Cäsar, Shirley & Co. - Michael Moos - E-Book

Cäsar, Shirley & Co. E-Book

Michael Moos

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Beschreibung

Michael Moos, Jahrgang 1956, hat 1975 den Beruf des Bankkaufmanns gelernt. Er wuchs in seiner Kindheit ohne Hunde auf und war im Umgang mit Hunden sehr vorsichtig. 1974 schaffte sich seine Großmutter einen Dalmatinerwelpen an, dem sie den Namen Cäsar gab. Dieser Hund entwickelte sich durch unglückliche Umstände zu einem für andere Menschen gefährlichen Hund. Nach dem Tod seiner Großmutter nahm Michael Moos den Hund zu sich. 1993 machte sich Michael Moos mit einer kleinen Hundepension selbstständig. In diesem Buch erzählt er von seinen Hunden Cäsar und Shirley und stellt einige seiner Hundegäste vor.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Mein Dalmatiner Cäsar

Hundelose Jahre

Mein erster Pflegehund, die Samojedenhündin Shirley

Archie – ein Bernhardiner als Bettvorleger

Ivan

Chivar

Willy und Gina

Bruno und Dorus

Argus

Tenno

Shirley wird mein Hund

Artos

Shirley und Rocky

Feline

Vico

Boy

Sindbad

Kim

Leica

Mit Shirley zu Besuch im Römerkastell Saalburg

Bernie

Sina

Pino

Arco

Sheila

Nero

Mein Sommer mit Shirley, Trixi, Max, Chessna, Jade und Rudi

Paul und Gustav

Sindbad und Harry

Chino und Lobo

Sofie und Jessica

Richie und Bosko

Falco und Leica

Aischa

Wasserspiele mit den Retrievern Feivel, Sofie und Jessica

Feivel

Kurt

Scharik

Bella und Rocky

Besuch bei Günter Bloch

Jordi

Aischa und Nelly

Alf und Bobby

Samson

Channuk

Lola

Solo

Nancy

Leika

Aischa, Futch, Tiki und Josie

Kimmy

Sommerferien mit Shirley, Sheila, Shira, Ronja, Leika, Jordi, Lola und Solo

Jackie

Tango und Jay Jay

Elsa

Sommerferien mit Sheila, Leica, Solo, Sammy, Artos, Samson und Nicky

2002

2003

Henny

Ayla

Luis

Krümel

2006 – 2018

Vorwort

Liebe Hundefreunde,

ich bin ohne Hunde aufgewachsen und als Kind waren mir Hunde auch nicht ganz „geheuer“. Um manche Hunde, die damals frei im Ort herum liefen, machte ich lieber einen „großen Bogen“, wenn ich sie z.B. auf meinem Schulweg gesehen habe.

Niemals hätte ich damals daran gedacht, dass ich später einmal einen eigenen Hund haben könnte und schon gar nicht, dass ich mein Leben später mit vielen Hunden, vom kleinen Chihuahua bis zur großen Deutschen Dogge verbringen würde.

Mein „Hundeleben“ begann 1974, als meine Großmutter sich den Dalmatinerwelpen Cäsar anschaffte.

Seitdem sind viele Jahre vergangen, in diesem Buch möchte ich Ihnen von Cäsar, Shirley und einigen meiner Hundegäste erzählen.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen meiner Erlebnisse mit den Hunden.

Michael Moos

Mein Dalmatiner Cäsar

Am 27.02.1974 gab es in dem kleinen Taunusdorf Niederseelbach in der Nachbarschaft meines Onkels Herbert Nachwuchs bei einer Dalmatinerhündin.

Einer der Welpen war ein Rüde, den man auf den klangvollen Namen Cäsar taufte. Noch ahnte dieser kleine Hund nicht, was er in seinem künftigen Leben alles erleben sollte.

Als meine Großmutter Elli Moos in diesen Tagen zu Besuch bei meinem Onkel war und von den Dalmatinerwelpen erzählt bekam, beschloss sie, sich einen davon als Wachhund und Gesellschafter anzuschaffen.

Ihre Wahl fiel auf den kräftigsten der Welpen, und dieser war Cäsar. Kurz nachdem meine Großmutter den Hund zu sich genommen hatte, besuchte sie uns mit dem Welpen in ihren Armen und stellte uns Cäsar stolz vor. Er war wirklich ein niedlicher kleiner Hund und so schön mit seinen schwarzen Punkten auf dem weißen Fell. Wir saßen auf unserer Terrasse und jeder wollte den Hund einmal halten und streicheln.

