur aus gut gebaute Athlet in den nächsten Jahren mit den Schwimm- und Wasserballteams um die Welt. Wettkämpfe in Russland, Finnland oder Australien machen ihn immer bekannter, zu Hause erscheint sein Konterfei in den Sportzeitschriften.

Sogar in den USA wird sein Talent registriert, aufgrund seiner Leistungen (unter anderem eine Silbermedaille bei den Mittelmeerspielen) bekommt er eine Einladung der Universität Yale. Dort verbringt er mehrere Monate und trainiert zum ersten Mal unter professionellen Bedingungen. Wirklich professionell verhält er sich allerdings nicht. Er raucht zum Beispiel weiter, was ihm mehrfach Probleme mit den Trainern und Lehrern in Yale einbringt. Aber Carlo hat sich ein Lebensmotto zurechtgelegt, mit dem er persönlich gut fährt: Scheiß drauf!

Diese Attitüde zieht die Aufmerksamkeit der Damenwelt nach sich. Überall, wo Pedersoli auftaucht, warten schon die Verehrerinnen. Und der Sportstar gibt sich alle Mühe, jede einzelne von ihnen zu bedienen. Davon abgesehen hagelt es für den jungen Mann auch Einladungen zu pompösen Abendessen mit allerlei VIPs, die Carlo natürlich mit Freuden annimmt.

Eine andere Leidenschaft ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht entwickelt – die zum Kino. Zwar verirrt sich der junge Pedersoli auch dann und wann in ein Lichtspielhaus, aber wirkliche Begeisterung will bei ihm, anders als bei vielen Altersgenossen, nicht aufkommen. Im Rückblick bezeichnet sich Pedersoli in dieser Zeit selbst als relativ oberflächlich und dumm. Allerdings ist einem jungen Mann, der gerade die Wirren des Zweiten Weltkrieges überstanden hat und zum Sportstar aufgestiegen ist, eine gewisse Oberflächlichkeit (beziehungsweise der Spaß am Leben) durchaus zu gönnen.

Sein späterer Kompagnon Mario hat seine Ziele indes deutlicher vor den stahlblauen Augen. Auch er ist begeisterter Schwimmer, trainiert sogar im gleichen Club wie Pedersoli und sieht den damals bereits bekannten Carlo hier und da beim Training am Beckenrand. Der Sportstar kann sich später nicht mehr an diese Begegnungen erinnern, zu viele junge Bewunderer umschwärmen ihn.

Girotti ist außerdem im Ruderverein und kann auch hier Erfolge erzielen. Doch er gehört auf die Leinwand. Das glaubt auch seine Mutter, die ihn tatkräftig unterstützt und zu seinem ersten Casting in Rom begleitet. Eigentlich soll Mario nur für eine Nebenrolle in dem Kinderfilm Das große Ferienabenteuer (Originaltitel: Vacanze col gangster) unter der Regie von Dino Risi vorsprechen, begeistert die Verantwortlichen allerdings dermaßen, dass sie ihn gleich für eine der Hauptrollen verpflichten. Neben Girotti spielt der deutlich ältere und schon bekannte Mime Marc Lawrence, der von 1937 bis kurz vor seinem Tod 2005 unter anderem in Filmen wie Vierzehn Jahre Sing-Sing, Der Marathon-Mann oder From Dusk Till Dawn zu sehen war.

Mario findet Gefallen an dieser Arbeit, besucht nun regelmäßig die Schauspielschule, nimmt Sprach- und Reitunterricht und dreht in den folgenden Jahren zum Beispiel Männer ohne Tränen (Originaltitel: La voce del ­silenzio), Römischer Reigen (Originaltitel: Villa Borghese) oder El Alamein, wobei die Größe der Rollen stark variiert. Allerdings fällt Girotti dem Publikum schon damals wegen seiner stechend blauen Augen auf, die er überraschenderweise nicht von seiner deutschen Mutter, sondern vom italienischen Vater geerbt hat.

