Chefarzt Dr. Holl 1777 - Katrin Kastell - E-Book

Chefarzt Dr. Holl 1777 E-Book

Katrin Kastell

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Beschreibung

Für die alleinerziehende Lilian Baumgart ist es ein schwerer Schock, als Dr. Holl, der Chefarzt der Berling-Klinik, ihr die Diagnose verkündet: Bei ihrer kleinen Tochter muss die von einem Tumor befallene Thymusdrüse entfernt werden.

Tatsächlich wird Friedas Muskelschwäche von Tag zu Tag bedrohlicher, und die Zeit drängt. Verzweifelt überlegt Lilian, wie sie Frieda aufheitern kann. Da vertraut ihr die Kleine einen Herzenswunsch an: Wenn sie wieder gesund ist, will sie eine riesige Geburtstagsparty feiern, zu der alle Nachbarskinder eingeladen sind!

Lilian verspricht ihrer Tochter, dass es der tollste Kindergeburtstag aller Zeiten werden wird. Das hofft sie aus tiefstem Herzen, doch noch weiß sie nicht, ob ihr geliebtes Kind seinen siebten Geburtstag überhaupt erleben wird ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Frieda lädt ein!

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock/Monkey Business Images

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-2638-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Frieda lädt ein!

Dr. Holl und ein ganz besonderer Geburtstag

Von Katrin Kastell

Für die alleinerziehende Lilian Baumgart ist es ein schwerer Schock, als Dr. Holl, der Chefarzt der Berling-Klinik, ihr die Diagnose verkündet: Bei ihrer kleinen Tochter muss die von einem Tumor befallene Thymusdrüse entfernt werden.

Tatsächlich wird Friedas Muskelschwäche von Tag zu Tag bedrohlicher, und die Zeit drängt. Verzweifelt überlegt Lilian, wie sie Frieda aufheitern kann. Da vertraut ihr die Kleine einen Herzenswunsch an: Wenn sie wieder gesund ist, will sie eine riesige Geburtstagsparty feiern, zu der alle Nachbarskinder eingeladen sind!

Lilian verspricht ihrer Tochter, dass es der tollste Kindergeburtstag aller Zeiten wird. Dabei ist es eher unwahrscheinlich, dass ihr geliebtes Kind seinen siebten Geburtstag überhaupt erlebt …

Lilian begriff noch nicht ganz, was Dr. Holl ihr gerade erklärte. Ihr Herz schlug heftig, in den Ohren rauschte das Blut, und ihre Augen füllten sich mit Feuchtigkeit. Aber Tränen waren jetzt fehl am Platze.

Sie brauchte einen kühlen Kopf. Doch wie bekam sie den, wenn sich darin die Gedanken nur so überschlugen?

Der Chefarzt der Berling-Klinik wartete ein paar Atemzüge, damit sich die junge Frau etwas fassen konnte.

„Für die Operation brauchen wir natürlich Ihr Einverständnis. Hier geschieht alles nur in völliger Übereinstimmung mit den Eltern“, nahm er das Gespräch wieder auf. „Sie müssen sich auch nicht sofort entscheiden, aber allzu viel Zeit sollten wir nicht verstreichen lassen. Je weniger, desto besser.“

Dr. Stefan Holl warf einen Blick auf das Kind, das in dem Spielzimmer der pädiatrischen Station mit seinem Plüschbär flüsterte und sich nicht für das Gespräch der beiden Erwachsenen zu interessieren schien.

„Bitte geben Sie mir noch etwas Zeit. Ich muss über alles nachdenken und mich auch mit meiner Mutter besprechen. Bisher dachten wir, dass eine Medikamenten-Therapie ausreichen würde. Und nun wird eine Operation notwendig. Das ist eine neue Situation und ein Schock für mich.“

„Holen Sie auch die Meinung von Kollegen ein, wenn Sie sich nicht sicher sind. Ich habe keine Einwände, Frau Baumgart. Gern gebe ich Ihnen eine Liste der Zentren, die …“

„Nein, nein“, wehrte sie heftig ab. „Frieda soll in Ihrer Klinik operiert werden. Meine Mutter hat uns hierher zu Ihnen geschickt. Vor zehn Jahren war sie Patientin in Ihrer Klinik. Sie hatte Brustkrebs und ist geheilt. Noch heute schwärmt sie von Ihrem Können.“ Für den Bruchteil einer Sekunde schob ein Lächeln die Mundwinkel der jungen Frau nach oben.

