Catching Him - Aurora Rose Reynolds - E-Book
SONDERANGEBOT

Catching Him E-Book

Aurora Rose Reynolds

0,0
4,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Leah Emerson ist nicht auf der Suche nach irgendeinem Mann. Sie sucht nach dem Richtigen. Der eingebildete, arrogante und viel zu gut aussehende neue Nachbar fällt dabei gewiss nicht in ihr Beuteschema. Wenn doch nur ihre eigensinnige Katze damit aufhören würde, durch sein Fenster in seine Wohnung zu springen, dann könnte Leah ihm weiterhin die kalte Schulter zeigen ... Tyler Duncan ist für einen neuen Job in die Stadt gezogen, nicht, um sich zu verlieben. Aus unbeirrbarer Überzeugung verfolgt er in seinem Leben jedoch stets Dinge, die er will. Und er will Leah. Ihr Lächeln, ihre Berührungen, am besten in seinem Bett. Unglücklicherweise ist er nicht der Einzige, der an Leah Interesse hat. Nun ist Tyler auf einer Mission, um die Frau zu beschützen, an die er sein Herz verloren hat, und muss ihr zugleich beweisen, dass er ebenfalls ein guter Fang ist ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 352

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Catching HIM

Aurora Rose Reynolds

© Die Originalausgabe wurde 2019 unter dem

Titel CATCHING HIM (How to catch an Alpha, Band 1) von Aurora Rose Reynolds veröffentlicht. Diese Ausgabe wird im Rahmen einer Lizenzvereinbarung ermöglicht, die von Amazon Publishing, www.apub.com, in Zusammenarbeit mit der Agentur Hoffmann stammt.

© 2021 Romance Edition Verlagsgesellschaft mbH

8700 Leoben, Austria

Aus dem Amerikanischen von Friederike Bruhn

Covergestaltung: © Sturmmöwen

Titelabbildung: © VitalikRadko

Redaktion: Romance Edition

ISBN-Taschenbuch: 978-3-903278-74-5

ISBN-EPUB:978-3-903278-75-2

www.romance-edition.com

Kayla, ich danke dir für deine unerschütterliche Freundschaft,

deine Unterstützung und deinen Zuspruch.

Adoptier den Kater, den keiner will

Leah

Bevor ich die Haustür öffne, um nach der Post zu sehen, nehme ich meinen Kater von der Fensterbank. Da ich noch nicht angezogen bin, strecke ich nur eine Hand nach draußen, während ich mit der anderen Mouses schmalen, sich windenden Körper an mich drücke. Mit den Fingerspitzen öffne ich den Deckel des Briefkastens und will hineingreifen, als sich Mouse immer heftiger gegen meinen Griff zu wehren beginnt. »Unter keinen Umständen, Sir. Heute nicht.« Ich presse ihn fest an meine Brust, aber vergeblich. Er entschlüpft mir und landet wie in Zeitlupe auf allen vieren. Dann flitzt er quer über die Veranda und die drei Stufen hinunter in den Garten. »Mouse!« Er bleibt stehen und schaut mich über seine mit grauem Fell bedeckte Schulter an, als wolle er Was ist? fragen. »Na komm, Süßer. Komm her.«

Langsam gehe ich auf ihn zu, in der Hoffnung, auf diese Weise nah genug an ihn ranzukommen, um ihn mir zu schnappen. Er legt jedoch nur den Kopf schief und blinzelt mich aus seinen Katzenaugen an, bevor er in Richtung des Nachbargrundstücks davonläuft. »Mouse, beweg deinen felligen Hintern gefälligst wieder hierher!«, rufe ich ihm nach und eile barfuß sowie in nichts als einem Tanktop und einem Slip bekleidet über das kühle Gras. Ehe er hinter dem Haus nebenan verschwindet, erhasche ich noch einen Blick auf seinen Schwanz.

Mein Tempo beschleunigend, biege ich um die Ecke und halte abrupt inne, als ich ihn auf dem Sims eines geöffneten Fensters entdecke, wo er sitzt und sich die Pfote leckt. »Bitte mach das nicht«, flehe ich und gehe vorsichtig auf ihn zu. »Bitte, lass es gut sein.« Ergeben halte ich die Hände in die Höhe, als hätte ich es nicht mit meinem sturen Kater, sondern mit einem Terroristen zu tun, der gleich eine Bombe zündet. Ich mache einen weiteren, wohlbedachten Schritt in seine Richtung. »Nein!«

Mouse dreht sich um und hüpft durch das Fenster ins Innere des Hauses.

»Das kann nicht wahr sein.« Mir mit einer Hand durch meine vom Schlaf noch verknoteten Haare fahrend, sehe ich mich nach etwas um, das ich verwenden kann, um meinem Kater hinterherzuklettern. Würden meine alten Nachbarn, Margret und Ethan, noch hier wohnen, hätte ich geklopft und sie gebeten, mir Mouse auszuhändigen. Sie sind allerdings vor sechs Monaten weggezogen und seither steht das Gebäude leer.

Als mir ein großer, leuchtend orangener Eimer in der Nähe der hinteren Veranda ins Auge fällt, gieße ich das dreckige Wasser darin aus und trage ihn hinüber zum Fenster. Nachdem ich ihn umgedreht auf den Boden gestellt und mit einem Fuß seine Belastbarkeit überprüft habe, setze ich auch den zweiten darauf und schiebe das Fenster ganz auf. Vorsichtig stecke ich den Kopf hinein und werfe einen Blick durch den spärlich erleuchteten Raum. Als würde er auf mich warten, sitzt Mouse lässig in einer offenstehenden Tür.

Verärgert kneife ich die Brauen zusammen. »Hol dir eine Katze. Sie macht nicht viel Arbeit und du brauchst Gesellschaft«, wiederhole ich den Rat meiner Mutter. Warum zur Hölle habe ich auf sie gehört?

Grummelnd ziehe ich mich an dem Sims hoch und hangle mich durch die Öffnung. Dabei kratzen das alte Holz und die abblätternde Farbe unangenehm über meinen Bauch, meine Oberschenkel und meine Schienbeine. Als ich mit einem lauten Plumps auf dem Boden lande, entfährt mir ein Schrei, allerdings mehr vor Schreck als vor Schmerz.

»Damit du es weißt, ich überdenke gerade unsere gesamte Beziehung.« Ich schaue in Mouses Richtung und erstarre, als ich das metallische Blitzen einer auf mich gerichteten Waffe bemerke.

