Coaching - Astrid Schreyögg - E-Book

Coaching E-Book

Astrid Schreyögg

0,0
54,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Wer gut und effizient coachen möchte, braucht diesen umfassenden und hochaktuellen Leitfaden. Er beinhaltet alles, was Sie wissen müssen, um Ihre Klienten kompetent zu unterstützen und weiterzubringen. Anhand vielfältiger Beispiele aus der Praxis wird in diesem komplett überarbeiteten Klassiker eine breite Palette von Coaching-Methoden mit ihren jeweiligen Effekten entfaltet - damit Sie immer gut beraten sind. "Das Standardwerk ist der fundierteste Leitfaden für Coaching-Profis und -Interessierte." Format "Das Werk kann uneingeschränkt empfohlen werden." Christopher Rauen, 1. Vorsitzender des Vorstands des Deutschen Bundesverbandes Coaching e.V.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 605

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Astrid Schreyögg

Coaching

Eine Einführung für Praxis und Ausbildung

Campus VerlagFrankfurt/New York

Über das Buch

Wer einen Leitfaden zum Thema Coaching sucht, wird hier fündig. Der Klassiker der Coachingliteratur ist für Personalentwickler in Unternehmen ebenso unverzichtbar wie für freiberufliche Coaches. Jetzt liegt er in neuer und komplett aktualisierter Fassung vor.

Über die Autorin

Dr. Astrid Schreyögg arbeitet als freie Psychotherapeutin, Supervisorin und Organisationsberaterin in Berlin. Sie gibt die Zeitschrift Organisationsberatung, Supervision, Coaching heraus und ist Autorin mehrerer Bücher. Im Campus Verlag erschien auch ihr Standardwerk Konfliktcoaching. Anleitung für den Coach.

Inhalt

Vorwort zur 7., komplett überarbeiteten und erweiterten Auflage

1. Entwicklungen in der Praxis von Coaching

2. Entwicklungen in der Professionsbildung von Coaching

3. Entwicklungen in der einschlägigen Literatur

4. Entwicklungen im akademischen Bereich

Einleitung

Coaching als professionelle Managementberatung

Zur Struktur des Buches

Teil ICoaching als professionelle Managementberatung

Kapitel 1Management, Sozialmanagement und Selbstmanagement

1. Management als organisationsübergreifende Kategorie

1.1 Die klassischen Managementfunktionen

1.2 Managementrollen

1.3 Schlüsselkompetenzen des Managements

1.4 Grenzen von Managementhandeln

2. New Public Management

2.1 Die äußere Struktur von Behörden

2.2 Die Binnenstruktur von Behörden

2.3 Die Organisationskulturen von Behörden

2.4 Reformen von Behörden zur »postmodernen Verwaltung«

3. Sozialmanagement

3.1 Die Bedeutung ethischer Positionen für das Sozialmanagement

3.2 Grenzen des Sozialmanagements

4. Das Managing von Freiberuflern

5. Selbstmanagement

Zusammenfassung

Kapitel 2Die Funktionen von Coaching

1. Coaching als innovative Form der Personalentwicklung

1.1 Coaching als Personalentwicklung für Manager

1.2 Coaching als Personalentwicklung für Sozialmanager

1.3 Coaching als Personalentwicklung für Freiberufler

2. Coaching als Dialogform über Freud und Leid im Beruf

2.1 Coaching als »Therapie gegen berufliches Leid«

2.2 Coaching als Weg zur beruflichen Selbstverwirklichung

3. Zusammenfassung

Kapitel 3Die Anlässe von Coaching

1. Krisen als Anlass für Coaching

1.1 Individuelle Krisen

1.2 Kollektive Krisen

2. Die Suche nach Verbesserungen als Anlass für Coaching

2.1 Individuelle Verbesserungen

2.2 Kollektive Verbesserungen

Zusammenfassung

Kapitel 4Die Themen von Coaching

1. Allgemeine thematische Akzente

1.1 Themen auf der individuellen Ebene

1.2 Themen auf der Beziehungsebene

1.3 Themen auf der Systemebene

2. Thematische Akzente bei unterschiedlichen Funktions- und Feldgruppen

2.1 Akzente bei Managern

2.2 Akzente bei Sozialmanagern

2.3 Akzente bei Freiberuflern

Zusammenfassung

Kapitel 5Die Anforderungen an den Coach

1. Personenspezifische Anforderungen an den Coach

1.1 Anforderungen an den Menschen

1.2 Anforderungen an die fachliche Qualifikation

2. Anforderungen an das Konzept des Coachs

2.1 Das metamodell-theoretische Fundament

2.2 Das Theorie-Inventarium

2.3 Die methodentheoretischen Voraussetzungen

2.4 Das Methoden-Inventarium

Zusammenfassung

Teil IIEin Coachingkonzept

Kapitel 6Die Ziele von Coaching

1. Steigerung der beruflichen Qualifikation

1.1 Steigerung beruflicher Effizienz

1.2 Steigerung der Humanität im Beruf

2. Entwicklung menschlicher Gestaltungspotenziale im Beruf

2.1 Wiedergewinnung von Gestaltungspotenzialen

2.2 Ausbau von Gestaltungspotenzialen

Zusammenfassung

Kapitel 7Der konzeptionelle Rahmen zur Anwendung von Methoden beim Coaching

1. Rekonstruktionen im Coaching

1.1 Die Bedeutung von Rekonstruktionen

1.2 Die Bedeutung szenischer Rekonstruktionen

1.3 Die Bedeutung multiperspektivischer Rekonstruktionen

2. Die Wirkungen von Coaching

2.1 Spontane Wirkungen

2.2 Gezielte Wirkungen

3. Der Interaktionsstil beim Coaching

3.1 Allgemeine Charakteristika des Interaktionsstils

3.2 Zentrale Komponenten des Interaktionsstils

Zusammenfassung

Kapitel 8Die Rolle des Coachs und die äußere Anordnung von Coaching

1. Die Rollen von externen und internen Coaches

1.1 Der externe Coach

1.2 Der interne Coach

1.3 Kombinationen von externem und internem Coaching

2. Die Settings von Coaching

2.1 Einzelcoaching

2.2 Gruppencoaching

2.3 Teamcoaching

Zusammenfassung

Kapitel 9Das Gespräch im Coaching

1. Der äußere Gesprächsrahmen

1.1 Formale Aspekte des Gesprächsrahmens

1.2 Atmosphärische Aspekte des Gesprächsrahmens

2. Die Funktionen von Gesprächen im Coaching

2.1 Das Feststellen des Coachinganliegens

2.2 Das Feststellen der persönlichen Involviertheit

2.3 Das Feststellen von Optionen

2.4 Der Coach als Sparringspartner und Wissensvermittler

2.5 Der Coach als Modell für Gesprächsführung

3. Diagnostische Zugänge zum Verstehen sprachlicher Kommunikation

3.1 Diagnostische Zugänge für sprachliche Kommunikationsakte auf der Senderseite

3.2 Diagnostische Zugänge für die Zweiseitigkeit sprachlicher Kommunikation

4. Das professionelle Handwerkszeug des Coachs in Gesprächen

4.1 Feedbacks geben

4.2 Varianten des Zuhörens

4.3 Fragen stellen

4.4 Eigene Standorte benennen

5. Modifikationen des Handwerkszeugs in Kleingruppen-Settings

5.1 Allgemeine Modifikationen im Verlauf gruppaler Arbeitsprozesse

5.2 Spezielle Modifikationen im Teamcoaching

Zusammenfassung

Kapitel 10Methodische Anleihen bei erlebnis- und handlungsorientierten Verfahren für das Coaching

1. Die generelle Bedeutung erlebnis- und handlungsorientierter Arbeitsformen für das Coaching

1.1 Die Informationsfunktion

1.2 Die handlungsmodifizierende Funktion

1.3 Die Förderung des Selbstausdrucks

2. Kriterien für eine differenzierte Anwendung erlebnis- und handlungsorientierter Methodik im Coaching

2.1 Im Hinblick auf die »eigene Ladung« der Methodik

2.2 Im Hinblick auf die Klientenpersönlichkeit

2.3 Im Hinblick auf die Coachingsituation

3. Die speziellen Funktionen erlebnis- und handlungsorientierter Methodik beim Coaching

3.1 Präzisierung von Rekonstruktionen und Problemformulierungen

3.2 Gezielte Veränderung von Deutungs- und Handlungsmustern

4. Die Methodik erlebnis- und handlungsorientierter Verfahren im Coaching

4.1 Gestalttherapeutische Arbeitsformen im Coaching

4.2 Psychodramatische Arbeitsformen im Coaching

Zusammenfassung

Kapitel 11Methodische Anleihen im »Kinderzimmer« – Die Arbeit mit Materialien im Coaching

1. Die generelle Bedeutung von Materialien im Coaching

1.1 Die Informationsfunktion von Materialien

1.2 Die Förderung des Selbstausdrucks durch Materialien

2. Kriterien für eine differenzierte Anwendung von Materialien im Coaching

2.1 Kompatibilität zum Thema

2.2 Kompatibilität zur Klientenpersönlichkeit

2.3 Kompatibilität zur Coachingsituation

3. Die speziellen Funktionen der Arbeit mit Materialien im Coaching

3.1 Rekonstruktionen

3.2 Problemformulierungen

3.3 Umstrukturierungen von Deutungsmustern

3.4 Erweiterungen des Handlungsrepertoires

4. Zur Deutungshaltung des Coachs bei der Arbeit mit Materialien

4.1 Jede Produktion ist ein Teil des Kreators

4.2 Fremddeutungen sind nicht akzeptabel

4.3 Der Coach fungiert bei Deutungen als »Hebamme«

4.4 Deutungen sollten auf persönliches Erleben bezogen sein

5. Einzelne Materialien und ihre Anwendung im Coaching

5.1 Zeichen- und Malutensilien

5.2 Bausteine, Magnetsteine

5.3 Puppen und andere Spielmaterialien

5.4 Materialien für Collagen

5.5 Ton

5.6 Musikinstrumente

5.7 Materialien für Masken

5.8 Andere Materialien

Zusammenfassung

Kapitel 12Der Coachingprozess

1. Der Erstkontakt

2. Die Situationsanalyse im Coaching mit nachfolgenden Entscheidungen

2.1 Entscheidung für die »richtige« Zielbestimmung

2.2 Entscheidung für das »richtige« Setting

2.3 Entscheidung für den »richtigen« Verlauf

3. Coachingkontrakte

3.1 Der formale Anteil von Kontrakten

3.2 Der soziale Anteil von Kontrakten

4. Das eigentliche Coaching und seine Verläufe

4.1 Langzeitcoaching

4.2 Coaching mit einem mittleren zeitlichen Umfang

4.3 Kurzzeitcoaching

5. Die Beendigung von Coaching

5.1 Die Beendigung von Einzelcoaching

5.2 Die Beendigung von Gruppencoaching

5.3 Die Beendigung von Teamcoaching

Zusammenfassung

Teil IIIDie Lehre von Coaching

Kapitel 13Ziele und Inhalte der Lehre

1. Coaching als Managementberatung

2. Coaching in Organisationen

3. Gesprächsführung und Varianten des Rollenspiels

4. Die Anlässe von Coaching

5. Konfliktcoaching

6. Psychoanalytische Fragestellungen im Coaching

7. Gruppendynamische Fragestellungen im Coaching

8. Medien im Coaching

9. Coachingprozesse

Kapitel 14Die lernorganisatorische Struktur, das didaktische Konzept und die Lernzielkontrollen

1. Die lernorganisatorische Struktur

2. Das didaktische Konzept

3. Lernzielkontrollen

Zusammenfassung

Literatur

Register

Vorwort zur 7., komplett überarbeiteten und erweiterten Auflage

Dieses Buch ist zu meiner großen Freude ein anhaltender Erfolg geworden. Es hat sich seit 1995 als eines der ersten Coachingbücher im deutschsprachigen Raum und seit 1996 in einer Übersetzung auch in den Niederlanden als Standardwerk etabliert. Als »eine Einführung für Praxis und Ausbildung« dient es durch seine systematische Konzeptdarstellung und sein in der 6. Auflage (2003) eingefügtes didaktisches Programm bis heute als »Coaching für den Coach«. Für das Jahr 2012 habe ich aber eine gründliche Überarbeitung vorgenommen, denn in der Coachingszene hat sich im letzten Jahrzehnt viel Neues ergeben. Zunächst ist festzustellen, dass sich Coaching auf breiter Front, national wie international, durchgesetzt hat. Dabei sind mindestens vier Trends zu verzeichnen. Sie betreffen Entwicklungen (1) in der Praxis von Coaching, (2) in seiner Professionsbildung, (3) in der einschlägigen Literatur und (4) im akademischen Bereich.

