Clankriminalität - Dorothee Dienstbühl - E-Book

Clankriminalität E-Book

Dorothee Dienstbühl

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Beschreibung

Das Phänomen Clankriminalität besitzt nach wie vor großes Forschungspotential für unterschiedliche Fachdisziplinen. Weitere Analysen hinsichtlich Kriminalität, Kriminalitätsstrategien, Hintergründe und Auswirkungen, sowie die Evaluation längst nicht nur kriminalistischer, sondern auch präventiver Maßnahmen sind zwingend geboten und notwendig. Darauf aufbauend können kriminalpolitische Diskurse versachlicht und weniger meinungsbasiert geführt werden. Neben intensiver Überarbeitung und Aktualisierung des Buches wurden in der Neuauflage u.a. mit Ergebnissen einer Kriminalaktenauswertung und Opferschutz im Kontext Clankriminalität zudem neue Inhalte aufgenommen. Das Handbuch richtet sich an die Angehörigen der Polizei in der Aus- und Fortbildung sowie an alle Behördenangehörige, die in die Bekämpfung der Clankriminalität involviert sind.

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Clankriminalität

Phänomen – Ausmaß – Bekämpfung

 

Von

Prof. Dr. Dorothee Dienstbühl

 

2., neu bearbeitete Auflage

 

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www.kriminalistik-verlag.de

Reihe

Grundlagen

Die Schriftenreihe der „Kriminalistik“

Autoren

Prof. Dr. Dorothee Dienstbühl lehrt Kriminalistik an der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg (HPolBB) in Oranienburg.

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <https://portal.dnb.de> abrufbar.

 

ISBN 978-3-7832-4063-4

 

E-Mail: [email protected]

Telefon: +49 6221 1859 599Telefax: +49 6221 1859 598

 

www.cfmueller.de

 

© 2024 C.F. Müller GmbH, Heidelberg

Hinweis des Verlages zum Urheberrecht und Digitalen Rechtemanagement (DRM)

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Der Verlag räumt Ihnen mit dem Kauf des e-Books das Recht ein, die Inhalte im Rahmen des geltenden Urheberrechts zu nutzen.

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Vorwort

„…und wenn VerwandteUms Mein und Dein gefühllos hadern, trifftDen Fremden, der sich eingemischt, der HaßVon beiden Teilen, und nicht selten gar,Weil ihm der strengere Beweis nicht glückt,Steht er zuletzt auch vor Gericht beschämt.“

Johann Wolfgang von Goethe[1]

Längst ist das Thema Clankriminalität zu einem Politikum avanciert, das die Meinungen auch innerhalb der Sicherheitsbehörden und den Wissenschaften spaltet. Während sich Diskussionen in extremen Ansichten zur Migration und der Wertung „rassistischer Polizeikontrollen“ verhaften, schafft Kriminalität Fakten: Gewalt, spektakuläre Einbrüche, Drohungen, Betrugsmaschen, die die gesamte Bundesrepublik betreffen, Paralleljustiz und Menschen, die wegen der gelebten Prinzipien ihrer Community sterben müssen oder kein unabhängiges Leben führen dürfen. Gleichzeitig darf man die Kriminalität nicht als generelles Merkmal aller Menschen in den betrachteten großfamiliären Strukturen sehen, stets muss differenziert und ohne Vorurteile der jeweilige Sachverhalt geprüft werden

Jede Behörde hat einen eigenen Blickwinkel auf das Phänomen und eigene Kompetenzen. Aus der gewonnenen Überzeugung, dass die Bewältigung von Kriminalität und die dafür ursächlichen Probleme eine gemeinschaftliche Aufgabe ist, sollen die vorliegenden Ausführungen im Kontext der interbehördlichen Zusammenarbeit verstanden werden.

Dieses Handbuch soll wichtige Fragen zum Wesen sogenannter Familienclans, der Kriminalität von Mitgliedern und Methoden der Verbrechensbekämpfung klären und somit einen Beitrag zur Handlungssicherheit im Umgang mit kriminellen Akteuren leisten. Dabei muss stets darauf verwiesen werden, dass es sich beim Phänomen Clankriminalität um ein hochgradig dynamisches Feld handelt: Familienmitglieder, die sich heute gegenseitig bekämpfen und den Tod androhen, feiern morgen zusammen die Vermählung ihrer Kinder; Kriminalitätsmethoden und Strukturen, die heute aufgeklärt werden, können morgen bereits einem anderen Geschäftsmodell gewichen sein, dies belegen beispielsweise Betrugsmaschen um Corona-Hilfen und Corona-Testzentren. Diese Dynamik steht Behördensystemen gegenüber, die aus ganz anderen Strukturen bestehen und natürlich stets geltendes Recht anzuwenden und hierdurch einen eklatanten Nachteil mangelnder Agilität haben. Damit sind die gegenwärtigen Ansätze und Überlegungen eine Chance für die Behördenlandschaft in Deutschland, moderner zu werden und den Herausforderungen sämtlicher Gruppierungen, insbesondere der Organisierten Kriminalität, ganz anders zu begegnen.

Clankriminalität mit all seinen problematischen Aspekten zu bekämpfen, ohne dabei in einen Generalverdacht gegen Menschen mit einem bestimmten Namen oder gar ganze Ethnien zu verfallen, stellt somit eine weitere Herausforderung dar und dies längst nicht nur für die Polizei. Denn dieser Kriminalitätskomplex stellt Politik und Gesellschaft vor brennende Fragen, die zu lange umgangen worden sind: Was verstehen wir unter Integration und wie integrieren wir Menschen? Welche Werte sind uns wichtig und wie wollen wir sie vermitteln? Wie können wir Menschen begegnen, die den deutschen Staat, seine Gesetze und jeden, der sie vertritt, ablehnen? Das Thema Clankriminalität bewegt die Menschen auch deswegen, weil es immer wieder kriminell auffällige Mitglieder sind, die eine entsprechende Anti-Haltung kundtun, sei es in sozialen Netzwerken, in Dokumentationen oder in Texten und Videos z.B. von Rap-Songs. Damit halten sie uns den Spiegel vor und stellen die Frage nach unserer Identität, welche Werte wir eigentlich haben und wie wir diese durchsetzen wollen. Darauf gilt es Antworten zu finden.

In den begleitenden Diskussionen unter Artikeln oder Dokumentationen zum Thema Familienclans und in sozialen Netzwerken wird immer die Frage gestellt, ob dieses Problem tatsächlich noch vom Staat gelöst werden kann oder ob es dafür nicht längst zu spät ist. Ja, es kann gelöst werden. Aber zunächst muss es aufbereitet werden. Denn tatsächlich existiert bislang noch immer kein bundesweites Lagebild. Auch werden die Probleme, die mit dem Phänomen verbunden sind, nicht von der Polizei alleine gelöst werden können. Dies ist nur mit einer guten interbehördlichen Zusammenarbeit möglich und bedarf großer Ausdauer, grundlegenden Kenntnissen zum Phänomen und dem entsprechenden Willen auf allen Seiten – und das bedeutet in der Gesellschaft und hier vor allem bei den Menschen mit Migrationshintergrund.