„Das freut mich zu hören“, sagte Dr. Holl, und seine Worte waren nicht nur so dahingesagt. Auch nach einer langen Berufserfahrung gab es für ihn keine größere Befriedigung, als die Patienten seiner Klinik geheilt nach Hause zu entlassen. „Bringen Sie Ihre Mutter doch zur nächsten Besprechung mit. Vielleicht erkenne ich sie wieder.“

„Ja, das werde ich tun. Bitte erklären Sie ihr genau, was mit Frieda geschehen soll. Meine Mutter war mir immer eine gute Beraterin.“

Lilian Baumgart zog hörbar die Luft ein und warf dann einen Blick auf ihre Tochter. Diese hatte jetzt noch weitere Plüschtiere im Kreis aufgestellt und hielt ihnen mit erhobenem Zeigefinger einen Vortrag, dessen Inhalt Dr. Holl aber nicht verstehen konnte.

„Sie werden verstehen, dass ich völlig außer mir bin“, fuhr sie mit einem verzweifelten Ton in der Stimme fort. „Warum mein Kind? Frieda ist doch erst sechs. Wird sie eine Operation überhaupt überstehen?“

„Natürlich werden wir sie gut vorbereiten und alle nötigen Tests durchführen. Ja, ich glaube, sie wird es schaffen. Um einen Eingriff kommen wir nicht herum. Außerdem klagt sie über Schmerzen in der Brust, und Sie berichten selbst, dass sie zunehmend unter Atemnot leidet. Kommen Sie, schauen wir uns noch mal das Röntgenbild an.“

Dr. Holl deutete in den Nebenraum. Lilian folgte ihm. Die Tür blieb offen, um das Kind im Auge zu behalten.

„Sie sollten auch den Vater mitbringen, wenn …“

„Es gibt keinen“, fiel ihm Lilian eine Spur zu aggressiv ins Wort. „Entschuldigen Sie“, fügte sie gleich hinzu, als ihr dies bewusst wurde. „Frieda hat leider nur einen biologischen Vater, aber keinen, der sich wirklich um sie kümmert.“

„Das tut mir leid für Frieda“, sagte Dr. Holl bedauernd. „Aber dafür hat sie eine liebende Mutter.“ Er deutete auf den Bildschirm. „Was Sie dort sehen, ist der Thymus, ein zweilappiges Organ, das sich hinter dem Brustbein befindet. Wir haben ja schon darüber gesprochen, dass die Thymusdrüse von großer Bedeutung für die körpereigene Immunität ist. Außerdem regelt sie das Wachstum und den Knochenstoffwechsel. Bei Frieda ist der Thymus deutlich vergrößert.“

Vor Kurzem war bei Lilians kleiner Tochter eine beginnende Myasthenia gravis festgestellt worden, eine seltene Autoimmunkrankheit, die eine zunehmende Muskelschwäche im ganzen Körper bewirkt. Durch diese fehlgesteuerte Immunreaktion konnte es bei fortschreitender Krankheit im schlimmsten Fall zu lebensgefährlichen Schluck- und Atemstörungen kommen.

Und nun zeigte die letzte Computertomografie bei Frieda auch noch die Umrisse eines Tumors innerhalb der Thymusdrüse. Dieser Tumor könnte für die Muskelschwäche verantwortlich sein. Was in diesem Fall bedeutete, dass nach seiner Entfernung mit einiger Wahrscheinlichkeit auch die Myasthenia gravis geheilt war. Aus diesem Grund hielt Dr. Holl die Operation für unumgänglich. Es musste nur noch der richtige Zeitpunkt gefunden werden.

Als Lilian das Gebilde sah, wurde ihr vor lauter Angst ganz schlecht, und sie schlug sich die Hand vor den Mund.