Nahezu zeitgleich steigt auch Marios brummiger Kollege ins Filmgeschäft ein, jedoch unter völlig anderen Vorzeichen. Pedersoli ist Neapolitaner, und denen werden wahre Wunderdinge nachgesagt, wenn es darum geht, sich durchs Leben zu schlagen. Carlo schuftet neben seiner Schwimmkarriere als Straßenarbeiter, verleiht als Bibliothekar Bücher, studiert ein paar Monate Jura, verkauft gebrauchte Autos und macht tausend andere Dinge.

1950 werden Statisten für einen Historienfilm mit dem Titel Quo vadis? gesucht, der aus Kostengründen nicht in Hollywood, sondern in der Nähe von Rom gedreht wird. Carlo ergattert die Rolle aufgrund seiner sportlichen Statur und macht seinen Job. Nicht mehr und nicht weniger. Die ewige Warterei am Set zerrt an seinen Nerven, er denkt nicht im Traum daran, den Weg eines professionellen Schauspielers einzuschlagen. Und zum besseren Verständnis: In Quo vadis? treten rund 30.000 Statisten auf.

In seine nächste Rolle schlittert er 1954 quasi aus Versehen hinein. Für den Kriegsfilm Torpedomänner greifen an (Originaltitel: Siluri umani) werden ein paar kräftige Burschen gesucht. Pedersoli (in der Rolle als Magrini) und ein paar seiner Militärkumpels erfüllen diese Anforderungen und werden engagiert. 1955 folgt ein weiterer kleiner Auftritt als Fernando in Ein Held unserer Tage (Originaltitel: Un Eroe dei nostri tempi). 1957 wird es schon eine Nummer größer, in Il Cocco di mamma spielt der Koloss einen Boxer namens Oscar, der am Ende des Films gegen den Hauptdarsteller antritt.

Noch größer ist die US-amerikanische Produktion In einem anderen Land (Originaltitel: A Farewell To Arms), die auf dem gleichnamigen Roman von Ernest Hemingway basiert. In der Hauptrolle ist Rock Hudson zu sehen. Peder­soli taucht nur kurz als Polizist auf und wird nicht einmal im Abspann erwähnt. Weil es in Italien für ihn beruflich nicht weiterzugehen scheint und auch die Schwimmkarriere beendet ist, schnürt Carlo noch im gleichen Jahr erneut sein Bündel und macht sich auf den Weg nach Südamerika.

Mit einer Mischung aus Fatalismus und Abenteuerlust möchte er sich selbst finden, dazu wenn möglich noch ein bisschen Glück. Außerdem hat er in seiner Heimat hohe Schulden, die er abtragen muss. Zurück bleiben ­Familie, Freunde und eine Frau namens Maria Amato. Diese Dame entspricht so gar nicht den Sportgroupies, die er bis dato um sich geschart hatte. Sie kommt aus einer wohlhabenden Familie und ist nicht auf ein Abenteuer­ aus. Ihr Vater ist der berühmte Filmproduzent und Regisseur Giuseppe ­«Peppino» Amato, der unter anderem als Wegbereiter des Neorealismus und großer Förderer von Roberto Rossellini gilt. Außerdem wurde er wie Pedersoli in Neapel geboren.

Trotzdem verlässt Carlo seine Heimat und versucht sich in Venezuela durchzuschlagen. Später wird er sagen, dass er in Italien kurz davor war ­abzuheben. Er gerät in zwei Bürgerkriege, bekommt einen guten Job bei dem Autohersteller Alfa Romeo, muss sich mit einheimischen und ausländischen Verbrechern herumschlagen und lernt, dass man auch ohne Wohlstandsmüll ein glücklicher Mensch sein kann. An das Filmgeschäft denkt er in diesen Jahren überhaupt nicht.