Das vorliegende Buch soll Basiswissen zur Lebenswelt und Kriminalität in abgeschotteten Familienstrukturen sowie einige Möglichkeiten und Handlungsfelder aufzeigen, ohne den Anspruch an Vollständigkeit und Generalität zu haben. Denn im Kontext Clankriminalität gibt es noch viel zu lernen. Das, was heute als status quo gilt, kann morgen schon wieder obsolet sein. Entsprechend stellen die hohe Komplexität und Flexibilität der Clankriminalität nicht nur die Sicherheitsbehörden und die Gesellschaft vor eine Herausforderung, sondern auch die erklärenden Wissenschaften. In der gegenwärtig sehr reflexartig geführten Debattenkultur ist ein verständlicher und gleichzeitig solider Wissenstransfer wichtiger denn je.

Anhand des Problems und Wesens des Phänomens Clankriminalität die Schwachstellen in den behördlichen Abläufen herauszustellen und notwendige Möglichkeiten für mehr Handlungsfähigkeit zu erhalten, ist eine längerfristige kriminalpolitische Aufgabe – und nicht zuletzt eine Chance für nötige Modernisierungsprozesse in den Behörden und für einen grundsätzlichen gesellschaftlichen Diskurs: Das Phänomen Clankriminalität besitzt nach wie vor großes Forschungspotential für unterschiedliche Fachdisziplinen. Weitere Analysen hinsichtlich Kriminalität, Kriminalitätsstrategien, Hintergründe und Auswirkungen, sowie die Evaluation längst nicht nur kriminalistischer, sondern auch präventiver Maßnahmen sind zwingend geboten und notwendig. Darauf aufbauend können kriminalpolitische Diskurse versachlicht und weniger meinungsbasiert geführt werden.

Neben Überarbeitung und Aktualisierung wurden u.a. mit Ergebnissen einer Kriminalaktenauswertung und Opferschutz im Kontext Clankriminalität zudem neue Inhalte aufgenommen. Das Handbuch richtet sich an die Angehörigen der Polizei in der Aus- und Fortbildung sowie an alle Behördenangehörige, die in die Bekämpfung der Clankriminalität involviert sind.

Für Fragen und Anregungen stehe ich gerne zur Verfügung unter: [email protected]

Oranienburg,        Dorothee Dienstbühlim Oktober 2023

Danksagung

Während es in Forschungsberichten leichtfällt, aus einer distanzierten Sicht zum polizeilichen Berufsalltag Abläufe zu kritisieren oder optimieren zu wollen, mangelt es zu häufig am Dank für die Kooperations- und Auskunftsbereitschaft und für die zusätzliche Arbeit, die durch ein Forschungsprojekt an den unterschiedlichsten Stellen verursacht wird.

Das vorliegende Buch ist in erster Linie ein Resultat der wissenschaftlichen Begleitung[1] der BAO „Aktionsplan Clan“[2] des Polizeipräsidiums Essen, mit dem schon nach kurzer Zeit eine vertrauensvolle Atmosphäre und ein offener Austausch entstanden ist. Die Zusammenarbeit war ausgesprochen gut und lehrreich. Die wissenschaftliche Begleitung der BAO „Aktionsplan Clan“ des PP Essen ist auf Initiative des Polizeipräsidenten a.D. Herrn Frank-Arno Richter entstanden. Für diese und noch mehr für sein Interesse, die vielen anregenden Gespräche und dem Willen zur ständigen Weiterentwicklung möchte ich mich von ganzem Herzen bedanken. Ein derart unkomplizierter Zugang, das Einräumen von Zeit, wenn eigentlich gar keine da war und der offene Umgang mit all den vielen Fragen ist sicher nicht selbstverständlich.

Ein ganz besonderer Dank geht an Frau Karin Franzen (Ordnungsamt Essen/SiKo Ruhr), ohne deren Kompetenz und Hilfsbereitschaft ich die Strukturen vor Ort nicht mal im Ansatz hätte nachvollziehen können und die stets unkompliziert weitergeholfen hat, wenn ich Fragen hatte. Für die Hospitation in Essen und die Erläuterung der Gegebenheiten vor Ort danke ich Herrn EPHK Andreas Keppke.

Besondere Hilfe wurde mir durch Herrn Ahmad Omeirate (Caritas) zuteil, den ich immer wieder fragen durfte, wenn ich Sachverhalte oder Verhaltensweisen nicht nachvollziehen konnte. Seine Expertise war für mich unverzichtbar und ich hoffe, gerade Sicherheitsbehörden schenken seinen Einlassungen künftig die gebotene Beachtung.

Die Auswertung der Kriminalakten unter sorgfältiger Einhaltung datenschutzrechtlicher Statuten wäre ohne die zuvorkommende Unterstützung von Frau POK Sandra Steinbrock (die für mich im PP Essen ganz schnell und in so ziemlich jeder Lebenslage eine fantastische Ansprechpartnerin war), Herrn KOK Kordian Schroeder und der Kriminalaktenhaltung des KK 44 im Polizeipräsidium Essen unter Leitung von Herrn EKHK Frank Wissen nicht möglich gewesen. Besonderer Dank gebührt Frau RB Michaela Köring und vor allem Frau RB Lisa Neumann, die alle Unterlagen herausgesucht und geduldig jede Frage beantwortet hat. Trotz aller von mir verursachten Mehrarbeit und als Externe wurde ich in der Abteilung herzlich und offen aufgenommen. Für den stets konstruktiven Austausch danke ich Herrn KD Bernd Röser. Für die Gespräche und ihrem immer offenen Ohr danke ich ganz herzlich Frau Petra Jackstien.

Horizonterweiternd waren im letzten Projektabschnitt die vergleichenden Perspektiven aus Berlin. Für die offene Bereitschaft zur Einsicht in die Arbeit, den unkomplizierten Austausch und die kompetente Beratung bedanke ich mich bei Herrn RD Jörg Lehnert (Senatsverwaltung Berlin), Herrn PD Dirk Daube (Leiter Abschnitt 41), Herrn RR Christian Bärmann (Bezirk Neukölln) und der Integrationsbeauftragten in Neukölln Frau Güner Balcı sowie der Abteilung 644 des LKA Berlin in der Besetzung bis 2022.

Weiter möchte ich mich bei allen bedanken, die mir spannende Kontakte vermittelt oder mich mit Informationen unterstützt haben, vor allem bei Herrn RD Dr. Andreas Schwegel (JM Niedersachsen), Herrn Dr. Christian Endreß (Deloitte Deutschland), Frau Dr. Machteld Zee (Polizei The Hague), Herrn Dr. Matthew Levitt (Reinhard Program on Counterterrorism & Intelligence) und Herrn Dr. Hans-Jakob Schindler (Counter Extremism Project).