„Mein Gott, das ist ja entsetzlich.“

„Drei Viertel dieser Tumore sind gutartig. Nun haben wir es aber auch noch mit einer Myasthenia gravis zu tun, sodass uns keine andere Wahl bleibt, als die Thymusdrüse mitsamt der Geschwulst zu entfernen.“

„Kann Frieda denn so geheilt werden, dass sie ein ganz normales Leben führen kann, als Kind und auch als Erwachsene?“

„Sie kann durchaus von dieser Operation profitieren. Und weil sie noch so jung ist, sogar wieder ganz gesund werden.“

„Mit oder ohne Garantie?“

Lilian verstand selbst nicht, warum ihre Worte so spöttisch klangen. Dr. Holl konnte schließlich nichts dafür, dass sie ein krankes Kind hatte. Suchte sie vielleicht nur nach einem Schuldigen, den sie für Friedas lebensgefährliche Krankheit verantwortlich machen konnte?

„Wir tun, was in unserer Macht steht. Und das ist nicht wenig“, sagte der Klinikchef, nachdem er seine Gedanken ein wenig gesammelt hatte. „Garantien gibt es in unserem Leben nicht. Auch wenn wir das noch so gern hätten.“

„Meine Bemerkung war dumm, verzeihen Sie bitte. Aber ich bin noch ganz durcheinander durch den neuen Befund. Ich hatte mich ja schon darauf eingestellt, dass Frieda womöglich lebenslang Medikamente nehmen muss. Eine Operation jagt mir doch große Angst ein. Sie ist mein Ein und Alles. Ich würde alles für sie tun, sogar mein Leben geben.“

Dr. Holl lächelte mitfühlend. Er war selbst Vater von vier Kindern und verstand sie vollkommen.

„Sprechen Sie mit Ihrer Mutter, auch mit anderen Angehörigen und Freunden. Ich weiß, dass ein solcher Schritt gut überlegt sein muss. Meine Kollegen und ich stehen Ihnen immer für alle Fragen zur Verfügung.“

„Mama, wann gehen wir nach Hause?“ Frieda stand plötzlich neben ihnen. Dr. Holl und Lilian hatten sie nicht kommen hören.

„Gleich, mein Schatz. Sag Dr. Holl auf Wiedersehen.“

Brav erfüllte Frieda den Wunsch ihrer Mutter und streckte dem Arzt ihre kleine Hand hin. Dr. Holl ging auf die Knie, um mit seiner Patientin auf Augenhöhe zu sein.

„Vielleicht besuchst du mich ja bald wieder“, sagte er und deutete auf den Plüschbären. „Und deinen Freund kannst du natürlich immer mitbringen. Wie heißt er denn?“

„Burlibaus“, erklärte das Kind ernst.

Dr. Holl schob sich wieder hoch und strich dem Kind noch einmal über die blonden Locken.

„Ich weiß auch nicht, woher sie den Namen hat“, erklärte Lilian. „Entweder hat sie ihn irgendwo gehört, oder sie hat ihn selbst erfunden. Burlibaus muss überallhin mitkommen, auch wenn wir nur etwas einkaufen. Einmal hat sie ihn im Laden vergessen. Das war eine Katastrophe. Aber zum Glück war er noch da, als wir nach ihm suchten.“

Dr. Holl brachte Frieda und ihre Mutter zum Aufzug.

„Wie gesagt, denken Sie über alles nach. Rufen Sie mich an, wenn Sie eine Entscheidung getroffen haben.“

***

Als sie nach Hause kamen, stand ein Kleintransporter vor dem Haus. Cousine Thea trug gerade mit ein paar jungen Männern ihre Sachen ins Haus.

Letzten Monat war vereinbart worden, dass Thea mit ihrem kleinen Jungen ebenfalls hier einzog. Nun wurde es zwar ein wenig eng, aber weder Lilians Mutter noch Lilian selbst hatten es übers Herz gebracht, die Nichte und Cousine abzuweisen. Irgendwie würde es schon gehen. Zwar verfügte das Haus über sechs kleine Zimmer, eine Dachkammer und eine Küche, aber nicht alle Räume waren gleich gut zu beheizen.

Lilians Mutter Elsa hatte die marode Immobilie von ihrer Tante geerbt. Ein paar Reparaturen hatte sie durchführen lassen, aber die ganz große Renovierung mit neuen Fenstern, einem neuen Dach und dem Einbau einer modernen Heizung würde mehr als dreißigtausend Euro verschlingen, wie der Baumeister Brandl in seinem Kostenvoranschlag vorgerechnet hatte.