1. Entwicklungen in der Praxis von Coaching

Wie Fillery-Travis/Lane schon 2006 anmerkten, hat sich die »Coaching Industry« zu einem Zwei-Billionen-Dollar-Markt in fast allen westlichen Ökonomien ausgewachsen und wird voraussichtlich noch weiter expandieren. Während bis zur Jahrtausendwende noch die Selbstzahler dominierten, wird Coaching heute häufiger von Organisationsvertretern beauftragt. Es hat derzeit in vielen Abteilungen für Personalentwicklung einen festen Platz. Das gilt nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Behörden und sogar für große soziale Dienstleistungssysteme wie etwa Kliniken. Dadurch partizipiert heute eine Vielzahl an Feldern von diesem Beratungsformat. So finden wir Coaching im Anlagenbau, im Automobilbereich, im Journalismus, in der Kulturszene, in Bundes- und Landesbehörden und auch in Schulen, in Kliniken, in größeren Arztpraxen und in anderen Systemen.

Wie Seghers et al. (2011) anlässlich einer umfassenden internationalen Bestandsaufnahme konstatierten, dient Coaching in allen diesen Organisationen keineswegs nur der Bewältigung von Krisen und Konflikten bei Menschen mit Managementfunktionen. Es dient vielfach eher dazu, spezifische Skills einzuüben bzw. zu perfektionieren, wie etwa die Kommunikation im beruflichen Alltag. Häufiger noch fungiert es als »Performance Coaching«, um die allgemeine Leistungsfähigkeit der Führungskräfte zu erhöhen. Oder im Sinne von Lifecoaching kann es auch umfassende personale Förderungen anstoßen (vgl. Buer/Schmidt-Lellek 2008). Als Maßnahme der strategischen Personalentwicklung wird es heute wahrscheinlich am häufigsten zu Zwecken konstruktiver Fortentwicklung von Führungskräften beansprucht. Sie sollen dann durch Coaching z.B. für die Übernahme neuer Aufstiegspositionen vorbereitet werden.

Deshalb etablieren viele Organisationen heute einen Pool von Coaches, auf den die Führungskräfte wie selbstverständlich zugreifen können. Für das Topmanagement wählt man meistens externe, freiberufliche Coaches aus. Für mittlere und untere Führungsebenen, deren Mitglieder das Operative zu regeln haben, etabliert man vielfach einen Pool von organisationsinternen Coaches. Dieser Trend zum internen Coaching ist der Tatsache geschuldet, dass interne Berater grundsätzlich über eine höhere Feldkompetenz verfügen als externe (vgl. Stenzel 2010; Bollhöfer 2011). So bringen Führungskräfte in manchen Organisationstypen wie etwa in schulischen Milieus dieser Gruppe von Coaches auch ein höheres Maß an Vertrauen entgegen als externen Beratern.

In den letzten Jahren setzte sich Coaching auch zunehmend als Komplementärfunktion bei anderen Maßnahmen der Personalentwicklung durch. So wird es vielfach zur Verbesserung des Transfers von Führungsseminaren oder Trainings genutzt. Eine ähnliche Funktion hat es in organisatorischen Changeprozessen, sodass es hier und da sogar Strategieberatungsfirmen wie McKinsey in ihre Projekte integrieren. Befragungen in Personalabteilungen sind jedenfalls zu entnehmen, dass die Akzeptanz von Coaching laufend zunimmt, sodass eine weitere Nachfrage aus der Praxis zu erwarten ist.

2. Entwicklungen in der Professionsbildung von Coaching

In den letzten Jahren haben sich immer mehr Berufsgruppen für die Arbeit als Coach erwärmt. Während anfangs Psychologen die Szene dominierten, dann langsam auch Betriebswirte, finden wir heute eine bunte Mischung aus Pädagogen, Philosophen, Soziologen, Juristen, Volkswirten, Medizinern usw. Zwar bleiben bestimmte Wissensbestände, besonders im methodischen Bereich, deutlich an psychologisches bzw. psychotherapeutisches Fachwissen gekoppelt. Durch Spezialisierungen von Coaching etwa im Sinne von Business-, Gesundheits- oder Lifecoaching lieferten aber nun andere Disziplinen ergänzende Beiträge in Richtung Managementlehre, Medizin oder Philosophie. So wurden in der Coachingpraxis Formen der Prozessbegleitung zunehmend durch Sequenzen von Expertenberatung angereichert.

Auf diesem Weg hat sich auch eine kaum überschaubare Vielzahl einschlägiger Fortbildungsinstitute etabliert. Die Mehrzahl von ihnen firmiert unter dem Label »systemisch«, bietet dann Fortbildungen für »systemisches Coaching« an. Dabei bleibt allerdings vielfach unklar, welche konzeptionelle Orientierung der Ausbildung tatsächlich zugrunde liegt, was also jeweils unter »systemisch« zu verstehen ist. Coaching ohne Systemreflexion wäre tatsächlich ein Unding, Coaching ohne individuelle und interaktive Perspektiven aber ebenso. Wegen der oft unklaren Orientierungen wird von Kritikern seit Jahren »Wildwuchs« oder »Scharlatanerie« im Coachingfeld angeprangert. So hat sich etwa der Professionssoziologe Stephan Kühl (2008) diesen Entwicklungen umfassend gewidmet. Versuche, diesbezüglich Abhilfe zu schaffen, mündeten in die Etablierung von Verbänden. Diese entwickeln in der Regel formale Standards für Praxis und Ausbildung von Coaching und verleihen ihren Absolventen entsprechende Zertifikate. Damit ist jeweils die Hoffnung verbunden, dass man unqualifizierte und unseriöse Anbieter vom Markt ausschließen könnte.

Im Verlauf weniger Jahre gründete sich aber eine Vielzahl von nationalen wie internationalen Verbänden, sodass jetzt ein neuerlicher Wildwuchs – jetzt von Verbänden unterschiedlicher Größe und mit unterschiedlichen Standards – zu beobachten ist. Derzeit versuchen Verbände, die aufgrund des Bekanntheitsgrads ihrer Mitglieder – wie z.B. der Deutsche Bundesverband Coaching (DBVC) – eine Seniorität für sich reklamieren, ein Verbändeforum ins Leben zu rufen. In diesem soll dann in absehbarer Zeit eine Angleichung von Standards erarbeitet werden.

Trotz mancherlei konzeptioneller Unklarheiten und geringer empirischer Erfolgsnachweise scheint die Nachfrage aus der Praxis ungebrochen, wobei wahrscheinlich in großen Systemen immer häufiger internes Coaching etabliert wird. Die Nachfrage nach Coachingfortbildungen wird allerdings in absehbarer Zeit gesättigt sein. Hier ist ähnlich den Entwicklungen in der Supervisionsszene zu erwarten, dass nur noch einige wenige, gut fundierte Programme überleben werden.

3. Entwicklungen in der einschlägigen Literatur

Der Homepage von Christopher Rauen (www.rauen.de) ist zu entnehmen, dass die Coachingliteratur seit dem Jahr 2000 enorm angewachsen ist. Besonders in den letzten vier Jahren »wucherte« sie sich geradezu überdimensional aus. Auffallend häufig finden wir Bücher zum »Selbstcoaching« sowie Bücher, die sich mit »Coaching zur Stress- und/oder Burnout-Prophylaxe« befassen. Bei manchen Publikationen scheint es sich lediglich um traditionelle Führungsratgeber zu handeln, deren Autoren aber jetzt unter dem Etikett »Coaching« einen Neustart versuchen. Großer Beliebtheit haben sich in diesen Jahren die Toolbücher erfreut. Diese von Christopher Rauen 2004 und 2007 erstmals herausgegebenen Methodensammlungen scheinen die Szene erheblich bereichert zu haben, denn diese Bücher mussten nach kürzester Zeit in weiteren Auflagen nachgedruckt werden. Konzeptionelle Innovationen erbrachten Reader mit Titeln wie Coachingwissen (Birgmeier 2009), E-Coaching (Geißler 2008) oder Life-Coaching (Buer/Schmidt-Lellek 2008).

Im Bereich der Zeitschriften haben sich im deutschsprachigen Raum neben der Zeitschrift Organisationsberatung, Supervision, Coaching (OSC), die bereits seit 1994 auf dem Markt existiert, im neuen Jahrtausend die Zeitschrift Profile und das Coaching-Magazin etabliert. Im englischsprachigen Raum sind von 2003 bis 2008 sogar fünf einschlägige Fachzeitschriften entstanden. Von diesen weist die Mehrzahl eine Nähe zu genuin psychologischen Themen auf. So verweisen also auch die vielen Neuerscheinungen auf den Erfolg von Coaching.

4. Entwicklungen im akademischen Bereich

Der Australier Grant konstatierte 2006 für den englischsprachigen Raum, dass zwischen 2001 bis 2005 die Publikationen über Coaching im akademischen Bereich um 266 Prozent angewachsen waren gegenüber dem Zeitraum von 1996 bis 2000 (zit. n. Seghers et al. 2011). Auch auf internationalen akademischen Konferenzen wie der Academy of Management erscheint Coaching zunehmend häufiger als Thema. Als Reaktion auf die dynamische Entwicklung in der Praxis haben sich im neuen Jahrtausend natürlich auch die deutschen Hochschulen vermehrt des Coachings angenommen. Das manifestiert sich zum einen darin, dass immer häufiger an Hochschulen und Fachhochschulen Coaching gelehrt wird. Derzeit versuchen sich immer mehr Masterstudenten und Doktoranden an Coachingthemen. An Lehrstühlen für Psychologie, Pädagogik, Soziologie oder Betriebswirtschaftslehre entstehen einschlägige Facharbeiten, neuerdings auch in der Linguistik. Sie sind überwiegend empirisch orientiert, meistens im Bereich der Evaluation. In manchen dieser Arbeiten versteigen sich Autoren sogar zur Forderung, Coaching solle »evidence based« vorangebracht werden. Damit sitzen sie einer naturwissenschaftlichen Orientierung auf, was aus wissenschaftstheoretischer Sicht etwas absurd erscheint. Entsprechend diesem neuen Interesse der Forschung sprießen an Hochschulen und Fachhochschulen Workshops oder Kolloquien zu Coachingthemen immer üppiger aus dem Boden. Hier ergibt sich eine ganz neue, teilweise äußerst konstruktive Zusammenarbeit zwischen Theorie und Praxis. Kürzlich wurde in Kassel ein neuer Lehrstuhl für Beratungswissenschaften etabliert. Von dessen Lehrstuhlinhaberin, Heidi Möller, und ihrem Team ist nun gleichfalls Coachingforschung zu erwarten, jetzt allerdings im Reigen anderer Formate wie Psychotherapie, Supervision und Organisationsberatung.