Für den fachlichen und herzlichen Austausch bedanke ich mich zudem bei Herrn RD Dr. Marwan Abou Taam und Herrn ROR Dr. Aladdin Sarhan vom LKA Rheinland.

Ferner bedanke ich mich bei allen, bei denen ich hospitieren, die ich zwischendurch mit der einen oder anderen Frage behelligen durfte, und die mich mit fachkundigen Informationen versorgt haben – sei es seitens der Polizei, Staatsanwaltschaft, den Sozial- und Ordnungsbehörden oder der sozialen Arbeit.

Für die gemeinsame Zeit an der HSPV bedanke ich mich vor allem bei Frau Simge Coskun, Herrn KD a.D. Burkhard Kowitz, Herrn EKHK a.D. Manni Paxa, Frau Prof. Dr. Sonja Labryga, Herrn Prof. Dr. Stefan Piasecki, Frau Heike Lücking, Herrn EKHK Detlev „Schöni“ Schönherr und Herrn EPHK Thomas Rex, sowie an meine Kollegin Frau Prof. Dr. Janet Kursawe, die in das Projekt eingestiegen ist und nicht nur wichtige Impulse gegeben hat, sondern einfach eine tolle Gesprächspartnerin ist. Und natürlich danke ich dem crazy Verwaltungsteam unseres Mülheimer Containertown. Ich vermisse Euch.

Der Einstieg in meine neue Wirkungsstätte an der Hochschule der Polizei Brandenburg (HPolBB) wurde mir durch meine neuen Kolleginnen und Kollegen sehr erleichtert, besonders durch unsere leibhaftige Wonderwoman Prof. Dr. Imme Krüger, Herrn Pepijn van Dyke, Herrn Florian Däumler, Frau Chrissy Schreiber, Frau KD Natalia Hankel und Frau KK ÇiğdemÜzüm – ein ganz großes Dankeschön an Euch!

Für seinen krisenerprobten und gelassenen Umgang mit mir und meinen Schreibphasen zu Abgabezeiten danke ich von Herzen meinem Mann.

Für die angenehme und unkomplizierte Zusammenarbeit bedanke ich mich beim Verlag C.F. Müller GmbH.

Sowohl im Unterricht als auch bei der Betreuung von Bachelorarbeiten lernt man selbst immer noch dazu. In der Auseinandersetzung mit dem Themenfeld in ihren Abschlussarbeiten danke ich dem Engagement meiner ehemaligen Studentinnen und Studenten, u.a. Herrn Dennis Homburg, Frau Aylin Uysal, Frau Nadine Hermanns, Herrn Dimitri Poredda, Herrn Niklas Ramrath, Herrn Jannik Bartsch, Herrn Yannik Hertog, Frau Anna Larina Ventura, Herrn Benedict Deffur, Herrn Robin Richard Meurer, Herrn Lukas Harbecke, Herrn Sebastian Grontzki und Herrn Paul Felix Rüßmann.

Abkürzungsverzeichnis

a.a.O.

an angegebenem Ort

AAO

AAO

Abb.

Abbildung

Abs.

Absatz

AfA

Agentur für Arbeit

AG

Amtsgericht

a.g.O.

außerhalb geschlossener Ortschaften

AK

Arbeitskreis

Allg.

M. allgemeine Meinung

Alt.

Alternativ

AMG

AO

AQ

Aufklärungsquote

Art.

Artikel

AÜG

Arbeitnehmerüberlassungsgesetz

AV

Ausnahmeverordnung

AZ

Aktenzeichen

AZR

Ausländerzentralregister

BAMF

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

BAO

Besondere Aufbauorganisation

Bd.

Band

BDK

Bund Deutscher Kriminalbeamter

BDSG

Bundesdatenschutzgesetz

BePo

Bereitschaftspolizei

BfV

Bundesamt für Verfassungsschutz

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHSt

Entscheidungen des Bundesgerichthofes in Strafsachen (amtliche Sammlung) (zitiert nach Band und Seite)

BGS

Bundesgrenzschutz

BGSG

Bundesgrenzschutzgesetz

BKA

Bundeskriminalamt

BKAG

Bundeskriminalamtgesetz

BMFSFJ

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

BMI

Bundesministerium des Inneren

BPol

Bundespolizei

BPolG

Bundespolizeigesetz

BtMG

Betäubungsmittelgesetz

BT-Drucks.

Bundestagsdrucksache

BUF

Beobachtungs- und Feststellungsbericht

BZSt

Bundeszentralamt für Steuern

Ebd.

Ebenda

EHU

Einsatzhundertschaft

EMA

Einwohnermeldeamt

EMZ

Einsatzmehrzweckstöcke

EU

Europäische Union

EuG

Gericht der Europäischen Union

EuGH

Europäischer Gerichtshof

FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung

FDGO

Freiheitlich Demokratische Grundordnung

f., ff.

folgende, fortfolgende

Fn

Fußnote

FVG

Gesetz über die Finanzverwaltung

GAG

Gemeinsame Arbeitsgruppe Justiz/Polizei

GdP

Gewerkschaft der Polizei

G.i.V.

Gefahr im Verzug

GVG

Gerichtsverfassungsgesetz

GWG

Geldwäschegesetz

GewO

Gewerbeordnung

HG

Häusliche Gewalt

h.M.

herrschende Meinung

Hrsg.

Herausgeber

HSA

Hauptschulabschluss

i.d.F.

in der Fassung

i.d.R.

in der Regel

i.g.O.

innerhalb geschlossener Ortschaften

IMK

i.S.(d.)

i.V.(m)

in Verbindung (mit)

i.w.S.

im weitesten Sinne

i.V.m.

in Verbindung mit

JA/JÄ

Jugendamt/Jugendämter

JC

Jobcenter

Jg.

Jahrgang

JGG

Jugendgerichtsgesetz

JGH

Jugendgerichtshilfe

Jhd.

Jahrhundert

JSchG

Jugendschutzgesetz

JVA

Justizvollzugsanstalt

KA

Kriminalakten

KBZ

Kriminalitätsbelastungszahl (Zahl der ermittelten Tatverdächtigen pro 100000 Einwohner)

KEEAS

Kriminalitäts- und Einsatzbrennpunkte geprägt durch ethnisch abgeschottete Subkulturen

KFN

Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen

KiTa

Kindertagesstätte

KpS

Kriminalpolizeiliche personenbezogene Sammlungen

KunstUrhG

Kunsturheberrechtsgesetz

LImschG

Landesimmisionsschutzgesetz

LG

Landgericht

LKA/LKÄ

Landeskriminalamt/Landeskriminalämter

MEPol

MiLoG

NGA

No-Go-Area

n.ö.

nicht öffentlich (Quellenangabe)

NiSchG

Nichtraucherschutzgesetz

OBG

Ordnungsbehördengesetz

OK

Organisierte Kriminalität

OLG

Oberlandesgericht

OSINT

Open Source Intelligence

OWiG

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten

PAG

Polizeiaufgabengesetz

PKS

Polizeiliche Kriminalstatistik

PD

Polizeidirektion

PolDVG

Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei

PolG

Polizeigesetz

ProstSchG

Prostitutionsschutzgesetz

PVB

Polizeivollzugsbeamte

PVD

Polizeivollzugsdienst

RdErl.