»Was zum Teufel ...?«, höre ich jemanden knurren, bevor die Deckenlampe anspringt. Ich schlage die Hände vors Gesicht und kreische wie eine Darstellerin in einem Horrorfilm, die von einem Axtmörder durch einen Wald gejagt wird. »Himmel, ich erschieße dich schon nicht.« Beim Klang der tiefen Stimme spähe ich zwischen meinen Fingern hindurch. Als ich den Kerl sehe, der sich über mir aufgebaut hat, erstarre ich erneut – diesmal allerdings aus einem völlig anderen Grund.

Heiliger Strohsack!

Blinzelnd versuche ich meine Sicht zu klären, um sicherzustellen, dass ich nicht halluziniere. Gebräunte Haut, dunkle, beinahe schwarze Haare, die sich um seine Ohren herum und im Nacken leicht kräuseln; ein markanter Kiefer sowie volle Lippen. Dazu noch breite Schultern und ein Sixpack, das ich schamlos betrachten kann, weil er mit nacktem Oberkörper und mit nichts als einer grauen Jogginghose am Leib direkt vor mir steht.

»Warum zum Teufel brichst du bei mir ein?« Bei seinen harschen Worten löse ich meinen Blick von ihm und halte nach dem Grund Ausschau, wegen dem ich in dieser frustrierenden Situation stecke. »Hallo ...?«, hakt mein offenkundig verärgerter neuer und ziemlich attraktiver Nachbar nach, als ich nicht antworte.

»Ähm ...«Da ich besagten Grund nicht entdecken kann, ziehe ich die Brauen zusammen.

Ein heißes Gefühl breitet sich plötzlich entlang meiner Beine und über meine Brust aus. Als ich aufsehe und bemerke, dass mich der Fremde von Kopf bis Fuß mustert – und zwar alles von mir, was nicht sonderlich gut verhüllt ist –, reiße ich entsetzt die Augen auf. Schnell ziehe ich mein Tanktop so weit wie möglich nach unten und bedecke mit meiner Hand mein entblößtes Dekolleté. »Ich wohne nebenan und meine Katze ...«

»Was ist mit der Katze?«, fährt er stirnrunzelnd dazwischen, ehe ich meinen Satz beenden kann.

»Meine Katze ist durch das Fenster hier reingesprungen und ich ...« Erneut schaue ich mich suchend um. »Ich bin ihr gefolgt.«

»Du hättest an der Tür klopfen können.«

»Ich ...«

»Bist du verrückt?«

»Ich ...«

»Offensichtlich.« Er schüttelt den Kopf, und ich funkle ihn finster an.

Okay, mir unerlaubt Zutritt zu verschaffen, war ein Fehler, was ihm aber noch lange nicht das Recht gibt, mich ständig zu unterbrechen und als verrückt zu bezeichnen. Allmählich macht mich das richtig wütend. Immerhin hatte ich keine Ahnung, dass er jetzt hier lebt – oder überhaupt jemand.

»Ich bin nicht verrückt.« Ich stütze mich mit den Händen auf dem Boden ab und stehe auf. »Ich wusste nicht, dass wieder jemand hier wohnt. Das Haus stand zuvor monatelang leer.«

»Willst du mir ernsthaft weismachen, dass dir der große gelbe Umzugswagen in der Einfahrt entgangen ist?«, fragt er skeptisch, und ich beiße mir auf die Lippe, weil ich diesen tatsächlich nicht bemerkt hatte. »Ist dir auch nicht aufgefallen, dass das Zu-verkaufen-Schild schon vor Wochen aus dem Vorgarten entfernt wurde?«

Okay, das habe ich auch nicht mitbekommen. Allerdings habe ich nicht wirklich darauf geachtet. »Ups.« Als ich mir erneut auf die Unterlippe beiße, heftet sich sein Blick auf meinen Mund, ehe er hinauf zur Decke starrt und irgendetwas Unverständliches vor sich hinmurmelt.

Als etwas Weiches um meine Knöchel streicht, sehe ich nach unten und entdecke Mouse zu meinen Füßen. Rasch nehme ich ihn hoch und drücke ihn an meine Brust. »Böse Miezekatze«, schimpfe ich, woraufhin er schnurrend sein Gesicht an meinem Kinn reibt. »Du machst deinem Ruf alle Ehre.«

Ich kann nicht anders, als einen Kuss auf seinen Kopf zu drücken. Zu seiner Verteidigung: Das Tierheim hat mich vor ihm gewarnt. Man erklärte mir, er sei gerissen und ein echter Freigeist, und dass ich ein Auge auf ihn haben müsse, weil er immer wieder weglaufen würde. Was auch der Grund ist, warum er bei jeder bisherigen Adoption ins Tierheim zurückgebracht wurde. »Du hast Glück, dass du so süß bist.« Erneut küsse ich ihn auf sein Fell.

»Redest du immer mit deiner Katze?«

Mist. Wie konnte ich vergessen, wo ich mich befinde und wer vor mir steht? »Nicht immer.« Sicherheitshalber verzichte ich darauf, zu meinem neuen Nachbar aufzuschauen. Er muss nicht bemerken, wie rot meine Wangen plötzlich sind.

»Irgendwo habe ich gelesen, dass verrückte Menschen mit ihren Haustieren sprechen«, wirft er ein, und nun hebe ich abrupt das Kinn.

Das hat er nicht schon wieder gesagt. »Idiot.«

Er verzieht die Lippen zu einem Schmunzeln. »Ich meine ja nur.«

»Darf ich deine Vordertür benutzen?«, frage ich mürrisch, weil mir das langsam etwas zu viel wird.

Sein Schmunzeln verwandelt sich in ein träges Grinsen und wieder lässt er seinen Blick über meinen Körper schweifen. Hitze breitet sich an jeder Stelle aus, der er einen Moment zu lange seine Aufmerksamkeit schenkt. »Ich weiß nicht.« Er zuckt mit einer nackten Schulter. »Zuzusehen, wie du dort wieder hinauskletterst, wo du reingekommen bist, klingt irgendwie verlockender.«

»Du ... Du ... Keine Ahnung, was ich dazu sagen soll«, stammle ich und spüre, wie ich erneut feuerrot anlaufe. So ein Mist.

Lauthals lachend wirft er den Kopf zurück. »Du hast Glück, Babe, denn mir ist gerade danach, mich wie ein Gentleman zu verhalten.« Noch immer lachend dreht er sich zur Tür um.

Während ich ihm aus dem Raum und einen langen Flur entlang in den Eingangsbereich folge, gebe ich mir Mühe, seinen verdammt ansehnlichen Rücken mit finsteren Blicken zu durchbohren. Als er sich an der Tür zu mir umwendet, funkle ich ihn ein letztes Mal finster an und marschiere ich in meinem Hauch von Nichts hoch erhobenen Hauptes an ihm vorbei nach draußen.