An dieser Stelle will ich Selina Hartmann vom Campus Verlag danken, die mich zur Überarbeitung dieses Buches ermuntert hat. Außerdem danke ich ganz herzlich Christoph Schmidt-Lellek, der mit Sorgfalt und seiner einschlägigen Fachkompetenz diese Neuauflage lektoriert hat. Und nicht zuletzt danke ich den vielen Professionellen, die sich mir im Verlauf meines Berufslebens als Coachingklienten anvertraut haben. Ohne sie könnte ein solches Buch niemals entstehen. Vielleicht erkennen sich einige in dem einen oder anderen Beispiel wieder. Dritte werden sie allerdings kaum entdecken, denn ich habe die in mir gespeicherten Beratungsszenen kräftig durchgeschüttelt, in einzelne Bestandteile zerlegt und jeweils neu zusammengepuzzelt.

Astrid SchreyöggBerlin, im Mai 2012

Einleitung

Coaching als professionelle Managementberatung

Der Begriff Coaching erfreut sich im Bereich des Sports seit vielen Jahren großer Beliebtheit. Hier handelt es sich, wie die ursprüngliche Bedeutung des Wortes »Kutsche« nahelegt, um einen »kuscheligen« Ort, an dem ein Mensch alle seine Gefühle, Fragen oder Sorgen ausbreiten kann. Der Coach erhält dann bei Spitzensportlern wie etwa bei Tennisstars, die durch ihre hohe Mobilität oft stark vereinsamt sind und Höchstleistungen erbringen wollen, die Bedeutung eines intimen Solidarpartners für alle fachlichen und emotionalen Themen. Die Funktion von Coaching besteht in der Vorbereitung des Sportlers auf eine letztlich immer selbst zu erbringende Leistung in Ernstsituationen. Was besagt aber nun der Begriff in der Managementliteratur?

Bei einer Durchsicht einschlägiger Publikationen fällt immer noch eine gewisse Uneinheitlichkeit in der Begriffsverwendung auf. Von manchen Autoren wird Coaching wie eine Wunderdroge angepriesen: Es kann angeblich Führungskräfte von Alkoholismus oder Depressionen befreien. Andere scheinen den Begriff eher als modische Worthülse zu bemühen, indem sie nun alle Arten hausinterner oder externer Weiterbildung, Nachbeschulung und selbst konventionellste Seminaraktivitäten als »Coaching« bezeichnen. Von wieder anderen wird »Vorgesetztencoaching« als ideale Begleitung für unterstellte Mitarbeiter propagiert. Hier steht der Begriff dann lediglich als Synonym für einen »besonderen« Führungsstil.

Welche Bedeutung des Wortes »Coaching« ist aber nun wirklich sinnvoll? Im Gegensatz zu allen sonstigen Begriffsverwendungen lässt sich von einer »echten« Innovation sprechen, wenn Coaching als professionelle Form der Managementberatung verstanden wird. Bei dieser verhandeln Führungskräfte »unter vier Augen« oder in einer Kleingruppe alle für sie aktuell relevanten Fragestellungen mit einem Coach. Coaching dient dann einerseits als Maßnahme der Personalentwicklung, die sich perfekt auf die Belange des Einzelnen zuschneiden lässt. Daneben dient es als Dialogform über »Freud und Leid« im Beruf, denn hier erhalten alle beruflichen Krisenerscheinungen, aber auch alle Bedürfnisse nach beruflicher Fortentwicklung den ihnen gebührenden Raum. Ein Beispiel:

Der Leiter eines metallverarbeitenden Betriebes fragte um Coaching an, weil er mit neuen Aufgaben konfrontiert war und ihre Übernahme allerlei Komplikationen nach sich zog. Die bislang als Familienbetrieb geführte Firma war kürzlich von einem größeren Unternehmen aufgekauft worden. Daraufhin hatte der frühere »Patriarch« das Unternehmen verlassen, und der Coachingklient, bislang als Leiter der Konstruktionsabteilung tätig, übernahm jetzt auf Drängen des neuen Inhabers die Position des Betriebsleiters. Er nahm dieses Angebot aus verschiedenen Gründen auch gerne an. Zum einen hatte er in den vergangenen Jahren häufig den Eindruck, dass der innovative Beitrag »seiner« Konstruktionsabteilung und der dadurch potenziell zu erzielende Marktvorteil des Unternehmens durch das zu rigide Management des früheren Eigentümers verspielt wurden. Zum anderen hatte er immer wieder erlebt, dass relevante Personalentscheidungen »bei weitem zu buchstabengetreu und oft sogar herzlos« getroffen wurden, wie er fand. Da er beim früheren Unternehmer ein hohes fachliches Ansehen genoss, verfügte er bei diesem auch über genügend Reputation, um bei etlichen personellen Problemen mildernd oder korrigierend einzugreifen. Für diese Rolle war er schon durch seine Sozialisation prädisponiert.

Wegen dieser ausgleichenden Haltung wurde es von der Belegschaft sehr begrüßt, als ihm nun die Gesamtleitung übertragen wurde. Er selbst trat seine neue Position mit dem Ziel an, »alles besser zu machen als der Alte«. In den ersten Monaten nach seiner »Inthronisierung« ergab sich zunächst ein merklicher Produktivitätszuwachs, wodurch die Firma sogar manche schon verloren geglaubten Marktsegmente zurückgewinnen konnte. In der Folgezeit häuften sich aber Pannen innerhalb des Hauses, wodurch auch die Umsätze litten. Bei einer daraufhin einberufenen Betriebsversammlung beklagten vor allem Mitarbeiter der Konstruktionsabteilung, dass er entgegen seinen früheren Verlautbarungen ihre Neuentwicklungen zu wenig berücksichtigen würde. Und Mitarbeiter der Produktion und des Außendienstes beschwerten sich, dass er »wohl noch immer zu stark in der Konstruktion verankert« sei und ihren Beitrag deshalb viel zu wenig im Auge habe. Der Leiter ging schwer angeschlagen aus der Versammlung. Ihm schien es plötzlich, als habe er auf der ganzen Linie versagt.

Im Verlauf eines Coachingprozesses ließ sich erarbeiten, dass er sein Selbstverständnis als Betriebsleiter primär aus seiner vormals informellen Vorrangstellung im Betrieb bezog. Er hatte noch nicht realisiert, dass er in der neuen Position mit gänzlich anderen Rollenanforderungen konfrontiert war und sich jetzt auch auf andere Einflusspotenziale stützen musste. Seine als »Oberkonstrukteur« eingeübte Weise, Entscheidungen innerhalb eines Teams erst »gären« zu lassen und sie dann eher improvisatorisch zu treffen, erwies sich jetzt als weitgehend untauglich. Und seine bisher übliche kumpelhafte Art im Umgang mit den Mitarbeitern wirkte nun für etliche von ihnen geradezu als Einladung, dass »man sich alles erlauben kann«, auch zu trödeln oder seine Aufgaben nachlässig zu erledigen. Seine Selbstdefinition als Betriebsleiter bezog er fast ausschließlich aus dem Vergleich zum früheren Inhaber. Im Bemühen, »alles anders« zu machen, entging ihm, dass er als anderer Mensch und als Nicht-Inhaber die Position des Betriebsleiters vollkommen neu ausgestalten musste.

Im weiteren Verlauf der Beratung stellte sich heraus, dass er vor allem seine positionsbedingte Einsamkeit schwer erträglich fand und deshalb immer wieder in kumpelhafte Attitüden zu seinen früheren Kollegen, nun Mitarbeitern, verfiel. Im Sinne von »Personalentwicklung« fand nun der Leiter im Coaching Unterstützung, eine ihm und seiner Position angemessene neue Rollendefinition zu entwickeln. Er realisierte zunehmend, dass sich sein Einflusspotenzial nicht mehr ausschließlich auf seine »guten« Beziehungen zu den Mitarbeitern gründen konnte, sondern dass er jetzt auch seine legale Machtbasis mit allen ihm zur Verfügung stehenden Sanktionsmöglichkeiten zu nutzen hatte. Nach einiger Zeit gelang es ihm, die seit Kindertagen eingeübte Rolle als »informeller Integrator« in eine offizielle zu verwandeln. Und im Sinne einer »Dialogform über Freud und Leid im Beruf« lernte der Betriebsleiter im Verlauf des Coachingprozesses, seine neue Einsamkeit als selbstverständlichen Bestandteil der übernommenen Position zu ertragen und neue Ressourcen zu seiner persönlichen Stabilisierung zu nutzen.

Diese beiden Funktionen von Coaching, Personalentwicklung und Unterstützung für Freud und Leid im Beruf, gilt es bei Menschen zu realisieren, die in unterschiedlichen Organisationstypen und auf unterschiedlichen Hierarchiestufen mit Managementaufgaben betraut sind. Außerdem nehmen auch viele freiberuflich Tätige Coaching in Anspruch, weil sie ebenfalls eine Vielzahl von Steuerungsaufgaben zu meistern haben. Das basale Ziel von Coaching besteht in der Förderung beruflicher Selbstgestaltungspotenziale, also in der Förderung des Selbstmanagements von Führungskräften und Freiberuflern. In diesem Punkt ähnelt übrigens das Managementcoaching dem im Sport: Hier wie dort spielen »einsame Leistungen« eine Rolle, auf die der Coach seine Klienten vorbereiten soll.

Als Coaches kommen entweder freiberufliche Berater oder Mitarbeiter aus Personal- bzw. Personalentwicklungsabteilungen in Frage, die sich auf Coaching spezialisiert haben. Welche Voraussetzungen sollen diese aber nun eigentlich erfüllen?

Mit dieser Frage stoßen wir zum zentralen Anliegen des vorliegenden Buches vor. Als Voraussetzungen für einen »richtigen« Coach reichen nämlich guter Wille und eine menschenfreundliche Haltung allein nicht aus. Wenn Coaching nicht im aktuellen Dunst von modischen Worthülsen und Zauberformeln verkommen soll, bedarf es fachlich kompetenter Berater, die ihre Arbeit auf ein ausformuliertes Coachingkonzept gründen. Ein solches Konzept wird mit diesem Buch vorgelegt. Es soll dem externen wie dem internen Coach als Leitfaden und Nachschlagewerk dienen. In ihm wird der aktuelle Wissensbestand von Coaching systematisiert und anhand von zahlreichen Beispielen aus der Beratungspraxis erläutert.