Meine Großmutter besaß damals einen “Tante Emma Laden”, wo man hauptsächlich Kleidung und andere Textilien, aber auch Zeitschriften und allerlei sonstige nützliche Dinge kaufen konnte. Da sie den ganzen Tag in diesem Laden verbrachte, hatte sie deshalb nicht viel Zeit für den kleinen Hund. Daher sagte meine Großmutter zu mir, wenn ich Lust hätte, könne ich nach der Schule mit Cäsar spazieren gehen.

Das Haus meiner Großmutter war nicht weit weg von unserem, quasi um die Ecke gelegen, so dauerte es auch nicht mehr lange, bis ich meinen ersten Spaziergang mit Cäsar machte.

Dieser erwies sich als ein ziemlich lebhafter junger Hund, der nur Unfug im Kopf hatte und überall seine Nase hineinstecken musste.

Nach den ersten Spaziergängen mit Cäsar an der Leine ließ ich ihn öfters auch einmal frei laufen, auch im Ort in ruhigen Straßen. Cäsar sprang dann lebhaft hin und her, schnüffelte hier und dort, überall gab es für ihn Interessantes zu entdecken.

Großes Interesse zeigte er z.B. an den Hühnern, von denen damals einige im Ort vor den Bauernhöfen frei herum liefen. Dann war er nicht mehr zu halten und wollte diese jagen, aber erwischt hat er keines von Ihnen. Dazu war er noch zu tölpelhaft und ich konnte ihn immer rechtzeitig am Halsband packen, bevor etwas passieren konnte.

Auch außerhalb des Ortes versuchte ich, Cäsar ohne Leine laufen zu lassen und ihm das “Bei Fuß” gehen beizubringen, aber er war sehr unruhig und wollte nicht gerne gehorchen.

Gelegentlich ging auch mein Onkel Herbert mit Cäsar spazieren, wenn er in Heftrich war. Auch er versuchte, Cäsar das “Bei Fuß” gehen beizubringen. Aber es war nicht so einfach mit ihm und Cäsar zog ganz schön stark an der Leine.

Wenn ich ihn von der Leine gelassen hatte, lief er immer erst einmal ein Stück nach vorne, um die neuesten Gerüche entlang des Weges zu studieren.

Bei Begegnungen mit anderen Hunden zeigte er sich in diesem Alter noch freundlich und interessiert. Viel Kontakt mit anderen Hunden hatte er aber leider nicht, ich kann mich nicht erinnern, dass andere Hundebesitzer ihren Hund mit Cäsar spielen ließen.

Cäsar war besonders begeistert, wenn er Kühe oder vor allem Pferde auf einer Weide sah. Dann ist er zu ihnen gelaufen und wollte ein lustiges Spielchen mit diesen treiben.

Die Rinder und Pferde waren aber nicht zum spielen mit dem Hund bereit und ich war froh, wenn ich Cäsar wieder auf den Weg locken konnte und an die Leine bekam.

Dalmatiner haben im allgemeinen eine besondere Vorliebe für Pferde, was wohl aus ihrer Vergangenheit als Kutschenbegleithunde in England stammt. Zu diesen Zeiten haben die Hunde meistens zusammen mit den Pferden im Pferdestall gelebt.

England hat erstmals einen Rassestandart der ursprünglich wohl aus dem ehemaligen Jugoslawien, Region Dalmatien, stammenden Hunde aufgestellt und diese planmäßig gezüchtet. Absolute Sicherheit bezüglich der Herkunft des Dalmatiners gibt es allerdings nicht. Schon im alten Ägypten findet man Bilder von ähnlichen weißen Hunden mit schwarzen Punkten und in Europa sind seit dem Mittelalter solche Hunde von Abbildungen bekannt, welche man als Ahnen der heutigen Dalmatiner betrachten kann.

Als Begleiter von Kutschen und Reitern mussten die Dalmatiner auch wachsam sein und diese vor Räubern, wilden Tieren beschützen und verteidigen und besitzen deshalb eine gewisse Selbständigkeit in ihrem Handeln und sind gegenüber fremden Personen eher zurückhaltend mit einem „gesunden“ Misstrauen.

Obwohl meine Großmutter damals sicher nicht viel von Hunden verstanden hat, war es deshalb gar nicht so falsch gedacht, wenn sie sich einen Dalmatiner als Wachhund anschaffen wollte.