»Bis demnächst.«

»Darauf würde ich nicht zählen!«, rufe ich über meine Schulter zurück und hebe eine Hand, um ihm einen Vogel zu zeigen. Die Geste wird jedoch von Mouse verhindert, der sich wieder gegen meinen Griff zu wehren beginnt. Während ich versuche, meine sich windende Katze noch im Vorgarten dieses arroganten Kerls zu bändigen, kriegt sich besagter Kerl hinter uns vor lauter Lachen nicht mehr ein. Als Mouse endlich Ruhe gibt, beschleunige ich meine Schritte und eile barfuß meine Veranda hinauf direkt in mein Haus. Drinnen setze ich Mouse auf seiner Fensterliege ab und lasse mich auf die Couch fallen.

Für einen Moment schließe ich die Augen und öffne sie wieder, als Mouse auf meine Brust springt. »Lass uns einen Deal machen.« Ich hebe ihn hoch, um seine volle Aufmerksamkeit zu bekommen. »Von jetzt an büxt du nur noch aus, wenn ich vollständig angezogen bin und mir die Haare gekämmt habe.«

»Miau.« Er angelt mit der Pfote nach meiner Nase.

»Es war einen Versuch wert.« Ich richte mich auf und drücke ihn an mich. »Die Sache hat auch etwas Positives: Ich bezweifle, dass mich Mr Hottie von nebenan so schnell vergessen wird.« Mir entfährt ein Seufzen. »Tja, das ist aber gleichzeitig auch das Negative daran.«

»Miau«, stimmt Mouse zu, allerdings habe ich keine Ahnung, ob das gut oder schlecht ist.

Vermeiden, vermeiden, vermeiden – oder versuche es zumindest

Leah

Als ich in meine Einfahrt einbiege, gucke ich ganz automatisch zu dem angrenzenden Grundstück und sehe rasch wieder weg, als ich meinen Nachbarn entdecke, der aus einem großen schwarzen Truck steigt. Mir ist bewusst, dass ich auf seine Anwesenheit reagieren sollte – mit einem flüchtigen Winken oder indem ich kurz stehen bleibe und ihn frage, ob er sich gut einlebt –, aber ich lasse es. Stattdessen drücke ich auf den Knopf der Fernbedienung zum Öffnen meines Garagentors und fahre hinein. Als es sich hinter mir wieder schließt, stoße ich einen erleichterten Seufzer aus.

Mein Vater wäre enttäuscht von mir. Ich kann ihn deutlich hören: Leah, Liebes, du musst freundlich zu den Leuten um dich herum sein. Sollte einmal etwas Schlimmes passieren, sind sie dir am nächsten. Das sagt er ständig; normalerweise würde ich ihm zustimmen und bei all meinen anderen Nachbarn beherzige ich seinen Rat stets. Ich gebe mir immer Mühe, offen und freundlich zu sein, wenn jemand Neues in die Gegend zieht; ich bringe Kekse vorbei, stelle mich vor und biete an, Nummern auszutauschen, nur für den Fall, dass ein Notfall eintritt.

Was den aktuellen Neuankömmling betrifft, war ich allerdings ganz und gar nicht zuvorkommend.

Seit ich bei ihm eingestiegen bin, um meine Katze zu retten, ist eine Woche vergangen und in dieser Zeit habe ich alles in meiner Macht Stehende getan, um eine weitere Begegnung mit ihm zu vermeiden. Ich stelle sicher, dass er sich nirgendwo draußen aufhält, bevor ich die Vordertür aufmache, um meine Post zu holen. Außerdem verlasse ich niemals das Haus, wenn er im Garten arbeitet, was er oft tut. Okay, vielleicht beobachte ich ihn inkognito durch meine Vorhänge hindurch, aber keine Frau dieser Welt würde nicht dabei zusehen, wie er mit einem umgedrehten Basecap auf dem Kopf und einem an seinem muskulösen Oberkörper klebenden T-Shirt im Garten hantiert.

Als ich mein Heim betrete, läuft mir Mouse entgegen und streift um meine Beine. Auf dem Weg in mein Schlafzimmer halte ich kurz inne, nehme ihn hoch und küsse ihn auf den Kopf, auch wenn er mich anfaucht und mit seinen Pfoten nach mir schlägt. Er ist sauer, weil ich ihn drinnen behalte, obwohl es draußen so viel für ihn zu entdecken gibt. Jeden Tag beäugt er mich und die Vordertür, als warte er darauf, dass ich einen Fehler begehe, damit er endlich die Flucht ergreifen kann. Die ganze letzte Woche über war ich extra vorsichtig, weil er bei der ersten sich bietenden Gelegenheit abhauen würde. Bei meinem Glück würde er wieder direkt zu meinem Nachbarn flitzen – durch das Fenster, das immer offen zu stehen scheint.

Im Schlafzimmer ziehe ich mein von Kopf bis Fuß schwarzes Outfit aus, das ich im Salon trage, den ich zusammen mit meiner Mutter und meiner Großmutter besitze. Der Laden ist schon seit zwanzig Jahren ein fester Bestandteil unserer Stadt. Als ich klein war, wollte ich Krankenschwester werden. Diesen Plan habe ich auch umgesetzt und schließlich in einem Krankenhaus gearbeitet. Nachdem ich drei Jahre lang Pillen verteilt, Krankenakten ausgefüllt und beinah alltäglich Zeugin eines Sterbefalls wurde, beschloss ich, dass diese Tätigkeit nicht das Richtige für mich ist. Ich war nicht glücklich, also kündigte ich meinen Job und fing an, im Salon zu arbeiten, während ich nach meiner wahren Berufung suchte.

Ich hatte nicht erwartet, diese in der Zusammenarbeit mit meiner Mutter und Großmutter zu finden, aber so war es. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich machte eine Ausbildung zur Kosmetikerin und wurde Hair-Stylistin. Nach meinem Abschluss stieg ich offiziell ins Familiengeschäft ein und arbeite nun seit fünf Jahren im Bleach Bomb Shell’s – benannt nach meiner Großmutter, Shelly.

Ich liebe meinen Job. Obwohl es Tage gibt, an denen mich die Zusammenarbeit mit meiner Mom an den Rand des Wahnsinns treibt. Sie benimmt sich wie eine typische Mutter: Sie mischt sich in meine Angelegenheiten ein, nörgelt immer ein wenig rum und sorgt sich, dass ich mein Leben lang allein bleiben werde – ohne einen Mann an meiner Seite, der sich um mich kümmert. Weil ich, um es mit ihren Worten zu sagen, nicht genug date.