Zur Struktur des Buches

Der erste Teil dient der Charakterisierung von Coaching als innovativer Form der Managementberatung. Hier werden zunächst alle für Coaching relevanten Phänomene rund ums Managing beleuchtet, also Managementfunktionen, -rollen und -kompetenzen. Außerdem erfahren Sie das Wichtigste übers Management in Unternehmen und in Behörden, also über das »New Public Management«. Sodann wird erläutert, was »Sozialmanagement« ist, und was sich über das »Managing« von Freiberuflern sowie übers »Selbstmanagement« sagen lässt. Daran anschließend stehen die grundlegenden Funktionen von Coaching in ihrer Abgrenzung zu traditionellen Formen von Personalentwicklung und -beratung zur Diskussion.

Im dritten Kapitel verhandle ich potenzielle Anlässe von Coaching, so wie sie heute relevant sind. Dann geht es um weit verbreitete Typen beruflicher Krisen individueller und kollektiver Art. Hier werden einerseits Phänomene wie Jobstress, Burnout und Mobbing diskutiert, andererseits Krisen, die durch Fusionen oder Akquisitionen von Firmen oder durch organisationsstrukturelle sowie -kulturelle Wandlungsprozesse verursacht sind. Da aber Coaching keineswegs nur als »Pannenhilfe« beansprucht wird, verhandle ich auch konstruktive Anlässe, wie z.B. die Rollen- und Karriereberatung oder Unterstützungsmöglichkeiten bei der Neubesetzung von Führungspositionen. Im vierten Kapitel diskutiere ich »typische« Coachingthemen von Klienten. Diese Themen differenziere ich einerseits nach allgemeinen thematischen Akzenten in Themen mit individuellem, interaktivem und systemischem Gehalt. Sie werden andererseits entsprechend beruflichen Feldern sortiert, denen die zu beratenden Manager, Sozialmanager oder Freiberufler entstammen.

Zum Abschluss des ersten Teils formuliere ich Anforderungen an den Coach. Selbst wenn der Coach über gut entwickelte menschliche und zum Klienten passende fachliche Qualifikationen verfügt, bleibt er ohne ein Coachingkonzept doch unvollkommen. Berater, die den Anspruch erheben, das Selbstmanagement von Professionellen zu fördern, brauchen nämlich für ihre Arbeit eine ausformulierte konzeptionelle Basis, die sie ihrer Klientel gegenüber artikulieren und begründen können. Solche Berater wenden dann auch nicht wahllos jede beliebige Theorie an, mit der sie ihre Klienten wie »Fälle« noch griffiger als bisher in irgendeine Schublade stecken können. Ebenso wenig folgen sie unreflektiert jedem brandneuen Methoden-Trend, mit dem sie ihre Klientel vielleicht nur noch raffinierter als bisher zu vermeintlich »guten« Zielen manipulieren können. Berater mit einem redlichen Qualifikationsanspruch legen ihrer Arbeit eine explizite Wissensstruktur zugrunde. Diese sollte speziell aufs Coaching abgestimmt sein und für alle beratungsrelevanten Belange praktische und normative Orientierungen bieten.

Eine solche Wissensstruktur entfalte ich im zweiten Teil. Da geht es zunächst um die Ziele von Coaching (Kapitel 6): Neben der Steigerung beruflicher Qualifikationen im Sinne von Effizienz und Humanität sollte Coaching auch auf die Entfaltung menschlicher Potenziale im Beruf gerichtet sein. Daran anschließend präsentiere ich einen konzeptionellen Rahmen zur Anwendung von Methoden. Hierbei geht es um Fragen, wie die Themen von Klienten in der Coachingsituation rekonstruiert werden können, welche speziellen Wirkungen Coaching erzeugt und wie der Interaktionsstil des Coachs idealerweise beschaffen ist. Im achten Kapitel differenziere ich die verschiedenen Rollen von Coaches und die heute praktizierten Settings mit ihren wesentlichsten Implikationen. Im Hinblick auf die Rollen unterscheide ich den internen Coach vom externen, freiberuflichen Berater. Hier wird vor allem diskutiert, welche besonderen Vor- und Nachteile die eine wie die andere Rolle aus der Sicht von Klienten hat und welche Effekte unter welchen Voraussetzungen auch Kombinationen beider Rollenkonstellationen erbringen. Als Settings bzw. äußere Anordnungen von Coaching beleuchte ich Formen von Einzel-, Gruppen- und Teamcoaching mit ihren jeweiligen Besonderheiten.

Die drei nachfolgenden Kapitel zentrieren sich auf die Coachingmethodik. Professionelle Gesprächsführung (Kapitel 9) bildet das »methodische Grundgerüst«. Hier geht es um den äußeren Gesprächsrahmen, um diagnostische Zugänge zum vertieften Verstehen sprachlicher Kommunikation sowie um das spezifische sprachliche Handwerkszeug des Coachs mit Einzelnen, Gruppen und Teams. Ein Coaching aber, das nur über ein sprachliches Methodeninventarium verfügt, muss oberflächlich bleiben. Deshalb ergänze ich dieses durch methodische Anleihen aus verschiedenen psychotherapeutischen Verfahren (Kapitel 10). Dabei zeige ich, dass erlebnis- und vor allem handlungsrelevante Phänomene von Klienten mit Arbeitsformen aus dramatherapeutischen Verfahren sehr viel umfassender und effizienter als rein sprachlich zu bearbeiten sind. Außerdem kann jedes Coaching durch Anleihen aus dem »Kinderzimmer«, d.h. durch Bausteine, Puppen und andere, zum Teil völlig triviale Materialien bereichert werden (Kapitel 11). Im letzten Kapitel geht es um den Coachingprozess mit seinen zentralen Parametern. Dabei werden das Erstgespräch, die Situationsanalyse, die formalen und sozialen Komponenten von Kontrakten, das »eigentliche« Coaching mit seinen unterschiedlichen Verläufen und die Beendigung des Beratungsprozesses verhandelt.

Im dritten Teil geht es um die Lehre von Coaching. Zunächst werden im Kapitel 13 die Ziele und Inhalte der Lehre dargestellt, die sich in sechs Themenbereiche untergliedern: (1) Coaching als Managementberatung, (2) Coaching für Organisationen, (3) Anlässe von Coaching, (4) Konfliktcoaching, (5) Coachingmethoden, (6) Coachingprozesse. Dann folgen im Kapitel 14 die weiteren curricularen Elemente: (1) die lernorganisatorische Struktur, die ich entsprechend den jeweiligen Vorbildungen der Ausbildungskandidaten zu modifizieren empfehle, (2) das didaktische Konzept, (3) die Lernzielkontrollen.

Im Fortlauf der Darstellung schlage ich laufend Brücken zwischen verschiedenen für Coaching relevanten Wissensgebieten. Das Buch soll Verbindungen zwischen Psychologie, Soziologie, Pädagogik und Managementlehre herstellen; es soll zwischen klinischer Psychologie einerseits und der Wirtschaftspsychologie andererseits, zwischen Personalwirtschaft auf der einen Seite und Psychotherapie auf der anderen vermitteln. Diese interdisziplinäre Ausrichtung ist nicht nur durch den komplexen Gegenstand von Coaching als Managementberatung begründet, sie basiert auch auf einer didaktischen Intention: Die aktuelle Coachingszene polarisiert sich ja in zwei große Lager, d.h. Coaches entstammen betrieblichen Milieus auf der einen Seite und dem von Human Services auf der anderen. Betriebliche Spezialisten verstehen oft viel vom Management, verfügen aber selten über ein differenziertes Handwerkszeug für die Beratung. Bei den »Sozialen« begegnen uns umgekehrte Verhältnisse: Als zum Teil hoch qualifizierte Beratungsspezialisten gelingt es vielen von ihnen nur unter Mühe, innerorganisatorische Führungszusammenhänge zu verstehen. Dementsprechend neigen »Wirtschaftler« dazu, Coaching etwas zu stark als Expertenberatung zu interpretieren, und die »Sozialen« platzieren es vorstellungsmäßig zu stark in die Nähe von Psychotherapie.

Das vorliegende Buch sucht also auch einen Beitrag zur Überwindung dieses Grabens zu leisten, indem es die maßgeblichen Positionen beider Milieus integriert. Es wendet sich an freiberufliche Berater aus allen Disziplinen und Arbeitsfeldern und an Mitglieder von Personal- und Personalentwicklungsabteilungen, die mit Coachingaufgaben befasst sind. Sie erhalten hier Unterstützung, wie Coaching neu zu etablieren ist oder wie schon laufende Coachingaktivitäten vielleicht sinnvoller als bisher zu planen und zu koordinieren sind. Der Band wendet sich aber auch an Studierende der Betriebswirtschaftslehre und der Psychologie, die mit Fragen von Personalentwicklung und Personalwirtschaft beschäftigt sind. Und nicht zuletzt soll das Buch all jenen dienen, die Coaching gerne in Anspruch nehmen würden, aus bisher vorliegenden Publikationen aber noch keine ausreichende Klarheit finden konnten, wie Coaching funktioniert.

TEIL I

COACHING ALS PROFESSIONELLE MANAGEMENTBERATUNG

Kapitel 1Management, Sozialmanagement und Selbstmanagement

Coaching wird heute meistens als besondere Form der Unterstützung für das Management, für das »New Public Management« in Behörden, für das Sozialmanagement und für das Sich-Managen von Freiberuflern beschrieben (Böning 2005; Looss 2006 u.a.). Coaching soll dabei das »Selbstmanagement« befördern. Damit alle diese Begriffe keine leeren Worthülsen bleiben, will ich zunächst klären, was sich hinter ihnen verbirgt.

»Management« bezeichnet einen Komplex von Steuerungsfunktionen, die Menschen in professionellen Organisationen innehaben. Bei solchen kann es sich, entsprechend unterschiedlichen Zielbündeln (Kieser/Kubicek 2007), um drei Zieltypen organisierter Systeme handeln: Der erste Typ umfasst Wirtschaftsunternehmen, der zweite Behörden, die sich in Bundes-, Landes und Kommunalbehörden gliedern, und der dritte Typ von Organisationen ist auf die Veränderung von Menschen gerichtet, wie z.B. Kliniken, Beratungsstellen, Schulen, Universitäten usw. Im alltäglichen Sprachgebrauch bezeichnet man Leitungsfiguren der ersten Gruppe als »Manager«, neuerdings auch vielfach die der zweiten Gruppe, allerdings im Rahmen einer Variante, nämlich von »New Public Management«, während Leitungen der dritten Gruppe heute oft »Sozialmanager« genannt werden (Müller-Schöll/ Priepke 1991 u.a.).

Managementaufgaben ergeben sich aber auch bei Freiberuflern, also bei Berufstätigen, die in keine Organisation fest eingebunden sind, also bei vielen Ärzten, Rechtsanwälten, Unternehmensberatern, Psychotherapeuten usw. Alle diese »Rollenträger«, Manager, Sozialmanager und Freiberufler, müssen nicht nur andere bzw. anderes, sondern auch sich selbst laufend managen. Und dabei soll sie Coaching unterstützen.