Anders Mario Girotti, der weiter Filme im Akkord dreht und nebenbei sein Abitur baut. Wandel des Herzens (Originaltitel: La vena d’oro), Die Verirrten (Originaltitel: Gli Sbandati) oder Mamma sconosciuta mögen keine cineastischen Meisterwerke sein, finden aber ihr Publikum. Im Frühjahr 1956 dann der Schock: Marios Mutter Hildegard stirbt im Alter von nur 48 Jahren. Damit verliert der nicht mal volljährige Schauspieler nicht nur ein wichtiges Familienmitglied, sondern auch seine bis dato einzige Unterstützerin. Denn weder sein Vater noch seine Brüder halten viel von Marios Leinwandpräsenz. Auf der anderen Seite geht es den Girottis finanziell nicht gut, also können sie die zusätzlichen Einnahmen gut gebrauchen. Dies ist der Hauptgrund – so der Darsteller viele Jahre später gegenüber einem italienischen Journalisten –, weshalb er überhaupt weiterdreht.

Die große blaue Straße (Originaltitel: La grande strada azzurra) mit Yves Montand in der Hauptrolle wird 1957 zu einem internationalen Erfolg, der 1959 die Kinos der DDR und 1960 unter dem Titel Das Leben ist ohne Gnade die der BRD erobert. Zwischen 1957 und 1958 dreht Girotti nicht weniger als acht Filme, darunter die Bibel-Schmonzette Kreuz und Schwert (Originaltitel: La spada e la croce) unter Regisseur Carlo Bragaglia. Hier mimt Mario den Lazarus, allerdings handelt es sich bei dem Streifen eher um ein fiktionales Liebesdrama, bei dem die Geschichte der Heiligen Schrift eher nebensächlich ist. Die Kritik ist dementsprechend gespalten.

Girotti schreibt sich in dieser arbeitsreichen Zeit nebenbei noch an der Universität von Rom ein, um klassische Literatur und Philosophie zu stu­dieren. Zwar sieht er, anders als sein späterer Partner Carlo Pedersoli, die Schauspielerei durchaus als ernste Angelegenheit und Beruf an, ist aber ­notorisch unzufrieden mit den eigenen Leistungen.

Auf der einen Seite haben wir also den typischen Lebemann, der alles auf sich zukommen lässt, auf der anderen den echten Künstler mit Selbstzweifeln. Keine Frage, die beiden müssen einfach zusammenpassen. Rein theoretisch hätte das Duo erstmals 1959 die Gelegenheit gehabt, dies unter Beweis zu stellen. Denn für den italienischen Sandalenfilm Hannibal (Originaltitel: Annibale) stehen Mario Girotti und Carlo Pedersoli zum ersten Mal gemeinsam vor der Kamera.

Aber wie gesagt, das ist nur Theorie. Denn während Girotti eine Nebenrolle als Quintilius bekleidet (der in der Mitte des Films zu Tode kommt), ist Pedersoli nur als besserer Statist in der Rolle des Rutario für wenige Augenblicke im Bild auszumachen.

Gerade aus Südamerika heimgekehrt und eigentlich nur auf Urlaub in Rom, nutzt Carlo die Gelegenheit, ein paar Scheine nebenbei zu verdienen. Er trifft sich auch wieder mit seiner Freundin Maria, die ihm viele Briefe ans andere Ende der Welt geschrieben hatte. Obwohl Carlo nach eigener Aussage nur sporadisch Antworten zurückschickte, stimmt die Chemie. Die beiden beschließen zu heiraten. Wenn es nach Pedersoli geht, wird ihn seine frischgebackene Ehefrau nach Venezuela begleiten, wo er sich eine gewisse Posi­tion erarbeitet hatte. Dieses Vorhaben scheitert allerdings am Einspruch des Brautvaters, der seine einzige Tochter ungern an den Dschungel verlieren möchte.