Lilians Mutter besaß nur ein paar Ersparnisse, die dafür längst nicht reichten. Und ihre Bank, bei der sie einen größeren Kredit beantragen wollte, hatte sie abblitzen lassen. Die Immobilie war als Sicherung nicht ausreichend. Angeblich.

Was sollte Elsa da machen? Sie konnte ihren Bankberater ja nicht mit vorgehaltener Pistole zur Herausgabe des Geldes zwingen. Manchmal allerdings wünschte sie sich, sie könnte diesen Mut aufbringen. Es ging schließlich um ihre Familie, die wie alle anderen auch ein anständiges Leben verdient hatte.

Außerdem bezog nur Elsa Baumgart ein geregeltes Einkommen. Lilian arbeitete in den Abendstunden oft als Serviererin, war aber nicht fest angestellt. Von diesen beiden Verdiensten mussten sie leben, sich kleiden und das Haus mehr schlecht als recht instand halten. Wenn irgendwann wieder mal ein großer Sturm kam und Teile des Daches mit sich nahm, würde guter Rat ausgesprochen teuer sein.

Und jetzt kam auch noch Friedas Krankheit hinzu und die Angst, dass die Krankenkasse teure Therapien ablehnen könnte.

Lilian hatte keine Einwände gegen Theas Einzug ins Haus. Es war ihr sogar ganz recht. Der vierjährige Jonas und Frieda konnten miteinander spielen. Außerdem würde Thea sich abends, wenn Lilian arbeiten musste, um Frieda kümmern.

Das gab Lilian die Möglichkeit, ihren Chef darum zu bitten, sie häufiger abends einzusetzen. Zwar glaubte sie nicht, dass Mario Herzog darauf eingehen würde, aber sie musste es wenigstens versuchen.

Wenn sie an diesen Mann dachte, dem mehrere Hotels, Restaurants und Nachtclubs gehörten, befielen sie die unterschiedlichsten Empfindungen. Mario war ein toll aussehender Mann, keine Frage. Aber gleichzeitig hatte er eine herablassende Art an sich, die sie immer wieder ärgerte. Ja, manchmal fand sie ihn sogar ausgesprochen hochmütig, wenn er ihr großspurig erklärte, dass es jedem Menschen in diesem Land selbst überlassen blieb, ob er etwas aus seinem Leben machte oder nicht.

Der selbstgefällige Herr Herzog hatte gut reden. Die Hälfte der Etablissements war ihm durch Erbschaft zugefallen. Inzwischen unterhielt er auch eine Catering-Firma und hob immer wieder hervor, dass er mit seinem Sinn für Innovationen für viele Menschen Arbeitsplätze schaffe.

Was auch sicher stimmte. Dennoch, die Art und Weise, wie er sich als Chef verhielt, passte Lilian oft nicht. Wenn sich die Gelegenheit ergab, widersprach sie ihm, was ihm meist nur ein spöttisches Lächeln entlockte. Dann tat er so, als würde er ihre Anregung überdenken, und ließ sich trotzdem von seinen Vorschriften für das Personal nicht abbringen.

Andererseits empfand sie auch eine gewisse Faszination, die von ihrem Chef ausging. Was zur Folge hatte, dass sie sich in seiner Nähe ziemlich anstrengen musste, ihre ambivalenten Gefühle nicht offensichtlich werden zu lassen.

Manchmal gab Mario Herzog große Partys, die viele bekannte Gesichter aus der Münchner Schickeria besuchten. Einmal hatte er sogar Lilian dazu eingeladen. Natürlich war sie nicht hingegangen.

Was hätte sie auch anziehen sollen? Sie konnte es sich nicht leisten, so durchgestylt daherzukommen wie seine flotte Freundin Nadja, die angeblich ihr Geld als Model verdiente. Wenn sie allerdings da war, beobachtete sie argwöhnisch jeden Schritt ihres goldenen Hahns und achtete kompromisslos darauf, dass ihm keine andere zu nahekommen konnte. Sobald eine es versuchte, ging Nadja sofort dazwischen.