1. Management als organisationsübergreifende Kategorie

Der Begriff »Management« entstammt der betriebswirtschaftlichen Literatur. Als »Manager« sind hier Personen bezeichnet, die ein Bündel spezifischer Funktionen innehaben. Sie bestehen in der Steuerung von Leistungsprozessen in Betrieben und Behörden (also in Systemen des 1. und des 2. Zieltyps). Dabei ist allerdings nicht ein bestimmter Personenkreis, etwa auf einer bestimmten hierarchischen Ebene oder in einem bestimmten Ressort, gemeint. Im Gegensatz zu Personen mit Sachfunktionen, die der grundlegenden Zielerreichung einer Organisation dienen, sind Manager mit Leitungsaufgaben betraut. Bei Management handelt es sich demnach um einen Komplex von Steuerungsaufgaben, die bei der Leistungserstellung und Leistungssicherung in arbeitsteiligen Systemen anfallen und bewältigt werden müssen (Schreyögg, G./Koch 2007).

Im konkreten Fall haben allerdings viele Manager neben ihren Steuerungsaufgaben auch Sachfunktionen zu übernehmen. Sachfunktionen sind Tätigkeiten, die in der üblichen Aufgabenstellung einer Organisation bestehen. Das Verhältnis von Sach- und Managementaufgaben, das eine Führungsperson zu bewältigen hat, bestimmt sich im Allgemeinen nach der hierarchischen Ebene. Je »höher« nämlich ein Manager in der Hierarchie angesiedelt ist, desto umfassender verbringt er seinen Alltag mit Managementaufgaben (ebd.). Wo also die Büroleiterin in der Personalverwaltung bei personellen Engpässen oft noch schnell aushilft, wird ihr Vorgesetzter, der Personalmanager, nur gelegentlich einspringen, etwa bei unternehmensrelevanten Personalauswahlgesprächen. Beim Personalvorstand ist dagegen kaum vorstellbar, dass er auf sachlicher Ebene aushilft.

Im Allgemeinen wird der »Manager« begrifflich vom »Eigentümer« abgegrenzt. Während Eigentümer ihr Kapital in eine Unternehmung einbringen und dieses vielleicht nur »in ihr arbeiten lassen«, handelt es sich bei Managern heute viel häufiger um kapitallose Funktionäre, denen von Eigentümern, seien es Einzelne oder größere Gesellschaften von Eigentümern, wie etwa Aktiengesellschaften, lediglich eine Verfügungsgewalt über das Eigentum übertragen wird (Berle/Means 1968 u.a.). In Gründungsstadien von Unternehmen fungieren die Eigentümer zumeist noch selbst als Manager. Bei zunehmendem Größenwachstum finden sie Unterstützung in angestellten Managern, die dann spezielle Managementfunktionen zu übernehmen haben. Die Entwicklung von Großunternehmen ist meistens dadurch charakterisiert, dass sich die Eigentümer zurückziehen und das Feld vollständig angestellten Managern überlassen (Wimmer et al. 2005).

Ausgehend von dieser funktionalen Perspektive lassen sich Managementfunktionen, damit zusammenhängende Managementrollen und Schlüsselkompetenzen von Managern beschreiben. Managementhandeln unterliegt allerdings immer Begrenzungen, die für uns ebenfalls von Belang sind. Dabei sei allerdings schon hier angemerkt, dass die Managementliteratur Funktionen, Rollen und Kompetenzen von Managern als grundlegend bezeichnet, also auch für Verwaltungssysteme und für Organisationen, deren Ziel in der Veränderung von Menschen besteht und deren Leitung meistens als »Sozialmanagement« bezeichnet wird.

1.1 Die klassischen Managementfunktionen

In der einschlägigen Literatur finden wir etliche Kataloge, die Managementfunktionen umreißen. Am deutlichsten hat sich der von Koontz et al. (1984) durchgesetzt. Im Sinne einer idealtypischen linearen und individualisierend gedachten Anordnung beschreiben sie als relevante Funktionen: Planung, Organisation, Personaleinsatz, Führung und Kontrolle. Als Leitprinzip aller Handlungen gilt dabei die »Zweckrationalität« (Weber 1921/2005), d.h. alle Aktionen des Managers sind an einer maximalen Zielerreichung bzw. an der Effizienz eines Systems ausgerichtet.

Planung

Als »Primärfunktion« des Managementprozesses wird in traditionellen Ansätzen die Planung begriffen. Es handelt sich dabei um Reflexionen, was erreicht werden soll und wie es am sinnvollsten zu erreichen ist. Hier geht es um die Entwicklung von Zielvorstellungen, um ihre Selektion und die Festlegung von Zielen mit den entsprechenden Handlungsrichtlinien, Verfahrensweisen usw. Planung besteht in der Entwicklung von Handlungsorientierungen.

Planung ist allerdings kein einmaliger Akt, sondern ein immer wieder zu leistender Prozess. Man unterscheidet hier »strategische« und »operative Planung«. Während strategische Planung den grundlegenden Orientierungsrahmen für alle organisatorischen Entscheidungen festlegt, dient operative Planung der Gewinnung von Orientierungsmustern für das tagtägliche Managerhandeln. Ein Beispiel:

Bei der Gründung eines Möbelhauses muss im Sinne strategischer Planung überlegt werden, welche Größe anhand der verfügbaren finanziellen Ressourcen realistischerweise anzustreben ist, welches Segment von Konsumenten es in Relation zur schon etablierten Konkurrenz anziehen soll, wo es räumlich zu platzieren ist, über welche Konditionen mit potenziellen Zulieferern verhandelt werden soll usw. Bei der operativen Planung wird dagegen ein konkreter Planungshorizont entwickelt, wie und wo z.B. zu werben ist oder mit welchen Zulieferern man wann in Verhandlungen eintreten soll.

Aus der Sicht klassischer Autoren sollten alle weiteren Managementfunktionen aus den Planungsvorgaben deduktiv abgeleitet werden.

Organisation

Während die Planung gedankliche Arbeit bleibt, beginnt mit der »Organisation« die Umsetzung von Zielen, d.h. die Konstituierung von entsprechenden Handlungsgefügen, die das Geplante zu realisieren vermögen. Hier geht es dann vorrangig um die Entwicklung einer arbeitsteiligen und eventuell hierarchischen Struktur, die im Allgemeinen als »organisiertes System« bzw. meistens als »Organisation« beschrieben wird (Schreyögg, G. 2008; Kieser/Walgenbach 2003 u.a.). Der Begriff »Organisation« kann als Handlungsbegriff verwendet werden – man »organisiert« eine Veranstaltung. Oder man verwendet den Begriff, so wie es hier gemeint ist, in einem institutionellen Sinn; dann handelt es sich bei »Organisation« um ein soziales Gebilde mit einer personen-unabhängigen, formalen Struktur mit entsprechenden Positionen, die zu Arbeitseinheiten verknüpft bestimmte Aufgaben, Weisungsbefugnisse und Informationswege zugewiesen erhält. Diese formale Struktur muss so gestaltet sein, dass sie die in der Planung entwickelte Zielerreichung garantiert.

Falls man sich in unserem Beispiel in der Planungsphase für ein Selbstbedienungs-Möbelhaus entschieden hat, das zu niedrigen Preisen viel verkaufen muss, um eine entsprechende Rendite zu erbringen, ist es automatisch notwendig, mit einer schmalen Personaldecke von preiswerten Mitarbeitern zu kalkulieren. Außerdem wäre auch ein geringer Grad an Arbeitsteiligkeit relevant, d.h. möglichst viele Mitarbeiter sollten in einer relativ flachen Struktur vielfältigste Funktionen übernehmen können.

Personaleinsatz

Eine organisatorische Struktur muss mit realen Mitarbeitern gefüllt werden. Auf sie richtet sich die Managementfunktion »Personaleinsatz«. Diese Funktion umfasst alle Aktivitäten, die Führungskräfte zu ergreifen haben, um einen qualifizierten und engagierten Personalbestand zu sichern. Dabei ergeben sich vielfältige Aufgaben, die man in »Personalgewinnung«, »Personalaufbau« und »Personalerhaltung« gliedert.

Diese Managementfunktion ist allerdings nicht zu verwechseln mit der Sachfunktion »Personalwirtschaft«, die von Personalabteilungen wahrgenommen wird. Die Aufgabenstellungen einer Personalabteilung richten sich auf die Gesamtheit der Mitarbeiter in einem System, während der einzelne Manager nur Personalaufgaben gegenüber seinen unmittelbar unterstellten Mitarbeitern wahrzunehmen hat. Die Personalabteilung kann ihn aber bei der Realisierung seiner Managementfunktion »Personaleinsatz« unterstützen und beraten, also etwa mit Expertenwissen versorgen.

Im Beispiel unseres Möbelhauses muss also der Firmeneigner oder ein von ihm beauftragter Geschäftsführer entsprechende Mitarbeiter auswählen, sie mit ihren Aufgaben entsprechend vertraut machen und sie auch im Weiteren fachlich betreuen. Wenn es sich in unserem Beispiel um die Filiale einer Möbelkette handelt, verfügt diese wahrscheinlich über eine eigene Personalabteilung. Bei dieser kann sich dann der Manager bei Bedarf für alle seine Personalaufgaben beraten lassen.

Führung

In die Kategorie Führung fällt ein Aufgabenbereich, der als »Führung im engeren Sinn« zu bezeichnen ist. Hierbei handelt es sich um die Veranlassung der Arbeitsausführung und ihre zielspezifische Steuerung im organisatorischen Alltag. In modernen Managementansätzen stehen hier Themen von Motivation, Kommunikation oder von Führungsstilen im Vordergrund (Schreyögg, G./Koch 2007). Da dieser Führungsfunktion in Coachingprozessen besondere Bedeutung zukommt, soll sie hier auch etwas ausführlicher erläutert werden.

Im Gegensatz zu traditionellen Ansätzen, in denen Führung primär als persönlichkeitsbestimmt betrachtet wurde, interpretiert man Führung spätestens seit Lewin (1963) deutlicher als interaktives und kontextbedingtes Phänomen (Lührmann 2008). Dabei sind allerdings nicht alle Kontextfaktoren für das Führungsverhalten gleichermaßen relevant und vor allem nicht als Prädiktoren für erfolgreiches Führungsverhalten geeignet. Aus diesem Grund schlägt Irle (1980) vor, nur dann von Führungsverhalten zu sprechen,

wenn der Beeinflussende über ein gewisses Sanktionspotenzial und faktische Einflussmöglichkeiten in einem sozialen System verfügt,

wenn er in einem sozialen System tatsächlich Einfluss wahrzunehmen sucht,

wenn der Beeinflussungsversuch in den sozialen Bezügen direkt erfolgt.

Nach allen bisherigen Überlegungen lässt sich behaupten, dass für Führungsprozesse folgende Variablen relevant sind:

Die Persönlichkeit des Beeinflussenden (mit seinen Bedürfnissen, Einstellungen, Erfahrungen),

die Persönlichkeiten der Beeinflussten (mit ihren Bedürfnissen, Einstellungen, Erfahrungen),

die Struktureigenschaften des sozialen Systems, in dem der Beeinflussungsversuch stattfindet (mit seiner Rollen- und Statusstruktur, seinem Kohäsions- und Konformitätsgrad usw.),

die unmittelbare Situation, innerhalb derer die Beeinflussung versucht wird (mit ihrer speziellen Aufgabe, den äußeren Bedingungen, mit den speziellen Gruppenzielen usw.).