Anfangs, als Welpe, durfte Cäsar noch im Haus schlafen, aber als er größer wurde, war es damit vorbei; Cäsar bekam einen Zwinger mit Hundehütte im Hof errichtet. Den Tag über konnte sich Cäsar überwiegend auch im Hof aufhalten, wenn das Hoftor geschlossen war. Im Winter, wenn es sehr kalt war, wurde er in einem Nebengebäude untergebracht und bekam dort ein Lager aus Stroh.

Im Haus war Cäsar später nicht mehr all zu oft, manchmal durfte er sich am Abend in der Küche aufhalten und anschließend dann für ein paar Stunden mit ins Wohnzimmer kommen, um meiner Großmutter beim Fernsehen Gesellschaft zu leisten. Er lag dann zufrieden neben dem Sofa und freute sich, wenn meine Großmutter ihm einige Streicheleinheiten zukommen ließ.

Im Nachhinein betrachtet, wäre es für Cäsar im Hinblick auf die kommenden Ereignisse sicher von Vorteil gewesen, wenn er sich tagsüber im Geschäft hätte aufhalten können und so mehr Kontakt mit anderen Menschen bekommen hätte.

Meine Großmutter hatte damals eine alte schwarze Katze mit einem Stummelschwanz, die sich die meiste Zeit im Hof aufhielt.

Anfangs hatte diese den Welpen mehr oder weniger ignoriert; doch als Cäsar größer wurde und eines Tages die Katze wohl einmal zu viel geärgert hatte, bekam er von ihr mit den scharfen Krallen tüchtig eins auf die Nase. Das hatte ganz schön geblutet.

Seitdem hatte er einen höllischen Respekt vor ihr. Doch von anderen Katzen ließ Cäsar sich nicht abschrecken und wollte diese immer jagen.

Schade, dass es aus dieser Zeit keine Fotos gibt, auch ich habe damals noch nicht viel fotografiert, ich hatte damals eine kleine Kodac Instamatic Kamera. Von den Bildern, die ich mit dieser Kamera gemacht habe, existiert kein einziges mehr, da das damalige Fotolabor, bei dem ich die Fotos entwickeln lies, eine sehr schlechte Qualität lieferte und sowohl die Papierbilder als auch die Negative sehr schnell Farbveränderungen zeigten und verblassten.

Als ich mir zwei Jahre später meine erste Spiegelreflexkamera von Praktica kaufte und mit Diafilm fotografierte, machte ich auch Aufnahmen von Cäsar.

1979 kaufte ich mir eine Bauer Super 8 Filmkamera und es entstanden ein paar Filmaufnahmen von Cäsar.

Eines Tages hatte mein Onkel Herbert Cäsar mit dem Auto auf seine Wiese zum Apfelpflücken in der Nähe des Alteburger Marktplatzes, etwa einen Kilometer von Heftrich entfernt, mitgenommen.

Auf dem Alteburger Marktplatz findet dreimal im Jahr in den Sommermonaten der mittlerweile in ganz Hessen und darüber hinaus bekannte Alteburger Markt statt.

Schon in der Römerzeit befand sich hier vor dem ehemaligen römischen Kastell Alteburg am Limes ein Handelsplatz. Im Mittelalter bekam Heftrich die Stadtrechte verliehen und damit das Recht, einen eigenen Markt abzuhalten. Bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts war der Alteburger Markt überwiegend ein Viehmarkt, heute ist er ein Jahrmarkt mit 20000 bis 30000 Besuchern.

Mein Onkel ließ den Hund auf der Wiese frei herum springen, während er nach seinen Apfelbäumen schaute. Plötzlich lief Cäsar auf die nahe gelegene Straße, um einem Auto hinterher zu jagen. Dabei geriet er jedoch unter die Räder eines entgegenkommenden Autos und brach sich das rechte Bein in Hüfthöhe.

Mein Onkel ist mit dem Hund sofort zum Tierarzt nach Idstein gefahren, dieser war der Meinung, dass der Bruch wieder zusammenwachsen würde und legte Cäsar eine Schiene an. Cäsar bekam noch eine Halskrause, damit er sich nicht den Verband und die Schiene abriss und war damit für die nächste Zeit außer Gefecht gesetzt.

Während dieser Zeit durfte er sich wegen der Halskrause in der Wohnung aufhalten, da er damit nicht in seine Hütte konnte. Das Bein heilte erstaunlich schnell und bald konnte der Hund wieder gut laufen; nach einigen Monaten merkte man kaum noch etwas von seiner Verletzung, springen und laufen konnte Cäsar wieder hervorragend.