Runderlass

Rdn.

Randnummer

sog.

sogenannte(-s,-r)

StA

Staatsanwaltschaft

StGB

Strafgesetzbuch

StPO

Strafprozessordnung

StrÄndG

Strafrechtsänderungsgesetz

StrRG

Strafrechtreformgesetz

StVG

Straßenverkehrsgesetz

StVO

Straßenverkehrsordnung

StrVz

Strafvollzug

StVStat

Strafverfolgungsstatistik

StVzO

Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung

SZ

Süddeutsche Zeitung

TabStG

Tabaksteuergesetz

TV

Tatverdächtige

u.H.

unter Hinweis

u.U.

unter Umständen

u.v.m.

und vieles mehr

VereinsG

Vereinsgesetz

v.

vom

vgl.

vergleiche

vors.

vorsätzlich

VS-NfD

Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch

WaffG

Waffengesetz

WED

Wohnungseinbruchdiebstahl

WWD

Wach- und Wechseldienst

z.B.

zum Beispiel

zit.

zitiert

ZFdG

Zollfahndungsdienstgesetz

ZSchG

ZSHG

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1:

Optionales Analysemodell

Tabelle 2:

Polizei und Wissenschaft

Tabelle 3:

Tatphasen

Tabelle 4:

Verwaltungsziffern türkischer Provinzen

Tabelle 5:

Vergleich Clan und Rocker

Tabelle 6:

Vergleich Clan und Mafia

Tabelle 7:

Einziehungstatbestände

Tabelle 8:

Clans als Unternehmen

Tabelle 9:

Regelleistungen nach dem SGB II

Tabelle 10:

Darstellung des Bedrohungspotentials von Mitgliedern krimineller Strukturen als behördliches Gegenüber

Behörden und Maßnahmen

Tabelle 11:

Attraktivität und Risikopotential für Behörden im Kontext von Unterwanderungsbestrebungen

Tabelle 12:

Behörden und Maßnahmen

Tabelle 13

Vergleich Migration

Tabelle 14:

Prävention nach Adressatengruppen

Tabelle 15:

Interessen von Opfern und der Polizei

Tabelle 16:

Kriminologische Einzelfallanalyse (KEA)

Tabelle 17:

Exemplarische K- und R-Kriterien

I.Einführung

Im Sommer 2023 fand die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sehr deutliche Wort für ein Kriminalitätsphänomen, das gleichzeitig ein vieldiskutiertes Politikum ist: „Wir dulden keine kriminellen Parallelgesellschaften. Wir zeigen kriminellen Clans gemeinsam die Grenzen auf. Der Rechtsstaat muss hier Stärke zeigen. Bei uns gelten allein unsere Gesetze, das Strafrecht ist die rote Linie. Gewaltexzesse rivalisierender Clans sind leider keine Einzelfälle. Fast täglich werden Einsatzkräfte mit der zunehmenden Gewaltbereitschaft und Skrupellosigkeit krimineller Clans konfrontiert. Unbeteiligte Bürgerinnen und Bürger geraten so in Gefahr. Der Kampf gegen kriminelle Clans erfordert hohe Präsenz und ein massives Einschreiten der Polizei. Koordinierte Maßnahmen, gerade im Verbund mit anderen Behörden sind entscheidend. Kriminelle Strukturen müssen nachhaltig zerschlagen werden, Finanzströme und Einnahmequellen müssen gestoppt und kriminelle Gewinne konsequent abgeschöpft werden.”[1] Dabei ist Clankriminalität kein neues Problem in Deutschland. Bereits 1998 titelte der das Nachrichtenmagazin Focus in einer Überschrift: „Rätselhafter Reichtum. Geldwäsche oder Sozialbetrug? In Celle erwarben anatolische Clans bereits 500 Häuser“ und thematisierte „dubiose Gelquellen“.[2] 2009 kündigte der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) an, man werde mit „Null-Toleranz“ gegen die Clankriminalität vorgehen und das Problem „konkret angehen“. Sobald die mediale Präsenz nachließ, geriet das Thema jedoch wieder in den politischen Hintergrund.[3] Clankriminalität ist längst nicht nur ein sicherheitspolitisches Problem in Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Berlin: Das Bundeskriminalamt (BKA) schätzte selbiges bereits 2020 als „bedeutsam für das gesamte Bundesgebiet“ ein.[4] Dies ergibt sich aus dem Operationsraum, der ganz Deutschland umfasst. Dabei geht es nicht nur um den wirtschaftlichen Schaden, der nach ersten Schätzungen durch Clankriminalität verursacht wird.[5] Vielmehr birgt das Phänomen eine ungeheure deliktische Bandbreite, öffentlich ausgetragene Gewalt, offene Provokationen und eine Kampfansage an das in Deutschland geltende Recht in sich: „Aus einem Großteil der Straftaten von Clanmitgliedern spricht eine grundsätzliche Verachtung unserer offenen, demokratischen Gesellschaft und unseres Rechtssystems.“[6] Solche Verbrechen beeinflussen das Sicherheitsgefühl der Bürger und die politische Debatte. Nur einige Beispiele veranschaulichen den Gegenstand:

Spektakuläre Überfälle wie auf die Schmuckabteilung des KaDeWe im Januar 2009 und am 20. Dezember 2014, der ganze 79 Sekunden dauerte,[7] oder der nicht weniger spektakuläre Raub einer 100 Kilogramm schweren Goldmünze aus dem Berliner Bodemuseum im Jahr 2017[8], sowie der Einbruch in das Grüne Gewölbe in Dresden 2019[9] sorgten in Deutschland für Aufsehen.

Clanfehden und exzessive Gewalt auf offener Straße: Immer wieder kommt es zu Massenschlägereien zwischen Clanmitgliedern im öffentlichen Raum, die mit Waffen ausgetragen werden,[10] aber auch in Gerichtssälen, wie im Essener Amtsgericht im Januar 2020.[11] 2018 führte ein Familienstreit zur Ermordung des Intensivtäters Nidal Rabieh am Tempelhofer Feld in Berlin durch mehrere unbekannte Täter, die den 36-jährigen Mann mit acht Schüssen treffen.[12] 2022 wird sein Bruder 25-jähriger Bruder Mohamed in Berlin im Zuge eines Streits auf den Neuköllner Maientagen im Volkspark Hasenheide erstochen, nachdem er eine Schusswaffe gezogen haben soll.[13] Im Sommer 2023 ufert angeblich ein Streit unter Kindern zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen syrischen und türkisch-arabischstämmigen Familien so aus, dass ein Mann zunächst lebensbedrohlich verletzt wird und in einem Gewaltexzess im öffentlichen Raum von Castrop-Rauxel bis nach Essen zog.