Ich bin dreiunddreißig und hatte bereits ein paar Freunde, aber erst zwei ernsthafte Beziehungen. Eine in der Highschool und die letzte mit Chris, die zwei Jahre andauerte, ehe ich vor etwa einem Jahr das Handtuch warf und die Sache zwischen uns beendete. Chris war an und für sich toll, sendete mir aber immer sehr gemischte Signale. Den einen Monat wollte er unbedingt mit mir zusammen sein und erzählte mir, er sei noch nie glücklicher gewesen; im nächsten wusste er nicht mehr, ob er etwas Ernstes will und wirklich bereit ist, sich fest zu binden. Ich konnte nicht verstehen, wie man im Alter von neununddreißig noch Bindungsprobleme haben kann, wenn es üblich ist, mit fünfunddreißig verheiratet zu sein und Kinder zu haben. Als er mir erneut mit dieser Leier über Verbindlichkeit und unsere langfristigen Perspektiven kam, sagte ich ihm, dass er alle Zeit der Welt haben könne, um seinen Angelegenheiten zu klären, denn ich war fertig mit uns.

Diese Beziehung hat mir gezeigt, dass man jemanden nicht an sich binden kann, indem man ihm nachjagt. Es ist, wie meine Großmutter immer sagt: Ein Mann, der Interesse an einem hat, wird das auch ganz ohne irgendwelche Spielchen klarmachen. Nach der Sache mit Chris habe ich endlich auf sie gehört. Wo dieser Kerl ist, der mich bedingungslos will, weiß ich nicht, doch ich hoffe, dass er auftaucht, bevor ich fünfzig bin und noch weitere fünf Katzen adoptiert habe.

Ich schüttle diese Gedanken ab, schlüpfe in eine Jeans und ein Sweatshirt und gehe in die Küche, um mir etwas zu essen zu machen. Wie bei der gestrigen Inspektion meiner Speisekammer und meines Kühlschranks finde ich auch heute nichts Essbares darin. Na ja, im Grunde schon. Ich habe jede Menge Katzenfutter, eine Packung Cracker und ein bisschen Hummus vorrätig. Ich hasse es, Lebensmittel einzukaufen. Bei Klamotten oder Deko für mein Zuhause ist das anders. Das liebe ich, aber Lebensmittelläden meide ich wie die Pest. Ich habe einfach keine Selbstkontrolle. Am Ende ist mein Wagen voller Junkfood und ich fühle mich schlecht, weil ich eine Woche lang nur Müll esse. Vielleicht sollte ich nicht immer völlig ausgehungert einkaufen gehen. Dann würde ich auch nicht alles, was in einer bunten Verpackung steckt, für unwiderstehlich halten.

In dem Wissen, das Unvermeidbare nicht länger aufschieben zu können, sofern ich nicht Cracker und Hummus zum Abendessen will, schnappe ich mir meine Schlüssel und kehre in die Garage zurück.

Beim Supermarkt angekommen, hole ich mir einen Einkaufswagen und nehme mir vor, mich ausschließlich an den Regalen der äußeren Gänge zu bedienen. In einer dieser Morgensendungen habe ich gehört, dass man sich von den inneren Gängen im Supermarkt fernhalten soll; dass sich alles, was man braucht, in den Außengängen befindet – Obst, Gemüse, Fleisch und Milchprodukte.

Als ich den halben Supermarkt hinter mich gebracht habe und mit der bisherigen Auswahl meiner Einkäufe zufrieden bin, zieht eine leuchtend rote Packung meine Aufmerksamkeit auf sich. Mir ist bewusst, dass ich mich davon nicht so magisch anziehen lassen sollte, aber ich kann nichts dagegen tun. Fruity Pebbles sind meine Schwachstelle; es gibt nichts Leckeres als eine Schale voll dieser bunten Cerealien mit eiskalter Milch. Nachdem ich mir die größte Packung geschnappt habe, die ich finden kann, komme ich völlig vom Kurs ab. Ich kann den inneren Gängen des Supermarkts nicht länger widerstehen und habe am Ende doch wieder einen Einkaufswagen voller Junkfood. Gott sei Dank habe ich auch etwas Obst eingepackt, von daher fühle ich mich nicht ganz so mies.

Ich verstaue alles in meinem Auto und fahre nach Hause, die Hauptstraße entlang und an den örtlichen Geschäften vorbei, inklusive dem Salon. Mount Pleasant ist eine der typischen Städte in South Carolina. Es gibt viele Touristen, und die Einheimischen kennen sich alle, weil sie bereits seit Jahren hier leben. Ich bin schon viel gereist und kann mit absoluter Sicherheit sagen, dass man sich nirgendwo willkommener fühlt als an diesem Flecken Erde.

Ich erreiche meinen Block und winke ein paar meiner Nachbarn zu, die das Herbstwetter genießen. Als ich in meine Einfahrt einbiege, runzle ich die Stirn, denn ein großer schwarzer Hund hockt auf meiner Veranda. Während ich mich frage, wem er gehört, fahre ich in die Garage. Ich stoße die Autotür auf, das Garagentor fährt herunter, und plötzlich steht dieser Hund vor mir. Erschrocken japse ich auf.

»Lieber braver Hund«, sage ich in einem, wie ich hoffe, beruhigenden Tonfall, während er sich anpirscht. Sobald er mit dem Schwanz wedelt, atme ich erleichtert auf und strecke meine Hand nach ihm aus. »Guter Hund.« Ich streichle über seinen dunklen Kopf, der mir fast bis zur Mitte meines Bauches reicht. »Wem gehörst du?«, frage ich und suche an seinem Halsband nach einer Marke. Als ich fündig werde, lese ich, was darauf steht, und muss lächeln. »Hallo, Bruce.«

Er bellt, und ich zucke erschrocken zusammen, doch er stupst mich nur mit der Schnauze an und verlangt nach weiteren Streicheleinheiten. Ihn hinter dem Ohr kraulend, drehe ich die Hundemarke auf die andere Rückseite, um den Namen und die Telefonnummer zu studieren, die sich dort befinden. Ich hole mein Handy hervor und rufe einen gewissen Tyler Duncan an. Dann hinterlasse ich eine Mitteilung auf seiner Mailbox, in der ich ihm meine Nummer nenne und ihn wissen lasse, dass ich seinen Vierbeiner bei mir habe.

»Keine Ahnung, was mein Kater davon hält, wenn ich dich mit reinnehme.« Noch einmal streichle ich über das Fell des Hundes. »Magst du Katzen?« Er setzt sich mit einem Ächzen hin und legt den Kopf schief, als würde er über meine Frage nachdenken. »Ich meine nicht als Snack.«

Er stößt eine Art Als ob-Schnauben aus, und ich kann nicht anders, als zu grinsen.