Jedoch hatte Cäsar durch den Unfall einen seelischen Schaden erlitten, der aus ihm einen schwierigen und gefährlichen Hund machte. Jedes Auto und andere Fahrzeuge wurden nun wütend angegriffen und verbellt, er war bei solchen Begegnungen kaum an der Leine zu halten.

Mit den Spaziergängen wurde es überhaupt schwieriger. Mein Onkel wollte nicht mehr mit Cäsar spazieren gehen, da dieser ihn seit dem Unfall aggressiv anknurrte.

Auch für meine Großmutter war der Hund zu kräftig und ungestüm geworden, sie hatte Angst, dass sie ihn bei einer Begegnung mit anderen Hunden oder auch bei einem aggressiven Verhalten anderen Menschen gegenüber nicht halten konnte.

So blieb nur noch ich übrig, um den Hund auszuführen.

Ich hatte jedoch am 1. August 1975 eine Banklehre in Wiesbaden begonnen und konnte daher erst am Abend mit Cäsar spazieren gehen. Es war allerdings wirklich nicht mehr einfach, mit Cäsar unterwegs zu sein, da er fast alles und jeden, auch Menschen, angriff. Man konnte meinen, die ganze Welt sei sein Feind geworden und müsse nun von ihm bekämpft werden. Frei laufen lassen konnte ich den Hund nicht mehr, gehorchen wollte er auch immer weniger.

Cäsar betrachtete sich als ranghöher als mich und meine Großmutter und wenn es ums Futter ging, mussten wir uns sehr in Acht nehmen, dass er uns nicht angriff. Wenn wir näher als etwa einen Meter an seine Futterschüssel heran kamen, knurrte er und verteidigte sein Futter.

Wenn Cäsar fertig mit dem Fressen war, tobte er für einige Minuten mit seinem Blechnapf über den Hof, das machte ihm offensichtlich viel Spaß, dann kam er zu mir gelaufen und wir konnten spazieren gehen.

Es war natürlich für einen jungen, kräftigen Dalmatinerrüden nicht gut, wenn er den ganzen Tag im Zwinger oder im Hof verbringen musste. Der Zwinger war direkt an der Grenze zum Nachbargrundstück gebaut und den Nachbarn gefiel es nicht, wenn Cäsar bellte. Ich weiß nicht, wie oft Cäsar bellte, da ich ja nicht anwesend war, und warum er bellte, ob aus Langeweile, oder wenn die Katze oder auch die Hühner meiner Großmutter im Hof waren oder wenn jemand auf der Straße zu hören war.

Jedenfalls scheinen die Nachbarn den Hund dann geärgert zu haben, indem sie verschiedene Dinge auf ihn warfen. So wurden zum Beispiel lt. den Aussagen meiner Großmutter Steine und Feuerwerkskörper auf den Hund geworfen (im Zwinger gefunden), auch heißes Wasser soll auf ihn geschüttet worden sein.

Auch die Nachbarskinder müssen daran beteiligt gewesen sein, denn wenn Cäsar diesen auf der Straße begegnete, verwandelte er sich in eine rasende Bestie!

In dieser Zeit kam es dann auch zu einem ernsthaften Angriff auf ein Mädchen aus unserer Verwandtschaft. Ich war von einem Spaziergang mit Cäsar zurückgekommen und hatte ihn gerade im Hof von der Leine losgemacht. Ich war dabei, die Leine an den dafür vorgesehenen Haken an einer Wand zu hängen, als das Mädchen die Hoftür öffnete und hereinkam.

Dann ging alles unwahrscheinlich schnell!

Cäsar griff das Kind ohne Vorwarnung und ohne zu bellen an.

Er hatte sich heftig in einen Oberarm des Mädchens verbissen; ich lief zu dem Hund und hatte ziemliche Mühe, den Hund vom Arm des Kindes zu lösen.

Ich packte Cäsar am Nacken und habe ihn am Halsband in den Zwinger geschleift, ich wundere mich heute noch, dass er mich dabei nicht auch gebissen hatte.

Da das Mädchen aus der Verwandtschaft war und zwar ärztlich versorgt werden musste, aber kein bleibender Schaden entstanden war und die Wunde gut verheilte, war die Sache bald vergessen.

In Zukunft musste ich mit Cäsar bei seinem Verhalten Kindern gegenüber noch vorsichtiger sein. Nach jedem Spaziergang habe ich dann die Hoftür erst verriegelt, bevor ich den Hund von der Leine ließ.