Auch gegenüber Polizeibeamten zeigen sich Clanmitglieder äußerst aggressiv und gewalttätig: 2003 wurde der SEK-Beamten Roland Krüger durch ein Clan-Mitglied erschossen, als sein Team den Angehörigen nach einer Messerstecherei in einer Berliner Disco festnehmen wollten.[14] Im nordrhein-westfälischen Düren eskalierte 2016 ein Streit über falsches Parken zu einem Gewaltexzess und führt zu zehn verletzten Polizeibeamten.[15] In Niedersachsen musste eine Polizeibeamtin umziehen, weil sie von Clanmitgliedern bedroht wurde.[16]

Verbindungen von Rappern in die Clan-Szene: Der zunächst sehr enge Kontakt und der später über öffentliche Medien ausgetragene Streit des Rappers Bushido zum Abou-Chaker-Clan erfährt besonders hohe Aufmerksamkeit und ist lediglich ein Beispiel für die symbiotischen Geschäftsbeziehungen zwischen sog. Gangster-Rappern mit arabischstämmigen Familienclans.[17]

Allerdings ist die Dimension der Alltagskriminalität das weitaus größere Problem und beeinträchtigen nachhaltig das Sicherheitsempfinden. Die Bandbreite von den unterschiedlichen Betrugs-, Drogen und Gewaltdelikten ist immens, darüber hinaus machen es die familiären Strukturen den Ermittlern schwer. So zeigen sich Familienangehörige, die selbst nicht mit Straffälligkeit in Erscheinung treten, regelmäßig unkooperativ, verweigern die Zusammenarbeit und Aussage und lassen sich nach dem Flashmob-Prinzip instrumentalisieren, wenn beispielsweise eine Festnahme erfolgen soll. Den deutschen Rechtsstaat erkennen zu viele Mitglieder nicht an, sondern beugen sich stattdessen lieber dem Willen der Familie.[18] Zudem kristallisieren einzelne Beispiele immer wieder Bestrebungen der Unterwanderung durch Mitglieder mit kriminellem Interesse in Behörden heraus.[19]

Das Thema ist somit bereits seit vielen Jahren bekannt, es wurde jedoch lange Zeit politisch nicht behandelt. Zu groß war die Angst vor dem Vorwurf des Generalverdachts gegen ethnische Minderheiten und des Rassismus. Und tatsächlich liegt die Brisanz bereits in der Titulierung des Phänomens und in der Besonderheit der Ethnizität, die einerseits wichtig ist, um das Phänomen zu begreifen. Andererseits kann dieser Zusammenhang genau dazu führen, dass sämtliche Personen, die die gleiche Ethnizität oder auch einen bestimmten Nachnamen tragen, gesellschaftlich unter Generalverdacht gestellt werden. Gleichzeitig sind es Mitglieder der Strukturen selbst, die lautstark Territorialansprüche stellen und aus ihrer feindlichen Haltung gegenüber dem Staat keinen Hehl machen. Die Lebensweisen sog. Familienclans führt einerseits zu einem Kultstatus, der sich in filmischen Aufbereitungen wie „4 Blocks“ und der deutschen Rapper-Szene offenbart, gleichzeitig erhitzt er die Gemüter. Entsprechend groß ist das Medieninteresse und damit der Druck auf die Sicherheitsbehörden, insbesondere auf die Polizei.

Dabei ist es nicht nur die Polizei, die sich der Kriminalität der Clans widmet, sondern weitere Behörden wie u.a. der Zoll, Finanz- und Ordnungsämter arbeiten in Kooperationen zusammen und verfügen in der Kriminalitätsbekämpfung über ungemein wichtige Funktionen und Kompetenzen. Entsprechend relevant ist eine funktionierende Zusammenarbeit innerhalb der jeweiligen Befugnisse, Zuständigkeiten und der damit verbundene Austausch, der durch datenschutzrechtliche Regelungen normiert und zuweilen eingeschränkt ist. Diese müssen beachtet werden, da ansonsten Verfahrensfehler riskiert werden. Je besser die jeweiligen Möglichkeiten bekannt sind und die persönliche Zusammenarbeit vor Ort funktioniert, desto wirksamer sind sämtliche Ansätze zur Begegnung eines Kriminalitätsgefüges, das sich über Jahrzehnte etablieren konnte.

Die Wirksamkeit der Bekämpfungsmaßnahmen hängt nicht zuletzt von den Kenntnissen über die Strukturen der Clans, deren Regelwerke und Flexibilität in Kooperationen und Feindschaften ab. Erst, wenn diese verstanden werden, kann man die daraus entstehenden Probleme behandeln, damit sich nicht weitere Strukturen an dem Vorbild Clankriminalität orientieren und aufbauen. Ansätze zur Prävention werden nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn die gelebte Rechtswirklichkeit in den Strukturen und ihre Auswirkungen auf die Mitglieder verstanden werden.

1.Herausforderung für Sicherheitsbehörden, Verwaltung und Justiz

Das Thema Clankriminalität stellt die Sicherheitsbehörden in mehrerlei Hinsicht vor eine Herausforderung. Im öffentlichen Raum werden zum einen persönliche Auseinandersetzungen zwischen Familienkollektiven physisch und sogar mit Waffengewalt ausgetragen. Dies fordert jedes Mal Verletzte bis hin zu Toten. Zudem schwächt es das Sicherheitsempfinden der Bürger und suggeriert, dass der Staat und seine Exekutive zu schwach seien, dem Agieren der Clans entgegen zu wirken. Entsprechend hoch ist das öffentliche Interesse an dem Thema. Die aktuellen Diskussionen erzeugen Druck: Die Menschen wollen, dass das Problem benannt wird und sie wollen schnelle und einfache Lösungen, die teilweise weder realistisch noch rechtskonform sind, während andere in Berichtserstattung und polizeilichem Vorgehen eine Dramatisierung zulasten ethnischer Minderheiten sehen, die einem kollektiven Rassismus Vorschub leisten.