Wenn Manager im Coaching Führungsthemen bearbeiten wollen, sind also diagnostisch relevant: ihre eigene Persönlichkeit, die Persönlichkeit ihrer unterstellten Mitarbeiter, die formale wie informelle Relation zwischen Führungskraft und Mitarbeitern, der organisatorische Ist-Zustand mit seinen formalen und informellen Variablen und die spezielle Situation, in der sich das Führungsthema bemerkbar machte.

Nach welchen Aspekten bestimmt sich aber nun der Erfolg von Beeinflussungsversuchen durch Vorgesetzte? In der einschlägigen Literatur wird immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass Beeinflussende zur Durchsetzung ihrer Beeinflussungsversuche Macht brauchen. In einem »Einflussprozessmodell« werden die Grundlagen von Macht nach fünf Aspekten sortiert (Schreyögg, G./Koch 2008):

Macht durch Belohnung

: In diese Kategorie fallen materielle oder immaterielle »Zuwendungen«. Sie wirken allerdings nur dann belohnend, wenn sie von demjenigen, der beeinflusst werden soll, als attraktiv bewertet werden. Gehaltserhöhungen oder Höhergruppierungen werden von den meisten Menschen als Belohnungen definiert. Bei Fortbildungskursen z.B. verhält es sich in der Regel schon anders. Solche »Zuwendungen« erleben manche als attraktiv, andere nicht. Genauso verhält es sich mit Belobigungen, die von manchen Mitarbeitern in manchen Situationen geradezu als ehrenrührig empfunden werden.

Macht durch Bestrafung

: Diese Form der Macht gründet sich auf die Wahrnehmung von Unterstellten, dass der Vorgesetzte über die Möglichkeit verfügt, sie bei nicht-konformem Verhalten mit Entlassung, Abmahnungen, Nicht-Beachtung, Verachtung u.a. zu bestrafen.

Macht durch Persönlichkeitswirkung

: Machtmöglichkeiten können sich auch dadurch konstituieren, dass dem Vorgesetzten seitens seiner Untergebenen ein besonderes Charisma (Weber 1921/2005) zugeschrieben wird, dass sie sich gerne mit ihm identifizieren oder einfach den Wunsch haben, dem Vorgesetzten zu gefallen.

Macht durch Expertentum

: Hier handelt es sich um Phänomene, wo den Vorgesetzten von ihren Untergebenen besondere Fähigkeiten oder ein besonderes Wissen zugeschrieben werden.

Macht durch Legitimation:

Wie schon Weber (ebd.) dargelegt hat, gründet sich die Macht von Vorgesetzten in hierarchischen Organisationen generell auf eine gesetzte Ordnung, d.h. auf anonymisierte Regeln von Befehlsgewalt, Weisungsbefugnissen usw. Untergebene, die in solche Systeme eintreten, signalisieren bereits durch ihren Eintritt, dass sie die von der Organisation mit legitimer Macht ausgestatteten Vorgesetzten mit ihren Beeinflussungsversuchen zu akzeptieren bereit sind. In der Realität erweist sich diese Form anonymisierter Macht allerdings oft nicht als durchschlagend, weshalb Vorgesetzte in hierarchischen Organisationen meistens noch andere Machtquellen benötigen, wie z.B. Expertenmacht oder Macht aufgrund ihrer Persönlichkeit.

Als weiterer diagnostischer Gesichtspunkt ist bei Führungsthemen immer zu prüfen, über welche Machtpotenziale eine Führungskraft in einer gegebenen Situation verfügt, um ihre Beeinflussungsversuche durchzusetzen.

Kontrolle

Wenn nun Ziele und eine zielgerechte Organisationsstruktur etabliert sind, das entsprechende Personal ausgesucht, weiterentwickelt und angemessen geführt ist, muss durch den Manager kontrolliert werden, ob die geplanten Vorgaben auch erreicht werden. Beim Vergleich von Soll- und Ist-Daten ist entweder auf Einhaltung des Solls zu drängen, oder der Managementprozess muss von neuem aufgerollt werden, d.h. es ist mit erneuter Planung, einer erneuten Gestaltung der Organisation usw. zu beginnen.

Wenn sich z.B. bei unserem Billigpreis-Möbelhaus auf Dauer Umsatzeinbrüche ergeben, wäre zu prüfen, wodurch sie verursacht sind. Sie könnten durch eine generelle Sättigung von Märkten, durch vermehrte Konkurrenz in diesem Marktsegment, durch eine unsinnige Organisation, durch Unfreundlichkeit des Personals usw. verursacht sein. Nach Prüfung aller dieser Variablen wären jedenfalls Korrekturen an der bisherigen Situation vorzunehmen. Unter Umständen wird man sogar grundlegende strategische Neuentscheidungen treffen müssen, wie etwa eine Veränderung des Angebots vom Billigpreis-Sortiment auf höherwertige Möbel.

Diese in der Literatur über lange Zeit propagierten und linear gedachten Managementfunktionen überlappen sich natürlich laufend, und sie stellen im Prinzip eher einen allgemeinen Orientierungsrahmen dar. Wie besonders empirische Analysen zeigen, erweisen sie sich in der Realität ohnedies eher als Artefakte, d.h. als ordnende Soll-Struktur didaktischer Art, an die sich im Konkreten kein Manager hält.

1.2 Managementrollen

Schon in frühen Studien (Carlson 1951) wurde nachgewiesen, dass der Arbeitsalltag von Managern keineswegs klar geplant, sondern in vielfältige Aktivitäten zerstückelt ist, wie z.B. Kommunizieren, Zuhören, Fragen stellen usw. Vor allem Mintzberg (1975, 1980) zeigte in umfassenden Studien anhand von Tagebüchern, die Manager selbst schrieben, und anhand von Aufzeichnungen, die Beobachter über den Manageralltag anfertigten, dass Manager in der Realität zahlreiche unterschiedlichste Aktivitäten wahrnehmen. Aus dem empirischen Material entwickelte er drei Aktivitätsgruppen:

Aufbau und Aufrechterhaltung interpersonaler Beziehungen,

Aufnahme und Abgabe von Informationen,

Treffen von Entscheidungen.

Diese Aktivitätsgruppen ordnete er zehn verschiedenen, sich z. T. überschneidenden Managementrollen zu:

Galionsfigur:

Diese Rolle besteht in der Vertretung der Organisation oder Teilorganisation nach innen und nach außen. Der Manager tritt als Symbolfigur auf. Dabei zählt weniger die faktische Arbeit, sondern seine physische Präsenz bei Versammlungen, Jubiläen usw. oder die Unterschrift unter Dokumente.

Vorgesetzter:

Diese Vorgesetztenfunktion im engeren Sinn besteht in der Personalauswahl, in der Motivierung, Anleitung und Beurteilung unterstellter Mitarbeiter.

Vernetzer:

Die verschiedenen Instanzen einer Organisation müssen formal wie informell vernetzt werden, und ihre Vernetzung muss laufend aufrechterhalten werden. Hierbei sind Aufbau und Pflege eines gut funktionierenden sowie reversiblen Kommunikationsnetzes innerhalb des Systems und nach außen zu leisten.

Radarschirm:

Der Manager ist ein »Informationsknotenpunkt«. Dazu gehören Sammlung und Aufnahme von Informationen über externe und interne Entwicklungen, die für die Organisation relevant sind.

Sender:

Aufgenommene Informationen müssen weitergegeben werden. Diese Rolle des Managers besteht in der Übermittlung und Interpretation relevanter Sachinformationen, aber auch relevanter Werte und Orientierungsmuster an andere Organisationsmitglieder. In diesen Bereich gehören z.B. morgendliche Teambesprechungen, bei denen alle am Vortag eingegangenen Informationen an die Mitarbeiter weitergeben und in ihrer Bedeutung für das aktuelle Handeln diskutiert werden.

Sprecher:

Informieren externer Gruppen durch Versammlungen, durch Medien usw. sowie die generelle Vertretung der Organisation nach außen stellt eine weitere Rolle dar.

Innovator:

Organisationen sind ständig im Wandel. Eine wesentliche Managementrolle in diesem Zusammenhang ist die Initiierung und Realisierung von Veränderungen in Organisationen, d.h. das fortwährende Aufspüren von Problemen, aber auch das Aufspüren von zukunftsgerichteten Chancen für das System.

Problemlöser:

Im organisierten System treten laufend mehr oder weniger gravierende Konflikte auf. Die Rolle von Vorgesetzten besteht dabei im Schlichten von Konflikten und im Beseitigen von Störungen.

Ressourcenzuteiler:

In Organisationen sind immer vielfältige Ressourcen zu verteilen, was ebenfalls eine Managementrolle darstellt. Dabei geht es um Ressourcenverteilung in dreifacher Hinsicht:• um die Verteilung der eigenen Zeit des Managers; damit bestimmt er direkt und indirekt, was im System als wichtig und was als unwichtig gilt,• um die Verteilung von Aufgaben und Kompetenzen; solche Verteilungen erhalten nämlich nur Legitimität und Verbindlichkeit, wenn sie durch Vorgesetzte erfolgen,• um die Zuteilung finanzieller Ressourcen.

Verhandlungsführer:

In dieser Rolle agiert der Manager in Vertretung für die Organisation oder Teilorganisation und führt Verhandlungen für sie mit Suprasystemen, etwa mit der Gewerkschaft, mit staatlichen Instanzen oder mit anderen organisatorischen Systemen.

Diese Rollen können von Branche zu Branche, von Hierarchie-Ebene zu Hierarchie-Ebene, von Ressort zu Ressort variieren (Regnet/Schackmann 1993). So liegt der Rollenschwerpunkt von Meistern in Produktionsbetrieben oft auf der Konfliktlösung bei unterstellten Mitarbeitern, der Schwerpunkt von Top-Managern großer Aktiengesellschaften auf der Verhandlungsrolle, bei Leitern von Werbeagenturen auf der Innovatorenrolle, bei hohen Gewerkschaftsvertretern auf der Außenvertretung usw.

1.3 Schlüsselkompetenzen des Managements

Funktionen und Rollen können aber nur ausgefüllt werden, wenn entsprechende Fähigkeiten vorhanden sind. So befasst sich heute ein Teil der Managementliteratur mit den Kompetenzen von Managern. Im Anschluss an Katz (1974) spricht z.B. Aylin Lenbet (2004) von »Schlüsselkompetenzen des Managements« und benennt drei Gruppen von Kompetenzen: technische, konzeptionelle und soziale.

Technische Kompetenzen

»Technische Kompetenzen« sind Sachkompetenzen, also theoretisches Wissen und methodische Fertigkeiten, die der Manager im Verlauf seiner Grundausbildung, im Verlauf von firmeninternen Schulungen, im Verlauf seines Berufslebens usw. erwirbt. Es sind aber auch Fähigkeiten, erworbenes Wissen und erworbene Fertigkeiten auf den konkreten Anwendungsfall umzusetzen. So benötigt z.B. ein Personalmanager Wissen darüber, wie eine Personalbedarfsplanung zu erstellen ist, wie Personal beschafft werden kann, welche Auswahl und Beurteilungssysteme für welchen Anwendungsfall verwendbar sind, wie man sie handhabt usw.

In Unternehmungen hat man sich lange auf Schulungen dieses Komplexes von Kompetenzen beschränkt. Erst im Laufe der letzten 20 Jahre kamen auch die beiden nachfolgend genannten Kompetenzen stärker in den Blick.