»Du wirst hier ein paar Minuten warten müssen, während ich meine Besorgungen nach drinnen trage und Mouse in meinem Schlafzimmer einsperre.«

Mit einem weiteren Ächzen legt er sich in der Nähe meines Kofferraums auf den Boden. Ich schnappe mir alle Tüten auf einmal, um sie in einem Gang nach drinnen zu tragen, denn das Schleppen von Einkäufen hasse ich noch mehr als das Einkaufen selbst. Dann mache ich mich auf die Suche nach Mouse, den ich dösend in seinem Katzenbett vorfinde, das mit Saugnäpfen am Fenster im Esszimmer befestigt ist. Ich trage ihn in mein Schlafzimmer und setze ihn auf der Matratze ab, ehe ich die Tür hinter mir zuziehe.

Anschließend hole ich Bruce nach drinnen, und er schnüffelt für ein paar Minuten herum, ehe er vor meiner Schlafzimmertür stehen bleibt. Mouse streckt von der anderen Seite seine Pfoten unter der Tür durch, ein eindeutiger Fluchtversuch, den Bruce jedoch für ein Spiel hält, weshalb er Mouse zu erwischen probiert. Da ich keinerlei Aggression zwischen den beiden wahrnehmen kann, lasse ich sie zufrieden und gehe in die Küche, um die Einkäufe wegzuräumen. Als ich mit den Vorbereitungen für das Abendessen beginne, rufe ich noch einmal bei dem Hundebesitzer an und hinterlasse ihm eine weitere Nachricht auf der Mailbox.

Bruce riecht das sautierende Hühnchen und gesellt sich zu mir in die Küche. Er blickt erst den Herd, dann mich an.

»Sorry, Kumpel, ich habe kein Hundefutter da«, erkläre ich und könnte schwören, dass er daraufhin eine Schnute zieht. »Wenn ich später losfahren und dir welches kaufen muss, werde ich das machen, aber ich hoffe, dein Besitzer bemerkt vorher, dass du weg bist, und ruft mich zurück.«

Bruce dreht sich ein paarmal im Kreis, bevor er sich auf den Küchenboden legt. Ich wiederum stelle mich vor den Herd, wende das Hühnchen, und kurz darauf klingelt mein Handy. Es ist eine hiesige Nummer, also wische ich mit dem Finger über das Display und nehme den Anruf entgegen. »Hallo?«

»Sie haben mir eine Nachricht hinterlassen, dass Sie meinen Hund gefunden haben«, höre ich jemanden mit tiefer, attraktiver und irgendwie vertrauter Stimme sagen.

Ich sehe hinunter zu Bruce, der den Kopf auf die Pfoten gebettet hat, und seinerseits zu mir hochschaut. »Ja, er saß auf meiner Veranda, als ich nach Hause gekommen bin. Dann ist er mir in die Garage gefolgt, was ich allerding erst bemerkte, als das Garagentor bereits geschlossen war. Er hat mich zu Tode erschreckt, aber er ist lieb. Da er offensichtlich jemandem gehört, wollte ich ihn nicht wieder nach draußen schicken«, erkläre ich umschweifend.

»Verdammt. Das tut mir leid. Er ist bisher noch nie abgehauen«, erwidert der Mann am anderen Ende der Leitung, und ich höre etwas, das nach dem Zuschlagen einer Tür klingt. »Ich sitze jetzt in meinem Truck und kann ihn direkt abholen. Wo wohnen Sie?«

Warum klingt seine Stimme so vertraut? Warum habe ich das Gefühl, ihn zu kennen? Kopfschüttelnd nenne ich ihm meine Adresse.

»Das ist ein Scherz, oder?« Er lacht.

»Wie bitte?«

»Egal. Ich bin gleich da.« Er legt auf und mein Herz beginnt, zu rasen.

Ich betrachte Bruce. »Das kann nicht wahr sein.« Als es keine Minute später an der Tür klingelt, schaue ich stöhnend hinauf zur Decke. Hoffentlich liege ich falsch. Nachdem ich meinen Blick wieder gesenkt habe, beobachte ich, wie sich Bruce erhebt. »Du musst ausgerechnet dem Typen von nebenan gehören?«

Seine Antwort ist ein Bellen, dann kommt er schwanzwedelnd auf mich zu. Ich streichle über seinen Kopf, ehe ich gegen mein Bein klopfe. »Na komm, dein Herrchen ist hier, um dich abzuholen.« Er folgt mir zur Tür, und als ich diese öffne, setzt er sich neben mich.

Mr Hottie von nebenan, mir ab jetzt als Tyler bekannt, sieht mich unter dem Rand seines Basecaps schmunzelnd an. »Babe, um meine Aufmerksamkeit zu bekommen, hättest du nicht meinen Hund entführen müssen«, scherzt er.

Die Arme vor der Brust verschränkend, bedenke ich ihn mit einem finsteren Blick und schnaube empört. »Als würde ich deine Aufmerksamkeit so unbedingt wollen.«

Er lacht und schaut hinunter zu Bruce, der sich noch nicht vom Fleck bewegt hat. Tyler zieht die Brauen zusammen und klopft gegen seinen Oberschenkel. »Na komm, Kumpel.« Doch Bruce wendet sich mir zu und leckt mir über die Hand. »Wie lange ist er schon bei dir?«

»Vielleicht eine Stunde?« Ich zucke mit den Schultern, und als sich Bruce mit seinem ganzen Gewicht gegen mich lehnt, kraule ich ihn hinter den Ohren. »Bist du sicher, dass er dir gehört? Vielleicht bist du derjenige, der ihn entführen will, bevor sein richtiger Besitzer auftaucht.« Ich grinse, und Tylers Blick heftet sich auf meinen Mund.

»Er gehört mir.«

»Wirkt nicht so.« Es macht mir einen Heidenspaß, ihm genauso auf die Nerven zu gehen wie er mir das letzte Mal, als wir uns begegnet sind. Natürlich gehört Bruce ihm. Sein Name und seine Nummer standen auf dessen Hundemarke.

Tyler öffnet den Mund, um etwas zu erwidern, als Bruce mit einem Bellen unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht und losmarschiert. Ich folge ihm durch das Wohnzimmer, den Flur entlang und reiße die Augen auf, als er direkt auf die Schlafzimmertür zuhält und eine Vorderpfote hebt. Dann drückt er den L-förmigen Türgriff hinunter und die Tür schwingt nach innen auf. Mouse nutzt die Gelegenheit, um zu flüchten, und rennt erst an Bruce, dann an mir vorbei.