Auch die Justiz gelangt immer wieder an die Grenzen ihrer Handhabe, wenn Familienmitglieder oder (spontan) Verlobte vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen oder pünktlich zur Gerichtsverhandlung mit neuen Papieren erscheinen, nach welchen sie neuerdings beispielsweise aus Syrien stammen und jünger sind, als sie selbst dachten. Oder Richter und Staatsanwälte werden mehr oder weniger subtil bedroht, noch häufiger aber Zeugen,[20] die sich dann im Gerichtssaal an nichts mehr erinnern können bzw. keine Aussage machen wollen.[21] Oder es handelt sich nach einem Streit innerhalb der Community um eine außergerichtliche Einigung durch eigenen Autoritäten, so dass jede Aussage verweigert wird.[22]

Doch Clankriminalität betrifft längst nicht nur Sicherheitsbehörden und Justiz.: Betrugsmaschen zur Erschleichung von Leistungen richten sich mitunter gegen die Agentur für Arbeit (AfA), Jobcenter, Kindergeldstellen. So zeigt sich eine Variante des Leistungsmissbrauches im SGB II: Hier behaupten Paare, getrennt zu sein, leben jedoch zusammen. Der Vorteil liegt auf der Hand: Eine Mutter, die mit ihren Kindern eine Bedarfsgemeinschaft bildet, bekommt die vollen Leistungen aus Miete, den Regelhöchstsatz und alle notwendigen Bedarfe, die geltend gemacht werden können (z.B. wenn ein Haushaltsgerät kaputtgeht, etc.). Geht der Mann arbeiten, müsste sein Gehalt angerechnet werden. Ist der Mann ebenfalls erwerbsloser, bedürftiger Leistungsempfänger, stehen auch ihm der Regelhöchstsatz und die Miete für eine Wohnung im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zu. Seine Wohnung könnte er dann beispielsweise vermieten. In beiden Fällen ergeben sich also widerrechtlich erwirtschaftete finanzielle Vorteile, um die der Staat und die Solidaritätsgemeinschaft bewusst betrogen werden.[23]

Ferner werden Mitarbeiter im öffentlichen Dienst zur Zielscheibe von Gewalt und Einschüchterungsversuchen,[24] wenn sie beantragte Leistungen aus tatsächlichen Gründen vorenthalten oder wie in einem oben dargestellten Fall Ermittlungen einleiten und Strafanzeige erstatten oder zu Unrecht ausgezahlte Gelder zurückfordern.

In dem Spannungsfeld des politischen Diskurses zwischen den Ansichten, ob es sich nun bei Clankriminalität um ein Problem handelt, das bereits zu mächtig geworden ist, als dass man es noch in den Griff bekommen könnte, oder ob es sich um ein willkürlich aufgebauschtes Problem handelt, hilft nur, vorhandene Probleme zu erkennen, Fakten als solche zu benennen und das Thema zu versachlichen. Um das zu können, muss man das Phänomen Clankriminalität und das soziologische Konstrukt Familienclan zunächst verstehen lernen.

2.Zum Nutzen der Kriminalwissenschaften

Kritische Kriminologie: Sie thematisiert Kontroll- und Kriminalisierungsprozesse, vor allem aber die zuständigen Instanzen (Polizei, Justiz). Diese Richtung ist in erster Linie sozialwissenschaftlich orientiert.

Kriminalpolitische Kriminologie: Diese Richtung befasst sich vor allem mit der Optimierung strafrechtlicher und gesellschaftlicher Kriminalprävention.

Angewandte Kriminologie: Als „Einzelfall-Kriminologie“ ist ihr Praxisfeld vor allem die Strafrechtspflege.

In den vorliegenden Ausführungen geht es vor allem um die kriminalpolitische und die angewandte Kriminologie. In diesem Sinne sollen erfahrungswissenschaftlich fundierte Erkenntnisse der kriminologischen Forschung für die Praxis und für die Beurteilung des konkreten Einzelfalles nutzbar gemacht werden. Aus dem weiten Aufgabenfeld, Kriminalität und kriminelles Verhalten zu erforschen, ergeben sich vielfältige Untersuchungsgegenstände und Aufgabengebiete. Solche, insbesondere auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand von Clankriminalität fokussiert, sind beispielsweise

Ätiologie: Ursache für Entstehung von Clankriminalität unter Einbeziehung der Herkunfts- und Migrationsgeschichte, sowie den gelebten Normen und Werten.

Phänomenologie: Erscheinungsformen und Beschreibungen zum Untersuchungsgegenstand; Unterschiede und Berührungspunkte zu andern Phänomenen.

Erfassung: Zahlenmaterial (z.B. Mitgliederzahlen, Entwicklungen, Straftaten, etc.¸ Registrierte Kriminalität (Hellfeld) und nicht registrierte Kriminalität (Dunkelfeld).

Kriminalprognose: Voraussage kriminellen Verhaltens und kriminalitätsrelevanter Entwicklungen (Kriminalprognose) unter Einbeziehung der kriminellen Zugkraft von Familie und Milieu.

Kriminalgeografie: Deskriptive (Darstellung Auftreten) und ätiologische (Ursachen für Gruppenbildung an bestimmten Räumen) Verortung von Kriminalität, Tätern und Opfern/entstandenen Schäden.

Viktimologie: Gegen wen richtet sich die Kriminalität? Was charakterisiert die Opfer, in welche Gruppen können sie unterteilt werden und wie kann man sie schützen? Was bedeutet es, wenn die Opfer gleichzeitig Täter sind?

Tätertypologien/Täterprofile: Wer tritt in die Gruppen ein und verübt welche Form von Kriminalität (Motivation); Dabei geht es nicht um die Stereotypisierung von Personengruppen und Charakteristika, sondern um die Darstellung nach Rolle, Funktion und Hierarchieebene.

Prävention: Gesamtheit aller Interventionsansätze zur Verhinderung von Kriminalität (primär, sekundär und tertiär), umfasst daher alle Arten der Intervention.

Poenologie: Wirkung von Strafen, Kriminaltherapie (Forensik) und ggf. die damit verbundene (kritische) Institutionenforschung.

Im Kontext der Kriminalwissenschaften bildet die Kriminologie im Optimalfall eine fundierte Basis, auf der Kriminalistik und Kriminalpolitik ansetzen können. Kriminalistik behandelt die methodische Bekämpfung von Kriminalität. Sie ist eine Wissenschaft mit hohem Anwendungsbezug. In dieser Fachdisziplin sind verbrechens-vorbeugende (präventive) und vor allem strafverfolgende (repressive) Maßnahmen eingeschlossen. Die Kriminalistik behandelt somit sämtliche Methoden, Taktiken und Techniken[27], die für den Einzelfall zur Anwendung kommen können. Ziel ist die Vermittlung, Überprüfung und Optimierung für die polizeiliche Ermittlungsarbeit, die durch forensische (gerichtsfeste) Beweise erfolgen soll, sowie alle rechtlich zulässigen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren und das Verhindern von Straftaten. Kriminalpolitik umfasst sowohl die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit staatlichen und außerstaatlichen Maßnahmen zum Schutz der Gesellschaft bzw. des einzelnen Bürgers vor Kriminalität als auch sämtliche Maßnahmen als Resultat auf kriminelle Phänomene selbst. Zum anderen kann sie als ein Teilbereich der Sicherheitspolitik verstanden werden.[28] Gerade der Diskurs über kriminalpolitische Maßnahmen, wie neue Möglichkeiten der Sicherheitsbehörden (wie z.B. die Vorratsdatenspeicherung)[29] oder der Umgang mit Kriminalität, z.B. Gewalt gegen Polizeibeamte, Gewalt durch Polizeibeamte, ist Gegenstand der öffentlichen Meinung.