Konzeptionelle Kompetenzen

Bei »konzeptionellen Kompetenzen« handelt es sich um die Fähigkeit, Probleme und Innovationsmöglichkeiten zu erkennen. Im Zuge einer immer turbulenteren Entwicklung von Märkten sehen sich Manager in zunehmendem Maße Anforderungen einer lebenslangen Lernfähigkeit ausgesetzt, damit sie ihre zentrale Aufgabe, ein Unternehmen überlebensfähig und effizient zu erhalten, wahrnehmen können. Bei dieser Art von Kompetenzen besteht immer die Notwendigkeit, in Zusammenhängen zu denken, d.h. Einzelphänomene und einzelne Entscheidungen auf der Folie des organisatorischen Gesamtsystems zu erfassen. Besondere Bedeutung erhalten dabei Qualifikationen von »Mehrperspektivität«, also die Möglichkeit, Vorgänge von unterschiedlichen Beobachtungsstandorten aus zu untersuchen und sie »multiparadigmatisch« zu erfassen und zu verstehen (Bartunek et al. 1983).

Die Firma H/M, eine schwedische Boutiquenkette, hatte das Ziel, hochmodische Ware zu extrem günstigen Preisen anzubieten. Die bislang gefahrene Strategie, eigene Designer zu bemühen, erwies sich auf Dauer als zu teuer. Die Firma unterhält heute eine »Streetgang« von jungen Leuten, die bei unterschiedlichen Events in ganz Europa Modetrends ermitteln, welche sich dann in der Firma in Neuproduktionen niederschlagen. Die preiswerte Ware wurde aber nun oft verdächtigt, nicht solide, haltbar usw. zu sein. Auch hier entwickelte das Management eine gänzlich neuartige Konzeption: Jedes Kleidungsstück wird schon nach der Produktion einem »Härtetest« ausgesetzt, indem es vor dem Verkauf gewaschen oder gereinigt wird.

Soziale Kompetenzen

Als »soziale Kompetenz« ist die Fähigkeit zu bezeichnen, mit anderen Menschen effektiv und konstruktiv zusammenzuarbeiten. Seit Ende der 1930er Jahre (Roethlisberger/Dickson 1939) ist durch die Human-Relations-Bewegung bekannt, dass die subjektive Qualität zwischenmenschlicher Beziehungen die Effizienz von Werktätigen beeinflusst. Und seit den 1970er Jahren (Argyris 1975) wurde durch die Human-Resources-Bewegung deutlich, dass Menschen in Betrieben nicht nur als Funktionsträger betrachtet werden sollten, sondern aus einer unternehmensethischen Sicht möglichst als »ganze Menschen« anzusprechen sind. Gerade diese Debatte hält bis heute an (Maak/Ulrich 2007).

Zur Förderung sozialer Kompetenzverbesserung von Managern trägt auch die aktuelle Diskussion um »unlocking organizations« bei (Schreyögg, G. 2008); denn in Systemen mit extrem flachen Hierarchien, in denen projektorientierte Arbeitsformen auf gleicher hierarchischer Ebene dominieren, benötigen Führungskräfte einen flexiblen, »integrativen Führungsstil« (Gregor-Rauschtenberger/Hansel 1993), der nur mit hohen sozialen Kompetenzen zu realisieren ist. Dazu gehören Kooperationsbereitschaft, aber auch die Fähigkeit, das Handeln anderer zu verstehen und sich in sie hineinzuversetzen. Soziale Kompetenz ist bei Managern immer auf vier Ebenen relevant: mit Kollegen, mit unterstellten Mitarbeitern, mit Vorgesetzten und mit den Bezugspersonen der jeweils relevanten Organisationsumwelt.

1.4 Grenzen von Managementhandeln

Das konkrete Handeln einer Führungskraft bestimmt sich nun allerdings keineswegs nur nach persönlichen Vorlieben oder nach Marktgesichtspunkten, sondern in hohem Maße auch nach anderen Variablen. Hier sind zum einen externe Restriktionen zu nennen. Dem Handeln von Managern sind aber auch Systemgrenzen gesetzt und im Sinne von »Selbstbegrenzung« auch ethische.

Externe Restriktionen

In allen westlichen Industrienationen ist Managementhandeln heute Gesetzen unterworfen, die vor allem den Verbraucherschutz, den Schutz der Arbeitnehmer und den Schutz der Öffentlichkeit betreffen.

Verbraucherschutz:

Wir finden heute zahlreiche Gesetze zur Produkthaftung von Unternehmen, zum Arbeits- und Unfallschutz usw., durch die Verbraucher vor schadhaften oder schädlichen Produkten geschützt werden sollen. Entsprechende administrative Kontrollsysteme dienen zur Überwachung der gesetzlichen Richtlinien. Dadurch sind Managern schon bei der Planung von Produkten Grenzen gesetzt.

Schutz der Arbeitnehmer:

Auch das Verhältnis von Arbeitgebern zu Arbeitnehmern ist heute durch zahlreiche Gesetze geregelt. Das Kündigungsschutzgesetz, die Arbeitszeitordnung, Urlaubsgesetze, das Jugendarbeitsschutzgesetz usw. bestimmen in hohem Maße die Personal- und Führungsfunktionen von Managern mit.

Schutz der Öffentlichkeit:

Darüber hinaus gibt es Gesetze, die das Verhältnis von Unternehmen zur Öffentlichkeit regeln. Hier spielt heute vor allem der Umweltschutz eine Rolle, der die Öffentlichkeit vor schädlichen Auswirkungen der Marktwirtschaft bewahren soll. Auch diese Regelungen setzen dem Managementhandeln Grenzen.

Grenzen durch Organisationskulturen

Neben externen faktischen Grenzen durch die Gesetzgebung sind dem Managerhandeln aber auch normative, zumeist implizite Grenzen gesetzt. Sie lassen sich am ehesten durch den Begriff der »Organisationskultur« (OK) präzisieren, neuerdings auch durch den Begriff der »Organisationsidentität« (Hatch/Schultz 2004 u.a.), der Vergleichbares bezeichnet. In der organisationstheoretischen Literatur werden Organisationen als »Miniaturgesellschaften« (Schreyögg, G. 2008) betrachtet, die im Verlauf ihres Bestehens ein eigenes Set an Deutungs- und Handlungsmustern, Ritualen, Standards, ja sogar ein ihnen eigenes »Weltbild« entfalten (Schein 1985). Eine OK bildet sich in den tagtäglichen Interaktionen zwischen den Organisationsmitgliedern als ein »latentes«, quasi unbewusstes Systemphänomen heraus. Ihr spezifisches Gepräge erhält eine OK durch das Organisationsziel, das organisatorische Umfeld, die jeweiligen Organisationsmitglieder usw.

Die Beschreibung von Organisationskulturen erfolgt im Allgemeinen durch Typisierung; d.h. von bestimmten äußeren Merkmalen eines organisatorischen Systems wird auf seine Normen und Standards und schließlich auf sein Weltbild geschlossen. Eine der bekanntesten Typologien, die das Universum aller Unternehmen zu erfassen sucht, ist die von Deal/Kennedy (1982). Die Autoren differenzieren eine »Alles-oder-Nichts-Kultur«, eine »Brot-und-Spiele-Kultur«, eine »Analytische Projekt-Kultur« und eine »Prozess-Kultur«. In diesen Systemen dominieren wie »automatisch« jeweils unterschiedliche Managementfunktionen, Managementrollen und Schlüsselkompetenzen.

»Alles-oder-Nichts-Kulturen«

sind z.B. durch die Film-, die Mode-Branche oder durch Werbeagenturen repräsentiert. In diesen Systemen werden temporeiches Handeln und jugendliches, extravagantes Aussehen geschätzt. Zurückhaltung gilt als langweilig. In dieser Welt von Stars zählt nur der Erfolg im Sinne von Einkommen, Macht, gutem Aussehen. Misserfolg dagegen wird schonungslos offengelegt. Das Zeigen von Emotionen gilt als selbstverständlich bis notwendig, damit jeder gleich sieht, wer man ist. Schmerz und Trauer sind allerdings nicht gefragt. Die anderen könnten ja denken, dass der Erfolg »versiegt« ist. In diesen Systemen spielt die Managementfunktion »Personal« eine entscheidende Rolle, d.h. neue Stars ausfindig zu machen. Eine ganz wesentliche Managementrolle ist die des »Innovators«, und als Schlüsselkompetenzen stehen besonders konzeptionelle im Vordergrund; denn es muss sich ja laufend etwas »Neues bewegen«.

»Brot-und-Spiele-Kulturen«

sind Verkaufskulturen, wie z.B. McDonalds. Außenorientierung steht bei allen Mitarbeitern im Vordergrund. Es wird Wert gelegt auf freundliches, ansprechendes Aussehen und einen unkomplizierten, lebendigen Umgangston. Alle müssen immer aktiv sein. Wer ruhig ist, steht in Verdacht, nicht genug zum Erhalt des Systems zu tun. Viele Feste, Feiern und Auszeichnungen, z.B. »der Verkäufer des Jahres« usw., spielen eine Rolle. Zentrale Managementfunktion ist hier die Planung, dass z.B. die Hamburger an der Theke nicht knapp werden. Entscheidende Managementrolle ist die des »Radarschirms« (den »Kunden die Wünsche von den Augen ablesen« und die Mitarbeiter zur Erfüllung dieser Wünsche zu bewegen). Das temporeiche Handeln fordert dem Vorgesetzten vorrangig technische Managementkompetenzen ab.

»Analytische Projektkulturen«

finden wir bei technischen Firmen, die Autos, Flugzeuge oder Züge herstellen. Bei solchen Großprojekten stellen Fehlentscheidungen die größte Bedrohung dar. Die Umwelt erscheint voll von Unwägbarkeiten, die man durch eine maximale Planung zu bewältigen sucht. Wissenschaftlich-technische Rationalität ist die Basis aller Aktionen. Hier werden viele Sitzungen abgehalten, um sich gegenseitig zu informieren. Hektik ist eher unerwünscht, alles passiert in größeren zeitlichen Abfolgen. So gilt auch jemand, der drei Jahre im Unternehmen ist, noch als Newcomer. Blitzkarrieren sind eher ungewöhnlich. Ältere Herren haben Schützlinge, denen sie auf ihrem Weg nach oben helfen. Die Umgangsformen wie die Kleidung sind korrekt. Das Zeigen von Emotionen gilt als Schwäche. Planung ist die wichtigste aller Managementfunktionen. Hier dominiert die Rolle des »Vernetzers«, der möglichst viele Mitglieder mit den notwendigen Informationen versorgt. Und es dominieren konzeptionelle Managementkompetenzen.

In

»Prozesskulturen«

, wie sie Banken oder Versicherungen darstellen, konzentriert sich alles auf den Prozess. Schon minimale Fehler in der Arbeit können sich folgenschwer auswirken. Alles wird registriert und dokumentiert. Absicherung und Misstrauen sind vorherrschende Stimmungen. Man muss jederzeit gewappnet sein, dass einem ein Fehler unterlaufen ist. Das Zusammenleben in der Firma orientiert sich an der hierarchischen Ordnung. Durch sie werden die Kleidung, das Gehalt, die Umgangsformen – einfach alles bestimmt. Ein neuer Computer am Arbeitsplatz gilt als Statussymbol mehr als eine Gehaltserhöhung. Die wesentlichste Managementfunktion ist die Organisation, die wesentlichste Managementrolle ist die des Vorgesetzten, der alles überwacht. Zentrale Kompetenzen sind auch hier technische, damit alles möglichst reibungslos klappt.