»Schließ die Haustür!«, rufe ich, als ich bereits nach vorn stürze, um nach meinem Kater zu greifen, ihn jedoch um Längen verfehle. Mit einem Ächzen lande ich auf den Knien und beobachte, wie Mouse an einem überraschten Tyler vorbei und dicht gefolgt von Bruce nach draußen flitzt. Im nächsten Moment werde ich auf die Füße gezogen und an eine warme Brust gepresst, die viel zu gut riecht. Ich hebe den Kopf, um in Tylers umwerfende Augen zu sehen. »Bitte sag mir, dass dein Hund nicht meine Katze fressen wird.«

»Ich hoffe nicht«, entgegnet er und klingt durchaus besorgt. Mit einem leichten Stoß löse ich mich von ihm, könnte aber schwören, dass er die Arme für einen Moment fester um mich schließt, ehe er mich gehen lässt. Ich umrunde seine große, breit gebaute Statur, laufe nach draußen und die Treppenstufen meiner Veranda hinunter. Tyler folgt mir. Ich höre einen Hund bellen, also renne ich in Richtung des Geräuschs. Als ich um die Ecke biege und Bruce entdecke, halte ich abrupt an. Er hat die Vorderpfoten auf dem Sims des offenen Fensters von Tylers Haus abgestützt und bellt Mouse an, der knapp außerhalb seiner Reichweite auf der Fensterbank thront und auf ihn herabschaut.

»Mist, ich muss nach dem Streichen des Zimmers vergessen haben, es wieder zu schließen«, meint Tyler neben mir.

Ich schaue zu ihm hoch. »Ach wirklich? Es steht schon seit einer Woche offen. Jemand hätte bei dir einbrechen und all deine Sachen klauen können.«

»Wenn du das bemerkt hast, hättest du etwas sagen sollen, Sweetheart«, erwidert er, was sofort Schuldgefühle in mir weckt.

Ich wende mich ab. »Woher sollte ich wissen, dass du es nicht mit Absicht offengelassen hast?«

»Verdammt, du bist süß.« Scheinbar amüsiert ergreift er meine Hand und zieht mich zu seinem Fenster hinüber. Die Berührung löst ein elektrisierendes Kribbeln aus, das von unseren miteinander verbundenen Fingern direkt in meinen Bauch jagt. Erschrocken von diesem Gefühl versuche ich mich loszureißen, aber Tyler bleibt unbeeindruckt und umschließt meine Hand noch fester.

»Bruce, bei Fuß«, befiehlt er, woraufhin Bruce sofort zurück auf alle viere sinkt und schwanzwedelnd zwischen uns hin und her schaut. »Guter Junge.« Tyler zieht mich mit sich vorwärts.

Mein Blick liegt einzig und allein auf Mouse, der uns ganz genau beobachtet, und ich weiß, was sein nächster Schritt sein wird, noch bevor er dazu ansetzt. »Lass es«, warne ich leise, aber er blinzelt mich nur aus seinen goldenen Augen an und verschwindet in Tylers Haus.

»Tja, immerhin ist er dort drinnen und nicht irgendwo auf der Straße unterwegs«, stellt dieser fest.

»Ja.« Wieder versuche ich, mich aus seinem Griff zu befreien, gebe aber auf, als er mich partout nicht loslässt. »Und dieses Mal muss ich nicht durch das Fenster klettern oder mich mit einer Waffe bedrohen lassen.«

Tyler lacht und tritt mit mir vor das Fenster, um es von außen zu schließen, ehe er mich hinter sich her zur Vorderseite des Hauses führt. Wir gehen hinein, als Bruce auch schon Anstalten macht, den Flur hinunterzulaufen, aber innehält, als Tylers knurrende Stimme erklingt. »Bruce, ab auf dein Bett.«

Mit einem sehnsüchtigen Blick in jene Richtung, in die er eigentlich wollte, lässt sich Bruce in einem Körbchen neben dem Kamin nieder. »Und wir zwei schauen mal, ob wir deine Katze zu fassen bekommen.«

»Darf ich meine Hand wiederhaben?«, frage ich, weil mir sein fester Griff ein wenig zu gut gefällt.

Er sieht hinunter auf unsere immer noch miteinander verschlungenen Finger. »Fürs Erste«, antwortet er und blickt mir direkt in die Augen. Mein Magen macht einen gewaltigen Satz, dann lässt Tyler mich los.

Ich balle die Hand zur Faust und deute mit der anderen den Flur hinunter. »Nach dir.«

Er geht voran und hält vor einer geschlossenen Tür, die er einen Spaltbreit öffnet. Mouse – der nie eine Gelegenheit auslässt, um mich zu ärgern – nutzt die Gelegenheit und rennt an uns vorbei aus dem Zimmer. Zum Glück hat er hier keinerlei Möglichkeiten, nach draußen zu gelangen. Trotzdem habe ich keine Ahnung, ob Bruce ihn nicht als Snack missverstehen könnte, also eile ich ihm hinterher. Im Wohnzimmer angekommen, sehe ich mich suchend nach seinem Versteck um, und entdecke ihn neben Bruce auf dem Hundebett.

»Du steckst in ziemlich großen Schwierigkeiten, Mister.« Als ich ihn hochnehme, faucht er und versucht, sich wieder zu befreien. Ich umfasse ihn noch etwas fester und wende mich an Tyler. »Entschuldige.«

»Wofür?«

Ich ziehe die Nase kraus. »Keine Ahnung, ich habe das Gefühl, mich entschuldigen zu müssen.«

Scheinbar amüsiert über mein Verhalten kommt er auf mich zu und nimmt mir Mouse ab. »Ich begleite dich zurück nach Hause.«

»Das musst du nicht.«

»Ich denke schon«, entgegnet er und wirft Bruce einen Blick zu, der sich mittlerweile an meine Seite geschoben hat. »Bleib hier, Kumpel. Ich bin gleich zurück.«

Bruce lässt sich auf seine Hinterbeine sinken, und ich streichle ihn ein letztes Mal, ehe Tyler die Vordertür aufmacht und gemeinsam mit mir ins Freie tritt.

Zurück auf meiner Veranda versuche ich, ihm Mouse abzunehmen, aber er schüttelt nur den Kopf, also bitte ich ihn seufzend herein. Im nächsten Moment sehe und rieche ich Rauch. Scharf ausatmend eile ich in die Küche und hieve die heiße Pfanne vom Herd, die ich in die Spüle stelle, um Wasser über das verkohlte Fleisch laufen zu lassen. Verdammter Mist.