Die Interdisziplinarität hat den Vorteil, dass komplexe Fragestellungen nach den Ursachen von Kriminalität aus diversen fachlichen Perspektiven und somit aus einem 360°-Blickwinkel untersucht werden können. Im besten Fall ergänzen sich die fachlichen Perspektiven und Untersuchungsmethoden zu einer Gesamtperspektive. In der Forschungspraxis stößt diese Idealvorstellung allerdings häufig an die Grenzen akademischer Eitelkeiten, in der die Fachdisziplinen und deren Vertreter nicht selten im Konkurrenzverhältnis zueinanderstehen. Polizeipraktiker kritisieren zuweilen die kriminologischen Lehren im Studium, aber auch im wissenschaftlichen Diskurs als zu theoretisch und praxisfern. Sie sollte vielmehr Schritt mit aktuellen Entwicklungen halten und kriminelle Phänomene in diesem Kontext behandeln und erläutern.[30] Tatsächlich eignet sich gerade die Kriminologie, um den Komplex Clankriminalität genauer zu untersuchen und jede wissenschaftliche Perspektive einzubauen, die nötig ist, um das Phänomen besser zu verstehen und damit zu einer sachorientierten Aufklärung[31] beizutragen.

In der Gegenwart zeigt sich das Phänomen Clankriminalität regelrecht mythenbehaftet, bedrohlich und schwer „von außen“ zu behandeln. Der Beitrag der Kriminalwissenschaften muss an dieser Stelle sein, ein Basisverständnis auch in kultureller Hinsicht zu schaffen und die Entwicklungen von Migration und Kriminalität umfänglich darzulegen, damit die Probleme treffend beschrieben werden und auf dieser Basis Gegenmaßnahmen, sowohl polizeilicher als auch gesellschaftlicher integrativer Art, eingeleitet oder möglicherweise auch korrigiert werden können.

Zur Systematik für die Einschätzung von Clankriminalität, den Straftaten und zu überlegenden Maßnahmen geht, bieten sich unterschiedliche Analysemodelle an. Dabei geht es weniger um dogmatische Vorgaben eines festgeschriebenen Modells, sondern vielmehr darum, eine für den Ermittler hilfreiche Systematik zu schaffen. Ein optionales Analysemodell kann nach dem Bestimmungsfeld und nach der strategischen oder operationalen Ausrichtung orientiert sein und sollte den Ist-Stand, eine Analyse zum Bedrohungs- und Entwicklungspotential und Ansätze für Bekämpfungsstrategien beinhalten. Solche könnten sein:

Tabelle 1:

Optionales Analysemodell, Abwandlung nach

Clages/Ackermann

2019, S. 18.

Analysefelder

Strategische Analysen

Operationale Analysen

Straftaten

Phänomenologische Straftatenanalyse

Erkennen von Tatbegehungsmustern

Verteilung von Kriminalität nach Raum und Zeit

Erkennen kriminalitätsfördernder Strukturen

Kriminologische Einzelfallanalysen (KEA)

Kriminologische Regionalanalysen (KRA)

Straftäter

Allg. Profilanalysen von Straftätern; am Phänomen orientierte Tätertypologien (z.B. Oberhaupt, Schlichter, jugendliche Intensivtäter, usw.)

Analyse von Täterverhältnis, -mobilität, Geschäfts- und Wohnsitzstrukturen

Analyse von Kriminellen Täterstrukturen im sozialen Gefüge (z.B. Rolle i.V.m. familiärer Position und Hierarchieebene)

Bandenbildung und Gruppendynamiken

Spezifische Profilanalysen

Maßnahmen

Definition Ziel, Strategien und Taktik

Prävention und Repression

Aufgreifen von Wissensbedarfen

Evaluation von Einzelmaßnahmen

Prozess- und Wirkungsevaluation (z.B. der „Taktik der Nadelstiche“, einer BAO oder sonstigen Initiative)

Mit der Feststellung, dass Gesellschaften niemals statisch, sondern im dauerhaften Wandel existieren, muss auch Kriminalität als stets als im Wandel begriffen werden. Dies zeigt sich am Beispiel Clankriminalität besonders deutlich. Entscheidend für eine effektive und stets an aktuelle Gegebenheiten angepasste Polizeiarbeit ist daher der Transfer zwischen Polizei und Wissenschaft, die neue gesellschaftliche und kriminelle Phänomene untersucht. Dabei ist das Verhältnis zwischen Kriminologie als Wissenschaft und Kriminalistik als polizeiliche Praxis nicht ganz einfach. Nach Thomas Ohlemacher gibt es unterschiedliche Erwartungen und Anforderung im Umgang mit Wissen innerhalb von Polizei und Wissenschaft, die teilweise konträr zueinander funktionieren.[32]

Tabelle 2:

Polizei und Wissenschaft nach

Ohlemacher

2013

[33]

Polizei

Wissenschaft

Ausbilden

Erforschen/Bilden

Komplexität reduzieren

Komplexität erhöhen

Homogenität

Heterogenität

Hierarchien einsozialisieren

Hierarchien imitieren (?)

Bei diesen Unterschieden sollte es jedoch nicht bleiben. Vielmehr muss es darum gehen, einmal Polizei als Institution und polizeiliches Handeln einerseits wie auch Kriminalität auf der anderen Seite wissenschaftlich zu untersuchen und diese Untersuchungen der Polizei so zur Verfügung zu stellen, dass sie wiederum Nutzen für die eigene Arbeit daraus generieren kann. Als Anspruch an die Wissenschaft bedeutet dies, die Komplexität wissenschaftlicher Ergebnisse

auf notwendige, polizeirelevante Inhalte zu reduzieren,

diese der Polizei zur Verfügung zu stellen und die

Übernahme und Anwendung dieses Wissens durch die Polizei zu evaluieren.[34]

Der wissenschaftliche Transfer bedarf somit einer gleichen Sach- und Sprachebene sowie eines dauerhaften und gegenseitigen Austauschprozesses. Um Erkenntnisse aus der Kriminologie konkret für kriminelle Taten nutzen zu können, müssen ihre Ergebnisse in den jeweiligen Bezug zu den unterschiedlichen Phasen einer Tat gesetzt werden.

Tabelle 3:

Tatphasen, eigene Darstellung

[35]

Zeitlicher Bezug zur Tat

Handlungsebene

vor

Risikoeinschätzung

während

Einsatz

während/nach

Ermittlung

nach

Nachbereitung/Aufarbeitung

nach/vor

Ergebnissicherung

Anders zusammengefasst: Die Kriminologie beobachtet reale Phänomene (empirischer Zugang), wertet sie aus und bildet eine theoretische Basis. Die Kriminalistik lehrt daran angelehnt die praktischen Maßnahmen und die Kriminalpolitik nimmt gesellschaftliche Entwicklungen, kriminologische Forschung und kriminalistische Bedarfe auf, um die Maßnahmen stetig anzupassen. Zu den Kriminalwissenschaften zählen Juristen noch das Strafrecht als rechtlichen Umgang mit und Reaktion auf Kriminalität.[36]

3.Aussagekraft von Statistiken und Lagebildern im Zusammenhang mit Clankriminalität

Die für Polizeiarbeit wichtigste Statistik ist die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Die PKS zählt sämtliche registrierte, also die bei der Polizei zur Anzeige gebrachten Straftaten (durch Bürger angezeigt oder durch eigene Ermittlungen), sobald sie an die Staatsanwaltschaft kommuniziert werden. Sie stellt kein Abbild der Kriminalitätsrealität dar, sondern dokumentiert lediglich das sogenannte Hellfeld. Der Anteil an Kriminalität, der von den Strafverfolgungsbehörden nicht bekannt und somit nicht registriert wird, wird als Dunkelfeld bezeichnet.