Doch zurück zu Hannibal, der ersten gemeinsamen Produktion von Peder­soli und Girotti. Bei diesem Film führt mit dem gebürtigen Österreicher Edgar G. Ulmer ein echter Kinopionier Regie. In den Hauptrollen sind die beiden US-Stars Victor Mature und Rita Gam zu sehen – spätere Veröffentlichungen zeigen auf dem Cover übrigens ganz frech die Gesichter von Hill und Spencer in Übergröße. Der Streifen geht mit dem klassischen karthagischen Feldherrn Hannibal, der mit seiner Armee und Kampfelefanten die Alpen überquerte, ziemlich frei um, was manchen Kritikern seinerzeit nicht gefällt. Auch wirkt der Film seltsam abgehackt, sowohl der Einstieg als auch das Ende kommen abrupt. Dafür sind die Spezialeffekte – wenn man sie denn so nennen möchte – für die damalige Zeit bemerkenswert, der Aufwand muss enorm gewesen sein. Und das bei einem Budget von gerade einmal vier Millionen Dollar. Der im gleichen Jahr abgedrehte Ben Hur verschlang fast viermal so viel Geld.

Von Hannibal existieren verschiedene Schnittfassungen, die US-amerikanische Variante ist um acht Minuten länger als die europäische. Und das ist nicht die einzige Divergenz, beide Varianten unterscheiden sich durch abweichende Längen der Szenen und sogar verschiedenes Bildmaterial ­erheblich voneinander. Girotti wird, wie in einigen seiner Frühwerke, von ­Eckart Dux (geboren 1949) synchronisiert, Bud Spencer von Eduard Wandrey (1899–1974) gesprochen. Schon hier fällt auf: Obwohl Spencer und Hill nicht mal zehn Jahre trennen, sind es bei ihren Synchronsprechern genau fünfzig.

Spencer wirkt bereits in jungen Jahren deutlich älter, während Hill eine jugendliche Leichtigkeit versprüht, die in ihren nächsten gemeinsamen ­Filmen noch sehr wichtig werden soll. Bei Hannibal jedoch ist dies nicht von Bedeutung, wie sich Bud Spencer im Jahr 2006 im Magazin Hotdog erinnerte: «Wir wussten nichts von dieser Sache mit Hannibal, wir kannten uns damals noch nicht. Wir haben die Szenen getrennt gedreht und uns nie am Drehort getroffen.»

Spencer: «Rat mal was ich vorher gemacht habe!»

Terence: «Du warst Obermastmeister auf 'ner Schweinefarm!»

2. Der Bravo-Boy

Hill: «Ähem, Verzeihung. Ist es etwas Besonderes, wenn man vier Asse hat?»

Ganz so weit ist Terence Hill im Jahr 1960 zwar noch nicht (das Zitat stammt aus dem 1975 gedrehten Film Nobody ist der Größte von Sergio Leone), aber auf dem besten Weg dahin. Denn die Anfragen reißen weiterhin nicht ab. Filme wie Kasernengeflüster (Originaltitel: Un militare e mezzo), Giuseppe ­venduto dai fratelli, Karthago in Flammen (Originaltitel: Cartagine in fiamme) oder Pecado de amor füllen nach wie vor die Haushaltskasse der Girottis, auch wenn Mario plötzlich Zweifel ob seiner Berufswahl kommen. Vielleicht hängt es mit seinem begonnenen Philosophiestudium zusammen, vielleicht damit, dass er immer noch Nebenrollen spielt, während andere zu großen Stars avancieren.

Aladins Abenteuer (Originaltitel: Le Meraviglie di Aladino) unter der Regie von Mario Bava aus dem Jahr 1961 wird ein kleiner internationaler Erfolg, allerdings nicht groß genug, um die Zweifel Girottis zu beseitigen. Und noch etwas anderes nervt ihn furchtbar: Aufgrund seines blendenden Aussehens, den blonden Haaren und den blauen Augen wird er grundsätzlich als freundlicher Liebhaber, Prinz (so wie in Aladins Abenteuer) oder sonstiger Gutmensch besetzt. Das sind zwar schöne Rollen, diese werden vom Publikum aber auch schnell wieder vergessen. Nach weiteren, wenig befriedigenden Liebes- und Abenteuerfilmen kommt 1963 dann allerdings etwas Großes auf Girotti zu.