Im Juli 1977 hatte ich meine Ausbildung zum Bankkaufmann beendet und arbeitete nun als Sachbearbeiter in der Bank.

Cäsar musste die Woche über gelangweilt und unausgelastet in seinem Zwinger oder im Hof meiner Großmutter verbringen.

Dafür machten wir am Wochenende lange Wanderungen in unserer schönen Taunuslandschaft.

Anfang Januar 1978 war meine Großmutter plötzlich und unerwartet für uns alle gestorben. Es stellte sich die Frage, was mit dem Hund geschehen sollte. Natürlich wollte aus der Verwandtschaft keiner einen gefährlichen Hund wie Cäsar zu sich nehmen, auch hatte bisher keiner Kontakt zu dem Hund gesucht. Man dachte also darüber nach, ob der Hund ins Tierheim abgegeben werden sollte, doch da ich Cäsar bereits trotz aller widrigen Umstände in mein Herz geschlossen hatte, beschlossen meine Eltern, dass der Hund zu uns kam.

Es wurde ein Zwinger bei uns im Garten errichtet und nach dessen Fertigstellung wurde Cäsar mitsamt seiner alten Hütte zu uns gebracht. Cäsar machte bei der Übersiedlung keine Probleme, er begutachtete seine neue Umgebung ausgiebig und da er seine alte Hütte im Zwinger vorfand, fühlte er sich darin bald zu Hause. Ich meldete Cäsar bei der Stadt Idstein wegen der Hundesteuer an und hatte nun meinen ersten eigenen Hund.

Kurze Zeit nach der Übersiedlung des Hundes war von meinen Eltern ein Urlaub für eine Woche im Allgäu geplant. Da keiner von der Verwandtschaft den Hund anfassen konnte, musste ich ihn notgedrungen bei einem Schäferhundzüchter am Ort in Pension geben. Doch auch dieser konnte nicht an den Hund heran und so verbrachte Cäsar die ganze Woche in seiner Box, da es zu gefährlich gewesen wäre, ihn heraus zu lassen bzw. sich ihm zu nähern. Sein Futter wurde in einem Topf an einem Seil zu dem Hund herab gelassen und reinigen konnte man die Box leider auch nicht.

Als ich aus dem Urlaub zurück kam und den Hund abholen wollte, sprang dieser nach dem Öffnen der Käfigtür sofort an mir vorbei und raste hinaus ins Freie.

Wieder zu Hause, hat mich Cäsar noch zwei Tage lang “schief” angeschaut, wenn ich ihn aus seinem Zwinger geholt habe, als ob er Angst hatte, dass ich ihn wieder wegbringen würde. Das aber sollte nie mehr geschehen, es war das erste und einzige Mal, wo ich den Hund weggeben musste, später war immer jemand aus der Familie da, der den Hund versorgen konnte.

Bis sich Cäsar an die einzelnen Familienmitglieder gewöhnt hatte, war es noch viel Arbeit, denn noch immer konnte ihn keiner außer mir anfassen.

Daher habe ich Cäsar erst einmal vom Tierarzt kastrieren lassen, um sein Aggressionsverhalten etwas zu dämpfen.

Die Kastration hat aber im Hinblick darauf nicht viel gebracht, wohl auch, weil das meiste seiner Aggressivität psychischer Natur war und auf seinen negativen Erfahrungen beruhte.

Einige Tage nach der Operation hat mich Cäsar auch das erste Mal und einzige Mal in den rechten Daumen gebissen. Ich war mit ihm in der Nähe des Heftricher Moors unterwegs gewesen, als er einen in Alufolie eingewickelten Kotelettknochen fand und diesen sofort fressen wollte. Ich griff ohne weiter zu denken mit der rechten Hand in sein Maul, um ihm den Knochen abzunehmen.

Denn er würde den Knochen samt der Alufolie verschlingen!

Cäsar hatte schon allerlei aufgelesen und gefressen, sogar einmal ein Bifiwürstchen samt Verpackung - meistens kam die Verpackung ohne Probleme hinten wieder raus - einmal allerdings musste ich nachhelfen und eine lange dünne Plastikfolie aus seinem Hinterteil ziehen.

Den Kotelettknochen wollte Cäsar jedenfalls nicht hergeben und ehe ich mich versah, hatte er mich in den rechten Daumen gebissen. Ich bekam den Knochen jedoch mit blutendem Finger heraus und war total wütend.

Cäsar betrachtete sich anscheinend immer noch als den Ranghöheren von uns beiden, das konnte so nicht weitergehen!