»War das dein Abendessen?«, will Tyler mit einem Blick über meine Schulter wissen. Mouse hält er noch immer im Arm.

»Ja.« Seufzend betrachte ich die Pfanne, aus der stetig heißer Dampf aufsteigt.

»Hol deinen Mantel.«

»Was?« Verwirrt schaue ich ihn an.

»Hol deinen Mantel. Ich habe auch noch nichts gegessen. Wir gehen aus.«

Prompt zieht sich mein Magen zusammen und gibt ein Knurren von sich. Ich öffne den Mund, um ihm einen Korb zu geben, aber bevor ich etwas sagen kann, unterbricht er mich.

»Tisch mir jetzt keine lahme Ausrede auf, warum du nicht mitkommen kannst. Zieh einfach deine Jacke an.«

Ich mustere erst ihn, dann die Pfanne. Ja, ich habe Hunger, aber bin ich hungrig genug, um mit ihm essen zu gehen?

»Leah, wir sind Nachbarn. Du kannst mir nicht für immer aus dem Weg gehen.« Tyler setzt Mouse auf den Boden. Sofort sucht mein Kater das Weite, jedoch nicht, ohne mich noch einmal anklagend über seine Schulter hinweg anzufunkeln.

»Ich bin dir nicht aus dem Weg gegangen«, schwindle ich.

»Babe.« Tyler grinst. »Ich habe mehr als einmal bemerkt, wie du mich durch das Fenster beobachtet hast. Trotzdem hast du es vermieden, nach draußen zu kommen, wenn ich im Garten war. Und als ich heute aus meinem Truck gestiegen bin, hast du weggesehen, bevor sich unsere Blicke treffen konnten.«

Oh mein Gott. Meine Wangen fangen an, zu glühen. »Ich habe dich ganz sicher nie beobachtet, wenn du draußen im Garten warst.«

»Wie du meinst. Und jetzt hol deine Jacke, damit wir loskönnen.«

»Ich ...«

»Egal, du brauchst keine.« Er greift nach meiner Hand und zieht mich in Richtung der Haustür.

Sofort beginnt mein Herz wie wild zu rasen. Als er den Türgriff berührt, entfährt mir ein aufgebrachter Laut. »Okay. Na schön! Lass mich los, ich hole mir etwas zum Überziehen.«

Tyler gibt meine Finger frei, und ich trete ein Stück von ihm zurück, ohne jedoch den Blick von ihm zu nehmen. »Vielleicht ...«, setze ich an, halte aber inne, als er nun seinerseits einen Schritt auf mich zumacht. Ich drehe mich um und hole meine Jeansjacke aus dem Garderobenschrank. Ohne ein weiteres Zögern ziehe ich sie an und wende mich wieder an Tyler. »Zufrieden?«

Er antwortet nicht, sondern hält mir nur die Tür auf, damit ich vor ihm nach draußen gehen kann. Nachdem er mir in seinen Truck geholfen hat, stoße ich ein weiteres ungläubiges Schnauben aus, weil ich nicht fassen kann, was hier abläuft, dann führt er mich zum Essen aus.

Küss ihn nicht

Leah

»Hey, Liebes«, begrüßt mich Grandma, sobald ich den Salon betrete. Sie ist achtundsiebzig, aber immer noch topfit. Sie hat keinerlei Falten in ihrem Gesicht – was wahrscheinlich am Botox liegt, das sie sich hin und wieder gönnt, auch wenn sie das niemals zugeben würde. Ihr dichtes silberfarbenes Haar trägt sie in einem stylischen Bob, der ihr ovales Gesicht und ihre blauen Augen akzentuiert. Ihre Haut ist gebräunt, weil sie sich alle paar Wochen die Straße runter ein Spray Tanning verpassen lässt, und sie kleidet sich stets stilvoll. Heute trägt sie einfache schwarze Stiefel, eine Jeans in derselben Farbe und eine enganliegende schwarze Bluse, die weit genug aufgeknöpft ist, um einen Hauch ihres Dekolletés zu erkennen. Sie wirkt nicht viel älter als meine Mutter, die auf die Sechzig zugeht, auch wenn Mom ebenfalls jünger aussieht, als sie ist.

»Hi, Grams.« Ich neige den Kopf zur Seite, damit sie mich auf die Wange küssen kann. »Ich dachte, du würdest ein paar Tage freimachen?«

»Maria hat angerufen und gefragt, ob ich sie heute Morgen terminlich dazwischenschieben kann. Sie hat gestern Abend beschlossen, sich selbst einen Pony zu schneiden.« Lachend geht Grams durch den Salon zu ihrem Platz und verstaut ihre Handtasche in der unteren Schublade ihres Stands. Mit nur vier Frisierplätzen ist unser Laden einer der kleineren in der Stadt. Allerdings sind wir auch einer der am meisten besuchten. Die Leute können bei uns ohne Termin vorbeikommen, aber wir haben auch eine lange Liste an Stammkunden.

Die Einrichtung ist seit Jahren dieselbe und könnte eine Modernisierung gebrauchen, jedoch müssten wir den Salon während der Renovierung schließen, und bin sicher, dass das niemals passieren wird. Unsere Kundinnen würden uns mit Mistgabeln durch die Straßen jagen, wenn wir ihnen sagen, dass wir für ein paar Wochen zumachen und sie so lange auf ihren Haarschnitt warten müssen. Was der Grund ist, weshalb der Boden noch aus den gleichen schwarz-weiß karierten Fliesen wie eh und je besteht. Auch die einzelnen Friseurplätze wirken, wie aus den 60er-Jahren entsprungen, und selbst die rosafarbenen Lederstühle stammen noch aus jener Zeit, als der Salon eröffnet wurde. Meine Großmutter, meine Mutter und ich bemühen uns über alle Maße, alles sauber und in Schuss zu halten, damit der Salon nicht heruntergekommen aussieht.

»Also, wie war dein Abend gestern?«

Bei ihrer Frage drehe ich mich auf meinem Stuhl zum Spiegel herum, damit ich ihr nicht in die Augen schauen muss, sobald ich antworte. Das Abendessen gestern mit Tyler war ... Nun, es war wirklich gut. Wir sind zu einem hiesigen Diner gefahren und haben am Tresen gegessen, weil der Laden rappelvoll war. Während wir uns über unsere Burger und Pommes hermachten, erfuhr ich, dass Tyler von Tennessee hergezogen ist, nachdem ihm ein Freund, dem eine Baufirma gehört, einen Job als Vorarbeiter angeboten hat.