Nachdem Thea zwei Kisten ausgepackt hatte und Frieda mit Jonas im Kinderzimmer verschwunden war, tranken die beiden Cousinen Kaffee in der Küche.

„Dass ihr mich mit Jonas aufgenommen habt, ist ganz großartig. Wenn du wüsstest, wie dankbar ich euch bin.“ Thea drückte Lilians Hand. „Ich will meinen Beitrag leisten und euch ganz bestimmt nicht zur Last fallen. Meine staatliche Unterstützung ist nicht gerade gewaltig, aber ich übernehme alle Hausarbeiten. Und die Kinder betreue ich auch.“

Unerwartet brach Lilian in Tränen aus. Jetzt löste sich ein wenig die Spannung, die sie seit dem Gespräch mit Dr. Holl gefangen hielt.

„Was hast du denn, meine Liebe?“ Thea rückte näher und legte einen Arm um die Cousine.

„Frieda hat einen Tumor in der Thymusdrüse“, kam es stoßweise über Lilians Lippen. „Sie muss operiert werden. Ich hab solche Angst.“

Lilian weinte sich die ganze Angst von der Seele, in der ein heilloses Durcheinander herrschte.

„Was ist denn das für eine Krankheit?“, fragte Thea leise. „Wie kann der liebe Gott es nur zulassen, dass unschuldige Kinder erkranken.“

„Keine Ahnung, das musst du ihn schon selbst fragen“, raunzte Lilian. Allmählich beruhigte sie sich wieder, was auch nötig war. Auf keinen Fall wollte sie, dass Frieda etwas von ihrer Panik bemerkte. Sie griff nach einem Taschentuch, wischte sich über das Gesicht und putzte sich die Nase.

„So, Schluss mit der Heulerei. Jetzt wird nach vorn geschaut. Was anderes bleibt mir ja auch nicht übrig.“

„Ich stehe dir bei, wo ich nur kann.“

„Das ist lieb von dir, Thea. Ich bin froh, dass du da bist. Jetzt kann ich abends öfter arbeiten. Mach dir ums Geld keine Sorgen. Wir legen alle zusammen, dann kommen wir schon über die Runden. Hauptsache, die Kinder leiden keine Not. Es ist doch selbstverständlich, dass du hier wohnst. Mama ist schließlich deine Patentante.“

Lilian atmete noch einmal tief durch. Zwar sah sie jetzt nicht unbedingt klarer, aber dem schwarzen Loch, das sie aufsaugen wollte, hatte sie erfolgreich getrotzt.

„Die Mama möchte abends auch mal gern was mit ihren Freundinnen unternehmen. Das sagt sie zwar nicht, aber ich weiß es. Wenn du jetzt bei uns bist, kann sie das sicher öfter tun als bisher. Es ist für uns alle eine gute Lösung. Hauptsache, du brauchst dich nicht mehr über deinen unverschämten Vermieter zu ärgern.“

„Da sagst du was. Nach der letzten Mieterhöhung hätte ich ihn am liebsten umgebracht. Ständig hat er mir irgendwelche Papiere vorgelegt, die angeblich rechtfertigten, dass er mehr Kohle verlangen darf. Dieser Mistkerl.“

„Reg dich nicht auf, Schätzchen. Es ist vorbei.“ Lilian schaute auf die Uhr. „Ich muss in einer Stunde los. Machst du das Essen für die Kinder?“

„Du kannst dich voll auf mich verlassen. Wie eine Glucke werde ich unsere Kleinen beschützen. Und wenn ich sie zu Bett bringe, lese ich ihnen noch vor.“

Frieda war sofort einverstanden gewesen, dass der kleine Junge vorerst bei ihr einquartiert wurde. Sein Bett passte noch gut in das Zimmer hinein.

Bei Jonas mussten sie abwarten, wie er damit klarkam, denn bisher hatte er immer bei seiner Mama geschlafen. Elsa aber fand, er müsse nun endlich von Mamas Bett entwöhnt werden.

„Dazu wird es allmählich Zeit, sonst hängt er noch ewig an deinem Rockzipfel“, hatte sie erklärt.

„Gut, dann mache ich mich mal startklar“, sagte Lilian.

„Isst du nichts?“

„Nein, ich esse im Restaurant, wenn die meisten Gäste weg sind.“