Ich kaufte mir ein Hundebuch, um etwas mehr über Hunde zu erfahren. Dann versuchte ich auf jedem Spaziergang dem Hund das Bei Fuß gehen mit Hilfe einer 20m langen Feldleine sowie Sitz, Platz und Komm beizubringen.

Durch den Autounfall war eine wichtige Zeitspanne im Leben des Hundes vergangen und später hatte ich nicht mehr weiter mit dem Hund geübt. Daher musste ich quasi von vorne beginnen. Der Hund war nun vier Jahre alt und sehr dominant in seinem Wesen. Noch immer musste ich auch beim Füttern Abstand von ihm halten.

Am Anfang hatte sich Cäsar des öfteren gegen meine Anordnungen aufgelehnt und ich musste mit ihm regelrechte “Ringkämpfe” veranstalten, um ihn von meiner Überlegenheit zu überzeugen.

Das war für mich nicht einfach, weil ich wohl noch eine gewisse Unsicherheit zeigte und der Hund dies spürte.

Gebissen hat er mich aber nicht mehr.

Damals erzog man Hunde überwiegend nach der „harten“ Methode, mit Stachelhalsband und Leinenruck.

Von den heutigen Erkenntnissen der Verhaltensforschung hinsichtlich der Erziehung von Hunden wusste man noch nichts.

Das Sitz funktionierte bald perfekt und Platz machte der Hund auch auf meine Aufforderung hin.

Ich weiß nicht mehr, wie lange ich mit ihm geübt habe, aber einige Monate waren es schon.

Letztendlich war es aber der einzig richtige Weg, um den Hund vor dem Tierheim oder sogar vor dem Einschläfern zu bewahren.

Es gab keine Probleme mehr mit dem Füttern; Cäsar machte vor der Futterschüssel Sitz und durfte dann nach Aufforderung fressen, er ließ sich auch das Futter von mir problemlos wegnehmen.

Auch musste Cäsar sich an die anderen Familienmitglieder gewöhnen. Das dauerte eine Weile; zuerst habe ich Cäsar einen Maulkorb umgebunden und ihn dann Kontakt mit meinen Eltern und mit meinem Bruder aufnehmen lassen.

Am schnellsten ging es bei meinem Vater Hans und bei meinem Bruder Mathias, vielleicht, weil diese mir von der Größe und dem Auftreten her ähnlich waren. Mein Vater wurde anfangs auch zweimal von Cäsar gebissen, als er diesen alleine aus dem Zwinger holen wollte.

Bei meiner Mutter Margit hat es über ein halbes Jahr lang gedauert, bis sie von Cäsar akzeptiert wurde. Anfangs hat sie sich immer vor den Zwinger gestellt, ihm freundlich zugeredet und einige Hundekekse zugesteckt.

Auf den ersten Spaziergängen zusammen mit meiner Mutter habe ich Cäsar wieder den Maulkorb angelegt, welcher auch nötig war, da er meine Mutter noch ein paar Mal angreifen wollte. Eines Tages hatte Cäsar aber auch meine Mutter akzeptiert und sie konnte nun alleine mit ihm spazieren gehen, jedoch hat er sie ganz schön durch die Landschaft gezogen und gehorcht hat er ihr auch nicht besonders.

Meine Mutter erzählte mir einmal, dass sie nach einem Spaziergang Cäsar einen Apfel (Cäsar war „süchtig“ nach Äpfeln!) geben wollte, Cäsar ihr diesen jedoch aus der Hand stibitzte. Dabei war für einen kurzen Moment ihre Hand in Cäsar’s Maul und sie hat einen großen Schreck bekommen, denn Cäsar hatte dabei ihre Fingerknochen berührt, doch ihrer Hand war nichts passiert.

Erst seit diesem Ereignis habe meine Mutter dem Hund vertraut, wie sie mir später sagte.

Die einzige, die sich nicht an den Hund heran traute, war meine Schwester Susanne. Cäsar hatte jedoch bald begriffen, dass auch sie zur Familie gehörte.

Des weiteren wurde noch meine andere Großmutter, Marie Jilka, von Cäsar akzeptiert, wohl auch wegen der Tatsache, dass Cäsar bei unserem Besuch bei ihr immer ein gut mit Wurst belegtes Brot bekam. Meine Cousine Kristina, welche bei meiner Großmutter wohnte, durfte sich ebenfalls dem Hund nähern und ihn manchmal sogar streicheln.

Das waren alle Menschen, die Cäsar in seiner unmittelbaren Nähe duldete.