Er erzählte mir auch ein wenig von seiner Familie; dass seine Eltern noch verheiratet sind und er eine Schwester sowie eine Nichte hat, die in Montana leben. Ich wiederum schilderte ihm, dass ich Krankenschwester geworden bin, dann aber noch mal die Schulbank drückte, um meine Lizenz als Kosmetikerin zu bekommen. Außerdem sprach ich ein bisschen über meine Eltern, meine Brüder und Grandma. Darüber stellte ich fest, dass Tyler noch entschlossener ist als ich, wenn er etwas will. Er hat sich eiskalt geweigert, mich für das Abendessen bezahlen zu lassen. Erst nachdem er mich darauf aufmerksam machte, dass uns die umstehenden Gäste beim Streiten beobachteten, gab ich nach und ließ ihn die Rechnung übernehmen.

Im Anschluss fuhren wir nach Hause, wo er mich wider Erwarten zur Vordertür begleitet und sogar gewartet hat, bis ich drinnen war, bevor er gegangen ist. Ich musste mich den ganzen restlichen Abend daran erinnern, dass wir nicht auf einem Date waren, sondern wir bloß zwei Nachbarn sind, die miteinander gegessen und sich dabei unterhalten haben. Trotzdem kann ich nicht leugnen, dass ich mich zu Tyler hingezogen fühle und die gemeinsame Zeit mit ihm sehr genossen habe. Mist.

»Liebes«, sagt Grams, und als ich mich wieder auf den Spiegel konzentriere, sehe ich sie hinter mir stehen. »Was ist los? Du warst mit den Gedanken gerade kilometerweit weg.«

»Sorry.« Kopfschüttelnd bringe ich mich wieder in das Hier und Jetzt.

»Denkst du an dein Date heute Abend?« Bei ihrer Frage werden meine Augen kugelrund.

Verdammt. Wie zur Hölle konnte ich mein Date mit Charles vergessen? Charles und ich waren in der Highschool zwei Jahre zusammen, und die Sache war so ernst, wie es für Sechszehnjährige möglich ist. Kurz vor unserem Abschluss beendeten wir unsere Beziehung, weil wir auf unterschiedliche Colleges gingen. Nach unserer Trennung hörte ich, dass er mich während unserer Beziehung mehrfach betrogen hat, wovon ich aber niemandem außer meiner besten Freundin Chrissie erzählte. Ich habe Charles nie damit konfrontiert, sondern ihn einfach aus meinem Leben gestrichen. Vor ein paar Jahren zog er wieder hierher, damals war ich noch mit Chris zusammen. Seit ich mich von diesem jedoch getrennt habe, fragt mich Charles immer wieder nach einer Verabredung. Ich habe es stets geschafft, einen Grund vorzuschieben, um seine Einladungen auszuschlagen, bis vor einer Woche. Ich aß mit meiner Mutter zu Mittag, als er mich erneut um ein gemeinsames Abendessen bat. Mom hielt das für eine großartige Idee, weil sie Charles immer mochte und sie ihn wie die meisten Frauen in der Stadt als guten Fang einstuft. Immerhin ist er jung, attraktiv und ein Anwalt. Leider ist ihnen allen nicht klar, dass er zudem ein Casanova ist. Mir aber schon und ich habe keine Lust auf seine Spielchen. Genauso wenig auf das Date mit ihm. Wegen meiner Mutter, die mich nach seiner Einladung von der anderen Seite des Tischs hoffnungsvoll angestarrt hat, hatte ich jedoch das Gefühl, keine andere Wahl zu haben. Also muss ich heute Abend mit ihm ausgehen.

Doppel-Mist.

»Ja, ich überlege, was ich anziehen soll«, lüge ich.

»Es ist völlig egal, was du trägst. Du siehst in allem wunderschön aus.«

»Hm«, stimme ich halbherzig zu, während ich mich gleichzeitig frage, ob es eine Möglichkeit gibt, dem Date heute Abend zu entgehen.

»Wohin führt er dich noch mal aus?«

»In das Wheelhouse, denke ich.« Ich nehme mein Handy und scrolle durch meine Nachrichten, bis ich jene finde, die er mir letzte Woche geschickt hat.

»Das ist ein schönes Restaurant. Ich würde ein Kleid vorschlagen. Vielleicht das schwarze mit den langen Spitzenärmeln und dem Stehkragen?«

»Ja, vielleicht«, entgegne ich, während ich seine Nachricht noch einmal lese – die einzige, die er mir gesendet und in der er mir mitgeteilt hat, wo wir essen werden und wann er mich bei mir zu Hause abholt.

»Warum ziehst du so ein unerfreuliches Gesicht?«, will Grams wissen, und ich werfe mein Telefon rasch auf den Frisiertisch.

»Nur so.«

»Du wirkst genervt«, stellt sie fest, als die Glocke über der Eingangstür läutet und mich somit vor weiteren Fragen bewahrt.

Maria eilt herein. Die Haare über ihren Augen sind in einem seltsamen Winkel geschnitten. »Hilfe!«, ruft sie, sobald sie Grams entdeckt.

»Oh Honey, was hast du dir nur dabei gedacht?« Grams nimmt Maria bei der Hand und führt sie hinüber zu ihrem Stuhl.

Maria lässt sich mit einem Seufzen auf den Sitz fallen und stellt ihre Handtasche geräuschvoll auf Grams Frisiertisch ab. »Ich habe mir gar nichts dabei gedacht. Ich wurde in den Strudel von YouTube hineingezogen, wo mich ein Mädchen davon überzeugt hat, ich könnte mir selbst einen Pony schneiden«, erklärt sie und bringt mich damit zum Kichern. Sie ist nicht die Erste, die in den Salon kommt, nachdem sie selbst mit der Schere Hand angelegt und es anschließend bereut hat.

»Niemand kann seinen eigenen Pony schneiden«, wirft Grams ein und legt ihr einen Umhang um die Schultern. »Jeder vermurkst es, wenn er es selbst versucht.«

»Das weiß ich jetzt. Kriegst du das wieder hin?«, erkundigt sich Maria und betrachtet sich sorgenvoll im Spiegel.

»Zum Glück hast du nicht allzu viel abgeschnitten, von daher sollte ich deine Frisur retten können.«

»Gott sei Dank.« Maria seufzt erleichtert.

Ich drehe meinen Stuhl herum, um Grams bei dem zu beobachten, was sie am besten kann. Zwanzig Minuten später verlässt Maria mit gleichmäßig geschnittenem Pony und einem Lächeln im Gesicht den Salon. Fünf Minuten darauf taucht meine erste Kundin für heute auf. Der Rest des Tages wird von vielen weiteren beansprucht, sodass ich keine Zeit habe, über mein anstehendes Date mit Charles nachzudenken.