Das absolute Dunkelfeld stellt den Teil der Kriminalität dar, der weder durch die PKS noch durch Dunkelfeldforschung aufzuhellen ist (auch: doppeltes Dunkelfeld). Die registrierten Straftaten der PKS stellen das Hellfeld dar; sie werden nach Aufnahme einer Anzeige und Abgabe des Sachverhaltes an die Staatsanwaltschaft in der PKS abgebildet. Die Vorgaben der PKS-Erfassung sind bundeseinheitlich. Die Größe des Hellfelds ist somit abhängig vom Kontrollverhalten der Polizei und dem Anzeigeverhalten der Bevölkerung. Die Dunkelziffern (der in Zahlen gefasste Anteil nicht bekannter Straftaten) variieren je nach Delikt. Die Anzeigebereitschaft der Bevölkerung und damit die Größe des Hellfelds hängt von verschiedenen Faktoren ab und variiert je nach Deliktsart (z.B. ein vollendeter Wohnungseinbruchsdiebstahl wird als Versicherungsdelikt vom betroffenen Bürger gewöhnlich angezeigt, während bei Körperverletzungsdelikten die Beziehung zwischen Opfer und Täter ausschlaggebend für die Anzeigebereitschaft sein kann). Daher kann in den meisten Fällen nicht von einem realen Ansteigen oder Absinken von Kriminalität gesprochen werden, wenn die Entwicklungen der PKS diskutiert werden.

Neben der tatsächlichen Änderung des Kriminalitätsaufkommens und damit der Kriminalitätsrealität können sich folgende mögliche Einflussfaktoren auf die Entwicklung der Zahlen in der PKS auswirken:

Anzeigeverhalten,

polizeiliche Kontrollintensität,

Änderung der statistischen Erfassung,

Änderung des Strafrechts.[37]

Generell enthält die PKS Informationen zu den registrierten Fällen, aber auch zu Tatverdächtigen und Opfern (z.B. Alter, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, ggf. Beziehung Täter und Opfer). Die Aussagekraft der PKS muss immer im Hinblick auf ihre methodischen Schwächen und generellen Grenzen betrachtet werden. Beispielsweise können sich Gesetzesänderungen oder auch Erfassungskriterien auf die Erfassung niederschlagen. Dennoch ist es das umfassendste Instrument zur Kriminalitätserfassung, das zur Verfügung steht. Trends in der Kriminalitätsentwicklung lassen sich damit skizzieren. Die PKS erfasst keine Steuer- und Straßenverkehrsdelikte (mit Ausnahme der Verstöße gegen §§ 315, 315b StGB und § 22a StVG), Straftaten, die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland begangen wurden, Ordnungswidrigkeiten sowie keine sog. Staatsschutzdelikte der politisch motivierten Kriminalität (PMK).[38]

Der Begriff „Fälle“ umfasst vollendete Fälle und strafbare Versuche. Als aufgeklärt gilt eine angezeigte Straftat dann, wenn ein vorläufiger Tatverdächtiger ermittelt werden konnte (sprich, wenn dessen Namen bekannt ist).

Die Bezeichnung dessen als Aufklärungsquote ist umstritten. Häufig zeigt sich im weiteren Ermittlungsverlauf, dass sich diesbezüglich noch sehr viel ändern kann (beispielsweise keine Erhärtung des Tatverdachtes o.ä.). Die Aufklärungsquote (AQ) bedeutet folglich nicht, dass ein Täter für eine angezeigte Tat verurteilt wurde. Somit transportiert der Begriff Aufklärungsquote eine falsche Vorstellung in das öffentliche Bewusstsein und wird damit zu einem völlig falschen „Erfolgsfaktor“ der Polizei.[39]

Das Dunkelfeld muss im Kontext der Organisierten Kriminalität (OK) und auch Clankriminalität je nach Deliktsfeld unterschiedlich hoch eingeschätzt werden. Beispielsweise werden Drogendelikte auch als Kontrolldelikte bezeichnet.[40] Ein Kontrolldelikt ist eine Straftat, deren Auftreten durch Kontrollen von Polizei oder Sicherheitspersonal überhaupt erst festgestellt wird.[41] Mit anderen Worten: Ohne Kontrollen bleibt sie unbemerkt. Dies führt zur unvermeidlichen Konsequenz, dass, je mehr Polizeibeamte eingesetzt sind, desto höher die Anzahl der registrierten Straftaten in diesen Bereichen ist, also der Eindruck erweckt wird, die Kriminalität steige an,[42] weil die Anzahl der erfassten Fälle in der PKS steigt. Wie hoch das Dunkelfeld bei Kontrolldelikten ist, lässt sich entsprechend schwer einschätzen.

Innerhalb der Familienclans kommt es zu Rohheitsdelikten untereinander. Werden diese im öffentlichen Raum ausgetragen, ist das Hellfeld entsprechend hoch. Findet die Gewalt jedoch im privaten Raum statt, wird sie häufig nicht durch die Polizei registriert. Dies betriff beispielsweise häusliche Gewalt. Dass dies Betroffenen Anzeige erstatten, ist aufgrund folgender Gegebenheiten unwahrscheinlich:

1.

bedeutet eine Anzeige die strafrechtlich relevante Meldung gegen ein Mitglied aus der Familie/Community, dies wird als Verrat an allen Mitgliedern empfunden;

2.

hat der potentielle Anzeigensteller nicht selten Angst vor Vergeltung, da es allgemeine Norm innerhalb der Community ist, die Angelegenheit untereinander zu regeln;

3.

empfindet ein eventueller Anzeigensteller eine zu große Scham, dass ein Familienmitglied/Verwandter bzw. einfach eine Person aus der eigenen Community gegen die Gesetze des Landes verstößt;

4.

besitzt ein solcher insgesamt kein Vertrauen in die Polizei und die Sicherheitsbehörden im Allgemeinen, oder

5.

kennt derjenige zwar den Vorgang, empfindet aufgrund von Unkenntnis oder gelebten Regeln in einer Familie aber keinen Verstoß gegen geltendes Recht.[43]

Auch Betrugsdelikte als Betätigungsfeld innerhalb von Clankriminalität, wie auch das Phänomen Schutzgelderpressung sind hinsichtlich ihrer Registrierung und das Hell-Dunkelfeld-Verhältnis durch die Polizei nicht allgemein einzuschätzen.