Wie bei allen Typologien finden wir die einzelnen Typen in der Realität selten in »reiner« Form. Viel häufiger begegnen uns Mischtypen oder stark abgemilderte Varianten. Die Bedeutung solcher Typologien liegt aber, wie schon Weber (1921/2005) mit dem Typ der »Bürokratie« gezeigt hat, in der Möglichkeit, Tendenzen in sozialen Systemen prägnant zu machen.

Ethische Grenzen

Wo Organisationskulturen dem Managementhandeln unbewusste Grenzen setzen, finden wir in ethischen Überlegungen eine bewusste Form der »Selbstbegrenzung«. In den letzten beiden Jahrzehnten wurde im betrieblichen Management eine immer umfassendere Debatte über ethische Fragen (Löhr 2004) geführt. Dabei geriet die »Zweckrationalität« in ihrer reinen Form, die sich nur am Erfolg oder Misserfolg im Markt orientiert, zunehmend ins Zwielicht. Anfangs zentrierte sich die Diskussion zwar noch primär auf die Entwicklung von Moralcodices für Manager; im weiteren Verlauf knüpfte sie aber immer umfassender an die kommunikative Ethik an.

Aus der Sicht der modernen Moralphilosophie bzw. Ethik (vgl. Apel et al. 1984) sind grundsätzlich zwei Kategorien menschlichen Tuns zu unterscheiden: Herstellen und Handeln. Geht es beim »Herstellen« um die Bearbeitung von Naturgegenständen, damit aus dem Ausgangsmaterial ein möglichst optimales Endprodukt entsteht, ist mit »Handeln« ein interaktives Phänomen zwischen Menschen bezeichnet. Das Ergebnis zwischenmenschlicher Relationen kann dementsprechend nicht so einfach wie beim Herstellen mit faktischen Effizienzkriterien erfasst werden, sondern es begründet sich mindestens ebenso durch die Qualität der Interaktion, d.h. durch die Art, wie das Humanum des einen und des anderen Handlungspartners in der Begegnung gewahrt wird.

In Produktionsbetrieben wirkt eine rein zweckrational orientierte Haltung von Managern im Hinblick auf den Produktionsprozess auf den ersten Blick durchaus angemessen. Bei der Fertigung von Dichtungsringen etwa geht es ja um »Herstellen«, sodass Effizienzkriterien als Maßstab für die Planung des Produktionsprozesses zunächst durchaus sinnfällig scheinen. Schon bei der Entwicklung einer angemessenen Organisationsstruktur für einen solchen Betrieb reichen aber Effizienzkriterien nicht hin, denn durch organisatorische Strukturen werden ja Interaktionsmuster und damit Handlungsprozesse für die Mitarbeiter vorgegeben, die für Menschen mehr oder weniger bekömmlich sein können (Argyris 1975). Dieses Argument führte z.B. in vielen Unternehmen zur Einrichtung von »selbststeuernden Arbeitsgruppen«, wodurch die Etablierung menschlich angemessenerer Handlungsprozesse beabsichtigt ist. Besonders augenfällig tritt das Element des »Handelns« bei der Managementfunktion »Führen« zutage. Hier geht es in der modernen betriebswirtschaftlichen Literatur immer um ethische Fragen, wie nämlich die Führungskraft dem Humanum der Geführten Rechnung trägt. Im Sinne einer strikten kommunikativen Ethik wären qualifizierte Manager heute im Prinzip bei jeder einzelnen Managementfunktion gefordert, auch ethische Fragestellungen zu berücksichtigen (Maak/Ulrich 2007).

2. New Public Management

Im letzten Jahrzehnt waren in Behörden umfassende Reorganisationsmaßnahmen zu beobachten. Galten Verwaltungssysteme zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch als Modell für die Gestaltung von Unternehmen, hat sich dieses Verhältnis in sein Gegenteil verkehrt. Heute betrachtet man Wirtschaftsbetriebe als Maßstab für die Konstitution von Behörden. Und diese Neuorientierung wird unter dem Begriff »New Public Management« beschrieben. Im Zuge dieser Neuorientierung etablierte man auch in vielen dieser Systeme Coaching.

2.1 Die äußere Struktur von Behörden

Die deutsche Behördenorganisation ist in ihrer äußeren Struktur durch das Grundgesetz von 1949 und durch Verfassungen der einzelnen Bundesländer festgelegt. Der gesamte Aufbau hat aber auch bestimmte historische Entwicklungen mit unterschiedlichen Ergänzungen durchlaufen, sodass er ziemlich unübersichtlich ist. Das Grundschema der Verwaltungsgliederung der Bundesrepublik Deutschland sieht aber drei Ebenen vor: die Verwaltung des Bundes, die Verwaltung der Länder und die Selbstverwaltung. Die Verwaltung des Bundes umfasst:

die obersten Bundesbehörden,

die Bundesverwaltung mit einem eigenen Behördenunterbau,

die Bundesoberbehörden,

die unselbstständigen Bundesanstalten,

die bundesunmittelbaren Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts.

Zu den obersten Bundesbehörden zählen zunächst die Bundesministerien, das Bundespräsidialamt, die Verwaltungen des Bundestages, das Bundeskanzleramt, das Presse- und Informationsamt sowie der Bundesrechnungshof. Entscheidungen über die Anzahl und spezifische Aufgaben der Bundesministerien trifft der Bundeskanzler bzw. die Bundeskanzlerin. Der Bund kann allerdings für Angelegenheiten, für die ihm die Gesetzgebung zusteht, noch weitere selbstständige Bundesbehörden einrichten. Diese sind dann einer obersten Bundesbehörde unmittelbar nachgeordnet. Sie müssen einen spezifischen Aufgabenbereich für das ganze Bundesgebiet wahrnehmen, und zwar ohne nachgeordnete Behörde wie etwa die Bundesagentur für Arbeit.

Bei der Verwaltung der Länder zeigt sich trotz des im Wesentlichen gleichen Aufgabenbereichs eine verhältnismäßig große Variationsbreite in der äußeren Gestaltung. Es lassen sich drei grobe Gruppen bilden: die größeren Flächenstaaten wie etwa Bayern, die kleineren Flächenstaaten wie das Saarland, und die Stadtstaaten. In den größeren Flächenstaaten existieren oberste Landesbehörden als Landesministerien. Sie nehmen sowohl Regierungs- als auch Verwaltungsfunktionen wahr. Außerdem bestehen Landesoberbehörden, die einer oder mehreren obersten Behörden nachgeordnet sind. Sie nehmen Verwaltungsaufgaben für das ganze Land wahr wie die Landesämter für Besoldung und Versorgung. Größere Bundesländer verfügen auch über regional abgegrenzte Bezirksregierungen. In ihnen sind alle Aufgaben vertreten, die nicht von Sonderbehörden wahrgenommen werden. Behörden auf mittlerer Ebene haben Aufsichts-, Koordinierungs- und Leitungsaufgaben gegenüber den nachgeordneten Behörden eines Regierungsbezirks. In der unteren Verwaltungsstufe haben größere Flächenstaaten staatliche Landräte bzw. staatliche Abteilungen in den Landkreisen. Die kleineren Flächenstaaten unterscheiden sich von den größeren insofern, als sie keine Regierungsbezirke aufweisen.

Eine dritte Gestaltungsform ist die Selbstverwaltung. Diese finden wir bei der kommunalen Selbstverwaltung und beim sozialen Versicherungswesen. Nach Lepper (1992) gehört es zu den traditionellen Gestaltungsformen der deutschen Verwaltung, dass etliche wichtige öffentliche Aufgaben von Trägern der Selbstverwaltung wahrgenommen werden. Das sind dann diejenigen Verwaltungsinstitutionen, die aufgrund gesetzlicher Zuweisung öffentliche Aufgaben in Form von rechtlich selbstständigen Körperschaften und Anstalten wahrnehmen. Sie haben eigene Verwaltungs-, Finanz-, Satzungs- und Personalhoheit. Sie erfüllen einen wichtigen verwaltungspolitischen Zweck in der Demokratie, dass nämlich durch Dezentralisierung Machtkonzentration vermieden wird, dass dadurch flexible Gestaltungsformen möglich werden und dass die Selbstverantwortlichkeit der Bürger gestärkt wird.

2.2 Die Binnenstruktur von Behörden

Der Aufbau von Behörden ist meistens durch drei Ebenen gegliedert: Die Leitung, die mittlere Leitungsebene und die Basis. Dieses als »Linienorganisation« benannte Modell (Lepper 1992, S. 298) sieht vor, dass jede Stelle und jede untere Organisationseinheit nur durch eine einzige Linie verbunden ist. Jeder Mitarbeiter erhält nur von seinem unmittelbaren Vorgesetzten Aufgaben, Aufträge oder Weisungen. Dabei hat sich jeder Vorgesetzte streng an die Grenzen seines Kompetenzbereichs zu halten. In der Vergangenheit ergaben sich allerdings gelegentlich vor allem auf staatlicher Ebene sehr komplexe Aufgabenstellungen, für die das übliche Linienprinzip der traditionellen Verwaltung nicht mehr tauglich schien. In solchen Fällen wurden neuerdings Projektorganisationen eingerichtet. In diesen findet nun unter der Leitung eines Projektmanagers die koordinierte Tätigkeit einer Gruppe von Spezialisten statt.

Die Binnenstruktur von Behörden orientiert sich bis heute im Wesentlichen am Muster der Bürokratie. Dieser Organisationstyp mit seinen spezifischen Kulturmustern galt in der Frühindustrialisierung als eine besonders zweckmäßige Form der Organisierung menschlicher Arbeit, »der Motivierung und Steuerung der Organisationsmitglieder, der Herrschaftssicherung und des Einflusses gesellschaftlicher Bedingungen auf die Organisationsstruktur« (Bosetzky/Heinrich 1994, S. 387). Dieser von Max Weber (1921/2005) beschriebene Organisationstyp ist durch folgende Merkmale charakterisiert (vgl. Bosetzky/ Heinrich, ebd.):

eine schriftlich genau fixierte Amts- und Autoritätshierarchie,

eine feste Kompetenz- und Aufgabenverteilung,

eine strikte Regelgebundenheit des Handelns, die Personenunabhängigkeit garantiert,

eine vollständige Trennung von Amt und Person,

eine besondere Betonung der aktenmäßigen Kommunikation,

Besetzung von Positionen nach ausgewiesenen Fachqualifikationen,

eine Laufbahnordnung, die einen Aufstieg unabhängig vom Vorgesetzten ermöglicht,

eine Entlohnung, die nicht nach der Leistung, sondern nach der Funktion erfolgt,

eine maximale rationale Disziplin bei der Ausführung aller Aufgaben.

Mit der Bürokratie umriss Weber einen spezifischen Typ arbeitsweltlicher Systeme in modernen Gesellschaften. Das einzelne Organisationsmitglied hat sich gewissermaßen entpersönlicht und vor allem ausschließlich rational in das organisatorische Muster einzufügen. Individuelle menschliche Handlungsräume sind dadurch auf ein Minimum reduziert, ja bereits das Bedürfnis nach ihnen gilt fast schon als »Störfall«.