Der italienische Meisterregisseur Luchino Visconti setzt den weltweit ­erfolgreichen Roman Der Gattopardo von Giuseppe Tomasi di Lampedusa­ um und Mario erhält eine der wichtigeren Nebenrollen im Film, der in Deutschland als Der Leopard (Originaltitel: Il Gattopardo) erscheint. In diversen Interviews erklärte Girotti später, dieser Film habe ihn zum erneuten Umdenken bewogen. Der klassische Stoff führt ihn weit weg von den Unterhaltungsfilmen der Zeit, deren Drehbücher zum Teil auf den Texten von Schlagern basieren. Die Stars in Der Leopard sind eindeutig Burt Lancaster, Claudia Cardinale und Alain Delon. Aber der große Ästhet Visconti trägt mit seiner Besetzung unbewusst zum Entstehen des prügelnden, saufenden und fressenden Macho-Duos Spencer/Hill bei, weil er Girotti im Geschäft hält. Der Meister der feinfühligen Inszenierung, der 1976 verstarb, dürfte ob der ungewollten Schützenhilfe noch heute im Grab rotieren.

Auch Carlo Pedersoli ist derweil nicht untätig, aber seine Aktivitäten finden wie gewöhnlich nicht in der Filmbranche statt. Ganz im Gegenteil, in den nächsten acht Jahren wird er in keinem Streifen mehr mitwirken. Noch 1960 heiratet er seine Freundin Maria Amato, ein Jahr später wird der Sohn Giuseppe geboren, im folgenden Jahr Tochter Christiana. In dieser Zeit versucht sich Pedersoli als Komponist, obwohl er selbst zugibt, keine Noten ­lesen zu können. Er setzt sich einfach ans Klavier und spielt (oder summt eine Melodie), die andere dann für ihn aufschreiben müssen.

Wie bei allen Dingen im Leben steht bei Carlo auch hier der Spaß im Vordergrund, der Erfolg scheint ihm zuzufliegen. Er unterschreibt einen Vertrag bei der großen Plattenfirma RCA und komponiert unter anderem für die auch in Deutschland bekannte Sängerin Rita Pavone (Wenn ich ein Junge wär, Mein Jack, der ist zwei Meter groß, Heut’ lad ich mir die Cartwrights ein). Doch damit nicht genug, er schreibt neben den Schlagern auch typisch neapolitanische Songs, mit denen er in Italien durch die Nachtclubs tingelt. Künstlerisch und menschlich mögen diese Tätigkeiten Pedersoli ausfüllen, finanziell reicht es aber nicht aus, um seine Familie über Wasser zu halten.

Um das Geld seiner Frau anzunehmen – hier dürfte die Herkunft Pedersolis aus dem Süden Italiens eine Rolle spielen –, ist er viel zu stolz. Und bis heute betont Spencer auch immer wieder, dass er seinen Schwiegervater nie um eine Rolle oder einen anderen Job gefragt habe. Also lebt die Familie in dieser Zeit in relativer Armut, zumindest im Vergleich zu dem Standard, den sie sich eigentlich leisten könnte. Pedersoli gibt später zu, dass er sich in dieser Zeit nicht korrekt verhalten habe. Anfang 1964 verstirbt «Peppino» Amato im Alter von nur 64 Jahren an einem Herzinfarkt, was der jungen ­Familie einen weiteren Schock versetzt. Doch Carlo gibt nicht auf, stürzt sich noch tiefer in die Arbeit. Er gründet eine Produktions- und Werbefirma, die vor allem Dokumentarfilme produziert. Das italienische Fernsehen ist ein dankbarer Abnehmer, der zudem noch gut bezahlt. Es sieht zu dieser Zeit so aus, als würde die filmische Zukunft Pedersolis, wenn überhaupt, hinter der Kamera zu finden sein.